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Integration
in der Praxis
Heft 34
September 2014
Schuleingangsphase
Gemeinsamer Unterricht
behinderter und nichtbehinderter Kinder und Jugendlicher
Impressum
Medieninhaber und Herausgeber:
Bundesministerium für Bildung und Frauen, Referat I/5c,
RLin Mag.a Dominika Raditsch
Arbeits-/Redaktionsgruppe:
Mag. Peter Debenjak, HOLin Regina Gössinger, LSI Mag.a Ingrid Handle,
Mag.a Dr.in Andrea Holzinger, SOLin Eva Kainz, SOLin Iris Loibnegger,
SD in Irma Mathis, HOLin Brigitte Mörwald, SDin Christa Nothdurfter,
SOLin Anneliese Pitzer, SD OSR Hans Weiß
Koordination:
Mag. Peter Debenjak
Layout:
SOL Wolfgang Sieberer
Endredaktion:
Bundesministerium für Bildung und Frauen, Abteilung I/5,
Michael Trnka
Erscheinungstermin:
September 2014
Die Hefte dieser Publikationsreihe stehen als Download auf www.cisonline.at zur
Verfügung.
Die von 1993 bis 2008 in dieser Reihe erschienen Hefte können nach Verfügbarkeit
und gegen Bezahlung einer Manipulationsgebühr und der Portokosten als Printversion bestellt werden:
Broschürenversand Amedia, Sturzgasse 1 a, 1141 Wien,
Tel. 01/982 13 22 - 360, Fax: 01/982 13 22 - 311, E-Mail: [email protected]
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort ...................................................................................................................... 5
Transition zwischen Kindergarten und Schule ...................................................... 7
Kennenlerntage und andere Aktivitäten ............................................................ 11
Die Bildungsregion Hernals................................................................................ 12
Das HIPPY-Bildungsprogramm .......................................................................... 15
Nahtstellenbetreuung für Kinder mit besonderen Bedürfnissen .................... 18
Das Campusmodell ............................................................................................. 19
Thema: Datenschutz? ......................................................................................... 21
Der Übergang vom Kindergarten in die Volksschule .......................................... 23
Landeskonzept „Vorarlberger Sprach- und Bewegungsklasse“ ........................ 27
Integrative Sprachförderung im Schuleingangsbereich ..................................... 30
Spuren auf Papier Ich schreibe dir so oft, bis du es endlich lesen kannst. ...... 33
Idee, Realität und Perspektive: Frühförderung als Primärprävention ................ 40
Aller Anfang muss nicht schwer sein ................................................................... 43
Die Schuleingangsphase ....................................................................................... 47
EVEU – Erfolge von Anfang an! ............................................................................. 50
„Lernen am Erfolg“ ist das übergeordnete Prinzip. ......................................... 51
Grenzen des Klassenunterrichts! ...................................................................... 52
Spezielle Lernunterstützung im Burgenland – präventive Förderung und
Diagnostik in der Grundstufe I .............................................................................. 57
Flexibler Schuleingang Kreativwerkstatt für Kindergarten- und
Volksschulkinder Flexible Grundschule Jabing .................................................. 59
„Brückenbauer/innen“ – Übergang zwischen Kindergarten und Schule.......... 61
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Vorwort
Der gemeinsame Unterricht von
Schülerinnen und Schülern mit und
ohne sonderpädagogischem Förderbedarf ist seit mehr als 20 Jahren
gesetzlich verankert und aus dem
schulischen Alltag nicht mehr wegzudenken.
Durch die unterschiedlichen Formen
der integrativen Beschulung, die sich
im Lauf der Jahre entwickelt haben,
werden vielfältige Förderangebote
bereitgestellt,
welche
auf
die
individuellen Voraussetzungen und
Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler abgestimmt sind.
Integrativer Unterricht ist jedoch auch immer Unterricht für alle Schüler/innen der
Klasse: Miteinander lernen und leben ist das Leitprinzip der Integration und das
Fundament einer inklusiven Schule. Teamteaching, offener und projektorientierter
Unterricht sowie verstärkte Individualisierung und Kompetenzorientierung tragen zu
einer Steigerung der Unterrichtsqualität bei und kommen somit allen Kindern und
Jugendlichen zugute.
Um all diese Entwicklungen zu thematisieren, reflektieren bzw. dokumentieren, wird
vom Bundesministerium für Bildung und Frauen die Publikationsreihe „Integration in
der Praxis“ herausgegeben. Die Broschüren werden in Zusammenarbeit mit
ExpertInnen aus dem Bereich Sonderpädagogik und Inklusive Bildung erarbeitet.
Nachdem in den vorhergegangenen Ausgaben vielfältige Themen und Schwerpunkte
der Sekundarstufe I im Vordergrund gestanden sind, ist die vorliegende Publikation
der Schuleingangsphase gewidmet. Es werden entsprechende Beispiele, Modelle
und Möglichkeiten aus dem Übergang zwischen Kindergarten und Schule in den
einzelnen Bundesländern beschrieben und dargestellt. Wesentliche Schwerpunkte
umfassen die Nahtstellenbetreuung für Kinder mit besonderen Bedürfnissen, die
integrative Sprachförderung, präventive Förderung und Diagnostik sowie spezielle
Lernunterstützungen.
Die Transition zwischen Kindergarten und Schule wird im Besonderen in einzelnen
Aktionen, Programmen und Unterrichtsabläufen herausgearbeitet und im Konkreten
mit Texten und Fotos unterstützt.
Die Neugestaltung der Schuleingangsphase ist im aktuellen Regierungsprogramm
festgeschrieben.
Unter dem Motto „Schulstart Neu“ begleitet das Bildungsministerium 35 Standorte
beim Übergang vom Kindergarten in die Schule für 2 Jahre und unterstützt sie bei
der Zusammenarbeit zwischen den ersten beiden Bildungseinrichtungen. Im Hinblick
auf die Weiterentwicklung der Inklusiven Bildung ist eine flexible, den Bedürfnissen
jedes einzelnen Kindes entgegen kommende Schuleingangsphase das Gebot der
Stunde.
Gabriele Heinisch-Hosek
Bundesministerin für Bildung und Frauen
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Gerlinde Holzinger, Irene Jagersberger, Katharine Ostermann, Wolfgang Kratky
Transition zwischen Kindergarten und Schule
Übergänge beängstigen viele Menschen in verschiedenen Lebenssituationen. Jeder
Wechsel von etwas Gewohntem zu etwas Ungewohntem verursacht Unbehagen.
Reflexartig suchen Pädagoginnen und Pädagogen sofort nach Modellen, diese
Übergänge zu entschärfen oder ganz abzuschaffen. Ist das aber sinnvoll? Sind
Übergänge nicht auch ein Teil des Lebens und notwendig, um sich persönlich weiter
zu entwickeln? Ist es nicht sinnvoller, Modelle zu suchen, die Kinder – ganz besonders jene mit erhöhtem Förderbedarf – in diesen Übergangszeiten unterstützen?
Dieser Artikel beschäftigt sich am Anfang mit der Transitions- und Resilienzforschung, die wichtige Grundlagen für die Gestaltung von Übergängen liefern. In der
Folge werden dann in Wien praktizierte Modelle vorgestellt, die Eltern, Pädagoginnen
und Pädagogen darin unterstützen, in diesen Transitionszeiten zu begleiten. Gerade
für Kinder mit besonderen Bedürfnissen sind gut durchdachte Konzepte an der
Nahtstelle Kindergarten/Schule entscheidend, da die Unterstützung noch intensiver
und vielschichtiger sein muss und der Übergang auch schon zeitiger geplant werden
muss.
Übergänge von einem Lebensabschnitt zum nächsten sind aus dem Alltag unserer
Kinder nicht wegzudenken. Da diese Vorgänge die weitere Entwicklung wesentlich
beeinflussen können, beschäftigt sich auch die Forschung mit diesem Thema. Damit
man den landläufigen Begriff Übergang von dem wissenschaftlich fundierten Ansatz
unterscheiden kann, spricht man in der Forschung von Transition.
In der Transitionsforschung werden theoretische Vorgaben und empirische Erkenntnisse verbunden. Sie bietet daher für die Praxis eine gute Grundlage, Übergänge
besser zu verstehen, konzeptionell zu durchdenken und dadurch notwendige pädagogische Überlegungen und Maßnahmen zu entwickeln. Wichtig für dieses Forschungsfeld ist es aber auch, dass es dabei nicht nur um Bildungsinstitutionen geht,
sondern dass auch das familiäre Umfeld des Kindes mit einbezogen werden muss.
Es handelt sich somit um ein entwicklungspsychologisches und familienpsychologisches Konzept.
Jeder Übergang, sei es von der Familie in die Krippe oder in den Kindergarten oder
in weiterer Folge in die Volksschule ist für den Bildungsprozess von Bedeutung. Je
besser die einzelnen Bereiche ineinander greifen, desto größer ist die Chance, dass
diese Transitionsphasen möglichst angstfrei erlebt werden. Das legt das Fundament
um weitere Übergänge besser bewältigen zu können.
Der Kindergarten wird erst seit relativ kurzer Zeit verstärkt als Bildungseinrichtung
wahrgenommen, in den letzten Jahren wurden erstmals Bildungs- und Entwicklungspläne erstellt. Durch diese Maßnahmen stellt sich die Frage nach dem Anschluss
dieser frühpädagogischen Bildungspläne zu den schulpädagogischen Lehrplänen.
Es gibt deshalb in den letzten Jahren viele Versuche und Modelle, um diesen Anschluss zu finden. Wie vielfältig dieser Übergang ist, zeigt sich gut in einem
Transitionsmodell.
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Transition wird als konstruktiver Prozess dargestellt. In einem gedrängten Zeitrahmen strömt viel Neues auf denjenigen ein, der in den Transitionsprozess eintritt.
Darauf muss mit intensiven und beschleunigten Lernprozessen reagiert werden, die
entweder als Chance oder auch als Belastung gesehen werden. Da Krisen oder
hohe Anforderungen für Entwicklungs- und Lernprozesse einen wichtigen Baustein
darstellen, sind diese Übergangsphasen auch als Herausforderung zu sehen. Die
pädagogische Aufgabe liegt daher in der guten Vorbereitung dieser Phasen und in
einer einfühlsamen und individuellen Begleitung durch diesen Abschnitt.
nach: R. Niesel, W. Griebel, B. Netta: Nach der Kita kommt die Schule. Mit Kindern den Übergang schaffen. S. 15
Allen Transitionen ist gemeinsam, dass sie Anforderungen an die Ebenen des
Individuums, der Beziehungen und der Lebensumwelten stellen, die Griebel als
Entwicklungsaufgaben charakterisiert.
Erwähnenswert für die Entwicklung von Kindern ist noch die Resilienzforschung.
Dabei werden die Fähigkeiten und Eigenschaften von Kindern, die schwierige
Lebenssituationen scheinbar problemlos meistern, analysiert. Mit Hilfe dieses Wissens können präventiv Unterstützungsmaßnahmen entwickelt werden, damit Kinder
durch die Aktivierung von Selbsthilfekräften sich in belastenden Lebenssituationen
weiterentwickeln können. Die Resilienzforschung ist nicht an Defiziten und Schwächen orientiert, sondern stellt einen positiven und zukunftsorientierten Zugang auf die
Kompetenzen und Bewältigungsressourcen eines Kindes dar.
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In dem Buch „Nach der Kita kommt die Schule – Mit Kindern den Übergang schaffen“
haben die Autoren folgende schützende Faktoren, die wichtige Hinweise auf pädagogische Möglichkeiten und Ansätze bieten, dargestellt:
1. Personale Ressourcen – wie
 Problemlösefähigkeiten
 Hohe Selbstwirksamkeitsüberzeugung
 Positives Selbstkonzept/hohes Selbstwertgefühl
 Realistische Kontrollüberzeugung
 Hohe Sozialkompetenz –
Empathie/Kooperations- und Konfliktfähigkeit/Verantwortungsübernahme
 Aktives und flexibles Bewältigungsverhalten – z. B. die Fähigkeit,
soziale Unterstützung zu mobilisieren, Entspannungsfähigkeiten
 Optimistische, zuversichtliche Lebenseinstellung
2. Ressourcen innerhalb der Familie und im familiären Umfeld – wie
 Mindestens eine stabile, verlässliche Bezugsperson,
die Vertrauen und Autonomie fördert
 Offenes, wertschätzendes, strukturierendes Erziehungsverhalten
 Zusammenhalt, Stabilität und konstruktive Kommunikation in der Familie
 Unterstützendes familiäres Netzwerk (Verwandtschaft, Freunde, Nachbarn)
3. Ressourcen durch Bildungseinrichtungen
 Wertschätzendes Klima in Bildungseinrichtungen wie Kindertageseinrichtungen, Grundschulen und weiterführende Schulen
 Klare, transparente, konsistente Regeln und Strukturen
 Hoher, aber angemessener Leistungsstandard/Positive Verstärkung
der Anstrengungsbereitschaft des Kindes
 Positive Peerkontakte/Gute Freundschaftsbeziehungen
 Erzieher/innen und Lehrer/innen als positive Rollenmodelle
und unterstützende Bezugspersonen
 Gezielte Förderung der Basiskompetenzen
Betrachtet man diese Aufstellung von schützenden Faktoren, ist klar, dass Kinder nur
in einem starken sozialen Umfeld Resilienz entwickeln und damit auch Übergänge
möglichst problemlos bewältigen können.
Familiäres Umfeld kann von Seite der Bildungseinrichtungen nur in einem sehr
geringen Ausmaß verändert werden. Umso wichtiger ist es für die Arbeit von Pädagoginnen und Pädagogen die Faktoren, die von ihrer Seite her beeinflusst werden
können, in den Fokus ihrer Arbeit zu stellen.
Schon ein Blick in den Bildungsplan der Kindergärten zeigt, dass die Arbeit an der
persönlichen Stärkung jedes Kindes einen großen Stellenwert einnimmt. Strukturierung des Tages und die Einhaltung von Regeln ist sicher neben vielen anderen
relevanten Aufgaben ein wichtiger Bestandteil der Arbeit.
Die Volksschule hat die Aufgabe, die im Kindergarten und in der Familie bereits
erworbenen Kompetenzen der Kinder zu stärken und weiterzuentwickeln. Das Wort
Entwicklung impliziert schon, dass ein Kind nicht mit dem ersten Schultag ein Schul9
kind ist, sondern dass es erst im Laufe der Zeit eines wird, nämlich dann erst, wenn
es entsprechende Erfahrungen machen konnte.
Kinder im Übergang von einer Bildungseinrichtung zur anderen können einerseits
schon sehr viel, andererseits sind sie aber noch Anfänger. Je besser die Konzepte
von Kindergarten und Schule zueinander passen, desto schneller wird aus einem
Kindergartenkind ein Schulkind.
Sehr oft hört man von Lehrer/innen nach den Weihnachtsferien, dass die Kinder ihrer
Klasse jetzt richtige Schulkinder seien. Der Schulalltag wird dann von allen, auch von
den Eltern, als nichts Neues sondern als etwas Gewohntes empfunden.
Der Übergang vom Kindergarten zur Schule ist eben auch für Eltern ein schwieriges
Kapitel. Sehr oft drängen sich eigene Erfahrungen von Übergangsituationen, die
positiv oder negativ besetzt sein können, in den Vordergrund. Im Kindergarten
werden Leistungen eines Kindes im Normalfall auch noch nicht bewertet. Bei Kindern, bei denen sich im Kindergartenalltag herausstellt, dass sie mehr oder besondere Betreuung benötigen, müssen sich die Eltern mit dieser Problematik schon früher
auseinander setzen.
Im Kindergarten ist die pädagogische Grundhaltung, dass Kinder durch positive
Rückmeldungen und durch wertschätzende Kommentare in ihren Tätigkeiten unterstützt werden. Es gibt noch keinen Vergleich mit den Leistungen von anderen
Kindern. Die Grundschule hat in den letzten Jahren viel von diesem pädagogischen
Ansatz übernommen. Alternative Leistungsbeurteilungen zeigen diese Bestrebungen. Trotzdem wird Schule noch immer als bewertend und beurteilend wahrgenommen. Schule als Ort des Lernens – Kindergarten als Ort des Spielens, diese Denkmuster haben sich über Jahrzehnte in den Köpfen festgesetzt.
Der fachliche Austausch zwischen Kleinkindpädagoginnen/-pädagogen und Grundschulpädagoginnen/-pädagogen hat sich erst in den letzten Jahren vertieft. Die
Forderung nach Aufwertung der Arbeit der Kleinkindpädagoginnen/-pädagogen
durch eine hochwertigere Ausbildung ist auch immer öfter zu hören.
In weiterer Folge wollen wir in diesem Artikel einige Modelle aufzeigen, die in Wien
schon in einigen Bezirken oder an einzelnen Schulstandorten laufen und die einerseits für eine bessere Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Institutionen sorgen,
andererseits Eltern in ihrer Rolle als Begleiter über einen längeren Zeitraum hinweg
unterstützen.
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Kennenlerntage und andere Aktivitäten
VDin Gerlinde Holzinger, VS 17, Rötzergasse
Alles was man kennt, macht weniger Angst und nimmt Unsicherheit. Aus diesem
Grunde gibt es an vielen Volksschulstandorten in Wien für die zukünftigen Schulkinder die Möglichkeit, einen Vormittag in der Schule zu verbringen. Dabei lernen sie in
vielen Fällen schon ihre Lehrerin/ihren Lehrer kennen und auch die anderen Kinder
der Klasse.
Bild: VS 17, Rötzergasse
An der Volksschule Rötzergasse werden die Kinder im Zeitraum von Ende Mai bis
Anfang Juni eingeladen. Aufgeregt treffen sich die Kinder, Eltern und Lehrer/innen im
Turnsaal. Die Schüler der vierten Klasse helfen, allen Kindern ihr Namenspickerl zu
geben und die neuen Schüler/innen zu ihren zukünftigen Klassenlehrer/innen zu
führen. Alle Kinder singen dann gemeinsam ein Lied, bei dem man sich auch bewegen kann. Danach verabschieden sich die Kinder von ihren Eltern und gehen in ihre
Klassenräume. Dort wird eine Geschichte vorgelesen, gebastelt und bei einigen
Spielen lernen sich die Kinder ein bisschen kennen.
Wichtig ist den Pädagoginnen und Pädagogen dabei, dass sie die Bücher, die sie
vorlesen, im Herbst wieder verwenden um den Kindern ein vertrautes Gefühl zu
geben.
Mit diesem ersten Schulvormittag wird den Kindern schon etwas Sicherheit gegeben.
Sie kennen schon einige Personen, die Räumlichkeiten sind nicht mehr fremd und
das ist sehr beruhigend. Auch den Eltern wird mit so einem Vormittag einiger Druck
genommen. Sie sehen, dass ihr Kind so einen Vormittag gut schafft und können so
die Vorfreude ihres Kindes besser unterstützen.
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Die Bildungsregion Hernals
Im Anschluss an eine Dialog-Veranstaltung des Pädagogischen Instituts der Stadt
Wien zum Thema „Nahtstelle“, bei dem die Leiterin des Kindergartens Roggendorfgasse und die Direktorin der Volksschule Rötzergasse einander kennen gelernt
hatten, trafen sich auf deren Initiative hin Kindergartenleiterinnen von städtischen
Kindertagesheimen und Schulleiterinnen des 17. Wiener Gemeindebezirks regelmäßig zum informellen Austausch.
