Organizational Learning FHTW-Berlin Wirtschaftsinformatik Fachbereich 4 Eine Ausarbeitung zum Thema Organizational Learning Von Alexander Geschonneck Carsten Müller Christiane Karius Karl-Heinz Goebbels Samstag, 14. Mai 2016 Seite 1 von 39 Organizational Learning Inhaltsverzeichnis 1 Warum organisationales Lernen ? ....................................................................... 4 2 Was ist „organisationales Lernen“ ? .................................................................... 6 2.1 Definition Lernen .............................................................................................. 6 2.2 Organisationales Lernen .................................................................................. 6 2.3 Unterschied zwischen individuellen und organisationalem Lernen .................. 8 3 Was ist eine lernende Organisation? ................................................................. 11 4 Wer sind die Träger des organisationalen Lernens? ......................................... 13 4.1 Individuen als Träger ..................................................................................... 13 4.2 Eliten als Träger ............................................................................................. 13 4.3 Gruppen als Träger ........................................................................................ 14 5 Auf welchen Ebenen findet organisationales Lernen statt? ............................... 15 5.1 Anpassungslernen ......................................................................................... 15 5.2 Veränderungslernen ...................................................................................... 16 5.3 Prozeßlernen ................................................................................................. 16 6 Was löst Lernen in Organisationen aus? ........................................................... 18 6.1 Lernen durch Konflikte und Krisen ................................................................. 18 6.2 Lernen durch Ressourcenreichtum ................................................................ 20 7 Methoden und Ansätze zur Förderung des organisationalen Lernens .............. 22 7.1 Methoden für den Themenbereich Persönliche Meisterung........................... 22 7.1.1 Coaching ................................................................................................ 22 7.1.2 Einbindung neuer Kooperationspartner .................................................. 23 7.1.3 Feedback bei der Arbeit .......................................................................... 24 7.1.4 Konfrontation mit neuen, herausfordernden Aufgaben ........................... 25 7.2 Methoden für den Themenbereich Mentale Modelle ...................................... 26 7.2.1 Bilden von Erfahrungsgemeinschaften ................................................... 26 7.2.2 Förderung von informellen Gruppenbeziehungen .................................. 27 7.2.3 Interaktionsanalyse ................................................................................. 28 7.3 Methoden für den Themenbereich Gemeinsame Visionen ............................ 29 7.3.1 Die Ideal-Organisation ............................................................................ 29 7.3.2 Projekt-Prototyping ................................................................................. 30 Samstag, 14. Mai 2016 Seite 2 von 39 Organizational Learning 7.4 Methoden für den Themenbereich Lernen in der Gruppe .............................. 31 7.4.1 Aufbau eines Vorschlags- und Innovationswesens................................. 31 7.4.2 Moderierte Teamsitzung ......................................................................... 32 7.4.3 Stärken-/Schwächenkatalog ................................................................... 33 7.5 Methoden für den Themenbereich Denken in Systemen ............................... 34 7.5.1 Beziehungslandkarte .............................................................................. 34 7.5.2 System-Simulation .................................................................................. 35 8 Welche Auswirkungen hat organisationales Lernen auf die Führung und Entwicklung in einem Unternehmen? ....................................................................... 36 8.1 Rolle der Führungskräfte ............................................................................... 36 8.2 Auswirkungen auf die Organisation ............................................................... 37 8.3 Was bringt der Umbau zur lernenden Organisation ....................................... 38 9 Literaturverzeichnis ........................................................................................... 39 Samstag, 14. Mai 2016 Seite 3 von 39 Organizational Learning 1 Warum organisationales Lernen ? Die Frage nach dem „warum“ ist eine Frage, die Menschen jeder Schicht in jedem Jahrhundert gestellt haben. Das Konzept der Betriebswirtschaftslehre „Lernenden Organisation“ zunehmend an erlangt Bedeutung in in der Hinsicht aktuellen auf die Entwicklungsfähigkeit einer Organisation. Die Beschäftigung von Unternehmen mit dem organisationalen Lernen geschieht aus der Notwendigkeit heraus, sich immer besser und schneller an Veränderungen ihrer Umwelt bzw. Marktbedingungen anzupassen. Die strategische Situation in vielen Märkten ist heute durch folgende Herausforderungen bestimmt: permanente Überkapazitäten politische Veränderungen (regionale Integrationen, Zerfall des Kommunismus, EURO-Währung usw.) schwindende Ressourcen (Rohstoffe, Energie ) Marktsättigung bzw. geringes Wachstum auf der Nachfrageseite Angleichung von Qualität und Know-how Wertewandel durch besser informierte und ausgebildete Mitarbeiter zunehmende Internationalisierung Differenzierung der Kundenwünsche Die überwiegende Zahl von Unternehmen sind in einer Zeit entstanden und gewachsen, in der die Umwelt des Unternehmens als überwiegend stabil und überschaubar angesehen werden konnte. Die heutige Zeit ist jedoch geprägt von Umbrüchen und Turbulenzen. Durch die zunehmende Globalisierung haben weltweite Schwankungen und Turbulenzen direkten Einfluß auf die Wirtschaft eines Landes. Da es sich bei der derzeit gegebenen wirtschaftlichen Situation wohl kaum - wie bisher- um einen kurzfristigen konjunkturellen Einbruch, sondern mehr um langfristige Veränderungen handeln Samstag, 14. Mai 2016 Seite 4 von 39 Organizational Learning dürfte, wird es für die Unternehmen immer notwendiger, bereits frühzeitig und schnell neue Überlegungen anzustellen, und nicht erst dann, wenn die Situation krisenhafte Formen annimmt. Problematisch anzusehen ist die Tatsache, daß es keine pauschalen Erfolgsrezepte gibt, die für alle Unternehmen gelten. Dies ist darauf zurückzuführen, daß kein Unternehmen einem anderen hinsichtlich seiner Struktur, Kultur und Belegschaft bis auf den Punkt gleicht. Jedes Unternehmen muß seinen eigenen Weg, angepaßt an die jeweilige Situation, selbst finden. Trotz steigender Mitverantwortung von Mitarbeitern in einer Organisation, wird das Schicksal eines Unternehmens jedoch vom Management entscheidend beeinflußt. Das Denken in Unternehmen und ihren Hierarchien verläuft im klassischem Sinn nach wie vor linear und scheinbar nicht immer problemorientiert. Unternehmerisches Handeln kann sich nicht mehr nur auf Kosten-Nutzen-Analysen beschränken. Die Organisation steht auch in besonderer Beziehung zu ihrer Umwelt. Dies hat auch Auswirkungen auf die Entwicklungskonzepte. Ein Sprichwort sagt: „Wissen ist Macht“. Dieser Ausspruch trifft in der heutigen Gesellschaft mehr denn je zu. In einer Zeit, in der ein Datenüberfluß herrscht, ist jenes Unternehmen im Vorteil, das diese Daten, unter Anwendung seines Wissen, in Informationen umwandeln kann. Ein Unternehmen ist demnach nur genauso gut, wie das Wissen, das es angehäuft hat. