1 Dr. Werner Hinz, Richter am Amtsgericht, Pinneberg Einstweiliger Rechtsschutz in Mietsachen I. Einleitung Die Parteien des Mietvertrags können ihre gegenseitigen Ansprüche regelmäßig nur im Rahmen eines staatlichen Verfahrens vor staatlichen Gerichten durchsetzen; ein Selbsthilferecht ist auf ganz wenige eng begrenzte Ausnahmefälle beschränkt (vgl. §§ 229 ff., 562b Abs. 1, 859 f. BGB). Allerdings vergeht bis zur Erlangung eines vollstreckbaren Titels – je nach Arbeitsweise und Belastung des zuständigen Gerichts – oftmals eine geraume Zeit. Das hat bisweilen zur Folge, dass der Gläubiger bis zum Vorliegen eines Urteils sein Interesse an dem Streitgegenstand längst verloren hat oder dass eine Vollstreckungsmöglichkeit aufgrund einer inzwischen eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ohnehin nicht mehr besteht. Deshalb eröffnet die ZPO dem Gläubiger im 8. Buch, 5. Abschnitt einstweiligen Rechtsschutz in Gestalt von Arrest und einstweiliger Verfügung. Gerade der Mietprozess wirft im Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes eine Vielzahl von Kontroversen und ungeklärten Fragen auf. Das mag auch darauf zurückzuführen sein, dass bei Arrest- und Verfügungssachen eine Revision nicht statthaft ist (vgl. § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO); eine Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen durch den BGH, wie sie in anderen Bereichen des Mietrechts kontinuierlich erfolgt, ist hier nicht möglich1. II. Arten des einstweiligen Rechtsschutzes Arrest und einstweilige Verfügung haben unterschiedliche Zielrichtungen. Während der Arrest der Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen (§ 916 Abs. 1 ZPO) dient, bezweckt die einstweilige Verfügung die Sicherung eines Individualanspruchs (§ 935 ZPO – sog. Sicherungsverfügung) oder die vorläufige Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses (§ 940 ZPO – sog. Regelungsverfügung)2. Die dogmatische Abgrenzung von Sicherungs- und Regelungsverfügung mag im Einzelfall schwierig sein; in der Praxis ist sie indes ohne Bedeutung 3. Vielfach wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf beide Vorschriften (§§ 935, 940 ZPO) gestützt. Beide gesetzliche Grundtypen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie das Aktualisierte und erweiterte Fassung eines Vortrags, den Verf. auf der Herbstveranstaltung des Deutschen Mietgerichtstags am 9.9.2005 in Stuttgart gehalten hat. Bearbeitungsstand: Anfang November 2005. 1 Vgl. BGH, NJW 2003, 1531; a. A. offenbar KG, ZMR 2005, 47, 48. 2 Scholz, in: Schmid, Miete und Mietprozess, 4. Aufl. 2004, Kap. 24 Rn 128. 3 S. auch Schuschke, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl. 2005, Vorbem. zu § 935 Rn 30, § 940 Rn 1. 2 Rechtsverhältnis der Parteien nur vorübergehend regeln können, eine endgültige Regelung mithin dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleibt. Neben diesen Grundtypen der einstweiligen Verfügung hat die Rechtspraxis in Anlehnung an spezialgesetzliche Regelungen (§§ 1615o BGB, 85 Abs. 1 PatG, 20 GebrMG, 19 Abs. 3 MarkenG) als weitere Fallgruppe die sog. Leistungsverfügung entwickelt4. Grundsätzlich darf auch die Leistungsverfügung nicht zur vollständigen Erfüllung des Verfügungsanspruchs führen und damit die Hauptsache vorwegnehmen. Eine Ausnahme wird jedoch dann zugelassen, wenn der Antragsteller dringend auf die sofortige Erfüllung seines Leistungsanspruchs angewiesen ist und ein Abwarten des ordentlichen Verfahrens zu irreparablen Schäden führen würde5. Im Hinblick auf den Dauerschuldcharakter des Mietverhältnisses ist die Leistungsverfügung aber gerade hier von großer Relevanz. Hingegen führt der Arrest im Mietprozess ein ausgesprochenes Schattendasein. Dem Sicherungsbedürfnis des Vermieters hinsichtlich seiner Geldforderungen trägt in aller Regel die Mietsicherheit Rechnung, auf die er in bestimmten Fällen sogar während des laufenden Mietverhältnisses zugreifen darf (s. dazu III 3 p). Bei der Gewerberaummiete ist zudem auch das Vermieterpfandrecht von Relevanz. Indessen geht die Zwangsvollstreckung, deren Sicherung das Arrestverfahren dient, insbesondere bei einkommensschwachen Mietern regelmäßig ins Leere, zumal die Forderungen gegenüber dem Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses meist außerordentlich hoch sind. Ein besonderes Sicherungsbedürfnis des Mieters ist im Allgemeinen nicht gegeben, da ihm bei Leistungsstörungen des Vermieters ein weitreichendes Zurückbehaltungsrecht zusteht (§§ 273, 320 BGB). Daher ist – entgegen der gesetzlichen Reihenfolge – zunächst die einstweilige Verfügung zu behandeln (III), im Anschluss daran sind die Grundzüge des Arrestverfahren darzustellen (IV). III. Einstweilige Verfügung 1. Voraussetzungen a) Verfügungsanspruch Der Antragsteller muss gegen den Antragsgegner einen (regelmäßig) nicht auf Geld gerichteten Individualanspruch haben. Dieser ergibt sich – nicht anders als im Klageverfahren – aus dem materiellen Recht. Der Anspruch braucht nicht auf eine endgültige Regelung des Rechtsverhältnisses gerichtet zu sein; auch ein vorübergehender Anspruch, z.B. ein Besitz- 4 Vgl. nur Zöller/Vollkommer, 25. Aufl. 2005, § 935 Rn 2. Dabei dürfte es sich nach zutreffender Auffassung wohl um einen Anwendungsfall der Regelungsverfügung des § 940 ZPO handeln; auch bei der Leistungsverfügung geht es letztlich um die Sicherung des Rechtsfriedens durch eine vorläufige Regelung. 3 schutzanspruch aufgrund verbotener Eigenmacht (§§ 861 f. BGB) oder ein befristeter Anspruch kann durch einstweilige Verfügung gesichert werden6. b) Verfügungsgrund Weitere Voraussetzung zum Erlass einer einstweiligen Verfügung ist ein Verfügungsgrund. Dieser liegt im Falle der Sicherungsverfügung in der objektiv begründeten Besorgnis des Antragstellers, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung seines Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (vgl. § 935 ZPO); bei der Regelungsverfügung muss die erbetene gerichtliche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheinen (vgl. § 940 ZPO). Erforderlich ist also regelmäßig eine Eilbedürftigkeit der Angelegenheit, die dem Antragsteller ein Abwarten auf den Ausgang des Klageverfahrens unzumutbar erscheinen lässt7. Das bedeutete zugleich, dass das Interesse des Antragstellers an einem schnellen Titel das Interesse des Antragsgegners, erst in einem regulären Rechtsstreit verurteilt zu werden, überwiegt (Interessenabwägung)8. c) Glaubhaftmachung Der Antragsteller muss den Verfügungsanspruch und den Verfügungsgrund glaubhaft machen (§§ 920 Abs. 2, 936 ZPO). Eine volle Beweisführung wie im Klageverfahren ist aufgrund des summarischen Charakters des einstweiligen Verfügungsverfahrens nicht erforderlich. An die Stelle der gerichtlichen Überzeugungsbildung von der Richtigkeit der streitigen Behauptung tritt eine Wahrscheinlichkeitsfeststellung9. Gleichwohl ist ein substanziierter Vortrag des Antragstellers, der sämtliche für den materiell-rechtlichen Verfügungsanspruch sowie für die Eilbedürftigkeit maßgeblichen Tatsachen umfasst, unumgänglich. Die Glaubhaftmachung muss sich sodann auf sämtliche für den Erlass der einstweiligen Verfügung maßgeblichen Tatsachen beziehen. Der Antragsteller kann sich zur Glaubhaftmachung eines Tatsachenvortrags aller zulässigen Beweismittel (z.B. Zeugenbeweis, Urkundenbeweis) bedienen; darüber ist die eidesstattliche Versicherung ein zulässiges und in der Praxis vielfach genutztes Mittel der Glaubhaftmachung (vgl. § 294 Abs. 1 ZPO). Dabei kann – vorbehaltlich der freien gerichtlichen Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) – auch die eigene Versicherung der beweisbelasteten Partei ausreichen. 5 KG, ZMR 2005, 47, 48; LG Bamberg, ZMR 2004, 581, 582; tendenziell großzügiger OLG Rostock, WuM 2004, 471, 472. 6 Schneider, MDR 2004, 319. 7 Schneider, MDR 2004, 319; AG Brandenburg, WuM 2005, 67, 69. 8 Ulrici, ZMR 2004, 404, 405. 9 S. Zöller/Geimer (o. Fußn. 4), § 294 Rn 1; BGH, VersR 1976, 928, 929. 4 Die eidesstattliche Versicherung bedarf keiner bestimmten Form; nach dem Urteil des BayObLG vom 23.2.199510 kann sie dem Gericht auch per Telefax übermittelt werden. Allerdings ist diese Entscheidung in der Praxis der Instanzgerichte teilweise auf Kritik gestoßen. Im Zweifel sollte die eidesstattliche Versicherung daher im Original eingereicht, zumindest aber unverzüglich nachgereicht werden. Im Übrigen muss die eidesstattliche Versicherung eine eigene Darstellung der glaubhaft zu machenden Tatsachen enthalten, sie darf sich nicht in einer bloßen Bezugnahme auf den anwaltlichen Schriftsatz erschöpfen11. 2. Anträge a) Sachantrag Wenngleich es im Hinblick auf § 938 Abs. 1 ZPO ausreichen dürfte, wenn der Antragsteller lediglich sein konkretes Rechtsschutzziel angibt12, werden in der Praxis regelmäßig Sachanträge formuliert. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung muss ebenso wie ein Klageantrag dazu geeignet sein, die erforderliche Klarheit über Umfang und Reichweite der begehrten gerichtlichen Entscheidung zu verschaffen. Daher muss in einem Unterlassungsantrag die beanstandete Verletzungshandlung genannt werden, welche die Grundlage der Unterlassungsvollstreckung (§ 890 ZPO) bilden kann13. Wird die Herausgabe von Gegenständen (u. U. auch an einen Sequester) begehrt, sind diese so konkret zu bezeichnen, dass sie im Falle einer Zwangsvollstreckung identifizierbar sind14. – Aus dem Verfügungsantrag sollte sich zudem ergeben, dass nur eine vorläufige Regelung erstrebt wird, da anderenfalls eine Teilzurückweisung droht15. b) Weitere Anträge Gem. § 937 Abs. 2 ZPO kann die einstweilige Verfügung in dringenden Fällen ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (vgl. §§ 922 Abs. 1 Satz 1, 936 ZPO) ergehen. Der Antragsteller sollte daher auf jeden Fall beantragen, - dass wegen der besonderen Dringlichkeit eine Entscheidung ohne vorherige mündliche Verhandlung ergeht, - hilfsweise dass umgehend Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt wird. Durch den Hilfsantrag kann u. U. vermieden werden, dass das Gericht den Antrag sofort durch Beschluss zurückweist. 10 NJW 1996, 406, 407 f. BGH, NJW 1988, 2045 f.; 1996, 1682. 12 MünchKomm/Heinze, ZPO, 2. Aufl. 2001, § 938 Rn 7 m. w. Nachw. 13 OLG Hamm, MDR 2000, 386; Zöller/Vollkommer (o. Fußn. 4), § 935 Rn 4. 14 Vgl. Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl. 2004, Rn 615; 15 Schneider, MDR 2004, 319. 11 5 Wird die Unterlassung oder die Duldung der Vornahme einer Handlung (§ 890 Abs. 1 ZPO) beantragt, so sollte die Androhung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft sogleich mitbeantragt werden, damit das Gericht diese schon in der einstweiligen Verfügung aussprechen kann. Anderenfalls bedarf es eines erneuten gerichtlichen Beschlusses (§ 890 Abs. 2 ZPO), der erst nach Anhörung des Schuldners ergehen kann (§ 891 Satz 2 ZPO). 3. Fallgestaltungen Nachfolgend werden die wichtigsten Fallgestaltungen der einstweilen Verfügung dargestellt; die Reihenfolge orientiert sich weitgehend an der Chronologie des Mietverhältnisse vom Beginn bis zur Beendigung. a) Doppelvermietung aa) Ausgangslage Aus dem Mietvertrag erwächst dem Mieter der Anspruch gegen den Vermieter auf Gebrauchsüberlassung der Mietsache (vgl. § 535 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB). Vielfach liegt zwischen Vertragsschluss und dem vereinbarten Übergabetermin eine geraume Zeit; diese kann der Vermieter dazu nutzen, über das Mietobjekt einen weiteren Mietvertrag mit einem Dritten, u. U. sogar mehrere konkurrierende Mietverträge abzuschließen. Die Motivation für ein solches Verhalten kann durch unterschiedlich sein. Vielleicht hat der Konkurrent eine höhere Miete geboten, vielleicht haben sich beim Vermieter zwischenzeitlich Zweifel an der Bonität des ersten Mieters eingestellt16. Denkbar ist aber auch, dass der erste Mietvertrag vom Vermieter selbst, der zweite indes von seinem Vertreter in Unkenntnis der bereits erfolgten Vermietung abgeschlossen wird. bb) Verbot der Drittüberlassung Im Falle der Doppelvermietung sind beide Mietverträge uneingeschränkt wirksam17; auch der spätere Mieter erhält einen vollwertigen Anspruch auf Überlassung der Mietsache nach § 535 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB. Denn der Vermieter kann sich mehrfach zur Erbringung derselben Leistung verpflichten; ein Prioritätsprinzip wie etwa im Sachenrecht (vgl. etwa § 1209 BGB betr. die Befriedigung mehrerer Pfandgläubiger) ist dem Schuldrecht unbekannt. Es fragt sich jedoch, ob der erste Mieter die Besitzüberlassung an den Dritten im Wege einer einstweiligen Verfügung verhindern kann. In Betracht kommt eine Sicherungsverfügung nach § 935 ZPO; der Antrag wäre auf die Untersagung der Besitzüberlassung an den 16 Vgl. Kluth/Grün, NZM 2002, 473, 474; Deleder/Pellegrino, NZM 1998, 550, 555 f. 6 Dritten zu richten (vgl. § 938 Abs. 2 ZPO)18. Eine Leistungsverfügung, gerichtet auf Überlassung des Mietobjekts an den Antragsteller, wäre hingegen regelmäßig unzulässig, da sie die Hauptsache vorweg nehmen würde19. Hat der Vermieter die Mietsache bereits an einen der Mieter überlassen, so kommt für den anderen Mieter eine Sicherung seines Besitzverschaffungsanspruchs durch einstweilige Verfügung nicht mehr in Betracht. Der enttäuschte Mieter könnte u. U. noch auf die Erfüllung seines Mietvertrags durch Überlassung der Sache an ihn (etwa nach Beendigung des konkurrierenden Mietvertrags) dringen. Doch würde eine darauf gerichtete einstweilige Verfügung wiederum die Hauptsache vorwegnehmen, was ihre Unzulässigkeit zur Folge hätte20. (1) Verfügungsanspruch Als Verfügungsanspruch für ein Überlassungsverbot nach §§ 935, 938 Abs. 2 BGB käme allein der Anspruch des Mieters auf Gebrauchsüberlassung der Mietsache gem. § 535 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB in Betracht. Nicht überzeugen kann es, wenn der Verfügungsanspruch teilweise auf die Nebenleistungspflicht des Vermieters, eine Besitzübergabe an Dritte zu unterlassen, gestützt wird21. Zum einen ist das Interesse des Mieters allein auf die Sicherung seines Primäranspruchs gerichtet; zum anderen liefe eine Sicherung des Unterlassungsanspruchs im Wege der einstweiligen Verfügung insoweit auf eine Vorwegnahme der Hauptsache hinaus22. (2) Verfügungsgrund Dieser setzt zunächst die Besorgnis voraus, dass durch eine Überlassung der Mietsache an den Konkurrenten die Verwirklichung des Anspruchs des Erstmieters auf Gebrauchsüberlassung vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Nun wird dem Vermieter allein durch die Überlassung des Mietobjekts an den Konkurrenten die Erfüllung des Anspruchs aus dem Erstmietvertrag noch nicht (subjektiv) unmöglich. Nach dem im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung zum 1.1.200223 neu gefassten § 275 Abs. 2 BGB kann ein Unvermögen des Schuldners bei Verlust seiner Dispositionsmöglichkeit nur angenommen werden, wenn die Wiederbeschaffung des Sache „einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts 17 OLG Hamm, NZM 2004, 192, 193; Wichert, ZMR 1997, 16; Kluth/Grün, NZM 2002, 473, 474; Deleder/Pellegrino, NZM 1998, 550, 556. 18 Denkbar wäre auch ein Antrag auf Sequestration der Mietsache, die aber wegen des damit verbundenen hohen finanziellen Aufwands meist nicht in Betracht kommt; dazu Zöller/Vollkommer (o. Fußn. 4), § 939 Rn 7 ff. 19 Katzenstein, ZZP 2003, 459, 468 Fußn. 39; Deleder/Pellegrino, NZM 1998, 550, 557. 20 Kluth/Grün, NZM 2002, 473, 478. 21 So Deleder/Pellegrino, NZM 1998, 550, 557. 22 So zutr. Kluth/Grün, NZM 2002, 473, 476. 23 BGBl. I 2001, 3138. 