Diese ersten Treffen waren von einem gegenseitigen Abtasten geprägt. In den
weiteren Jahren trafen wir uns drei bis vier Mal im Jahr. Mit jedem Treffen wuchsen
das Vertrauen und die Wertschätzung für die gegenseitige Arbeit. Bei diesen Treffen
stand der Informationsaustausch im Vordergrund. Das Kennenlernen der Strukturen
der jeweilig anderen Institution, die unterschiedlichen Arbeitsweisen, aber zu einem
großen Teil auch die Erkenntnis der gemeinsamen Probleme und Schwierigkeiten
führte zu einem immer besser werdenden Kontakt.
Thema unserer Meetings waren auch immer die ungleichen Ausbildungen und damit
der Status von Kleinkindpädagoginnen/-pädagogen in der Gesellschaft.
In der Folge besuchten Lehrer/innen die Kindergärten und Kindergärtnerinnen
hospitierten in Schulen. Besonderen Anklang fanden die Besuche von Vorschulkindern in den Schulklassen. Die Kindergartenleiterinnen berichteten immer wieder,
dass die Kinder noch lange von solchen Besuchen erzählen. Die Kinder waren an
diesen Vormittagen immer in den Unterricht eingebunden und konnten mit einer
kleinen Bastelarbeit oder einem gestalteten Blatt nach Hause gehen. So erlebten sie
Schule in der für sie bekannten Gruppe und viele Ängste vor dem Schuleintritt
konnten damit den Kindern genommen werden.
In den ersten Jahren umfasste die Gruppe nur die Leiterinnen der MA10 (Gemeinde
Wien) – Kindergärten und die Direktorinnen der öffentlichen Schulen. Nach einiger
Zeit organisierten wir ein Treffen, bei dem die Leiter/innen aller Kindergruppen und
Kindergärten eingeladen wurden. Diese Treffen wurden ab diesem Zeitpunkt einmal
im Jahr abgehalten. Da in den kleinen Kindergärten die Leiterinnen meistens auch
selbst Gruppen führen und auch in den Kindergärten die Personalsituation sehr
angespannt ist, kommen immer nur wenige zu diesen Veranstaltungen. In persönlichen Gesprächen wird aber das Interesse an der Zusammenarbeit immer deutlich
gezeigt.
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Bild: Bildungsregion Hernals
Als äußeres Zeichen der gemeinsamen Ziele wurde ein Plakat gestaltet. Bei einem
Treffen wurden die wichtigsten Punkte für die Elternarbeit gesammelt. In weiterer
Folge einigte man sich auf ein Layout, das einen möglichst großen Freiraum für die
individuelle Arbeit an den Standorten durch austauschbare Bilder zu Themen gewährleistete. Diese Plakate hängen nun in den meisten Kindergärten und Schulen im
Bezirk als Zeichen, dass diese Institutionen an gemeinsamen Zielen arbeiten.
Im Zuge der intensivierten Zusammenarbeit werden zu Elternabenden im Kindergarten Schulleiter/innen des Bezirks eingeladen um den Erziehungsberechtigten der
Vorschulkinder Informationen über die Schuleinschreibung, die Schulreife und den
Schulbeginn zu geben.
Seit mehreren Jahren wird von jeder Volksschule im Bezirk eine Stunde für die
Funktion einer Nahtstellenbetreuung zur Verfügung gestellt. Eine Kollegin des
Sonderpädagogischen Zentrums, von dem auch noch Stunden in diesen Topf
kommen, kann dadurch die Kindergärten besuchen, mit Kindergärtnerinnen Kontakt
herstellen und besonders für Kinder, die spezielle Betreuung benötigen die entsprechenden Schulplätze planen. Diese Kontakte wurden sehr sensibel gestaltet, immer
in dem Bewusstsein, zum Wohl der Kinder zu agieren.
Im Kindergarten werden viele Fördermaßnahmen geboten, die zu einem großen Teil
auch gut dokumentiert werden. Kommt das Kind in die Volksschule, beginnt die
Förderarbeit nicht wieder aufs Neue, wenn diese Informationen, so wie bei Schulwechseln, weiter gegeben werden können. Da bei der Schulreifefeststellung das
Kind nur in einer relativ kurzen Zeitspanne beobachtet werden kann, ist in Zweifelsfällen ein Abgleich mit den Eindrücken der Kleinkindpädagoginnen/-pädagogen sehr
hilfreich. Daher werden in unserem Bezirk die Eltern bereits bei der Schuleinschreibung um die Einwilligung für den Informationsaustausch mit dem Kindergarten zur
Fortführung der begonnenen pädagogischen Fördermaßnahmen ersucht. Dabei
werden Erziehungsberechtigte darüber informiert, welche Daten weiter gegeben
werden und somit auch aktiv in die Kooperation eingebunden. Erziehungsberechtigte
und Pädagoginnen/Pädagogen muss klar sein, dass dieser Austausch einerseits für
die Weiterführung der Förderung als auch andererseits für die Reflexion der Arbeit im
Kindergarten notwendig ist.
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Durch die engeren Kontakte zwischen Schule und Kindergarten kommt es auch
immer wieder zu anderen Projekten. So ist zum Beispiel im Zuge der Leseförderung
in Kooperation mit dem Nachbarschaftszentrum ein Vorleseprojekt entstanden.
Kinder der dritten und vierten Klasse suchen mit einem Lesepaten ein Kinderbuch
aus, das sie im Kindergarten vorlesen. Dazu überlegen die Kinder, wie sie den Inhalt
auch optisch den jungen Zuhörern aufbereiten können. Manchmal gehen die Schüler/innen in den Kindergarten oder die kleinen Zuhörer besuchen die Schule. Diese
Besuche sind für beide Seiten sehr gewinnbringend. Die Schulkinder sind sehr stolz,
wenn sie Vorleser sind und die Kindergartenkinder bekommen einen neuen Zugang
zu Büchern und sehen auch, warum Lesen lernen wichtig ist.
Da es in unserem Bezirk eine sehr große Anzahl an Kindergärten gibt und jede
Schule Kinder von vielen verschiedenen Kindergärten hat, kann die Kooperation
nicht mit allen stattfinden. Schwerpunktaktionen sind aber sicher sinnvoll.
In näherer Zukunft steht bei den Treffen der Austausch über Vorschulprogramme im
Kindergarten, die Schuleingangsphase in der Schule und auch über die Gestaltung
von Elternabenden auf dem Programm. Mit den Vorschulprogrammen ist aber nicht
das Ausfüllen von Arbeitsblättern gemeint, sondern in welcher Art und Weise die
Vorschulkinder im Kindergarten gefördert werden. Gibt es eigene Gruppen, temporär
oder ständig, haben die Vorschulkinder schon besondere Aufgabenbereiche im Kindergarten, gibt es besondere Rituale für die Kinder, die den Kindergarten verlassen?
Je mehr Lehrer/innen darüber wissen, desto besser können sie schon Erlerntes in
den Schulalltag einbauen. Ziel könnte es sein, gemeinsame Rituale zu schaffen, die
Kindern wieder ein Stückchen Sicherheit geben können.
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Das HIPPY-Bildungsprogramm
Wolfgang Kratky, Projektleiter Hippy
HIPPY ist ein Bildungsprogramm für Familien und unterstützt die Erziehungsberechtigten dabei, ihre Kinder im Alter von drei bis sieben Jahren zusätzlich zum Kindergarten selbstständig zu fördern und auf die Schule vorzubereiten. HIPPY steht für
„Home Instruction for Parents of Preschool Youngsters“ und ist ein international
anerkanntes und bewährtes Programm der frühen Bildungsförderung (EarlyChildhood-Intervention, frühe Hilfen).
Das Hausbesuchsprogramm bringt viele Anregungen und Bildungsaktivitäten in die
Familien und ist vor allem für sozial schwache und bildungsferne Familien eine große
Hilfe. Besonders bewährt hat sich das Programm bei Familien mit Migrationshintergrund und zwar aufgrund seiner Arbeitsweise mit geschulten Betreuerinnen, die
selbst aus der Zielgruppe kommen – den HIPPY-Hausbesucherinnen.
Es ist mehr als ein Sprachprogramm. Wesentliche Zielsetzung von HIPPY ist nicht
nur die ganzheitliche Förderung der Kinder (kognitiv, sozial, emotional, motorisch),
sondern auch die Stärkung der Kompetenzen der Mütter. HIPPY beginnt mit der
aufsuchenden Arbeit im Wohnumfeld der Zielgruppe: Die Vernetzung und enge Kooperation mit den dort ansässigen Kindergärten, Schulen, Beratungsstellen, Migrantinnen-/Migrantenvereinen sowie relevanten politischen Akteurinnen und Akteuren
sind wesentliche Voraussetzungen, um gute Erfolge zu erzielen. Die Mütter/Eltern
werden von den Hausbesucherinnen, die ihre Sprache sprechen und ihre Mentalität
kennen, angesprochen (Settingansatz). Da sich die Mütter für das Wohlergehen ihrer
Kinder zuständig fühlen, ist dies auch ein geeigneter Anknüpfungspunkt: Über die
Kinder werden die Frauen und die ganze Familie erreicht. Über die Frauen werden
die Kinder, das familiäre Umfeld und die Community erreicht.
In dieser Programmphase (Akquisephase) verteilen die Hausbesucherinnen Informationsblätter in der jeweiligen Muttersprache. Projektleitung und Koordinatorin leisten
die notwendige Vernetzungsarbeit mit lokalen Einrichtungen und Kooperationspartnerinnen/-partnern und organisieren Informationsveranstaltungen für relevante
Akteurinnen und Akteure (z. B. Kindergartenpädagoginnen/-pädagogen, Lehrer/innen, Gemeindevertreter/innen).
Die Hausbesucherinnen bringen den Familien/Müttern das Projekt und seine Arbeitsweise näher, erklären diese im Detail und ermutigen die Familien/Mütter zum
Mitmachen. Eventuelle Bedenken der Eltern können besprochen werden. Es werden
im Bedarfsfall, je nach Familiensituation und Kapazitäten, individuelle Vorgehensweisen angeboten. Nach diesem intensiven Informationsaustausch werden die Kontaktdaten aufgenommen, die Hausbesucherinnen berichten darüber der Projektleitung
und nach deren Zustimmung wird in der Folge ein Aufnahmegespräch mit den
Erziehungsberechtigten vereinbart. Aufgrund der erhobenen sozioökonomischen
Daten und des Bedarfs der Familie wird entschieden, ob HIPPY das passende
Förderinstrument ist und eine Aufnahme erfolgen kann.
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Jede Familie/Mutter wird wöchentlich von ihrer zweisprachigen, gut integrierten und
geschulten Hausbesucherin besucht. Der Hausbesuch dauert etwa ein bis eineinhalb
Stunden lang. Die Hausbesucherin bringt der Familie/Mutter HIPPY Spiel- und
Lernmaterialien für eine Woche und übt gemeinsam mit den Erziehungsberechtigten
den Umgang mit dem Material. Die HIPPY Materialien, Bilderbüchlein und Übungsblätter sind in deutscher Sprache. Die Hausbesucherin kann durch ihre Zweisprachigkeit Übersetzungshilfen anbieten. Muttersprachliche Übersetzungen stehen
ergänzend zur Verfügung, unterstützen das Sprachverständnis und geben den
Erziehungsberechtigten Sicherheit.
Wichtig ist vor allem auch, dass die Erziehungsberechtigten Zuspruch erfahren, auf
ihre Fähigkeiten zu vertrauen, und dazu motiviert werden, sich für ihr Kind Zeit zu
nehmen. Mit den Hausbesuchen kann begonnen werden, wenn die Kinder drei Jahre
alt sind. Es gibt Programme für die 4- und 5-Jährigen und zusätzlich ein Begleitprogramm zum Schuleinstieg für 6- bis 7-Jährige. Die Betreuung und Begleitung durch
HIPPY erstreckt sich über einen langen Zeitraum, je nach Einstiegsalter des Kindes
zwischen ein und drei Jahre und mindestens bis zum Schuleintritt des Kindes. Je
früher die Kinder einsteigen und je länger sie betreut werden, desto effizienter ist das
Programm. Im 14-Tage-Rhythmus gibt es außerdem Gruppentreffen mit Referentinnen und Exkursionen. Die Themen der Gruppentreffen sowie die Exkursionsziele
sind auf den Bedarf der teilnehmenden Erziehungsberechtigten abgestimmt. Schließlich geht es bei HIPPY auch darum, die Frauen und Männer mit der österreichischen
Lebensweise und mit Beratungs-, Bildungs-, Kultur- und Freizeitangeboten vertraut
zu machen. Im Rahmen der Hausbesuche werden von den Erziehungsberechtigten
regelmäßig auch andere integrationsrelevante Themen angesprochen. Die Hausbesucherinnen leisten hier Vermittlungsarbeit, indem sie den Erziehungsberechtigten
anbieten, ihnen z. B. Informationen über spezialisierte Beratungseinrichtungen zur
Verfügung zu stellen. Selbst leisten die Hausbesucherinnen keine Sozialarbeit!
Wesentlich an der Arbeitsweise ist, dass die Hausbesuche strukturiert ablaufen,
Erziehungsberechtigte und Hausbesucherin einander auf gleicher Ebene begegnen
und beiden klar ist, dass es sich bei dem Besuch um ein Arbeitstreffen handelt. Am
Anfang des Hausbesuches steht nach dem Aufbau von einem guten Gesprächsklima
jeweils ein strukturiertes Interview bezüglich der Arbeit, die die Erziehungsberechtigten in der letzten Woche mit dem Kind geleistet haben. Zur Einführung in das neue
Wochenprogramm wird zunächst erklärt, wozu die Übungen gut sind und welche
Entwicklungsfelder in der jeweiligen Übung gefördert werden.
Zentrale Methode des Hausbesuches ist das Rollenspiel, in dem die Hausbesucherin
die Rolle z. B. der Mutter und die Mutter die Rolle des Kindes übernimmt. So erleben
die Erziehungsberechtigten auf einfache Weise, wie die Übungen funktionieren.
Außerdem spüren sie die Vorteile der Methode der positiven Verstärkung und des
Ressourcen orientierten Ansatzes. Auch das Arbeitsumfeld wird von der Hausbesucherin nach Möglichkeit so gestaltet, wie es die Erziehungsberechtigten dann bei der
Arbeit mit dem Kind halten sollten (Arbeitsplatz schaffen, Störungen vermeiden etc.).
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Die Regelmäßigkeit der Hausbesuche über einen langen Zeitraum hinweg hat
zusätzliche, nicht unerhebliche Effekte. Vereinbarte Termine regelmäßig einzuhalten,
ist für viele der Teilnehmer/innen eine Herausforderung und eine Fertigkeit, die sie in
unserer Gesellschaft gut brauchen können.
Auch wenn das Programm prinzipiell ohne Druck und ausschließlich nach dem
Grundsatz der Freiwilligkeit arbeitet, sind die regelmäßigen Besuche und das damit
verbundene, sanfte „Einfordern der vereinbarten Leistungen“ im Wochenrückblick ein
wesentlicher Faktor, der hilft, eine gewisse Disziplin zu entwickeln. Die Teilnehmer/innen bestätigen übereinstimmend die positive Wirkung dieses Faktors.
Eine Familie wird von HIPPY über mehrere Jahre mit Ausnahme der Schulferien mit
Hausbesuchen betreut. Jeder Hausbesuch wird detailliert mittels strukturierten
Berichts dokumentiert. Die Erziehungsberechtigten erfahren durch die Hausbesuche
und das regelmäßige Üben eine wohltuende Stärkung ihres Selbstwertgefühls. Dies
versetzt sie u. a. in die Lage, Hindernisse und Selbstzweifel zu überwinden, sich
Entwicklungsprozesse bewusst zu machen und die Förderung ihres Kindes selbst in
die Hand zu nehmen (Empowerment-Ansatz).
Derzeit läuft das Programm in Wien in neun Bezirken. Es werden zurzeit ca. 80
Familien betreut. Die Bezirke tragen einen Teil der Kosten mit. Für die teilnehmenden Familien wird gerade für die Zeit des Schulanfangs das Programm noch weiter
geführt, damit die Kinder und Eltern in dieser Zeit eine gute zusätzliche
Unterstützung bekommen.
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Nahtstellenbetreuung für Kinder mit besonderen Bedürfnissen
SDn Katharine Ostermann, SPZ 10, Quellenstraße 52
Die Arbeit an der Nahtstelle Kindergarten-Schule bedeutet für uns, Kindern und
Eltern von Kindern mit besonderen Bedürfnissen den Eintritt ins Schulleben zu
erleichtern bzw. sie bestmöglich zu beraten und den „idealen Schulplatz“ für jedes
einzelne Kind zu finden. Claudia Magotti, die Pädagogin, die diese Arbeit in unserem
SPZ macht, ist im Bezirk als sonderpädagogische Beraterin sehr bekannt, sie
genießt das Vertrauen der Kindergarten- und Schulpädagoginnen/-pädagogen, auf
ihre Beratung und ihr Urteil ist Verlass.
Die Beratung verläuft mehrgleisig. Durch viel Vernetzungsarbeit ist das SPZ 10
Quellenstraße den umliegenden Ambulatorien, Diagnosezentren und Kindergärten/Sonderkindergärten ein Begriff. Viele Erziehungsberechtigte melden sich schon
ein Jahr bzw. im Herbst vor dem Schulstart ihres Kindes zur Beratung an.
Das erste Elterngespräch findet immer am SPZ statt. Das Beratungsgespräch wird
von der SPZ-Leiterin geführt.
Für viele Erziehungsberechtigte ist dieses Gespräch sehr anstrengend, Tränen sind
nicht selten. Gesprächsinhalte sind Schwangerschaft, Geburt, schwierige Krankheitsverläufe, Therapien, Schulwünsche, Erklärung des Sonderpädagogischen
Förderbedarfs und seine rechtlichen Auswirkungen, …
In diesem Gespräch wird auch die folgende Diagnostik geklärt:
1. Schritt: Die sonderpädagogische Beraterin besucht das Kind im Kindergarten,
Gruppenverhalten wird beobachtet, sonderpädagogische Diagnostik
kommt zum Einsatz, ein sonderpädagogisches Gutachten wird erstellt.
2. Schritt: Testung durch die Schulpsychologie.
3. Schritt: Fremdgutachten werden in die Entscheidungsfindung miteinbezogen.
Während dieses Gesprächs werden im Regelfall alle rechtsgültigen Unterschriften
geleistet. Als erschwerend bei diesem sehr wichtigen Gespräch hat sich die mangelnde Sprachkompetenz einiger Erziehungsberechtigten herausgestellt. Oft muss
durch Dolmetscher/innen übersetzt werden.
Während der auf die Beratung folgenden Zeit sind die sonderpädagogische Beraterin
und die SPZ-Leiterin die Ansprechpartnerinnen der Erziehungsberechtigten, wenn
Einzelheiten in der Beratung nicht gut verstanden wurden, abwesende Elternteile mit
dem Ausgang der Beratung unzufrieden waren oder der vereinbarte mögliche
Schulplatz doch nicht so ideal erscheint, usw.
Wenn alle Diagnoseverfahren abgeschlossen sind, gibt es entweder eine kurze
Mitteilung über den Schulplatz oder erneut ein Gespräch mit den Erziehungsberechtigten. Wenn notwendig, wird während des Verfahrens die sonderpädagogische
Beraterin bzw. die Leitung des SPZ Paulusgasse – Sonderpädagogisches Zentrum
für schwerstbehinderte Kinder – zur weiteren Beratung hinzugezogen.
