Medizinisches Sachverständigengutachten Bürgerlicher Rechtsstreit XXXX Kläger: xxxx, Teststr. 12, 12345 Teststadt Klägervertreter: RA xxxx, Teststr. 12, 12345 Teststadt Beklagte: 1. G xxxx, Teststr. 12, 12345 Teststadt 2. xxxx Versicherungs AG, Teststr. 12, 12345 Teststadt 3. Beklagtenvertreter: RAe xxxx, Teststr. 12, 12345 Teststadt Gemäß Beweisbeschluss des Amtsgerichtes xxx vom 26.07.2004 erstatten wir Ihnen nachfolgend das angeforderte schriftliche Medizinische Sachverständigengutachten. Es soll Beweis erhoben werden über folgende Fragen: 1. war das Unfallgeschehen aus verkehrstechnischer und medizinischer Sicht überhaupt geeignet die angeführten Verletzungen (Schleudertrauma, Angst- und Spannungszustände, Magenschmerzen, Schmerzen im Nacken- und Schulterbereich, Kopfschmerzen) herbeizuführen? 2. Sind die angeführten Verletzungen tatsächlich auf das Unfallgeschehen zurückzuführen? Das Gutachten stützt sich auf die vorliegende Gerichtsakte des Amtsgerichtes xxx, auf das vorliegende Gutachten zur verkehrstechnischen Analyse vom 21.10.2003, auf die Befragung und körperliche Untersuchung des Klägers am 12.11.2004 in der Zeit von 13 bis 14 Uhr in den Räumen des Untersuchungsraumes in der Klinik xxxx. Vorgeschichte: Der Unfallhergang ergibt sich aus dem Gutachten des Sachverständigenbüros Liermann vom 21.10.2004 und auf Befragen des Klägers zum Untersuchungszeitpunkt am 12.11.2004. Demnach war der Kläger mit seinem Fahrzeug angeschnallt, mit normal eingestellter Nackenstütze, am 08.07.2003 gegen Mittag auf der BAB 45 in Höhe der Abfahrt xxx Hafen unterwegs. Nach seiner Darstellung war er kurz zuvor auf die Autobahn aufgefahren und fädelte sich hinter einem vor ihm fahrenden Lkw ein. Von diesem seien plötzlich Gesteinsbrocken von der Lademulde gefallen. Der Kläger habe daraufhin eine Vollbremsung durchgeführt und versucht der herabfallenden Ladung auszuweichen. Er sei mit seinem Fahrzeug jedoch in der Spur geblieben. Die Räder hätten nicht blockiert, er habe keinen Schleudervorgang mit dem Fahrzeug erlebt. Mit im Fahrzeug war der Bruder des Kägers. Sie haben dann gemeinsam mit dem Handy eine Aufnahme des vorausfahrenden Lkw gemacht, diesen links überholt und versucht den Fahrer zum Halten zu bringen. Nach telefonischer Absprache mit der Polizei haben sie dann den Lkw weiter verfolgt bis zum Abladen und hier das Eintreffen der Polizei abgewartet. Daraufhin wurde eine kurze polizeiliche Vernehmung und Anzeigenaufnahme durchgeführt. Diese habe etwa ½ Stunde gedauert. Der Kläger ist dann als Fahrer mit seinem Bruder als Beifahrer ins nächstgelegene Krankenhaus, das Marienhospital xxx, gefahren und stellte sich dort um 13.23 Uhr notfallmäßig vor. Ein medizinischer Dokumentationsbericht aus der Internen Notaufnahme sowie aus der chirurgischen Notaufnahme liegen vor. Aus dem internistischen Aufnahmebogen geht hervor, dass der Kläger sich in Folge eines Stress-Erlebnisses mit epigastrischem Druckschmerz, Übelkeit und Erbrechen sowie Kopfschmerzen und Nackenbeschwerden vorstellt. Bei der körperlichen Untersuchung werden bei regelrechtem Blutdruck keine Auffälligkeiten am gesamten Körper gefunden. Bei tiefer Palpation lässt sich im linken Epigastrium ein Druckschmerz feststellen. Neurologisch findet sich der Verletzte unauffällig. Ein EKG wird geschrieben und ist unauffällig. Diagnostiziert