Überlegungen zur emotionalen Dimension im Sport aus der Sicht

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Überlegungen zur emotionalen Dimension im Sport aus der Sicht eines
tiefenpsychologisch orientierten Psychotherapeuten
Peter Geißler
Ich berichte über einen männlichen Patienten, der mich vor etwa fünf Jahren
aufgesucht hatte. Er war 28 Jahre alt, Student und zugleich
Turniertennisspieler. Er litt seit über einem Jahr an einer hartnäckigen
Blockade in der rechten Schulter, die ihn daran hinderte, die Vorhand beim
Tennisspiel technisch korrekt auszuführen. Die Folge war, dass seine Vorhand
sehr fehleranfällig geworden war. Er hatte vor unserer Kontaktnahme bereits
alles Mögliche an Maßnahmen hinter sich, was ihm seitens seines Coaches
angeraten worden war: Massagen, andere physikalische Behandlungen,
Krafttraining, Stretching, mentales Training, Imaginationsübungen – alles ohne
Erfolg. Er nahm seit Monaten nicht mehr an Turnieren teil, sondern spielte
schließlich nur mehr Freizeittennis – trotzdem bestand die Blockade
unvermindert weiter.
Mir fiel schon am Telefon und im Erstgespräch auf, dass dieser Patient im
emotionalen Ausdruck allgemein blockiert zu sein schien. Am Telefon klang
seine Stimme mechanisch, wenig moduliert, und als er mir gegenüber saß,
berichtete er über sein Schulterproblem wie über einen neutralen Sachverhalt,
obwohl er unter diesem Symptom doch sichtlich leiden musste. Seine Mimik und
seine Gestik wirkten wenig lebendig, der emotionale Gesamtausdruck war
verhalten, gehemmt, im persönlichen Kontakt war er unsicher, fast ein wenig
ängstlich.
Ich richte – wie Sie sicher gleich bemerkt haben - meine Aufmerksamkeit auf
emotionale Qualitäten und wie sich diese im beobachtbaren Verhalten zeigen:
Stimme, Mimik, Gestik, Kontaktverhalten.
Die Theorie dazu lautet: Typische emotionale Qualitäten haben einen Bezug zur
seelischen Struktur. Diese hat sich aufgrund der Erfahrungen der Person mit der
Umwelt Schritt für Schritt entwickelt. Die Erfahrungen mit den Bezugspersonen
– Vater, Mutter, Geschwister - sind dabei besonders prägend. Es gibt emotionale
Konstellationen im Zusammenhang mit positiven Affekten – z. B. freudvolle
Erfahrungen – und solche mit negativen Affekten – z. B.
Kränkungserfahrungen. Positive und negative Beziehungserfahrungen finden in
jeder psychischen Entwicklung statt. Es gibt gelöste Erfahrungen – d. h. eine
emotional bedeutsame Interaktionssequenz wurde erlebt und fand ein „gutes
Ende“ - und solche, die nicht ausreichend gelöst werden konnten: entweder,
weil sie zwar ursprünglich bewusst waren, dann aber wieder verdrängt wurden
(wie z. B. eine tiefe Kränkung, die als solche voll bewusst erlebt wurde, über die
1
aber nie wieder gesprochen wurde), oder weil sie nie wirklich komplett
bewusstseinsfähig wurden, und zwar weil die beteiligten Gefühle nicht
ausreichend in Worte gefasst werden konnten; also z. B. eine tiefe Kränkung,
die sich wie ein dumpfer unklarer Schmerz anfühlte; oder eine traumatische
Erfahrung, die vom Erleben her gänzlich unfassbar war. Ungelöste konflikthafte
oder traumatische Erfahrungen wirken in der seelischen Dynamik weiter und
suchen nach Ausdrucksmöglichkeiten; eine solche Möglichkeit sind
Körpersymptome, eine andere sind bestimmte Handlungen. Z. B. neigen
Patienten, die als Kinder geschlagen wurden später selbst dazu, ihre eigenen
Kinder zu schlagen. Sie drücken ihre eigenen ungelösten emotionalen Traumata
in ihrem Verhalten aus. Wir sagen: „Der Körper erinnert sich.“
In der Therapie geht es darum, die problematischen unbewussten emotionalen
Konstellationen zu identifizieren und sie gemeinsam in ihrer Wirkung auf das
gegenwärtige Verhalten zu rekonstruieren. Werden die arretierten oder nie
symbolisierten Gefühle allmählich bewusst und besprechbar, ändert sich in
Schritten die seelische Dynamik und als Auswirkung davon das Verhalten und
auch die Symptomatik. Wir versuchen in unserer Art der Arbeit also nicht, das
Symptom direkt anzugehen, denn wir verstehen es als konstruktiven Hinweis
der Seele auf konflikthafte emotionale Muster. Wir suchen nach Verstehen und
Versprachlichung.
