1.2 Die makroökonomischen Ziele

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1.2 Die makroökonomischen Ziele
Wird ein Studierender in einer Prüfung nach "den makroökonomischen Zielen" gefragt, dann erwartet
seine Prüferin oder sein Prüfer ohne Zweifel, die folgende Antwort:

PPT.
Warum sind die Ziele im Gesetz nicht quantifiziert? Warum steht dort nicht:
Ein hoher Beschäftigungsstand ist bei Arbeitslosenquoten unter 3 v.H. erreicht?
Auf diese vier Ziele verpflichtet §1 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der
Wirtschaft (kurz: Stabilitätsgesetz) von 1967 den Bund und die Länder. Sie sollen mit ihren
wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen dazu beitragen, die Ziele im Rahmen der (Achtung!)
marktwirtschaftlichen Ordnung zu erreichen. Für den Fall, dass ihnen das nicht gelingen sollte, droht
das Gesetz den Wirtschafts- und Finanzpolitikern aber keine Strafen an. Es gibt ihnen nicht einmal
konkrete Zielwerte vor, obwohl sich die vier Ziele ganz problemlos quantifizieren lassen. Zum Beispiel
könnte man ja das Erreichen von Preisniveaustabilität bei jährlichen Preissteigerungsraten zwischen
minus und plus ein Prozent definieren. Dass dieses Intervall nicht besonders sinnvoll wäre, steht auf
einem anderen Blatt.
Das StabG schreibt in §2 der Bundesregierung vor, im Januar eines jeden Jahres einen
Jahreswirtschaftsbericht mit den angestrebten Zielen vorzulegen. Somit sind immerhin die
kurzfristigen Zielgrößen der Regierung bekannt, die aus nachvollziehbaren Gründen eher einer
optimistischen als einer realistischen Einschätzung der Lage folgen. Im Jahreswirtschaftsbericht 2002
(S. 115) hielt die Bundesregierung unter Berücksichtigung ihrer wirtschafts- und finanzpolitischen
Maßnahmen eine Arbeitslosenzahl im Jahresdurchschnitt "bei etwas unter 4 Millionen" für realisierbar.
Die Zielgrößen im Jahreswirtschaftsbericht dürfen also nicht mit idealen Zielwerten verwechselt
werden, denn ganz offensichtlich zeigt eine Arbeitslosenzahl von vier Millionen keinen "hohen
Beschäftigungsstand" an - selbst wenn man ihn noch so zurückhaltend definiert.
Das Stabilitätsgesetz begreift eine Situation, in der allerdings vier Ziele verwirklicht sind, als ein
"gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht". Hierbei handelt es sich um eine wirtschaftspolitische
Auffassung des Gleichgewichtsbegriffs. Wir werden noch sehen, dass man ein makroökonomisches
Gleichgewicht in gewohnter ökonomischer Weise mithilfe von Angebot und Nachfrage auch
theoretisch definieren kann. Die vier Ziele finden sich auch im §2 des Gesetzes über die Bildung eines
Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung von 1963. Die
Formulierung dort ist mehr oder weniger identisch mit der in §1 des Stabilitätsgesetzes, die
Aufgabenstellung für die Wirtschaftsweisen allerdings schärfer formuliert: Sie sollen aufzeigen, wie
das Erreichen der vier Ziele gewährleistet werden kann, wohingegen das Stabilitätsgesetz die Politik
von Bund und Ländern nur verpflichtet, sie solle zur Erreichung der Ziele beitragen. Aber die Aufgabe
der Wirtschaftsweisen ist ja auch einfacher. Was sie nur theoretisch erledigen sollen, ist für die
Wirtschafts- und Finanzpolitiker eine reale Aufgabe mit womöglich dramatischen Konsequenzen bei
Fehlentscheidungen. Außerdem benötigen die Sachverständigen keine politische Mehrheiten
1.2.5 Das magische Viereck
Das Viereck der im Stabilitätsgesetz kodifizierten Ziele wird als magisch bezeichnet, da eine
gleichzeitige Realisierung aller vier Ziele ohne Magie als mehr oder weniger ausgeschlossen gilt. Der
Grund liegt vor allem in dem konfliktären Verhältnis von Preisniveaustabilität und hohem
Beschäftigungsstand. Das Dilemma, mehr Beschäftigung nur durch Inkaufnahme höherer
Inflationsraten erreichen zu können, ist unter dem Schlagwort Phillips-Kurve bekannt. Da wir diesen
trade off später noch ausführlicher untersuchen, soll hier eine intuitive Argumentation genügen: Bei
steigender Beschäftigung gewinnen die Gewerkschaften an Verhandlungsstärke, die sie in höhere
Löhne umsetzen können. Die Unternehmen begegnen den gestiegenen Kosten mit höheren Preisen.
