DE RAT DER EUROPÄISCHEN UNION P/08/81 Brüssel, den 16. Juli 2008 11900/08 (Presse 214) (OR. fr) Erklärung des Vorsitzes im Namen der EU anlässlich des 10. Jahrestags des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs 1. Am 17. Juli 2008 begehen wir den zehnten Jahrestag der Annahme des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Rom. Heute findet die Verpflichtung, der Straflosigkeit der schlimmsten Verbrechen, die das Gewissen der Menschheit erschüttern, ein Ende zu bereiten, immer breitere Zustimmung in der internationalen Gemeinschaft. In dieser Hinsicht haben sich über einhundert Staaten eigens verpflichtet, im Rahmen des Römischen Statuts zur Verhütung und strafrechtlichen Verfolgung dieser Verbrechen beizutragen. Die Rechenschaftspflicht gegenüber den Opfern und der internationalen Gemeinschaft insgesamt ist nun eine Rechtsnorm. 2. Die Europäische Union (EU) erinnert daran, dass das Römische Statut einen wesentlichen Beitrag zur Wahrung des Friedens und zur Stärkung der internationalen Sicherheit im Einklang mit den Zielen und Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen darstellt. PRESSE Rue de la Loi 175 B – 1048 BRÜSSEL Tel.: +32 (0)2 281 6319 Fax: +32 (0)2 281 8026 [email protected] http://www.consilium.europa.eu/Newsroom 11900/08 (Presse 214) 1 DE 3. Der Internationale Strafgerichtshof ist ein grundlegendes Schlüsselinstrument, um einerseits die Straflosigkeit der schwersten Verbrechen, nämlich solcher, die sich gegen das tiefste Wesen der Menschheit richten, zu bekämpfen und andererseits von der Anwendung von Gewalt abzuhalten und abzuschrecken. 4. Der IStGH ist heute in der Lage, die Aufgabe zu erfüllen, für die er gegründet wurde. Zu den bedeutendsten Leistungen dieses noch nicht sehr lange bestehenden Gerichtshofs zählt, dass dem Römischen Statut 107 Vertragsparteien angehören und der IStGH mit vier Situationen befasst ist, von denen einige bereits zu Gerichtsverfahren geführt haben. Seit dem Inkrafttreten des Römischen Statuts im Jahr 2002 hat der IStGH wesentliche Fortschritte bei der Führung seiner Ermittlungen erzielt und er behandelt derzeit Verfahrensfragen, die von größter Wichtigkeit für seine künftige Arbeitsweise sind. 5. Die EU und ihre Mitgliedstaaten engagieren sich weiterhin dafür, die Universalität des Römischen Statuts zu fördern und seine Integrität zu wahren. Wir ersuchen alle Staaten, die nicht Vertragspartei des Römischen Statuts sind, sich den Feierlichkeiten zum zehnten Jahrestag des IStGH anzuschließen, indem sie das Römische Statut möglichst bald ratifizieren. 6. Eine effiziente Zusammenarbeit mit dem IStGH ist von entscheidender Bedeutung, wenn der Gerichtshof seine Aufgabe erfüllen soll. Die Anstrengungen des IStGH müssen durch eine starke politische und diplomatische Unterstützung aller Staaten unterstützt werden, damit dieser die gesamte für sein effizientes Funktionieren erforderliche Mitarbeit erhält und damit die mit Haftbefehl gesuchten Personen ausgeliefert werden und Recht gesprochen wird. Die EU verpflichtet sich, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um den IStGH zu unterstützen und mitzuhelfen, dass alle Haftbefehle rasch vollstreckt werden. 7. Die Zusammenarbeit mit dem IStGH erfordert außerdem, dass die Staaten über ein Rechtssystem verfügen, das es ihnen in erster Linie ermöglicht, diejenigen zu verfolgen und zu verurteilen, die in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet die schwersten Verbrechen begangen haben. Der IStGH ist Bestandteil einer internationalen Strafrechtsordnung. Die EU ist überzeugt, dass die praktische Verwirklichung des Grundsatzes der Komplementarität eine notwendige Voraussetzung für die Verwirklichung der Ziele des IStGH darstellt. 11900/08 (Presse 214) 2 DE 8. Die EU und ihre Mitgliedstaaten sind besonders besorgt über die Opfer der schwersten Verbrechen und sie begrüßen in diesem Zusammenhang die Arbeit des IStGH, seines Treuhandfonds für Opfer sowie aller NRO, die sich für Hilfe und Unterstützung für die Opfer engagieren. 9. Die EU ist überzeugt, dass Frieden und Gerechtigkeit keine widersprüchlichen Ziele sind. Sie ist vielmehr der Ansicht, dass ein dauerhafter Frieden nicht erreicht werden kann, wenn keine angemessene Antwort auf die Forderung, die Verantwortlichen für die schwersten internationalen Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen, gegeben wird. Frieden und Gerechtigkeit sind zwei notwendige Elemente einer einzigen Lösung. Gemäß den im Rahmen der Vereinten Nationen erarbeiteten Leitlinien zur Straffreiheit kann es für schwerste Verbrechen keinen Straferlass geben. 10. Die EU wird weiterhin alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um den IStGH in seiner Politik und den Grundsätzen der internationalen Strafrechtsordnung zu unterstützen. Hierzu wird sie den IStGH in ihre politischen Strategien, besonders in den Bereichen Entwicklungspolitik, Konfliktverhütung, Justiz, Freiheit und Sicherheit, mit einbeziehen. Die Bewerberländer Türkei, Kroatien* und ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien*, die Länder des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses und potenziellen Bewerberländer Albanien, Bosnien und Herzegowina und Serbien und die dem Europäischen Wirtschaftsraum angehörenden EFTA-Länder Island und Liechtenstein sowie die Ukraine, die Republik Moldau, Armenien und Georgien schließen sich dieser Erklärung an. * Kroatien und die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien nehmen weiterhin am Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess teil. Rue de la Loi 175 B – 1048 BRÜSSEL Tel.: +32 (0)2 281 6319 Fax: +32 (0)2 281 8026 [email protected] http://www.consilium.europa.eu/Newsroom 11900/08 (Presse 214) 3 DE