D. h. es gibt ein Gedächtnis, über das wir bewusst und sprachlich nicht
verfügen. Gedächtnisforscher sprechen von einem impliziten Wissen, und ein
Teil dieses Wissens ist das emotionale Gedächtnis. Es organisiert unser Erleben,
ohne dass wir uns dessen bewusst sind.
Das ist freilich eine andere Konzeption psychischer oder mentaler Prozesse, die
in der Sportpsychologie allgemein üblich zu sein scheint. Wenn Sie von Erleben
sprechen, meinen Sie, wenn ich es recht verstehe, innere und weitgehend
bewusstseinsfähige Vorgänge wie Gedanken, Gefühle und Motive. So verstehe
ich auch die IZOF-Konzeption nach Yuri Hanin1, das Konzept der individuellen
Zone des optimalen Funktionierens. Es scheint mir dabei um bewusstseinsnahe
Dynamiken zu gehen. Zur Herstellung des optimalen Zustandes stehen
Interventionen zur Verfügung, die am bewussten Erleben ansetzen. Das mag
durchaus wirksam sein, setzt jedoch nicht an der zugrunde liegenden
emotionalen Struktur an. Es ist ein anderer Ansatzpunkt als der
tiefenpsychologisch-psychoanalytische.
Mein Patient spürte zu Beginn der Therapie sehr wenig von sich selbst. Er
merkte zwar die Schulterblockade in ihrer Auswirkung auf das Tennisspiel, dass
1
Hanin, Y. L.. (1997) Emotions and athletic performance: Individual zones of optimal functioning model.
European yearbook of sport psychology A publication of FEPSAC
2
jedoch eine allgemeine emotionale Blockade bestand, konnte er nicht fühlen. Er
war vollkommen auf sein Symptom und dessen Auswirkungen fixiert, was
angesichts der Tatsache, dass er Vater eines Kindes war, ein wenig merkwürdig
erschien. Eine Zeit lang waren in der Therapie daher Spürübungen wichtig, die
sein körperlich-emotionales Bewusstsein förderten. In den Spürübungen begann
er Emotionen in einer Weise zu fühlen, die neu für ihn war, und in den
Gesprächen begann er erstmals tiefgründig über Aspekte seines Lebens
nachzudenken und einzelne Teile zueinander in Beziehung zu setzen.
Solche Spürübungen bestanden bei diesem Patienten darin, dass ich ihn bat, die
Schlagbewegung vor meinen Augen durchzuführen und dabei in sich
hineinzuspüren. Am Anfang nahm er gar nichts wahr, außer den mechanischen
Bewegungsablauf. Langsam begann er die Bewegung von innen her zu fühlen.
Und dann begann er allmählich emotionale Qualitäten in seiner Bewegung zu
spüren, z. B. den Unterschied zwischen schwungvoll und verkrampft. Durch das
schrittweise Verknüpfen solcher gefühlsartigen Wahrnehmungen mit
Rückmeldungen zu seinem Verhalten begann er allmählich wahrzunehmen, wie
verkrampft er eigentlich war – ohne Stresseinwirkung von außen. Er befand sich
in einem Zustand chronischer Anspannung. Wir hatten nun einen Teil seines
impliziten Wissens an die Oberfläche gebracht, ohne allerdings noch den
zugrunde liegenden Konflikt zu verstehen (sofern ein solcher vorhanden war).
