STIMMEN ZUR LOGIK

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PS Formale Logik (Wintersemester 2007/2008)
Handout zur Sitzung vom 13. 11. 2007
SYLLOGISTIK
In der Syllogistik geht es darum, bestimmte Aussagen (qualifizierte und quantifizierte Urteile als
Prämissen) so zusammenzufügen, dass sich daraus mit logischer Notwendigkeit eine weitere
Aussage (Konklusion) ergibt.
1. Die Grundlage: Das logische Quadrat
Prädikative Aussagen (Urteile) unterscheiden sich voneinander im Hinblick auf:

ihre Qualität: positiv (p) oder negativ (¬ p)

ihre Quantität: universal („alle“) oder partikulär („einige“, d.h. „mindestens ein“)
Aus der Kombination dieser Unterschiede ergeben sich vier mögliche Formen von Urteilen:
A
universal positiv
Alles S ist P.
Alle Schwäne sind weiß.
I
partikulär positiv
Einiges S ist P.
Einige Schwäne sind weiß.
E
universal negativ
Kein S ist P.
Kein Schwan ist weiß.
O
partikulär negativ
Einiges S ist nicht P.
Einige Schwäne sind nicht weiß.
Diese Formen von Urteilen stellen Mengen von qualifizierten und quantifizierten Aussagen über
das Subjekt S mit dem Prädikat P dar.
Die Beziehungen zwischen derartigen Urteilen bilden das „logische Quadrat“
(„Quadrat der Gegensätze“; erstmals bei Apuleius, 2. Jh. n.Chr.)
(Einiges S ist P)
(Einiges S ist nicht P)
(Abb. 1, aus: TUGENDHAT/WOLF, S. 73)
A und I leiten sich von den Vokalen im Merkwort
„affirmo“ („ich bejahe“) her,
E und O von den Vokalen im Merkwort
„nego“ („ich verneine“).
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2. Beziehungen im logischen Quadrat
A und O sowie E und I bilden kontradiktorische Gegensätze, d.h.: A ist genau dann wahr, wenn
O falsch ist und umgekehrt. Beide können nicht zugleich wahr oder zugleich falsch sein.
Beispiel: Genau dann, wenn mindestens ein Schwan nicht weiß ist, ist es falsch, dass alle Schwäne
weiß sind. Ein einziges Gegenbeispiel genügt also zur Falsifikation einer universalen Aussage
(POPPER).
Aussagenlogische Darstellung:
├
A¬O
├
O¬A
├
E¬I
├
I¬E
A und E bilden konträre Gegensätze, d.h.: Beide können nicht zugleich wahr sein. Es ist aber
möglich, dass beide zugleich falsch sind.
Beispiel: Es ist möglich, dass zugleich nicht alle Schwäne weiß und nicht alle Schwäne nicht weiß
sind.
Aussagenlogische Darstellung:
├
¬ (A  E)
I und O bilden einen subkonträren Gegensatz, d.h. beide Aussagen können zugleich wahr sein
oder es kann eine Aussage wahr und die andere falsch sein.
Beispiel: Es ist möglich,
a)
dass die Aussagen „Einige Schwäne sind weiß“ und „Einige Schwäne sind nicht
weiß“ zugleich wahr sind; in diesem Fall sind weder alle Schwäne weiß noch
alle Schwäne nicht weiß;
b) dass die Aussage „Einige Schwäne sind weiß“ wahr, die Aussage „Einige
Schwäne sind nicht weiß“ aber falsch ist; in diesem Fall sind alle Schwäne weiß;
c)
dass die Aussage „Einige Schwäne sind weiß“ falsch, die Aussage „Einige
Schwäne sind nicht weiß“ aber wahr ist; in diesem Fall sind alle Schwäne nicht
weiß.
Aussagenlogische Darstellung:
├
(I  O)  (I  ¬ O)  (O  ¬ I)
Die Beziehung zwischen A und I sowie E und O ist subaltern, d.h.: Die obere („superalterne“)
Aussage impliziert jeweils die untere („subalterne“).
Beispiel: Wenn die Aussage „Einige Schwäne sind weiß“ (Aussage q vom Typ I) falsch ist, dann
ist es nicht möglich, dass die Aussage „Alle Schwäne sind weiß“ (Aussage p vom Typ A) wahr ist.