7 des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht". Die Gesetzesmaterialien sprechen von einem „völlig indiskutablen Aufwand"24; in der Literatur wird als Kriterium für die Anwendbarkeit des § 275 Abs. 2 BGB die „krasse Ineffizienz" der Leistungserbringung genannt25 Andererseits erlangt der Konkurrent mit der Gebrauchsüberlassung den unmittelbaren Besitz an der Mietsache einschließlich aller damit verbundenen weitreichenden Schutzrechte gegenüber dem Vermieter wie gegenüber Dritten (§§ 861 f., 823 BGB). Hingegen verliert der Vermieter mit der Überlassung seine Dispositionsmöglichkeit über das Mietobjekt jedenfalls dann endgültig, wenn der begünstigte Mieter nicht mehr oder nur noch gegen einen unverhältnismäßigen Aufwand willens ist, das Mietverhältnis zu beenden und die Sache zurückzugewähren. Allein diese ernsthafte Gefahr eines Verlustes des Überlassungsanspruchs kann ein dringendes Sicherungsbedürfnis des Erstmieters rechtfertigen. Weiter muss das Interesse des Antragstellers an einen schnellen Titel gegenüber dem Interesse des Antragsgegners, eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten, überwiegen (s. o. III 1 b). Das wurde lange Zeit als unproblematisch erachtet. So führte das OLG Düsseldorf im Jahre 199026 aus, dass der Verfügungsgrund auf der Hand liege, der Vermieter habe die mit dem antragstellenden Mieter vereinbarte Besitzüberlassung durch den Abschluss des weiteren Mietvertrags mit dem Dritten ernsthaft gefährdet. Die Wende erfolgte mit dem Urteil des OLG Frankfurt vom 28.8.199627. Danach kann dem Vermieter im Falle einer Doppelvermietung nicht im Wege der einstweiligen Verfügung vorgeschrieben werden, an welchen Gläubiger er zu leisten habe. Es sei im Hinblick auf die Privatautonomie als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts allein seine Sache zu bestimmen, welche Gläubigerforderung er erfülle und welchem Gläubiger er Schadensersatz leiste. Bis zur Zwangsvollstreckung sei es dem Vermieter möglich zu entscheiden, an wen er leisten wolle. Anderenfalls wäre er gezwungen, an den Mieter zu leisten, der als erster eine einstweilige Verfügung erwirkt habe, es „würde unter Verzicht auf jedes Sachargument nur der Zufall" über die Erfüllung entscheiden28. Dem OLG Frankfurt haben sich in der Folgezeit die OLG Brandenburg, Schleswig und Hamm29 sowie eine Großteil der Fachliteratur30 angeschlossen. Dage- 24 BT-Drs. 14/6040, S. 129; dazu Katzenstein, ZZP 2003, 459, 463. MünchKomm/Ernst, BGB, 4. Aufl. 2001 ff., § 275 Rn 52, 74. 26 NJW-RR 1990, 137, 138. 27 ZMR 1997, 22. 28 OLG Frankfurt, ZMR 1997, 22, 23. 29 OLG Brandenburg MDR 1998, 98; OLG Schleswig, MDR 2000, 1428; OLG Hamm, NZM 2004, 192. 30 Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 8. Aufl. 2003, § 536 Rn 274; Blank, in: Blank/Börstinghaus, Miete, 2. Aufl. 2004, § 536 Rn 22; Schuschke, in: Schuschke/Walker (o. Fußn. 3), 25 8 gen hält eine starke Fraktion im Schrifttum im Falle der Doppelvermietung eine Sicherung des Überlassungsanspruchs im Wege der einstweiligen Verfügung für zulässig. Während die Mehrzahl der Autoren dem Mieter den Vorrang einräumen, der als erster eine einstweilige Verfügung erwirkt und vollzogen hat, wollen Deleder/Pellegrino dem Mieter einstweiligen Rechtsschutz gewähren, der als erster den Mietvertrag abgeschlossen hat31. (3) Stellungnahme Der Hinweis des OLG Frankfurt auf die Privatautonomie mag auf den ersten Blick überraschen. Der Vermieter ist mit Abschluss des Mietvertrags gerade unter Inanspruchnahme seiner Privatautonomie eine Verpflichtung eingegangen; an die Stelle seiner Gestaltungsfreiheit ist damit die vertragliche Bindung getreten32. Dass er diese Bindung durch den Abschluss weiterer Verträge relativieren kann, ist schwer einsehbar33. Andererseits darf nicht verkannt werden, dass sämtliche vom Vermieter abgeschlossenen Verträge gleichermaßen wirksam sind und somit gleichberechtigt nebeneinander stehen. Der Vermieter hat sich durch den ersten Vertragsschluss eben nicht dergestalt gebunden, dass ihm die Befugnis zum Abschluss weiterer Verträge genommen wäre. Kennt das Schuldrecht gerade kein Prioritätsprinzip, so ist es jedenfalls nicht angängig, allein dem ersten Mieter einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren. Denkbar wäre allenfalls, den Mieter zu privilegieren, der als erster ein einstweilig verfügtes Überlassungsverbot gegen den Vermieter erwirkt hat. Dagegen lässt sich nicht schon einwenden, dass es dann dem Zufall unterliege, welcher Mieter seinen Überlassungsanspruch sichern könne34. Geschützt wird eben der Mieter, der sich am nachhaltigsten um die Erfüllung seiner Ansprüche bemüht und schnellstmöglich eine einstweilige Verfügung erlangt und vollzieht35. Allerdings kann der Mieter, zu dessen Gunsten ein Überlassungsverbot angeordnet ist, nicht verhindern, dass der Konkurrent ebenfalls eine entsprechende Verbotsverfügung erwirkt. In diesem Fall kann der Vermieter keinen der beiden Überlassungsansprüche erfüllen, ohne gegen eine einstweilige Verfügung zu verstoßen. Nun können dergestalt kollidierende Überlassungsverbote den Vermieter zwar motivieren, bis zur Klärung der Angelegenheit in Vorbem. zu § 935 Rn 40; Palandt/Weidenkaff, BGB, 64. Aufl. 2005, § 536 Rn 30; Börstinghaus, in: Enders/Börstinghaus. Einstweiliger Rechtsschutz 2003, Rn 889; Ulrici, ZMR 2002, 881, 883. 31 Derleder/Pellegrino, NZM 1998, 550, 557. 32 Katzenstein, ZZP 2003, 459, 480 f.; Kluth/Grün, NZM 2002, 473; Ulrici, ZMR 2002, 881, 882; Wichert, ZMR 1997, 16, 17; Derleder/Pellegrino, NZM 1998, 550, 557. 33 Derleder/Pellegrino, NZM 1998, 550, 557; Kluth/Grün, NZM 2002, 473, 477. 34 So aber OLG Frankfurt, ZMR 1997, 22, 23. 35 So Wichert, ZMR 1997, 16, 17. 9 der Hauptsache keinem der konkurrierenden Mieter den Besitz zu überlassen36. Gleichwohl vermag das einstweilige Überlassungsverbot nicht die Vollstreckung des Erfüllungsanspruchs zu verhindern. Kann diese prinzipiell nur aufgrund eines im Hauptsacheverfahren erlangten Titels erfolgen – eine auf Besitzüberlassung gerichtete einstweilige Verfügung ist regelmäßig unzulässig – so bleibt der Wettlauf der Mieter bestehen. Diesen gewinnt zwar nicht der Mieter, der als erster eine einstweilige Verfügung vollzieht, sondern derjenige, der als erster eine Titulierung seines Erfüllungsanspruchs im Hauptsacheverfahren erlangt37. Damit vermag die einstweilige Verfügung in den Fällen der Doppelvermietung keine hinreichende Sicherungswirkung zu entfalten38; sie kann letztlich nur verhindern, dass der Vermieter den Anspruch des konkurrierenden Mieters freiwillig erfüllt. Dient jedoch die einstweilige Verfügung der Durchsetzung von Ansprüchen und der bloßen Verzögerung eines Anspruchsverlusts, so dürfte es für die Anordnung eines Überlassungsverbots am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlen. Allerdings wird im Schrifttum teilweise eine Parallele zu der nach h.M. 39 zulässigen einstweiligen Verfügung beim Doppelverkauf gezogen40. Doch bestehen für diese Fallgestaltung gesetzliche Kollisionsnormen. So wird der Käufer, der als erster seinen Übereignungsanspruch durch eine Vormerkung gesichert hat, insoweit geschützt, als anderweitige Verfügungen des Verkäufers ihm gegenüber relativ unwirksam sind (§ 883 Abs. 2, 885 BGB). Beim Doppelverkauf beweglicher Sachen erzielt die h.M. ein ähnliches Ergebnis über die §§ 135, 136 BGB. Die einstweilige Verfügung stellt ein behördlichen Veräußerungsverbot i. S. des § 136 BGB dar41; wird sie erlassen und vollzogen, so ist der Eigentumsverschaffungsanspruch des Antragstellers in der Weise gesichert, das diesem gegenüber Veräußerungen an Dritte – vorbehaltlich eines gutgläubigen Erwerbs (vgl. § 135 Abs. 2 BGB) – keine Wirkung entfalten (vgl. § 135 Abs. 1 BGB). Haben beide Käufer eine einstweilige Verfügung erwirkt, so entscheidet nach h.M. 42 entsprechend § 135 Abs. 1 Satz 2 BGB43 wiederum die zeitliche Priorität; die zuerst vollzogene Verbotsverfügung setzt sich durch. Derartige Kollisionsnormen fehlen jedoch für den Fall der Doppelvermietung. § 883 BGB ist schon deswegen nicht einschlägig, weil der Anspruch auf Einräumung des Mietgebrauchs 36 Kluth/Grün, NZM 2002, 473, 477. Ulrici, ZMR 2002, 881, 884. 38 Ulrici, ZMR 2002, 881, 883; Blank, in Blank/Börstinghaus (o. Fußn. 30), § 536 Rn 22. 39 Vgl. MünchKomm/Mayer-Maly/Armbrüster (o. Fußn. 25), § 136 Rn 4; Palandt/Heinrichs (o. Fußn. 30), §§ 135, 136 Rn 8; Kohler, JZ 1983, 586, 589; a.A. Wieling, JZ 1982, 839, 841. 40 So namentlich Wichert, ZMR 1997, 16, 17 f. 41 Palandt/Heinrichs (o. Fußn. 30), §§ 135, 136 Rn 1; Katzenstein, ZZP 2003, 459, 468. 42 Palandt/Heinrichs (o. Fußn. 30), §§ 135, 136 Rn 8; Ulrici, ZMR 2002, 881, 883; Kohler, JZ 1983, 586, 591; Bülow, JuS 1994, 1, 8; a.A. Wieling, JZ 1982, 839, 840: Verfügungsverbote heben sich gegeneinander auf. 43 Dazu Ulrici, ZMR 2002, 881, 883; Kluth/Grün, NZM 2002, 473, 476. 37 10 nicht auf die Änderung eines Grundstücksrechts zielt und somit nicht vormerkbar ist (vgl. 883 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Anwendbarkeit der §§ 135, 136 BGB scheitert daran, das es sich bei der Besitzüberlassung an der Mietsache nicht um Verfügung sondern um einen Realakt handelt44. Nun wird jedoch im Schrifttum eine analoge Anwendung der §§ 135, 136 BGB hinsichtlich der Sicherungswirkung einer einstweiligen Verfügung bei der Doppelvermietung vorgeschlagen45. Da die Besitzüberlassung von vornherein verfügungsähnliche Elemente aufweise, könne sie der Verfügung i. S. der §§ 135, 136 BGB gleichgestellt werden. Eine solche Analogie beinhaltet aber nicht nur die Auswechselung des Tatbestands, sondern darüber hinaus auch eine Änderung der gesetzlichen Rechtsfolge. An die Stelle der relativen Unwirksamkeit einer Verfügung tritt die relative Unwirksamkeit einer Besitzübertragung. Es fragt sich jedoch, wie der überlassene Besitz nur einer bestimmten Person gegenüber unwirksam sein soll46. Zudem enthält § 135 Abs. 2 BGB einen Gutglaubenstatbestand. Dabei muss sich der gute Glaube des Erwerbers entsprechend §§ 932 Abs. 2, 892 Abs. 1 Satz 1 BGB auf das Nichtbestehen des Veräußerungsverbots beziehen. Indes wäre ein gutgläubiger Erwerb des Mietbesitzes nicht nur eine dem BGB gänzlich fremde Konstruktion, er wäre auch denklogisch kaum fassbar. Allerdings muss ein einstweilig verfügtes Überlassungsverbot dann möglich sein, wenn ein konkurrierender Überlassungsanspruch überhaupt nicht besteht. In solchen Fällen kommt ein kollidierendes Überlassungsverbot schon wegen des fehlenden Verfügungsanspruchs beim Konkurrenten nicht in Betracht, die dargestellte „Pattsituation" ist somit nicht zu besorgen47. Ein konkurrierender Überlassungsanspruch entsteht insbesondere dann nicht, wenn der Vermieter den Vertrag mit dem Dritten abschließt, um den Mieter durch bewußtes Zusammenwirken zu schädigen; eine solche Vereinbarung wäre nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam48. Hier mag es überlegenswert sein, dem Erstmieter die Überlassung der Mietsache ausnahmsweise sogleich im Wege einer Leistungsverfügung zuzuerkennen. Allerdings werden solche Konstellationen in der Praxis die Ausnahme darstellen. Allein der Umstand, dass der Konkurrent um den bereits bestehenden Mietvertrag weiß, ist nicht ausreichend, zumal ihn gegenüber dem ersten Mieter keinerlei vertragliche Nebenpflichten tref- 44 So die h.M., s. nur OLG Hamm, NZM 2004, 192, 193; Ulrici, ZMR 2002, 881, 883; Wichert, ZMR 1997, 16, 18; ferner BGHZ 13,1 betr. § 883 Abs. 2 BGB; a.A. Katzenstein, ZZP 2003, 459, 476. 45 So Wichert, ZMR 1997, 16, 18. 46 So zutreffend Kluth/Grün, NZM 2002, 473, 476; in diesem Sinne auch OLG Hamm, NZM 2004, 192, 193. 47 Ulrici, ZMR 2002, 881, 884. 48 Vgl. BGH, NJW-RR 1996, 869; BGH NJW 1964, 540; 1985, 2953; Palandt/Heinrichs (o. Fußn. 30), § 138 Rn 61. 11 fen49. Hingegen wird es dem Antragsteller meistens nicht gelingen, ein kollusives Zusammenwirken von Vermieter und Drittem glaubhaft zu machen. cc) Verhinderung des weiteren Vertragsabschlusses Es stellt sich weiterhin die Frage, ob der Mieter dem Vermieter im Wege der einstweiligen Verfügung bereits den Abschluss eines konkurrierenden Mietvertrags untersagen kann. Fehlt es dem Konkurrenten bislang an einem Verfügungsanspruch – ein Mietvertrag ist noch nicht geschlossen -–, so besteht auch hier nicht die Gefahr einer „Pattsituation“ durch kollidierende Überlassungsverbote. Doch würde es einen zu weitgehenden Eingriff in die Privatautonomie des Vermieters bedeuten, wollte man ihm von vornherein den Abschluss eines weiteren Mietvertrags verbieten. Welche Gründe auch immer den Vermieter zu diesem Schritt veranlasst haben, sie müssen nicht notwendigerweise auf die Schädigung des Erstmieters abzielen. Die Untersagung des Vertragsschlusses mit dem Dritten wäre allenfalls dann gerechtfertigt, wenn besondere Umstände hinzutreten, die darauf schließen lassen, dass sich der Vermieter in treuwidriger Weise seinen Pflichten aus dem Mietvertrag entziehen will. Das wäre zum einen der Fall, wenn Vermieter und Drittinteressent zusammenwirken, um den Mieter zu schädigen, zum anderen aber wohl auch dann, wenn von vornherein offensichtlich ist, dass der Vermieter den bestehenden Mietvertrag nicht mehr erfüllen wird50. dd) Exkurs: Vorgetäuschter Eigenbedarf / nachträglicher Wegfall des Kündigungsgrundes Eine ähnliche Situation kann in den Fällen des vorgetäuschten Eigenbedarfs bestehen. Hat der getäuschte Mieter die Wohnung geräumt und der Vermieter sie noch nicht weiter überlassen, so kann der Mieter Wiedereinräumung des Besitzes verlangen51. Gleiches gilt, wenn der Eigenbedarf nach Kündigungsausspruch weggefallen ist und der Vermieter es unterlassen hat, dies dem Mieter mitzuteilen. Nach einer Auffassung kann der Mieter in solchen Fällen gem. § 242 BGB den Abschluss eines Mietfortsetzungsvertrags verlangen52; andere gewähren ihm einen auf Wiedereinräumung des Besitzes gerichteten Schadensersatzanspruch im Rahmen des § 249 Abs. 1 Satz 1 BGB53. Erlangt der Mieter von den Bestrebungen des Vermieters zur erneuten Vermietung der Wohnung Kenntnis, so könnte er ihm nach dem oben Ausgeführten (s. III 3 a bb) jedenfalls 49 Vgl. Kluth/Grün, NZM 2002, 473, 475. Kluth/Grün, NZM 2002, 473, 475; a.A. Katzenstein, ZZP 2003, 459, 461 f. 51 Ostermann, WuM 1992, 342, 346. 52 Börstinghaus, NZM 2004, 481, 488. 50 12 den Abschluss eines neuen Mietvertrags durch einstweilige Verfügung untersagen lassen. Sofern der Vermieter beabsichtigt, die Immobilie zu verkaufen, kann der Mieter nach einer in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassung54 seinen Anspruch auf erneute Überlassung der Wohnung durch ein einstweilig verfügtes Veräußerungsverbot (§§ 935, 938 Abs. 2 ZPO, §§ 135, 136 BGB) sichern. Dieses könnte im Grundbuch eingetragen werden, um einen gutgläubigen Erwerb des Dritten zu verhindern (vgl. §§ 135 Abs. 2, 136, 892 Abs. 1 Satz 2 BGB)55. Ohne ein solches Veräußerungsverbot läuft der Mieter Gefahr, seinen Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes gegenüber dem neuen Eigentümer nicht mehr realisieren zu können. Zwar tritt der neue Eigentümer nach § 566 Abs. 1 BGB in ein bestehendes Mietverhältnis ein, doch ist das Mietverhältnis der Parteien jedenfalls durch den Auszug des Mieters beendet worden56. Nach bislang h.M.57 müssen die Voraussetzungen des Kündigungsgrundes bis zum Abschluss des Räumungsprozesses vorliegen; die Pflicht des Vermieters, dem Mieter einen etwa weggefallenen Eigenbedarf mitzuteilen, soll bis zur Räumung der Wohnung bestehen. Allerdings hat der BGH mit Urteil vom 9.7.200358 entschieden, dass eine Pflicht des Vermieters zur Anbietung einer freien oder frei werdenden Alternativwohnung grundsätzlich nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist besteht. Es fragt sich somit, ob diese zeitliche Beschränkung auch beim nachträglichen Wegfall des Eigenbedarfs gilt. In diesem Sinne hat das LG Berlin mit Urteil vom 14.10.200459 entschieden. In diesem Sinne hat der BGH mit Urteil vom 9.11.2005 gegen das LG Hamburg als Vorinstanz entschieden60. b) Besitzschutz aa) Auswechseln des Türschlosses Eine besonders praxisrelevante Fallgestaltung liegt darin, dass der Vermieter – insbesondere nach Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung – das Schloss zur Wohnungstür auswechselt, um den Mieter am weiteren Betreten der Wohnung zu hindern. Hierin liegt eine Besitzentziehung durch verbotene Eigenmacht i. S. des § 858 Abs. 1 BGB; der Mieter kann vom Vermieter auch nach Beendigung des Mietverhältnisses infolge der fristlosen Kündigung nach § 861 Abs. 1 BGB Wiedereinräumung des Besitzes verlangen. Über- 53 Ostermann, WuM 1992, 342, 346; dazu Börstinghaus (o. Fußn. 30), Rn 890; s. jetzt aber BGH, Urteil vom 9.11.2005 – VIII ZR 339/04. 