1 Interview mit Kardinal Brandmüller: Befürworter für die Änderung der katholischen Lehre über die Ehe sind "Ketzer" — auch wenn es Bischöfe sind von Maike Hickson 14. April 2015 (LifeSiteNews.com) - Kardinal Walter Brandmüller zählte zu den führenden kritischen Stimmen gegenüber Vorschlägen, die aus der vatikanischen Synode über die Familie kamen, welche die Untergrabung der katholischen Lehre über die Sakramente und Moral riskieren. Er war einer der fünf Kardinäle, die zum Buch „In der Wahrheit Christi bleiben“ beigetragen haben, das sich darauf konzentriert, Kardinal Walter Kaspers Vorschlag, jene, die in einer irregulären sexuellen Gemeinschaft leben, zur Kommunion zuzulassen, zu kritisieren. Lifesitenews Mitarbeiter Frau Dr. Maike Hickson interviewte Kardinal Brandmüller im letzten Monat. Lifesitenews: Können Sie für unsere Leser einmal klar die Lehre der katholischen Kirche präsentieren, wie sie über die Ehe und ihre Unauflöslichkeit über Jahrhunderte beständig gelehrt wurde? Kardinal: Die Antwort kann im Katechismus der Katholischen Kirche Nr. 1638-1642 gefunden werden. Kann die Kirche wiederverheiratete Paare zur Heilige Kommunion zulassen, auch wenn ihre zweite Ehe in den Augen der Kirche nicht gültig ist? Das wäre möglich, wenn die betreffenden Paare die Entscheidung treffen würden, in der Zukunft wie Bruder und Schwester zu leben. Diese Lösung ist besonders eine Überlegung wert, wenn die Betreuung von Kindern eine Trennung verbietet. Die Entscheidung für einen solchen Weg wäre ein überzeugender Ausdruck der Buße für den vorherigen und sich lang hinziehenden Ehebruch. Kann sich die Kirche mit dem Thema der Ehe in einer pastoralen Weise befassen, die von der ständigen Lehre der Kirche abweicht? Kann die Kirche überhaupt die Lehre selbst ändern, ohne selbst in die Ketzerei zu fallen? Es ist einleuchtend, dass die pastorale Praxis der Kirche nicht im Gegensatz zu der verbindlichen Lehre stehen noch diese einfach ignoriert werden kann. In gleicher Weise könnte ein Architekt vielleicht eine überaus schöne Brücke bauen. Allerdings, wenn er nicht die Gesetze der Statik beachtet, riskiert er den Zusammenbruch seiner Konstruktion. In gleicher Weise hat jede pastorale Praxis dem Wort Gottes zu folgen, wenn sie nicht erfolglos sein soll. Eine Änderung der Lehre, des Dogmas, ist undenkbar. Wer das dennoch bewusst tut oder eindringlich verlangt, ist ein Ketzer — auch wenn er den Römischen Purpur trägt. Ist nicht die ganze Diskussion über die Zulassung von Wiederverheirateten zur Heiligen Eucharistie auch Ausdruck der Tatsache, dass viele Katholiken nicht mehr an die Realpräsenz glauben und eher glauben, dass sie in der Heiligen Kommunion ohnehin nur ein Stück Brot empfangen? In der Tat gibt es einen unlösbaren inneren Widerspruch in einer Person, die den Leib und das Blut Christi empfangen und sich mit Ihm vereinigen will, während er in derselben Zeit bewusst Sein Gebot missachtet. Wie soll das funktionieren? Paulus sagt in dieser Angelegenheit: "Wer unwürdig isst und trinkt, der isst und trinkt sich sein Gericht. Aber: Sie haben Recht. Bei weitem nicht alle Katholiken glauben an die Realpräsenz Christi in der Hostie. Man kann diese Tatsache bereits an der Art und 2 Weise sehen, wie viele — auch Priester – ohne Kniebeuge am Tabernakel vorbeigehen. Warum gibt es heute in der Kirche einen so starken Angriff auf die Unauflöslichkeit der Ehe? Eine mögliche Antwort könnte sein, dass der Geist des Relativismus in die Kirche eingetreten ist, aber es muss noch mehr Gründe geben. Könnten Sie einige nennen? Und sind nicht alle diese Gründe ein Zeichen für die Glaubenskrise in der Kirche selbst? Natürlich, wenn gewisse moralische Normen, die allgemein gültig gewesen sind, immer und überall nicht mehr anerkannt werden, so wird sich jeder sein eigenes Moralgesetz machen. Das hat zur Folge, dass man tut, was man will. Es kann die individualistische Herangehensweise an das Leben hinzugefügt werden, welche das Leben als eine einzige Chance zur Selbstverwirklichung sieht — und nicht als Auftrag des Schöpfers. Es ist offensichtlich, dass solch eine Haltung Ausdruck eines tief verwurzelten Glaubensverlustes ist. In diesem Zusammenhang kann man feststellen, dass es in den letzten Jahrzehnten wenig Diskussion über die Lehre von der gefallenen menschlichen Natur gegeben hat. Der vorherrschende Eindruck war, dass der Mensch, alles in allem gut