Die Forschung zum „implizite Wissen“ ist sehr in Fluss, doch scheint sie darauf
hinauszulaufen, dass etwas in uns mehr weiß, als wir uns bewusst machen
können. Hervorzuheben ist die Entdeckung der Spiegelneuronen Ende des
letzten Jahrhunderts. Das sind Nervenzellen, die feuern, wenn wir unser
Gegenüber in seinem Verhalten beobachten. Wir erfassen mit Hilfe unserer
Spiegelneuronen unmittelbar sowohl die Intention als auch den emotionalen
Gehalt all dieser Bewegungen. Wenn ich z. B. die Stimme meines Patienten
höre, feuern akustische Spiegelneuronen in mir, und dadurch bin ich in der
Lage, den Patienten in seiner Befindlichkeit und in seiner Intention, wie sie sich
in seiner Stimme ausdrücken, von innen her zu verstehen – auf einer
emotionalen Ebene – auch wenn ich das bewusst gar nicht weiß und dieses
Wissen gar nicht in Worte fassen kann! Das ist implizites Wissen, ein intuitives
Spürwissen.
Implizites Wissen, Emotionen und der Körper stehen in einem engen
Zusammenhang. Das haben auch andere Wissenschaften entdeckt, wie z. B.
manche Evolutionstheoretiker, oder Kognitionswissenschaftler, die neuerdings
von „embodied cognitions“ sprechen. Sie meinen damit mentale Prozesse in
ihrer körperlich-emotionalen Einbettung. Einen knappen Überblick über
3
diesbezügliche Forschungsansätze finden Sie in meinem Artikel im „Spectrum
der Sportwissenschaften“.2
All dies läuft im Grunde auch ein neues Menschenbild hinaus, in dem die
Emotionen stärker gewichtet werden als bisher, und zwar die Emotionen in ihrer
unbewussten Dimension, im impliziten Bereich! Ich nenne in diesem
Zusammenhang den einflussreichen portugiesischen Neurowissenschaftler
Antonio Damasio. Ende der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts kam ein Buch
von ihm heraus, in dessen Titel der Paradigmenwechsel in pointierter Form
angesprochen wird: „Ich fühle, also bin ich.“3 Damasio ersetzt damit das
klassische kartesianische Paradigma „Cogito ergu sum“ = Ich denke, also bin
ich“, das seit dem 17. Jahrhundert einen großen Einfluss auf unser
Wissenschaftsverständnis hatte. Hier wurde die menschliche Denkfähigkeit
überbewertet.
Bei meinem Patienten hatten wir Zugang zum impliziten Wissen gefunden, zu
seiner allgemeinen emotionalen Blockierung. Befand sich im Kern von alledem
ein unbewusst wirksamer Konflikt?
Er war seit jungen Jahren sehr von seinem Vater geprägt worden. Sein Vater
zeichnete dafür verantwortlich, dass er schon als Kind seine Liebe zum Tennis
entdeckte; er übte mit ihm, trainierte ihn später, fuhr mit ihm auf Turniere. Auch
die Entscheidung für die akademische Laufbahn gründete sich, wie sich
allmählich herausstellte, auf eine Erwartung seines Vaters, auch wenn eine
solche nie offen ausgesprochen worden war. In dieser Familie war nämlich
über Gefühle und Bedürfnisse kaum offen gesprochen worden.
Zu Beginn der Therapie sprach der Patient immer dann, wenn er über den Vater
berichtete, in neutraler Weise. Je mehr er seine Gefühle spürte und sie zu
verbalisieren vermochte, umso stärker trat eine Ambivalenz zutage, die mit einer
für ihn damals noch unklaren Unsicherheit dem Vater gegenüber zu tun hatte.
Schritt für Schritt erkannte er, dass sowohl seine Probleme im Studium (er
konnte auch keine Prüfungen mehr machen) als auch seine Gedanken um den
Tennissport damit zu tun hatten, dass er seinen Vater nicht enttäuschen wollte,
von dem er noch immer finanziell teilabhängig war.
Je mehr er sich in die Erfahrung mit dem Vater vertiefte, umso stärker verspürte
er einen Zorn, den er zunächst nicht verstand. Zorn war ihm nämlich fremd,
und auf bewusster Ebene – d. h. in seinen bewussten Gedanken von sich selbst stufte er sich als friedfertig und unaggressiv ein.