54 LG Bonn, WuM 1988, 402; Ostermann, WuM 1992, 342, 346; Börstinghaus (o. Fußn. 30), Rn 890; dagegen aber Schuschke (o. Fußn. 3), Vorbem. zu § 935 Rn 40. 55 Vgl. Palandt/Bassenge (o. Fußn. 30), § 892 Rn 17; AnwK-BGB/Krause, 2004, § 892 Rn 89. 56 LG Bonn, WuM 1988, 402 57 OLG Karlsruhe, NJW-RR 1994, 80 = WuM 1993, 405 = ZMR 1993, 335; BayObLG, WuM 1987, 129; AG Köln, WuM 1999, 234. 58 ZMR 2003, 665 = WuM 2003, 463, 464 = NZM 2003, 682. 59 GE 2004, 1527; Revision beim BGH unter dem Az. VIII ZR 328/04 anhängig. 13 dies steht ihn gem. § 862 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Unterlassung weiterer Störungen seines Mietbesitzes zu. Beide Ansprüche sind im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbar. Einer besonderen Glaubhaftmachung des Verfügungsgrundes bedarf es nicht; dieser ergibt sich bereits aus dem besonderen Charakter des Besitzschutzes als vorläufige Güterzuordnung. Die Besitzschutzansprüche sind bereits nach dem Gesetz auf eine zügige Geltendmachung angelegt61, so dass eine besondere Dringlichkeit regelmäßig als gegeben anzusehen ist62. Die einstweilige Verfügung sollte regelmäßig auf Wiederherstellung des entzogenen Besitzes durch Herausgabe der Mietsache gehen63; entsprechendes sollte der Mieter auch beantragen. Im Schrifttum wird teilweise vorgeschlagen, den Antrag darauf zu richten, „das bisherige Wohnungstürschloss der Wohnung (konkrete Bezeichnung) wieder einzubauen oder wahlweise dem Antragsteller einen passenden Schlüssel für das derzeitige Wohnungstürschloss auszuhändigen“64, damit eine Vorwegnahme der Hauptsache vermieden wird. Allerdings dürfte eine entsprechende Anordnung Probleme bei der Vollstreckung bereiten. Diese müsste nach § 883 ZPO erfolgen, der Gerichtsvollzieher müsste dem Vermieter das bisherige Wohnungstürschloss oder einen passenden Schlüssel wegnehmen und diese Gegenstände dem Mieter übergeben. Dazu dürfte der Gerichtsvollzieher die Wohnung und die Behältnisse des Vermieters durchsuchen (vgl. § 758 ZPO). Das alles erscheint jedoch kaum praktikabel. Sachgerecht wäre daher ein Antrag gerichtet auf Wiedereinräumung des Besitzes, kombiniert mit dem Antrag auf Einbau eines neuen Schlosses: 1. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, dem Antragsteller den Besitz an der Wohnung ... (konkrete Bezeichnung) wieder einzuräumen, ferner in die Wohnungstür ein neues Schloss einzubauen und dem Antragsteller sämtliche dazu passenden Schlüssel auszuhändigen, wahlweise das bisherige Schloss einzubauen. 2. Sofern der Antragsgegner die Anordnung gem. Ziff. 1 nicht innerhalb von zwei Stunden nach Zustellung dieses Beschlusses erfüllt, wird der Antragsteller ermächtigt, auf Kosten des Antragsgegners die Wohnungstür durch den zuständigen Gerichtsvollzieher unter 60 BGH VIII ZR 339/04; LG Hamburg, WuM 2005, 134. OLG Stuttgart, NJW-RR 1996, 1516; OLG Köln, MDR 2000, 152; LG Bremen, MDR 1989, 1111; AG Berlin-Mitte, GE 1999, 984 f. 62 AnwK-BGB/Hoeren, 2004, § 861 Rn 13; ferner MünchKomm/Joost, BGB, 4. Aufl. 2004, § 861 Rn 16 mit Hinweis auf § 940a ZPO. 63 OLG Köln, MDR 2000, 152; MünchKomm/Joost (o. Fußn. 62), § 861 Rn 16. 64 So Schneider, MDR 2004, 329. 61 14 Mitwirkung eines Fachhandwerkers öffnen zu lassen und ein neues Türschloss durch einen Fachhandwerker einbauen zu lassen. Zusätzlich sollte der Mieter beantragen, dem Vermieter zu untersagen, ihm den Zutritt zu der o. g. Wohnung zu verweigern, insbesondere das Wohnunstürschloss auszuwechseln. Dabei sollte der Mieter nicht vergessen, sogleich die Androhung von Ordnungsmitteln nach § 890 Abs. 2 ZPO zu beantragen (s. o. III 2 b). bb) Störendes Baugerüst Nach einer Entscheidung des AG Berlin-Mitte65 kann der Mieter im Wege der einstweiligen Verfügung die Beseitigung eines Baugerüsts nebst Plane in dem Umfang verlangen, als dies zur Wiederherstellung des Lichteinfalls und der Belüftung sowie zur Vermeidung der Staub- und Schmutzbelästigungen erforderlich ist. Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus § 862 Abs. 1 BGB, da die mit der Einrüstung des Gebäudes verbundene Besitzstörung durch verbotene Eigenmacht erfolgt ist (§ 858 Abs. 1 BGB). Eine Zustimmung des Mieters hat nicht vorgelegen; auch eine gesetzliche Gestattung der Störung ist – wie das AG BerlinMitte zutreffend feststellt66 – nicht anzunehmen. Dabei ist es ohne Belang, ob der Mieter nach § 554 Abs. 1 BGB zur Duldung der u. U. notwendigen Fassadensanierung verpflichtet gewesen ist. Die Widerrechtlichkeit der Besitzstörung ist nur dann ausgeschlossen, wenn die gesetzliche Regelung ein eigenmächtiges Handeln gestattet; § 554 Abs. 1 BGB gewährt dem Vermieter aber nur einen klageweise durchsetzbaren Anspruch auf Duldung von Erhaltungsmaßnahmen67. Demgemäß muss der Vermieter seinen Duldungsanspruch zunächst titulieren lassen, wenn der Mieter zur Hinnahme der Arbeiten nicht bereit ist. Dies kann u. U. im Wege der einstweiligen Verfügung geschehen (s. dazu III 3 f). cc) Einstellung von Versorgungsleistungen (1) Stand der Diskussion Solange das Mietverhältnis besteht, umfasst der Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Überlassung des Gebrauchs an der Mietsache (§ 535 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB) regelmäßig auch die Versorgung mit Wasser und Heizenergie. Problematisch ist die Rechtslage nach Beendigung des Mietverhältnisses, insbesondere wenn diese durch eine außerordentliche fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs (§ 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB) erfolgt ist. Die bislang überwiegende Auffassung68 erblickt in der Einstellung der Versorgungsleistun- 65 GE 1999, 984. GE 1999, 984, 985. 67 Wolf/Eckert/Ball (o. Fußn. 14), Rn 626; ferner Palandt/Weidenkaff (o. Fußn. 30), § 554 Rn 35. 68 OLG Köln, ZMR 2005, 124; 2000, 640; OLG Celle, NZM 2005, 741; LG Itzehoe, SchlHA 1962, 245; MünchKomm/Schilling, BGB, 4. Aufl. 2004, § 546a Rn 29. 66 15 gen vor der endgültigen Räumung des Mieters eine Besitzstörung i. S. der §§ 858 Abs. 1, 862 BGB, deren Beseitigung der Mieter im Wege der einstweiligen Verfügung verlangen kann. Nach einer insbesondere vom KG vertretenen Gegenauffassung stellt die Unterbrechung der Wasserversorgung durch den Vermieter jedenfalls nach Beendigung des Mietverhältnisses keine Besitzstörung i. S. der §§ 858 Abs. 1, 862 BGB dar69. Die zeitlich unbegrenzte Fortsetzung von Lieferungen mit Wasser und Energie sei kein Element des Besitzes des Mieters70. Vielmehr müsse – so führt das KG in einer Entscheidung vom 17.12.1998 aus71 – unterschieden werden zwischen dem Besitz des Mieters an der Mietsache und dem Gebrauch der Mietsache, den der Vermieter dem Mieter aufgrund des Mietvertrags (§ 535 Abs. 1 Satz 1 BGB) schulde. Im Rahmen der Gebrauchsgewährung sei der Vermieter auch zur Erbringung der vereinbarten Nebenleistungen (Heizung, Wasser) verpflichtet, wofür der Mieter die vereinbarten Nebenkostenvorschüsse zu zahlen habe. Nach Beendigung des Mietverhältnisses entfalle die Verpflichtung des Vermieters zur Erbringung der im Mietvertrag vereinbarten Nebenleistungen, der Vermieter könne diese grundsätzlich einstellen. Dadurch werde zwar der Mieter in dem Gebrauch der Mietsache, zu der er nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht mehr berechtigt sei, beeinträchtigt; sein Besitz an der Mietsache werde aber damit nicht gestört. Denn Besitz i. S. von § 858 BGB sei die tatsächliche Sachherrschaft. Die Einstellung von Nebenleistungen sei eine bloße Gebrauchshinderung ohne Eingriff in die Sachherrschaft. Allerdings lässt es das KG ausdrücklich offen, ob diese Bewertung auch bei Wohnraummietverhältnissen innerhalb der Räumungsfrist zum Tragen kommt. (2) Stellungnahme Zumindest auf den ersten Blick mag es fraglich erscheinen, den Gebrauch der Mietsache zu dem regelmäßigen Verwendungszweck von der Sachherrschaft zu trennen. Denkt man den Ansatz des KG zu Ende, so würde auch ein unerträglicher Lärm im Umfeld der Mietsache zwar den vertragsgemäßen Gebrauch empfindlich stören, die Sachherrschaft jedoch unberührt lassen, weil der Mieter sich weiterhin - notfalls unter Verwendung von Ohrenschützern in den Räumlichkeiten aufhalten könnte. Dass Lärmbelästigungen, welche die Grenze des § KG, NZM 2001, 761; KG, ZMR 2004, 905 für Wohungseigentum; KG, Urt. v. 17.12.1998 – 8 U 7247/98; AG Bergheim, ZMR 2005, 53 mit zust. Anm. Keppeler; Ulrici, ZMR 2003, 895, 896; Derleder, NZM 2000, 1098, 1100. 70 KG, ZMR 2004, 905, 908; ebenso Derleder, NZM 2000, 1098, 1100. 71 8 U 7247/98 – GE 2004, 622. 69 16 906 BGB überschreiten, jedoch eine Besitzstörung i. S. der §§ 858 Abs. 1, 862 BGB darstellen, ist bislang nicht ernsthaft bezweifelt worden72. Allerdings schützen die §§ 858 ff. BGB den Besitz lediglich in seinem gegebenen Bestand. Zum Bestand des Besitzes an den Mieträumen – so wird argumentiert – gehöre aber nur die Versorgbarkeit, nicht hingegen die Versorgung selbst. Die Versorgungsleistungen müssten vielmehr fortlaufend hinzu erworben werden73. Grundlage hierfür sei das Mietverhältnis. Andererseits wird auch die Versorgbarkeit der Mietsache ohne die Mitwirkung des Vermieters nicht gewährleistet, da sich die Wasserversorgung sowie die Heizungsanlage in seinem Herrschaftsbereich befinden. Unterbindet der Vermieter die Wasser- und Energiezufuhr, so ist es dem Mieter kaum möglich, sich gleichwertigen Ersatz zu verschaffen. Damit läuft die Einstellung der Versorgungsleistungen – vor allem bei gemietetem Wohnraum – auf eine „kalte Räumung" hinaus, das Mietobjekt wird schlechterdings unbewohnbar. Gegen eine Besitzstörung wird weiterhin ins Feld geführt, dass es sich bei dem Einstellen der Versorgungsleistungen um ein Unterlassen des Vermieters handele. Ein Unterlassen könne aber nur dann eine verbotene Eigenmacht i. S. des § 858 Abs. 1 BGB darstellen, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln bestehe74. Daran fehle es nach Beendigung des Mietverhältnisses. In der Tat dürfte bei Einstellung der Wasser- und Energieversorgung der normative Schwerpunkt des Vermieterverhaltens in einem Unterlassen liegen. Es macht keinen Unterschied, ob der Vermieter die Wasserzufuhr am Hauptventil aktiv unterbricht oder ob er fortan keine Zahlungen mehr an die Wasserbetriebe erbringt, mit der Folge, dass diese die Wasserversorgung des Objekts bei nächster Gelegenheit einstellen. Auch wenn ein Versorgungsunternehmen die Lieferungen an den Kunden einstellt, liegt darin ein Unterlassen, das eine Besitzstörung nicht zu begründen vermag75. Allerdings ist fraglich, ob mit Beendigung des Mietverhältnisses jedwede Rechtspflicht des Vermieters zum Handeln, also zur Aufrechterhaltung der grundlegenden Versorgungsstandards entfällt. Zwar hat die Beendigung das Erlöschen sämtlicher vertraglicher Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag zur Folge. Gibt der Mieter das Mietobjekt aber nicht heraus, so bleiben für den Vermieter während der Zeit der Vorenthaltung gewisse Mindestpflichten 72 Vgl. nur LG München, NJW-RR 1992, 1097; OLG Düsseldorf, OLGR 1997, 89; Palandt/Bassenge (o. Fußn. 30), § 862 Rn 4. 73 Ulrici, ZMR 2003, 895, 896. 74 KG, ZMR 2004, 905, 907; Ulrici, ZMR 2003, 895, 896 f. 75 Ein positives Tun ist hingegen anzunehmen, wenn der Vermieter aktiv in die Versorgungsbeziehung des Mieter mit dem Versorgungsunternehmen (z.B. wegen des Stormbezugs) eingreift und einen Abbruch der Leistungen bewirkt; in diesem Fall liegt eine verbotene Eigenmacht vor; s. Ulrici, ZMR 2003, 895, 897. 17 bestehen, mögen sie als Korrelat zum Anspruch auf Nutzungsentschädigung (§ 546a BGB)76 oder als allgemeine nachvertragliche Pflichten der Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) betrachtet werden. Hierzu gehört neben der Beachtung der allgemeinen Verkehrssicherungspflichten grundsätzlich auch die Pflicht, die nach heutigen Lebensverhältnissen grundlegenden Versorgungsstandards jedenfalls für eine angemessene Zeit nach Vertragsbeendigung weiterhin aufrechtzuerhalten77. Etwas anderes kann sich aber dann ergeben, wenn jeder weitere Aufenthalt des gekündigten Mieters in den Räumen für den Vermieter schlechthin unzumutbar wäre. Das wäre etwa der Fall, wenn der Mieter auch nach Ablauf einer gerichtlich gewährten Räumungsfrist in der Wohnung verbleibt ohne die Miete oder zumindest die Beträge für die Nebenleistung zu zahlen, oder wenn sich die Zwangsvollstreckung aus dem Räumungsurteil außergewöhnlich lange hinzieht. In diesem Sinne hat auch das OLG Köln, das in der Einstellung von Versorgungsleistungen grundsätzlich eine Besitzstörung erblickt, im Urteil vom 26.4.200378 in einem obiter dictum ausgeführt, dass dem Vermieter in einer unzumutbaren Situation nach Treu und Glauben möglicherweise das Recht zusteht, weitere Schädigungen durch die Stromentnahme des nicht zahlenden Mieters zu verhindern. Erblick man indes den normativen Schwerpunkt des Vermieterverhaltens in einem positiven Tun, nämlich dem aktiven Unterbinden der Versorgung durch Absperren der Wasserzufuhr oder Ausschalten der Heizungsanlage79, so dürfte ein solcher Eingriff stets als Besitzstörung zu bewerten sein. (3) Gesetzliche Gestattung der Besitzstörung? Eine andere Frage ist, ob dem Vermieter bei Zahlungsverzug des Mieters eine Einstellung der Wasser- und Energieversorgung gesetzlich gestattet ist (vgl. § 858 Abs. 1 BGB). Dies wird von Ulrici80 bejaht. Dem Vermieter stehe hier ein Zurückbehaltungsrecht nach §§ 273, 320 BGB zu; dieses begründe eine gesetzliche Gestattung i. S. des § 858 BGB, da es selbsthilferechtähnlich ausgestaltet sei. Seine Ausübung sei gerade ohne Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe möglich. Nach überwiegender Auffassung sind die allgemeinen Zurückbehaltungsrechte nach §§ 273, 320 BGB nicht in der Lage, einen Eingriff in das Besitzrecht des Mieters zu rechtfertigen. Schon im Hinblick auf die den Rechtsfrieden wahrende be76 In diesem Sinne AG Miesbach, WuM 1988, 57; Ulrici, ZMR 2003, 895, 898. AG Miesbach, WuM 1988, 57; Schmidt-Futterer/Gather (o. Fußn. 30), § 546a Rn 47. 78 ZMR 2005, 124: ähnlich OLG Celle, NZM 2005, 741. 79 Vgl. auch die strafrechtliche Parallelproblematik des Arztes, der ein Rettungswerk abbricht, das an sich selbständig weiterlaufen würde; das strafrechtliche Schrifttum geht hier vielfach von einem positives Tun an, vgl. etwa Sax, JZ 1975, 137 ff. 80 ZMR 2003, 895, 897. 