Bevor nun alle Gewerkschafter aufschreien - die Argumentation lässt sich umkehren: Höhere Preise
bedeuten ceteris paribus geringere Reallöhne. Auf niedrigere Löhne reagieren gewinnmaximierende
Unternehmen mit einer Ausweitung der Beschäftigung. Ob die steigende Beschäftigung steigende
Preise nach sich zieht oder umgekehrt, ist ein typisches Henne-Ei-Problem. Je nach Couleur wird
daher von der Lohn-Preis- oder Preis-Lohn-Spirale gesprochen.
Natürlich widersprechen sich nicht alle Ziele des magischen Vierecks. Im Gegenteil finden sich mit
dem hohen Beschäftigungsstand und dem (angemessenen und stetigen) Wirtschaftswachstum zwei
miteinander harmonisierende Ziele. Je mehr Menschen arbeiten, desto mehr wird produziert. Das
Wachstum der Produktion ist produktionstheoretisch leicht als Folge vermehrten Faktoreinsatzes
begründbar.
Das Ziel des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts lässt sich in Verbindung mit jeweils einem anderen
Ziel nicht so schön klassifizieren. Das liegt daran, dass unterschiedliche Ausgangssituationen und
weitere Rahmenbedingungen berücksichtigt werden müssten. Das Wachstumsziel kann
situationsabhängig mit dem Ziel des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts komplementär sein oder in
Konkurrenz stehen
1.2.1 Stabilität des Preisniveaus
Wenn das Preisniveau vollkommen stabil ist, kann man sich für einen Euro in einem Jahr Waren in
gleicher Menge und Qualität kaufen wie heute. Mit anderen Worten, bei einem stabilen Preisniveau
verliert das Geld nicht an Wert . Statistisch wird das Preisniveau mit Hilfe von Preisindizes ermittelt,
die später noch detaillierter vorgestellt werden.
PPT zeigt die langfristige Preisentwicklung für das alte Bundesgebiet dargestellt anhand des
Preisindex für die Lebenshaltung von 4-Personen-Haushalten, in denen Arbeiter und Angestellte
mit mittlerem Einkommen leben. Dieser Index gibt grob gesprochen Auskunft, wie sich für einen
typischen Haushalt die im statistischen Durchschnitt konsumierten Waren und Dienstleistungen im
Zeitablauf verteuern. Ein Warenkorb, der 1962 für 33,50 DM zu haben war, kostete 1995 100 DM.
Zweifel daran, dass man das über einen so langen Zeitraum zuverlässig messen kann, sind durchaus
berechtigt.
Der Preisindex für die Lebenshaltung wird vom Statistischen Bundesamt mittlerweile nicht mehr
berechnet. Er wurde abgelöst durch den Verbraucherpreisindex, der sich vollkommen analog zum
Preisindex für die Lebenshaltung interpretieren lässt. Die Entwicklung des Verbraucherpreisindex ist
für Deutschland seit 1991 ausgewiesen.
Bis auf die Tatsache, dass sich die Lebenshaltung nahezu stetig mehr oder weniger moderat verteuert
hat, kann man in Abbildung 1 nicht allzu viel erkennen. Interessanter ist ein Blick auf die prozentuale
Veränderung des Verbraucherpreisindex von Jahr zu Jahr. Bei diesem Wert handelt es sich um die
Inflationsrate, deren Verlauf in Abbildung 2 dargestellt ist.
Man kann erkennen, dass sich die Inflationsrate recht erratisch entwickelt und meist zwischen null und
vier Prozent lag. Nur in einem Jahr haben die Preise leicht nachgegeben. Solange die Inflationsrate
einen Korridor zwischen 0 und 2 Prozent nicht verlässt, kann man von Preisniveaustabilität sprechen so jedenfalls die Zielvorgabe der EZB für das Euro-Währungsgebiet gemessen am sog.
harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI; s. S. 42 im Linktipp).
Warum das Ziel der Preisniveaustabilität überhaupt von Bedeutung ist, ist eine gar nicht so einfach zu
beantwortende Frage. Denn wer dem mikroökonomischen Denken verhaftet ist, wird zunächst doch
folgende Überlegung anstellen: Wenn alle Preise um denselben Prozentsatz steigen, dann ändert sich
real gar nichts. Es steigen - wenn man "alle Preise" wörtlich nimmt - ja nicht nur die Preise der Güter,
sondern auch die Preise der Faktoren. Um zehn Prozent höhere Preise zum Beispiel gingen dann mit
zehn Prozent höheren Einkommen einher. Bei einer vollkommen gleichmäßigen Inflation würden sich
die relativen Preise also nicht verändern. Die Preise würden ihre Funktion als Knappheitsindikator
nicht verlieren und die Allokation der Güter bliebe damit unangetastet.