2
Geißler, P. (2010): Überlegungen zur emotionalen Dimension im Sport aus der Sicht eines Psychotherapeuten.
Spectrum der Sportwissenschaften, im Druck.
3
Damasio, A. R. (1999): Ich fühle, also bin ich. Die Entschlüsselung des Bewusstseins. München (DTV).
4
Das ist ein wichtiger Punkt: bestimmte Denkprozesse des Patienten, die mit
seinem Bild von sich selbst in Verbindung standen – „Ich bin ein friedfertiger
Mensch“ – waren als Bearbeitung unbewusster emotionaler Erfahrungen zu
verstehen. Offenbar war ein verdrängter Zorn am Werk und bewirkte, dass er
von sich selbst dachte, er sei friedfertig. Das Denken war, ebenso wie die
Muskelfunktionen in seiner rechten Schulter, in den Dienst der Emotionsabwehr
geraten und zementierte sein falsches Bild von sich selbst.
Dieser Patient berichtete gelegentlich über Träume mit aggressiven Inhalten –
wie z. B. Kriegsgeschehnissen – die ihm fremd und unverständlich erschienen.
Er hatte sie anfangs als unwesentlich abgetan. Allmählich lernte er, seine
Träume als Hinweise auf wichtige Aspekte seines unbewussten Erlebens zu
verstehen. In dem Maß wie das gelang kamen - gleichermaßen als Antwort auf
unsere Bemühungen - Erinnerungen an bislang verdrängte frühe Szenen hoch,
in denen er vom Vater gedemütigt und entwertet worden war. Diese Kränkungen
waren nun offensichtlich die Quelle des Zorns. Er hatte unbewusst gelernt, die
Kränkungen hinter einer Fassade angepasster Freundlichkeit zu verbergen. Der
Preis für dieses chronische Verbergen war die motorische Gehemmtheit, die
Bremsung in seinen Bewegungen, die sich schließlich in der Schulterblockade
zugespitzt hatte.
Ich kann hier aus Zeitgründen nicht auf weitere Details eingehen, aber die
Therapie mündete darin, dass der Patient sich dem Vater gegenüber
emanzipierte, sich von seinen Erwartungen befreite und das Studium beendete.
Mittlerweile konnte er verstehen, dass die Schulterblockade einen Kompromiss
darstellte zwischen der Anpassung an die väterlichen Erwartungen und der
aggressiven Verweigerung im Dienste der Selbstbestimmung, aus der Not
geboren: das Symptom als unbewusste kreative Schöpfung. Die
Schulterblockade hatte sich gebessert, war aber nicht vollständig verschwunden.
Das war dem Patienten nun aber weniger wichtig geworden, denn im
Mittelpunkt seines gegenwärtigen Lebens stand nun das Ziel, wirklich
erwachsen zu werden. Das hieß unter anderem auch, sich um sein Kind als
aktiver Vater zu kümmern, und es hieß, sich vom Vater finanziell komplett
unabhängig zu machen, sich auf die eigenen Füße zu stellen. Wie es mit dem
Tennis weitergehen sollte, hielt er sich offen. Das fand ich – gemessen an seiner
gegenwärtigen Entwicklung - durchaus vernünftig.
5
Was können Sie als Sportpsychologen aus dem hier Gesagten eventuell
ableiten? Mir ist klar, dass ich für Sie von einer Außenperspektive heraus
spreche. Ich kenne Ihren Diskurs nicht gut genug, und ich werde mich daher
damit begnügen, einige Fragen anzureißen. Zum Abschluss möchte ich dann auf
einen Ihrer Kollegen verweisen, bei dem ich einen möglichen Brückenschlag
entdeckt habe.
Hinter jeder Theorie steckt ein Menschenbild. Welches Menschenbild ist es bei
Ihnen? Spielen in diesem Menschenbild unbewusste Emotionen eine Rolle?
Wenn ja: aufgrund welcher Theorie? Vor allem: welcher Entwicklungstheorie?
