Handout 10. Sitzung

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Aspekte des Strukturdilemmas von Hilfe und Kontrolle in der Sozialen Arbeitsbeziehung
von Roland Becker-Lenz
Einführung
 3 idealtypische Arbeitsbeziehungen
→ therapeutisches Arbeitsbündnis
→ pädagogisches Arbeitsbündnis
→ Arbeitsbeziehung, die kein Arbeitsbündnis ist
Hilfe

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
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Hilfe ist Form der Herrschaft und Kontrolle
Hilfe hat immer einen Problembezug
Hilfe ist mit dem Erziehungsbegriff gekoppelt
Persönlicher Bezug zwischen Professionellen und Klienten
Kontrolle
 Wenn Umgang mit Konflikten kategorisiert werden soll
 3 Formen gesellschaftlicher Reaktionen auf Konflikte (Regelungen von Konflikten im Alltag; Strafrecht und Strafen; Disziplinierungsmethoden und sanfte Kontrolle)
 Sozialarbeiter = „Sanfte Kontrolleure“
Das Strukturproblem von Hilfe und Kontrolle
 Dilemma: soziales Handeln beinhaltet Hilfeangebote und Kontrollaufträge
 Handlungslogiken können nicht widerspruchsfrei miteinander verbunden werden (Störung
des Arbeitsbündnisses, Zielkonflikt, Klärungsbedürftigkeit/Erklärungsbedürftigkeit, Motivationsproblem)
Professionalisierungsbedarf/Professionalisierungsmöglichkeiten
 gemeinschaftliche Hilfe mit sittlicher Kontrolle
 Hilfe mit hilfeimmanenten Kontrollformen
 Hilfe mit hilfeimmanenten, Autonomie fördernden Kontrollformen
 Kontrolle durch und mit Hilfe
 Kontrolle, die auch hilft
Die Problematik der Strukturlogik des Arbeitsbündnisses und der Dynamik von Übertragung
und Gegenübertragung in einer professionalisierten Praxis von Sozialabeit
von Ulrich Oevermann
I. Das Arbeitsbündnis im Funktionsfokus I und seine innere Dynamik
 gilt nur in Bezug auf professionelle Praxis
 Experte übernimmt stellvertretend Krisenbewältigung für Klienten → Arbeitsbündnis
 Voraussetzung hierfür ist die Freiwilligkeit des Patienten, sich in Arbeitsbündnis zu begeben
Paradigmatisch im psychoanalytischen Therapie-Setting
 nimmt als Arbeitsbündnis den größten differenziertesten sozialen Raum ein
 Patient muss sich an Grundregeln halten ( sich innerhalb der Bündnisses in eine diffuse
Sozialbeziehung zu begeben)
 behält im Hintergrund jedoch die Position einer spezifischen Sozialbeziehung
 Therapeut und Patient bilden eine widersprüchliche Einheit von diffusen und
widersprüchlichen Sozialbeziehungen
→ d.h zwischen ganzen Menschen und Vertragspartnern
 latente Symmetrie
 manifeste Asymmetrie
 Abstinenzregel → innerhalb der diffusen Beziehung darf Therapeut keine Position als
ganzer Mensch beziehen
 Patient hingegen muss Position als ganzer Mensch beziehen → sanktionsfrei
 innerlich jedoch kann sich der Experte seinen Gefühlen stellen
Übertragung und Gegenübertragung
 Definition Übertragung: Re-Inszenierung von dynamischen früheren Eltern-KindBeziehungen ; naturwüchsige Dynamik
 Übertragung seitens des Patienten
 Gegenübertragung seitens des Therapeuten
 stellt dynamische sich bewusstlos reproduzierende Konstellation dar, resultiert aus
psychischen Störungen des Patienten
 es geht dem Therapeuten um das verstehen des verborgenen Sinns
 diese Konstellation ist symmetrisch und asymmetrisch
Die Verwandtschaft von Übertragungsdynamik und Gruppendynamik
 Definition Gruppendynamik: Universalität von unbewussten und unkontrollierten
Interaktions- und Beziehungsdynamiken
 hierfür gibt es fünf Grundtypen ( siehe text S.125)
→ basale quellen der Übertragung
 Trainingsprogramme stellen das Gegenteil von Therapie dar
Gemeinsamkeit und Differenz von Übertragung und Gegenübertragung
 Therapeut darf seine Gegenübertragungsgefühle weder abwehren noch aus agieren
 muss Übertragungsangebote auf sich wirken lassen ( dies ist nur dem Therapeuten bewusst)
 für ihn stellt jeder Patient ein neues Abenteuer dar
→ somit kann er den verborgenen Sinn der Störung erkennen
 Vermeidung direkter fragen → selbsthematisierte Berichte
 direkte Aufforderung → Produktion von Äußerungsmaterial
 kommt das misslingen in der Übertragung zum Ausdruck → Selbstheilungspotential wird
aktiviert
 Therapeut innerhalb des Arbeitsbündnisses als Geburtshelfer fungiert
II die Allgemeinheit des Arbeitsbündnisses im Funktionsfokus I
 Klient ist als ganzer Mensch beteiligt
 Ziel → Bewältigung seiner Krise
 natürwüchsige Dynamik von Übertragung und Gegenübertragung vollzieht sich unterhalb
der Ebene der bewussten Planung
 Experte und Klient müssen sich aufeinander einlassen
 jedoch ständige Bedrohung des gegenseitigen Mißverständnises
→ Vertrauensbasis muss geschaffen werden
 ist nicht routiniserbar aufgrund der individuellen Krisensituation
Was begründet Arbeitsbündnis zwischen Experte und Klienten innerhalb der Sozialarbeit?