77 18 standsschützende Funktion der Besitzschutzvorschriften müsse das allgemeine Zurückbehaltungsrecht zurücktreten81. Im Übrigen werden mit Hilfe des Zurückbehaltungsrechts Einwendungen aus dem materiellen Recht geltend gemacht, die dem Besitzschutzanspruch schon wegen § 863 BGB nicht entgegengesetzt werden können82. Anders ist die Situation bei dem Zurückbehaltungsrecht der Versorgungsunternehmen nach § 33 Abs. 2 Satz 1 AVBeltV. Dieses bildet das Korrelat zu der gesetzlichen Anschluss- und Versorgungspflicht, welche diese Unternehmen trifft. Anders als der private Vermieter können sie nicht frei darüber befinden, mit wem sie einen Vertrag abschließen. Nicht zuletzt aus diesem Grunde wird das Recht aus § 33 Abs. 2 Satz 1 AVBeltV – anders als das allgemeine Zurückbehaltungsrecht – als gesetzliche Gestattung i. S. des § 858 Abs. 1 BGB bewertet83. c) Mängelbeseitigung In der Praxis wird zuweilen die Frage aufgeworfen, ob der Mieter seinen Anspruch auf Beseitigung von Mängeln des Mietobjekts (§ 536 Abs. 1 Satz 1 BGB) im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen kann. Ohnehin kommt dies nur bei gravierenden Mängeln in Betracht, anderenfalls wird es bereits an der erforderlichen Dringlichkeit fehlen. Die Rechtsprechung ist mit der Thematik außerhalb der Konstellationen der verbotenen Eigenmacht (z.B. Baugerüst, s. dazu III 3 b bb) bislang offenbar wenig befasst gewesen; veröffentlichte Entscheidungen sind kaum zu finden. Ist das Begehren des Antragstellers auf Beseitigung der vorgetragenen Mängel und damit auf Erfüllung des Verfügungsanspruchs gerichtet, so nimmt eine entsprechende einstweilige Verfügung die Hauptsache vollständig vorweg. Schon deshalb kann sie nur in Ausnahmefällen ergehen. Denkbar ist eine Beseitigungsverfügung insbesondere bei solchen Mängeln, die Leib oder Leben des Mieters konkret gefährden, z.B. bei undichte Gas- oder Stromleitungen oder bei drohendem Deckeneinsturz. Diskussionswürdig ist ein einstweiliger Rechtsschutz aber auch bei schweren Feuchtigkeitserscheinungen in den Mieträumen. Hier könnte auf die neuere Rechtsprechung zur Kündigung wegen gesundheitsgefährdender Beschaffenheit der Mietsache (§ 569 Abs. 1 BGB) zurückgegriffen werden. Nach der Entscheidung des KG vom 26.2.200484 ist eine erhebliche Gesundheitsgefahr für alle Bewohner oder Benutzer bzw. einzelne Gruppen von ihnen (also nicht nur für Allergiker) durch toxinbildende Pilzstämme erforderlich. Die erforderliche Glaubhaftmachung könnte auch durch ein Privatgutachten erfolgen, an dessen Qualität aber hohe Anforderungen zu stellen sind. Nicht selten besteht jedoch Streit darüber, ob die 81 OLG Köln, ZMR 2005, 124; OLG Hamburg, WuM 1978, 169; LG Itzehoe, SchlHA 1962, 245; tendenziell auch OLG Köln, ZMR 2000, 639, 641. 82 LG Itzehoe, SchlHA 1962, 245. 83 Vgl. OLG Köln, ZMR 2005, 124. 84 ZMR 2004, 513. 19 Feuchtigkeitserscheinungen auf die Beschaffenheit des Mietobjekts oder auf das Wohnverhalten des Mieters zurückzuführen sind. Das kann regelmäßig nur im Wege der gerichtlichen Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens geklärt werden. Dazu ist bietet das einstweilige Verfügungsverfahren aber nicht den geeigneter Raum. d) Mietzahlung Mit einem Antrag auf Mietzahlung im Wege der einstweiligen Verfügung hatte sich unlängst das AG Brandenburg/Havel85 zu befassen. Nach dessen Entscheidung kommt eine auf Zahlung von Miete oder Nutzungsentschädigung gerichtete einstweilige Verfügung selbst dann nicht in Betracht, wenn das Hauptsacheverfahren wegen eines offenen Betreuungsverfahrens auf unabsehbare Zeit nach § 241 ZPO ausgesetzt wird und der Vermieter lediglich die Zahlung auf ein Anderkonto seines Verfahrensbevollmächtigten, hilfsweise die Hinterlegung beim Amtsgericht beantragt. Nach Auffassung des AG Brandenburg fehlt es hier an einem Verfügungsgrund, da der Antragsteller im Ergebnis die Erfüllung seiner Ansprüche anstrebe. Eine „Erfüllungsverfügung“ komme aber nur in Betracht, wenn überragende Interessen des Antragstellers und eine besondere Dringlichkeit der Maßnahme eine Verweisung auf den Klageweg unzumutbar erscheinen lassen. Dementsprechend wird im Schrifttum86 eine Geldleistungsverfügung, durch die dem Mieter Abschlagzahlungen auf die Miete aufgegeben werden, für den Fall befürwortet, dass der Vermieter auf derartige Zahlungen zur Sicherung seines Existenzminimums dringend angewiesen ist, während die Belange des Mieters mit einer vorläufigen Mietminderung gewahrt bleiben. Hier deutet sich eine Parallele zu der vor In-Kraft-Treten des UÄndG87 am 1.7.1998 in der Rechtsprechung anerkannten einstweiligen Verfügung auf Notunterhalt an88. Allerdings basieren Unterhaltsansprüche auf einer aus verwandtschaftlicher sowie aus ehelicher oder nachehelicher Solidarität89 resultierenden besonderen Fürsorgepflicht. Eine dergestalt personenbezogene Verbindung besteht zwischen den Parteien des Mietvertrags nicht. Gegen die Zulässigkeit einer auf Mietzahlung gerichteten einstweiligen Verfügung spricht zudem, dass die häufig relevant werdenden Fragen der Mietminderung und des Zurückhaltungsrechts schwerlich im Eilverfahren geklärt werden können. e) Besichtigung der Wohnung aa) Verfügungsanspruch 85 WuM 2005, 69. Z.B. Schuschke, in: Schuschke/Walker (o. Fußn. 3), Vorbem. zu § 935 Rn 39. 87 Gesetz zur Änderung unterhaltsrechtlicher, verfahrensrechtlicher und anderer Vorschriften v. 20.2.1986, BGBl. I, 301. 88 Vgl. Zöller/Vollkommer (o. Fußn. 4), § 940 Rn 8 (Stichwort: Unterhaltsrecht). 89 Vgl. AnwK-BGB/Kath-Zurhorst, 2005, § 1361 Rn 2; AnwK-BGB/Fränken, Vor §§ 1569 ff. Rn 1. 86 20 Der Vermieter kann vom Mieter auch ohne besondere vertragliche Abrede verlangen, unter bestimmten Voraussetzungen die Mieträume zwecks einer Besichtigung zu betreten. Ein solcher Anspruch ergibt sich jedenfalls als vertragliche Nebenpflicht aus § 241 Abs. 2 BGB. Allerdings steht dem Vermieter ein Besichtigungsrecht grundsätzlich nur aus besonderem Anlass zu90. Ein solcher ist insbesondere gegeben, um Schäden oder Gefährdungen festzustellen oder zu überprüfen. Der Vermieter darf zur Besichtigung dritte Personen mitbringen, soweit der Anlass dies rechtfertigt (z.B. Handwerker, Sachverständige, Messdienstbeauftragte). Nach einer Entscheidung des AG Hamburg-Blankenese91 müssen sich die Personen, die auf Seiten des Klägers an der Besichtigung teilnehmen, im Hinblick auf den verfassungsrechtlich verbürgten Schutz der Wohnung (Art. 13 GG) auf Verlangen des Mieters durch Vorlage des Personalausweises identifizieren. Soll das Mietobjekt verkauft werden, ist der Vermieter berechtigt, die Räume mit Kaufinteressenten zu betreten92. Nach Kündigung des Mietverhältnisses darf der Vermieter die Räume zwecks Abnahme besichtigen. Außerdem kann er die Mieträume betreten, um Messvorrichtungen abzulesen und zu kontrollieren. Auch ohne besonderen Anlass soll der Vermieter das Recht haben, in regelmäßigen Abständen eine allgemeine Besichtigung durchzuführen. Dabei wird in der Rechtsprechung ein Abstand von zwei Jahren angenommen93. Grundsätzlich muss der Vermieter aber die allgemeinen Besuchszeiten (10.00 bis 13.00 Uhr und 15.00 bis 18.00 Uhr) einhalten. Auch muss er die Besichtigungstermine mit angemessener Frist vorher ankündigen94. Im Normalfall soll nach verbreiteter Auffassung eine Vorlaufzeit von mindestens 24 Stunden ausreichend sein95. Das erscheint allerdings recht knapp bemessen; sofern eine akute Gefahr für das Mietobjekt nicht besteht, sollte die Ankündigungsfrist mindestens 48 bis 72 Stunden (2 bis 3 Tage) betragen. bb) Verfügungsgrund Ein solcher wird insbesondere dann angenommen, wenn eine Besichtigung der Wohnung durch den Vermieter zur Beseitigung einer erheblichen Gefahr für Personen oder Sachen erforderlich ist96. Dabei dürfte eine Gefahr für das Mietobjekt, z.B. durch das Eindringen von Feuchtigkeit infolge eines Wasserrohrbruchs, ausreichen; es müssen jedoch konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass ohne die Durchführung von Reparaturarbeiten ein erheblicher 90 LG Stuttgart, ZMR 1985, 273; AG Rheine, WuM 2003, 315. Az 508 C 483/04 (n.v.). 92 AG Lüdenscheid, WuM 1990, 489. 93 AG Rheine, WuM 2003, 315. 94 Vgl. BVerfG, WuM 2004, 80. 95 Schmidt-Futterer/Eisenschmid (o. Fußn. 30), § 535 Rn. 157; Hinz/Junker/v. Rechenberg/Sternel, Text- und Diktathandbuch Mietrecht, 3. Aufl. 2004, 2.21 Ziff. 1; AG Köln, WuM 1986, 86. 91 21 Sachschaden eintreten würde. Eine Besichtigung des Vermieters allein zur Überprüfung der Reparaturbedürftigkeit der Mietwohnung ohne besonderen Anlass reicht nicht aus. Hier fehlt es an einer besonderen Dringlichkeit, so dass der Vermieter zur Durchsetzung seines Besichtigungsrechts auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen ist97. Darüber hinaus wird ein Verfügungsgrund angenommen, wenn ein Betreten der Wohnung zum Ablesen von Heizkostenverteilern oder Wärmezählern erforderlich ist und der Mieter entweder den Zutritt verweigert oder zweimal unentschuldigt den angekündigten Ablesetermin versäumt hat98. Hingegen kann das Recht zur turnusmäßigen Besichtigung nicht im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden99. cc) Verfügungsantrag In der Praxis wird der Verfügungsantrag zumeist darauf gerichtet, den Antragsgegner zu verpflichten, eine Besichtigung der (konkret zu bezeichnenden) Räumlichkeiten an einem Werktag in der Zeit zwischen 10.00 bis 13.00 Uhr oder 15.00 bis 18.00 Uhr nach vorheriger Ankündigung von mindestens 48 Stunden zu dulden. Die Vollstreckung eines entsprechenden Titels würde nach § 890 ZPO erfolgen; der Antragsteller sollte daher im Hinblick auf § 890 Abs. 2 ZPO sogleich die Androhung des Ordnungsmittels beantragen, damit diese schon in der einstweiligen Verfügung ausgesprochen werden kann (s. o. III 2 b). Im Übrigen erscheint fraglich, ob dem Interesse des Vermieters mit einem solchen Duldungstitel überhaupt hinreichend gedient ist. Solange sich der Mieter von dem angedrohten und später festgesetzten Ordnungsmittel (es wird zunächst ein Ordnungsgeldbetrag sein) nicht beeindrucken lässt, wird der Vermieter bei jedem angekündigten Besichtigungstermin vor verschlossenen Türen stehen. Denkbar wäre ein Vorgehen über § 892 ZPO; danach kann der Gläubiger zur Beseitigung eines Widerstandes, den der Schuldner gegen die Vornahme der nach § 890 ZPO zu duldenden Handlung leitet, den Gerichtsvollzieher zuziehen. Der Vermieter könnte dann die Tür durch einen Gerichtsvollzieher öffnen lassen100. Allerdings dürfte in dem bloßen Nicht-Öffnen der Wohnungstür noch kein Widerstand des Mieters gegen die Besichtigungsanordnung liegen. Somit wäre ein sofortiger Zugang zu den Räumlichkeiten nur dadurch zu gewährleisten, dass der Mieter zusätzlich verpflichtet wird, die Wohnungstür zu dem angekündigten Termin zu öffnen und für den Fall der Nichtvornahme dieser (vertretbaren) Handlung innerhalb von drei Stunden sogleich die Ersatzvor- 96 Börstinghaus (o. Fußn. 30), Rn 883. Scholz, in Schmid (o. Fußn. 2), Kap. 24 Rn 136b; Börstinghaus (o. Fußn. 30), Rn 883. 98 Schmidt-Futterer/Lammel (o. Fußn. 30), § 6 HeizKostV Rn 8; s. auch LG Hamburg, DWW 1987, 169. 99 Börstinghaus (o. Fußn. 30), Rn 883 m. w. Nachw. 97 22 nahme in Form einer Öffnung der Wohnungstür nach § 887 ZPO angeordnet wird. Eine solche Vorgehensweise dürfte jedoch im Hinblick auf das Grundrecht aus Art. 13 GG nur bei Gefahr im Verzug oder bei einem besonders dringenden Besichtigungsbedarf in Betracht kommen. Im Übrigen sollte angeordnet werden, dass das Öffnen der Wohnungstür durch den Gerichtsvollzieher unter Mitwirkung eines Fachhandwerkers zu erfolgen hat. f) Erhaltungsmaßnahmen aa) Verfügungsanspruch Der Vermieter ist nach § 554 Abs. 1 BGB berechtigt, vom Mieter zu verlangen, dass er die zur Erhaltung der Mieträume oder des Gebäudes erforderlichen Maßnahmen duldet. Die Duldungspflicht bezieht sich auf alle Einwirkungen i. S. von § 906 BGB, beschränkt sich aber auf die objektiv erforderlichen Arbeiten. Unter Umständen kann es notwendig werden, dass der Mieter die Mieträume vorübergehend räumt (z.B. anlässlich einer Schwammbekämpfung). Eine Mitwirkungspflicht des Mieters besteht im Allgemeinen nicht101. Obwohl im Gesetz nicht ausdrücklich hervorgehoben, besteht der Anspruch des Vermieters nicht, sofern die Duldung dem Mieter nach strengen Maßstäben ausnahmsweise nicht zuzumuten ist102. Soweit er zur Duldung verpflichtet ist, kann er wegen der damit verbundenen Beeinträchtigungen die Miete mindern103. bb) Verfügungsgrund Ein Grund zum Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Duldung von Reparaturmaßnahmen besteht, soweit es sich um Maßnahmen handelt, die keinen Aufschub vertragen104. Es wird also eine besondere Dringlichkeit vorausgesetzt, die durch Tatsachen, z.B. akute Gefährdung, begründet werden muss. Dann aber ist das einstweilige Verfügungsverfahren selbst dann zulässig, wenn damit die Entscheidung in der Hauptsache praktisch vorweggenommen wird, was häufig der Fall sein dürfte. g) Modernisierung aa) Duldungsanspruch des Vermieters Gem. § 554 Abs. 2 BGB kann der Vermieter vom Mieter unter bestimmten Voraussetzungen die Duldung von Modernisierungsarbeiten verlangen. Der Vermieter muss zunächst eine gesetzlich zulässige Modernisierungsmaßnahme in einem formalen Verfahren ankündi- So AG Hamburg-Blankenese, Beschl. v. 31.5.2002 – Az 518 C 162/02 (n. v.). KG, ZMR 1992, 486; BayObLG ZMR 1997, 73, 74. 102 LG Kassel, WuM 1981, 96. 103 Zum Schadensersatzanspruch Hinz/Junker/v. Rechenberg/Sternel (o. Fußn. 95), 2.3.1 Ziff. 2. 104 Vgl. OLG Rostock MDR 1996, 1183; Hinz/Junker/v. Rechenberg/Sternel (o. Fußn. 95), 2.3.1. 100 101 23 gen105. Ist der Mieter zur Duldung der Arbeiten nicht bereit, so stellt sich die Frage, ob der Vermieter sie gleichwohl durchführen kann. Das ist bei Maßnahmen außerhalb der Mietwohnung (z.B. Anbringung einer Wärmedämmung am Außenmauerwerk) regelmäßig möglich. Ob der Vermieter gleichwohl gehalten ist, seinen Duldungsanspruch zunächst klageweise durchsetzen und titulieren lassen muss, wird unterschiedlich beantwortet (s. dazu u. bb [1]). Hingegen können Maßnahmen innerhalb der Wohnung immer nur durchgeführt werden, wenn der Mieter sie duldet. Unterbleibt dies, so benötigt der Vermieter auf jeden Fall einen Duldungstitel. Diesen kann er nur in einem Hauptsacheverfahren erwirken; der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist regelmäßig unzulässig106. Zum einen würde damit die Entscheidung in der Hauptsache vorweggenommen werden, zum anderen bietet das einstweilige Verfügungsverfahren keinen geeigneten Rahmen, um die wechselseitigen Interessen, die nach § 554 Abs. 2 Satz 2 und 3 BGB abzuwägen sind, hinreichend aufzuklären107. Selbst wenn dem Vermieter infolge der verweigerten Duldung erhebliche Nachteile entstünden, z.B. bei einer umfangreichen Sanierungsmaßnahme ein Baustillstand eintreten würde oder öffentliche Fördermittel verfallen würden, kommt eine Erzwingung der Duldung im Wege der einstweiligen Verfügung nicht in Betracht108. bb) Unterlassungsanspruch des Mieters Indes kann sich der Mieter in verschiedenen Fallgestaltungen gegen bauliche Maßnahmen des Vermieters mit Hilfe der einstweiligen Verfügung zur Wehr setzen. Dabei ist zunächst zwischen der Außenmodernisierung und der Innenmodernisierung zu differenzieren: (1) Außenmodernisierung Im Falle einer Außenmodernisierung soll es nach einer Auffassung109 regelmäßig an einem Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Verfügung fehlen. Es wird argumentiert, dass der Mieter durch Modernisierungsmaßnahmen im Außenbereich nicht unmittelbar sondern allenfalls mittelbar berührt werde. Daher sei der Vermieter auch nicht gehalten, die Duldungspflicht des Mieters nach § 554 Abs. 2 BGB vorab im Klageverfahren klären zu lassen. Sofern die formellen oder materiellen Voraussetzungen des § 554 Abs. 2 BGB nicht vorlägen und der Mieter sein fehlendes Einverständnis mit der Maßnahme kundtue, 105 S. dazu Hinz/Junker/v. Rechenberg/Sternel (o. Fußn. 95), 2.3.2. Ganz h.M., vgl. nur Schmidt-Futterer/Eisenschmid (o. Fußn. 30), § 554 Rn. 231; Hinz/Junker/v. Rechenberg/Sternel (o. Fußn. 95), 2.3 5 Ziff. 9. 107 Schmidt-Futterer/Eisenschmid (o. Fußn. 30), § 554 Rn 341. 