Sport und Gesellschaft SS 05 Definitionen aus Sportsoziologie Einleitung Sport ist eine soziale Institution, in der Kommunikation körperlicher Leistungen stattfindet. 1. Der Gegenstand der Soziologie Gesellschaft ist eine Bezeichnung für die Gesamtheit des Sozialen und kennzeichnet die zwischenmenschliche Verbundenheit bzw. die besondere Art der sozialen Beziehungen, Prozesse, Handlungen oder Kommunikation. Soziologie ist jene Wissenschaft, die sich mit der Erforschung der Gesellschaft und sozialer Interaktion befasst. Sozial bezeichnet in der Soziologie jedes Verhalten bzw. Handeln, das auf andere Menschen bezogen ist bzw. aus dem Verhalten anderer Menschen folgt; es beinhaltet sowohl Kooperation als auch Konflikt. 2. Der Gegenstand der Sportsiziologie Sportsoziologie ist jene Wissenschaft, die sich mit der Erforschung sozialen Handelns (soziale Strukturen, Prozesse etc.) im Sport sowie mit den Wechselwirkungen zwischen Gesellschaft und Sport befasst. Sportsoziologie ist eine auf Theoriebildung ausgerichtete, streng empirische Disziplin. Theorie ist ein System logisch widerspruchsfreier Aussagen über soziale Tatbestände. Hypothesen sind Erklärungsversuche der unerklärten Welt. Unter Operationalisierung versteht man die Messbarmachung von Begriffen. (Begriff – Variable – Indikatoren) Unter sozialen Daten versteht man systematisch erhobene Aspekte gesellschaftlicher Wirklichkeit. Quantitative Verfahren sind solche, in denen empirische Beobachtungen über wenige ausgesuchte Merkmale systematisch mit Zahlenwerten belegt und auf einer zahlenmäßig breiten Basis gesammelt werden. 3. Sport und Gesellschaft Werte sind soziale bzw. kulturell vorgeschriebene Kriterien (innere Führungsgrößen), auf deren Grundlage Handlungsziele als wünschenswert erkannt werden. Sie bilden die Basis für Entscheidungen und motivieren menschliches Handeln. Normen sind Regeln des Handelns bzw. Verhaltensforderungen der jeweiligen sozialen Umwelt an die Inhaber sozialer Positionen und Rollen; sie leiten sich aus Werten ab und diene deren Verwirklichung. Als Trendsportarten bezeichnet man jene Sportarten, die kontinuierliche Zuwachsraten an Ausübenden über einen mehrjährigen Zeitraum aufweisen. Soziabilität ist die Fähigkeit des Menschen soziale Beziehungen aufzunehmen und zu erhalten. Man ist in der Lage sich zu integrieren (freunde, Familie, Gruppen,…). Sozialität ist die Angewiesenheit des Menschen auf soziale Anerkennung bzw. Identitätsbestätigung. Um Identitätsbestätigung zu erhalten muss man Handlungen setzen um anerkannt zu werden als ein handelndes Wesen. 4. Sozialisation und Sport 1 Sport und Gesellschaft SS 05 Sozialisation ist ein Prozess der Internalisierung (Verinnerlichung) von Werten, Normen, Verhaltensmustern und sozialen Rollen, um dadurch Aufnahme (Integration) in eine Gesellschaft oder in einen Teil der Gesellschaft zu finden. Soziale Rolle ist die normative Erwartung eines situationsspezifischen sinnvollen Verhaltens. Identität bezeichnet das Bild (die Vorstellung), das ein Individuum von sich selbst hat bzw. ist die Antwort auf die Frage „Wer bin ich?“. (personale und soziale Identität) Das Selbst besteht aus unterschiedlichen Identitäten. (Tochter, Schüler, Mannschaftsmitglied,…) In jeder anderen Gruppe hat man auch eine andere Identität. Unter sozialer Institution versteht man Objektivationen menschlicher Bedürfnisse (Werte, Normen, Rollen, Ziele, Zwecke, Interessen etc.), die innerhalb einer Gesellschaft als allgemein verbindlich gelten. Geschlechtsrollen sind gesellschaftliche Normen bzw. Erwartungen bezüglich des Verhaltens von Frauen und Männern und ex definitione ein soziales und kein biologisches Phänomen. Soziale Schichtung beschreibt die wertmäßige, vertikale Gliederung