 Arbeitsbündnis beruht auf Leidensdruck des Patienten
 Patient wird dazu angehalten mit seinen gesunden Anteilen, die kranken anzuerkennen
 wird erst zum Patienten wenn er zum Arzt geht
→ erster Weg zur Selbstheilung
 sobald sich Patient freiwillig auf Grundlage des Leidensdrucks in das Arbeitsbündnis begibt,
bindet er sich an die Folgen jener Anerkennung des Krank-Seins
→ notwendige Konsequenzen zur Förderung der Heilung
III Spezifika eines Arbeitsbündnisses in der Sozialarbeit
 Anerkennung der Notsituation und Initiierung der Interventionspraxis
→ Eingangsvoraussetzung zur Selbsthilfe
Unterschied zwischen Sozialarbeit und psychotherapeutischem Setting
 Sozialarbeiter mobilisieren soziale, ökonomische und psychische Ressourcen
 Sozialarbeiter und Therapeuten setzen sich mit Gegenübertragungsgefühlen auseinander,
ersterer muss die prekäre Lage des Klienten verstehen, kann sich aber nicht mit der psychischen Störung beschäftigen (Überforderung, Überschreitung der Zuständigkeiten, ökonomische Ressourcen, Handlungsdruck)
Reflexion von Übertragung und Gegenübertragung
Zwei Zentrale gegenläufige Punkte:
 Beachten der Tendenzen zur Vermeidung von Konflikten mit der Realität
 Die Vermeidung des Ausagierens bzw. Moralische Abqualifizierung des Klienten
→ Abstinenz der moralischen Bewertung für die Gründe der Not steht damit in Verbindung
 Realistische Einschätzung der Autonomie-Möglichkeiten und Mobilisierung zur Selbsthilfe
 Übertragungsangebote des Klienten gelten lassen und Gegenübertragungsgefühle zulassen,
aber nicht ausagieren.
Das Problem der Unverträglichkeit von Hilfe und Kontrolle
 Unfreiwillige Initiierung → Sozialarbeit ist keine Hilfe, sondern Kontrolle
 Kontrolle kann zur Hilfe werden, wenn Initiator und Realisator der Hilfe nicht identisch sind
 Sozialanwaltliche Vertretung zur Organisation staatlicher Hilfsmittel
Exkurs: Stigmatisierung in der Hilfe und ihre Aufhebung durch Professionalisierung
 In Diffusen Sozialbeziehungen ist Hilfe selbstverständlich, außerhalb unangenehm
 Sozialarbeiter bauen diffuse und spezifische Beziehungen zum Klienten auf
→ Verhindern Stigmatisierung
Spezifika des Arbeitsbündnisses in der Praxis der Sozialarbeit
 Meist sind Jugendliche und ihre Eltern gleichzeitig betroffen
→ müssen am Arbeitsbündnis teilnehmen, erfüllen aber oft nur partiell die Voraussetzungen →
Konkurrenz um das Kind
 Einbeziehen der Eltern scheitert oft an vorschnellen In-Obhut-Namen
IV. Schlussbemerkung
 Staatliche Finanzierung der Sozialarbeit macht sie zur staatsbürokratischen Organisation
 Klienten können Experten nicht bezahlen → Zugriff auf budgetierte Mittel
 Angemessenes Fallverstehen und Beratung sind ohne Reflexion des Wechselspiels von
Übertragung und Gegenübertragung unmöglich
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