sei. Aus meiner Sicht hat dies zu einer laxen Haltung gegenüber der Sünde geführt. Nun, da wir das Ergebnis einer solch laschen Haltung sehen — eine Explosion unmenschlichen Verhaltens in allen möglichen Bereichen des menschlichen Lebens —, sollte dies für die Kirche kein Grund sein, zu erkennen, dass die Lehre von der gefallenen menschlichen Natur bestätigt wurde, und kein Grund sein, sie deshalb wieder zu verkünden? Das ist wahr, in der Tat. Das Thema "Erbsünde" mit ihren Folgen, die Notwendigkeit der Erlösung durch Leiden, Tod und Auferstehung Christi wurde weitgehend unterdrückt und ist für eine lange Zeit in Vergessenheit geraten. Allerdings kann man den Lauf der Welt — und das eigene Leben — ohne diese Wahrheiten nicht verstehen. Es ist unvermeidlich, dass dieses Ignorieren der wesentlichen Wahrheiten zu moralischem Fehlverhalten führt. Sie haben Recht: Man sollte endlich wieder zu diesem Thema predigen, und das mit Klarheit. Die hohe Zahl der Abtreibungen vor allem im Westen haben großen Schaden angerichtet, nicht nur für die getöteten Babys, sondern auch für die Frauen (und Männer), die sich entschieden haben, ihr Kind zu töten. Sollten die Prälaten der Kirche nicht eine starke Haltung einnehmen zu dieser schrecklichen Wahrheit und versuchen, das Gewissen jener Frauen und Männer zu schütteln, auch im Interesse ihre eigenen Rettung? Und hat die Kirche nicht die Pflicht, die Kleinen mit Nachdruck zu verteidigen, die sich nicht wehren können, weil ihnen nicht einmal zu leben erlaubt wird? "Lasst die Kleinen zu mir kommen." Hier kann man sagen, dass die Kirche, vor allem unter den letzten Päpsten als auch unter den Heiligen Vater Franziskus, keinen Raum lässt für Zweifel an dem verabscheuungswürdigen Charakter der Tötung ungeborener Kinder im Mutterleib. Dies gilt zweifellos auch für alle Bischöfe. Eine andere Frage ist es jedoch, ob und in welcher Form die Lehre der Kirche im öffentlichen Raum gesehen wurde und präsentiert worden ist. Hier könnte die Hierarchie sicherlich mehr tun. Man denke nur an die Beteiligung von Kardinälen und Bischöfen bei Pro-Life-Märschen. Welche Schritte würden Sie der Kirche empfehlen, den Ruf zur Heiligkeit zu stärken und den Weg zu zeigen, wie man Heiligkeit erreichen kann? 3 Man muss auf jeden Fall das Evangelium in einer Weise predigen, die für die spezifische Situation passend ist. In welcher Form dies geschehen kann, hängt von den konkreten Umständen ab. Es öffnet sich ein ganzes Feld für kreative Phantasie. Was würden Sie zu den jüngsten Aussagen von Bischof Franz-Josef Bode sagen, dass die katholische Kirche sich immer den "Lebenswirklichkeiten" der Menschen von heute anpassen und ihre Morallehre entsprechend ausrichten muss? Ich bin sicher, dass Sie als Kirchenhistoriker andere Beispiele aus der Kirchengeschichte vor Augen haben, wo die Kirche von außen unter Druck gesetzt wird, die Lehre Christi zu ändern. Könnten Sie einige nennen, und wie die Kirche in der Vergangenheit auf solche Angriffe reagier hat? Es ist völlig klar und auch nicht neu, dass die Verkündigung der Lehre der Kirche der konkreten Lebenssituation der Gesellschaft und des Einzelnen angepasst werden muss, wenn die Botschaft gehört werden soll. Doch gilt dies nur für die Art und Weise der Verkündigung und überhaupt nicht für ihren unantastbaren Inhalt. Eine Anpassung der Morallehre ist nicht akzeptabel. "Passt euch nicht der Welt an", sagte der Apostel Paulus. Wenn Bischof Bode etwas anderes lehrt, befindet er sich im Widerspruch zur Lehre der Kirche. Ist er sich dessen bewusst? Ist es der deutschen katholischen Kirche gestattet, in der Frage der Zulassung von wiederverheirateten Paaren zu der heiligen Eucharistie ihre eigenen Wege zu gehen und dabei unabhängig von Rom zu entscheiden, wie es Reinhard Kardinal Marx nach dem jüngsten Treffen der Deutschen Bischofskonferenz ausgesprochen hat? Die bekannten Aussagen von Kardinal Marx stehen im Widerspruch zum Dogma der Kirche. Sie sind in pastoraler Hinsicht unverantwortlich, denn sie setzen den Gläubigen der Verwirrung und dem Zweifel aus. Wenn er denkt, dass er auf nationaler Ebene einen unabhängigen Weg gehen kann, gefährdet er die Einheit der Kirche. Es bleibt bestehen: Die bindende Norm für die gesamte Lehre und die Praxis der Kirche sind ihre klar definierten Glaubenslehren. Quelle: www.herzmariens.ch http://www.herzmariens.ch/Aktuelles/Synode/brandmueller.htm