werden eine akute Gastritis und eine Cephalgie. Medikamentös werden ein Schmerzmedikament sowie ein Antisäuremedikament für den Magen mitgegeben und der Verletzte in der chirurgischen Notfallaufnahme vorgestellt. Hier wird der Verletzte vom chirurgischen Kollegen untersucht. Dokumentiert wird hier eine schmerzfreie Beweglichkeit der Halswirbelsäule ohne sensomotorische Defizite. Kein Muskelhartspann. Pupillen beidseits unauffällig. Kein Anhalt für neurologische Störungen. Unauffälliges Gangbild. Keine äußeren Verletzungen. Keine Prellmarken. Keine weitere Schmerzangabe. Als Diagnose werden Kopfschmerzen gestellt. Eine Erweiterung zur internistisch bereits verordneten Medikation wird nicht gegeben. Eine Röntgenuntersuchung wird nicht durchgeführt. Der Kläger hat sich daraufhin zur Weiterbehandlung zu Frau Dr. xxx in xxx, seiner Hausärztin, begeben. Er kann sich nicht mehr an die Erstvorstellung dort erinnern. Er habe sich jedoch kurz nach der Krankenhausvorstellung bei seiner Hausärztin vorgestellt. Aus den Gerichtsunterlagen geht das genaue Datum nicht hervor. Fest steht, dass nach Aussagen des Klägers, die Hausärztin eine Nackenkrause vorübergehend angelegt hat sowie Schmerzmedikamente verordnet hat und regelmäßige Infusionen gegen die Schmerzen durchgeführt hat. Insgesamt habe er 3 Wochen Beschwerden wegen des Nackens gehabt und ca. 8 Wochen Beschwerden wegen des Magens. In dieser Zeit war er arbeitsunfähig geschrieben. Lt. ärztlichem Bericht der Hausärztin Dr. xxx hat diese an Diagnosen festgestellt: Cephalgie, Schleudertrauma der Halswirbelsäule, Angst- und Spannungszustände, Thoraxprellungen. Aus einer ärztlichen Bescheinigung von Frau Dr. xxx vom 14.07.2004 geht hervor, dass die Behandlung über 2 Monate andauerte mit physikalischer Therapie, Neuraltherapie und Ruhigstellung der Halswirbelsäule sowie Schmerzbehandlung und Arbeitsunfähigkeit. Nach ihrer Darstellung litt der Kläger unter ständigen Schmerzen in der linken Schulter und im Halswirbelsäulen-Bereich. Die Beweglichkeit des Kopfes war in allen Ebenen endgradig schmerzhaft eingeschränkt, insbesondere die Linksneigung. In der Halswirbelsäule befindet sich eine Schwellung von ca. 3 cm Durchmesser. Die Mobilität und Durchblutung der linken Schulter waren durch die erlittenen Traumata gestört. Nach dem Unfall erlitt Herr xxx eine Commotio cerebri mit mehrfachem Erbrechen und Oberbauchbeschwerden. Auf Befragen gibt der Kläger an, er sei schon häufiger an nervösen Magenbeschwerden erkrankt. Ca. 1-2 Jahr vor dem maßgeblichen Unfall habe er sich einer Magenspiegelung unterziehen müssen und sei mehrfach schon in Behandlung gewesen wegen Magenbeschwerden. Wegen Halswirbelsäulen-Beschwerden sei er noch nie in ärztlicher Behandlung gewesen. Klagen: „Ich habe ca. 3 Wochen nach dem Unfall noch Nackenbeschwerden gehabt und ca. 8 Wochen noch Magenbeschwerden. Jetzt bin ich beschwerdefrei“. Körperlicher Untersuchungsbefund: Zur Untersuchung erscheint ein 35-jähriger, nach eigenen Angaben 180 cm großer und 83 kg schwerer Mann in gesundem Allgemein- und Ernährungszustand. Er betritt das Untersuchungszimmer in seitengleich abgelaufenem Konfektionsschuhwerk ohne Zuhilfenahme eines orthopädischen Hilfsmittels. Das Entkleiden des Oberkörpers erfolgt mühelos und beschwerdefrei. Am gerade stehenden Verletzten findet sich ein