Wie stellen sich Sportpsychologen zu Aspekten wie Körpererinnerung,
implizites Wissen, unbewusster Konflikt und Körpersymptomatik? Wird ein
Symptom als kreative Schöpfung der Seele angesehen, und wenn ja, was heißt
das dann in der sportpsychologischen Beratung?
Folgt die Praxeologie der sportpsychologischen Beratung einem
Entwicklungsmodell? Entwicklung bedeutet nämlich im Grunde „Zeit geben“.
Also: Im Unterschied zu Zielen, die man bewusst anstreben kann, ist es im Falle
eines Entwicklungsmodells so, dass Entwicklungen einer inneren Dynamik
folgen, die man nicht willkürlich durch Zielvorgaben steuern kann.
Wenn man einem Entwicklungsmodell folgt, wie geht man dann mit Aufträgen
seitens dritter Personen um?
Unterscheiden Sportpsychologen im Hinblick auf mentale Prozesse, auf
gedankliche Tätigkeit, zwischen Gedanken im Dienste des emotionalen
Geschehens und solchen, denen eine Abwehrfunktion zukommt?
Für mich ist die Frage in letzter Konsequenz: Inwieweit ist der
sportwissenschaftliche Diskurs anschlussfähig an den genannten
Paradigmenwechsel – „Ich fühle, also bin ich“ – und welche Konsequenzen
werden daraus wirklich abgeleitet?
Abschließend der Brückenschlag, von dem ich gesprochen habe: Die Rede ist
von Jürgen Freiwald aus Wuppertal. Er war vor drei Monaten im Rahmen der
Fitnesstrainerausbildung an der Bundessportakademie Linz als Referent
eingeladen. Ich hatte Gelegenheit, mir einen Mitschnitt seines Vortrages
anzuhören und habe mich von vielen Gedanken direkt angesprochen gefühlt.
Wenn Freiwald beispielsweise von Sensomotorik spricht, dann meint er damit
zutiefst subjektive Vorgänge. Freiwald ist der Ansicht, dass der Sportler seine
motorischen Abläufe unbewusst aufgrund seiner Freiheitsgrade konstruiert – es
ist also ein Konstruktivist – und dass in diese Konstruktionen die subjektiven
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Befindlichkeiten des Sportlers zentral eingehen - „Ich fühle, also bin ich!“
Freiwald denkt systemisch, und das heißt: Jede Äußerung eines Systems ist ein
sinnvolle Angelegenheit, sodass der Akzent darauf liegt, ein Symptom zunächst
in dessen Funktionalität zu verstehen, anstatt es einfach beseitigen zu wollen.
Das ist ein Vorgehen, wie ich es bei meinem Patienten vorgestellt habe! Seinem
Credo „Der Ansatz ist die Persönlichkeit des Sportlers und nicht die Technik!“
kann ich mich vorbehaltlos anschließen.
Freiwald stützt sich meinem Verständnis nach auf die dynamische
Systemtheorie – das ist die Theorie hoch komplexer, sich selbst organisierender
Systeme, die von molekularen bis zu kulturellen Prozessen reicht und in die alle
Zeitebenen, von Millisekunden bis Jahrmillionen, miteinbezogen werden.
Systemtheoretisch zu denken, heißt nicht nur, den Sportler als hochkomplexes
System zu sehen, sondern auch das gesamte Umfeld miteinzubeziehen – den
Coach, das elterliche Umfeld, das Vereinsumfeld, beteiligte Institutionen, bei
Spitzensportlern die Medien etc. In der dynamischen Systemtheorie, die mit
unserem tiefenpsychologischen Denken weitgehend kompatibel ist, könnte also
künftig auf der Suche nach weiteren Brücken ein gemeinsames Forschungsfeld
liegen. Ich vermute, der Dialog könnte sich auch für Sie lohnen, auch wenn die
Implikationen beträchtlich sein, denn wie geht man tatsächlich, wenn man
systemisch denkt, mit einem Sportler um, der eigentlich nur sein Symptom
loswerden will? - wie vor Beginn der Therapie mein Patient. All dies führt für
mein Gefühl letztlich in sehr grundsätzliche Gedanken, wie unsere Gesellschaft
und unsere Welt beschaffen ist, von der der Sport ein Teil ist.
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