Datum: 24. April 2007 Thema: Stabile Füße für ein gesundes Leben Referenten: Ass.-Prof. Dr. univ. med. Andreas Bölderl Dr. univ. med. Markus Wille Fußambulanz der Univ.-Klinik für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie, Innsbruck Band- und Sehnenverletzungen des Sprunggelenkes, ähnliche Symptomatik bei unterschiedlichen Verletzungen Bandverletzungen des Sprunggelenkes sind mit 15-25% die häufigste Verletzung des Bandapparates des menschlichen Körpers. Man unterscheidet das akute Trauma mit Verletzung der Bänder von der chronischen Instabilität, die nicht nur funktionelle Beeinträchtigungen durch Instabilität im Sprunggelenk hervorruft, sondern auch bei Nichtbehandlung zu Spätschäden im Sprunggelenk führt. Eine korrekte Therapie der jeweiligen Verletzung lässt diese komplett ausheilen und verhindert Spätfolgen. Anatomisch sind bei der Verletzung durch Umkippen im Sprunggelenk die zwei wesentlichen äußeren Bandstrukturen (Lig. Calcaneofibulare, Lig. Talofibulare anterius) am häufigsten betroffen. Das Umkippen im Sprunggelenk erfolgt durch ein Einknicken des Fußes nach innen, gleichzeitigem Beugens des Fußes nach unten und einem Eindrehen nach Innen. (Supinationstrauma). Bei der akuten äußeren Bandinstabilität geht ein frisches meist erstmaliges Trauma in oben beschriebener Weise voraus. Unmittelbar nach Unfall ist der Knöchel angeschwollen und das Bewegen im Sprunggelenk ist schmerzhaft. In einer klinischen Untersuchung, bildgebenden Verfahren wie Röntgen, Ultraschall oder Magnetresonanz wird das Verletzungsausmaß beurteilt und eingeteilt. Hiernach richtet sich die Therapie. Bei der chronischen äußeren Bandinstabilität sind dem Patienten die Beschwerden bekannt, er kippt im Sprunggelenk öfters um, fühlt sich unsicher in unebenem Gelände und kann sich auf einen festen Stand im Sprunggelenk nicht verlassen. Oft ist anfänglich ein heftigeres Trauma unter Umständen vor Jahren vorausgegangen und wiederholt sich nun bei banaleren Situationen. Gangunsicherheit, wiederkehrende Anschwellungen und Angst vor erneutem Umkippen begleiten den Patienten im Alltag. Auch hier ist die oben beschriebene Diagnostik notwendig, auch um Begleitverletzungen nicht zu übersehen. Im Gegensatz zu früherer Lehrmeinung erfordert die akute Bandinstabilität selten operatives Eingreifen. Eine konsequente und auf die Verletzung abgestimmte physikalische Therapie mit Muskelaufbau, Bewegungsübungen und vor allem Gleichgewichtsübungen (Sensomotorisches Training) lässt eine Ausheilung mit stabilen Ergebnissen erwarten. Eine akute operative Versorgung ist nur bei zusätzlichen Verletzungen, wie etwa Knorpelverletzungen notwendig. Die chronische Instabilität ist meist bedingt durch eine mechanische Entkoppelung des Sprunggelenkes, was heißt, dass die Bandstrukturen nicht ausreichend Stabilität gewährleisten. Sie sind entweder durch wiederholte Traumen ausgedehnt worden oder nicht an der anatomischen Stelle eingeheilt. Hier empfiehlt sich die operative Korrektur der Bandstrukturen, da ein auf Dauer instabiles Sprunggelenk nicht nur die Lebensqualität beeinflusst, sondern auch Gelenksabnützungen (Arthrose) fördert. Das Ziel der operativen Behandlung ist die Stabilität wiederzuerlangen ohne die Bewegungsfähigkeit einzuschränken. Es empfehlen sich hierzu anatomische Rekonstruktionen des Bandapparates, was heißt, dass die Bänder in ihrer ursprünglichen Form wiederhergestellt werden. Verletzungen im Sprunggelenk beschränken sich aber nicht nur auf den Bandapparat. Verletzungen benachbarter Strukturen, die durch einen ähnlichen Unfallmechanismus entstehen und eine vergleichende Symptomatik bieten werden oft falsch interpretiert und leider auch falsch behandelt. Ein derartiges Verletzungsbild ist das Herausspringen der Sehnen am Außenknöchel, die Peronealsehnenluxation. Diese Verletzung ist relativ selten, allerdings in unserer Gegend nicht unüblich, da häufig durch einen Skisturz hervorgerufen. Die Peronealsehne zieht vom Unterschenkel am Außenknöchel vorbei und stabilisiert das Sprunggelenk aktiv mit den äußeren Bandstrukturen gegen ein Umkippen. Die Sehne läuft in einer Rinne hinten am Außenknöchel entlang und kann bei entsprechendem Unfallmechanismus aus dieser Rinne herausspringen. Der Patient fühlt dann ein Schnappen am Außenknöchel beim Gehen und bemerkt einen Kraftverlust und somit eine schmerzhafte Funktionseinschränkung im