Schultergeradstand mit normaler Hauttrophik der beiden oberen Extremitäten, mit normaler Durchblutung. Im Gesicht finden sich keine Auffälligkeiten, die Skleren sind normal durchblutet, nicht verfärbt. Die Nervenaustrittspunkte sind druckschmerzfrei. Ein Schädelcalottenklopfschmerz lässt sich nicht auslösen. Das Kiefergelenk ist schmerzfrei beweglich, intraoral zeigen sich regelrechte Reflexe bei saniertem Zahnstatus. Die beiden oberen Extremitäten lassen sich frei und schmerzlos komplett aktiv und passiv durchbewegen. Hier werden keine Beschwerden angegeben. Der Muskeltonus ist an beiden oberen Extremitäten seitengleich unauffällig. Der Reflexstatus ist an beiden oberen Extremitäten mit lebhaftem Bizepssehnenreflex, Trizepssehnenreflex und Radiusperiostreflex beidseits gleich. Pathologische Reflexe finden sich nicht. Die Sensibilität und das 2-Punkt-Diskriminationsvermögen finden sich an beiden oberen Extremitäten unauffällig. Am gerade stehenden Verletzten zeigt sich eine normal lordosierte, aus 7 Segmenten regelrecht aufgebaute Halswirbelsäule. Beim Betasten und Beklopfen der Dornfortsätze werden keine Auffälligkeiten festgestellt. Ein Stauchungsschmerz lässt sich nicht auslösen. Paravertebral tasten sich an der Halswirbelsäule keine Myogelosen. Die manualtherapeutische Untersuchung der Halswirbelsäule zeigt keine Blockierungen zwischen den einzelnen Wirbelkörpern, keine positiven Irritationspunkte. Bei der Anteversion zeigt sich ein freies Bewegungsausmaß der Halswirbelsäule von 50-0-50 bei Drehung, in Neutralstellung von 700-70 bei Drehung und in Retroversion 50-0-50 Grad bei Drehung. Das Vor- und Zurückneigen ist mit jeweils 60 Grad unauffällig. Das Seitneigen ist nach rechts und links mit je 50 Grad unauffällig. Der maximale Kinnspitzen-Schulter-Höhenabstand ist rechts wie links mit 16 cm regelrecht. An die Halswirbelsäule schließt sich eine normal kyphosierte Brustwirbelsäule in 12gliedrigem Aufbau an. Am geraden Kläger zeigt sich keine Skoliose. Beim Nachvornebeugen entfalten sich Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule regelrecht, ohne Ausbildung einer Skoliose. Bei Betasten und Beklopfen der Dornfortsätze über der Brustwirbelsäule werden keine Beschwerden angegeben. Ein Stauchungsschmerz lässt sich nicht auslösen. Paravertebral finden sich keine Myogelosen. Die Beweglichkeit von Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule ist regelrecht. Der Finger-Boden-Abstand ist mit 0 cm frei, die Messstrecken nach Ott und Schober zeigt eine regelrechte Entfaltung. Die Lendenwirbelsäule zeigt sich normal lordotisch geschwungen, ist aus 5 Segmenten regelrecht aufgebaut. Hier finden sich beim Untersuchen ebenfalls keine pathologischen Befunde. Am gerade stehenden Verletzten findet sich ein Beckengeradstand mit normal geraden Beinachsen mit normal auswärts gedrehten Füßen. Bei der Untersuchung im Liegen tastet sich das Abdomen weich, unauffällig. Zum Untersuchungszeitpunkt lässt sich kein Schmerz im Epigastrium palpatorisch auslösen. Auskultatorisch zeigt sich eine normale Darmbeweglichkeit. Die Bruchpforten sind geschlossen. Beurteilung wissenschaftlicher Teil: Der Hergang des Unfalles vom 08.07.2003 scheint gemäß der Gerichtsakte des Amtsgerichtes xxx bei vorliegendem Sachverständigengutachten Liermann unzweifelhaft. Bei der Befragung des Klägers am