einer Gesellschaft. Eine soziale Schicht ist eine Bevölkerungsgruppe, deren Mitglieder bestimmte gemeinsame Merkmale besitzen und sich dadurch von anderen Bevölkerungsgruppen unterscheiden. Sozialer Status bezeichnet die soziale Wertschätzung, die ein Individuum hinsichtlich eines Kriteriums (z.B. Besitz, Einkommen, Beruf, Macht) genießt. Der Gesamtstatus (Totalstatus) einer Person besteht aus mehreren Einzelstatus, wie Einkommensstatus, Bildungsstatus, beruflicher Status, Status der Herkunft, etc. (unterschiedliche Höhe in einzelnen Statusbereichen einer Person = Statusinkonsistenz; Gegenbegriff = Statuskristallisation) Totale soziale Person bezeichnet den Status im Bezug auf alle Merkmale. Soziale Position ist der Rang (Platz), auf dem sich eine Person innerhalb der Gesellschaft befindet. Die soziale Mobilität beschreibt den Aufstieg von einzelnen Personen(gruppen) oder sozialen Kollektiven innerhalb einer vorgegebenen hierarchischen, wertmäßigen Gliederung/Schichtung eines sozialen Systems oder einer Gesellschaft. Vertikale Mobilität: Sozialer Auf- und Abstieg Horizontale Mobilität: Mobil im Sinne eines Wohnortwechsels Körperbewusstsein ist die Summe der bewussten (und unbewussten) Beziehungen zum Körper, d.h. nicht nur die Wahrnehmung von Körperäußerungen, sondern auch die Art der instrumentellen Beziehungen wie Selbsteinschätzung, Körperkontrolle und Umgang mit dem Körper Körperethos ist jene Instanz, die im weitesten Sinne alle Dimensionen des persönlich kulturellen Ethos steuert. 5. Soziale Gruppe und Sport Formel: 2er Beziehungen in einer Gruppe: [nx(n-1)]/2 Alle möglichen Beziehungen: [(3n-2n+1)+1]/2 Unter sozialer Gruppe versteht man mehrere Personen, die zur Erreichung bestimmter Ziele kontinuierlich zusammenwirken. Figuration ist die (oft ungeplante) Dynamik und Strukturiertheit sozialer Prozesse zwischen zahlreichen Menschen (auch über die Gruppengrenzen hinweg). Unter Gruppenkohäsion (Gruppenzusammenhalt) versteht man die Stärke des Wunsches aller Mitglieder, in der Gruppe zu bleiben. 6. Sport als soziale Institution Weltoffenheit beschreibt die Sonderstellung des Menschen in der Natur; er kann beliebig variable Antriebe und Strebungen entwickeln. 2 Sport und Gesellschaft SS 05 7. Sport und Kommunikation Signifikante Symbole sind Zeichen, die für die Kommunikationspartner den gleichen Sinn haben, sie lösen in dem das Symbol setzende Individuum die gleichen Haltungen aus wie in dem darauf reagierenden Individuum. Symbolischer Interakionismus: Menschen handeln Dingen gegenüber auf Grund der Bedeutung, die diese Dinge für sie haben Diese Bedeutungen entstehen in einem Interatkionsprozess Sie ist historisch wandelbar Selbstbewusstsein ist das Einnehmen jener Haltung, die wir in anderen Ausläsen. Kommunikation ist das Grundelement jeder sozialen Beziehung zwischen Menschen, bei der gegenseitig orientiertes Verhalten (durch Gestik, Mimik, Sprache, u.a.) den Sinn der Verständigung hat. (Man spricht von Kommunikation, wenn die kommunikativ Handelnden Verständigung erzielen.) Sport ist eine soziale Institution, in der Kommunikation körperlicher Leistung stattfindet. 8. Sportzuschauer Unter Gewalt/Aggression im Sport wird die beabsichtigte physische und/oder psychische Schädigung einer Person durch eine andere Person verstanden. Agressionsgenese: im trieb- und instinkttheoretischen Ansatz (Antagonismus zwischen Todes- oder Destruktionstrieb und Sexualtrieb/ Dreuckkesselmodell) Katharsis Funktion des Sports in der Frustrations-Aggressions-Hypothese eingeschränkte Katharsis Funktion des Sports im lerntheoretischen Ansatz Aggression im Sport fördert aggressives Verhalten Identitätskonzept (Selbstbewusstsein Handeln immer für mich und andere Suche nach Identitätsbestätigung