108 Börstinghaus (o. Fußn. 30), Rn 886; Schuschke, in: Schuschke/Walker (o. Fußn. 3), Vorbem. zu § 935 Rn 39; LG Frankenthal, WuM 1993, 418; a.A. für bewilligte Fördermittel: LG Köln, WuM 1978, 8. 109 LG Berlin, WuM 1996, 407; Börstinghaus (o. Fußn. 30), Rn 894. 106 24 könne der Vermieter ohnehin keine Mieterhöhung nach § 559 BGB geltend machen110. Allerdings kann der Mieter auch nach dieser Auffassung der Außenmodernisierung mit einer einstweiligen Verfügung dann begegnen, wenn diese nicht nur zu einer mittelbaren Störung des Mietgebrauchs, sondern zu einem direkten Eingriff in die Mietsache oder zu Gesundheitsbeeinträchtigungen führt111. Die Gegenansicht112 weist darauf hin, dass der Mieter auch die Außenmodernisierung nur unter den Voraussetzungen des § 554 Abs. 2 BGB dulden müsse. Da ihn diese Vorschrift nicht nur vor Mieterhöhungen nach Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen, sondern vor solchen Maßnahmen schlechthin schütze, wenn Härtegründe bestünden, müsse der Mieter auch bei unberechtigten Außenmodernisierungen die Schaffung vollendeter Tatsachen verhindern können. Der Verfügungsanspruch kann sich dann aber nur aus einer Nebenpflicht des Vermieters (§ 241 Abs. 2 BGB) ergeben; eine Besitzstörung i. S. des § 862 Abs. 1 BGB liegt offensichtlich nicht vor. Für diese Auffassung spricht neben den bereits genannten Argumenten, dass sich im Einzelfall schwer abgrenzen lässt, wann die Modernisierungsmaßnahme den Mieter nur mittelbar stört und wann sie eine unmittelbare Beeinträchtigung darstellt. Gerade bei Belästigungen durch Lärm oder Baustaub ergeben sich kaum lösbare Abgrenzungsprobleme. (2) Innenmodernisierung Hier darf der Vermieter keinesfalls einseitig tätig werden, sondern muss sich, wenn der Mieter zur Duldung der Arbeiten nicht bereit ist, zunächst im Klageverfahren einen entsprechenden Titel verschaffen. Führt der Vermieter ohne einen Duldungstitel gegen den Willen des Mieters Modernisierungsarbeiten in der Wohnung aus, so kann der Mieter die Maßnahmen im Wege der einstweiligen Verfügung einstellen lassen. Jedoch fehlt es an einem Verfügungsgrund, wenn der Mieter die Beeinträchtigung bereits dadurch verhindern kann, dass er die Handwerker nicht in die Wohnung lässt113. Der Mieter kann mit Hilfe der einstweilen Verfügung die Einstellung der baulichen Maßnahmen, darüber hinaus aber auch die Wiederherstellung eines der bisherigen Qualität entsprechenden Wohnzustands verlangen114. 110 LG Berlin, WuM 1996, 407; Börstinghaus (o. Fußn. 30), Rn 894. Börstinghaus (o. Fußn. 30), Rn 894. 112 LG Gera, Urt. v. 10.4.1995, Az 5 T 152/95; BezirksG Potsdam, WuM 1993, 599; LG Berlin, WuM 1986, 138; Schmidt-Futterer/Eisenschmid (o. Fußn. 30), § 554 Rn 340, 345; Bub/Treier/Fischer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl. 1999, VIII Rn 118; Bub/Treier/Kraemer, III A Rn 118. 113 Schmidt-Futterer/Eisenschmid (o. Fußn. 30), § 554 Rn 345; Börstinghaus (o. Fußn. 30), Rn 895. 111 25 cc) Vorschussanspruch des Mieters Ob der Mieter auch seinen Vorschussanspruch nach § 554 Abs. 4 Satz 2 BGB wegen Aufwendungen, die ihm infolge der Erhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen nach § 554 Abs. 1 und 2 Satz 1 BGB entstehen, im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen kann, ist umstritten115. Für die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung wird argumentiert, dass das Zurückbehaltungsrecht des Mieters an den monatlichen Mietbeträgen die u. U. sehr hohen Aufwendungen nur sukzessive abdecken könne; zudem reagiere der Vermieter auf den Zahlungsrückstand vielfach mit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Bevor jedoch das gesamte Mietverhältnis auf den Prüfstand gerate, sei eine Klärung der Vorschussfrage im Eilverfahren dem Rechtsfrieden dienlicher. Andererseits braucht der Mieter die bauliche Maßnahme überhaupt nicht zu dulden, solange der Vermieter dem Verlangen nach einem Vorschuss nicht nachgekommen ist. Auch insoweit steht dem Mieter ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGH zu116. Damit dürfte es für eine „Vorschussverfügung“ regelmäßig an einem Verfügungsgrund fehlen. h) Vertragswidriger Gebrauch / Sicherung des Hausfriedens Gebraucht der Mieter das Mietobjekt in vertragswidriger Weise und setzt er dieses Verhalten nach einer Abmahnung fort, so kann der Vermieter gem. § 541 BGB auf Unterlassung klagen. Hiermit ist allein die Klage in der Hauptsache gemeint. Eine einstweilige Verfügung wird aber zugelassen, wenn der vertragswidrige Gebrauch einen Zustand begründet, der dem Vermieter nicht einmal kurzzeitig zuzumuten ist117. Eine Fallgestaltung, welche die Gerichte zuweilen beschäftigt, ist die Abschlussparty des ausziehenden Mieters. Das AG Bad Homburg118 hat bei einer Party, zu welcher der Mieter 120 Jugendliche eingeladen hatte, eine Beschränkung auf 40 Personen verfügt. Auch die Unterlassung von massiven Lärmbelästigungen kann der Vermieter im Wege der einstweiligen Verfügung geltend machen119. Als gesichert kann es gelten, dass der Vermieter zur Erhaltung des Hausfriedens mit Hilfe der einstweiligen Verfügung durchsetzen kann, dass der Mieter Plakate, Spruchbänder oder andere Dekorationen mit beleidigendem oder (auch politisch) anstößigem Inhalt (z.B. fremdenfeindliche Parolen) von den Wohnungsabschlusstüren, den Fenstern, dem Balkon oder 114 Börstinghaus (o. Fußn. 30), Rn 896. Dafür: Schmidt-Futterer/Eisenschmid (o. Fußn. 30), § 554 Rn 346; AG Köln, WuM 1981, 95; dagegen: Sternel, Mietrecht, 3. Aufl. 1988, II Rn 356. 116 Horst, NZM 1999, 193, 194; AnwK-BGB/Riecke, 2005, § 554 Rn 38. 117 Börstinghaus (o. Fußn. 30), Rn 888; Schuschke, in: Schuschke/Walker (o. Fußn. 3), Vorbem. zu § 935 Rn 39. 118 NJW-RR 1992, 335. 119 Ebenso Schneider, MDR 2004, 319, 321. 115 26 der Gebäudeaußenwand entfernt120. Problematisch ist die Rechtslage hingegen bei Dekorationen mit politischer Meinungsäußerung innerhalb des demokratischen Spektrums. Die überwiegende Ansicht121 nimmt hier eine Abwägung zwischen den Interessen des Mieters und des Vermieters vor, wobei der Zustand und die Lage des Hauses, die Auswirkungen auf den Hausfrieden und die Wahrnehmbarkeit der Meinungsäußerung durch Passanten zu berücksichtigen sind. Nach der hier vertretenen Ansicht trifft den Mieter die vertragliche Nebenpflicht, auf den Ruf des Vermieters und anderer Mitbewohner Rücksicht zu nehmen. Infolge der Nutzung des Hauses zum Zwecke der politischen Meinungsbildung droht auch diesen Personen, mit bestimmten politischen Inhalten in Verbindung gebracht zu werden. Das erscheint regelmäßig nicht hinnehmbar. Ob es einer Durchsetzung dieser Belange im gerichtlichen Eilverfahren bedarf oder ob das Abwarten einer Hauptsacheentscheidung zumutbar ist, wird wiederum von den Umständen des Einzelfalls (Lage des Hauses, Form der politischen Werbung) abhängen. i) Untervermietung / Drittüberlassung aa) Anspruch des Mieters auf Drittüberlassung Nach bisheriger Rechtsprechung und Literatur kann der Mieter einen Anspruch auf Erteilung einer Untermieterlaubnis nach § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB oder auch aufgrund vertraglicher Vereinbarung nicht im einstweiligen Verfügungsverfahren geltend machen122. Dies wird damit begründet, dass die „einstweilig verfügte“ Erlaubnis zu einer endgültigen Erfüllung des Anspruchs führen würde, zumal sich die Aufnahme des Untermieters nicht ohne weiteres rückgängig machen lasse. Das bedeutet jedoch, dass der Mieter auch mit der Aufnahme eines Lebensgefährten in die Wohnung bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils im Hauptsacheverfahren (vgl. § 894 ZPO) warten müsste – und das kann bisweilen Jahre dauern. Man könnte argumentieren, dass ein dergestalt langes Zuwarten die Lebensqualität des Mieters sowie sein Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) allzu sehr beeinträchtigt, so dass hier ausnahmsweise eine Leistungsverfügung, gerichtet auf Erlaubniserteilung nach § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB, in Betracht käme. Dafür mag insbesondere die Wertentscheidung des Reformgesetzgebers sprechen, „neben Ehe und Familie auch den auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt mietrechtlich besonders zu schützen“123. In 120 AG Ludwigsburg, WuM 1989, 618; Schuschke, in: Schuschke/Walker (o. Fußn. 3), Vorbem. zu § 935 Rn 39. 121 Schmidt-Futterer/Blank (o. Fußn. 30), § 541 Rn 87 m. w. Nachw. 122 LG Hamburg, WuM 2000, 303; Börstinghaus (o. Fußn. 30), Rn 901. 123 BT-Drs. 14/4553, S. 49. 27 diesem Sinne hat der BGH in seiner Entscheidung vom 5.11.2003124 die Voraussetzungen für die Erlaubniserteilung gegenüber dem Rechtsentscheid vom 3.10.1984125 deutlich gelockert; zur Darlegung des berechtigen Interesses genügt nunmehr regelmäßig der vom Mieter artikulierte Wunsch, eine Lebensgemeinschaft zu bilden126. Allerdings kann der Vermieter die Erlaubnis zur Aufnahme des Lebensgefährten nach wie vor versagen, wenn in dessen Person ein wichtiger Grund vorliegt, die Wohnung übermäßig belegt würde oder ihm die Überlassung aus anderen Gründen nicht zuzumuten wäre (§ 553 Abs. 1 Satz 2 BGB). Ein wichtiger Grund in der Person des Dritten wird z.B. angenommen, wenn konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass dieser den Hausfrieden stören wird127. Dafür kann im Einzelfall sogar eine persönliche Feindschaft des Vermieters oder anderer Hausbewohner mit dem Dritten ausreichen. Es erscheint indes keineswegs unproblematisch, wenn die Gerichte derartige Prognoseentscheidungen im Rahmen eines summarischen Verfahrens treffen müssen. Zudem kann der Vermieter die Erlaubnis zur Drittüberlassung auch dann nach § 553 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen Unzumutbarkeit versagen, wenn der Mieter zu Unrecht eine Erhöhung der Miete nach § 553 Abs. 2 BGB (sog. Untermietzuschlag) ablehnt128. Auch die Berechtigung eines solchen Zuschlags – die von den Gerichten allerdings meistens verneint wird129 – kann wohl nur im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Somit sprechen nach wie vor gute Gründe gegen die Durchsetzung des Erlaubnisanspruchs im Wege einer einstweiligen Verfügung. Allenfalls dann, wenn der Anspruch des Mieters auf Erlaubniserteilung zur Aufnahme des Lebenspartners unzweifelhaft besteht, Unzumutbarkeitsgründe i. S. des § 553 Abs. 1 Satz 2 BGB also unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht kommen, könnte an einen einstweiligen Rechtsschutz gedacht werden. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung künftig zu dieser Frage verhalten wird. bb) Anspruch des Vermieters auf Unterlassung der Untervermietung Beabsichtigt der Mieter, die Räume ohne eine entsprechende Erlaubnis ganz oder teilweise an Dritte zu überlassen, so kann der Vermieter ihm dies im Wege der einstweiligen Verfügung verbieten lassen130. Nach Überlassung der Mietsache an den Dritten kommt indes ein einstweiliger Rechtsschutz nicht mehr in Betracht131; der Dritte hat nunmehr ein eigenstän- 124 NJW 2004, 56 = WuM 2003, 688 = ZMR 2004, 100 = JR 2004, 377 mit Anm. Hinz. BGH NJW 1985, 130 = WuM 1985, 7. 126 Vgl. Hinz, JR 2004, 379, 380; Wiek, WuM 2003, 690, 691. 127 Schmidt-Futterer/Blank (o. Fußn. 30), § 553 Rn 9; AnwK-BGB/Hinz, 2005, § 553 Rn 14. 128 AnwK-BGB/Hinz, § 553 Rn 17. 129 Vgl. AnwK-BGB/Hinz, § 553 Rn 25. 130 LG Oldenburg, NJW-RR 1981, 89; Schuschke, in: Schuschke/Walker (o. Fußn. 3), Vorbem. zu § 935 Rn 39; Bamberger/Roth/Ehlert, BGB, Stand: Januar 2005, § 540 Rn 27. 131 LG Bochum, WuM 1991, 586; Schuschke, in: Schuschke/Walker (o. Fußn. 3), Vorbem. zu § 935 Rn 39. 125 28 diges Besitzrecht an den Räumen. Eine einstweilige Verfügung, die den Mieter verpflichten würde, das Untermietverhältnis zu beenden und den Untermieter zur Räumung zu veranlassen, liefe auf eine Vorwegnahme der Hauptsache hinaus. j) Gebrauch einer widerrufenen Einzugsermächtigung Beim Einzugsermächtigungsverfahren erteilt der Mieter dem Vermieter eine Einzugsermächtigung, während er seiner Bank gegenüber keine Erklärung über den Einzug von Forderungen abgibt. Die Bank handelt deshalb nur aufgrund einer Weisung des einzugsermächtigten Vermieters und belastet das Konto des Mieters, ohne von ihm einen entsprechenden Auftrag zu haben. Nach dem Inhalt des zu seiner Bank bestehenden Girovertrags kann der Mieter deshalb der Kontobelastung – wie jeder anderen unberechtigten Buchung – widersprechen und Gutschrift des abgebuchten Betrags verlangen132. Die Einzugsermächtigung bezieht sich nur auf unbestrittene Forderungen. Sie kann alle Forderungen aus dem Mietverhältnis erfassen, aber auch auf die laufenden Mietbeträge beschränkt werden. Bucht der Vermieter Beträge ab, die nicht von der Einzugsermächtigung erfasst sind – insbesondere streitige Beträge –, so ist der Mieter zum Rückruf berechtigt. Kommt es wiederholt zu Fehlern beim Einzug, die der Vermieter zu vertreten hat, so ist der Mieter berechtigt, die Einzugsermächtigung zu widerrufen. Der Vermieter muss den Widerruf selbst dann beachten, wenn er ihn für unbegründet hält. Macht der Vermieter gleichwohl von der Einzugsermächtigung Gebrauch, so kann der Mieter gegen die Abbuchung nicht geschuldeter Beträge im Wege der einstweiligen Verfügung vorgehen133. Diese ist darauf zu richten, dass der Antragsgegner (Vermieter) den Einzug vom Konto (Kreditinstitut, Kontonummer) unterlässt. k) Eintragung einer Auflassungsvormerkung nach Ausübung des Vorkaufsrechts Droht eine Umgehung des vom Mieter bereits ausgeübten Vorkaufsrechts durch Veräußerung des Mietobjekts an einen Dritten, so stehen dem Mieter auch Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche (§§ 826, 1004 BGB) zu134. Da es sich aber nur um ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht handelt, kann der erste Erwerber, soweit die Parteien die Auflassung erklärt haben, die Eintragung ins Grundbuch betreiben. Bevor der Mieter von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht hat, kann der erste Erwerber bereits im Grundbuch eingetragen sein. Vom Grundbuchamt erfolgt insoweit keine Überprüfung. 132 BGH ZMR 1996, 248, 250 f. = NJW 1996, 988, 989. LG Berlin GE 1996, 805; Schmidt-Futterer/Eisenschmid (o. Fußn. 30), § 536 Rn 314; Börstinghaus (o. Fußn. 30), Rn 893. 134 OLG München, NZM 1999, 797 = ZMR 1999, 549; Bub, NZM 2000, 1092, 1094 f. 133 29 Der Mieter kann aber zur Sicherung seines Eigentumsverschaffungsanspruchs aus dem durch Ausübung des Vorkaufsrechts begründeten neuen Kaufvertrag135 im Wege der einstweiligen Verfügung die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu seinen Gunsten erwirken (§ 883 Abs. 1 BGB)136. Dabei muss er eine Gefährdung des zu sichernden Anspruchs nicht glaubhaft machen (§ 885 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Eintragung der Vormerkung kommt aber erst in Betracht, wenn der Mieter sein Vorkaufsrecht schon ausgeübt hat137. Da zu diesem Zeitpunkt der Kaufvertrag mit dem Ditten bereits besteht, hat dieser meist schon seinerseits eine Vormerkung zur Sicherung des Übereignungsanspruchs erwirkt. Ist die erste Eintragung vorrangig, so geht die Vormerkung des Mieters ins Leere. Deshalb schlägt Derleder138 vor, die Eintragung einer Vormerkung bereits „bei Verdichtung der Umwandlungsabsicht“ zuzulassen. Tatsächlich kann eine Vormerkung auch zur Sicherung eines künftigen oder bedingten Anspruchs erfolgen (§ 883 Abs. 1 Satz 2); doch darf dessen Entstehen nicht allein dem Belieben des Schuldners unterliegen139. Eben das wäre hier der Fall; ob der Kaufvertrag mit dem Dritten zustande kommt, hängt ausschließlich vom Willen des Verkäufers ab. l. Betriebspflicht bei Gewerberaum aa) Grundsätzliches Der Vermieter von Gewerberaum kann ein besonderes Interesse daran haben, dass das Mietobjekt zu dem vertraglich vorgesehenen Zweck genutzt wird. Ein solches Interesse kann z.B. darauf basieren, dass ein unterbleibender Betrieb des Geschäftslokals wegen des damit einhergehenden Verlustes des Kundenstamms eine Anschlussvermietung erschwert oder nur noch zu einer geringeren Miete zulässt140. Einkaufszentren und größere Geschäftspassagen erhalten im Übrigen die von Betreiber und Geschäftsraummietern gewünschte Kundenakzeptanz nur dann, wenn sämtliche Ladenlokale während der vorgesehenen Öffnungszeiten betrieben werden. Daher ist die Frage der Betriebspflicht des Mieters bei der Gewerberaummiete wie bei der Pacht von erheblicher Relevanz. Betriebspflicht bedeutet die Verpflichtung des Mieters, die angemieteten Räume während bestimmter oder bestimmbarer Öffnungszeiten zu dem im Mietvertrag festgelegten Gebrauchszweck für das Publikum offen zu halten, den Geschäftsbetrieb durchzuführen und ein entsprechendes Angebot von Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten141. Neben dem Umfang der Betriebspflicht ist insbe- 135 Dazu BGH, NJW 1987, 494, 495; AnwK-BGB/Hinz, 2005, § 577 Rn 33. S. insoweit das Antragsmuster bei Hinz/Junker/v. Rechenberg/Sternel (o. Fußn. 95), 10.9.3. 