Untersuchungstag ergeben sich keine neuen Erkenntnisse. Demnach befand sich der Kläger als Fahrzeugführer angeschnallt, mit wahrscheinlich regelrecht eingestellter Kopfstütze, in normaler Sitzposition in seinem beschleunigenden Fahrzeug hinter einem Lkw. Von diesem Lkw sind unerwartet Gesteinsbrocken von der Lagemulde gefallen. Daraufhin habe der Kläger eine Vollbremsung durchgeführt. Lt. Gutachten Liermann kam es zu keinem direkten Kontakt zwischen Klägerfahrzeug und Beklagtenfahrzeug. Die Verzögerung des Klägerfahrzeugs wurde ausschließlich durch die vom Kläger eingeleitete Vollbremsung bewirkt. Aus technischer Sicht kam es dabei zu einer Maximalverzögerung des Klägerfahrzeuges von ca. 8,5 m/sec² und damit zu einer Belastung von weniger als 1 g auf den Kläger. Auf den Kläger wirkte dabei eine entsprechende Trägheitskraft annähernd nach vorne in Fahrzeuglängsrichtung. Auch durch eine mögliche Ausweichlängsbewegung kann es nicht zu einer Erhöhung der einwirkenden Trägheitskräfte gekommen sein, nur zu einer Verlagerung der Richtung. Lt. ärztlichem Untersuchungsbericht aus dem Marienkrankenhaus in xxx wurden äußerlich keine Verletzungszeichen beim Kläger festgestellt. Es kam damit nicht zum Anprall des Klägers an Strukturen des Fahrzeuginneren. Durch die Vollbremsung kam es vom Mechanismus her ähnlich wie bei einem Frontalaufprall zu einem Vorschwingen des Klägers in das Gurtsystem. Zunächst einige grundsätzliche Worte zum Verletzungsmechanismus und der Definition einer Halswirbelsäulen-Distorsion: Nach I. Scheuer (1) bewirkt der Frontalaufprall eine Hyperflexion im Bereich der Halswirbelsäule mit ggf. relevanter Verletzung des hinteren Längsbandsystems bis hin zu knöchernen Ausrissverletzungen, wobei zusätzlich über einen Gleitschermechanismus auch das vordere Längsband und Bandscheibensystem beschädigt werden können und gleichzeitig durch eine massive Abknickbewegung auch Brüche, im Bereich der Wirbelkörper auftreten. Vor allem die Überbeugungsmechanismen führen zu Begleitverletzungen im Sinne der Zerrung im Bereich der Nackenmuskulatur und des Nackenbandes bis hin zu Einblutungen, auch die Gelenkkapseln der Wirbelgelenke sind bei diesem Verletzungstyp besonders gefährdet. Lt. C.Eggers und A. Stahlenbrecher (2) handelt es sich bei dem Mechanismus in der Regel um eine kombinierte Hyperflexions- / Hyperextensionsbewegung des Kopfes mit entsprechender Belastung der Halswirbelsäule. Zunächst tritt eine translatorische Verschiebung im Bereich des cervico-occipitalen Überganges bis an die Grenze des viscoelastischen Verhaltens der Bänder auf. Dabei kann es zur Überdehnung oder Ruptur der Bänder kommen und zu Mikrozerrungen der Muskulatur, je nach Schweregrad der einwirkenden Scherkräfte. Die Gelenkmechanik kann nachhaltig gestört sein. Die Bandbreite der nachzuweisenden Verletzungen bei Hyperflexionsverletzungen beginnt mit der Zerrung des hinteren Gelenkbandes, der Gelenkkapseln, des Ligamentum flavum, interspinosum und supraspinosum bis hin zu Rupturen mit Subluxation und Luxation und Rückenmarksüberdehnung bis Bandscheibenprolaps. Gängig sind Schweregradeinteilungen der Halswirbelsäulen- Distorsionen, in unserem Falle nach Mohr/Aherend, üblich ist jedoch auch international die Einteilung nach der Quebec Task Force (QTF). Hierbei handelt es sich um Grad I: Subjektive Beschwerden, Grad