Mein Gott und Walter – Episode 22: Die Ehe & … Mein Gott und Walter Episode 22: Die Ehe & … Heilige Schrift Hld 8,6-7; 1 Tim 4,4; 1 Thess 4,3-5; 1 Kor 7,217; Röm 1,24-27 (Liebe, Ehe, Sexualität) Mt 5,27-32; Mk 10,11 (Unauflöslichkeit der Ehe) Eph 5,3-5 (gelebte Sexualität gehört in die Ehe) Katechismus der katholischen Kirche 1601-1657; 2331-2349; 2350-2391 Katechismus der katholischen Kirche - Kompendium 337-350; 487-496; 497-502 Youcat 260-271; 400-406; 407-425 Die Ehe - ein großartiger Lebensentwurf, den Christus zur Würde eines Sakramentes erhoben hat Ist die Ehe nicht ein überholtes oder schlicht unlebbares Projekt? Die Hälfte aller Ehen endet doch in Scheidung. Ist es nicht besser gleich allein zu bleiben? - Als Single mit frei einteilbaren Partnerschaften!? Ist die Ehe nicht bürgerlich langweilig!? - Weit gefehlt. Einfach ist die Ehe nicht, das stimmt. Ein Abenteuer vielmehr und gleichzeitig ein großartiger Lebensentwurf, den Christus zur Würde eines Sakraments erhoben hat. Aber wenn es um Beziehungen geht und mehr noch um Sex, dann schüttelt seit vierzig Jahren die ganze Welt verächtlich nur den Kopf über die Kirche und ihre Moral. Man meint, bald würde der Welt schwindelig werden vom vielen Kopfgeschüttel. Doch warum ist die Kirche so beharrlich? Was hat sie davon, dass sie die vielen Teilzeitkatholiken vergrault? Wenn man der Kirche auch sonst gerne immer in allem und jedem Machthunger unterstellt, versandet hier diese Logik: Einfluss gewinnt die Kirche mit ihrer Haltung nicht – im Gegenteil, sie scheint ihn genau auch deswegen einzubüßen: Kirche, Beziehung, Ehe, Sex. Da gibt es wenig Anerkennung einzustreifen! Dabei wäre die Frage doch so naheliegend: Warum sagt die Kirche eigentlich, was sie sagt? Die Antwort ist großartig und würde für viele ein völlig neues Licht auf Beziehung und auf Sex werfen - zur Abwechslung mal kein Rotes. Das Wesen der Ehe Der gute Theologe fragt in der Regel nicht so sehr nach dem „Wie funktioniert’s?“, sondern zuerst einmal nach dem tiefgründigeren „Ja, was ist es denn überhaupt und warum ist es?“. Man fragt nach der Natur der Dinge, ihrer Bestimmung. So ist es zum Beispiel der Sinn oder die Natur eines Blumentopfes, dass in ihm Blumen gepflanzt werden. Wird ein Blumentopf zum Einschlagen für Nägel in die Wand benutzt, entspricht dies nicht seiner eigentlichen Bestimmung. Man riskiert dabei, dass er über kurz oder lang zerbricht. Der Sinn und Zweck - die Natur - eines Blumentopfes entspricht eben nicht der eines Hammers. Wenn wir nun die Beziehung von Mann und Frau besser verstehen wollen und wie sie gelingen kann, geht es auch hier darum, der Natur der Dinge auf den Grund zu gehen: - Eine Partnerschaft ist eine Freundschaft. Aber sie ist eine besondere Freundschaft, die sich von anderen Freundschaften unterscheidet: Sie ist exklusiv, das heißt auf eine bestimmte Person bezogen. Man hat viele Freunde, aber nur einen Partner. 1 Mein Gott und Walter – Episode 22: Die Ehe & … - Auch gibt es in einer solchen Partnerschaft besondere, genauso exklusive Ausdrucksformen der Zuneigung - eben die Sexualität. Wenn es uns gelingt, diese besonderen Merkmale zu verstehen, dann zeigt sich auch die kirchliche Vision einer geglückten Beziehung in ihrer ganzen Schönheit. Möglichkeiten, um in den Besitz von etwas zu gelangen Dafür beginnen wir mit etwas Banalem! Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um in Besitz von etwas zu gelangen: - Da ist einmal das STEHLEN. Gott sei Dank für gewöhnlich nicht die erste Alternative. - Zweitens kann man TAUSCHEN. Zwei Dinge werden mit dem gleichen Wert bemessen und getauscht. Kaufen ist im Grunde ein vereinfachter Tauschhandel, erfunden primär, weil es schwierig ist ein Schwein oder andere Naturalien in eine Geldbörse zu stecken. - Die dritte Möglichkeit schließlich ist das GESCHENK. Stehlen, Tauschen, Schenken sind Formen, die wir auch auf zwischenmenschliche Beziehungen und Sexualität umlegen können. Anwendung dieser drei Möglichkeiten auf eine menschliche Beziehung - Wie DIEBSTAHL ist eine Beziehung, in welcher der andere ausgenutzt und ausgebeutet wird. Im sexuellen Akt wäre die klassische Entsprechung dieser Form die Vergewaltigung. - Wie TAUSCHEN oder KAUFEN ist eine Beziehung, die in erster Linie von den eigenen