137 Schmidt-Futterer/Blank (o. Fußn. 30), § 577 Rn 65; Bub, NZM 2000, 1092, 1094. 138 PiG 49 (1996), 169, 187. 139 Siehe nur AnwK-BGB/Krause, 2004, § 883 Rn 27. 140 Jendrek, NZM 2000, 526, 527. 141 Das gilt selbst bei Vereinbarung einer umsatzabhängigen Miete oder Pacht; vgl. Jendrek, NZM 2000, 526; Peters/Welkerling, ZMR 1999, 369. 136 30 sondere fraglich, ob und unter welchen Voraussetzungen diese im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden kann. bb) Verfügungsanspruch (1) Voraussetzungen / Anspruchsinhalt Auch der Mieter eines gewerblichen Objekts ist nicht ohne weiteres zum Betrieb des in den Räumen beabsichtigten Geschäfts verpflichtet142. Die Betriebspflicht muss vielmehr eindeutig vereinbart sein; es handelt sich dann um eine vertragliche Nebenleistungspflicht des Mieters. Die Vereinbarung kann sich aus einer ausdrücklichen Regelung im Mietvertrag, aber auch stillschweigend aus den Umständen ergeben. Letzteres ist z.B. bei der Verpachtung von Betrieben, die durch Schließung schnell ihren Geschäftswert einbüßen (z.B. Gaststätten), oder bei der Vermietung von Läden in Einkaufszentren angenommen worden143. Eine Betriebspflicht kann auch formularvertraglich vereinbart werden. Insbesondere Formularklauseln, die dem Mieter die Einhaltung bestimmter oder bestimmbarer Ladenöffnungszeiten abverlangen, sind von der Rechtsprechung nicht beanstandet worden144. Die Betriebspflicht entfällt nicht aufgrund einer gesundheitlichen Beeinträchtigung des Mieters; dieser muss sich im Falle seiner Verhinderung einer Hilfskraft bedienen145. Sie entfällt auch nicht dadurch, dass das Mietobjekt vom Mieter nicht rentabel betrieben werden kann; dieser Umstand fällt allein in seinen Risikobereich146. Verletzt der Mieter die Betriebspflicht, so kann der Vermieter zunächst einmal die Erfüllung durch (Wieder-)Aufnahme des Betriebs verlangen. Verschiedentlich wird ein entsprechender Anspruch des Vermieters auf § 541 BGB i. V. mit der vertraglichen Regelung gestützt 147. Indes gewährt § 541 BGB dem Vermieter lediglich einen Unterlassungsanspruch; der Mieter soll jedoch nicht nur einen vertragswidrigen Gebrauch unterlassen, sondern ein positives Tun, nämlich die nach dem Vertragzweck vorgesehene Geschäftstätigkeit vollbringen. Somit sprechen die besseren Gründe dafür, den Erfüllungsanspruch des Vermieters auf (Wieder- 142 BGH, WuM 1983, 531; Wolf/Eckert/Ball (o. Fußn. 14), Rn 606; Hinz/Junker/v. Rechenberg/Sternel (o. Fußn. 95), 2.7.4 Ziff. 1. 143 Vgl. OLG Köln, NZM 2002, 345; LG Hannover, ZMR 1993, 280, zurückhaltend LG Lübeck, NJWRR 1993, 78; zur Problematik Jendrek, NZM 2000, 526, 527. 144 S. etwa BGH, NJW-RR 1992, 1032; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 648; OLG Celle, NJW-RR 1996, 585; nach OLG Schleswig, NZM 2000, 1008 stellt aber eine Formularklausel, die dem Mieter eines Ladenlokals in einem Einkaufszentrum unter Versagung jeglichen Konkurrenzschutzes für die gesamte Mietzeit eine Betreibungspflicht und gleichzeitig eine Sortimentsbindung auferlegt; eine unangemessene Benachteiligung (§ 307 BGB) dar; zur Problematik auch Wolf/Eckert/Ball (o. Fußn. 14), Rn 609 ff.; Hinz/Junker/v. Rechenberg/Sternel (o. Fußn. 95), 2.7.3 Ziff. 2 f. 145 OLG Düsseldorf, ZMR 2004, 508. 146 OLG Düsseldorf, ZMR 2004, 508; Jendrek, NZM 2000, 526, 527. 147 OLG Köln, NZM 2002, 345; LG Bamberg, ZMR 2004, 581, 582; LG Lübeck, NJW-RR 1993, 78; Wolf/Eckert/Ball (o. Fußn. 14), Rn 614; Bub/Treier/Kraemer (o. Fußn. 112), III A Rn 939. 31 )Aufnahme des Betriebs direkt auf die in der Vertragsurkunde niedergelegte Abrede, gegebenenfalls auf die konkludente Vereinbarung zu stützen148. (2) Durchsetzbarkeit Nach einer Entscheidung des OLG Naumburg149 kann der Vermieter seinen Anspruch gegen den Mieter auf Inbetriebnahme der Geschäftsräume nicht im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen. Diese könne nur vollstreckungsfähige Ansprüche zum Gegenstand haben; die vertragliche Verpflichtung des Mieters zum Betrieb eines Ladengeschäfts könne indes weder als vertretbare Handlung nach § 887 ZPO noch als unvertretbare Handlung nach § 888 ZPO vollstreckt werden. Die Aufnahme des Geschäftsbetriebs ist als unvertretbare Handlung einzustufen. Eine solche unterliegt nach § 888 Abs. 1 ZPO nur dann der Zwangsvollstreckung, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt. Das ist nach Ansicht des OLG Naumburg bei der Erfüllung einer mietvertraglich begründeten Betriebspflicht nicht der Fall, da es neben der Bereitschaft des Mieters zum Betreiben des Geschäfts auch des Abschlusses von Lieferanten- und Arbeitsverträgen bedürfe. Die überwiegende Ansicht150 hält die Betriebspflicht des Mieters auch mittels einstweiliger Verfügung für durchsetzbar. Das Willenskriterium des § 888 Abs. 1 ZPO legt sie restriktiv aus; eine Vollstreckung nach dieser Vorschrift komme nur dann nicht in Betracht, wenn der Schuldner die erforderliche Mitwirkung Dritter trotz zumutbarer Anstrengungen nicht erreichen könne. Dies müsse er jedoch im Vollstreckungsverfahren einwenden, so dass es dem Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht entgegenstehe151. Geht es um die Betriebspflicht für die letzte Zeit vor Beendigung des Mietverhältnisses, so kann nach einer Entscheidung des OLG Düsseldorf152 eine Vollstreckung zwar nicht mehr nach § 888 ZPO erfolgen, da es sich bei dem festzusetzenden Zwangsgeld um ein reines Beugemittel handelt und nach Beendigung der Schuldnerverpflichtung die Beitreibung ausgeschlossen ist. Diese Lücke will das OLG Düsseldorf jedoch durch eine analoge Anwendung des § 890 ZPO schließen. Haben die dortigen Ordnungsmittel zumindest auch einen „strafähnlichen" Charakter, so können sie auch noch nachträglich, also nach Wegfall der vertraglichen Betriebspflicht verhängt werden. Das kann den Schuldner zwar nicht mehr unmittelbar zu einer Pflichterfüllung veranlassen, doch mag ihn die erforderliche Androhung der Ordnungsmittel 148 Jendrek, NZM 2000, 526, Sternel (o. Fußn. 115), II Rn 276. NZM 1998, 575; in diesem Sinne auch OLG Hamm, NJW 1973, 1135; SchmidtFutterer/Eisenschmid (o. Fußn. 30), § 535 Rn 203, allerdings mit der Einschränkung für den Fall, dass der Schuldner seiner Verpflichtung nachkommen kann, weil die Mitwirkungsbereitschaft des Dritten ohne weiteres feststeht. 150 OLG Düsseldorf, NJW 1997, 648, 649; OLG Frankfurt, NJW-RR 1992, 171; OLG Köln, NJW-RR 1992, 633; OLG Celle, NJW-RR 1996, 585; Zöller/Stöber (o. Fußn. 4), § 888 Rn 2. 151 Jendrek, NZM 2000, 526, 530. 152 NJW-RR 1997, 648. 149 32 dazu bewegen, seinen Pflichten rechtzeitig nachzukommen153. Nach alledem ist eine Verpflichtung des Mieters zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs regelmäßig vollstreckbar, so dass eine Durchsetzung im Wege der einstweiligen Verfügung grundsätzlich möglich ist. Nach einer aktuellen Entscheidung des LG Köln154 kann der Vermieter die Betriebspflicht aber im Hinblick auf § 275 Abs. 1, 3 BGB dann nicht durchsetzen, wenn der Mieter vermögenslos ist. In diesem Fall sei ihm die Fortführung des Geschäftsbetriebs nicht zumutbar, da dies zwangsläufig die Eingehung von neuen Verbindlichkeiten erfordere und der Mieter jedweden Vertragspartner konkludent über seine Zahlungsfähigkeit täuschen müsse. Allerdings wird der Mieter in solchen Fallgestaltungen wohl regelmäßig mit erheblichen Mietbeträgen rückständig sein (so auch im Fall des LG Köln), so dass eine Beendigung des Mietverhältnisses durch außerordentliche fristlose Kündigung (§ 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB) alsbald zu erwarten ist. Dann aber dürfte dem Vermieter im Zweifel das Rechtsschutzbedürfnis für eine Durchsetzung der Betriebspflicht im Wege der einstweiligen Verfügung fehlen. cc) Verfügungsgrund Unterschiedliche Anforderungen werden in der Rechtsprechung an das Vorliegen eines Verfügungsgrundes gestellt. Nach einer Entscheidung des KG vom 18.10.2004155 ist eine einstweilige Verfügung zur Durchsetzung der Betriebspflicht wegen der damit verbundenen Vorwegnahme der Hauptsache nur ausnahmsweise gerechtfertigt. Der Antragsteller müsse darlegen und glaubhaft machen, so dringend auf die Erfüllung angewiesen zu sein, dass ihm anderenfalls erhebliche Nachteile drohten, so dass ihm ein Zuwarten oder die Verweisung auf Schadensersatzansprüche nicht zumutbar sei. Der Hinweis auf die Beeinträchtigung des Gesamtcharakters des betreffenden Einkaufzentrums, das von der Vielfalt seiner Angebote an Waren- und Dienstleistungen lebe, reiche ebenso wenig, wie die befürchtete Hervorrufung eines Dominoeffekts im Falle einer Nachahmung durch andere Mieter. Sehr viel großzügigere Anforderungen an den Verfügungsgrund hat indes das LG Bamberg in einer Entscheidung aus dem Jahre 2004156 gestellt. Es weist darauf hin, dass die vereinbarte Betriebspflicht gerade dazu dient, die Attraktivität des Einkaufszentrums für die anzuziehenden Kunden zu erhalten, indem alle Ladengeschäfte betrieben werden und somit ein umfassendes Angebot bereitgestellt wird. Gerade Einkaufspassagen, die Leerstände oder geschlossene Geschäfte aufweisen, können – wie das LG Bamberg zutreffend ausführt – 153 OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 648. NZM 2005, 621. 155 ZMR 2005, 47 = GE 2004, 1591. 156 ZMR 2004, 581. 154 33 schnell an Anziehungskraft verlieren. Angesichts des starken Wettbewerbs können Kunden, die sich wegen des negativen Erscheinungsbildes einmal entschlossen haben, das Objekt nicht mehr aufzusuchen, kaum mehr zurückgewonnen werden. Schon kurzfristige Schließungen von Geschäften dürften die Attraktivität der Passage für potenzielle Kunden nachhaltig verringern157. Das gibt zumindest für solche Geschäftslokale, die innerhalb des Einkaufzentrums in den von Kunden stark frequentierten Bereichen, etwa im Erdgeschoß oder im 1. OG belegen sind. Hier erscheint es dem Betreiber des Zentrums kaum zumutbar, die Betriebspflicht erst in einem Hauptsacheverfahren durchzusetzen. Bis zu einer (vorläufig vollstreckbaren) erstinstanzlichen Entscheidung kann so viel Zeit verstreichen, dass der Anspruch auf Aufrechterhaltung des Betriebes und Öffnung des Geschäftslokals völlig entwertet wird. dd) Verfügungsantrag Wird der Erfüllungsanspruch des Vermieters – nach dem oben Gesagten – direkt aus der vertraglichen Nebenleistungspflicht des Mieters hergeleitet, so sollte der Verfügungsantrag regelmäßig wie folgt formuliert werden158: Der Antragsgegner wird verpflichtet, das in ... belegene (nach Lage und Gegenstand genau zu bezeichnende) Geschäftslokal an ... (bestimmte Wochentage einzusetzen) von … bis … (Uhrzeit einzusetzen) geöffnet zu halten und zu betreiben. Ein Unterlassungsantrag wäre indes denkbar, wenn der Mieter sein Geschäft zwar betreibt, es aber regelmäßig vor Ende der Ladenöffnungszeit schließt: Der Antrag könnte dann folgendermaßen lauten159: Der Antragsgegner wird verpflichtet, es zu unterlassen, das von ihm betriebene, in ... belegene (nach Lage und Gegenstand genau zu bezeichnende) Geschäftslokal an ... (bestimmte Wochentage einzusetzen) vor ... (Uhrzeit einzusetzen) zu schließen. m) Konkurrenzschutz aa) Grundsätzliches Die Pflicht des Vermieters von Gewerberaum, weitere Räumlichkeiten nicht an Konkurrenten zu vermieten, ist Ausfluss der Gebrauchgewährungspflicht gem. § 535 Abs. 1 BGB (sog. vertragsimmanenter Konkurrenzschutz); sie besteht also auch ohne besondere vertragliche Vereinbarung160. Allerdings kann der Konkurrenzschutz durch Vereinbarung erweitert, 157 LG Bamberg ZMR 2004, 581, 582. So der Vorschlag von Jendrek, NZM 2000, 526, 529 und Sternel (o. Fußn. 115), II Rn 276. 159 So der Vorschlag von Jendrek, NZM 2000, 526, 529. 160 BGH, ZMR 1979, 311; OLG Düsseldorf, ZMR 1997, 583; NZM 2001, 1033; dazu Neuhaus, Handbuch der Geschäftsraummiete, 2. Aufl. 2005, Rn 697. Wolf/Eckert/Ball (o. Fußn. 14), Rn 658 158 34 eingeschränkt oder - auch formularmäßig - ausgeschlossen werden161. Auch freiberufliche Mieter (z.B. Ärzte, Rechtsanwälte) können sich gegenüber dem Vermieter auf Konkurrenzschutz berufen. Der Konkurrenzschutz kann sowohl durch Individualvertrag als auch durch Formularklausel vertraglich ausgeschlossen werden. Ein formularmäßiger Ausschluss stellt grundsätzlich keine unangemessene Benachteiligung des Mieters i. S. des § 307 BGB dar162. Etwas anderes kann gelten, wenn der Wettbewerber ein völlig gleiches Warensortiment oder gleiche Dienstleistungen anbietet; dann erscheint ein formularmäßiger Ausschluss mit dem gesetzlichen Leitgedanken einer uneingeschränkten Überlassungspflicht des Vermieters unvereinbar163. Gegenständlich beschränkt sich der Konkurrenzschutz auf die Überschneidung der Geschäftsbereiche von Mieter und Konkurrent in ihren Kernbereichen, d.h. in der Regel in ihren Hauptartikeln; eine Überschneidung in Nebenartikeln reicht nicht aus. Als Hauptartikel ist eine Ware anzusehen, die den Stil des Geschäfts bestimmt und einem Geschäft das ihm eigentümliche Gepräge gibt. In diesem Zusammenhang ist auch das Ausmaß, in dem eine Ware vertrieben wird, von Bedeutung; denn das Wesen des Nebenartikels wird auch dadurch gekennzeichnet, dass sein Umsatz im Vergleich zu dem eines Hauptartikels im Rahmen des Gesamtbetriebs gering ist164. bb) Sicherung durch einstweilige Verfügung Aus dem vertragsimmanenten Konkurrenzschutz erwächst dem Mieter zunächst ein Erfüllungsanspruch, der sich auf § 535 Abs. 1 BGB stützt165. Diesen kann der Mieter regelmäßig auch im Wege der einstweiligen Verfügung geltend machen. Der Anspruch ist nur auf Herbeiführung des Erfolgs, also auf Beseitigung der störenden Konkurrenz gerichtet; es bleibt dem Vermieter überlassen, mit welchen Maßnahmen er dieses Ziel erreicht. Der Mieter muss in seinem Antrag die einzelnen Umstände, aus denen sich die Konkurrenzsituation 161 OLG Düsseldorf, ZMR 1992, 445; OLG Hamburg, ZMR 2003, 254. Vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1992, 1291 = ZMR 1992, 445; OLG Hamburg ZMR 1987, 94; Wolf/Eckert/Ball (o. Fußn. 14), Rn 642; Schmid-Futterer/Eisenschmid (o. Fußn. 30), § 535 Rn 528; Hinz/Junker/v. Rechenberg/Sternel (o. Fußn. 95), 2.8.3 Ziff. 1. 163 OLG Düsseldorf, NJW-RR 1992, 1291 = ZMR 1992, 445; Hinz/Junker/v. Rechenberg/Sternel (o. Fußn. 95), 2.8.3 Ziff. 1. 164 BGH, BB 1957, 167; BGH ZMR 1985, 374.; vgl. OLG Celle, ZMR 1992, 448, 449. Allerdings ist für den Betrieb eines Supermarkts in einem Einkaufszentrum im Verhältnis zu dort befindlichen Einzelhandelsgeschäften der Umsatz des Supermarktbetreibers bei den Konkurrenzartikeln kein entscheidendes Kriterium für das Bestehen einer Konkurrenzsituation; dazu OLG Celle, ZMR 1992, 448, 449; Hinz/Junker/v. Rechenberg/Sternel (o. Fußn. 95), 2.8.3 Ziff. 2. 