Auf diesen Punkt werden wir zurückkommen müssen. Das Argument wird uns im Zusammenhang mit
dem Stichwort "Klassische Dichotomie" wieder begegnen. Außerdem werden wir natürlich die Frage
untersuchen, ob und, wenn ja,welche Kosten durch Inflation entstehen.
1.2.2 Hoher Beschäftigungsstand
Den Begriff Beschäftigungsstand sucht man in volkswirtschaftlichen Lexika meist vergebens. Er ist
etwas schwammig, wird aber durchgängig mit dem Beschäftigungsgrad gleichgesetzt, dessen
Pendant die Arbeitslosenquote ist. Das Ziel eines hohen Beschäftigungsstandes kann man daher
indirekt mit der Arbeitslosenquote messen. PPT zeigt ihre langfristige Entwicklung. Die Erfassung der
Arbeitslosigkeit und ihre Erscheinungsformen betrachten wir im Abschnitt Arbeitsmarkt und
Arbeitslosigkeit genauer.
Die Arbeitslosigkeit zeigt im Zeitablauf einen treppenförmigen Verlauf. Als Ursachen für die Niveausprünge werden oft der erste
(1973) und zweite (1979) Ölpreisschock und die deutsche Wiedervereinigung vermutet.
Politik, Wissenschaft und Bevölkerung sind sich einig, dass die langjährig anhaltend hohe
Arbeitslosigkeit das zentrale gesamtwirtschaftliche Problem darstellt. Sie kostet die Volkswirtschaft
Jahr um Jahr Milliarden Euro. Die Kosten der Unterbeschäftigung bestehen in erster Linie aus der
Minderproduktion durch die ungenutzte Ressource und können mit Hilfe des sog. Okun'schen
Gesetzes abgeschätzt werden. Weitere Kosten sind in einem engeren Sinne nicht ökonomisch und
teils nur schwierig quantifizierbar: die psychischen Belastungen der direkt Betroffenen und ihrer
Familienangehörigen, zunehmende Spannungen in der Gesellschaft, steigende Kriminalität, Kosten
durch die Verwaltung der Arbeitslosigkeit etc.
Während diese Kosten eher statischer Natur sind, hat eine hohe und lang anhaltende Arbeitslosigkeit
auch Folgewirkungen. Durch den Verlust des Arbeitsplatzes und während der Arbeitslosigkeit
unterliegt das Humankapital einem Entwertungsprozess. Selbst wenn es gelänge, die Arbeitslosigkeit
schlagartig zu beseitigen, würde das Produktionsniveau hinter dem zurückbleiben, das sich
theoretisch bei durchgängiger Vollbeschäftigung ergeben hätte.
Mitunter werden das Arbeitslosengeld sowie die Ausfälle bei den direkten Steuern und den Beiträgen
zur Sozialversicherung als Kosten der Arbeitslosigkeit angeführt. Dies sind Kosten für den
Staatshaushalt, also Kosten mit fiskalischem Charakter. Über die Lohnnebenkosten haben sie
unbestreitbar gesamtwirtschaftliche Rückwirkungen, aber man darf sie nicht zum bewerteten
Produktionsausfall hinzurechnen, da man die Kosten sonst doppelt erfassen würde. Man verdeutlicht
sich diesen Gedanken am einfachsten, indem man unterstellt, es gäbe einen einzigen Arbeitslosen. In
der Minderproduktion, die ihm zuzurechnen wäre, sind die erwähnten Mindereinnahmen an Steuern
und Beiträgen enthalten. Das Arbeitslosengeld, das er erhält, stellt aus der gesellschaftlichen
Perspektive keine Kosten dar. Die Bundesanstalt für Arbeit verteilt das Geld nur um.
Auch wenn es nicht gern gehört wird, muss darauf hingewiesen werden, dass durch die
Arbeitslosigkeit bei den Betroffenen ein Zugewinn an Freizeit entsteht. Der bewertete Freizeitgewinn
vermindert die Kosten der Arbeitslosigkeit.
1.2.3 Außenwirtschaftliches Gleichgewicht
Mögen im Stabilitätsgesetz die vier gesamtwirtschaftlichen Ziele auch gleichberechtigt nebeneinander
stehen, tritt das Ziel des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts doch hinter die drei anderen zurück. An
ihnen gemessen ist es eher Mittel als Ziel. Ungleichgewichte in den Außenbeziehungen könnten sich
negativ auf das Beschäftigungs-, das Wachstums- und das Preisniveauziel auswirken.