Interessen gekennzeichnet ist. Man gönnt dem anderen zwar etwas, aber nur insofern man selbst etwas davon hat. In Bezug auf Sex ist das Paradebeispiel sicher die Prostitution. Sex gegen Geld. Aber im Grunde gehören alle Beziehungen, in denen ein bedingungsweises und kalkuliertes Geben und Nehmen herrscht, in diese Kategorie. - Mit was kann man nun das GESCHENK in einer zwischenmenschlichen Beziehung vergleichen? Die Antwort ist kein großes Rätsel: mit LIEBE. Die Definition von Liebe macht dies deutlich. Liebe im Sinne von Freundschaft ist ganz grundsätzlich einmal „das Gute dem anderen zu wollen“. Will ich dem anderen Gutes und steht es in meiner Verfügung, dann werde ich es dem Geliebten geben - ganz ohne Bedingung. Ich werde es eben schenken. Darin wird noch etwas anderes deutlich: Im Unterschied zu den zwei vorausgegangenen Beschreibungen von Beziehung geht es bei Liebe nicht um das ICH, sondern um das DU. Beim Stehlen steht das ICH klar über dem DU, selbst wenn das DU dabei zugrunde geht. Beim Tauschhandel geht es um die eigenen Interessen, auch wenn im Gegenzug der andere profitieren darf. Doch der Tauschhandel hört sofort auf, wenn das ICH nicht mehr das bekommt was es will. Nur bei der Liebe ist es anders. „Das Gute dem anderen zu wollen!“ – das ICH kommt in dieser Definition gar nicht als Empfänger vor – nur als Geber. In Beziehungen entspricht nur die Liebe der Natur des Menschen In Beziehungen entspricht nur die Liebe der Natur des Menschen. Nur die Liebe sieht im anderen ein wertvolles Gegenüber, ein Subjekt und vollwertiges anderes ICH. Mitmenschen zu behandeln wie ein Ding, ein Objekt, das ich für meine Bedürfnisse ausnutze und dann wegwerfe, oder das ich benutze so lange ICH davon etwas habe, wird dem Menschen nicht gerecht. Der Mensch geht zugrunde, wenn er nicht liebt und geliebt wird. 2 Mein Gott und Walter – Episode 22: Die Ehe & … Er geht zugrunde, wenn er benutzt oder ausgenutzt wird. Er verroht, wenn er selbst nur benutzt und ausnutzt. Sexualität wird in unserer Welt in allen dreien dieser Formen gelebt: Selten in ihrer Reinform und meistens vermischt. Es ist daher eine Herausforderung, die Liebe für eine Partnerschaft zu kultivieren. In der katholischen Perspektive bedeutet dies, ein Schenkender zu werden. Sich dem Partner und den Kindern hinzugeben, ist das Leben einer christlichen Ehe. Dies ist gewiss nicht immer einfach, aber genau darin zeigt sich die Ehe auch als wirkliche Christusnachfolge, als Weg der Heiligkeit. Die kirchliche Lehre zur Sexualität Aus dieser katholischen Sicht auf die Beziehung kann man auch beginnen, die kirchliche Lehre zur Sexualität zu verstehen: In einer Liebesbeziehung ist Sexualität eine Form, dieses Geschenk, diese Hingabe auszudrücken. Sie ist keineswegs die einzige, aber eine ganz tiefe Form. Sie ist im Unterschied zum Tier beim Menschen auch nicht eine rein körperliche Angelegenheit, sondern ein Ausdruck, der die ganze menschliche Person umfasst. Gerade darum ist sexuelle Gewalt für den Menschen so traumatisch. Sex bleibt nicht im rein Körperlichen wie ein Beinbruch, sondern berührt die ganze Person. Die körperliche Hingabe ist ein Ausdruck des sich Schenkens, ist ein Ausdruck der Liebe. Käuflichkeit von Sex oder sexuelle Gewalt sind mit dieser Bedeutung nicht vereinbar. Sie zerstören das Wesen dieses Aktes. Sie sind, wie bereits erwähnt, auf das ICH bezogen und damit nicht Ausdruck eines Geschenks. Dinge, die die Liebe zersetzen Die Liebe wird jedoch auch von anderen Dingen zersetzt. Aus den wesentlichen Eigenschaften eines Geschenkes wird dies deutlich: - Geschenke können nicht zurückgefordert werden – sie sind für immer. „One-night stands“, Affären und Lebensabschnittspartnerschaften werden dem nicht gerecht. Echte Hingabe gibt es nicht auf Zeit. Der Rahmen für eine sexuelle Beziehung ist einer, in dem beide Partner gewillt sind, ihrer Hingabe kein zeitliches Limit zu setzen. Beide brauchen die Bereitschaft, das „für immer“ zu sprechen. Was tun Menschen, wenn sie heiraten und es ernst nehmen? Sie tun genau das: Sie versprechen dem anderen die Treue in guten und in schlechten Tagen, alle Tage ihres Lebens. In eine solche eheliche Beziehung eingebettet macht der sexuelle Akt Sinn. Denn genau dieses „Geschenk für immer“ drückt er auf körperliche