165 Vgl. Wolf/Eckert/Ball (o. Fußn. 14), Rn 656. 162 35 ergibt, substanziiert darlegen. Insbesondere muss er konkret vortragen, wo eine Überschneidung von Angeboten oder Tätigkeiten besteht166. Erfährt der Mieter von der Absicht des Vermieters, Räume an einen Konkurrenten zu vermieten, so kann er dem Vermieter im Wege der einstweiligen Verfügung den Abschluss eines entsprechenden Mietvertrags untersagen lassen (§§ 935, 938 Abs. 2 ZPO). Hierin liegt keine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache; die einstweilige Verfügung regelt das Verhalten des Vermieters nur vorläufig bis zur endgültigen Hauptsacheentscheidung167. Nach Abschluss des Mietvertrags kann der Mieter verlangen, dass der Vermieter auf den Konkurrenten einwirkt, damit dieser den störenden Wettbewerb unterbindet168. Nach Ansicht von Eckert soll der Mieter, sofern der zweite Mietvertrag auf unbestimmte Zeit eingegangen ist, vom Vermieter sogar die Kündigung dieses Mietverhältnisses einfordern können169. Das erscheint jedoch problematisch; letztlich muss es dem Vermieter überlassen bleiben, wie er die Konkurrenzsituation abstellt. Ein einstweilig verfügtes Überlassungsverbot nach Abschluss des konkurrierenden Mietvertrags dürfte hier aus denselben Gründen scheitern, wie bei der Doppelvermietung (s. o. III 3 a bb [3]). Die Vollstreckung der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung des Abschluss eines Konkurrenzmietvertrags erfolgt nach § 890 ZPO; der Mieter sollte im Hinblick auf § 890 Abs. 2 sogleich die Androhung der Ordnungsmittel beantragen (s. o. III 2 b). Verlangt der Mieter nach Abschluss des Konkurrenzvertrags die Einwirkung auf den weiten Mieter, den Konkurrenzbetrieb einzustellen, so dürfte darin eine unvertretbare Handlung liegen; die Vollstreckung richtet sich dann nach § 888 ZPO. n) Räumung aa) Tatbestände Nach § 940a ZPO darf die Räumung von Wohnraum durch einstweilige Verfügung nur wegen verbotener Eigenmacht oder – diese Variante wurde erst durch das Gewaltschutzgesetz (GewSchG) vom 11.12.2001170 zum 1.1.2002 in die ZPO eingefügt – bei einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben angeordnet werden. bb) Verbotene Eigenmacht 166 OLG Hamm, NJW-RR 1991, 1483; Neuhaus (o. Fußn. 160), Rn 1273. Vgl. OLG Hamm, ZMR 1991, 295, 297. 168 Wolf/Eckert/Ball (o. Fußn. 14), Rn 658. 169 Wolf/Eckert/Ball (o. Fußn. 14), Rn 658. 170 BGBl. I, 3513; zum GewSchG s. Schumacher, FamRZ 2001, 956; Götz, PiG 70 (2005), 111, 125 ff. 167 36 Für die erste Alternative des § 940a ZPO ist maßgebend, ob sich der Antragsgegner durch verbotene Eigenmacht in den Besitz an den Räumlichkeiten gesetzt hat. Erforderlich ist also, dass er dem bisherigen Besitzer den unmittelbaren Besitz an den Räumlichkeiten gegen dessen Willen entzogen hat (vgl. § 858 Abs. 1 BGB). Das ist regelmäßig bei Hausbesetzungen der Fall. Will der bisherige Besitzer gegen die Hausbesetzer eine einstweilige Räumungsverfügung beantragen, so ergibt sich immer wieder die Schwierigkeit, diese als Antragsgegner konkret zu bezeichnen. Regelmäßig werden die Hausbesetzer dem Berechtigten nicht bekannt sein; nur in den seltensten Fällen werden sie sich ihm persönlich vorstellen. Darüber hinaus wird sich auch ihr Bestand oftmals sehr kurzfristig ändern, so dass eine Zustellung der einstweiligen Verfügung an darin konkret bezeichnete Personen vielfach nicht möglich sein wird. Gleichwohl lehnen Rechtsprechung und überwiegende Literatur171 eine einstweilige Verfügung „gegen derzeit noch unbekannte Hausbesitzer“ oder gegen „der Anzahl und Identität nach unbekannte Personen, die sich im Zeitpunkt der Zustellung in einem bestimmten Haus aufhalten“ ab. Zumindest müssen die Antragsgegner so klar bezeichnet werden, dass kein Zweifel an ihrer Identität und Stellung aufkommen kann, sie also für jeden Dritten zu ermitteln sind172. Demgegenüber will ein Teil des Schrifttums eine einstweilige Verfügung gegen „Unbekannt“173 oder zumindest gegen die „bei Vollziehung angetroffenen Personen“ zulassen174. Diesem Ansatz lassen sich zunächst die §§ 253 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4, 130 Nr. 1 ZPO entgegen halten, wonach die konkrete Bezeichnung der Parteien nun einmal erforderlich ist. Dabei bezweckt die konkrete Benennung des Beklagten bzw. Antragsgegners, das Verfahren gegen denjenigen zu richten, den es angeht, andere Personen hingegen zu schützen. Befinden sich jedoch in einem Gebäude ausschließlich unbefugte Personen, so sind sie allesamt Besitzstörer; ein Eingriff in die Sphäre Unbeteiligter ist somit nicht zu besorgen175. Gleichwohl dürfte diese Sichtweise seit dem grundlegenden Beschluss des BGH vom 18.7.2003176 zur Räumungsvollstreckung gegen den Untermieter nicht mehr haltbar sein. Der BGH führt darin aus, dass staatlicher Zwang zur Durchsetzung eines urkundlich ausgewiesenen Anspruchs nur für und gegen die im Titel genannten Personen erfolgen dürfe. Dann aber können die Hausbesetzerfälle wohl nur mit Hilfe des Polizei- und Ordnungsrechts gelöst werden177. 171 OLG Köln, NJW 1982, 1888; OLG Oldenburg, NJW-RR 1995, 1164; LG Bremen, WuM 1990, 527; LG Krefeld, NJW 1982, 289; MünchKomm/Schilken (o. Fußn. 12), § 885 Rn 13; Schuschke, in: Schuschke/Walker (o. Fußn. 3), § 940a Rn 7. 172 LG Krefeld, NJW 1982, 289; LG Bremen, WuM 1990, 527; in diesem Sinne auch Börstinghaus (o. Fußn. 30), Rn 881. 173 Lisken, NJW 1982, 1136; Schneider, MDR 2004, 319; Walker, in Schuschke/Walker (o. Fußn. 3), § 885 Rn 6. 174 Musielak/Huber, ZPO, 4. Aufl.2005, § 940 Rn 2. 175 So Lisken, NJW 1982, 1136. 176 WuM 2003, 577 = NZM 2003, 802 = ZMR 2003, 826. 177 Ebenso Schuschke, in: Schuschke/Walker (o. Fußn. 3), § 940a Rn 7; kritisch insoweit Lisken, NJW 1982, 1136, 1137. 37 cc) Konkrete Gefahr für Leib oder Leben Schon vor In-Kraft-Treten des Gewaltschutzgesetzes hatte die Rechtsprechung über den bisherigen Wortlaut des § 940a ZPO hinaus Räumungsverfügungen und Betretungsverbote auch bei Gefahr für Leib und Leben des Antragstellers durch Übergriffe des Mitbewohners zugelassen178. Mit der Neuregelung wollte der Gesetzgeber diese Rechtsprechung auf eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage stellen179. Dabei ging es ihm vorrangig darum, einstweiligen Rechtsschutz bei Ansprüchen auf Wohnungsüberlassung (bzw. Unterlassung des Betretens) auch außerhalb von auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalten (vgl. § 2 GewSchG) zu ermöglichen. Darüber hinaus soll § 940a, 2. Alt. ZPO aber auch dann zur Anwendung gelangen, wenn ein Mieter von Wohnraum den Vermieter bedroht180. Damit scheint die Neuregelung eine konkrete Leibes- oder Lebensgefahr gerade für die Person des Antragstellers zu erfordern. Nicht im Auge hatten die Gesetzesinitiatoren offenbar die äußerst praxisrelevanten Fallgestaltungen, bei denen sich die gewalttätigen Ausschreitungen gegen andere Hausbewohner richten und der Vermieter aus diesem Grunde – nach Ausspruch der fristlosen Kündigung gegenüber dem Aggressor (§§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB) – die sofortige Räumung begehrt. Allerdings dürfte der Wortlaut des § 940a ZPO einer Anwendung auch auf solche Konstellationen nicht von vornherein entgegenstehen. Zudem dürften die Gesetzesinitiatoren mit der Erweiterung des § 940a ZPO die Intention verfolgt haben, auch außerhalb der konkreten Tatbestände des Gewaltschutzgesetzes einen umfassenden Schutz gegen unzumutbare Belästigungen zu gewähren. So heißt es im Allgemeinen Teil der Begründung des Regierungsentwurfs181: „Der verbesserte Schutz soll sich aber nicht auf das private Umfeld beschränken, sondern auch den Schutz vor Gewalttaten außerhalb des häuslichen Bereichs sicherstellen. Deshalb sind diese ebenfalls in den Anwendungsbereich des Gewaltschutzgesetzes einbezogen worden.“ Damit kommt eine Räumungsverfügung gem. § 940a, 2. Alt. ZPO nach der hier vertretenen Auffassung immer dann in Betracht, wenn von dem Antragsgegner eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben anderer Hausbewohner oder des Vermieters ausgeht. Verfügungsanspruch ist in den mietrechtlichen Konstellationen der Räumungsanspruch des Vermieters nach § 546 BGB. An den Verfügungsgrund, die konkrete Gefahr für Leib oder Leben, sind hohe Anforderungen zu stellen. Erforderlich sind objektive, also für Dritte nachvollziehbare An178 LG Bochum, NJW-RR 1990, 896; LG Braunschweig, NJW-RR 1991, 832. BT-Drs. 14/5429, S. 35. 180 BT-Drs. 14/5429, S. 35. 181 BT-Drs. 14/5429, S. 10. 179 38 haltspunkte, dass erhebliche Gewaltanwendungen bevorstehen182; nur dann kann der verfassungsrechtlich gebotene Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) den sofortigen Entzug der Wohnung unter Inkaufnahme der Obdachlosigkeit des Aggressors rechtfertigen183. Auch die Glaubhaftmachung bedarf in diesen Fällen einer strengen Überprüfung, damit das scharfe Schwert des § 940a ZPO nicht dazu genutzt wird, unliebsame aber im Grunde rechtstreue Mieter „auf die Straße zu setzen“184. Das AG Pinneberg hatte sich unlängst mit einer Fallgestaltung zu befassen, in welcher der Mieter ein minderjähriges Kind des Vermieters sexuell missbraucht hatte; nachdem der Mieter auch nach Ausspruch der außerordentlichen fristlosen Kündigung nicht auszog, beantragte der Vermieter den Erlass einer Räumungsverfügung. Dabei lag zwischen Kündigungsausspruch und Antragsstellung ein Zeitraum von etwa zwei Monaten. Das AG Pinnberg gab dem Antrag nach Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung durch Versäumnisurteil statt185. Allerdings fehlt es nach einer Entscheidung des OLG München vom 10.12.2002186, in der es um gesundheitliche Gefahren durch eine Mobilfunkanlage ging, am Rechtsschutzbedürfnis für eine Eilentscheidung, wenn der Verfügungskläger durch sein Verhalten zum Ausdruck gebracht hat, dass ihm die gerichtliche Durchsetzung seines Anspruchs nicht besonders eilig ist; ein längerer Zeitraum als ein Monat kann nur bei triftigen Gründen für das Untätigwerden die Eilbedürftigkeit begründen. Das vorherige Einholen einer Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung genügt nicht. Das AG Pinneberg hat in dem genannten Fall mit Blick auf die besondere Gefährdungslage einen großzügigen Standpunkt vertreten. dd) Keine Räumungsfrist Wird der Mieter im Wege der einstweiligen Verfügung zur Räumung verpflichtet, so kommt die Gewährung einer Räumungsfrist nach § 721 ZPO nicht in Betracht. Das wäre mit der für die einstweilige Verfügung erforderlichen besonderen Dringlichkeit nicht zu vereinbaren187. Denkbar wäre theoretisch ein Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO; hierüber entscheidet nicht das erkennende Gericht, sondern das Vollstreckungsgericht (§ 764 Abs. 2 ZPO), das ist der Rechtspfleger (§ 20 Nr. 17 RPflG). Allerdings sollte die Interessenabwägung hier regelmäßig zu Lasten des Räumungspflichtigen stattfinden. ee) Gewerberaum 182 Schuschke, in: Schuschke/Walker (o. Fußn. 3), § 940 Rn 6 b. LG Bochum, NJW 1990, 896; LG Braunschweig, NJW-RR 1991, 832. 184 Ebenso Schuschke, in: Schuschke/Walker (o. Fußn. 3), § 940 Rn 6 b. 185 Az 69 C 81/05 (n. v.). 186 Az 14 U 274/02, MMR 2003, 270. 183 39 Keine Anwendung findet § 940a ZPO bei Gewerberaum188. Gleichwohl ist eine Räumungsverfügung hier regelmäßig nicht zulässig, da sie eine Vorwegnahme der Hauptsache bedeuten würde. Der Erlass einer Leistungsverfügung kommt nach der Entscheidung des OLG Celle vom 26.7.2000 in Betracht, wenn der Anspruchsinhaber aufgrund einer besonderen Notlage dringend auf die Herausgabe des streitbefangenen Grundstücks angewiesen ist189. Auch eine besondere Gefahr für das Mietobjekt sowie für Leib und Leben der Mitbewohner kann bei Gewerberaum eine Räumungsverfügung rechtfertigen190. o) Vermieterpfandrecht Nach §§ 562, 578 Abs. 1 BGB steht dem Vermieter von Wohn- und Gewerberaum zur Sicherung seiner Forderungen aus dem Mietverhältnis ein besitzloses Pfandrecht an den eingebrachten Sachen zu. Einstweiliger Rechtsschutz wird hier in verschiedenen Konstellationen relevant: aa) Sicherung des Pfandrechts Befinden sich die eingebrachten Sachen noch in den Räumen, so kann der Vermieter dem Mieter im Wege der einstweiligen Verfügung nach §§ 935, 938 Abs. 2 ZPO untersagen lassen, diese – sofern sie dem Vermieterpfandrecht unterliegen – fortzuschaffen. Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus § 541 BGB sowie aus §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 1227, 1257, 562 BGB191. Ein Verfügungsgrund in Gestalt einer Gefährdung der Ausübung des Vermieterpfandrechts besteht nach der Entscheidung des OLG Celle vom 12.6.1986192 bereits dann, wenn der Mieter dem Vermieter angekündigt hat, dass er demnächst räumen werde. Der Mieter muss sich in einer solchen Situation nicht auf sein Selbsthilferecht nach § 562b Abs. 1 BGB verweisen lassen. Da der Vermieter in Ermangelung einer entsprechenden Kenntnis die seinem Pfandrecht unterliegenden Gegenstände regelmäßig nicht konkret bezeichnen kann, werden an die Bestimmtheit des Antrags keine allzu hohen Anforderungen gestellt193. Nach der Rechtsprechung kann die einstweilige Verfügung darauf gerichtet sein, dem Mieter zu untersagen, Sachen, die in seinem Eigentum stehen oder an denen er ein Anwartschaftsrecht hat, und die infolgedessen dem Vermieterpfandrecht unterliegen, aus den von ihm gemieteten Räu- 187 LG Hamburg, NJW-RR 1993, 1233. Schneider, MDR 2004, 319, 320; Scholz, in: Schmid (o. Fußn. 2), Kap. 24 Rn 154 a. 189 OLG Celle, ZMR 2000, 752. 190 LG Wiesbaden, WuM 1997, 447: Sprengstoffanschlag auf der Mieter eines Gastronomiebetriebs. 191 S. etwa OLG Stuttgart, NJW-RR 1997, 521. 192 NJW-RR 1987, 447. 193 OLG Rostock, WuM 2004, 471, 472; OLG Hamm, MDR 2000, 386; OLG Stuttgart, NJW-RR 1997, 521. 188 40 men … (konkret zu bezeichnen) fortzuschaffen194. Die Frage, ob eine der dort befindlichen Sachen im Einzelfall nicht dem Vermieterpfandrecht unterliege, weil der Mieter daran weder Eigentum noch ein Anwartschaftsrecht habe, könne unschwer geklärt werden. Sofern es sich um Sachen handelt, deren Fortschaffung der Vermieter nicht widersprechen kann, da diese „den gewöhnlichen Lebensverhältnissen“ entspricht (§ 562a Satz 2, 1. Alt. BGB) – was insbesondere bei Waren, die ständig eingekauft und verkauft werden, der Fall ist195 –, muss der Mieter diesen Einwand im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nach §§ 924, 936 ZPO geltend machen. bb) Zurückschaffung entfernter Pfandsachen Über eine weitere interessante Fallgestaltung hatte unlängst das OLG Rostock 196 zu entscheiden. Hier hatte der Mieter die eingebrachten Sachen bereits ohne Wissen bzw. gegen den Willen des Vermieters aus den Mieträumen entfernt. Nach § 562b Abs. 2 BGB kann der Vermieter in diesem Fall die Herausgabe der seinem Pfandrecht unterliegenden Sachen zum Zwecke der Rückschaffung in das Mietobjekt und – wenn der Mieter bereits ausgezogen ist – die Überlassung des Besitzes verlangen. Da der Vermieter diesen Herausgabeanspruch nur dann erfolgreich durchsetzen kann, wenn er die Gegenstände im Einzelnen konkret bezeichnet, steht ihm zunächst ein Auskunftsanspruch nach § 260 BGB zu. Dient dieser der Vorbereitung des Zurückschaffungsanspruchs, so umfasst er auch diejenigen Sachen, die der Mieter an Dritte sicherungsübereignet hat. Da das Sicherungseigentum gegenüber dem Pfandrecht aus § 562 BGB nachrangig ist, wenn es erst nach Einbringung der Sachen in das Mietobjekt eingeräumt wurde, besteht auch insoweit ein Auskunftsinteresse des Vermieters197. Der Vermieter kann den Auskunftsanspruch im Wege der Stufenklage, verbunden mit dem noch zu konkretisierenden Herausgabeanspruch geltend machen198. Nach Auffassung des OLG Rostock ist ein entsprechender Stufenantrag auch im einstweiligen Verfügungsverfahren zulässig199. Die besondere Eilbedürftigkeit folge daraus, dass der Vermieter die Rückgängigmachung eines vom Mieter eigenmächtig herbeigeführten gesetzwidrigen Zustands erstrebe, insofern sei seine Lage mit der des Besitzers vergleichbar, der Wiederherstellung des durch verbotene Eigenmacht entzogenen Besitzes verlange. – Die fristgerechte Geltendmachung des Auskunftsanspruchs im einstweiligen Verfügungsverfahren genügt, um ein Erlöschen des Pfandrechts nach Maßgabe des § 562b Abs. 2 Satz 2 BGB zu verhindern. 