Thalwil, den 11. Februar 2015 Medienmitteilung Schützenstrasse 7 8800 Thalwil Tel. 044 275 21 71 Fax. 044 275 21 89 E-Mail. [email protected] Ärzte mit Grenzen Wer wie Kamal Okasha als Augenarzt in Gaza Stadt arbeitet, steht den Herausforderungen im Gesundheitswesen mit Ohnmacht gegenüber. Zusammen mit der Glückskette fördert die CBM Christoffel Blindenmission (Schweiz) erstmals eine fahrende Augenklinik im Gazastreifen. Ein Fortschritt, der dem Ärzte- und Pflegepersonal etwas Hoffnung schenkt. Durch die Grenzblockaden fehlt es an Medikamenten und medizinischem Material. Die Zahl der Menschen, die dringend medizinische Behandlung benötigen, ist stark gestiegen. «Als Arzt diese grosse Menge an verletzten Menschen zu sehen, ist schwierig», betont Dr. Kamal Okasha, Direktor der St. John-Gaza-Klinik. «Oft ist es uns nicht möglich, medizinische Hilfe zu leisten». Kein Ort in Gaza war sicher Während dem Gaza-Krieg 2014 drohte das Gesundheitssystem zu kollabieren. In den ersten Kriegstagen musste das St. John-Augenzentrum geschlossen werden. Jederzeit wurde eine Bombe erwartet. Nirgends gab es einen sicheren Platz. Transporte waren nicht möglich. Die Menschen versuchten, einfach zu Hause bei den Kindern zu bleiben. Nicht so Dr. Kamal Okasha: «Als Ärzte ist es unsere Pflicht Hilfe zu leisten. Also gingen wir in die Hauptspitäler, um den Verletzten zu helfen. Das Erlebte war für mich erschütternd», so der sechsfache Familienvater. «Unbeschreiblich viele Menschen wiesen schwerwiegende Verletzungen auf. Sie mussten sofort operiert werden. Doch der Strom blieb immer wieder aus, und das medizinische Material wurde von Tag zu Tag knapper. Nicht nur als Arzt, auch als Mensch, ist es schwierig solche Umstände zu ertragen». Hier wurden wir geboren und hier bleiben wir Der Palästinenser Kamal Okasha ist Doppelbürger und besitzt einen russischen Pass. Jederzeit könnte der Augenarzt mit seiner Familie den Gazastreifen verlassen. Seine Ehefrau war in Spanien geboren und aufgewachsen. Nach dem jüngsten Krieg ging sie mit den sechs Kindern für einen Monat in ihr Heimatland. Zusammen als Familie haben sie sich neu für Gaza entschieden. Hier ist ihr Land und ihr Leben. Dr. Kamal Okasha erklärt: «Ich lebe nicht nur für mich selber. Ich lebe auch für meine Eltern und meine Brüder. Wenn man in einer guten Position ist, einen guten Job hat, dann könnte man es geniessen. Aber um mich herum sind Menschen, die haben nichts». Als er in Ausbildung zum Augenarzt war, wurde er von seinem Bruder unterstützt. Seit 2011 leitet Kamal Okasha die St. John-Augenklinik in Gaza Stadt. Früher arbeitete sein Bruder ebenfalls in Gaza Stadt, doch heute hat er weder Arbeit noch Einkommen. Weiter meint Kamal Okasha: «Es ist meine Verantwortung hier zu bleiben, um meiner Familie zu helfen. Man kann nicht einfach das Land verlassen und sein eigenes Leben führen, ohne dabei an andere zu denken. Dazu kommt, dass tausende Menschen mit gefährlichen Augenverletzungen ohne Hilfe geblieben sind». Fahrende Augenklinik erstmals im Einsatz Mittels einer tragbaren Klinikausrüstung bewältigt das St. John-Augenzentrum die Situation im Gazastreifen etwas besser. Die Klinik führt nach dem jüngsten Krieg zum ersten Mal Ausseneinsätze