Fall 15 Schwerer Hirnschaden nach Fehlintubation bei einem 3 Wochen alten Säugling, stationär behandelt wegen einer bakteriellen Lungenentzündung. Vorwurf der vorsätzlichen Falschaussagen des Gerichtsgutachter Prof. Stopfkuchen/Mainz in dem Verfahren des Kindes D., vertreten durch seine Eltern, wegen Fehlbehandlung. In seinen zahlreichen gutachterlichen Stellungnahmen im Verfahren vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht München bestreitet Prof. Stopfkuchen, dass bei dem Kind D. eine nicht sofort behobene Fehlintubation in die Speiseröhre, was unbestritten ein grober Behandlungsfehler ist, verantwortlich ist für den massiven cerebralen Schaden, dokumentiert in den MRTBildern (s. Anlage 1) mit dadurch bedingter Schwerstbehinderung und Pflegebedürftigkeit des Kindes. Beweis der vorsätzlichen Falschaussagen: Unstrittig ist, dass unmittelbar nach einem Beatmungstubuswechsel in der Nacht vom 11.2/ 12.2. 1994 in der Intensivstation der Schwabinger Kinderklinik/München ein Herzkreislauf-stillstand medikamentös mittels Suprarenin-Atropingabe und externer thorakaler Herz- massage bei dem Kind behandelt werden musste. Befragt vom Gericht in der Anhörung am 29.6.2006, welche Maßnahmen in solchen Notfällen zu ergreifen seien, sagte Prof. St., Seite 7 Zeile 3-7 des Sitzungsprotokolls, Zitat: 1. 2. 3. 4. 5. Entfernen von Beatmungsgerät und Bebeutelung Kontrolle des Tubus durch Laryngoskopie Herzmassage Gabe von Medikamenten Bei Verdacht auf Pneumothorax, Legen einer Thoraxdrainage Damit verschweigt er dem Gericht, dass in einer solchen dramatischen Notsituation subjektive Kontrollen der Tubuslage, wie Abhören des Brustkorbes oder laryngoskopische Kontrollen von Narkoseärzten nicht empfohlen werden, weil hierbei ein Irrtum des Untersuchers nicht ausgeschlossen ist. Nur die sofortige Entfernung des Tubus mit anschließender Maskenbeatmung und Neuintubation durch einen erfahrneren Arzt, in der Klinik der Oberarzt, das anerkannte Standardverfahren ist. Nur dadurch ist mit absoluter Sicherheit eine lebensbedrohende Fehlintubation in die Speiseröhre mit Herzstillstand durch Erstickung und dadurch bedingter cerebraler Schädigung zu vermeiden. So gilt in der Notfallmedizin absolut die Anweisung „im Zweifel raus mit dem Tubus“ (s. Stellungnahme des Chefarztes für Anästhesie eines Lehrkrankenhauses Dr. Steinhäuser (Anlage 2). Die Vorsätzlichkeit dieser Falschaussage durch Verschweigen der wirklich notwendigen Vorgehensweise ergibt sich aus der Tatsache, dass Prof. St. selbst in seinem Buch „Primäre Neugeborenen Reanimation“ 1993 folgendes auf Seite 65 Zeile 3-4 und 10 bis 15 feststellt: „Sowohl nach nasotrachealer als auch nach orotrachealer Intubation ist folgendes Vorgehen empfehlenswert- hebt sich der Thorax kaum, kommt es nicht zum Anstieg der Herzfrequenz und Rosigwerden des Kindes (Vergleichbar mit dem Eintritt des Herzstillstandes im Fall des Kindes D., hinzugefügt vom Autor dieses Schreibens) so muss eine Fehllage des Tubus im Oesophagus (deutsch Speiseröhre) angenommen und der Tubus wieder entfernt werden.