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Im SPZ 10 Quellenstraße werden durchschnittlich jedes Jahr 40 Schulanfänger/innen
und deren Erziehungsberechtigte durch diese schwierige Zeit vor dem Schuleintritt
begleitet.
Das Campusmodell
VDn Irene Jagersberger, GTVS am Campus Monte Laa, 10, Rudolf-Friemel-Gasse 3
Der Campus Monte Laa wurde 2009 eröffnet und ist der erste Standort in Wien, der
nach dem Campusmodell geführt wird. Mittlerweile gibt es auch einen Campus im 2.
und einen im 21. Bezirk, weitere sind in Planung. Extrem lange Öffnungszeiten
(täglich von 6 bis 18 Uhr, auch während der Ferien), ganztägig verschränkter Unterricht und völlig neue Strukturen sind eine große Herausforderung. Die Erwartungen
an das noch „zarte Pflänzchen“ Campus sind sehr hoch und aus den Blickwinkeln
von Kindergarten, Schule und Freizeit und den dahinter stehenden Behörden und
Institutionen auch sehr unterschiedlich. Von Beginn an stand der Campus im Focus
von Öffentlichkeit, Medien und Politik.
Der Campus macht es möglich, die Schnittstelle Kindergarten-Schule erst gar nicht
entstehen zu lassen, da die Kinder von Anfang an im gleichen Gebäude untergebracht sind und im verschränkten Betrieb von verschiedenen Pädagoginnen und
Pädagogen (Kindergartenpädagoginnen/-pädagogen, Lehrer/innen, Hortpädagoginnen/-pädagogen, Sport- und Musikpädagoginnen/-pädagogen, Assistentinnen/Assistenten, …) gemeinsam betreut werden.
Bild: Campus Monte Laa, Wien
Durch die Vernetzung der Bildungsinstitutionen werden Synergien zwischen Kindergarten, Volksschule, Freizeitpädagogik, Musikschule und Sportvereinen geschaffen.
Ziel ist die Verschmelzung zu einer Bildungseinrichtung. Die Kooperation zielt auf die
optimale Nutzung aller räumlichen, personellen und strukturellen Ressourcen ab.
Durch die Anwesenheit der Kindergartenkinder wird der Tagesablauf mit beeinflusst
19
– der Kindergarten benützt in seiner offenen Bildungsarbeit Räume und Bereiche des
Gebäudes und ebenso stehen dessen Räume zur Verfügung.
Individualisierung und Differenzierung, Ganzheitlichkeit, Vielfalt, Konzeptions- und
Methodenfreiheit und Inklusion sind grundlegende Prinzipien am Campus. In den
Wiener Kindergärten sind offen gestaltete Bildungsprozesse schon länger obligatorisch, eine weitere Öffnung in Richtung Schule und Freizeitbereich ist gefordert. Im
Campusalltag mit fast 400 Volksschulkindern und 170 Kindergartenkindern sind die
Gestaltung der offenen Sequenzen und die Schaffung der nötigen Rahmenbedingungen unter Wahrung der Aufsichtspflicht aber nicht immer so einfach.
Am Campus werden Lehrer/innen und Kindergarten- bzw. Hortpädagoginnen/
-pädagogen verschränkt eingesetzt. Dies ermöglicht dem pädagogischen Personal
Einblicke in den jeweils anderen Bereich, dient aber auch Kindergartenkindern, da
sie vorzeitig mit Lehrer/innen Kontakt pflegen können und Schüler/innen, da sie mit
ihren Kindergartenpädagoginnen/-pädagogen weiterhin Kontakt halten können.
Das Konzept der Inklusion stellt die Weiterführung der Entwürfe der Normalisierung,
des Empowerments und der Integration dar. Inklusion ist der Ansatz, der davon
ausgeht, dass Vielfalt die Normalität darstellt. Laut Konzept bietet der Campus den
idealen Platz um Inklusion leben zu können. Er ist auch im Umgang mit „besonderen“
Kindern als Einheit zu sehen und nicht in Krippe, Kindergarten, Schule und Nachmittagsbetreuung aufzusplittern.
Im Kindergarten Monte Laa gibt es Integrationsgruppen und eine Heilpädagogische
Gruppe. Die Integration der Kinder mit besonderen Bedürfnissen aus dem Kindergartenbereich in den Campus-Alltag ist gelebte Selbstverständlichkeit. Im Schulbereich
werden Integrationsklassen geführt, die allen Kindern das gleiche breite Angebot –
Betreuung in allen Ferien, Früh- und Spätdienst von 6 bis 18 Uhr, vielfältige Kurse
und Workshops etc. … – bietet. Dieses Angebot wird von den Erziehungsberechtigten der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf sehr geschätzt, aber durchaus auch vehement gefordert.
Das Gelingen des Konzeptes „Inklusion am Campus“ ist sehr von den zur Verfügung
stehenden Ressourcen abhängig. Manche waren von Anfang an vorhanden, z. B. ein
barrierefreier Zugang zu allen Aktivitäten im ganzen Gebäude. Nach Anfangsschwierigkeiten gibt es nun auch gute personelle Ressourcen, pro Integrationsklasse sind
eine Volksschullehrerin/ein Volksschullehrer, eine Sonderschullehrerin/ein Sonderschullehrer, eine Regelhortpädagogin/ein Regelhortpädagoge, eine Sonderhortpädagogin/ein Sonderhortpädagoge und eine Assistenz vorgesehen. Die räumlichen
Ressourcen sind nicht optimal, im Vergleich zu anderen Ganztagsstandorten in Wien
aber durchaus gut. Unsere Erfahrungen werden in die räumliche Konzeption der
weiteren Campusstandorte einfließen. Was uns immer wieder vor große Herausforderungen stellt, ist die Schaffung von zeitlichen Ressourcen für Teambesprechungen, die Entwicklung von gemeinsamen Konzepten, Elterngespräche usw. …
Da immer jemand bei den Kindern sein muss und wir „immer offen“ haben, sind
Besprechungen aller Beteiligten fast unmöglich.
Der Übertritt vom Kindergarten in den Schulbereich ist aber trotz dieses Modells nicht
frei von Komplikationen. Bei den für Kindergarten und Schule zuständigen Behörden
divergieren die Begrifflichkeiten – z. B. die Definition „Integrationskind“ sehr. Nicht
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jedes Integrationskind im Kindergarten ist auch in der Schule ein solches, was für
Kindergartenpädagoginnen/-pädagogen nicht immer nachvollziehbar ist. Letzten
Endes entscheiden auch am Campus die hinter Kindergarten und Schule stehenden
Institutionen unabhängig voneinander, wer sonderpädagogische Betreuung benötigt/erhält und wer nicht. In Wien ist der Kindergarten kostenlos, während für die
Ganztagsschule ein Betreuungsbeitrag zu leisten ist. Nicht alle Erziehungsberechtigten von Kindern mit besonderen Bedürfnissen können und möchten einen Kostenbeitrag für die Schule leisten, nicht alle benötigen ganztägige Betreuung.
Für berufstätige Erziehungsberechtigte von Kindern mit besonderen Bedürfnissen ist
das Angebot am Campus aber ganz sicher eine große Erleichterung, um ihren
ohnehin herausfordernden Alltag zu meistern. Der Übergang vom Kindergarten in
den Schulbereich am Campus ist für die Kinder mit und ohne Behinderung einfacher,
weil sie in ihrer gewohnten Umgebung bleiben.
Thema: Datenschutz?
In den Kindergärten arbeiten Expertinnen/Experten im Kleinkindbereich. Die qualitätsvollen Förderungen und die damit einhergehenden Dokumentationen in den
Kindergärten liefern über viele Kompetenzbereiche der Kinder sehr aussagekräftige
Bilder. Diese Aufzeichnungen verschwinden dann in den Schubladen, die Stärken
aber auch Schwächen von Kindern müssen in der Schule für eine gezielte Förderung
wieder neu erfasst werden. Sowohl Kleinkindpädagoginnen/-pädagogen der Magistratsabteilung 10 als auch Lehrer/innen sind Landesbedienstete. Eine Weitergabe von
Förderdokumentationen, Screeningergebnissen und anderen Informationen, die für
eine pädagogisch durchlaufende Betreuung und für die Weiterentwicklung der
individuellen Kompetenzen sehr hilfreich wären, käme den Kindern zugute. Es muss
allen Beteiligten klar sein, dass es sich um sensible Daten handelt, die durch die
Amtsverschwiegenheit auch nur für die Bildung und Förderung der Kinder verwendet
werden dürfen.
Bei Kindern mit besonderen Bedürfnissen ist es besonders wichtig, schon im Vorfeld
die Erziehungsberechtigten bei der Schulplatzsuche zu unterstützen, damit die
Kinder die für sie notwendigen Betreuungs- und Lernangebote bekommen. Das
erfordert eine Vorlaufzeit von mindestens einem Jahr und eine sehr intensive Kommunikation zwischen Kindergarten und Schule.
Ein erfolgreicher erster Wechsel von einer Bildungseinrichtung zur nächsten wird mit
ziemlicher Sicherheit auch weitere Übergänge positiv beeinflussen. Die Fähigkeit und
Bereitschaft einen Übergang positiv zu bewältigen, erfordert von allen Beteiligten
auch die Fähigkeit und Bereitschaft zur Kommunikation und Partizipation. Organisationsstrukturen, die die Kooperation zwischen den Einrichtungen fördern, sind dafür
eine wichtige Bedingung.
21
Literatur:





R. Niesel, W. Griebel, B. Netta: Nach der Kita kommt die Schule. Mit Kindern
den Übergang schaffen. Herder, 2008
Erziehung und Unterricht 5-6/2007,157. Jahrgang, ÖBV 2007
Erziehung und Unterricht 9-10/2009,159. Jahrgang, ÖBV 2009
Grundschulunterricht-Sachunterricht 2/2013: Übergänge, Oldenburg 2013
DDr. Rudolf Leber (Hg.):Bildungseinrichtung Campusmodell Wien – Leitfaden
zum pädagogischen Konzept
Autorinnen/Autoren:
Gerlinde Holzinger
absolvierte nach der Matura die Pädagogische Akademie und arbeitete als Lehrerin im Grundschulund Sekundarschulbereich.
Seit Dezember 2003 leitet sie die Volksschule Rötzergasse in Wien 17 und beschäftigt sich intensiv
mit begleiteten Nahtstellenübergängen. In den letzten Jahren initiierte und begleitete sie Projekte für
diesen Bereich in ihrem Bezirk.
Irene Jagersberger
war als Lehrerin im AHS- und Volksschulbereich tätig. Seit 2009 leitet sie die GTVS am Campus
Monte Laa im 10. Wiener Gemeindebezirk, wo Kinder von 0 bis 10 in ganztägig verschränkter Form
täglich (auch in den Ferien) von 6 bis 18 Uhr pädagogisch betreut werden.
Katharine Ostermann
ist Sonderschulpädagogin, akademische Frühförderin und Familienbegleiterin, seit 2011 SPZ-Leiterin
in Wien 10
Wolfgang Kratky
absolvierte nach der Matura die Studien der Rechtwissenschaft und der Betriebswirtschaft.
Außerdem ist er zertifizierter Trainer und Coach. Derzeit leitet er in der Beratungsgruppe zielgruppenspezifische Angebote für jene Menschen, die am meisten benachteiligt sind: sozial schwache, wenig
gebildete Frauen und Mütter mit Migrationshintergrund.
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Judith Sauerwein
Der Übergang vom Kindergarten in die Volksschule
Vorarlberger Konzept – Von einer Hand in die andere
Bilder: Kinder in der Bücherei, Judith Sauerwein
„Kinder sind wie Blumen.
Man muss sich zu ihnen nieder beugen,
wenn man sie erkennen will.“
(Friedrich Fröbel)
Friedrich Fröbel (1782 – 1852) war Schüler des Schweizer Pädagogen Johann
Heinrich Pestalozzi und erkannte als Begründer des Kindergartens bereits vor 200
Jahren die Bedeutung der frühen Kindheit und der gezielten Förderung im Vorschulalter. In der Entwicklung eines frühpädagogischen Konzepts stand für ihn der gelingende Übergang vom Kindergarten in die Schule bereits damals im Fokus seiner
pädagogischen Bemühungen.
Heute ist es längst für alle Pädagoginnen und Pädagogen klar: Bildungserfolge von
Kindern werden in entscheidendem Maß von der Qualität beeinflusst, mit der die
Übergänge gestaltet werden. Gerade beim Übergang in die Volksschule bedarf es
pädagogischer Professionalität, damit Kinder kompetenzorientiert wahrgenommen
und gut begleitet werden können. Die Zusammenarbeit von Kindergarten und Volksschule und der Austausch schulrelevanter Informationen sollen dem Kind den
Übergang erleichtern und eine Möglichkeit schaffen, es besser kennenzulernen und
seinem Entwicklungsstand entsprechend abzuholen.
Unter dem Leitgedanken Von einer Hand in die andere hat sich die Vorarlberger
Landesregierung in Zusammenarbeit mit dem Landesschulrat für Vorarlberg zum Ziel
gesetzt, die Basiskompetenzen und Potenziale der Einschulenden im Übergang vom
Kindergarten in die Volksschule umfassend zu erheben und eine an den Bedürfnissen des Kindes orientierte Übergabekultur zu gestalten. Mit Beginn des Schuljahres
2011/12 wurde eine landesweite Arbeitsgruppe installiert, die sich aus pädagogischen Mitarbeiter/innen, Schulleiterinnen und Schulleitern, Kooperationsbeauftragten
sowie Schulpsychologinnen und Vertreter/innen der Schulaufsicht zusammensetzte
und die Erarbeitung eines entsprechenden Gesamtkonzepts zum Ziel hatte. Als
Bezirksschulinspektorin mit Volksschulhintergrund wurde ich von den Landesschulinspektorinnen/-inspektoren mit der Leitung dieser Arbeitsgruppe betraut. Unter der
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wissenschaftlichen Begleitung von Dr.in Brigitta Amann und DDr.in Brigitte Hepberger
entstand ein Gesamtkonzept, das die Heterogenität bezüglich der Vorerfahrungen
der einschulenden Kinder berücksichtigt, und ihrem individuellen Entwicklungsstand
hinsichtlich bildungsrelevanter Merkmale besondere Beachtung schenkt.
Die Herausforderung lag aber auch darin, den unterschiedlichen organisatorischstrukturellen Rahmenbedingungen der 166 Volksschulen des Landes gerecht zu
werden. Durch das sogenannte Variantenmodell, das einen zeitlich flexiblen Rahmen
für die verpflichtend durchzuführenden Screenings vorsieht, wurde diesem Anspruch
der Schulstandorte entsprochen.
Bereits im Frühjahr 2012 konnte das Vorarlberger Konzept zur Erfassung der Basiskompetenzen und Potenziale im Übergang vom Kindergarten in die Volksschule im
Land Vorarlberg flächendeckend eingeführt werden. Vergleichbarkeit, Einheitlichkeit
und vor allem Wissenschaftlichkeit sollten für die Schulstandorte als besonders
positive Merkmale des gemeinsamen Konzepts erkennbar werden.
Die inhaltliche Schwerpunktsetzung des Vorarlberger Konzepts beruht im Wesentlichen auf vier Elementen, die ich im Folgenden in ihrer Konzeption und Zielsetzung
genauer vorstellen möchte.
Übergabeblatt
Das Übergabeblatt wird für jedes einschulende Kind geführt und dient als Grundlage
für das Gespräch der Kindergartenpädagogin mit der Lehrperson bzw. der Schulleitung. In diesem doppelseitigen Formblatt werden im Rahmen des professionellen
Austauschs der Pädagoginnen und Pädagogen die Stärken und Schwächen sowie
die Ergebnisse der Schuleingangsscreenings des Kindes dokumentiert. Beobachtungen und schulspezifische Informationen der Kindergartenpädagoginnen/-pädagogen
werden festgehalten, Ergebnisse des im Kindergarten geführten VBB (Vorarlberger
Entwicklungs- und Beobachtungsbogen nach Barth für Kinder von 4 bis 6 Jahre)
ergänzt. Diese Informationen zu den kognitiven Vorläuferfertigkeiten – phonologische
Bewusstheit, zahlenbezogenes Vorwissen – des Kindes im letzten Kindergartenjahr
können in den Entscheidungsprozess der Schulleitung zur Feststellung der Schulreife miteinbezogen werden.
An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass das Vorarlberger Kindergartengesetz im § 8 Abs. 5 die Weitergabe von Informationen und Daten der Kindergartenpädagoginnen/-pädagogen an die Schulleitung vorsieht, soweit diese für die Feststellung der Schulreife der Kinder notwendig sind. Aufgrund dieser gesetzlichen Grundlage ist die sensible Frage des Datenschutzes im Hinblick auf schulspezifische
Informationen rechtlich abgesichert.
Im Sinne einer frühzeitigen und gezielten Förderung ist es wichtig, dass die ausgefüllten Übergabeblätter der Einschulenden – die letztlich auch den Status der Kinder
definieren – der Klassenlehrperson rechtzeitig zur Kenntnis gebracht werden.
Eine Ablage des Blattes im Schülerstammblatt sichert diese Zielsetzung.
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BAPS – Sprachscreening
Die Bludenzer Aufgabenreihe für Phonologie und Sprache im Schuleingangsbereich
ist ein Einzelscreening zur Erfassung der Entwicklungsvoraussetzungen für den
erfolgreichen Schriftspracherwerb und der Sprachentwicklung des Kindes. Von der
wissenschaftlichen Mitarbeiterin des Landesschulrates, DDr.in Brigitte Hepberger, in
der zweiten Auflage erstellt und normiert, beinhaltet dieses Sichtungsverfahren vier
Untertests, die zwei Bereichen zugeordnet sind. So fokussiert Teil A auf die phonologische Bewusstheit im weiteren Sinn als spezifische Vorläuferfertigkeit mit den Items
Silben klatschen und Reime erkennen; Teil B setzt mit den Items Kunstwörter
nachsprechen
und Sätze
nachsprechen
den Schwerpunkt
auf
den
(Schrift)Spracherwerb der Kinder im Schuleingang. Eine altersgemäße Sprachentwicklung gilt als Voraussetzung für den Schriftspracherwerb und als Schlüsselkompetenz für die Bildung in allen Fachbereichen.
Der Durchführungszeitraum des Screenings ist mit zwei Normierungen (Mai bzw.
September) vorgegeben und kann im Rahmen der Schulautonomie selbst gewählt
werden. Jenen Kindern, die die Voraussetzung für den erfolgreichen Schriftspracherwerb mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erfüllen, kann im Rahmen der flexiblen
Schuleingangsphase die notwendige Zeit zur Entwicklung der Vorläuferfertigkeiten
gegeben werden. Geeignete Fördermaßnahmen und individualisierender Unterricht
sollen diesen Prozess unterstützen.
Zahlenwissen – Zahlenverständnis
Das Zahlenwissen wurde von der Bludenzer Schulpsychologin Dr.in Brigitta Amann
erstellt und ist ein Indikator für die mathematische Entwicklung der Kinder. Dieses
Einzelscreening lässt Schlüsse auf die spätere schulische Entwicklung im mathematischen Bereich zu. Die Fragen zum Zahlenverständnis sind stark an den Number
Knowledge Test aus dem Förderprogramm Number Worlds von Sharon Griffin (Clark
University, Durham NH) angelehnt und wurden Vorarlberger Verhältnissen angepasst, im Bezirk Bludenz erprobt und durch eine Normierung erweitert.