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Begründung: Wenn die Aussage „Einige Schwäne sind weiß“ falsch ist, dann ist aufgrund des
subkonträren Gegensatzes die Aussage „Einige Schwäne sind nicht weiß“ wahr; somit ist aber der
kontradiktorische Gegensatz von „Alle Schwäne sind weiß“ wahr, und „Alle Schwäne sind weiß“
kann nicht wahr sein.
Aussagenlogische Darstellung:
├
AI
├
EO
Zusätzliche Folgerung: Da Aussagen vom Typ I und O zugleich wahr sein können, ist es nicht
zulässig, von I auf A zu schließen, d.h. von partikulären zu universalen positiven Aussagen zu
gelangen (Problem der Induktion).
Beispiel: Auch wenn einige Schwäne weiß sind, können zugleich einige Schwäne nicht weiß sein.
Daraus, dass alle bislang angetroffenen Schwäne weiß waren, darf also nicht geschlossen werden,
dass alle Schwäne weiß sind.
Aussagenlogische Darstellung:
¬├
IA
¬├
OE
3. Konversionen
Konversionen bestehen darin, dass in einer qualifizierten und quantifizierten Aussage Subjekt und
Prädikat den Platz tauschen. In einem Fall ändert sich dabei die Qualität bzw. Quantität.
3.1 Einfache Konversion
Bei den Formen E und I impliziert eine Aussage jeweils ihre Umkehrung, d.h.:
„Kein S ist P“ → „Kein P ist S“
Beispiel: „Kein Schwan ist weiß“ → „Kein Weißes ist Schwan“
„Einige S sind P“ → „Einige P sind S“
Beispiel: „Einige Schwäne sind weiß“ → „Einige weiße Gegenstände sind Schwäne“
3.2 Konversion „per accidens“
Bei der Form A kann nur eine schwache Weise der Umkehrung abgeleitet werden (Subjekt und
Prädikat tauschen ihren Platz und die Quantität des Urteils wechselt von universal zu partikulär),
d.h.
„Alle S sind P“ → „Einige P sind S“, nicht aber „Alle P sind S“
Beispiel: „Alle Schwäne sind weiß“ → „Einige weiße Gegenstände sind Schwäne“, nicht aber
„Alles, was weiß ist, ist ein Schwan“!
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3.2 Keine Konversion bei der Form O
Aussagen der Form O sind nicht konvertierbar.
Beispiel: Aus „Einige Schwäne sind nicht weiß“ folgt nicht „Einige weiße Gegenstände sind keine
Schwäne“. Es könnte sein, dass alle weißen Gegenstände Schwäne sind und es zugleich auch
nicht-weiße Schwäne gibt.
4. Aristotelische Syllogistik
Ein Schluss (syllogismos) liegt nach ARISTOTELES dann vor, wenn aus zwei Aussagen der Form
A, E, I oder O eine dritte Aussage vom Typ „S ist P“ (prädikative Aussage) abgeleitet wird.
Die beiden ersten Aussagen heißen Prämissen, die aus ihnen abgeleitete Aussage wird Konklusion
genannt.
Schlüssige Ableitungen dieser Form ergeben sich nur dann, wenn die zwei Termini S und P durch
einen dritten (M, der „Terminus medius“ oder „Mittelbegriff“) miteinander verknüpft werden, der
in der Konklusion nicht mehr vorkommt.
Eine Prämisse enthält M und P, die andere Prämisse enthält S und M.
M und P sowie S und M können jeweils als Subjekt oder als Prädikat fungieren.
Daraus ergeben sich vier Figuren derartiger Syllogismen:
I.
III.
M
P
S
II.
P
M
M
S
M
S
P
S
P
M
P
P
M
M
S
M
S
S
P
S
P
IV.
(Die vierte Figur fehlt aus ungeklärten Gründen bei ARISTOTELES.)
Diese Figuren lassen wiederum verschiedene Formen zu, die sich nach der Quantität und Qualität
der
beteiligten
Aussagen
unterscheiden.
ARISTOTELES
selbst
zählt
148
mögliche
Aussagekombinationen auf.
Zu den einzelnen Kombinationen wurden im Mittelalter Merkwörter entwickelt, deren Vokale für
die Reihenfolge der Aussageformen im Syllogismus stehen: a = universal bejahend, e = universal
verneinend, i = partikulär bejahend, o = partikulär verneinend
Die vier gültigen Formen der ersten Figur lauten:
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(1) Barbara
Beispiel
Alle M sind P.
Alle Menschen (M) sind sterblich (P).