“ Damit ist bewiesen, dass Prof. St. der Behandlungsgrundsatz „im Zweifel raus mit dem Tubus“ sehr wohl bekannt ist, denn in seinem Buch empfiehlt er richtigerweise keine laryngoskopische Kontrolle der Tubuslage, wie er vor Gericht angibt. Außerdem sagt er dem Gericht wörtlich auf Seite 9, Zeile 14-16 des Verhörprotokolls am 29.6.06, Zitat: „Ich halte es für absurd, dass bei einer Beatmung mit 0.8 Liter pro Minute bei einer Fehlintubation in die Speiseröhre über 10 Minuten diese Luftmengen zugeführt wurden“ Beweis dieser perfiden Falschaussage ist, dass diese Feststellung in keinster Weise eine Fehlintubation in die Speiseröhre ausschließt, da 8 Liter Gas natürlich nicht in das Kind gelangen. Nach Auffüllung des Magendarmtraktes mit dem Beatmungsgas und dadurch bedingter Aufblähung des Bauches, beobachtet von der bei dem Zwischenfall anwesenden Schwester Schlögl, und der Suche der behandelnden Ärztin Frau Dr. Schwertner nach einem Spannungspneumothorax, der differentialdiagnostisch auch eine Aufblähung des Bauches verursachen kann, aber nicht vorhanden war- wird nämlich durch den zunehmenden Druck im Bauchraum das Beatmungsgas, vermischt mit Magensaft und Speichel neben dem nicht geblockten Tubus in der Speiseröhre rückwärts nach außen befördert und verursacht das bekannte Schäumen aus dem Mund des Kindes, woran sich die Schwester Schlögl laut Protokoll Seite 4 Zeile 21/22 noch am 29.6.06 erinnerte, Zitat: „Ich kann mich noch lebhaft an das Kind erinnern, weil es so extrem geschäumt und geschleimt hat“ Außerdem befindet sich an den Beatmungsgeräten ein Sicherheitsventil, dass bei steigendem Beatmungsdruck sich öffnet und dadurch kein weiteres Gas in das Kind gelangt (Anlage 2, Stellungnahme des Anästhesisten Dr. Steinhäuser). Dies ist Prof. St. als Leiter einer Kinderintensivabteilung natürlich bekannt. Welche Bedeutung diese perfide Falschaussage hatte, die dem Gericht suggerierte, dass eine Fehlintubation gar nicht stattgefunden hat, ergibt sich aus der Tatsache, dass das Oberlandesgericht diese Feststellung des Prof. St. wörtlich in das die Klage abweisende Urteil vom 28.9.2006 übernimmt, Zitat: „Der Sachverständige Prof. St. hat dargelegt, der Kläger wurde mit zirka 0,8 Liter pro Minute beatmet - dass derartige Luftmengen, die bei einer Fehlintubation in die Speiseröhre in den Magen des Klägers gepumpt worden wären, im Verdauungstrakt eines Säuglings keinen Platz haben“. Was eine über 10 Minuten in Normothermie nicht behobene Fehlintubation in die Speiseröhre zur Folge hat, ist Notfallmedizinern und Anästhesisten genau bekannt (s. Anlage 2). Exakt diese Folgen, nämlich eine schwere cerebrale Schädigung erlitt das Kind, das vorher über einen richtig liegenden Trachealtubus beatmet wurde, als infolge der Umlagerung des Kindes in ein Wärmebett der Trachealtubus herausrutschte, und die erste Reintubation erfolgte nach vorrübergehend funktionierender Maskenbeatmung. Unmittelbar nach dieser Reintubation kam es zu Beatmungsschwierigkeiten, dem Herzkreislaufstillstand, der Aufblähung des Bauches und dem Schäumen aus dem Mund des Kindes, beobachtet der bei dem Zwischenfall anwesenden Schwester Schlögl (s.oben). Diese Zeichen beweisen zweifelsfrei eine Fehintubation! Gesichert ist, und dies bestätigt auch Prof. St., dass der Beatmungstubus nicht entfernt wurde trotz des dramatischen Zwischenfalles, sondern nach einem nicht vorhandenen Spannungspneumothorax gefahndet