Die Fragen zum Zahlenwissen (ZW) ermöglichen eine treffsichere Erfassung des
Zahlenverständnisses bei Kindern. Sie sind in Levels untergliedert, d. h. sie erfragen
unterschiedliche Wissensniveaus. Mithilfe des Zahlenwissens sollen Einschulende in
ihren Lernvoraussetzungen eingeordnet werden können – sowohl Risikokinder als
auch Kinder mit besonders hohem Potenzial werden erkannt. Dies dient letztlich der
Zielsetzung, den Unterricht optimal an die Lernvoraussetzung der Kinder anzupassen. Dabei spielt im Anfangsunterricht natürlich auch der Durchführungszeitraum des
Screenings (Mai bzw. September) eine wichtige Rolle.
„Ergänzende Module“ – Muster fortsetzen und Mann-Zeichen-Test
Auf Wunsch zahlreicher Schulleiter/innen wurden ergänzende, weitgehend sprachfreie Elemente in das Vorarlberger Schuleingangskonzept aufgenommen. Das Modul
Muster fortsetzen wurde von Vorarlberger Schulpsychologinnen entwickelt und durch
das Modul Mann-Zeichen-Test von Dr. Jörg Fliegner (Halle/Westfalen 2012) ergänzt.
Die Auswertung beider Elemente ergibt in der Zusammenschau ein Gesamtbild zur
Entwicklung der Kinder. Die differenzierte Einschätzung schulrelevanter Bereiche wie
Serialität, Raum-Lage, Arbeitsgeschwindigkeit und Grafomotorik wird ergänzt durch
25
eine allgemeine kognitive Entwicklungseinschätzung des normierten Mann-ZeichenTests.
Gerade bei Kindern, die mit dem außerordentlichen Status in die Schule kommen
und für die die Normierungen der Screenings aufgrund einer anderen Erstsprache
als Deutsch nicht passen, stellen die „Ergänzenden Module“ in Zusammenschau mit
der Rückmeldung der Kindergartenpädagogin ein entscheidendes Kriterium zur
Erfassung der Schulreife dar.
Die organisatorische Durchführung
der Schulreifefeststellung nach dem Vorarlberger Konzept wird von der Schule in
enger Zusammenarbeit mit dem Kindergarten geplant und durchgeführt. Es liegt in
der Verantwortung der Pädagoginnen und Pädagogen, die Umsetzung so zu gestalten, dass sie für das noch junge Kind ein positives Erlebnis darstellt. Die Durchführung der Screenings in Zweierteams hat sich bewährt, wobei eine Lehrperson die
Screenings macht, während die andere die Ergebnisse und besondere Beobachtungen protokolliert. Ist eine der beiden Lehrpersonen sprachheilpädagogisch ausgebildet, kann diese zugleich erheben, ob das Kind für eine sprachheilpädagogische
Intervention vorgemerkt werden soll.
Die Eltern werden von der Schulleitung über das Gesamtergebnis dieser Schulreifefeststellung informiert und im Fall von Auffälligkeiten zu einem Gespräch eingeladen.
Gemeinsam können Fördermöglichkeiten besprochen und weitere Vorgehensweisen
geklärt werden.
Die Ergebnisse der Screenings werden vom Landesschulrat bis zum 10. Oktober des
Jahres über die Onlineplattform www.fruehe-bildung.at erfasst und können mitteloder langfristig der Systemsteuerung dienen.
Mit der Zielsetzung, das Übergangsmanagement vom Kindergarten in die Volksschule zu verbessern, trifft das Land Vorarlberg ein wichtiges Thema der Bundesregierung, welche die gute Gestaltung bzw. Verbesserung dieses Übergangs als wichtige
pädagogische und strukturelle Herausforderung sieht. Dabei soll die Weiterentwicklung von Kooperationen von Kindergarten und Volksschule intensiviert werden.
Es freut mich deshalb ganz besonders, dass es mir in Zusammenarbeit mit der
zuständigen Kindergarteninspektorin meines Bezirks gelungen ist, diesen bundesweiten Zielsetzungen entsprechend gemeinsame Leiter/innen-Dienstbesprechungen
von Kindergarten und Volksschule zu organisieren. Dem Leitgedanken Von einer
Hand in die andere wird in diesen regionalen Tagungen in einem angeregten Austausch zu gemeinsamen Themen Rechnung getragen. Die gegenseitige Wertschätzung der Arbeit der Pädagoginnen und Pädagogen trägt zu einem positiven Arbeitsklima bei, das letztlich und vor allem dem einzelnen Kind zugute kommt.
Autorin:
Judith Sauerwein
Pflichtschulinspektorin Bludenz
26
Irma Mathis
Landeskonzept „Vorarlberger Sprach- und Bewegungsklasse“
Standorte
ASO/SPZ Lustenau, ASO/SPZ Hohenems, ASO/SPZ Götzis, ASO/SPZ Rankweil
Präambel
Die Sprache, unser wichtigstes Kommunikationsmittel, hat im Leben eines jeden
Menschen eine zentrale Bedeutung. Sie ist das „Fenster zur Seele" und schafft den
Zugang zum Mitmenschen.
Ist die Sprachentwicklung verzögert oder gestört, können daraus für die betroffenen
Kinder erhebliche Nachteile resultieren.
Die Ursachen von Sprachentwicklungsstörungen sind vielfältig. Die daraus resultierenden sekundären Symptome können die Persönlichkeit betreffen und diese in ihrer
Entwicklung behindern.
Die Auswirkungen sind unterschiedlich. Das Kind benützt seine Sprache, um mit den
Mitgliedern einer Gesellschaft in Beziehung zu treten. Kinder mit Sprachbeeinträchtigungen erleben oft, dass ihre Sprache nicht ausreichend verstanden wird. Daher ist
der Kommunikationsablauf gestört, und dies kann zu Störungen im Sozialverhalten
führen. Neben den Auswirkungen auf das Selbstbild, die Persönlichkeitsentwicklung
und den Kommunikationsablauf wirken sich Sprachentwicklungsstörungen negativ
auf das Lern- und Leistungsverhalten der Kinder aus. Häufig setzt sich eine Symptomatik der Lautsprache in der Schriftsprache sowie im Leselernprozess fort. Deshalb ist eine frühzeitige Feststellung und ganzheitliche Betreuung sprachgestörter
Kinder wichtig.
Aufnahmekriterien
Es werden Kinder aufgenommen, die nach dem Lehrplan der Volksschule/Vorschule
unterrichtet werden. Zum Zeitpunkt der Aufnahme haben die Kinder keinen sonderpädagogischen Förderbedarf. Die Schülerinnen und Schüler können maximal bis
zum Ende der 2. Stufe der Volksschule (VOK, 1. und 2. VS) die Sprach- und Bewegungsklasse besuchen.
Es werden vorwiegend Kinder aufgenommen, die folgende Auffälligkeiten aufweisen:
 Sprachentwicklungsverzögerungen
 Sprech- und Sprachstörungen (Dysgrammatismus, Artikulationsstörungen)
 Redeflussstörungen
 Lippen-, Kiefer- und/oder Gaumenspalten
 funktionelle Stimmstörungen
Kinder aus fremden Gemeinden benötigen zur Aufnahme in diese Klasse die schriftliche Bestätigung der Finanzierung des Schulerhalterbeitrags.
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Aufnahmeverfahren
Das Aufnahmeverfahren wird vom Team der Sprach- und Bewegungsklasse sowie
von der Schulleitung durchgeführt:
 Anamnesegespräch mit den Eltern, eventuelle Gutachten werden besprochen,
 Sprachstandstest mit dem Kind (Beispiele: Sprachlicher Erhebungsbogen
ASO/SPZ Lustenau, BABS, BUEVA).
Die/Der SPZ-Leiter/in und das Kindergartenteam werden in das Aufnahmeverfahren
eingebunden. Mit Beginn des 2. Semesters beginnt der oben beschriebene Prozess.
Rahmenbedingungen
Die Klassenlehrerin und die Sprachheillehrerin (Ausmaß: 12 WS) gestalten den
Unterricht und die individuellen Fördermaßnahmen gemeinsam.
 Schüler/innenanzahl: 10 bis 14
 Aufnahme und Rückführung nur zu Beginn und am Ende des Schuljahres
 Kontakte mit den jeweiligen Stammschulen
 Standortbezogene Beurteilungsformen
Stundentafel der Vorschule
Verbindliche Übungen
Religion
Sachbegegnung
Verkehrserziehung
Sprache und Sprechen, Vorbereitung auf Lesen und Schreiben
Mathematische Früherziehung
Singen und Musizieren
Rhythmisch-musikalische Erziehung
Bildnerisches Gestalten
Werkerziehung
Bewegung und Sport, Spiel
Gesamtwochenstundenzahl
Vorschule
2
1,5-2
0,5
3,5
1,5
1,5
1-1,5
1
1
6-7
20
Stundentafel der Grundstufe I
Pflichtgegenstände
Religion
Sachunterricht
Deutsch, Lesen, Schreiben
Mathematik
Bildnerische Erziehung
Technisches/Textiles Werken
Bewegung und Sport
Verbindliche Übungen
Lebende Fremdsprache
Verkehrserziehung
Gesamtwochenstundenzahl
Förderunterricht
1. und 2. Stufe
2
3
7
4
1
1
3
x
x
20-23
1
28
Um den individuellen Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden, werden die
Unterrichtsgegenstände WE (1 WS) und BS (3 WS) doppelt besetzt.
Pädagogische Schwerpunkte






Persönlichkeitsentwicklung fördern und stärken
Ganzheitliche und vielfältige sprachliche Förderung
Bewegungsschwerpunkte zur Nachreifung in der motorischen Entwicklung
setzen
Wahrnehmung fördern (sensorische Integration …)
Interdisziplinäre Zusammenarbeit (aks, LZH Dornbirn, Schulpsychologie …)
Intensive Zusammenarbeit mit den Eltern
Organisatorisches


Schüler/innenbewegungen am Ende des Schuljahres den LSI für Sonderpädagogik melden
2 Vernetzungstreffen aller Teams der Klassen, davon eines gegen Ende des
Schuljahres mit der Schulleitung und dem zuständigen LSI
Für den Inhalt verantwortlich:
LSI HR Günter Gorbach
Dirin Uli Bösch
Dirin Irma Mathis
Dirin Amanda Nesensohn
Dir. Konrad Müller
Autorin:
Irma Mathis
Direktorin SPZ/ASO Hohenems und Landeszentrum für blinde und sehbehinderte
Schüler/innen; Lehramt für VS, ASO, Sehbehinderten- und Blindenpädagogik
29
Manuela Tiefenbacher-Schauer
Integrative Sprachförderung im Schuleingangsbereich
Derzeit besuchen 15 Schüler/innen (davon 10 Kinder mit nicht deutscher Muttersprache: 9 Kinder mit türkischer Muttersprache, ein Kind mit bosnischer Muttersprache)
die Vorschulklasse der VS Angedair. Ich führe diese Klasse nach den Grundsätzen
Maria Montessoris.
Die freie Wahl der Arbeit ist dabei ein wesentliches Kriterium.
Seit Schulbeginn begleitet uns die muttersprachliche Assistentin Muazzez Celikbas.
Sie ist jeden Tag zwei Stunden in unserer Klasse und ist eine wertvolle Hilfe. Sie
arbeitet mit den Schüler/innen, übersetzt wichtige Inhalte, ist Ansprechpartnerin für
die Eltern und bringt Sonne in unsere Gruppe. Im Jahreskreis besprechen wir alle
Feste, die in Österreich gefeiert werden. Muazzez erzählt uns über Gewohnheiten
und Bräuche in türkischen Familien, gelegentlich singen wir auch türkische Lieder
oder tanzen zu türkischer Musik. Unser Schüler mit bosnischer Muttersprache
berichtet uns natürlich auch über Bräuche in Bosnien und singt uns hin und wieder
ein bosnisches Lied vor. So freuen wir uns miteinander über die Buntheit und Vielfalt
in unserer Klasse.
Muazzez Celikbas mit 2 Schülerinnen
Nicole Huber mit Kindern am Bauernhof, VS Angedair
Nicole Huber legt im BFU (Besonderen Förderunterricht) großen Wert auf Lernen mit
allen Sinnen. So werden im Unterricht verschiedenste Speisen nach besonderen
Rezepten zubereitet, Besuche auf Ämtern gemacht, Lehrausgänge in die Stadt
unternommen und dann zu Papier gebracht. Auch durften wir ihren Bauernhof
besichtigen und sogar ein ganz junges Kälbchen streicheln.
Ein großer Schwerpunkt in unserer Klasse ist auch der wertschätzende Umgang
miteinander und die gewaltfreie Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg, um die
Beziehungsqualität zu verbessern. Gemeinsam versuchen wir Verbindungen aufzubauen, die von gegenseitiger Achtsamkeit und Respekt geprägt sind. Gefühle und
Bedürfnisse werden ganz offen kommuniziert, ohne dabei jemanden zu kritisieren.
Ein weiteres Anliegen ist uns die Teilnahme am kulturellen Leben.
30
So eröffneten wir in diesem Schuljahr die Familienmesse im Stadtsaal Landeck mit
einigen Liedern. Danach konnten wir dann an den vorbereiteten Spielstationen
teilnehmen und durch die Freude an den Spielen „Gemeinschaft“ erleben.
Gemeinsam mit der Künstlerin Alexandra Rangger gestalteten wir für das Projekt
Kindl(ICH)t im Rahmen der Kunststraße Imst ein Kunstprojekt. Die Künstlerin kam zu
uns in die Schule und bemalte mit den Schüler/innen zum Thema Bewegung Turnschuhe, die dann bei der Kunststraße in Imst in der Kramergasse in einem Schaufenster ausgestellt wurden. In weiterer Folge wurden die Exponate aufgrund der
großen Resonanz im Ubuntu-Forum in einer eigenen Kindl(ICH)t Sonderausstellung
gezeigt.
Bei der Familienmesse im Stadtsaal Landeck,
Schüler/innen bei der Kunststraße Imst, VS Angedair
Einmal im Monat besuchen wir die städtische Bücherei. Die Leiterin der Stadtbücherei erzählt uns Geschichten, stellt Bücher vor, spielt mit Handpuppen und führt uns in
die Welt der Erzählungen ein. Die Schüler/innen dürfen immer ein neues Buch
ausleihen und haben so die Möglichkeit, Freude an Büchern zu entwickeln.
Zwei Schülerinnen beim Lesen, VS Angedair
Da die 2b Klasse der VS Angedair vom Klassenlehrer Andreas Albertini auch im
Sinne der Montessori Pädagogik geführt wird, findet eine sehr enge Zusammenarbeit
mit unserer Vorschulklasse statt. So können wir die großen Vorteile einer Mehrstufigkeit sehr gut nutzen.
Gemeinsam unternehmen wir Wandertage, gestalten Faschingskostüme, feiern
Feste und machen Lehrausgänge.
31
Am Schulbeginn halfen die Schüler/innen der 2b Klasse den Vorschüler/innen beim
Anziehen, begleiteten sie in den Pausenhof und erklärten ihnen die Abläufe im
Schulalltag.
In unserer gemeinsam gestalteten Lernlandschaft, die sich im Gang zwischen den
beiden Klassenzimmern befindet, können die Schüler/innen auch miteinander
arbeiten.
Immer wieder gibt es gemeinsame Stationen in Musik, Sachunterricht und Bildnerische Erziehung.
Die Schüler/innen der 2b Klasse lesen auch gerne den Vorschüler/innen verschiedene Geschichten oder Bücher vor. Die älteren Kinder sind an den jüngeren interessiert
und die jüngeren an den älteren. So entsteht eine natürliche Kooperation.
Kooperationen zwischen den Kindern
Stilleübung in der Klasse, VS Angedair
Zum Abschluss des Vormittags gibt es immer wieder eine gemeinsame Stilleübung.
Mit diesen Übungen wird die Sensibilität für Geräusche geweckt, wir begeben uns
somit in eine verfeinerte, subtilere Welt. Dabei entsteht eine andere Form von
Disziplin, die man durch bloße Anordnungen nicht erreichen kann.
Das Arbeiten mit altersgemischten Gruppen ist sehr angenehm und verändert das
Verhalten aller Kinder auf positive Art und Weise. Die Schüler/innen inspirieren sich
gegenseitig, schlüpfen in verschiedene Rollen und entwickeln Teamfähigkeit.
Da der Anteil der Kinder mit nicht deutscher Muttersprache in der Vorschulklasse
sehr groß ist, bietet die Zusammenarbeit mit der 2b Klasse auch eine wichtige
Verbesserung des Sprachumfeldes. Die Schüler/innen erwerben im gemeinsamen
Arbeiten ganz automatisch bessere Sprachkenntnisse und steigern ihre Ausdrucksfähigkeit.
So macht es uns großen Spaß in einem sehr kreativen, kommunikativen, inspirierenden, gegenseitig motivierenden Team zu arbeiten, die Schüler/innen ihrem Leistungsvermögen entsprechend zu fördern und Freude am Schulalltag zu erleben.
Autorin:
Manuela Tiefenbacher-Schauer
Lehramt für Volkschule,
Ausbildung in Montessori Pädagogik und Elementare Musikerziehung
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Ingrid Perl
Spuren auf Papier
Ich schreibe dir so oft, bis du es endlich lesen kannst.
Der erste Schultag versetzt Kinder in Aufregung. Einige sind zappelig, andere
schüchtern, manche finden ihren Raum in der Klasse sofort, andere brauchen dabei
etwas länger. Was jedoch alle Kinder tun – sobald sie zu ihrem neuen Lebensabschnitt Schule ein wenig Vertrauen gefasst haben – sie erzählen. Sie erzählen von
zuhause, von ihren Erlebnissen auf dem Spielplatz, vom Streit mit den Geschwistern,
vom nicht Bravsein, von ihren Lieblingsspeisen und den Haustieren. Während sie
erzählen, wollen sie auch ihr Wissen und Können zeigen und in den Dialog mit ihrer
Lehrerin/ihrem Lehrer treten. Für einige Kinder ist es natürlich nicht so einfach
Vertrauen, in sich und ihr neues Umfeld zu fassen und sie zögern zunächst, etwas zu
erzählen. Kinder kommen in der mündlichen Erzählung auch ins Stocken, weil sie
bereits Einbrüche in ihre Spontansprache, in Form von Korrekturen, Ermahnungen
und Ausbesserungen, erfahren haben. Deshalb ist es wichtig, dass Lehrer/innen den
Kindern nicht nur aufmerksam zuhören, sondern sie in ihrem Redefluss, auch wenn
dieser von der grammatikalischen Norm abweicht, bestärken.
Damit alle Kinder – die zuhörenden und sprechaktiven, die besonnenen und impulsiven, die abwartenden und spontanen, jene Kinder ohne Lautsprache, Kinder, deren
Erstsprache nicht Deutsch ist – die Möglichkeit haben, ihre Erlebnisse in den Schulalltag einzubringen, hat sich die schriftliche Form des Erzählens als besonders
geeignet erwiesen.