Alle S sind M.
Alle Griechen (S) sind Menschen (M).
Alle S sind P.
Alle Griechen (S) sind sterblich (P).
(2) Darii
Beispiel
Alle M sind P.
Alle Menschen (M) sind sterblich (P).
Einige S sind M.
Einige Lebewesen (S) sind Menschen (M).
Einige S sind P.
Einige Lebewesen (S) sind sterblich (P).
(3) Ferio
Beispiel
Kein M ist P.
Kein Philosoph (M) ist langweilig (P).
Einiges S ist M.
Einige Akademiker (S) sind Philosophen (M).
Einiges S ist nicht P.
Einige Akademiker (S) sind nicht langweilig (P).
(4) Celarent
Beispiel
Kein M ist P.
Keine Frau (M) ist dumm (P).
Alle S sind M.
Alle Philosophinnen (S) sind Frauen (M).
Kein S ist P.
Keine Philosophin (S) ist dumm (P).
Die logische Notwendigkeit dieser Schlüsse beruht darauf, dass die Negation der Konklusion einen
kontradiktorischen Widerspruch zu der Konjunktion der beiden Prämissen ergibt. Es ist also nicht
möglich, zugleich die Prämissen zu bejahen und die Konklusion zu vermeiden.
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Am Beispiel von Barbara:
p
„Alle Menschen sind sterblich.“
q
„Alle Griechen sind Menschen.“
r
„Alle Griechen sind sterblich.“
¬r
„Es trifft nicht zu, dass alle Griechen sterblich sind“,
d.h. nach dem logischen Quadrat: „Einige Griechen sind nicht sterblich.“
q¬r
„Alle Griechen sind Menschen und einige Griechen sind nicht sterblich“, d.h.:
„Einige Menschen sind nicht sterblich.“
p  (q  ¬ r)
„Alle Menschen sind sterblich und einige Menschen sind nicht sterblich“;
dies ist logisch äquivalent mit:
AO
„Alles S ist P und einiges S ist nicht P.“
Es gilt aber nach dem logischen Quadrat:
├A¬O
„Wenn alles S P ist, dann trifft es mit logischer Notwendigkeit nicht zu, dass
einiges S nicht P ist.“
bzw. aufgrund logischer Äquivalenz
├ ¬ (A  O)
„Es trifft mit logischer Notwendigkeit nicht zu, dass alles S P ist und einiges S
nicht P ist.“
Aufgrund logischer Äquivalenz gilt also:
├ ¬ (p  q  ¬ r) „Es trifft mit logischer Notwendigkeit nicht zu, dass alle Menschen sterblich sind
und alle Griechen Menschen sind und einige Griechen nicht sterblich sind.“
Dies war zu beweisen: Werden die beiden Prämissen und die Negation Konklusion gleichzeitig
behauptet, so ist dies mit logischer Notwendigkeit falsch. Wer die beiden Prämissen behauptet,
muss daher mit logischer Notwendigkeit zugleich auch die Negation der Negation der Konklusion,
also die Konklusion selbst, behaupten!
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Übungen:
1. Stellen Sie die folgenden Aussagen als formalisierte komplexe wahrheitsfunktionale
Aussagen dar und analysieren Sie diese Aussagen!
a)
b)
c)
d)
e)
Es trifft nicht zu, dass Angela genau dann geht, wenn Kurt kommt.
Wenn Angela geht, bleibt Edmund nicht in München.
Wenn Edmund nicht nach Berlin geht, dann wird Erwin nicht Ministerpräsident.
Die Mehrwertsteuer wird nicht erhöht oder die Titanic läuft in den Hafen von
New York ein.
Schreibt der Dozent etwas auf die Tafel, nehmen es die Studierenden zur
Kenntnis oder auch nicht.
2. Erschließen Sie auch Darii, Ferio und Celarent mit Hilfe der Aussagenlogik und des
logischen Quadrates! Nutzen Sie dabei gegebenenfalls auch Konversionsmöglichkeiten!
LITERATUR: Hoyningen-Huene, P. (1998): Formale Logik. Eine philosophische Einführung. Stuttgart; Mates, B. (21978):
Elementare Logik. Göttingen; Spies, M. (2004): Einführung in die Logik. Werkzeuge für Wissensrepräsentation und
Wissensmanagement. Heidelberg-Berlin; Tugendhat, E. / Wolf, U. (21993): Logisch-semantische Propädeutik. Stuttgart
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