Mangel an Zuwendung Aggression als Selbstzweck) 9. Sport und Massenkommunikation Unter Massenkommunikation verstehen wir alle Formen von Kommunikation, bei der Aussagen öffentlich (also ohne begrenzte, personell definierte Empfängerschaft) durch technische Verbreitungsmittel (Medien), indirekt (also bei räumlicher Distanz zwischen den Kommunikationspartnern) und einseitig (also ohne Rollenwechsel zwischen Aussagenden und Aufnehmenden) an ein disperses Publikum (im Unterschied zum Pärsenzpublikum) vermittelt werden. Massenmedien oder Massenkommunikationsmittel dienen zur Verbreitung von Inhalten an ein Publikum. Zu den Massenmedien zählen: Flugblatt, Plakat, Presse, Hörfunk, Fernsehen, Satellit,… „Who says waht in which channel to whom with what effect.“ Forschungsbereiche: Kommunikationsforschung Inhalts-/Aussagenanalyse Medienforschung Publikumsforschung 3 Sport und Gesellschaft SS 05 Wirkungsforschung (Kartharsis-Hypothese, Inhibitionshypothese, Habitualisierungshypothese, Stimulationshypothese, Hypothese der Wirkungslosigkeit Auswirkungen von Gewaltdarstellung auf Zuschauer) Die Medien selbst sind gestaltende Kräfte in der Gesellschaft. Sie haben ein wirklichkeitsstiftendes Potential, indem Sie die Wirklichkeit des Sports nicht nur abbilden, sondern auch mitgestalten, also durch Selektion und Interpretation die Sinngebung des beobachtbaren und nicht beobachtbaren Geschehens strukturieren. Auswahlkriterien: Nähe Rekorde/Siege/Elite Konflikte/Gewalt/Aktion Personalisierung Human Interest 10. Sport und Wirtschaft Werte und Einstellungen werden über lange Perioden hin entwickelt. Ihre Vermittlung erfolgt durch Erfahrung und Indoktrination. Da der heutige Mensch ab 2 Jahren den Medien ausgesetzt ist, sind diese als Quelle für die Wertbildung anzusehen. Die Medien bringen gesellschaftliche Werte ein und formen auf unterschiedliche Weise am Aufbau der Werthierachie mit. Sportökonomie ist jene Wissenschaft, die sich mit dem Zusammenhang zwischen Sport und Wirtschaft befasst Kommerzialisierung des Sports ist der Prozess seiner Vermarktung nach erwerbswirtschaftlichen Prinzipien. Sportsponsoring ist eine spezielle Austauschbeziehung zwischen Sponsoren (Wirtschaftsunternehmen) und Gesponsorten (Sportler, Sportorganisationen). Während die Sponsoren Marketing und Kommunikationsstrategien (zur Imagebildung /-transfer, Steigerung des Bekanntheitsgrades, Ansprache von Zielgruppen, Kaufstimulierung der Rezipienten) verfolgen, wollen die Gesponserten mit Hilfe finanzieller und materieller Zuwendung ihre sportlichen Ziele verwirklichen. Sponsorships: a)Einzelpersonen, b) Sportmannschaften, c) Sportveranstaltungen Corporate identity (Sport als Bestandteil der Unternehmensidentität), Corporate design (optisches Erscheinungsbild), Corporate behaviour (Umsetzung Unternehmsengrundsätze in Handlungen ausgedrückt), Corporate communication (Kommunikation mit Mitarbeitern, Markteilnehmern, Medien) Professionalisierung des Sports ist der Prozess seiner Verberuflichung, Spezialisierung und Verwissenschaftlichung. Merkmale: Qualifizierte und reglementierte Ausbildung Festgelegte Einstellungsvoraussetzungen Organisation von Berufsangehörigen in Berufsverbänden Aufgabe- und Kompetenzabgrenzungen Zunahme universeller Leistungsorientierung und beruflicher Autonomie Sportmarketing ist die Anwendung betriebwirtschaftlicher Methoden auf diverse Organisationen des Sports. Besonderheiten: Sport ist ein soziales Phänomen Organisationsstruktur (Vereine,…) Probleme der Ehren- und Hauptamtlichkeit in den Sportvereinen und –verbänden Spezifität des Trainierwesens Ökonomie versus Ökologie im Sport Mediatisierung des Sports ist der Prozess seiner Anpassung an die Eigengesetzlichkeiten der Medien. 4