In der Schule schreiben Kinder zuerst einmal so, wie sie es vor Schuleintritt schon
getan haben – kritzelnd, lautgetreu oder zeichnend. Denn lange vor dem ersten
Schultag haben Kinder bereits Lese- und Schreibkenntnisse erworben, die mit ihren
Vorlieben für Farben, Formen und Ordnungen verwoben sind. Diese Erfahrungen
treten in der noch nicht alphabetisierten Schrift zu Tage und bilden einen Schreibfluss, der keinesfalls „korrigiert“ werden soll. Eine fibelgesteuerte Lehrmethode und
ein einseitiges Festhalten an einer „richtigen“ Schrift würden diesen kreativen Prozess jäh unterbrechen und den Kindern die Freude am schriftlichen Erzählen nehmen. Dasselbe gilt, wie bereits erwähnt, auch für die gesprochene Sprache. Denn
die Anerkennung der persönlichen Ausdrucksweise des einzelnen Kindes ermöglicht
eine lustvolle Lernumgebung, in der Kinder zum Lernen motiviert werden.
Durch meine langjährige Tätigkeit in Integrationsklassen lernte ich, dass es eine der
zentralsten Aufgaben von Lehrer/innen ist, Kindern bei Schuleintritt einen Rückhalt
zu geben, der es ihnen ermöglicht, das Grundvertrauen in ihre Fähigkeiten nicht nur
zu behalten, sondern auch zu stärken. Kinder müssen Freude, Spaß und Begeisterung in der Institution Schule erfahren, damit ihr Vertrauen in ihre eigene Lernfähigkeit gefestigt wird. Denn nur in solch einer Umgebung können sie ihre Aufgabe als
Lernende erfüllen. Sloterdijk (2005, S. 112f) folgend, ist nicht die Vermittlung von
Lernstoff erstrangig, sondern die Schule soll jenen Schutz bieten, „unter dem intensive Lernprozesse, die immer autodidaktischer Natur sind, gedeihen“ können. Auch
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Wilhelm vertritt die Ansicht, dass das Lernen unabhängig von den Lehrer/innen sei.
Diese hätten aber die Aufgabe „eine Lernumgebung zu schaffen, in der sich jedes
Kind geborgen, angenommen und akzeptiert erlebt“ (Wilhelm, 2002, S. 52).
Vor diesem Hintergrund sind Fragen nach einer richtigen Didaktik fehlgeleitet. Denn
Kinder bringen bei Schuleintritt unterschiedliche Voraussetzungen mit, der eine
einzige und feststehende Didaktik nicht entsprechen kann. In einer Integrationsklasse sind diese heterogenen Voraussetzungen besonders weit gestreut. Es gibt die
Lesenden, Kritzelnden, Malenden und auch jene Kinder, die ihre Schrift erst finden
müssen und zuerst einmal neugierig werden. In der eigenen Unterrichtspraxis zeigte
sich mir, dass die didaktische Frage, wie ein Kind am besten lernt, sich vor allem aus
der Beobachtung erfahren lässt. Die Lernenden sind nämlich jene, die die Frage
nach der geeignetsten Didaktik am besten beantworten können – man muss jedoch
lernen diese Antworten zu verstehen, um Lerninhalte adäquat und individuell vermitteln zu können.
Was bedeutet das nun für den Erwerb der Schriftsprache?
Brügelmann und Brinkmann (1998, S. 91) gehen nicht von der Pädagogik der
Lehrenden aus, sondern vom Lernen des Kindes und „sehen die Aufgabe der
Lehrperson darin, die Lese- und Schreibversuche des Kindes zu unterstützen und zu
differenzieren.“ Daraus kann man schließen, dass es aufgrund der Heterogenität von
Lese- und Schreibmöglichkeiten nicht zielführend ist, einen Gleichschritt zu fordern.
Die zentrale These von Brügelmann und Brinkmann ist, dass Kinder bei Eintritt in die
Schule nicht erst eine Schrift lernen, sondern schon schriftspracherfahren sind.
Kinder sind kompetente Lerner, die nicht über Schrift belehrt werden wollen, was
mehr langweilt als motiviert. Sie suchen nach Anleitungen, wie sie Schrift zum
persönlichen Gebrauch einsetzen können. Eine Bedingung dafür ist natürlich, dass
sie verstanden werden wollen. Deshalb ahmen sie Lese- und Schreibaktivitäten aus
ihrem Umfeld nach und entwickeln zunächst eine phonetische Schreibweise.
Bild 1: Beispiel für den persönlichen Gebrauch von Schrift
Lehrer/innen müssen ihre pädagogische Praxis auf die Biografie der Kinder abstimmen, um individuelle Entwicklungen wahrnehmen und berücksichtigen zu können.
Wie es sich mit Kindern und ihren jeweiligen Erfahrungen mit verschiedenen Schriften verhält, wurde bereits angesprochen. Aber wie kommuniziert man mit jenen
Kindern, die nicht in Lautsprache sprechen und schreiben? Bringen auch sie ihre
34
Gedanken zu Papier? Haben sie eine Schrift und wenn ja, was wollen sie mitteilen?
Und können die Adressaten die Mitteilungen auch lesen?
Ich denke, dass alle Kinder Spuren auf dem Papier hinterlassen, die für die Schreibenden selbst eine in sich logische Struktur haben. Für mich als Außenstehende, als
Lehrerin, ist diese Logik zwar nicht unbedingt nachvollziehbar, aber ich kann aus
diesen Spuren die Heterogenität der schriftlichen Erzähl- und Ausdrucksmöglichkeiten lesen – vom Fingerabdruck bis zur phonetischen Geschichte, es wird immer eine
Geschichte erzählt. Bei Schuleintritt soll Kindern die Möglichkeit gegeben werden, so
zu schreiben, wie sie schreiben, d. h. Kinder sollen zunächst nicht zu einer „richtigen“
Schrift gedrängt werden. Es sollte ein Raum geschaffen werden, in dem sich Kinder
ihrem jeweiligen Tempo und Vermögen gemäß entfalten können. Die Aufgabe von
Lehrer/innen besteht auch darin, Kinder selbst ihre Entwicklungsschritte bestimmen
zu lassen. Das selbstbestimmte Lernen ist übrigens kein neuer pädagogischer Trend
unserer gegenwärtigen Zeit. Schon Petersen, Reichen oder Montessori forderten ein,
dass Kinder ihre Gedanken mit ihrem Wissen über Schrift festhalten sollten (Brügelmann & Brinkmann, 1998, S. 92). In Integrationsklassen erfolgt dieses Festhalten
von Gedanken auch über einen Fingerabdruck, über Spuren im Sand oder in Kleisterfarbe, über die Verschriftlichung durch den Einsatz der Zehen, denn es sind nicht
nur die Hände, die den Stift halten können, wie es Kinder mit Körperbehinderung
zeigen. Kinder, die sich nicht mit der Lautsprache artikulieren können, benötigen eine
kreative Umwelt und Lehrer/innen sowie Mitschüler/innen, die mit anderen, neugefundenen Sprachen auf sie zugehen. Das kann eine Berührung, ein Nicken oder ein
Lachen sein. Diese Kinder selbst sprechen auch in ihrem Kreischen oder Zappeln,
sie stimmen zu oder lehnen ab, wenn ihre Texte mit ihnen besprochen werden.
Viele der Schulanfängerinnen und Schulanfänger bringen ihre Gedanken kritzelnd zu
Papier und entdecken dabei (oder wissen bereits), dass sie so ihre Gedanken und
Erlebnisse festhalten können. Sie lernen jedoch auch, dass nur sie diese Schrift
entschlüsseln können. Dieses Moment stellt einen Wendepunkt im Prozess des
Lernens von Schrift dar. Denn durch die Erkenntnis, dass niemand sonst ihre Schrift
lesen kann, entwickeln sie den Wunsch so zu schreiben, dass andere sie auch
verstehen. Sie wollen, dass ihre verschriftlichten Nachrichten, Geschichten, Einfälle
gelesen und verstanden werden. Dadurch lernen Kinder eine Grenze kennen, die sie
überschreiten wollen.
In den Integrationsklassen habe ich mehrmals erlebt, dass manche Kinder orthographisch fehlerfreie Schularbeiten geschrieben haben, während Kinder mit SPF ihre
„Schularbeit“ gekritzelt haben. Kinder mit SPF müssen keine Schularbeiten schreiben, aber es war ihnen wichtig, teilzuhaben und ihre persönliche Auseinandersetzung mit dem Thema zu Papier zu bringen. Beide hatten zu demselben Thema
etwas zu sagen, und für beide war es etwas Besonderes, eine Schularbeit zu schreiben. Wie Kinder Schrift bewusst erleben und wie sie Schrift gestalten, ist unterschiedlich – doch mitteilen will sich jedes Kind. „Schreiben ist kein beliebiges Spurenmachen, mit Schrift wird Bedeutung festgehalten.“ (Brinkmann 2014, S. 3)
Am Welttierschutztag brachten die Kinder ihre Bären mit in die Klasse. Da alle schon
Geschichten mit ihrem Bär erlebt hatten, sollten sie diese Erlebnisse aufschreiben.
35
ad Bild 2:
Patrizia schrieb täglich Geschichten in ihr Tagebuch. Sie hatte bereits sehr gute
Kenntnisse von Schrift und begann parallel zur Gemischtantiqua in Schreibschrift zu
schreiben (siehe ihren Namen). Trotz ihrer Kenntnisse forderte sie die Übersetzung
durch die Lehrerin ein. Eine plötzliche Diskussion erfolgte durch die unterschiedliche
Schreibung von „viele“ („file“). Patrizia erklärte, dass sie das Wort so schreiben
müsse, wie sie es höre und verstand nicht, warum ich, die Lehrerin, „viele“ anders
schrieb. Nach langen Erklärungen und Beweisen (Wörterbuch, Frage an meine
Kollegin) akzeptierte Patrizia schließlich die Schreibung. Ihr orthografisches Gewissen war geweckt. Patrizia hinterfragte nun beinahe jedes Wort, sie ließ die phonetische Schreibung hinter sich und entwickelte neue Strategien.
Bild 2
Bild 3
ad Bild 3:
Markus – ein Kind mit Trisomie 21 – kritzelte mit großer Leidenschaft. Immer wieder
nahm er seinen Bären in die Hand, kuschelte mit ihm, unterhielt sich mit ihm und
schrieb seine Gedanken auf. Diese Übersetzung erforderte viel Zeit, da Markus in
seiner Sprache plauderte, die ich nicht verstand. Durch ein großes Satzangebot,
welches er sich sehr genau überlegt hatte, entstand seine Geschichte. Markus blieb
in der gesamten Volksschulzeit auf der Kritzelebene. Seine „Schularbeiten“, auf die
er immer sehr stolz war und die er benotet haben wollte, verfasste er ebenfalls
kritzelnd.
36
Bild 4
Bild 5
ad Bild 4:
Diese Kritzelgeschichte spiegelt den Inhalt klar wider. Spielen – schimpfen – versöhnen. Patrick malt die Buchstabenreihe seines Namens (vgl. Stufenmodell von
Sasse/Valtin, 2005).
ad Bild 5:
Christopher kritzelt seine Geschichte in Wörtern. Den Namen malte er noch als
Buchstabenreihe. Er blieb fast während der gesamten Volksschulzeit auf dieser
Stufe. Für seine Geschichten, von denen er viele verfasste, forderte er immer eine
Übersetzung ein. Er sammelte seine Geschichten in einem Portfolio und vertiefte
sich darin. Am Ende der 3. Klasse verblüffte er alle mit seinen Lesekenntnissen. Er
las perfekt, das Schreiben seiner kreativen Texte überließ er jedoch anderen.
Diese vier Geschichten zeigen, dass Kinder nicht nur viel zu erzählen haben, sondern dass sie auch eigene Wege finden, wie sie eine Geschichte erzählen. Sie
erfahren dadurch, dass Schreiben etwas mit ihnen zu tun hat. Die Möglichkeit,
Erlebnisse, Gedanken und Erfahrungen festzuhalten und mitzuteilen motiviert eine
Auseinandersetzung mit Buchstaben, Wörtern und Sätzen. Würde man Kinder erst
nach Erlangen orthografischer Kenntnisse zum Schreiben anregen, dann kämen ihre
Gedanken, ihre Kreativität und ihre einzigartigen Schriften nie zu Tage.
Kinder bringen verschiedene Kenntnisse, Voraussetzungen und Interessen mit. Ihre
Vorerfahrungen unterscheiden sich voneinander und ihre jeweiligen Entwicklungen
sind nicht immer vergleichbar. Damit Kinder überhaupt ihre eigenen Wünsche,
Gedanken und Vorstellungen in den Unterricht einbringen können, brauchen sie
37
unterschiedliche Wörter. Um diese bilden zu können, benötigen sie wiederum
unterschiedliche Buchstaben. Vor diesem Hintergrund ginge ein gemeinsames
Lernen von denselben Buchstaben gänzlich am Interesse des einzelnen Kindes
vorbei, da es keine persönliche Beziehung zu den Lerninhalten (der einzelne Buchstabe) aufbauen konnte. Geht man nicht auf die individuellen Bedürfnisse und
Wünsche ein, bleiben Lerninhalte immer etwas rein Äußerliches. Kinder kontern,
indem sie beispielsweise meinen, dass sie eh schreiben können. Auch der pädagogische Konstruktivismus besagt, dass der Unterricht Lern- und Entwicklungsprozesse
anregen, aber nicht determinieren soll. Die Schule soll ein Ort sein, wo „lern- und
entwicklungsförderliche Lebenswelten“ sorgsam konstruiert werden, was auch
bedeutet, dass Kinder sich die ihnen dargebotenen Lehrinhalte auf ihre individuelle
Weise aneignen sollen. (Wilhelm 2002, S. 51).
Damit Kinder freudvoll und motiviert das Lesen und Schreiben in der Schule lernen,
müssen auch Lehrer/innen, indem sie wachsam und neugierig auf die verschiedenen
Möglichkeiten der kindlichen Schrift werden, von ihren Schüler/innen lernen. Als
Lehrer/innen müssen wir diese ersten Versuche der schriftlichen Mitteilung Ernst
nehmen. Nur so können vorerst nicht entzifferbare Spuren auf Papier zu Buchstaben,
Worten und Sätzen werden, die wir alle verstehen.
Literatur:
 Brügelmann, H. & Brinkmann, E. (1998). Die Schrift erfinden. Lengwil am Bodensee 1998: Libelle Verlag
 Brinkmann, E. & Brügelmann, H. (2014). Kinder lernen Lesen und Schreiben.
Wie man diesen Denkprozess verstehen und fördern kann. http://www.erikabrinkmann.de/daten/ppt/schriftsprachentwicklung.pdf (Zugriff: 20.3.2014)
 Sasse, A. (2009). Was wissen Kinder beim Übergang über Schrift? Deutsch
differenziert Fachzeitschrift für die Grundschule Übergänge zwischen Kindergarten und Grundschule. Westermann, 4. Jahrgang Heft 4/2009
 Sasse, A. & Valtin, R. (2005) (Hrsg.): Lesen lehren. Deutsche Gesellschaft für
Lesen und Schreiben, Beiträge 2, Berlin
 Sloterdijk, P. (2005). Lernen ist Vorfreude auf sich selbst. Interview geführt von
Roland Kahl. http://www.phil-fak.uniduesseldorf.de/fileadmin/Redaktion/Institute/ Sozialwissenschaften/BF/Lehre/SoSe2011/neu_110_113_mck14_Sloterdijk-1.pdf (Zugriff:
20.3.2014)
 Wilhelm, Marianne/ Gitta Bintinger/ Harald Eichelberger (Hg.) (2002) Eine
Schule für dich und mich! Inklusiven Unterricht, Inklusive Schule gestalten. Ein
Handbuch zur integrativen Lehrer/innenaus- und -weiterbildung, Innsbruck:
Studienverlag
38
Weiterführende Literatur:
 Bergk, M. (2000): Rechtschreiblernen von Anfang an. Frankurt am Main: Diesterweg
 Bundesländerübergreifender BildungsRahmenPlan für elementare Bildungseinrichtungen in Österreich. Endfassung August 2009.
www.bmukk.gv.at/medienpool/18698/bildungsrahmenplan.pdf
 Dräger, M. (1998). Am Anfang steht der eigene Text. Lesenlernen ohne Fibel.
Heinsburg: Agentur Dieck
 Kossmeier, E. (2013). Einzelnen gerecht werden. Chancen und Herausforderungen für einen Unterricht in heterogenen Klassen. Özeps 1/2013
Autorin:
Ingrid Perl
geb. 1954, Volksschullehrerin, 24 Jahre in Integrationsklassen.
Seit 1986 an der Pädagogischen Akademie bzw. der Pädagogischen Hochschule Steiermark im
Bereich der Lehre und im Bildungsmanagement tätig. Inhaltliche Schwerpunkte: Deutsch, Mathematik,
Reformpädagogik
39
Birgit Heinrich
Idee, Realität und Perspektive: Frühförderung als Primärprävention
„Starke Kinder haben einen starken Anfang“ so der Titel eines Übergangsprojekts
„Vom Kindergarten in die Grundschule“ in Nürnberg (mit dem Jugendamt und dem
Schulamt der Stadt Nürnberg als Kooperationspartner). Aus entwicklungspsychologischer und bildungspolitischer Sicht kann diesem Titel und den damit verbundenen
Entwicklungen nur Respekt gezollt werden. Es ist heute unbestritten, dass Kinder
und auch ihre Familien durch bestmögliche institutionelle Startmöglichkeiten in ihrer
Entwicklung unterstützt werden.
Entgegen einem althergebrachten Verständnis beginnt Bildung nicht erst in der
Grundschule. Die kindliche Entwicklung vor dem sechsten Lebensjahr ist entscheidend für wesentliche Vorläuferfertigkeiten, welche das Potential haben, den Schuleintritt und die Bildungskarriere positiv zu beeinflussen. Insbesondere frühe „Bildungserfahrungen“ legen den Grundstein zu späterem Lernen, indem subjektive
Einstellungen, Muster und Konnotationen dafür geprägt werden. Dieser Prämisse
folgend, ist die pädagogische Passung der beiden wichtigen Bildungsinstitutionen
Kindergarten und Grundschule immens wichtig und kann nur durch enge Zusammenarbeit gesichert und bereichert werden.
Die frühkindliche Bildungsforschung zeigt auf, dass es in gelingenden Transitionsprozessen Brüche in kindlichen Bildungsbiographien zu vermeiden gilt. In dieser
Perspektive ist es im Bundesland Salzburg gelungen, seit 2009 eine landesweit
übliche Kooperation zwischen Elementarbereich und Primarbereich aufzubauen,
welcher nicht mehr nur singuläre gelingende Projekte an einzelnen Standorten,
sondern programmatisches Vorgehen für einen gelebten Übergang landesweit
räumlich, konzeptionell und inhaltlich sichert. Hürden dabei waren datenschutzrechtliche Bestimmungen, die Entwicklung eines gemeinsamen pädagogischen Verständnisses und die Abstimmung der wesentlichen Inhalte der Transition. Auf diesem
gemeinsamen Weg entstand jedoch im Lauf der Jahre Wertschätzung für die jeweils
andere Bildungsinstitution „auf Augenhöhe“. Die Nachhaltigkeit der Übergangsstruktur zeigt sich nicht nur in den begleiteten Übergängen selbst, sondern darüber hinaus
in jährlich stattfindendem Austausch, gemeinsamen Tagungen, Unternehmungen
und Fortbildungen, besonders aber in entstandenen Beziehungen der Institutionsleitungen und ihrer Pädagoginnen und Pädagogen.
