Zeit und Partnerschaft Suzanne Hüttenmoser Roth Im letzten Jahr fiel mir in meiner Beratungstätigkeit auf, dass es für viele Paare speziell in der Kinderphase bezeichnend ist, dass sie ihren Partner / ihre Partnerin im Trubel des Alltags aus den Augen verlieren, weil sie sich um so vieles kümmern müssen. Der Spagat zwischen Beruf, Haushalt, Familie und Freunden lässt oft wenig Zeit für die Partnerschaft. Eine Klientin sprach traurig vom „normalen Wahnsinn des Alltags“, der dauernd zu bewältigen sei, der sie so sehr auslauge. In der Kinderphase hat der Partner/die Partnerin nicht mehr wie früher oberste Priorität. Die Kinder, der Beruf und die Verpflichtungen anderen Menschen gegenüber zählen mehr. Eine komplett durchgeplante Agenda ist ein schwieriger Nährboden für eine liebevolle Beziehung. Die gemeinsame Kommunikation dreht sich viel um Organisatorisches und Alltagsdinge, die noch zu erledigen sind. Das Paar spricht dann nur oberflächlich miteinander. Es findet oft keine wirkliche Begegnung statt, abends wird ferngesehen, um abschalten zu können. In der Partnerschaft breitet sich mit der Zeit ein Gefühl der Unzufriedenheit aus, weil der persönliche Austausch fehlt und beide gerne mehr Verständnis und Mitgefühl vom anderen bekommen würden. In der Kommunikation zwischen dem Paar taucht mehr Kritik auf und bei einigen schleicht sich ein gereizter Ton ein, Nörgeln und Respektlosigkeiten nehmen zu. Sie äussern sich in einer Art und Weise, wie sie niemals mit Bekannten, Freunden oder guten Geschäftspartnern reden würden. Damit eine Partnerschaft auf Dauer stabil und liebevoll bleibt, muss sie gepflegt werden, um den Belastungen des Alltags standhalten zu können. Die Liebe ist wie eine Pflanze, die gehegt und gepflegt werden muss, um gedeihen zu können. Denn sonst wird sie allmählich verschüttet: von Stress, Unachtsamkeit und der Schwierigkeit miteinander zu reden. (Bodenmann, 2011) hGemeinsam verbrachte Zeit schafft Bindung, Vertrauen, Intimität und nährt so das Wir-Gefühl. Wieviel gemeinsame Zeit aber braucht ein Paar? Das ist nicht so einfach zu beantworten. Es gehört zu den Aufgaben jedes Paares miteinander herauszufinden und zu verhandeln, wieviel gemeinsame Zeit sie brauchen, damit das Wir-Gefühl gestärkt wird. Dabei geht es nicht nur um die Quantität, sondern vielmehr um die Zufriedenheit mit der gemeinsam verbrachten Zeit. In diesem Zusammenhang taucht immer wieder der Begriff Quality time (Qualitätszeit) auf, der gemäss Hochschild (2006) die Zeit definiert, die der Festigung der menschlichen Beziehungen dient (gemeinsame Aktivitäten, gemeinsame Spaziergänge, Gespräche mit dem Partner, exklusive Momente zu zweit). “Im Vordergrund steht die Investition in den anderen, die gezielt und bewusst herbeigeführte Gemeinsamkeit von Herzen“. „Qualitätszeit, als Zeit, die man mit Herz und offenem Ohr für den Partner/die Partnerin investiert ist die wichtigste Investition, weil die Zeit eine der kostbarsten Ressourcen ist“ (Bodenmann, 2011). Partnerzeit soll möglichst viel stattfinden können, nicht nur ein- oder zweimal jährlich in spektakulären Ferien. Nicht nur Ihr Computer braucht zwischendurch ein Update, auch Ihre Beziehung. Qualitätszeit dient dem gefühlsmässigen Update in der Partnerschaft darüber, was Ihnen wichtig ist, was Sie privat oder beruflich beschäftigt, wovon Sie träumen oder was Ihnen Bauchweh macht. Platz haben soll unbedingt auch Zeit für Austausch über schöne, erfreuliche Erfahrungen. Ohne ausreichende Zeit ist keine emotionale Tiefe des Gespräches zwischen Partnern möglich. Zeit ist eine begrenzte Ressource, wenn Sie mehr davon für Ihre Partnerschaft nutzen möchten, müssen Sie das ganz bewusst einrichten: Tipp 1 Planen Sie Paarzeiten bewusst ein. Planen Sie mit der Partnerin, wann Sie sich Zeit nehmen wollen und tragen Sie den Termin verbindlich in die Agenda ein. Viele Paare schätzen es, einen festen Paarabend pro Woche fix abzumachen. Wenn sie zuhause bleiben, stellen Sie alle Medien ab und sorgen Sie dafür, dass Ihre Zeit nicht durch anderes gestört wird. Wenn Sie mit Ihrem Partner auswärts gehen wollen, organisieren Sie abwechselnd etwas. Schauen Sie, dass die verschiedenen Bedürfnisse zum Zuge kommen und denken Sie bei Bedarf frühzeitig an die Kinderbetreuung. Tipp 2 Rituale sind eine gute Möglichkeit mit dem Partner Qualitätszeit zu verbringen. Sie festigen die Bindung und stärken das Wir-Gefühl. Bringen Sie regelmässige Gemeinsamkeiten in Ihren Alltag. Geniessen Sie am Sonntag ganz bewusst einen ausgiebigen Brunch zusammen - oder machen Sie regelmässig einen gemeinsamen Abendspaziergang. Tipp 3 Den Partner nicht für selbstverständlich nehmen, sondern als jemand Besonderes. Eine kleine Aufmerksamkeit im Alltag wirkt Wunder. Aufrichtige Komplimente und Dankbarkeit für das, was der Partner gut gemacht hat, sind ein guter Dünger für die Pflanze Ihrer Partnerschaft. Zeit für den Partner/die Partnerin zu haben ist vor allem ein Ausdruck von Wertschätzung. Denn für das, was einem wichtig ist, dafür nehmen wir uns Zeit. Weiterführende Literatur für Interessierte: Guy Bodenmann & Caroline Fux Brändli (2011): Was Paare stark macht. Das Geheimnis glücklicher Beziehungen. Zürich, der schweizerische Beobachter