wurde. Die Angaben der behandelnden Ärztin, dass eine Herzdruckmassage nur 3 Minuten vorgenommen wurde, und danach die Herzfrequenz (eine EKG-Aufzeichnung existiert nicht - ein gravierender Dokumentationsfehler) und der Blutdruck wieder normal gewesen sei, kann nur eine Schutzbehauptung sein, denn dann hätte das Kind keine cerebrale Schädigung erlitten, weil das Gehirn einen Kreislaufstillstand bis zu 5 Minuten in Normothermie folgenlos übersteht. Außerdem ist gesichert, laut Zusatzgutachten Prof. St. vom 12.3.03 Seite 7, Zeile 19/20, dass um 23.30 Uhr, d.h. 20 Minuten nach Beginn des Herzkreislaufstillstandes, die Herzfrequenz bei dem Kind nur 40 pro Minute betrug, bei Säuglingen gleichbedeutend einem Herz-kreislaufstillstand. Hinzukommt, dass eine Gasanalyse um 23.45 mit pH 6.94, einem extrem ernierdrigter pO2- Wert im Blut von 29,2 mmHg (normal 80-100 mmHg), einem extrem erhöhter pCO2 von 137,2 (normal 30-40 mmHg) und ein BE-Wert von -10,5 auf eine schwere respiratorisch bedingte Acidose hinweist, die nur durch ein Gesamtlungenversagen infolge einer Fehlintubation zu erklären ist. Eine derartige Hypoxie und Hyperkapnie ist nur kurzfristig., d.h. wenige Minuten ohne die Gefahr eines Hirnschadens zu überstehen (s. Dr. Steinhäuser, Anlage 2 ). Eine Falschaussage des Prof. St. ist auch, wenn er auf Seite 4, Zeile 20-24 seines Gutachtens vom12.3.2003 feststellt, Zitat: „Auch wenn in der Krankenkurve eine Reanimationszeit von zirka einer halben Stunde angegeben ist, sprechen vorliegende Angaben und Daten eher dafür, dass die Zeitdauer einer stärker beeinträchtigten Zirkulation deutlich kürzer war. Dafür spricht auch, dass im weiteren Verlauf kein Versagen anderer perfusionsabhängiger Organe auftrat“ Hier verschweigt Prof. St. dem Gericht, dass bei einem Herzkreislaufstillstand mit dadurch bedingter ischämisch-hypoxischer Organschädigung die Wiederbelebungszeiten der verschiedenen Organe deutlich verschieden lang sind. So toleriert in Normothermie die Muskulatur eine Ischämiedauer von 90 Minuten, Niere und Leber von 45 und das Herz von 30 Minuten. Nur das Großhirn wird bereits nach 5 Minuten irreversibel geschädigt. So schließt das Fehlen anderer Organschäden bei dem Kind D. im weiteren Verlauf eine Ischämiedauer von 20-30 Minuten nicht aus. Als Erklärung für den durch anhaltenden Herzkreislaufstillstand bedingten cerebralen Schaden bei dem Kind D. behauptet Prof. St. und weitere Neonatologen, dass hierfür ein Lungenversagen durch eine RS-Virusinfektion mit Bronchiolitis und Atelektasenbildung in der Lunge verantwortlich war. Folgende Fakten sprechen gegen eine derartige Erklärung. Ein RS-Virusbefall konnte zu keinem Zeitpunkt bei dem Kind D. nachgewiesen werden. Die angefertigten Thoraxröntgenaufnahmen ergaben den Hinweis auf eine bakteriell bedingte Lungenentzündung im rechten Oberlappen, gesichert durch den Nachweis von Pneumokokken und Staphylokokkus aureus im Trachealsekret. Von der Einlieferung um 21 Uhr bis 23 Uhr 10 war das Kind über einen offenbar richtig in die Luftröhre plazierten Tubus unauffällig beatmet und wies eine normale Blutgasanalyse auf. Die Beatmungsschwierigkeiten und der Herzkreislaufstillstand trat erst nach der Neuintubation um 23 Uhr 10 ein mit den oben