Der als so wesentlich geforderte „starke Anfang“ wird im Bundesland Salzburg durch
die immens wichtige Elementarförderung in den Kindergärten begonnen, über den
begleitenden Übergang für Kind und Eltern fortgeführt und mit ganzheitlichem
Erkennen bei Schuleintritt, bei dem das Entwicklungs-„bild des Kindes“ (Montessori)
erhoben wird, weiter geführt. Damit beginnt die förderliche pädagogische Unterstützung im engeren Verständnis des Lernens. Quasi von Schulbeginn an liegt ein
individueller Förderplan eines jeden Kindes vor, welcher alle wesentlichen Entwicklungsbereiche umfasst. Somit kann die pädagogische Passung zur Wahl eines
individualisierten und differenzierten Unterrichts und seiner angewandten Methoden
bis hin zu maßgeschneiderter Förderung sichergestellt werden. Um auch Brennpunkte der Primärprävention abdecken zu können, hat sich die Schulaufsicht des Landes
40
Salzburg besonderen Anforderungen gestellt und für verschiedene Bereiche sowohl
diagnostische Hilfsmittel als auch nachfolgend gute Förderansätze entwickelt nach
dem Motto nordeuropäischer Staaten „kein Kind soll zurück bleiben“.



Für den wichtigen Bereich der Sprachförderung steht den Schulen zur Erkennung der Erstsprachkompetenz mit anderen Erstsprachen als Deutsch für
die türkische, bosnische, serbische und kroatische Sprache ein Screeningverfahren zur Verfügung, welches gemeinsam mit den eigens dafür eingeschulten
Muttersprachlehrer/innen in Zusammenarbeit mit den Sprachheilpädagoginnen/-pädagogen angewendet wird, mit dem Ziel die Passung der anzubietenden Förderung herzustellen. Es ist einfach wesentlich zu wissen, welche Art
der Schwäche vorliegt, ob es eine Sprachentwicklungsverzögerung der Erstund nachfolgend der Zweitsprache ist, oder ob sich die Förderung vor allem mit
Deutsch als Zweitsprache beschäftigen soll.
Um eventuellen Schwächen im Schriftspracherwerb frühzeitig zu begegnen,
wird einerseits der Schulung der phonematischen Bewusstheit während des
ersten Jahres besonderes Augenmerk geschenkt. Hierfür stehen den Pädagoginnen und Pädagogen sowohl Erkennungs- als auch Fördermanuale zur Verfügung. Seit dem Jahr 2006 besteht für den Pflichtschulbereich im Bundesland
Salzburg ein umfassendes Konzept für die besondere Betreuung lese- und
rechtschreibschwacher Kinder. Dafür steht für die Erfassung ein speziell entwickeltes – 2014 neu überarbeitetes – Screeningverfahren zur Verfügung, welches routinemäßig in den letzten vier Wochen des ersten Schuljahres die Absicherung der Basisqualifikationen im Schriftspracherwerb erkennen lässt und
exakte Analyse allfälliger Schwierigkeiten mittels Feindiagnose bietet. Bereits
ab der 1. Klasse Volksschule kann adäquate Unterstützung im Regelunterricht
und zusätzliche Förderung in Kursen mit speziell ausgebildeten Pädagoginnen
und Pädagogen angeboten werden.
Für die mathematische Früherkennung und Frühförderung werden den
unterrichtenden Pädagoginnen und Pädagogen spezielle Unterrichtsmethoden
empfohlen und Screenings zur Handreichung gegeben, damit bereits frühzeitig
Entstehung von Rechenschwäche verhindert oder gemildert werden kann.
Um das Angebot der Förderung am Standort abzurunden und in manchen Bereichen auch intensivieren zu können, wurde an Volksschulen die Möglichkeit
eröffnet, zu speziellen Förderinhalten auch zeit- und themenflexible Fördergruppen anstelle der wöchentlichen Förderstunden zu installieren.
Damit können zudem Expertisen am Standort genutzt werden.
41
Die Qualitätsentwicklung der frühen Erkennung von Schwächen und deren adäquate
Förderung im Volksschulbereich ist in Salzburg ein besonderes Anliegen und soll
dazu dienen, Kindern einen starken „Lernanfang“ zu bieten, damit ihre weitere
Lerngeschichte gut gelingen kann!
Autorin:
LSI Mag.a rer.nat. Dr.in phil. Dipl. Päd.in Birgit Heinrich
Lehramt für Deutsch, Biologie und Sondererziehung, Studium der Psychologie, Berufsausbildung zur
Klinischen und Gesundheitspsychologin, über 12 Jahre Praxis für Legasthenie und kindliche Entwicklungsdiagnostik, Lehrbeauftragte für Legasthenie, Sondererziehung und Diagnostik an Pädagogischen
Hochschulen, Schulpsychologin, Studium der Sprachwissenschaft, laufender Lehrauftrag an der Universität Salzburg, Institut für Psychologie, seit 2008 Landesschulinspektorin für Pflichtschulen in Salzburg.
42
Brigitte Kühr
Aller Anfang muss nicht schwer sein
Modell der Schuleingangsphase im Bezirk Linz-Land, OÖ zur Gestaltung eines entwicklungsorientierten Anfangsunterrichts
Im Lehrplan der Grundschule, der die Grundlage für die eigenverantwortliche Planung und Durchführung des Unterrichts durch die Lehrerin bzw. den Lehrer bildet,
kommt einer pädagogischen Gestaltung der Schuleingangsphase besondere Bedeutung zu. „Das didaktische Konzept der Lehrer/in muss den Kindern Raum geben,
sich zu entfalten, muss den Entwicklungsstand hinsichtlich des Vorwissens, der
Kommunikationsfähigkeit, des Sozialverhaltens u. ä. berücksichtigen.“ (vgl. Kommentar zum Lehrplan der Volksschule, 2004).
Im Rundschreiben des Unterrichtsministerium 11/2005 „Besser fördern“ wird die
Förderung von Schülerinnen und Schülern als grundlegender pädagogischer Auftrag
der Schule und elementares Prinzip jedes Unterrichts formuliert. Förderung meint
hier die „bestmögliche Entwicklung der Leistungspotenziale aller Schülerinnen und
Schüler“, soll aber andererseits „Lernversagen – und damit auch negative Beurteilungen – möglichst verhindern.“ Ganz explizit fordert das Rundschreiben neben
vielen anderen Maßnahmen auch das „Anknüpfen an die Vorkenntnisse und Vorerfahrungen (der Schüler)“ durch „Einstiegsphasen in Anfangsklassen“. Diese Forderung deckt sich mit aktuellen Erkenntnissen aus der Forschung, die besagen, dass
Erschwernisse für schulisches Lernen frühzeitig in der Schule erkannt werden und
präventive Maßnahmen eingeleitet werden müssen. Nur so können Kinder trotz
ungünstiger Voraussetzungen das Lesen, Schreiben und Rechnen möglichst erfolgreich bewältigen.
Im Bezirk Linz-Land wurde daher im Schuljahr 2005/06 das Projekt „Aller Anfang
muss nicht schwer sein“ gestartet. Anneliese Pitzer, die Leiterin des SPZ Linz-Land,
erarbeitete mit einem Team von Sonderpädagoginnen ein Konzept für eine Schuleingangsphase von acht Wochen. In diesem Zeitraum sollten die Lernvoraussetzungen der Schulanfängerinnen und Schulanfängern erkannt werden, die in weiterer
Folge die Basis für unterrichtsimmanente und individuelle, differenzierte Förderangebote werden sollten. Um die Umsetzung der Maßnahmen nicht dem Zufall zu überlassen, entschied sich BSI Doris Hofer-Saxinger, alle Lehrerinnen und Lehrer per
Weisung zur Einhaltung der achtwöchigen Schuleingangsphase anzuhalten.
In einer verpflichtenden Fortbildung für alle Lehrer/innen, die Kinder einer 1. Klasse
unterrichten
(Klassenlehrer/innen, Sonderschullehrer/innen, Sprachförderlehrer/innen) wird seither den Pädagoginnen und Pädagogen aufgrund der Prädiktoren
und Einflussfaktoren für den Schriftspracherwerb und der pränumerischen Fähigkeiten die Notwendigkeit eines entwicklungsorientierten Anfangsunterrichtes aufgezeigt.
Ausgehend von der Frage, was ein Kind bereits kann, ist zu überlegen, auf welche
Weise eine Lernumgebung, die ein Weiterlernen ermöglicht, gestaltet werden kann
und welche Lernschritte als nächste gesetzt werden müssen.
43
Ertasten von Gegenständen
Körperkonturen nachlegen
Vom Verstehen über das Erkennen zum pädagogischen Handeln
Es gibt in der Literatur ausreichend Belege, dass eine gute, unterstützende Beziehung der Lehrerin/des Lehrers zum Kind für eine gesunde Entwicklung und den
Schulerfolg äußerst bedeutend ist (vgl. Pianta und Hamre 2006). Vor diesem Hintergrund ist ein Erkennen und Anerkennen der Fähigkeiten der Kinder auf ihrem jeweiligen Entwicklungsniveau und die Wertschätzung eine unbedingte Forderung für den
Anfangsunterricht.
Für die Schuleingangsphase ergeben sich daraus folgende Schwerpunkte:
 Etablierung einer möglichst sicheren Lehrer-/Schülerbeziehung durch das Erkennen der Lernvoraussetzungen der Schüler/innen und entwicklungsorientierter Fördermaßnahmen
 Individuelle Persönlichkeitsentwicklung als Voraussetzung für soziales Lernen
o Aufbau des Selbstwertgefühls
o Aufbau von Selbstvertrauen
o Aufbau von Selbstständigkeit
 Spielerisches Einüben von Sozialformen
sich Zeit nehmen für den anderen ist eine Grundvoraussetzung für erfolgreiches soziales Lernen.
 Rhythmisierung des Schultages
 Schaffung von Lese- und Schreibanlässen
 Ritual des täglichen Vorlesens
 Erkennen und Förderung der Voraussetzungen für den Schriftspracherwerb:
allgemeine sprachliche Fähigkeiten, phonologische Bewusstheit
 Anknüpfung an zahlen- und mengenbezogenes Vorwissen
Um diese Schwerpunkte umsetzen zu können, müssen Lehrerinnen und Lehrer in
der Lage sein, die Lernprozesse der Kinder zu beobachten und zu deuten. Diese
Kompetenz ist abhängig von dem Wissen über
 die Lernbiographie des Kindes sowie soziale und kulturelle Hintergründe
 die Entwicklungsprozesse des Schriftspracherwerbs
 Methoden zur Beobachtung und Unterstützung des Schriftspracherwerbs
 grundlegende Bausteine mathematischen Denkens
44



Möglichkeiten der Beobachtung und Unterstützung der Voraussetzungen für
einen erfolgreichen Rechenprozess
einen pädagogischen Umgang mit Fehlern bzw. Lernentwicklungen
Bindungsverhalten und Lernen
Die Lehrerinnen und Lehrer der Anfangsklassen erhalten daher seit Beginn des
Projekts im Rahmen einer verpflichtenden Fortbildung in der 2. Schulwoche des
neuen Schuljahres Einblicke in
 die Vorläuferfertigkeiten für den Schriftspracherwerb
 den Entwicklungsprozess des Lesens und Schreibens
 pränumerische Fähigkeiten
 Konzepte und Materialien zur Beobachtung der Lernvoraussetzungen der Kinder und für unterrichtsimmanente Maßnahmen zur entwicklungsorientierten
Förderung
 Möglichkeiten zur Stärkung der emotionalen und sozialen Kompetenzen
 Lernen durch Motivation
Namen den Bildern zuordnen
Memory
Diese Fortbildungen werden von Mitarbeiterinnen des SPZ Linz-Land abgehalten, die
sich in diversen Aus- und Fortbildungen mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen bezüglich Schriftspracherwerb, elementarem Mathematikunterricht, mit
den Möglichkeiten zum Umgang mit emotionalen und sozialen Problemen von
Kindern sowie mit Motorik- und Wahrnehmungsförderung auseinandergesetzt haben
und über jahrelange Erfahrungen im Bereich pädagogischer Diagnostik und unterrichtsimmanenter und sonderpädagogischer Förderung verfügen.
Zielstellungen des Projektes „Aller Anfang muss nicht schwer sein"
 Kompetenzerweiterung der Lehrer/innen
 Differenzierung und Individualisierung des Unterrichts durch eine entwicklungsorientierte Lese-, Schreib- und Rechendidaktik
 Etablierung bzw. Verbesserung von Diagnostik und Intervention bei Lernstörungen in der allgemeinen Pädagogik
 Früherkennung von Lese-, Rechtschreib- und Rechenschwäche
 Präventive Interventionen im allgemeinpädagogischen Kontext
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Die praktische Umsetzung dieser Inhalte erfolgt in erster Linie durch die Klassenlehrerin/den Klassenlehrer. Bei Bedarf kann Unterstützung durch Mitarbeiterinnen des
SPZ Linz-Land angefordert werden.
Schulung der Körperwahrnehmung
Erfahrungen
Am Beginn des Projekts „Aller Anfang muss nicht schwer sein“ stand die Vorstellung,
dass nicht mehr alle Kinder zur gleichen Zeit und im selben Ausmaß Inhalte starrer
Lehrgänge (in Lesen, Schreiben und Mathematik) absolvieren müssen. Stattdessen
sollten sie sich vor allem im Anfangsunterricht auf ihrer Lernentwicklungsstufe
präsentieren können und durch professionelle pädagogische Unterstützung ihre
Fähigkeiten durch entwicklungsorientiertes Lernen mit Freude weiter entwickeln.
Die zeitlich verbindliche Vorgabe einer Schuleingangsphase stieß allerdings auch auf
Widerstand bei Lehrerinnen und Lehrern und in der Folge bei Eltern. Kernpunkt der
Kritik war die Annahme, dass in diesen ersten acht Wochen die Kinder vom Schriftspracherwerb und vom ersten Rechnen ferngehalten, somit also am Lernen gehindert würden. Dieses Missverständnis musste und muss durch eine hohe Präsenz
der SPZ-Mitarbeiterinnen in den Schulen, durch viele persönliche (Beratungs)gespräche und die beschriebenen Fortbildungsmaßnahmen immer aufs Neue
ausgeräumt werden. Die Unterstützung, die den Klassenlehrerinnen und -lehrern
durch das Team des SPZ Linz-Land in ihrer herausfordernden Aufgabe zuteil wird,
führte mittlerweile zu großer Akzeptanz und Zufriedenheit mit unserem Modell. Das
zeigten zum einen die Ergebnisse einer Befragung der Schulleiterinnen und Schulleiter der Volksschulen des Bezirkes Linz Land im Schuljahr 2011/12, zum anderen das
große Interesse, das andere Bezirke unserem Modell entgegenbrachten.
Autorin:
Brigitte Kühr
diplomierte Logopädin und Diplom-Sonderpädagogin
Sie arbeitet seit dem Jahre 1996 im SPZ Linz-Land. Ihre Aufgabenschwerpunkte sind die Diagnostik
und Förderung bei lernbehinderten und geistig behinderten Kindern. Als diplomierte Logopädin ist sie
im Bereich der Sprachförderung von Schülerinnen und Schülern an vielen Schulen tätig.
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Michaela Stanglauer
Die Schuleingangsphase
Überlegungen im Landesschulrat für Niederösterreich zur Schuleingangsphase und
die Entwicklung einer gemeinsamen Zielrichtung in Bildungsfragen der Institutionen
Kindergarten und Schule haben die Verantwortlichen bewogen, eine Arbeitsgruppe
„Schuleingangsphase“ ins Leben zu rufen.
Die Mitglieder dieser Arbeitsgemeinschaft setzen sich aus Vertreter/innen der beiden
Bildungseinrichtungen Kindergarten/Schule zusammen (Kindergarten- und Bezirksschulinspektorinnen/-inspektoren, VS-Leiter/innen, Lehrkräfte aus dem Schuleingangsbereich und aus der Sonderpädagogik, Vertreter/innen der Pädagogischen
Hochschule NÖ).
Seit 2011 versucht man hier fachlich hochwertige Fortbildungen und Serviceleistungen für Pädagoginnen und Pädagogen anzubieten, Sprachrohr zwischen Theorie/Organisation/Praxis zu sein und Plattformen zu entwickeln, wo guter Austausch
zwischen den Einrichtungen gelebt werden kann.
„Und in jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“ (Hermann Hesse) – lautet das Motto
jener ganztägigen KICK-OFF Veranstaltung, die für alle Lehrer/innen der Schuleingangsphase angeboten wurde und auf Grund des regen Interesses wiederholt wird.
Als Veranstalter fungiert hier die Pädagogische Hochschule NÖ; als Veranstaltungsort wurde St. Pölten gewählt.
Folgende Inhalte standen im Mittelpunkt:
 Impulsvortrag „Interventionen auf Basis der Bindungstheorie in der frühen
schulischen Förderung“
 Workshops :
o Grundzüge der Bindungstheorie, Vorstellung der Bindungsmuster
o Reifung versus Lernerfahrung, Lernvoraussetzungen bei Schulanfänger/innen
o Den Arbeitsplatz gestalten – arbeiten lernen – kommunikativ lernen
o Grundhaltungen in der Lehrer/innenrolle, Lernprozesse brauchen Zeit,
Raum und Beziehung
o Sensorische Integration als Basis gelingenden Lernens
Bei zwei inhaltlich identen Veranstaltungen konnten über 300 Teilnehmer/innen
begrüßt werden. Die Rückmeldungen zu den Veranstaltungen sind durchwegs positiv
und äußerst zufriedenstellend.
Gerade im Schuleingangsbereich wird praxisbezogene Fortbildung und reger Austausch mit Pädagoginnen/Pädagogen aus dem Kindergarten- und Schulbereich
sowie
mit
kompetenten
Referentinnen/Referenten
gewünscht.
Die Arbeitsgruppe „Schuleingangsphase“ hat sich dadurch weiterentwickelt und
beschäftigt sich nun mit dem Bereich „Bildungsarbeit für die 5- bis 7-Jährigen“.
Eine landesweite gemeinsame Fortbildungsschiene für Leiter/innen aus den beiden
Bereichen Kindergarten und Schule ist in Ausarbeitung.
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Mögliche Inhalte:
 Vorträge zu Themen, die in beiden Bildungseinrichtungen Schwerpunkt sind;
eingeladen dazu werden internationale Referentinnen/Referenten
 Workshops in kleinerem Rahmen, die praxisbezogen gestaltet werden; Referentinnen-/Referentenwünsche aus den Rückmeldungen werden hier berücksichtigt
 Vorstellung von BEST PRACTICE Beispielen an der Nahtstelle Kindergarten/Schule
 Möglichkeiten zum Austausch zwischen den Pädagoginnen/Pädagogen in den
Regionen von NÖ
Da sich in der Arbeitsgemeinschaft die Vertreter/innen aus Kindergarten, Schule und
Pädagogischer Hochschule auf Augenhöhe begegnen und gemeinsam für die
Kolleginnen/Kollegen an den Zielen und Vorgaben einer gemeinsamen Bildung für
die 5- bis 7-Jährigen arbeiten, kann hier ein positiver Weg für die Arbeit mit den
Kindern dieser Altersgruppe geebnet werden.