durch. Augenärzte transportieren ihre medizinischen Geräte mit dem Taxi. Anfangs war es herausfordernd, die Verletzten zu erreichen. Aber durch das UN-Hilfswerk UNRWA und weitere internationale Organisationen können Operationen gezielter organisiert werden. Die Registrierungen sowie Behandlungen von Patienten finden unter anderem im Flüchtlingslager Nuseirat statt. Viele Menschen haben gleichzeitig mehrere, teilweise sehr komplexe Verletzungen. Neben den Augen sind auch Körperteile wie Beine oder Arme stark betroffen. Diese Menschen sind nicht mehr transportfähig und dringend auf medizinische Hilfe angewiesen. Gefragt sind auch Augenprothesen und Brillen Viele Palästinenser haben nicht nur ihr Hab und Gut verloren, sondern auch das Augenlicht. Das mobile Einsatzteam war überrascht, so viele Menschen anzutreffen, die ein oder sogar zwei Augen eingebüsst hatten. Diese Patienten erhoffen sich nebst einer Behandlung auch eine kosmetische Korrektur. Sie wünschen sich ihre Würde zurück. Zum Teil warten sie schon seit früheren Konflikten auf Augenprothesen. Im Schutt der zerstörten Häuser liegen zudem viele zertrümmerte Brillen. Dem mobilen Ärzte-Team ist es allerdings nicht möglich, die Betroffenen mit den nötigen Sehhilfen zu versorgen. Und die Zahl der fehlsichtigen Menschen ohne Korrekturgläser nimmt laufend zu. Frühzeitige Erkennung von vermeidbarer Sehbehinderung Die mobile Augenklinik behandelt vorwiegend Patienten, die an Grauem Star oder an diabetischer Retinopathie leiden. Ein Team aus vier Augenärzten und spezialisierten Pflegern behandelt innert sechs Monaten rund 6'000 Personen. Besonderes Augenmerk wird auf die frühzeitige Erkennung von vermeidbarer Sehbehinderung gelegt. CBM finanziert die mobile Augenklinik und fördert die augenmedizinische Arbeit der St. John Eye Hospital-Gruppe seit 1975. Als gemeinnütziger und wichtigster Gesundheitsdienstleister für Augenmedizin betreibt die St. John-Gruppe vier Augenkliniken in der West Bank und in Gaza. Mit wenig viel erreichen Dank Einsatz der mobilen Augenklinik kann mit wenig Aufwand viel erreicht werden. «Als Ärzte-Team macht es uns glücklich, Menschen zu erreichen, denen es nicht möglich ist, in unser Krankenhaus zu kommen», berichtet Kamal Okasha. Damit überwinden die Ärzte auch ein Stück ihrer eigenen Hilfslosigkeit. Zeichen (mit Leerzeichen): 5‘386 Die CBM Christoffel Blindenmission (www.cbmswiss.ch) ist eine unabhängige, christliche Entwicklungsorganisation und weltweit in Entwicklungsgebieten tätig. Seit über 100 Jahren hilft die CBM blinden und anders behinderten Menschen – ohne Ansehen von Nation, Ethnie, Geschlecht oder Religion. Die zehn Ländervereine der CBM fördern in rund 70 Ländern 700 Entwicklungsprojekte. Die CBM ermöglicht das Verhüten und Heilen von Blindheit sowie anderen Behinderungen und bildet einheimische Fachkräfte aus. Die CBM ist von der ZEWO anerkannt, führt das Gütesiegel und ist Partnerorganisation der Glückskette. Mehr Informationen unter www.cbmswiss.ch. Kontakt Esther Albisser, Öffentlichkeitsarbeit [email protected] Telefon: 044 275 21 71 Manuel Rothe, Programmverantwortlicher Humanitäre Hilfe [email protected] Telefon: 044 275 21 71 CBM Schweiz Schützenstrasse 7 8800 Thalwil