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 5 von 39 Organizational Learning 2 Was ist „organisationales Lernen“ ? 2.1 Definition Lernen Bevor man sich Gedanken darüber machen kann, was organisationales Lernen ist, sollte geklärt werden, was unter dem Begriff „Lernen“ verstanden wird. Die Definitionen von Lernen sind ebenso zahlreich wie die Autoren von denen sie stammen. Eine erste neutrale Definition des Begriffs Lernen bietet Meyers Lexikon: "Lernen stellt eine Verhaltensänderung aufgrund von Erfahrungen dar. Der Lernprozeß wird durch biologische, individuelle und soziale Gegebenheiten beeinflußt und vollzieht sich in allen Altersstufen. Wichtig ist die Motivation (Lernfreudigkeit). Lernen und Gedächtnis stehen in engem Zusammenhang. Da Wissen und Kenntnisse heute schnell überholt sind, ist das Ziel des Lernens nicht ein bestimmter Besitzstand von Kenntnissen und Fähigkeiten, sondern das 'Lernen des Lernens'." (Meyers Lexikon 1983, Bd.2 S.403). Die Tatsache, das Individuen lernen können ist unbestritten. Aufgrund dieses Sachverhaltes ist die Aussage nachvollziehbar, daß auch Organisationen lernen können, da diese aus einer Vielzahl von Individuen bestehen. Die Mitglieder einer Organisation bilden somit den zentralen Ansatzpunkt wenn es darum geht, was organisationales Lernen ist. 2.2 Organisationales Lernen Aufgrund der unterschiedlichen Sichtweisen, von denen das Thema organisationales Lernen im Laufe der Zeit betrachtet wurde, ist es nicht verwunderlich eine Vielzahl von unterschiedlichen Definitionen anzutreffen. Auf der Grundlage unterschiedlicher Autoren läßt sich der Prozeß des organisationalen Lernens folgendermaßen definieren: Samstag, 14. Mai 2016 Seite 6 von 39 Organizational Learning „Unter organisationalem Lernen ist der Prozeß der Veränderung der organisationalen Wissensbasis, die Verbesserung der Problemlösungs- und Handlungskompetenz Bezugsrahmens von sowie und die für Veränderung Mitglieder der des gemeinsamen Organisation zu verstehen.“[Probst/Büchel 1998] Organisationales Lernen in einer ganz allgemeinen Form gesehen, beinhaltet immer ein Prozeß, indem Informationen aufgenommen, interpretiert, in einem Lernprozeß im engeren Sinne behandelt und als neues Wissen abgespeichert werden. Im Prozeß des organisationalen Lernens haben Informationen einen zentralen Charakter: sie lösen Lernvorgänge, werden in Lernvorgängen bearbeitet und als Wissen wieder abgespeichert. Prozesse des organisationalen Lernens erzeugen immer auch ein Produkt. Ganz grob kann man die Produkte von organisationales Lernprozessen nach zwei Gesichtspunkten gliedern: 1. Organisationales Lernen erzeugt, wie zuvor dargestellt, neues, organisationales Wissen: die Organisation weiß etwas, was sie vorher nicht wußte. 2. Organisationales Lernen erzeugt neues Können: die Organisation kann etwas, was sie zuvor nicht konnte. Zusammenfassend lassen sich die Spezifika des organisationalen Lernens wie folgt beschreiben. Organisationales Lernen findet statt, wenn mehrere Mitglieder einer Organisation zusammenkommen, um ihre jeweils individuellen Wahrnehmungen, Wissensbestände, Meinungen, Vorstellungen, Ideen, Wünsche und Hoffnungen in Bezug auf ein spezifisches aus den betrieblichen Geschehen herausgetrenntes und isoliertes Ereignis, Thema oder Problem (Anlaß des Lernprozesses), in einer für allen Beteiligten einsehbaren und verständlichen Form in die Gruppe kommunikativ einzubringen. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 7 von 39 Organizational Learning Sie sichten, überprüfen, und gewichten die eingebrachten Wahrnehmungen, Wissensbestände, Meinungen, Vorstellungen, Ideen, Wünsche und Hoffnungen, entwickeln in diesem Prozeß ein gemeinsames, von möglichst allen Lernakteuren entwickeltes kooperatives Wissen mit dem Ziel, spezifische Veränderungen innerhalb der Organisation (z.B. neuer Organisations- und Handlungsformen) oder in den Auswirkungen der Organisation (z.B. neue Produkte, Leistungen und Verhaltensformen) erreichen zu können Zwar existiert zur Zeit noch keine ganzheitliche Theorie des organisationalen Lernens, jedoch diverse Ansätze, die zwar alle auf den Theorien des individuellen Lernens aufbauen, aber dennoch eine gewisse Eigenständigkeit für sich beanspruchen. Der Unterschied zwischen beiden Theorien wird im folgenden Kapitel dargestellt. 2.3 Unterschied zwischen individuellen und organisationalem Lernen Die Summe von organisationalen Lernprozessen und Verhaltensweisen ist nicht gleichzusetzen mit dem Lernen einer Organisation. Zum einen besitzen Individuen Wissen, das nicht Bestandteil des Wissens einer Organisation ist, zum anderen haben Organisationen Wissen von Individuen, die längst nicht mehr ihr Bestandteil sind. Für das Wissen von Organisationen läßt sich demnach schlußfolgern, daß das Wissen einer Organisation sowohl weniger, als auch mehr der Summe des Wissens ihrer Mitglieder entsprechen kann. Neben der Quantität hat das Resultat eines organisationalen Lernprozesses ebenfalls eine andere Qualität als die Summe individueller Lernprozesse. Ein Grund liegt in der Beeinflussung der Lernergebnisse durch menschliche Interaktion, Erfahrungsaustausch sowie in den Auseinandersetzungen zwischen den Individuen. Es stellt sich nun die Frage, was individuelles Lernen von organisationalem Lernen unterscheidet bzw. was die Transformation von der einen Ebene auf die andere charakterisiert und wie sie vorgenommen werden kann. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 8 von 39 Organizational Learning Das individuelle Lernen ist charakterisiert durch die Rationalität jedes Individuums, die Erfahrungen, die es im Leben angehäuft hat, durch seine Bedürfnisse, seinen Interessen und Wertvorstellungen, den Schwierigkeitsgrad des Lerngegenstandes. Am Ende des Lernprozesses erfolgt eine Änderung bzw. Anpassung der Verhaltensweisen. Beim organisationalen Lernen stehen nicht wie beim individuellen Lernen individuelle Motive, Bedürfnisse oder Werte im Vordergrund, sondern überpersönliche Erfahrungswelten, allgemein verbindliche Entscheidungsverfahren, die zum Zweck haben, in der Mehrheit der Mitglieder Einigung bezüglich von Entscheidungen zu erzielen. Somit kann man sagen, das organisationales Lernen nicht nur zu einer Anpassung an problematische Umweltkonstellationen führt, sondern auch eine Anpassung an organisationsinterne Interessenlagen und Wertvorstellungen der Mitglieder. Ein weitere Bedingung für organisationales Lernen ist, so abwegig es sich auch anhört, daß sich die Mitglieder einer Organisation sowohl einig als auch uneinig sind. Einerseits wird ein Lernergebniss nur erreicht, wenn es Unterschiede in den Bedürfnisanforderungen zwischen den Mitgliedern gibt, andererseits kann kein Ziel erreicht werden, wenn die Mitglieder nicht bereit sind von ihren individuellen Bedürfnissen Abstand zu nehmen um sich mit dem erreichten Lernziel einverstanden zu erklären. Lernen bedeutet somit die Entwicklung von neuem Verständnis. Durch die Aneignung und die Interpretation von Wissen verändert sich die Breite des Verhaltens. Um die Brücke zwischen individuellem und organisationalen Lernen zu schlagen, bedarf es einiger Transformationsbedingungen. Als Faktoren, von denen die Transformation abhängig ist, lassen sich Kommunikation, Transparenz und Integration benennen. Ohne eine Kommunikation bzw. sprachliche Verständigung kann weder das Wissen jedes einzelnen Organisationsmitgliedes verfügbar gemacht werden, noch kann eine argumentative Auseinandersetzung zwischen den einzelnen Mitgliedern erfolgen. Dies bildet aber keine hinreichende Bedingung, denn um individuelles Wissen transformieren zu können, muß dieses Wissen, als auch der Verlauf und das Ergebnis von Kommunikationsprozessen, jedem Mitglied in der Organisation zugänglich und transparent gemacht werden. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 9 von 39 Organizational Learning Man kann den Prozeß der Transformation von individuellem Lernen zum organisatorischen Lernen in insgesamt drei Schritte einteilen. Der erste Schritt beinhaltet die Weitergabe von individuellem Wissen von einer Person an eine andere. Schwer verständliche Kenntnisse oder Fähigkeiten werden auch oft über „learning by doing“ an ein anderes Mitglied weitergegeben. Was in diesem ersten Schritt noch nicht geschieht, ist die Weitergabe von Wissen an einen größeren Mitgliederkreis, noch, bedingt durch die Weitergabe an nur ein Mitglied der Organisation, eine Kommunikation über das Wissen in einem Kollektiv. Die Weitergabe von individuellem Wissen an einen größeren Personenkreis geschieht im zweiten Schritt. Durch die Weitergabe von Wissen an einen größeren Personenkreis kommt es zu einem Anstieg der Qualität des Wissens, wobei das Wissen, das entsteht, nicht mehr auf einzelne Individuen zurückzuführen ist. Die entstandene Transparenz macht es zum einen möglich das Wissen leichter zu transferieren, zum anderen besteht in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit das Wissen in Form von unterschiedlicher Symbolik z.B. Führungsgrundsätzen zu speichern. Um zu neuen Problemlösungen zu kommen ist es notwendig, das gespeicherte Wissen zu standardisieren und kombinieren. Um die individuellen Wissensbestände der Organisation zur Verfügung zustellen, ist es erforderlich, daß die Individuen ihre Handlungen in das Ganze integrieren. Integration ist somit ein Bedürfnis, das sich aus der individuellen Selbstentwicklung ergibt. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 10 von 39 Organizational Learning 3 Was ist eine lernende Organisation? Während der Begriff „organisationales Lernen“ den Prozeß des Lernens kennzeichnet, bezieht sich der Begriff „lernende Organisation“ auf die Institution, in der Prozesse des organisationalen Lernens stattfinden. Will man eine Organisation als lernendes Unternehmen bezeichnen, setzt dies voraus, daß innerhalb dieser Institution immer wieder Prozesse des organisationalen Lernens ablaufen, und die „Organisation“ sich mittels dieser Prozesse verändert: lernt. Der Begriff: „lernendes Unternehmen“ konzentriert sich auf eine spezifische Form von Organisationen: auf wirtschaftlich tätige, gewinnorientierte Unternehmen. Um von einem „lernenden Unternehmen zu sprechen, müssen „Zyklen des organisationalen Lernens auf allen Ebenen der Organisation mit einer gewissen Systematik und Häufigkeit durchlaufen werden, hierbei unterschiedliche Systemfunktionen angesprochen und die dem Denken und Handeln einer Organisation zu Grunde liegende Schemata und Deutungsmustern überprüft, abgeglichen und zu neuen kollektiv getragenen Schemata und Verhaltensmustern geformt werden.“ [Wahren, 1996] Lernende Organisationen zeichnen sich desweiteren dadurch aus- und unterscheiden sich darin von schlichten Matrix-Organisationen, daß ihr permanenter Lernprozeß darauf gerichtet ist, Kommunikation unter immer wieder neuen auf die Zukunft gerichteten Gesichtspunkten auszulösen. Diese kommunikative Vernetzung ist die einzig tragfähige Basis für die Verwirklichung immer komplexerer Aufgaben in einer zunehmend unübersichtlicher werdenden Welt. Zusammenfassend ergeben sich daraus folgende Forderungen an eine lernende Organisation: Lernprozesse müssen systematisch geplant sowie dauerhaft organisiert und etabliert werden. Lernprozesse müssen auf unterschiedlichen hierarchischen Ebenen ansetzen. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 11 von 39 Organizational Learning Lernprozesse müssen unterschiedliche Systemfunktionen (Anpassungs-, Zielerreichungs-, Integrations- und Strukturerhaltungsleistungen) ansprechen. Lernprozesse müssen unterschiedliche Lern-Ebenen ansprechen, wobei es insbesondere darauf ankommt, daß Schemata und Deutungsmuster überprüft und verändert werden. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 12 von 39 Organizational Learning 4 Wer sind die Träger des organisationalen Lernens? Menschen und ihre geistigen Kapazitäten, Werte und Motivation sind die Rezeptoren und Träger des Lernprozesses in einer Organisation. In der Literatur werden meist drei Arten von Trägern des organisationalen Lernen identifiziert. Neben den Individuen, die ein Teil der Organisation sind, werden als Träger ebenso Eliten, ein dominierender Zusammenschluß einzelner Individuen, und Gruppen, die meist selbstorganisiert und in einem speziellen Unternehmensbereich zu finden sind, angeführt. 4.1 Individuen als Träger Individuen sind zum einen in der Lage, grundlegende Prämissen zu hinterfragen bzw. ihre Handlungstheorien zu reflektieren, zum anderen können sie ihr erreichtes Wissen auf bestimmte Problemsituationen anwenden.