Weise aus. - Eine zweite Eigenschaft des Geschenkes ist, dass es ganz gegeben werden muss. Ich kann nicht etwas ganz schenken und gleichzeitig etwas davon ausklammern und zurückhalten. Zum sexuellen Akt gehört seine wunderbare Fruchtbarkeit. Eigentlich sollte das nicht wirklich überraschen. Die Weitergabe des Lebens durch diesen Akt finden wir überall im ganzen Tierreich. Zwar hat der sexuelle Akt als menschlicher Akt - wie wir gesehen haben – noch andere Dimensionen, aber die biologische Grundlage wird dadurch nicht zerstört, sondern im Gegenteil, erhöht. Die kirchliche Position zur künstlichen Verhütung erklärt sich daraus, dass dieses Geschenk nicht mehr ganz gegeben oder angenommen wird, wenn man die normale Fruchtbarkeit gezielt zerstört. Dies führt letztlich zu einer Verkümmerung des Geschenks und somit einer Verkümmerung der Liebe. Was man tut, entspricht wiederum nicht dem, was man körperlich aussagt - nämlich: „Ich liebe dich ganz und für immer.“ Gleichzeitig wird damit jedoch deutlich warum nach katholischer Auffassung die Natürliche Empfängnisregelung (NER) grundsätzlich zulässig ist: 3 Mein Gott und Walter – Episode 22: Die Ehe & … In der NER geht es um Methoden zur Feststellung der fruchtbaren und unfruchtbaren Tage. Dieses Wissen kann man dann entweder gezielt für eine Empfängnis oder aus gerechtem Grund zur Vermeidung einer Empfängnis einsetzten. Sie wird von der Kirche nicht deswegen erlaubt, weil sie biologisch ist, weil hier die Frau nicht mit Hormonen vollgestopft und in einen jahrelangen Scheinschwangerschaftszustand versetzt wird wie bei der Pille. Auch nicht deswegen, weil die Kirche ein Problem mit Umweltverschmutzung durch Gummiprodukte hätte. Die Kirche hält NER nicht wegen ihrer biologischen Natürlichkeit und den fehlenden Nebenwirkungen für zulässig, sondern, weil hier der andere mit seiner natürlichen zyklischen Fruchtbarkeit ganz angenommen werden kann. Aber auch bei der Anwendung der natürlichen Familienplanung muss der Maßstab der Liebe aufrechtgehalten werden. Sie aus egoistischen oder rein materialistischen Gründen anzuwenden, wird ebenfalls – wenn auch von einer anderen Seite her - die Liebe als Geschenk zerstören. Diese Betrachtungen sind nur ein Ansatz, um die Lehre der Kirche zu verstehen. In dieser Kürze lässt sich nicht alles genau beschreiben oder jeder Einwand beantworten. Kirchliche Haltung in anderen Fragen dieses Themenkreises Aber schon mit diesen Gedanken können wir die kirchliche Haltung in anderen Fragen dieses Themenkreises verstehen: - Sie werfen ein Licht auf die kirchliche Haltung zu homosexuellen Akten – eine Haltung, die wohlgemerkt verschieden ist von der kirchlichen Haltung gegenüber Menschen mit homosexuellen Neigungen. - Die Überlegungen führen auch zu einer entsprechenden moralischen Bewertung der Selbstbefriedigung. Wo findet sich hier eine echte Hingabe? Wo bleibt die Liebe? - Pornographie, die in diesem Zusammenhang regelmäßig konsumiert wird, zeigt in der ganzen Dramatik, wie der Mensch, allen voran Frauen, dabei entmenschlicht werden. Die Darsteller werden zum Objekt, zum bloßen Gegenstand für die Befriedigung eines Dritten. Und für die Produzenten werden sie zur Geldquelle, die aus den niedrigsten Instinkten schöpft. Ehemalige Pornodarsteller geben heute immer öfter traurige Einblicke hinter die Kulissen dieser Scheinwelt. Während vor einigen Jahrzehnten noch vielfach von der Selbstbefriedigung als Ventil sexueller Energie gesprochen wurde, bestätigt moderne Hirnforschung, dass dieser Bereich ein enormes Suchtpotenzial bietet. Mittlerweile müssen eigene Therapieformen gesucht werden, um zu einem gesunden Sexualleben zurückkehren zu können. Fazit Kirche, Beziehung und Sex mögen in dieser Kombination ein Reizthema für viele sein, aber wer sich die Zeit nimmt, die Position der Kirche zu hinterfragen, wird erkennen, dass die kirchliche Lehre aus einer Überlegung zur Liebe und ihrem Wesen herrührt. Sex kann man ausleben wie ein Tier, aber menschlich wird es dadurch nicht. Es stimmt: die kirchliche Sexualmoral ist anspruchsvoll! Aber wer sie versteht, der sieht die Erfüllung, die der hohe Weg der Liebe, des Schenkens und der Hingabe bietet. Und er sieht, dass es sich lohnt, trotz aller Mühen, diesen Weg der Gebote Gottes zu gehen! 4