nachgewiesenen Zeichen eines Gesamtlungenversagen, bestätigt durch die extrem veränderte Gasanalysenwerte und den anhaltenden Herzstillstand. Erst als der falsch in der Speiseröhre plazierte Beatmungstubus offenbar durch die forcierten Wiederlebungsmaßnahmen wiederum herausrutschte und jetzt offenbar der Tubus richtig in die Luftröhre eingeführt wurde, stabilisierte sich Herzkreislauf- und Lungenfunktion. Die Blutgaswerte waren wieder im Normbereich. Im weiteren Krankheitsverlauf traten derartige Herzkreislaufzwischenfälle mit erforderlichen Wieder-belebungsmaßnahmen nicht mehr auf. Um die lebensbedrohende Gasaustauschstörung in der Lunge in der Zeit von 23.10 bis 23.48 bei normaler maschineller Beatmung über einen in der Luftröhre liegenden Tubus, wie Prof. St. behauptet, der ja eine Fehlintubation vehement bestreitet, zu erklären, müsste in einem Zeitraum von 40 Minuten ein Gesamtlungenversagen, bedingt durch eine RS-Virus-bronchiolitis, eingetreten und sich wieder zurückgebildet haben. Dies ist pathophysiologisch in dieser kurzen Zeit nicht möglich, weil eine RS-Virus-bronchiolitis durch entzündliche Ge-websveränderungen an den Bronchiolen peripher im Lungengewebe verursacht wird, die weder innerhalb von 40 Minuten entstehen noch sich wieder zurückbilden. Außerdem würde bei einer Bronchiolitis die empfohlene und bewährte intratracheale Beatmung, die Prof. St. ja annimmt, eine Atelektasenbildung einzelner Lungenbereiche und damit ein Lungengesamtversagen sicher verhindern, wie aus den Leitlinien der Gesellschaft für Pädriatische Pneumologie, AWMF-online-Leit-linienregister Nr. 026/009 hervorgeht. Auch die Behauptung von Prof. St. und an der Begutachtung beteiligter Neonatologen, dass nach einem Herzkreislaufversagen mit dadurch bedingter hypoxisch-ischämisch Großhirn-schädigung, die der als Gerichsgutachter bestellte Neuropädiater Herr Professor Niemann aus Tübingen bestätigt hat, die Nachbehandlung habe zur Großhirnschädigung des Kindes beigetragen, ist falsch. Wissenschaftliche Untersuchungen (Literatur,Anlage3) haben nämlich ergeben, dass nach hypoxisch-ischämischer Schädigung in allen Organen, also auch im Gehirn, ein sogenanntes „No reflow phenomenon – deutsch Durchblutungsstop“ nachzuweisen ist, sodass der Zelluntergang durch welche Maßnahmen auch immer weder positiv noch negativ mehr zu beeinflussen ist. Zusammenfassend ist festzustellen, dass durch die bewiesenen Falschaus- sagen des Prof. Stopfkuchen, der eine Fehlintubation als Ursache der schweren cerebralen Schädigung des Kindes D. ablehnt, die Gerichte in München veranlasst wurden , die Klage abzuweisen. Anlage 1: MRT-bilder vom Kopf des durch Fehlintubation geschädigten Kindes. . Schwarz die zerstörten Hirnareale. Anlage 2: Stellungnahme eines Chefanästhesisten zum Problem Fehlintubation. Anlage 3: Literatur zum Problem „No reflow phenomenon-Durchblutungsstop“. Ames A III, Wright RL, Kowada M, et al.: Cerebral ischemia. II.The no-reflow phenomenon. Am J Path 1968; 52: 437-453 Fischer M, Hossmann KA: No-reflow after cardiac arrest. Intensiv Care Med.1995:21:132141 Ginsberg MD, Myers RE: The topography of impaired microvascular perfusion in the primate brain following total circulatory arrest. Neurology 1972; 22: 998-1011