Der Landesschulrat und die Kindergartenabteilung für NÖ haben sich den Schwerpunkt gesetzt, die Nahtstelle Kindergarten-Schule gut zu schließen und zu vernetzen.
Auf Landes- und Regionsebene finden derzeit gute Kooperationen statt, die als
Vorbild für die Pädagoginnen/Pädagogen in den Bildungseinrichtungen dienen
sollen, damit Bildungsarbeit in dieser sensiblen Entwicklungsphase der Kinder gut
gelingen kann.
Denn:
„Wer das erste Knopfloch verfehlt, kommt mit dem Zuknöpfen nicht zu Rande.“
(Goethe)
Mag. Reicher-Pirchegger (PH Steiermark) schreibt in ihrem Artikel
„Die Schuleingangsphase – gemeinsam Übergänge gestalten“
Durch langfristige organisierte Kooperationen zwischen beiden Bildungseinrichtungen mit Ausrichtung auf eine inhaltliche Passung und Anschlussfähigkeit könnten individuelle Entwicklungsprozesse von Kindern erfolgversprechend gefördert werden.
Außerdem könne auch eine punktuelle Schuleingangsdiagnostik, die sich als Instrument der Einstufung problematisch erwiesen hat, zugunsten einer multiprofessionell
erarbeiteten prozessualen Entwicklungs- und Bildungsdokumentation aufgegeben
werden (vgl. Kammermeyer 2013).
Damit ist gemeint, dass unterschiedliche, miteinander verbundene gesellschaftliche
Gruppen neue Ziele und Praktiken lernen und verinnerlichen müssten, um die
gewünschte Wirkung erzielen zu können.
Umfrageergebnisse unter steirischen VS-LR 2011/12:
(1 – trifft zu, 5 – trifft gar nicht zu)
Die Kooperation zwischen KDG und VS ist mir ein persönliches Anliegen
Habe genügend Einsicht in Bildungsarbeit des KDG
Rechtliche Rahmenbedingungen sind ausreichend
48
1,76
3,18
2,65
Um auf curricularer und professionsspezifischer Handlungsebene ein einheitliches
Bildungsverständnis herauszubilden, bedarf es neben organisatorischer Reformprozesse auch mentale Reformprozesse. Diese stehen in unmittelbarer Anhängigkeit zu
entsprechenden Aus- Fort- und Weiterbildungsprogrammen und Schulentwicklungsprogrammen.
Auf Basis der bereits etablierten Bildungsprogrammatik im Bereich der Primar- und
Elementarpädagogik sollen sich Pädagoginnen/Pädagogen im Rahmen des neu zu
entwickelnden Kooperationsverständnisses als gleichwertige Kooperationspartner/innen einbringen.
Aus: Bachmann G., Reicher-Pirchegger L.: play_science: Ein Beitrag zur Aktionsforschung im Schuleingang , in: Erziehung und Unterricht: Österreichische pädagogische Zeitschrift 163, 3-4 (2013), S. 244 - 249.
Autorin:
Mag.a Michaela Stanglauer
PSI (Amstetten NÖ, Aufsichtsbereich II)
49
Angelika Kittner
EVEU – Erfolge von Anfang an!
steht für
„Einen sich verändernden Elementarunterricht,
der Rechenschwächen und Lese-Rechtschreibschwierigkeiten vorbeugt.“
EVEU ist ein Modell, das in der Lehrer/innenfortbildung ansetzt und ein Unterrichtskonzept darstellt, um einen präventiven und kompetenzorientierten Unterricht
für alle Schulkinder von Anfang an zu gewährleisten. Ziel ist es, Lese-Rechtschreibund Rechenschwächen frühzeitig zu erkennen und diesen im Unterricht durch eine
veränderte Didaktik zu begegnen.
Das EVEU-Unterstützungssystem für Klassenlehrer/innen gewährleistet eine enge
Kooperation von Klassenlehrer/innen und zusätzlich ausgebildeten Förderlehrer/innen. Die integrative Förderung betroffener Kinder sowie die Gestaltung erfolgreicher Lernprozesse für alle Kinder führen zu Unterrichtsentwicklung und zur
Professionalisierung
von
Lehrpersonen.
EVEU leistet einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung der Bildungsstandards.
Gleichzeitig ist es auch ein zentrales Anliegen von EVEU den Blick auf die Stärken
zu richten, Freude und Erfolg zu gewährleisten und somit die Lernfreude des Kindes
zu erhalten. Schwächen werden kompensiert. Leistungsstärkere Kinder werden
ebenso gefordert.
Zum Denken provozieren ist der Leitsatz eines aktuellen MathematikUnterrichts.
Im Gegensatz dazu gilt als Grundforderung für den Rechtschreibunterricht das
Prinzip „Fehler bei den schriftlichen Arbeiten zu vermeiden, und nicht, bereits
gemachte Fehler zu diskutieren“. (vgl. Weigt 1994 in HOFMANN 2001, S. 193)
Der Aufbau sozial-emotionaler Kompetenz und verantwortlichen Verhaltens sind
ebenso
elementare
Lernbereiche.
EVEU wird insbesondere in der Schuleingangsphase also in der ersten und zweiten
Schulstufe eingesetzt, da ein „gesichertes Verständnis“ der elementaren Mathematik
als Basis für künftige Mathematikleistungen in höheren Schulstufen grundgelegt
werden muss. Im Lesen und Rechtschreiben wird ein tragfähiges Fundament gelegt.
Derzeit findet an vielen Schulen bereits ein Ausdehnen der Konzept-Inhalte auf die
Grundstufe II statt!
EVEU ist keine neue Methode. Es geht vielmehr darum, neue wissenschaftlich
evaluierte Konzepte aus der Legasthenie- und Dyskalkulieforschung sowie Empfehlungen der aktuellen Mathematik-Fachdidaktik im Unterricht zu integrieren. Lehrpersonen setzen diese fachdidaktischen Ansätze in ihrem Unterricht sozusagen „in ihrer
50
persönlichen
Handschrift“
im
Dabei sind viele Wege möglich!
Rahmen
der
Methodengerechtheit
um.
Ziel ist, dass Kinder in ihrem Tempo und auf Basis ihrer individuellen Lernausgangslage erfolgsorientiert und zunehmend selbstreguliert lernen können.
„Lernen am Erfolg“ ist das übergeordnete Prinzip.
Neue fachdidaktische Inhalte können nicht „von einem Tag auf den anderen“ umgesetzt werden. Durch eine prozessbezogene Begleitung von Klassenlehrer/innen wird
dieser Prozess des Integrierens maßgeblich unterstützt. EVEU baut sozusagen auf
den Erfahrungen von Lehrpersonen auf. Diese werden angereichert mit den aktuellen Erkenntnissen der Lehr- und Lernforschung.
ZIELE: EVEU – Erfolge von Anfang an!
 Rechtschreibsicherheit durch einen strategiegeleiteten und systematischen Lese-Rechtschreibaufbau
Die Schwierigkeitsstufen des natürlichen Schriftspracherwerbs werden konsequent eingehalten.
Basis: Lautgetreue Lese-Rechtschreibförderung Reuter-Liehr;
Kieler Leseaufbau.
 Ein auf Verständnis ausgerichteter Mathematik-Unterricht
auf Basis von Dyskalkulie-Förderkonzepten (Margret Schmassmann, Michael
Gaidoschik) und der aktuellen Mathematik-Fachdidaktik (u. a. Müller, Wittmann: Konzept „mathe 2000“)
 (Natürliche) Differenzierung – Lernen am Erfolg
In einem kompetenzorientierten Unterricht werden Kinder „von Erfolg zu Erfolg“
geführt. Differenziertes Lernen nach weitgesteckten Lernstufenplänen, die
durch die einzelnen Lernstufen führen, ist eine der Umsetzungsmöglichkeiten.
Lehrer/innen gestalten Lernumgebungen. Diese Lernumgebungen in Form von
Funktionsräumen für die verschiedenen Lernbereiche ermöglichen ein selbstreguliertes Lernen der Kinder.
Im Mathematikunterricht werden regelmäßig Lernumgebungen in Form substanzieller/herausfordernder Aufgabenstellungen eingesetzt. (Hengartner, Hirt,
Wälti:
Lernumgebungen für Rechenschwache bis Hochbegabte)
Lehrer/innen als Lernbegleiter/innen fördern und fordern Kinder in aktiventdeckenden und in gelenkten fachstrukturorientierten Unterrichtsphasen. Ziel
ist die höchstmögliche Förderung jeder einzelnen Begabung.
 Förderung sozial-emotionaler Kompetenz
sowie verantwortlichen Verhaltens der Kinder
(Gewaltfreie Kommunikation, Marshall B. Rosenberg)
EVEU-Unterstützungssystem für Klassenlehrer/innen
Diese umfassenden Ziele können nicht „von einem Tag auf den anderen“ umgesetzt
werden. Es bedarf dies einer Lehrer/innen-Fortbildung und einer anschließenden
prozessbezogenen Begleitung von Klassenlehrer/innen im Unterricht. Durch die
Zusammenarbeit mit einer qualifizierten Förderlehrerin/einem Förderlehrer werden
neben dem Kompetenztransfer aus dem Bereich der Legasthenie- und Dyskalkulie51
Förderung ebenso Früherkennung und integrative Förderung von Risikokindern im
Unterricht möglich.
Darüber hinaus werden im Austausch mit anderen Lehrkräften viele Möglichkeiten
eines kompetenzorientierten Unterrichts, der die Stärken und Schwächen aller Kinder
berücksichtigt, erforscht und evaluiert.
Vorbereitungsphase:
In einer 6-teiligen EVEU-Seminarreihe der Pädagogischen Hochschule erhalten
Lehrer/innen Basiswissen über Förderkonzepte und über die Organisation von
offenen Lernphasen auf Basis von Lernstufenplänen.
Im abschließenden Modul, dem Planungsseminar, wird Unterstützung bei der konkreten Unterrichtsplanung für das Folgeschuljahr angeboten.
Prozessbezogene Begleitung:
Lehrer/innen haben die Möglichkeit zwischen zwei Begleitungsformen zu wählen.
Beide Formen sind auf 2 Jahre begrenzt.
1. Monatliche EVEU-Qualitätszirkel
(Professionelle Lerngemeinschaften mit Expertinnen/Experten-Input)
im Kompetenzraum Legasthenie – Dyskalkulie eröffnen Lehrer/innen:
Basisinformationen, Kooperation, Austausch und Vernetzung.
2. Eine EVEU-Intensiv-Begleitung über 2 Jahre ist für jeden Schulstandort einmal
vorgesehen. Klassenlehrer/innen werden mit einer Wochenstunde im Unterricht
unterstützt. Integrative Förderung wird möglich. In der anschließenden Reflexionsund Planungsstunde findet Reflexion und Unterstützung bei der differenzierten
Unterrichtsplanung statt.
Schulen bzw. Klassenlehrer/innen wählen den für sie optimalen Zeitpunkt der Intensiv-Begleitung. (Infos: Begleitheft zum EVEU-Film: „Elemente eines präventiven
Unterrichtsmodells“, S. 9 ff, google: bzw. www.imst.ac.at/wiki/Schultyp/VS/EVEU
2010.)
Ein Kompetenzraum Legasthenie – Dyskalkulie
pro Bezirk mit einer Informations- und Beratungsstunde „Prävention“:
Diese Stunde wird bedarfsorientiert für alle Lehrerkräfte eines Bezirks verwendet.
Lehr- und Lernmaterialien zum Aufbau mathematischen Denkens sowie für den
Lese-Rechtschreibunterricht stehen zur Verfügung!
Grenzen des Klassenunterrichts!
Kinder mit einer massiven anlagebedingten Lese-Rechtschreibstörung sowie einer
ausgeprägten Rechenstörung benötigen nach Aussage von Expertinnen/Experten
eine außerschulische Förderung im Sinne einer Therapie. Dies könnte auch durch
eine Ausdehnung der integrativen Förderung im Rahmen der EVEUIntensivbegleitung erzielt werden. Derzeit ist die Intensiv-Begleitung ressourcenbedingt
mit
einer
Wochenstunde
im
Unterricht
begrenzt.
Wir sehen Wittmanns Annahme bestätigt, dass rechenschwachen Kindern am
besten geholfen ist, wenn sie im Rahmen eines möglichst gut konzipierten normalen
Unterrichts „alternativ“, d. h. unauffällig und unspezifisch gefördert werden. (vgl. Witt52
mann 2000: Ein alternativer Ansatz zur Förderung „rechenschwacher“ Kinder, S. 8)
EVEU leistet hier den wichtigen Beitrag durch die frühe Erkennung von Schwächen
und die integrative Förderung. Früh erkannt und „früh gefördert“ sind die Chancen für
einen guten Schulerfolg sehr hoch.
Ein Unterricht, der sich am EVEU-Konzept orientiert, geht „Hand in Hand“ mit einer
außerschulischen Förderung. Erfolge sind so leichter erzielbar.
Resümee
Im Schuljahr 2013/2014 arbeiten 168 Klassenlehrer/innen in 19 EVEU-Qualitätszirkeln gemeinsam mit EVEU-Begleitlehrer/innen an der Weiterentwicklung ihres
Unterrichts. Über eine Moodle-Plattform sind alle miteinander vernetzt. Eine Evaluierung des Modells ist vom Kärntner Landesschulrat in Auftrag gegeben und wird
weitere Ergebnisse liefern.
EVEU ist ein Konzept, das sich offen hält gegenüber neuen Ergebnissen der Lehrund Lernforschung. Aktuelle Erfahrungen aus dem Unterricht werden integriert.
Daher hat eine Übertragung des Konzepts auf die 3. und 4. Schulstufe bereits in
vielen Schulen begonnen. Begleitet ist dieser Prozess von vielen „AHA-Erlebnissen“
und sehr positiven Rückmeldungen aller Mitwirkenden!
„Nur wer das Unmögliche zum Ziel macht,
kann das gerade noch Mögliche erreichen.“
Viktor Frankl
Beispiele:
Ganzheitliche Einführung in Zahlenräume
Zählen mit Strichlisten bis über 100
1. Schulstufe, PVS 2013/2014
Selbstständig lesen und schreiben lernen
auf dem Buchstabenlernweg
im „Buchstaben-Universum“!
1b-Klasse, Volksschule Pörtschach
21. Juni 2011
53
Einmaleins-Erarbeitung
mit Kernaufgaben:
10 mal 6 – die Hälfte! 5 mal 6
Rechenschwächen vermeiden
mit der Kraft der Fünf!“
9 + 9 = 5 + 5 = 10
4+4=
8
„Das macht zusammen 18.“
Dipl. Päd.in Karin Isopp
1a Klasse, Volksschule Pörtschach
21. Juni 2011
Informationen unter: www.imst.ac.at/wiki; Stichwort EVEU 2010
EVEU-Informationsfilm, Begleitheft zum EVEU-Film, Fotos, Konzeptbeschreibung
Basis-Literatur – EVEU
 KITTNER, Angelika (2009, 2010): EVEU – Ein veränderter Elementarunterricht, der Rechenschwächen und Lese-Rechtschreibschwierigkeiten vorbeugt.
 IMST-Award 2010: www.imst.ac.at/wiki / EVEU 2010; Anhänge 1 - 6: EVEUInformationsfilm, Fotos zu Lernmaterialien und Mathematik-Aufbau, EVEUQualitätszirkel, Kompetenzraum Legasthenie und Dyskalkulie.
Literatur-Empfehlungen für Mathematik
 BUNDESMINISTERIUM für Unterricht, Kunst und Kultur, Abt. V/4: Die schulische Behandlung der Rechenschwäche, eine HANDREICHUNG. Wien (2008).
www.schulpsychologie.at.
 GAIDOSCHIK, Michael (2009): „Das muss man sich einfach merken“???
Schwierigkeiten mit dem Einmaleins: Einige Anregungen für Vorbeugung und
Abhilfe. http://www.recheninstitut.at/wp-content/uploads/2011/10/einmaleins1.pdf
 GAIDOSCHIK, Michael (2010): Wie Kinder rechnen lernen – oder auch nicht.
Eine empirische Studie zur Entwicklung von Rechenstrategien im ersten Schuljahr. – Frankfurt/Main: Peter Lang.
 GAIDOSCHIK, Michael (2010): Viele Wege führen über den Zehner.
http://www.recheninstitut.at/wp-content/uploads/2012/04/Zehnerübergang.pdf
54





GAIDOSCHIK, Michael (2014): Einmaleins verstehen, vernetzen, merken.
Strategien gegen Lernschwierigkeiten. Seelze-Velber: Klett – Kallmeyer.
HENGARTNER, Elmar, HIRT, Ueli WÄLTI, Beat (2006): Lernumgebungen für
Rechenschwache bis Hochbegabte. Zug: Klett und Balmer Verlag
SPIEGEL, Hartmut & SELTER, Christoph (2003): Kinder & Mathematik: Was
Erwachsene wissen sollten. Seelze – Velber: Kallmeyer
WITTMANN, Erich CH. & MÜLLER, Gerhard N.: BLITZRECHENOFFENSIVE.
Anregungen für eine intensive Förderung mathematischer Basiskompetenzen
im Grundschulunterricht. http://www.mathematik.unidortmund.de/ieem/mathe2000/pdf/Blitzrechenoffensive.pdf
WITTMANN, Erich CH.: Ein alternativer Ansatz zur Förderung „rechenschwacher“ Kinder.
http://www.mathematik.unidortmund.de/ieem/mathe2000/pdf/foerderansatz.pdf
Hilfreiche Internetseiten für die Unterrichtspraxis:



www.pikas.de (z. B. Einmaleins-Forscher-Heft)
www.kira.de (Kinder rechnen anders.)
www.recheninstitut.at Recheninstitut zur Förderung mathematischen Denkens
(Fördertipps)
LITERATUR-EMPFEHLUNGEN zur LESE-RECHTSCHREIBFÖRDERUNG:




BERG, Katharina, ZOLTAN, Gabriele, u. a. (2012): Karibu, Material für Lehrerinnen und Lehrer, Mit der Silbe im Gepäck, E.DORNER.
BUNDESMINISTERIUM für Unterricht, Kunst und Kultur, Abt. V/4: Die schulische Behandlung der Legasthenie, eine HANDREICHUNG. Wien (2011).
www.schulpsychologie.at.
DUMMER-SMOCH, Lisa: Mit Phantasie und Fehlerpflaster, Hilfen für Eltern
und LehrerInnen
REUTER-LIEHR, Carola (2001): Lautgetreue Lese-Rechtschreibförderung,
Band 1. Eine Einführung in das strategiegeleitete Lernen zum Training von
Phonemstufen auf der Basis des rhythmischen Syllabierens. 3. völlig überarbeitete und erweiterte Auflage (2008).
Autorin:
Dipl. Päd.in Angelika Kittner
Volksschullehrerin, Förderlehrerin für Kinder mit spezifischen Lernstörungen, insbesondere Legasthenie und Dyskalkulie; Legasthenie-Therapeutin, Sonderpädagogisches Zentrum Klagenfurt; EVEUKonzept-Entwicklung 2007 - 2010: IMST-Award 2010;
55
Das EVEU-Modell im Überblick
56
Martina Bugnits
Spezielle Lernunterstützung im Burgenland –
präventive Förderung und Diagnostik in der Grundstufe I
Im Burgenland hat sich in den letzten Jahren eine Veränderung im Bereich der
Sonderpädagogik gezeigt. Die Anzahl der Kinder mit SPF-Bescheiden auf Grund von
Verhaltensbehinderung und Lernbehinderung steigt deutlich. Bei ca. 25% der Kinder
im Pflichtschulalter besteht ein Risiko, dass kognitive Fertigkeiten nicht ausreichend
erlernt werden. Durch diese Erkenntnis entstand Handlungsbedarf, um auch weiterhin eine optimale Beschulung und Förderung von Pflichtschulkindern gewährleisten
zu können.