Zur Messung des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts werden unterschiedliche Größen
herangezogen, die jedoch alle der Zahlungsbilanz entnommen werden können. Betrachtet werden
der Saldo im Warenhandel, der Außenbeitrag (Saldo der Waren- und Dienstleistungsbilanz) und der
Saldo der Leistungsbilanz. PPT zeigt die Entwicklung des Warenhandels- und des
Leistungsbilanzsaldos .
Zum größten Teil erklärt sich die Differenz zwischen dem Warenhandels- und Leistungsbilanzsaldo durch die
Dienstleistungsimporte in Form von Urlaub im Ausland.
Die Salden nehmen mitunter relativ kleine Werte an, aus denen die Einbindung Deutschlands in den
Welthandel nicht erkennbar ist. So betrug z.B. im Jahr 2000 der Außenbeitrag gerade 7 Mrd. Euro.
Dahinter verbargen sich jedoch Exporte von Waren und Dienstleistungen in Höhe von 685 und
Importe in Höhe von 678 Mrd. Euro. Die Exportquote, das Verhältnis von Exporten zum
Bruttoinlandsprodukt, lag bei 34 Prozent. Rechnerisch ist damit jeder dritte Arbeitsplatz vom Export
abhängig, was die Bedeutung der außenwirtschaftlichen Beziehungen für die wirtschaftpolitischen
Ziele unmittelbar deutlich macht.
Von einem außenwirtschaftlichen Gleichgewicht spricht man, wenn bei annähernd konstanten
Wechselkursen die Leistungsbilanz in etwa ausgeglichen, der Außenbeitrag leicht positiv oder der
Saldo im Warenhandel (so) deutlich positiv ist (, dass die Bundesbürger mit dem Import touristischer
Dienstleistungen einer ihrer liebsten Freizeitbeschäftigungen nachgehen können).
Trotz ihrer quantitativen Bedeutsamkeit werden uns die außenwirtschaftlichen Beziehungen im
Folgenden nur sehr am Rande beschäftigen. Zum einen würde ihre Berücksichtigung den Rahmen
dieses einführenden Textes schnell sprengen, zum anderen sind sie traditionell Gegenstand der
(monetären) Außenwirtschaftstheorie.
1.2.4 Stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum
Das Wirtschaftswachstum wird mit Hilfe der Wachstumsrate des Bruttoinlandsproduktes gemessen.
Selbst wenn diese Art der Messung üblich ist, muss das nicht bedeuten, dass sie die einzig mögliche
oder beste ist. Ohne an dieser Stelle im Detail auf kritische Punkte eingehen zu wollen: Statt der
absoluten Höhe des BIP könnte man das BIP pro Kopf der Bevölkerung zur Berechnung der
Wachstumsrate heranziehen.
Vielleicht verbirgt sich hinter dieser Überlegung der Sinn des Attributs "angemessen". Würde die
Bevölkerung eines Landes um zehn Prozent wachsen, wäre ein Wachstum des BIP in derselben
Zeitspanne um nur fünf Prozent sicher nicht angemessen.
Ein weiterer Grund für die Forderung eines angemessenen Wachstums mag in den teilweise
unerwünschten Nebenwirkungen des Wachstums gesehen werden. So geht Wachstum immer auch
mit einem Strukturwandel der Wirtschaft einher. Mag auch die Zahl der Wachstumsgewinner größer
als die Zahl der -verlierer sein, so ist schwer zu entscheiden, ob und wie die Verluste der Verlierer
gegen die Gewinne der Gewinner aufgerechnet werden können. Außerdem besteht die Befürchtung,
dass ein unangemessenes Wachstum das Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen
gefährden könnte.
Die Forderung nach einem stetigen Wachstum bedeutet, dass Konjunkturschwankungen möglichst
vermieden werden sollen. Eine Wirtschaft kann über vier Jahre ein Wachstum von ca. 17 Prozent
erreichen, wenn sie Jahr für Jahr um vier Prozent wächst. Ein etwa gleich hohes Wachstum über den
gesamten Zeitraum käme auch zustande, wenn die Wirtschaft im ersten Jahr um acht Prozent wächst,
im zweiten nur noch um drei Prozent, im dritten um zwei Prozent schrumpfen und schließlich im
vierten Jahr noch einmal um sieben Prozent wachsen würde. Es liegt auf der Hand, dass der stetige
Wachstumsprozess vorteilhaft ist, denn Kosten für Einstellungen und Entlassungen sowie Kosten
durch Über- und Unterauslastung von Produktionskapazitäten werden vermieden.