Sprunggelenk. Die traumatisch bedingte Peronealsehnenluxation bedarf operativen Eingreifens. Es gibt aber auch angeborene Peronealsehnenluxationen, die meist beidseitig auftreten, diese werden nur bei Beschwerden operativ behandelt. Dieselbe Sehne kann aber auch bei Überlastung, etwa vermehrten Training durch Laufen oder Radfahren einreißen. Auch hier kommt es zu Instabilitäten im Sprunggelenk oder schmerzhaften Bewegungseinschränkungen, da die Sehne nicht mehr frei durch ihr Sehnengleitfach am Außenknöchel gleiten kann. Eine operative Sehnennaht ermöglicht wieder einen weitgehend freien Lauf der Sehne und somit eine aktive Stabilität im Sprunggelenk. Häufig verwechselt mit den Bandverletzungen im Sprunggelenk wird der Einriß der bandhaften Verbindung zwischen Wadenbein und Schienbein (Syndesmose) auf Höhe des Sprunggelenkes, die vordere Syndesmosenruptur. Das Wadenbein ist mit dem Schienbein entlang seiner gesamten Länge mit derben unterschiedlichen Bandstrukturen verbunden. Diese Bandstrukturen sichern auch die Gelenksgabel aus Wadenbein und Schienbein und halten das Sprungbein in seiner Position. Durch eine massive Krafteinwirkung, wie das Eintreten in ein Loch, kommt es zu einer gewaltsamen Bewegung des Fußrückens auf die Schienbeinvorderseite und bei gleichzeitigem Drehen des Fußes nach außen kann die bandhafte Verbindung durchgerissen werden. Klinisch erscheint das Bild ähnlich einer Bandverletzung der äußeren Bänder und wird deshalb auch oft fehlinterpretiert. Ein Druckschmerz über der Syndesmose, Schmerzen beim Abstoßen des Fußes, ebenso beim Aufwärtsgehen und ein schmerzbedingter Zehengang sind klinische Zeichen einer solchen Verletzung. Früh erkannt reicht eine konservative Gipsbehandlung aus. Übersehene, nicht behandelte Verletzungen machen lange Beschwerden und müssen operativ behandelt werden. Begleitverletzungen und Spätfolgen von Bandverletzungen des Sprunggelenks Das Umkippen im Sprunggelenk schädigt nicht nur Sehnen und Bänder, auch ist der Knorpel an Sprungbein und Schienbein gefährdet. Nun ist der Knorpel relativ widerstandsfähig aber massive Traumen oder ständige Überlastung, etwa durch eine chronische Instabilität, schädigen ihn. Dies führt zur Ausbildung einer Arthrose. Ein heftiges Umkippen im Sprunggelenk unter gleichzeitiger Druck- und Drehbelastung kann zu einer Abscherung einer Knorpelknochenschuppe (Flake- Frakture) führen. Die glatte Oberfläche des Gelenkes wird hierdurch zerstört. Minimale Knorpelknochenschuppen können vernachlässigt werden, da diese durch den angrenzenden Knorpel ausgeglichen werden und so keine wesentlichen Schäden zur Folge haben. Bei größerem Defekt kann der angrenzende Knorpel diesen nicht ausgleichen und so muss die Schuppe wieder operativ am Knochen fixiert werden, sonst droht unweigerlich die Arthrose. Bei alleinigem Druck auf den Knorpel beim Umkippen wird dieser nicht abgeschert, sondern nur eingedrückt. Hierbei entsteht eine Delle in der Knorpeloberfläche durch ein Einbrechen des Knorpels und dem darunter befindlichen Knochen (Osteochondrosis dissecans). Der eingedrückte Knorpel wird nun nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt und kann zugrunde gehen (aseptische Knochennekrose). Röntgen, Magnetresonanz, Computertomographie oder eine diagnostische Gelenksspiegelung können den Grad dieser Verletzung beurteilen und die Therapie entscheiden. Je nach Schweregrad (Einteilung I-IV) reicht die Therapie von einer alleinigen Entlastung mit Gipsruhigstellung, über eine operative Anfrischung des defekten Knorpels durch Anbohrung (PridieBohrung, Microfracturing) bis zum Knorpeltransfer, etwa aus dem Kniegelenk. Bei ausgedehnten Knorpelschäden kommt es zu massiven schmerzhaften Bewegungseinschränkungen, die leider auch durch oben beschriebene rekonstruktive Eingriffe nicht mehr behandelt werden können und nur durch einen prothetischen Gelenksersatz oder einer Versteifung (Arthrodese) zu einem schmerzfreien Ausheilungsbild führen. Weitere Informationen: Fußambulanz der Univ.-Klinik für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie Innsbruck Anichstraße 35, AT-6020 Innsbruck Terminvereinbarung: 0512/504/22828 Ass.-Prof. Dr. univ. med. Andreas Bölderl Facharzt für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie, Notarzt, Oberarzt [email protected] Dr. univ. med. Markus Wille Facharzt für Unfallchirurgie, Oberarzt [email protected]