Im Burgenland wurde in den letzten Jahren vermehrt in die Weiterbildung von
Pädagoginnen und Pädagogen investiert. Parallel dazu wird verstärkt auf Prävention
gesetzt. Durch die spezielle Lernunterstützung werden Maßnahmen zur Erleichterung des Schuleintritts und zur Verminderung von Lernschwierigkeiten umgesetzt.
Sprachheillehrer/innen, Beratungslehrer/innen und Volksschullehrer/innen mit
spezifischen Fortbildungskursen begleiten in den ersten Wochen die Schulanfänger/innen und ihre Klassenlehrer/innen. Sie beobachten alle Kinder im Bezirk und
beraten Klassenlehrer/innen in der Lerndiagnostik und in der Entwicklung eines
Förderkonzepts bei Risikokindern. Die Aufgaben und die Verantwortung der Klassenlehrer/innen bleiben im vollen Ausmaß aufrecht. Am Ende der Diagnosephase gibt es
Bezirkskonferenzen mit einer Reflexion der Beobachtungen in den einzelnen Schulen. Basierend auf diesen Erkenntnissen werden Fördermaßnahmen für die verschiedenen Schulstandorte festgelegt, Kurse eingerichtet und gegebenenfalls
Ressourcen umgeschichtet.
Sprachheilunterricht erfolgt den Bedürfnissen der Kinder entsprechend – integrativ
und/oder individuell. Ein kontinuierlicher Unterricht der Sprachheillehrer/innen in den
betreuten Schulen ist für den Erfolg maßgeblich.
Wichtig dabei ist, dass Dauer und Art der speziellen Lernunterstützung – sowohl
Diagnosephase als auch Förderphase – möglichst bedarfsorientiert und flexibel
erfolgen.
Zusammenfassend werden bei der speziellen Lernunterstützung folgende Ziele
verfolgt:
 Präventive Maßnahmen zur Erleichterung des Schuleintritts und zur Verminderung von Lernschwierigkeiten
 Lerndiagnostik in den Bereichen Sprache, Wahrnehmung, Motorik, Merkfähigkeit, mathematische Grundfähigkeiten …
 Verringerung von sprachlichen Problemen durch gezielte Fördermaßnahmen
 Individuelle Lernunterstützung
 Unterstützung im sozialen Lernen
 Förderung der Persönlichkeitsentwicklung
und Stärkung von Selbstwert und Selbstbewusstsein
57




Stärken stärken
Zusammenarbeit mit den Kindergärten
(Nahtstelle Kindergarten/Schule => Brücken bauen)
Beratung der Klassenlehrer/innen zur Entwicklung von Förderkonzepten
(standortbezogen oder kindbezogen) Rundschreiben 11/2005
Vernetzung mit Schulpsychologie, SPZ, Lehrer/innen mit Spezialausbildung
und mit außerschulischen Institutionen
Diese spezielle Lernunterstützung ist seit Herbst 2011 im Burgenland implementiert
und stellt einen Entwicklungsprozess dar, der laufend evaluiert wird.
Zielgerichtete Fortbildungen erfolgen parallel. Regelmäßige Reflexionstreffen ermöglichen Rückmeldeschleifen, die maßgeblich zur Qualitätsverbesserung beitragen.
Eine wichtige Erkenntnis aus der ersten Evaluationsschleife ist, dass der Erfolg der
Maßnahme von der Beratungskompetenz der Lehrer/innen maßgeblich abhängig ist.
Tätigkeitsfelder
Förderung der
Wahrnehmungsbereiche
Sozialemotionalen
Bereich stärken
Förderung der
phonologischen
Bewusstheit im
weiteren und
engeren Sinn
Brücken bauen
Unterstützung in
Lernprozessen
Förderung
der Motorik
Autorin:
SDin Martina Bugnits
Allgemeine Sonderschule Güssing
Batthyanystraße 23
7540 Güssing
Telefon: 03322/43595
E-Mail: [email protected]
58
Förderung im
mathematischen
Bereich
Sprachförderung
Birgit Graf
Flexibler Schuleingang
Kreativwerkstatt für Kindergarten- und Volksschulkinder
Flexible Grundschule Jabing
Eines der wichtigsten Ziele unseres bereits bestehenden Schulversuchs „Flexible
Grundschule Jabing“ ist die Aufhebung beziehungsweise die Verringerung der
Nahtstellenproblematik innerhalb der Grundstufe I. Um dieses zentrale Thema auch
auf den Kindergarten auszuweiten, wurde ab dem Schuljahr 2006/07 in Erweiterung
zu diesem eben erwähnten Schulversuch das Projekt „Flexibler Schuleingang“
gestartet. Dieses Projekt hat in erster Linie das Ziel, den Übergang fließend zu
gestalten.
Da sich der Kindergarten in Jabing neben dem Schulgebäude befindet, beide Institutionen altersheterogene Gruppen führen und es sowohl den Kindergartenpädagoginnen als auch den Lehrer/innen ein zentrales Anliegen ist, den Übergang für die
Kinder in die Volksschule so angenehm wie möglich zu gestalten, sind die Rahmenbedingungen für eine gute Zusammenarbeit gegeben.
Dieses Projekt startete im Schuljahr 2006/07. Auf Grund der hohen Akzeptanz
sowohl seitens der Kinder als auch seitens der Eltern und Pädagoginnen/Pädagogen
beider Institutionen wurde dieses Projekt als fixer Bestandteil unserer Schulversuche
integriert.
1. Ausgangssituation an der Volksschule Jabing
Organisationsform
Wenig gegliederte Grundschule
zwei Klassen (Grundstufe I, Grundstufe II)
2. Ausgangssituation des Kindergartens Jabing
Organisationsform
Öffentlicher Kindergarten
eine Kindergartengruppe für drei- bis sechsjährige Kinder
3. Ziele
 Verringerung der Nahtstellenproblematik zwischen Kindergarten und Volksschule
 Organisation eines fließenden Übergangs
 Entschärfung des Bezugspersonenwechsel
 Förderung der Kreativität
 Förderung des Selbstbewusstseins und Selbstvertrauens
 Förderung der Selbstständigkeit und Flexibilität
 Förderung der Sprachkompetenz
 Erprobung neuer sozialer Formen
 Individualisierter Einstieg und gezielte individuelle Förderung
59




Pädagogischer Austausch
zwischen Kindergarten- und Volksschulpädagoginnen/-pädagogen
Förderung der Grundfertigkeiten und des Lernverhaltens der Kinder
Erhöhung der Grundstabilität des Sozialgefüges innerhalb der Gesamtgruppe
Unterstützung der Erziehungsberechtigten beim Übertritt ihrer Kinder
vom Kindergarten in die Volksschule
4. Organisation und Dauer
Jene Kinder, die im Jahr darauf Schulanfänger/innen sein werden, verbringen
vierzehntägig zwei Unterrichtseinheiten in der Volksschule. Die beiden Stunden
werden als „Kreativwerkstatt“ bezeichnet und in gemeinsamer Planung mit den
Kindergartenpädagoginnen/-pädagogen erarbeitet. Sie umfassen die Bereiche
Musik, Bildnerische Erziehung, Bewegung und Sport und Darstellendes Spiel.
Besondere Beachtung kommt dabei der sprachlichen Förderung zu.
Neben der engen Zusammenarbeit der jeweiligen Pädagoginnen/Pädagogen finden
auch regelmäßige Elternabende statt. Es geht darum, mögliche Hemmschwellen zu
überwinden und den zukünftigen Start in das Schulleben der Kinder durch die
Unterstützung der Erziehungsberechtigten zu erleichtern.
5. Pädagogische Maßnahmen
Reformpädagogische Schwerpunkte an unserer Volksschule berücksichtigen die
individuellen Entwicklungsmöglichkeiten und Lernvoraussetzungen des einzelnen
Kindes. Die altersheterogene Zusammensetzung der Lerngruppen gewährt viele
Möglichkeiten von Zusammenarbeit und Austausch.
Durch die regelmäßige Erweiterung der Gruppe durch die Kindergartenkinder wird
diese Möglichkeit noch vielfältiger. Die Förderung der Sozialkompetenz jedes einzelnen nimmt dabei einen wichtigen Stellenwert ein.
Einmal wöchentlich findet eine Teambesprechung statt. Das Teamteaching ermöglicht die Förderung der Kinder in kleineren Lerngruppen und sichert flexiblere und
vielfältigere Arbeitsabläufe.
Bei der Planung der Kreativwerkstatt wird das Team durch die Kindergartenpädagogin ergänzt. Im erweiterten Team werden wichtige Informationen über die zukünftigen Schüler/innen ausgetauscht.
Die Evaluation erfolgt durch die zuständigen Kindergarten- und Volksschulpädagoginnen/-pädagogen in Form eines Berichtes am Ende des Projektjahres.
Autorin:
VDin Birgit Graf
Direktorin der flexiblen Grundschule Jabing
Kontakt:
7503 Jabing, Am Kirchenriegel 6
Telefon: 03362/7883
E-Mail: [email protected]
60
Gerlinde Potetz
„Brückenbauer/innen“ –
Übergang zwischen Kindergarten und Schule
Die Problematik des Überganges vom Kindergarten in die Volksschule sowie Ansätze für eine möglichst frühe Sprachförderung schon im letzten Kindergartenjahr waren
im südlichsten Schulbezirk Jennersdorf bereits vor zehn Jahren ein sehr wichtiges
Thema. Bereits damals entstand in der südlichsten Gemeinde Neuhaus/Klausenbach
als Pilotstandort ein Kooperationsprojekt zwischen den Institutionen Kindergarten
und Volksschule. Damit wurde im Schuljahr 2003/04 erstmals ein Grundstein für eine
dynamische Entwicklung gelegt, deren Auswirkungen damals noch niemand abschätzen konnte.
In der Zeit des Planungsstadiums 2002 gab es europaweit kaum Vorbilder, die dem
Planungsteam bestehend aus VD OSR Roswitha Fellner, Kindergartenleiterin Astrid
Deutsch, VOL Rosemarie Lafer und BSI Gerlinde Potetz, die Arbeit erleichtert hätten.
Gute Unterstützung erhielt die Projektgruppe von Dr.in Brigitte Leimstättner vom
damaligen Pädagogischen Institut des Burgenlandes, die diese Erarbeitungsphase
sehr gut begleitet hat.
Projektziele:
Folgende Themenbereiche werden in der praktischen Arbeit mit der Gruppe der
zukünftigen Schulanfängerinnen und Schulanfänger bearbeitet:
 Sprachkompetenz fördern
 Wahrnehmung und Sinne schärfen
 die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder fördern
 Sozialkompetenz vermitteln
 Neugierde und Freude auf den neuen Lebensabschnitt wecken
 Überzeugungsarbeit bei den Eltern leisten und Ängste abbauen
Die Umsetzung dieser Arbeit, die ausschließlich spielerisch erfolgt, wird von einer
Brückenbauerin/einem Brückenbauer (im Normalfall eine Volksschullehrerin/ein
Volksschullehrer) durchgeführt. Den Eltern der zukünftigen Schulanfänger wird das
Projekt im Kindergarten angeboten. Die Zustimmung der Erziehungsberechtigten ist
zwingend notwendig, was zu keiner Zeit ein Problem darstellte.
Nach dem ersten Jahr der Umsetzung interessierten sich jährlich weitere Standorte
für das Kooperationsprojekt und in wenigen Jahren wurde diese Begleitung im
Übergangsbereich fast flächendeckend umgesetzt. Vor allem die Eltern waren von
der Sinnhaftigkeit des Projektes sofort überzeugt. Ab dem Schuljahr 2012/13 haben
sich auch drei Standorte im Bezirk Güssing dazu entschlossen, das Projekt umzusetzen.
Wo stehen wir nach einem Jahrzehnt? Auswirkungen auf die Schule?
Die Kinder der ersten Schulstufe erleben gemeinsam mit ihren Eltern und Lehrer/innen einen harmonischen Schulstart. Kinder können an Bekanntes anknüpfen,
da die Brückenbauerin/der Brückenbauer sie in der Volksschule weiterbegleitet. Der
61
Bereich der flexiblen Schuleingangsphase wurde passend adaptiert, um eine sinnvolle Fortsetzung zu gewährleisten. Die phonetische Bewusstheit, ein besonders
schwieriges Kapitel im Leselernprozess, ist vorhanden. Mit diesem Integrationsprojekt kann auch Kindern mit einer anderen Erstsprache als Deutsch eine gute Entwicklung ermöglicht werden. Die Situation für „Risikokinder“ hat sich wesentlich
entschärft, die Anzahl der Kinder mit Sonderpädagogischem Förderbedarf (mit
Lernbehinderung) konnte extrem reduziert werden. Kinder werden im richtigen Alter
gut unterstützt und begleitet, spätere sehr kostenintensive Unterstützungen minimieren sich. Ergebnisse externer Testungen bestätigen ebenfalls den erfolgreichen
Weg.
Die Haltung aller an Lernprozessen Beteiligten hat sich sehr stark verändert – nicht
der Blick auf die Defizite hat zentrale Bedeutung, sondern auf motivierende und
leistungsförderliche Begleitung wird besonderer Wert gelegt.
Autorin:
RRin Gerlinde Potetz
Pflichtschulinspektorin der Bezirke Jennersdorf und Güssing
Hauptstraße 1, 7540 Güssing
Telefon: 03322/ 42 745
E-Mail: [email protected]
62
Bisher in der Reihe „Integration in der Praxis“ erschienen:
Heft 1:
Idee und Ziele der sozialen Integration – Schulversuche / Schulversuchsmodelle zum gemeinsamen Unterricht behinderter und nichtbehinderter Kinder – Förderdiagnostik – Grundsätzliches zum Wochenplanunterricht
03/1993
Heft 2:
Information über die Gesetzesnovellen – Buchstabenstraße – Integrativer Unterricht mit Stützlehrer in einer Klasse mit Abteilungsunterricht
– Soziale Prozesse in Integrationsklassen
09/1993
Heft 3:
Sonderpädagogische Zentren – Materialien zur Diagnose und Förderung von Kindern mit erhöhtem Förderbedarf – Die ersten Schritte zur
Freiarbeit – Sachunterricht in einer integrativen Klasse
02/1994
Heft 4:
Hörstörungen – Impulse zum Mathematikunterricht in einer Integrationsklasse – Teamteaching in Integrationsmodellen – Ein Jahr vor
Schuleintritt – Die schulfremde Person
10/1994
Heft 5:
Schulprojekt Wasser – Sehschwierigkeiten und Sehbehinderungen –
Kinder beobachten und fördern – MAPS-wenn man gemeinsam den
Unterricht planen will – Alle gegen einen
04/1995
Heft 6:
Die altersgemischte Klasse in der Integration – Stationenbetrieb –
Sprachstörungen – Computer in der Integrationsklasse – Integrationspädagogik
09/1995
Heft 7:
Kinder, die uns besonders fordern –
Verhaltensauffälligkeiten im Unterricht
01/1997
Heft 8:
Verhaltensauffälligkeiten – Integrative Beratungs- und Betreuungsformen in Österreichs Schulen
10/1997
Heft 9:
Integration in der Sekundarstufe I – Berufseingliederung – Unterrichtsbeispiele – Autistische Wahrnehmung
04/1998
Heft 10: Integration in der AHS – Sekundarstufe I
01/1999
Heft 11: Integration auf der 9. Schulstufe – Berufsvorbereitung – Unterrichtsbeispiele – Fallstudie Pinzgau
05/1999
Die Hefte 1 – 11 sind in elektronischer Form nicht verfügbar, können aber nach Verfügbarkeit gegen Bezahlung einer Manipulationsgebühr und der Portokosten über den
Broschürenversand Amedia, Sturzgasse 1 a, 1141 Wien, Tel.: 01 982 13 22 360,
Fax: 01 982 13 22 311, E-Mail: [email protected] bestellt werden.
Heft 12: Sonderpädagogische Zentren in Oberösterreich –
Theorie der multiplen Intelligenzen –Together – Schule der Zukunft –
Auf dem Weg zum Beruf
11/1999
Heft 13: Geistig behinderte Kinder am PC – Schuleingangsbereich – Planarbeit 06/2000
– Arbeit mit einem hörbehinderten Kind – „Behinderung-Anderssein“
63
Heft 14: Berufsorientierung – Berufsvorbereitung
01/2001
Heft 15: Pflegerische Betreuung im Schuldienst – Plattform Integration –
Wintersportwoche – Förderdiagnostik und Förderpläne – Legasthenie
– Bilingual Primary School
09/2001
Heft 16: Alternative Pädagogik in Integrationsklassen
05/2002
Heft 17: Soziales Lernen und Teamentwicklung in Integrationsklasse
12/2002
Heft 18: Über Grenzen schauen – Integration in Europa
05/2003
Heft 19: Förderpläne – Beispiele aus den einzelnen Bundesländern
03/2004
Heft 20: Teamarbeit und Kooperation
09/2004
Heft 21: Normal oder verhaltensauffällig?
12/2004
Heft 22: Lese-, Rechtschreib- und Rechenschwäche; AufmerksamkeitsdefizitHyperaktivitätsstörung/ Beratungszentrum für Schulfragen –
Eine Institution stellt sich vor
09/2005
Heft 23: Kinder mit autistischer Wahrnehmung
03/2006
Heft 24: Körper- und Sinnesbehinderungen
10/2006
Heft 25: Begleitende und unterstützende Maßnahmen
zur Qualitätssicherung in der Integration
06/2007
Heft 26: Schwierige Schülerinnen und Schüler –
Beratung – Begleitung – Betreuung
10/2007
Heft 27: Schulentwicklung braucht Beratung. Ich lebe mit euch - wir leben mit
dir. Kinder auf dem Weg zur Schulreife begleiten.
Integration geschafft – schafft mehr Integration!
05/2008
Heft 28: AVWS – Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen
11/2008
Heft 29: Integration und Neue Mittelschule
12/2009
Heft 30: Pädagogische Diagnostik
12/2010
Heft 31: Lehrer/innen im Fokus
09/2011
Heft 32: Ganztägig und integrativ ...
09/2012
Heft 33: Förder- und Entwicklungspläne
09/2013
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Die Redaktionsgruppe ist besonders an praxisorientierten Beiträgen zur Themenbereich „Integration“ interessiert.
Gerne laden wir Sie daher ein, über Ihre Erfahrungen in der Broschüre „Integration in
der Praxis“ zu berichten.
Die Auswahl der eingelangten Beiträge wird von der Redaktionsgruppe vorgenommen.
Teilen Sie uns darüber hinaus auch Themenbereiche Ihres Interesses mit, damit wir
gegebenenfalls auch darüber Artikel publizieren können.
Schicken Sie bitte allfällige Beiträge und für Sie interessante Themenvorschläge an
die folgende Adresse:
Mag. Peter Debenjak
Ginzkeygasse 45
9020 Klagenfurt
E-Mail: [email protected]
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