[Probst/Büchel 1998] Jedes Individuum in einer Organisation leistet seinen Betrag zum organisationalem Lernen durch seine individuellen Lernergebnisse. Diese sind jedoch ohne die kollektive Argumentation und die interaktive Auseinandersetzung sowie Konsensfindung nutzlos. [Probst/Büchel 1998] 4.2 Eliten als Träger Eine weitere Theorie besagt, das Wissen und Macht eng miteinander verbunden sind. Die Aufdeckung der Notwendigkeiten von organisationalen Veränderungen und die Festlegung des Zeitpunktes für diese Veränderungen geschieht durch die Eliten. Somit hat das Wissen derjenigen die größte Wahrscheinlichkeit organisationale Entscheidungen und Veränderungen zu bestimmen, die eine Position in der Organisation inne haben, die von Macht geprägt ist z.B. die Unternehmensführung. Deutlich wird dieser Sachverhalt, wenn mach bedenkt, daß gerade im Fall eines Führungswechsels organisationales Lernen ausgelöst wird, da grundsätzliche Veränderungen hervorgerufen werden, die jahrelang nicht zum Thema gemacht Samstag, 14. Mai 2016 Seite 13 von 39 Organizational Learning worden sind. Dadurch zeigt sich, daß eine Elite bzw. Spitze, Träger des Lernens sein kann. 4.3 Gruppen als Träger Die Theorie, daß Eliten Träger des organisationalen Lernens sind, hat zwar ihre Berechtigung, aber in einer Zeit, in der das Gesellschaftsleben zunehmend komplexer wird, ist es sehr unwahrscheinlich, daß nur Führungskräfte in einem Unternehmen das Lernen in einer Organisation tragen und leiten. Vielmehr findet man verstärkt selbstorganisierte Gruppen in den verschiedensten Unternehmensbereichen, die maßgeblich an der organisationalen Entscheidungsfindung mitwirken. Das bedeutet, daß nicht nur eine dominante Koalition, sondern auch Subkulturen jeder Art als Träger des organisationalen Lernens zu nennen sind. [Probst/Büchel 1998] 4.4 Schlußfolgerung Aus den vorangegangenen Ausführungen läßt sich ableiten, daß demnach in erster Linie Gruppen, in welcher Form sie sich auch manifestieren, Träger des Lernens in einer Organisation sind. Durch diese Gruppen kommt es zu einer Veränderung des Wissens, indem sie ihren Kontext und ihr Handlungsfeld neu bestimmen. Gruppen, die aus Mitglieder bestehen, die aus unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens kommen, stellen ihr Wissen der Organisation zur Verfügung, wodurch es zu einem Austausch zwischen den Gruppen kommt, der wiederum neues Wissen erzeugt. Wird dieses Wissen dann noch der Organisation zugänglich gemacht, durch Regeln und Handlungsanweisungen, so haben die Gruppen den Lernprozeß in der Organisation eingeleitet und getragen. Durch den Einigungs- und Konsensfindungsprozeß der Organisationsmitglieder kann eine grundlegende Veränderung des Bezugsrahmens stattfinden, was letztendlich organisationales Lernen bedeutet. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 14 von 39 Organizational Learning 5 Auf welchen Ebenen findet organisationales Lernen statt? Organisationales Lernen vollzieht sich auf unterschiedlichen Lernebenen, da die Veränderung von Wissen verschiedene Wissensarten beinhalten kann und auch Inhalt und Tiefe unterschiedlich sein können. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, wurde ein Modell entwickelt, indem die organisationalen Lernprozesse in drei Lernebenen eingeteilt werden: - Anpassungslernen („single-loop learning“) - Veränderungslernen („double-loop learning“) - Prozeßlernen („deutero learning“) 5.1 Anpassungslernen Innerhalb einer Organisation beschreibt man Anpassungslernen als die effektive Adaption an vorgegebene Ziele durch Bewältigung von Umwelteinflüssen [Probst/Büchel 1998]. Die Organisation reagiert auf interne und/oder externe Umwelteinflüsse, indem die Abweichungen so korrigiert werden, daß man sich (wieder) im Einklang mit bestehenden Normen befindet. Dieser Vorgang wird auch als "Single-Loop Learning" bezeichnet. Quelle: nach Argyris/Schön, 1978 Single-Loop Learning bedeutet, daß bei einer Anpassung der Ziele aufgrund von Umwelteinflüssen bestehende Normen und Werte nicht hinterfragt werden. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 15 von 39 Organizational Learning Abweichende Ergebnisse führen zu Korrekturen der Handlungen, nicht aber der Ziele. 5.2 Veränderungslernen Bei dieser Art des Lernens werden auch organisationale Ziele, Normen und Werte hinterfragt, neue Prioritäten vergeben oder sogar Werte verändert. Dabei entstehen neue Handlungstheorien, die durch eine kritische Prüfung von Werten und Normen das Bild und die Tiefenstruktur der Organisation verändern. Dies wird jedoch nur dann als Lernen bezeichnet, wenn sie von den Mitgliedern als nützlich anerkannt und akzeptiert werden. Dieses Art des Lernens wird auch als "Double-Loop Learning" bezeichnet: Quelle: nach Argyris/Schön, 1978 5.3 Prozeßlernen Prozeßlernen ist die Einsicht über den Ablauf der Lernprozesse, in dem Lernen zu lernen der zentrale Bezugspunkt wird. [Probst/Büchel 1998] Der Prozeß des Lernens zu lernen besteht aus der Erkenntnis über den Vorgang von Anpassungs- und Veränderungslernen. Der zentrale Bestandteil dieser Lernebene ist die Verbesserung der Lernfähigkeit, indem Lernen selbst zum Gegenstand des Lernens wird. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 16 von 39 Organizational Learning Durch die Erkennung der Muster, die in ähnlichen Situationen das Lernen ermöglicht haben, kann eine umfassende Restrukturierung der Verhaltensregeln und -normen herbeigeführt werden. Quelle: nach Argyris/Schön, 1978 Wie obige Abbildung zeigt, geht es um die Reflexion, Analyse und Herstellung eines Sinnbezugs. Damit ist die Einsicht in den Lernprozeß selbst, in die kontextuelle Problemlösung sowie in den Ablauf von Lernprozessen gemeint. Durch die Fähigkeit der Reflexion, des Lernens zu lernen, können mögliche Konflikte antizipiert werden, in ihren Folgen bewertet und für interne Korrekturen ausgewertet werden. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 17 von 39 Organizational Learning 6 Was löst Lernen in Organisationen aus? In diesem Kapitel soll nun die Frage geklärt werden, wie und wodurch Lernprozessen ausgelöst und vorangetrieben werden. In der Regel sind Organisationen auf Standardprozeduren angewiesen, mit Hilfe deren sie in Situation X mit Schema Y reagieren. Organisationen können und dürfen sich nicht fortlaufend mit der Suche und Realisierung von Veränderungen befassen. Damit würden sie Ihre Kontinuität und Stabilität in Frage stellen. Wird aber andererseits das vorhandene Wissen nie hinterfragt und wird nur auf Standardprozeduren zurückgegriffen, wird Lernen verhindert. Wodurch wird aber nun Lernen ausgelöst? Leider sind auftretende Konflikte, Mißerfolge oder Krisen die häufigste Ursache in einer Organisation, die die auslösenden Impulse für Veränderungen geben. Andererseits bieten aber gerade Stabilität und Ressourcenreichtum in einem Unternehmen die Möglichkeit Lernprozesse anzustoßen und nach Veränderungen zu streben. Es lassen sich also grundsätzlich zwei Ansätze zum auslösen von Lernprozessen unterscheiden: - Turbulenzen und Krisen - Ressourcenreichtum 6.1 Lernen durch Konflikte und Krisen Die größte Gruppe auslösender Faktoren stellen wohl ungelöste Probleme jeglicher Art dar. Diese könne sowohl aus inneren Reaktionen als auch aus äußeren Anreizen heraus entstehen. Sie erzeugen Spannungen, Unzufriedenheit und letztendlich das Bedürfnis nach Veränderung. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 18 von 39 Organizational Learning Die auslösenden Störeinflüsse lassen sich unterschiedlich differenzieren: - Unzufriedenheit von Mitarbeitern - Konflikte - Streß - Neugier - Umweltveränderungen - Konkurrenzdruck Im internen Umfeld einer Organisation scheint Unzufriedenheit der Mitarbeiter mit ungelösten Fragestellungen und Problemen die häufigste Ursache der Suche nach Strategien zu deren Lösung zu sein. Organisationsmitglieder fangen an nach Lösungen zu suchen, wenn Erwartungen und Ergebnisse auseinanderfallen oder Zweifel an vorhandenen Strategien auftreten. Auch zwischenmenschliche Konflikte können zur Betrachtung, Neubewertung der eingeschlagenen Wege führen, und Lernen auslösen. Damit wird deutlich, daß Konflikte und Divergenz von Ergebnissen und Erwartungen keinen rein negativen Aspekt darstellen, sondern sich durchaus fruchtbar auf die Unternehmensentwicklung auswirken können. Einen weiteren Aspekt, der als Ursache für die organisationale Suche nach Problemlösungen zu sehen ist, stellt Streß dar. Dieser Fakt läßt sich darauf zurückführen, daß Anpassung bzw. Veränderung dann erfolgt, wenn Streß vorhanden ist. Streß, ausgelöst durch Erfolgs- oder Umweltdruck, setzt somit Lernprozesse in Gang. Man unterscheidet dabei zwei Artren von Streß: - Umwelt- bzw. Unbequemlichkeitsstreß und - Erfolgsstreß. Umwelt- bzw. Unbequemlichkeitsstreß entsteht, wenn die Komplexität und Dynamik der Umwelt die Wahrnehmungsfähigkeit der Organisationsmitglieder überfordert. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 19 von 39 Organizational Learning Erfolgsstreß, wenn ein Mitarbeiter, durch den Druck vorgegebene Ziele zu erreichen, überfordert ist. Diese beiden Formen verursachen eine Veränderung im Verhalten von Gruppen oder Individuen, wenn das Streßniveau zu hoch wird oder wenn sie mit den Divergenzen und Problemen nicht mehr zurecht kommen. Müssen sie sich dann damit auseinandersetzen, findet Lernen des ganzen Systems statt. 6.2 Lernen durch Ressourcenreichtum Wären allein die oben angeführten Situationsbeschreibungen ausschlaggebend für lernen, so würden lediglich Organisationen, die Probleme haben, lernfähig sein. In der Praxis zeigt sich jedoch, daß es gerade Organisationen, die erfolgreich sind und die erforderliche Zeit und Ressourcen haben in der Lage sind, in ihrer Umwelt nach neuen und innovativen Lösungen zu suchen und die Hinterfragung bestehender Lösungen frühzeitig voranzutreiben. Ressourcenreichtum entsteht, wenn die vorhandenen Ressourcen nicht vollständig im Tagesgeschäft aufgezehrt werden und somit frei und kreativ für Prozesse des Lernens eingesetzt werden können. Oft wird in Unternehmen über Zeitverschwendung, Doppelarbeiten, Leerlauf oder Personalüberschuß geklagt. Diese Erscheinungen sind es, die eben diesen Ressourcenüberschuß hervorrufen, der es ermöglicht, Fehler und Störungen im System zu identifizieren und so rasch wie möglich abzustellen. Ressourcenreichtum oder „organisational slack“ kann auf zwei verschiedene Weisen Lernen auslösen. Zum einen kann ein Abbau dieser Ressourcen zum Lernen führen. Die Reduktion der überschüssigen Ressourcen wird beispielsweise durch Prozesse der Restrukturierung (Business Process Reengineering) hervorgerufen. Zum anderen können durch vorhandene freie Kapazitäten innovative Lösungen sowie strukturelle Veränderungen erarbeitet werden, die eine Sogwirkung für interne Veränderungs- und Lernprozesse ergeben. Leider sind es aber noch immer sehr wenige Unternehmen die aufgrund der oben angeführten Strukturen ihre Möglichkeiten nutzen, um neue innovative Lösungen zu Samstag, 14. Mai 2016 Seite 20 von 39 Organizational Learning suchen oder Möglichkeiten zu erschließen, um zukünftige Komplexität und Probleme zu bewältigen. Es ist leider weitaus häufiger der Fall, daß Erfolg und Überfluß die Basis für Trägheit, Bewahrung von alten Verhaltensweisen und Ausschluß von neuen Strategien bilden. Das Festhalten an traditionellen Schemata und Bewahrung von Wissen hat zur Folge, daß Lernen verhindert wird. [Probst/Büchel 1998] Samstag, 14. Mai 2016 Seite 21 von 39 Organizational Learning 7 Methoden und Ansätze zur Förderung des organisationalen Lernens Nachdem bisher die analytischen und konzeptionellen Aspekte des organisationalen Lernens im Vordergrund standen, wird mit den hier folgenden Ansatzpunkten die Gestaltungsperspektive in den Vordergrund gerückt. Deshalb sollen nachfolgend Methoden und Maßnahmen im Hinblick auf lernende Organisationen in einem Ordnungschema näher erläutert werden. Dieses Ordnungsschema ordnet die Methoden den fünf elementaren Themenbereichen der Entwicklung einer Lernenden Organisation zu. Persönliche Meisterung Mentale Modelle Gemeinsame Visionen Lernen in der Gruppe Denken in Systemen 7.1 Methoden für den Themenbereich Persönliche Meisterung Man "wächst" als menschliches Individuum, man erkennt Möglichkeiten und Grenzen. 7.1.1 Coaching Beschreibung Coaching ist eine Form von lernpartnerschaftlicher Beziehung. Beim Coaching liegt der Fokus auf der Absicherung längerfristiger Arbeitsergebnisse, deren Erbringung sich über einem Zeitraum von einem Monat bis zu einem Jahr erstrecken können. Der Ansatz des Helfens liegt im gemeinsamen Durcharbeiten von Problemen mit dem Ziel, neue Fähigkeiten auszuprobieren und zu erwerben. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 22 von 39 Organizational Learning Für den Manager bedeutet dies, daß es ihm nicht gestattet ist, operative Tätigkeiten im Team zu übernehmen. Er sorgt für den notwendigen Informationsfluß zum und vom Team zu anderen organisatorischen Einheiten im Unternehmen und erfüllt die Aufgabe einer Interventionsstelle für Konflikte im Team, die von diesem nicht selbst gelöst werden können. Chancen - Vollständige Entfaltung eines Individuums - Optimaler Einsatz des betroffenen Mitarbeiters - Hohe Arbeitszufriedenheit Risiken - Frustration bis hin zu Arbeitsverweigerung und innerer Kündigung Interpretation Die Akzeptanz dieser Methode ist sehr stark von den persönlichen Einstellungen des betroffenen Mitarbeiters abhängig. Der Erfolg der Methode ist nur dann gewährleistet, wenn der Coach gute Führungsqualitäten besitzt. 7.1.2 Einbindung neuer Kooperationspartner Beschreibung Im Rahmen der Tätigkeitsfelder einer Organisationseinheit oder einer Projektgruppe werden neue, interne oder externe Partner zur Mitarbeit eingeladen bzw. unter Vertrag genommen. Chancen - In-Gang-Bringen/Verbessern des Informationsaustausches - Neue Ideen, neue Sicht- und Arbeitsweise - Verbesserung der Kooperation Samstag, 14. Mai 2016 Seite 23 von 39 Organizational Learning Risiken - Konflikte - Widerstände Interpretation Die Einbindung neuer Kooperationspartner beginnt bereits im kleinen, z. B. ein Mitarbeiter einer anderen Abteilung/Gruppe wird zur Zusammenarbeit in eine Abteilung/Gruppe aufgenommen. Neue Kooperationspartner können auch externe Berater, etc. sein. Die Akzeptanz der Methode hängt davon ab, woher der Kooperationspartner kommt. Sie wird i.a. höher sein, wenn der Partner aus dem eigenen Unternehmen stammt. 7.1.3 Feedback bei der Arbeit Beschreibung Jedes einzelne Teammitglied erhält so oft wie möglich Rückmeldungen (Feedback) von anderen Teammitgliedern und dem Teammanager, ob und inwieweit sein Verhalten und seine Beiträge in der Gruppe den Teamgeist stärken. Diese Art von Intervention dient der Vermittlung neuer Einstellungen und der Einübung adäquater Verhaltensweisen. Solche Maßnahmen sind insbesondere dann nötig, wenn beim Mitarbeiter vorhandene Verhaltensstrategien nicht mehr angemessen sind. Chancen - Weiterentwicklung der Mitarbeiter - Förderung der Kommunikation Risiken Die Wirkung des Feedbacks ist sehr stark von der Interpretation des Empfängers abhängig. Negative Interpretationen können leicht zu einer Beeinträchtigung oder gar Zerstörung des Gruppenklimas führen. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 24 von 39 Organizational Learning Interpretation Diese Methode ist vorwiegend als unterstützende Maßnahme für andere Methoden geeignet. Das Feedback sollte so kurz, prägnant und direkt wie nur möglich gehalten sein. Vorsicht: Nach den individuellen Erfahrungen eines Teammitglieds kann es vorkommen, daß ein positiv gemeintes Feedback als ein negatives interpretiert wird. 7.1.4 Konfrontation mit neuen, herausfordernden Aufgaben Beschreibung Dem Mitarbeiter werden neue Aufgaben gestellt, die für ihn eine Herausforderung darstellen. Sieht sich der Mitarbeiter in der Lage, die Aufgaben in dem geplanten Zeitraum zu bewältigen, so wirkt dies äußerst motivierend. Diese Konfrontation bietet auch die Chance neugelernte Verhaltensweisen zu üben. Chancen - Training on the job - Förderung der Motivation - Mitarbeiter unterliegt einem ständigen Lernprozeß Risiken Über- bzw. Unterforderung bei der Aufgabenbewältigung kann sehr leicht zum gegenteiligen Effekt der Demotivation bis hin zu Arbeitsverweigerung und innerer Kündigung führen. Interpretation Die Methode ist sehr gut und leicht einsetzbar. Die Anwendung muß durch entsprechendes Coaching unterstützt werden, um negativen Tendenzen (siehe Risiken) sofort gegensteuern zu können. Eine wesentliche Voraussetzung ist, daß im Unternehmen genügend neue Aufgaben vorhanden sein müssen. Die Methode ist Kultur- und Strukturunabhängig einsetzbar. Abhängig vom verfolgten Ziel kann langfristig betrachtet sowohl eine Stärkung als auch eine Schwächung der Unternehmenskultur erreicht werden. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 25 von 39 Organizational Learning 7.2 Methoden für den Themenbereich Mentale Modelle Sie beherrschen unsere Wahrnehmung der Welt. Um sie zu verändern, müssen sie als Startpunkt für Veränderungen aufgedeckt werden. 7.2.1 Bilden von Erfahrungsgemeinschaften Beschreibung Personen, die gleiche oder ähnliche Tätigkeiten ausführen, treffen sich regelmäßig, um über die Art und Weise, wie sie ihre Arbeit ausführen, zu sprechen. Insbesondere wird über die aufgetretenen Probleme und Lösungsmöglichkeiten diskutiert. Unterstützend können Videoaufnahmen von Tätigkeitsausführungen gezeigt und besprochen werden. Chancen - Evolutionäre Prozeßverbesserung - Wissenstransfer - Fehlervermeidung/-reduzierung bei der Durchführung der Tätigkeiten - Verbesserung der Kommunikation und Zusammenarbeit - Informelle Kommunikation, Knüpfen informeller Kontakte Risiken Verbesserungspotentiale bleiben möglicherweise ungenutzt, weil die Konzentration zu sehr auf den bestehende Abläufen liegt. Interpretation Die Akzeptanz dieser Methode ist sehr stark von den persönlichen Einstellungen der Mitarbeiter abhängig. Der Einsatz hat auf jeden Fall Auswirkungen auf die Mitarbeiter, da sie einem ständigen Lernprozeß ausgesetzt sind. Sie hat aber auch Auswirkungen auf die Kultur im Unternehmen, denn eine schwache Kultur kann durch den Einsatz gestärkt, aber eine starke NICHT geschwächt werden. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 26 von 39 Organizational Learning 7.2.2 Förderung von informellen Gruppenbeziehungen Beschreibung Um die Qualität der Teamarbeit zu verbessern, werden das Klima und alle Aktivitäten gezielt gefördert, die den Aufbau und die Pflege von informellen Gruppenbeziehungen fördern. Dies kann von der Einführung von gemeinsamen Kaffeepausen bis zur Organisierung von gemeinsamen sportlichen oder kulturellen Veranstaltungen reichen. Das Prinzip der Freiwilligkeit muß dabei streng gewahrt bleiben. Chancen - Abbau von Schranken zwischen Abteilungen - Verbesserung der Kommunikation, der Kooperation, des Betriebsklimas - Früherkennung von Problemen Risiken - Mißtrauen - Widerstände - Desinteresse Interpretation Durch den Einsatz dieser Methode ist es möglich, einen zentralen "Pausenraum" zu schaffen und gleichzeitig "lokale" Kaffeekränzchen aufzulösen. Es erfolgt eine Veränderung der Struktur in Richtung Empowerment. Mitarbeiter lernen andere Sichtweisen kennen und verbessern dadurch ihre Zusammenarbeit und ihre Arbeitsweisen. Sie werden verantwortungsbewußter. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 27 von 39 Organizational Learning 7.2.3 Interaktionsanalyse Beschreibung Diese Untersuchungsmethode ermöglicht die Analyse der Interaktionen von Menschen untereinander und mit Objekten ihrer Umgebung durch die systematische Auswertung von Videoaufnahmen. Sie erlaubt die Analyse von Praktiken im Kontext, in dem sie erfolgen. Chancen Ergibt eine detailliertere "Beschreibung" der Arbeitsabläufe wie eine rein verbale, da auch das unbewußte Verfahrenswissen des Mitarbeiters sichtbar wird. Risiken - Ablehnung durch die Mitarbeiter - Untersuchung wirkt als Kontrolle Interpretation Die erfolgreiche Anwendung dieser Methode bedarf einer intensiven Vorbereitung, im speziellen bei komplexen, interaktiven Prozessen. Weiterhin muß den Betroffenen zugesichert werden, daß z. B. die Geschäftsleitung nicht berechtigt ist, alle Videoaufzeichnungen nach Belieben zu sichten. Die Sichtung erfolgt nur gemeinsam mit den Betroffenen und nur zu den vorab vereinbarten Zwecken. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 28 von 39 Organizational Learning 7.3 Methoden für den Themenbereich Gemeinsame Visionen Organisationen werden um eine gemeinsame Vision errichtet, zu der alle Mitglieder beitragen. 7.3.1 Die Ideal-Organisation Beschreibung Mit Hilfe dieser Übung sollen die Idealvorstellungen, die jedes Organisationsmitglied von "seiner" Organisation hat, transparent gemacht werden. Neben dem Bild einer Ideal-Organisation werden auch persönliche Anliegen und Wünsche der Teilnehmer als Person und Gruppe sichtbar. Vorgehensweise : Die einzelnen Gruppenmitglieder spielen der Reihe nach den "König" der Organisation. Der jeweilige König gibt seine Wünsche für die Organisation bekannt und die übrigen Teilnehmer versuchen auf diese Veränderungsvorschläge zu reagieren. Jeder Teilnehmer versucht zu spüren, was passiert und wie die anderen Teilnehmer reagieren. Sowohl der König als auch die übrigen Teilnehmer erzählen, wie es ihnen gegangen ist: Wo fühlten sie sich gut, wo blockierten sie sich? Chancen - Förderung der Kommunikation - Abbau von Vorurteilen und Schranken - Verstärkung der Mitarbeiterbeteiligung - Noch latente Krisen können erkannt und somit rechtzeitig bereinigt werden. Risiken - Ausbruch von Konfliktherden Interpretation Die Methode ist vorwiegend für Mitarbeiter einer Organisation geeignet, die eine Leitungsfunktion innehaben, da den anderen Mitarbeitern (meist) der Weit- bzw. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 29 von 39 Organizational Learning Gesamtblick fehlt. Weiterhin soll darauf geachtet werden, daß die gesamte Wertschöpfungskette in dieser Gruppe durch Mitarbeiter repräsentiert wird. Kein Mitarbeiter muß über alle Teilprozesse des Unternehmens Bescheid wissen. Es genügt, wenn jeder Mitarbeiter seinen Aufgabenbereich exakt beschreiben kann, denn durch die Beschreibungen von Schnittstelle zu Schnittstelle bekommen alle ein Gesamt- und später durch die Diskussion ein Idealbild der Organisation. Der erfolgreiche Einsatz dieser Methode ist sehr stark von den Fähigkeiten des Moderators abhängig. Nicht bewältigte und vom Moderator "geschürte" Konflikte können negative Auswirkungen auf das Betriebsklima haben. Ein wertneutrales Unternehmensbild des Moderators ist daher unumgänglich notwendig. 7.3.2 Projekt-Prototyping Beschreibung Projekt-Prototyping ist ein kooperationsunterstützendes Werkzeug. Um innerhalb einer Projektgruppe ein gemeinsames Verständnis für die zu bewältigenden Aufgaben im Rahmen des Projekts zu erreichen, werden in periodischen Projektsitzungen die Zielvorstellungen und Erwartungen der einzelnen Projektmitglieder erhoben und zu einer gemeinsamen Zielvorstellung geführt. Der erzielte Konsens wird in Projektnotizen schriftlich festgehalten, um bei Bedarf darauf zurückgreifen zu können. Chancen - Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses und gemeinsamer Zielvorstellungen - Geordnete, ganzheitliche Teamentwicklung Risiken - Nichterfüllung der Erwartungen und Ziele ergibt Konfliktpotential Samstag, 14. Mai 2016 Seite 30 von 39 Organizational Learning Interpretation Kosten, Zeit und Manpower für den Einsatz dieser Methode sind als gering zu bewerten verglichen mit der zu erwartenden Projektdauer. Eine bessere Qualität der Projektdurchführung kann gewährleistet werden. Sie ist als eine der Kernmethoden des organisational Learning anzusehen und kulturunabhängig einsetzbar. Im Gegensatz zur Methode der moderierten Teamsitzung unterstützt Projekt-Prototyping im speziellen das Entwickeln von gemeinsamen Visionen und fördert Systemdenken. Weiters bietet sie Unterstützung bei der Projektarbeit speziell im Bereich Geschäftsprozeßmanagement, um Prozeßentwicklung und -gestaltung zu begleiten. 7.4 Methoden für den Themenbereich Lernen in der Gruppe Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Menschen entwickeln sich über ihren persönlichen Horizont bzw. Kapazität hinaus. 7.4.1 Aufbau eines Vorschlags- und Innovationswesens Beschreibung Es werden möglichst durchlässige Kanäle für Veränderungsideen geschaffen, um kreative Veränderungsideen von allen Mitarbeitern zu fördern. Quelle: [Probst/Büchel 1994, S 160 f.] Chancen - Kreativitätssteigerung - Verstärkte Identifikation mit dem Unternehmen - Zugriff auf das Ideen/Wissenspotential der Mitarbeiter - Entwicklung eines Ideenmarktes Risiken - Kann zu einem "Absahnungsinstrument" verkommen - Schüren des Konkurrenzdenkens unter den Mitarbeitern (Ideendiebstahl) Samstag, 14. Mai 2016 Seite 31 von 39 Organizational Learning Interpretation Beim Einsatz dieser Methode sind sehr unterschiedliche Wege möglich ein derartiges System einzuführen, wobei eine adäquate Unternehmenskultur der wichtigste Erfolgsfaktor ist. In Produktionsbetrieben ist der Einsatz dieser Methode transparenter/sichtbarer, da die Messung der Umsetzung leichter visualisierbar bzw. meßbar ist als im Verwaltungsbereich. Die Einführung erscheint bei einer hierarchischen Struktur sinnvoll, da diese Methode eine strukturierte Vorgehensweise verlangt und hierarchische Organisationen eindeutige Strukturen vorziehen. In flachen, Empowerment-Organisationen sind eindeutige festgehaltene Abläufe bei der Innovation nicht unbedingt erforderlich, oft wirken sie hindernd, da sich die Mitarbeiter selbst entfalten wollen. Der Einsatz dieser Methode führt auf jeden Fall in Richtung Empowerment. Vertrauen zu den Vorgesetzten ist unabdingbare Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz der Methode. 7.4.2 Moderierte Teamsitzung Beschreibung Diese Vorgehensweise ist eine besondere Form der Problemlösung unter Einbindung aller betroffenen Mitarbeiter. Alle Mitarbeiter werden zu einer moderierten Teambesprechung eingeladen. Ziele und notwendige Zusatzinformationen werden rechtzeitig vor dem Besprechungstermin bekanntgegeben. Alle von den Mitarbeitern während der Besprechung eingebrachten Ideen werden gesammelt, gruppiert und anschließend in einem Endbericht zusammengefaßt. Sie bilden die Grundlage für anstehende Entscheidungen bzw. organisatorische Veränderungen. Chancen - Schaffen eines holistischen Bildes - Verbesserung der informellen Kommunikation - Verbesserung der Kooperation - Informationen von allen Mitarbeitern und damit bessere Entscheidungsgrundlage Samstag, 14. Mai 2016 Seite 32 von 39 Organizational Learning Risiken - Mißbrauch bzw. Manipulation des Moderators Interpretation Im Unterschied zu Projekt-Prototyping wird in der moderierten Teamsitzung ein Sachthema in einem (oder Bedarfsfall auch mehreren) Treffen behandelt. Es werden hier KEINE Beziehungen, Erwartungshaltungen, etc. behandelt. 7.4.3 Stärken-/Schwächenkatalog Beschreibung In Teamarbeit werden zwei Listen erstellt, die die Stärken bzw. Schwächen der betrachteten Organisation enthalten. Sie dienen zur Identifikation der Verbesserungspotentiale. Chancen - Artikulation der Sichtweisen einzelner Mitarbeiter - Erkennen nicht ausgeschöpfter (Veränderungs-) Potentiale Risiken - Rückzug der Mitarbeiter aus Angst vor negativem Feedback Interpretation Diese Methode hat sich in der Praxis bewährt und ist mit relativ geringem Aufwand durchführbar. Man sollte sich jedoch der Subjektivität der Methode bewußt sein, da in bestimmten Situationen eine Stärke zu einer Schwäche werden kann und umgekehrt. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 33 von 39 Organizational Learning 7.5 Methoden für den Themenbereich Denken in Systemen Alles ist aus Systemen aufgebaut. Menschen sind ein Teil dieser Systeme und haben die Fähigkeit, sie zu beeinflussen. 7.5.1 Beziehungslandkarte Beschreibung Ziel der Beziehungslandkarte ist es, die Qualität der Beziehungen in einer Arbeitsgruppe, Abteilung oder zwischen verschiedenen Unternehmensbereichen sichtbar und bearbeitbar zu machen. Eine individuelle und gemeinsame Auseinandersetzung der Teilnehmer mit dem subjektiv erlebten Beziehungsgefüge soll in Gang gebracht werden. Die Teilnehmer erarbeiten ein gemeinsames Bild der Beziehungssituation aufgrund ihrer persönlichen Einschätzung. Es muß darauf hingewiesen werden, daß es sich hierbei nur um eine Momentaufnahme von sich wandelnden Beziehungsmustern handeln kann. Die Teilnehmer erarbeiten, jeder für sich ihre individuelle Sicht der gegenseitigen Beziehungen im System. Anschließend werden die unterschiedlichen Sichtweisen vorgetragen und darüber diskutiert. Chancen Möglichkeit, sein Empfinden und seine Meinung zu den Beziehungen in einer Arbeitsgruppe, Abteilung usw. zu äußern. Frühzeitiges Erkennen von Potentialen für gute Kommunikationskanäle. Risiken Konfliktpotential durch Offenlegung der Beziehungen. Interpretation Beim Einsatz dieser Methode muß man sich immer vor Augen führen, daß es nicht leicht ist, ein gemeinsames Ergebnis zu erreichen. Sie ist aber sehr gut geeignet, um informelle Führer zu erkennen. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 34 von 39 Organizational Learning 7.5.2 System-Simulation Beschreibung Die Teilnehmer an einer System-Simulation führen ein methodisch unterstütztes Spiel am Computer durch. In mehreren Schritten formulieren die Teilnehmer zunächst in strukturierten Kommunikationsprozessen ihre Fragestellungen. Danach wird ein Modell dieser Fragestellung erstellt und die Variablen werden identifiziert, die aus der Sicht der Teilnehmer auf die Fragestellung wirken. Diese Systemvariablen werden miteinander vernetzt. Somit entsteht ein Systemmodell der Fragestellung als Ergebnis des Gruppenprozesses. Im eigentlichen Prozeß der Simulation werden die Einflußfaktoren systematisch variiert. So werden systematische Zusammenhänge und Abhängigkeiten sichtbar. Chancen - Exakteres und mehr Wissen über die Organisation als Ganzes - Transparenz der Zusammenhänge - Erkennen von Verbesserungspotentialen - Vermeidung von Konfrontationen, da man auf abstrakter Ebene arbeitet - Durchspielen und Bewerten von mehreren Szenarien Risiken - Verlust des Realitätsbezugs, da man nur in Szenarien denkt - Mißinterpretation durch falschen Einsatz technischer Hilfsmittel (--> falsche Ergebnisse, Wege) Interpretation Diese Methode ist als eine Kernmethode für Organizational Learning anzusehen, da sie das Denken in Modellen und Systemen fördert. Der Einsatz dieser Methode ist vor allem in technisch orientiertem Umfeld zu bevorzugen und kann dort zu einer Akzeptanzsteigerung führen. Sie spricht vor allem jene Mitarbeiter an, die in abstraktem und modellhaftem Denken geschult sind. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 35 von 39 Organizational Learning 8 Welche Auswirkungen hat organisationales Lernen auf die Führung und Entwicklung in einem Unternehmen? 8.1 Rolle der Führungskräfte Den Führungskräften kommt in der lernenden Organisation eine zentrale Rolle zu. Es ist Aufgabe der Führungskräfte, ein Klima und die Rahmenbedingungen zu schaffen, die ein Unternehmen zu einer lernenden Organisation werden lassen. Bei der Erreichung dieses Zieles nehmen Führungskräfte zwei grundlegende Funktionen ein. Sie müssen - sicherlich mit Unterstützung von außen – Konzepte entwickeln zur Realisierung von Prozessen des organisationalen Lernens: Wo setzt man an, welche Stufen will man erreichen, welche Methoden setzt man ein... . Sie müssen eine sinnvolle Ausbildung der Lernakteure ermöglichen, und sie müssen bereit sein, organisationale Veränderungen voranzutreiben. Zum anderen sind sie aber auch dafür verantwortlich die Prozesse des organisationalen Lernens zu „lenken“. Im Gegensatz zur ersten Funktion betrifft diese Aufgabe nicht nur Führungskräfte an der Spitze, sondern die Führungskräfte aller Ebenen – bis hinunter zum Meister/Vorarbeiter. Prozesse des organisationalen Lernens zu „lenken“ bedeutet, daß man die Kommunikation in Gruppen mittels prozessualer Gestaltung, Moderation und den Einsatz geeigneter Methoden so steuert, daß sich ein gemeinsames organisationales Wissen entwickelt, daß dann zu neuen handlungsleitenden Maximen wird. Um selbst in Zukunft erfolgreich zu sein, müssen Führungskräfte die komplexen Zusammenhänge und dynamischen Vorgänge des Lernens nicht nur verstehen, sondern auch anderen verständlich machen können. So werden sie in den bestehenden Lernprozessen Vorbild, Moderator und Dienstleister zugleich. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 36 von 39 Organizational Learning 8.2 Auswirkungen auf die Organisation Am Ende dieser Abhandlung kann festgehalten werden, daß sich lernende Unternehmen nur realisieren lassen, wenn bestimmte Rahmenbedingungen gegeben sind. Diese sollen hier nochmals kurz zusammengefaßt werden. Die Voraussetzungen zur Entwicklung einer lernenden Organisation sind gegeben, wenn - Informationen, Macht und Entscheidungsgewalt dezentralisiert werden; - streng hierarchisch gestaltete Organisationen durch lose gekoppelte, fehlerfreundliche Systeme ersetzt werden; - die Mitarbeiter (im Sinne eines Empowerment) ermächtigt werden, über ihre Arbeit, Wahrnehmungen, Ideen, Wünsche und Hoffnungen offen und vertrauensvoll zu kommunizieren sowie Dinge auszuprobieren und hierbei Ihre Erfahrungen zu machen; - die Prozesse des organisationalen Lernens (und Veränderns) immer wieder im Sinne eines Deutero-Lernens reflexiv betrachtet und aufgetretene Hindernisse durch konstruktive Kommunikation nach und nach reduziert werden. Bei der Entwicklung eines lernenden Unternehmens werden sich diese vier Aspekte, die sich natürlich wechselseitig bedingen, nach und nach verändern: Mitarbeiter können nur sinnvoll miteinander über ihre Arbeit, Probleme etc. kommunizieren, wenn sie ausreichende Informationen haben; sie werden nur etwas Neues ausprobieren, wenn Systeme fehlerfreundlich sind; Probleme in der Reduzierung von Macht und der Dezentralisierung von Entscheidungsgewalt können nur erkannt werden, wenn sie in reflexiven Prozessen kommuniziert werden usw. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 37 von 39 Organizational Learning 8.3 Was bringt der Umbau zur lernenden Organisation Abschließend soll in einer Übersicht zusammenfassend dargestellt werden, was organisationales Lernen tatsächlich leisten kann. Umfassende Mobilisierung der Mitarbeiter Nachhaltige Sicherung und Mehrung von Wissen Wertorientierte Führung und Managemententwicklung: Förderung und Steigerung des Führungskapitals eines Unternehmens Selbstmanagement und Umgang mit Konflikten Kostensenkung durch reduzierte Fluktuation, hohe Unternehmensbindung, niedrigen Krankenstand und wachsende Attraktivität Die Kompetenzen einer lernenden Organisation und damit auch die Wege zur erfolgreichen Realisierung sind höchst individuell und verschließen sich standardisierten Patentlösungen. Es lohnt sich aber diesen Weg zu gehen, denn die hier realisierbaren Potentiale zahlen sich langfristig in jedem Fall für die Entwicklung eines Unternehmens aus. Samstag, 14. Mai 2016 Seite 38 von 39 Organizational Learning 9 Literaturverzeichnis Argyris, C.; Schön, D.A. (1978): Organizational Learning: A Theory of Action Perspective, Reading, Mass: Addison-Wesley Argyris, C., Schön, D.A. (1996): Organizational Learning II: Theory, Method and Practise, Reading, Mass.: Addison-Wesley Eberl, P. (1996): Die Idee des organisationalen Lernens: Konzeptionelle Grundlagen und Gestaltungsmöglichkeiten. Bern u.a.: Haupt Geißler, H. (1995): Grundlagen des Organisationslernens, Weinheim: Deutscher Studien Verlag Probst, Gilbert J.B.; Büchel, B.S.T. (1998): Organisationales Lernen: Wettbewerbsvorteil der Zukunft, Wiesbaden: Gabler Wahren, H.-K. (1996): Das lernende Unternehmen: Theorie und Praxis des organisationalen Lernens, Berlin, New York: Walter de Gruyter Wieselhuber & Partner(1997): Handbuch der lernenden Organisation –Unternehmenund Mitarbeiterpotentiale erfolgreich erschließen, Wiesbaden: Gabler Samstag, 14. Mai 2016 Seite 39 von 39