Nicht in jedem Jahr ist die Wirtschaft in der Bundesrepublik gewachsen. Es gab auch Jahre, in denen das BIP rückläufig war
(Rezessionen).
PPT zeigt die langfristige Entwicklung des realen BIP in Deutschland. Interessanter als die absolute
Höhe - wer kann sich schon 2000 Milliarden vorstellen? - ist ihre grün dargestellte jährliche
Veränderungsrate in Prozent. Von Stetigkeit kann offensichtlich nicht die Rede sein. Wie wir später bei
der Analyse, wie Wachstum und Beschäftigung miteinander verbunden sind, deutlich sehen werden,
kann auch von einem angemessenen Wachstum nicht die Rede sein. Besonderen Anlass zur Sorge
gibt, dass die Wachstumsraten nach der deutschen Einheit die Drei-Prozent-Marke nicht mehr
durchstoßen haben.
Bei allen kritischen Einwänden, die man gegen das Wachstumsziel vorbringen mag, gilt momentan
unzweifelhaft, dass höhere Wachstumsraten einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Probleme am
Arbeitsmarkt, in der Sozialversicherung und beim Staatshaushalt leisten würden.
1.2.6 Weitere makroökonomische Ziele
Das magische Viereck ist von fundamentaler wirtschaftspolitischer Bedeutung. Allerdings ist es
mittlerweile etwas in die Jahre gekommen. Vollständig ist es ohnehin nie gewesen, denn es existieren
weitere makroökonomische Ziele, die den im Stabilitätsgesetz aufgeführten an Bedeutung nicht
nachstehen.
Artikel 2:
Aufgabe der Gemeinschaft ist es, durch die Errichtung eines Gemeinsamen Marktes und einer
Wirtschafts- und Währungsunion sowie durch die Durchführung der in den Artikeln 3 und 4 genannten
gemeinsamen Politiken und Maßnahmen in der ganzen Gemeinschaft eine harmonische, ausgewogene
und nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens, ein hohes Beschäftigungsniveau und ein hohes Maß
an sozialem Schutz, die Gleichstellung von Männern und Frauen, ein beständiges, nichtinflationäres
Wachstum, einen hohen Grad von Wettbewerbsfähigkeit und Konvergenz der Wirtschaftsleistungen, ein
hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität, die Hebung der Lebenshaltung und
der Lebensqualität, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt und die Solidarität zwischen den
Mitgliedstaaten zu fördern.
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag), in der Fassung vom 2.10.1997
(Amsterdamer Fassung).
An erster Stelle wird regelmäßig das Ziel einer gerechten Verteilung der Einkommen genannt. Hier
ist sowohl die funktionale Einkommensverteilung angesprochen, also die Aufteilung des
Volkseinkommens zwischen den Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital, als auch die personelle
Einkommensverteilung.
Ein weiteres oft genanntes Ziel ist der Umweltschutz. Vom Staatsziel der Erhaltung der natürlichen
Lebensgrundlagen in Verantwortung für die nachfolgenden Generationen (Art. 20a GG) wird oft
behauptet, es stehe in einem konfliktären Verhältnis mit dem Ziel des angemessenen und stetigen
Wachstums.
Die Vorschrift des Art. 115 GG, dass die Einnahmen aus Krediten die veranschlagten Ausgaben für
Investitionen nur zur Abwehr der Störung eines gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts überschreiten
dürfen, war sicherlich als Restriktion und nicht als Ziel gedacht. Die allgemein als prekär empfundene
Situation der öffentlichen Haushalte lenkt die Aufmerksamkeit jedoch dermaßen auf diese Vorschrift,
dass man meinen könnte, die Vorlage eines verfassungsgemäßen Haushalts sei mittlerweile ein
makroökonomisches Ziel an sich.
Auch Strukturziele wie die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet (Art. 72
GG) oder die internationale Wettbewerbsfähigkeit sind makroökonomische Ziele. Art. 2 des Vertrages
zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) gibt den Mitgliedsstaaten über die bereits
erwähnten nationalen Ziele, die sich dort alle in ähnlicher Formulierung wiederfinden, auf, ein hohes
Maß an sozialem Schutz zu schaffen.
Mit jeder neuen Ecke, die dem magischen Viereck angefügt wird, entstehen natürlich weitere
Zielkonflikte. Aus dem magischen Viereck wird ein magisches Vieleck, das dem gordischen Knoten in
nichts nachsteht.
(in Anlehnung an Makro online)
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