194 OLG Stuttgart, NJW-RR 1997, 521; OLG Hamm, MDR 2000, 386. Blank, in: Blank/Börstinghaus (o. Fußn. 30), § 562a Rn 14; AnwK-BGB/Riecke, 2005, § 562a Rn 12. 196 WuM 2004, 471, 472. 197 OLG Rostock, WuM 2004, 471, 472. 198 Ebenso Herrlein, in: Herrlein/Kandelhard, Mietrecht, 2. Aufl. 2004, § 562b Rn 12. 199 OLG Rostock, WuM 2004, 471 f. 195 41 cc) Überschreitung des Selbsthilferechts Gem. § 562 b Abs. 1 BGB steht dem Vermieter gegen den „rückenden“ Mieter ein Selbsthilferecht zu, soweit er berechtigt ist, der Entfernung der Sachen vom Grundstück zu widersprechen. Nach der Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 11.2.2005200 muss der Vermieter bei Ausübung des Selbsthilferechts aber den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren; insbesondere darf er zur Sicherung der Pfandsachen nicht die Türschlösser auswechseln und dem Mieter damit auch der Besitz an den Räumen dauerhaft entziehen. Hierin liegt eine verbotene Eigenmacht (§§ 858 Abs. 1, 861 Abs. 1 BGB), gegen die sich der Mieter im Wege der einstweiligen Verfügung zur Wehr setzen kann (s. dazu III 3 b aa)201. Darüber hinaus muss der Vermieter auch im Rahmen seines Selbsthilferechts den Umfang der Widerspruchsbefugnis (§ 562a Satz 2 BGB) beachten. Insbesondere kann er einer Entfernung von eingebrachten Gegenständen dann nicht widersprechen, wenn die Fortschaffung den gewöhnlichen Lebensverhältnissen entspricht, also bei Waren in den Ladenräumen des Kaufmanns202. Verhindert der Vermieter die Entfernung solcher Gegenstände, indem er sie in Besitz nimmt, so liegt auch hierin eine verbotene Eigenmacht. Der Mieter kann mithin Herausgabe im Wege der einstweiligen Verfügung verlangen (s. III 3 b aa). p) Unberechtigte Inanspruchnahme der Mietsicherheit aa) Problematik Unterlässt der Mieter die Renovierung des Objekts und verweigert er nach Beendigung des Mietverhältnisses zu Recht die Zahlung von Schadensersatz, so greifen Vermieter nicht selten auf die Mietsicherheit zu. Teilweise geschieht dies auch schon während des laufenden Mietverhältnisses; hier darf der Vermieter die Kaution nur dann in Anspruch nehmen, wenn seine Forderung entweder rechtskräftig festgestellt, unstreitig oder so offensichtlich begründet ist, dass ein Bestreiten des Mieters mutwillig erscheint203. Die unberechtigte Inanspruchnahme der Mietsicherheit löst Schadensersatzansprüche nach § 280 Abs. 1 BGB aus; der Mieter kann aber auch die Unterlassung verlangen. Selbst wenn die Bank dem Mieter mit Vorlauffrist von einem Monat die Inanspruchnahme des verpfändeten Sparguthabens oder der Bürgschaft anzeigt, so kann sie mit einer Klage im Hauptsacheverfahren nicht mehr abgewehrt werden. Somit ist der Mieter, der die In- 200 GE 2005, 988; s. aber auch OLG Koblenz, NZM 2005, 784, 785. AG Pinneberg, Beschl. v. 27.6.2003, Az 67 C 181/03 (n. v.). 202 Vgl. AG Pinneberg, Beschl. v. 27.6.2003, Az 67 C 181/03 (n. v.). 203 LG Mannheim, WuM 1996, 269; OLG Celle, NZM 1998, 265; AG Potsdam, GE 2002, 403; Kraemer, NZM 2001, 737, 741. 201 42 anspruchnahme sogleich verhindern will, auf einstweiligen Rechtsschutz angewiesen. In Betracht kommt nur die einstweilige Verfügung, denn der Mieter begehrt Unterlassung eines unzulässigen Verhaltens des Vermieters, nicht hingegen die Sicherung von Zahlungsansprüchen204. bb) Verfügungsanspruch Der Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Unterlassung einer unberechtigten Inanspruchnahme der Mietsicherheit ergibt sich aus der im Mietvertrag enthaltenen Sicherungsabrede. Danach ist der Vermieter nur berechtigt, die Mietsicherheit im Sicherungsfall in Anspruch zu nehmen; anderenfalls darf er sie nicht antasten. Erforderlich ist in entsprechender Anwendung der §§ 1282 Abs. 1 Satz 1, 1228 Abs. 2 BGB, dass dem Vermieter gegen den Mieter eine fällige Forderung zusteht. Darüber hinaus wird die Auslegung der Sicherungsabrede vielfach ergeben, dass der Vermieter den Mieter vor dem Zugriff auf die Sicherheit erfolglos zur Zahlung aufgefordert haben muss205. Der Unterlassungsanspruch setzt aber voraus, dass die Gefahr einer Inanspruchnahme besteht. Diese ist insbesondere gegeben, wenn sich der Vermieter mit seinem Auszahlungswunsch an die Bank wendet. Vielfach erhält der Mieter von der Absicht der Inanspruchnahme jedoch keine Kenntnis; insbesondere dann nicht, wenn als Mietsicherheit ein Bargeldbetrag übergeben wurde, den der Vermieter auf ein offenes Treuhandkonto angelegt hat. Hier nutzt dem Mieter der einstweilige Rechtsschutz nichts. cc) Verfügungsgrund Dieser besteht regelmäßig, da es dem Mieter nicht mehr möglich ist, seine Rechte im Hauptsacheverfahren zu wahren. Die Interessenabwägung wird hier regelmäßig zugunsten des Mieters ausfallen. Erfolgt eine Inanspruchnahme der Sicherheit, so droht dem Mieter bei Insolvenz des Vermieters ein vollständiger Ausfall, während dem Vermieter lediglich die sofortige Inanspruchnahme verboten wird, die Sicherheit ihm aber erhalten bleibt206. dd) Antrag. Dieser ist darauf zu richten, dass der Antragsgegner (Vermieter) es zu unterlassen hat, sich das als Mietsicherheit verpfändete Sparkonto Nr. ... bei der ... Bank in ... auszahlen zu lassen207. 204 Ulrici, ZMR 2004, 404. Ulrici, ZMR 2004, 404. 206 Ulrici, ZMR 2004, 404, 405; zurückhaltender wohl Schuschke, in: Schuschke/Walker (o. Fußn. 3), Vorbem. zu § 935 Rn 40: nur bei angespannten Vermögensverhältnissen des Vermieters. 207 Ulrici, ZMR 2004, 404, 405. 205 43 IV. Arrest Da der Arrest insbesondere bei der Wohnraumiete keinerlei Bedeutung hat, soll sich die Darstellung auf die absoluten Grundzüge beschränken. Der Antragssteller muss wiederum den Arrestanspruch sowie den Arrestgrund glaubhaft machen. Arrestanspruch ist eine Geldforderung, deren Zwangsvollstreckung gesichert werden soll. Arrestgrund ist beim dinglichen Arrest die Besorgnis, dass ohne dessen Verhängung die Vollstreckung des Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Schuldner Vermögensgegenstände beiseite schafft, z.B. ins Ausland verschiebt (als Fall von 917 Abs. 1 ZPO unbedenklich, bei Auslandsvollstreckung als Arrestgrund ist § 917 Abs. 2 ZPO zu beachten). Die unverändert schlechte Vermögenslage des Mieters ist kein Arrestgrund; gleiches gilt für die drohende Konkurrenz anderer Gläubiger208. Nach einer Entscheidung des AG Brandenburg209 ist es zumindest erforderlich, dass eine Verschlechterung der jetzigen Vermögensverhältnisse droht. Eine allgemeine Verschlechterung der Vermögenslage reiche nicht aus; es müssten vielmehr Umstände hinzutreten, aus denen sich ergebe, dass der Mieter bestehende Zahlungsverpflichtungen mit fast 100%iger Gewissheit nicht erfüllen könne. Das wird kaum zu bejahen sein. Im Übrigen ist zu beachten, dass der Arrest gerade den Zweck verfolgt, den Gläubiger vor unredlichen Machenschaften des Schuldners zu schützen, nicht aber, ihm einen Vorsprung vor anderen Gläubigern zu verschaffen. V. Rechtsbehelfe 1. Widerspruch Hat das Gericht die einstweilige Verfügung (oder den Arrestbefehl) erlassen, so hat es über deren Rechtsmäßigkeit nach Einlegung des Widerspruchs mündlich zu verhandeln (§§ 924 Abs. 2, 936 ZPO). Durch den Widerspruch wird die Vollziehung der einstweiligen Verfügung nicht gehemmt. Das Gericht kann aber auf Antrag anordnen, dass die Zwangsvollstreckung gemäß § 707 Abs. 1 Satz 1 ZPO gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt wird oder nur gegen Sicherheitsleistung stattfindet und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben sind; die einschränkende Bestimmung in § 707 Abs. 1 Satz 2 ZPO gilt nicht. Gegebenenfalls sollte sogleich mit Erhebung des Widerspruchs der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung mitgestellt werden (§§ 924 Abs. 3, 707 Abs. 1 Satz 1 ZPO). In der mündlichen Verhandlung hat der Antragsgegner (dann Verfügungsbeklagter) folgende 208 209 BGHZ 131, 95, 105 = NJW 1996, 321, 324; Zöller/Vollkommer (o. Fußn. 4), § 917 Rn 9. WuM 2005, 67, 70. 44 Verteidigungsmöglichkeiten: - Er kann geltend machen, dass die einstweilige Verfügung von Anfang an nicht gerechtfertigt gewesen sei, etwa wegen Fehlens der Prozessvoraussetzungen, des Verfügungsanspruchs oder des Verfügungsgrundes210. - Er kann sich gegen die Beweiswürdigung wenden, indem er entweder die Glaubhaftmachung des Verfügungsklägers erschüttert oder Gegenbeweis anbietet211; auch hier genügt die Glaubhaftmachung nach Maßgabe des § 294 ZPO. - Er kann Einwendungen gegen den Verfügungsanspruch erheben, für die er seinerseits darlegungs- und beweispflichtig ist. - Er kann schließlich neue Tatsachen vortragen, die erst nach Erlass der einstweiligen Verfügung entstanden sind; maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung des Gerichts ist auch hier der Schluss der mündlichen Verhandlung. Insofern sind Überschneidungen mit dem Aufhebungsverfahren nach § 927 ZPO denkbar212. Auch der Verfügungsbeklagte muss jedoch beachten, dass seine Mittel zur Glaubhaftmachung in der mündlichen Verhandlung präsent sind; eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist nach § 294 Abs. 2 ZPO unstatthaft. Zeugen, die zu der Angelegenheit etwas beitragen könnten, sollten vorsorglich sistiert werden. Eine prozessleitende Zeugenladung durch das Gericht erfolgt regelmäßig nicht213. Auch wird die mündliche Verhandlung in aller Regel nicht vertagt. Das Gericht entscheidet im Widerspruchverfahren durch Endurteil. Dieses ist unter den Voraussetzungen des § 511 ZPO mit der Berufung angreifbar; eine Revision findet nicht statt (vgl. § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO). 2. Fristsetzung zur Klageerhebung Sofern die Hauptsache noch nicht anhängig ist, kann der Verfügungsgegner nach Maßgabe des § 926 Abs. 1 (i. V. mit § 936) ZPO beantragen, dass das Gericht der Partei, welche die einstweilige Verfügung erwirkt hat aufgibt, binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben. Das Gericht muss die Frist bestimmen; zuständig für die Entscheidung ist der Rechtspfleger (§ 20 Nr. 14 RPflG). Die Länge der Frist ist gesetzlich nicht vorgeschrieben; sie ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen und beträgt in der Regel einen Monat214. Der Antrag nach § 926 ZPO unterliegt keiner zeitlichen Beschränkung. Der Rechtsanwalt sollte diesen Antrag immer dann stellen, wenn dem Mandanten im einst- 210 Vgl. Zöller/Vollkommer (o. Fußn. 4), § 925 Rn 3. Vgl. Schneider, MDR 2004, 319, 321. 212 Zöller/Vollkommer (o. Fußn. 4), § 925 Rn 3. 213 Baumbach/Hartmann, ZPO, 62. Aufl. 2004, § 294 Rn 10. 214 Zöller/Vollkommer (o. Fußn. 4), § 926 Rn 16. 211 45 weiligen Verfügungsverfahren ein Unterliegen droht, z.B. weil er in der mündlichen Verhandlung infolge der knappen Vorbereitungszeit keine Beweismittel präsentieren kann, seine Aussichten in der Hauptsache aber deutlich besser sind. In der Praxis wird die Möglichkeit des Antrags auf Anordnung der Klageerhebung oftmals übersehen. Das Gericht ist im Rahmen seiner materiellen Prozessleitung (§ 139 Abs. 1 ZPO) nicht gehalten, den Verfügungsbeklagten darauf hinzuweisen. Denn nach der Entscheidung des BGH vom 2.10.2003215 ist es nicht Sache des Gerichts, auf neue Anträge hinzuwirken, die in dem bisherigen Parteivorbringen noch nicht einmal andeutungsweise eine Grundlage hatten. Kann der Antragsteller sein Vorbringen nur durch die eigene eidesstattliche Versicherung glaubhaft machen, so empfiehlt Schneider216, sogleich den Antrag auf Fristsetzung zur Klageerhebung zu stellen. Im Fall eines Widerspruchs müsse der Antragsgegner, sofern er zur Glaubhaftmachung seines Vortrags auch nur die eigene eidesstattliche Versicherung anbieten könne, damit rechnen, dass das Gericht im Zweifel die einstweilige Verfügung aufrechterhalten wird. Da mag etwas dran sein. Anders ist die Situation aber dann, wenn der Antragsgegner für sein Verteidigungsvorbringen zuverlässige Beweismittel anbieten kann. Dann besteht die Chance, dass die Sache nach Widerspruch, mündlicher Verhandlung und Beweisaufnahme bereits im einstweiligen Verfügungsverfahren ihren Abschluss findet. 3. Aufhebung wegen veränderter Umstände Ein weiterer Rechtsbehelf ist der Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände nach § 927 ZPO. Die veränderten Umstände können sowohl den Verfügungsanspruch als auch den Verfügungsgrund betreffen. Die Veränderung muss aber seit dem Zeitpunkt der Anordnung eingetreten sein. Eine Ausnahme wird angenommen, wenn eine neue Beweislage dadurch entstanden ist, dass sich der Verfügungsgegner nunmehr auf Beweismittel bezieht, die bei Erlass der einstweiligen Verfügung zwar schon vorlagen, ihm seinerzeit aber noch nicht zugänglich waren217. Eine Sicherheitsleistung des Schuldners kann bei der einstweiligen Verfügung nur unter besonderen Umständen eine Aufhebung nach § 927 ZPO rechtfertigen (vgl. § 939 ZPO). Erforderlich ist, dass die anzuordnende Sicherheitsleistung voll gewährleistet, dass der Zweck der einstweiligen Verfügung erreicht werden kann; dies wird etwa bei der Sicherung des Vermieterpfandrechts (s. dazu III 3 o aa) erwogen218. VI. Vollziehung 215 NJW 2004, 164 = WuM 2003, 706. MDR 2004, 319, 322. 217 MünchKomm/Heinze (o. Fußn. 12), § 927 Rn 5: Zöller/Vollkommer (o. Fußn. 4), § 927 Rn 4. 218 Vgl. Zöller/Vollkommer (o. Fußn. 4), § 939 Rn 2 216 46 Die einstweilige Verfügung (ebenso der Arrestbefehl) muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses an den Antragsteller bzw. nach Verkündung des Urteils vollzogen werden (§§ 929 Abs. 2, 936 ZPO). Die fristwahrende Vollziehung muss im Regelfall durch Zustellung der Beschluss- oder Urteilsverfügung im Parteibetrieb erfolgen219, also vom Antragsteller selbst unter Einschaltung des Gerichtsvollziehers bewirkt werden (§§ 191 ff. ZPO). Die Vollziehung der einstweiligen Verfügung (des Arrestbefehls) durch Vornahme von Vollstreckungsakten ist schon vor Zustellung des Titels an den Antragsgegner zulässig. Allerdings muss die Zustellung der einstweiligen Verfügung an den Antragsgegner gemäß §§ 929 Abs. 3 Satz 2, 936 ZPO innerhalb einer Woche nach der Vollziehung und vor Ablauf der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO erfolgen. Anderenfalls sind die Vollstreckungsakte unwirksam220. Unterbleibt während der Vollziehungsfrist die Zustellung der einstweiligen Verfügung an den Antragsgegner, so führt dies bei der Beschlussverfügung nach Widerspruch (§ 924 ZPO) oder Aufhebungsantrag (§ 927 ZPO), bei der Urteilsverfügung nach Einlegung der Berufung (§§ 511 ff. ZPO) oder Aufhebungsantrag (§ 927 ZPO) zur Aufhebung der Eilentscheidung 221. Hat der Antragsteller die Frist des § 929 Abs. 3 Satz 2 ZPO versäumt, ist eine vor Zustellung der einstweiligen Verfügung durchgeführte Vollstreckungsmaßnahme unwirksam; der Antragsgegner kann dies im Wege der Erinnerung nach § 766 ZPO geltend machen222. 219 Zöller/Vollkommer (o. Fußn. 4), § 929 Rn 12. Vgl. Zöller/Vollkommer (o. Fußn. 4), § 929 Rn 24. 221 Zöller/Vollkommer (o. Fußn. 4), § 929 Rn 21 m. w. Nachw. 222 OLG Frankfurt, NJW-RR 1999, 1446; Zöller/Vollkommer (o. Fußn. 4), § 929 Rn 25. 220