II: Muskuloskelettale Zeichen und Grad III: Neurologische Zeichen. Die Einteilung nach Mohr/Aherend ist wie folgt definiert: Grad I, am häufigsten auftretend, ist gekennzeichnet durch ein symptomfreies Intervall von meist 12 bis 16 Stunden, maximal 24 Stunden, mit dann einsetzenden Beschwerden im Nacken mit Bewegungseinschränkung. Das morphologische Substrat entspricht einer Distorsion der Bandverbindungen, die bildgebenden Verfahren zeigen kein Substrat, bis auf gelegentliche Steilstellung der Halswirbelsäule im seitlichen Röntgenbild. Grad II, ist gekennzeichnet durch einen Beschwerdeeintritt unter 1 Stunde mit dann beginnender Nackensteifigkeit, Schluckbeschwerden, starken Nacken- und Hinterkopfschmerzen. Morphologisches Substrat sind hier Gelenkkapseleinrisse, Muskelzerrungen, Gefäßverletzungen mit Hämatomen. Die bildgebenden Verfahren wie MRT und CT zeigen entsprechende Befunde. Grad III, zeigt kein symptomfreies Intervall. Die Beschwerden setzen sofort ein. Es kommt zu einer Halswirbelsäulen-Zwangshaltung mit Kopf- und Armschmerzen, ggf. Parästhesien und Paresen. Hier finden sich morphologisch in den bildgebenden Verfahren gut nachzuweisende Verletzungen, wie isolierte Bandscheibenrisse, Rupturen im dorsalen Bandapparat mit Luxationen, Frakturen, Nervenläsionen und medullären Läsionen. Neurologischerseits sind radikuläre und medulläre Syndrome führend. Grad IV, endet in der Regel tödlich bei zentralem Regulationsversagen. Die Verletzungen Grad I sind definitiv am häufigsten und am schwierigsten nachzuweisen, da kein Korrelat in den bildgebenden Verfahren besteht. Führend sind die beschriebenen Symptome, in der Regel Nackenschmerzen und Nackensteife durch gesteigerte propriorezeptive Aktivität mit Steigerung des Muskeltonus in der betroffenen Muskulatur, insbesondere in der suboccipitalen Muskulatur, des Muskulus splenius, des Muskulus semispinalis capitis, des Muskulus sternocleidomastoideus und der Muskulus scalenus Gruppe. In der subakuten Phase der Verletzung weicht der Schmerz und die Bewegungseinschränkung steht im Vordergrund. Kopfschmerzen, Kribbelparästhesien, Benommenheit, Bewusstseins-störungen, Übelkeit und Erbrechen treten in Verbindung von Syndromen auf. Wir unterscheiden das cervicale, cervico-cephale und das cervico-brachiale Syndrom. Hierbei sind Nacken-/ Hinterkopfschmerzen und/oder Nacken-/ Schulterschmerzen und eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule und schmerzhaft verspannte Nacken-/ Schultermuskulatur kennzeichnend. Vorübergehende Empfindungsstörungen, Missempfindungen im Hautinnervationsgebiet der oberen Halsmarkwurzeln C2 und C3 bis in die Arme können auftreten. Beim cervico-cephalen Syndrom stehen Übelkeit, Brechreiz und Erbrechen im Vordergrund, häufig verbunden mit einer initialen kurz-zeitigen Bewusstlosigkeit und amnestischen Episoden. Es handelt sich um eine reversible, kurzzeitige Hirnstammfunktionstörung, ähnlich einer leichten Commotio. Beim cervico-medullären Syndrom besteht eine mehr oder weniger ausgeprägte motorische oder sensible Querschnittssymptom. Der häufig geklagte Schwindel ist auf eine Schädigung der oberen Cervicalwurzeln zurückzuführen. Andere Ursachen sind durch ein HNO-ärztliches Konsil auszuschließen. Dennoch lässt sich der Schwindel nur in maximal 65% der Fälle eindeutig objektivieren (3). Ebenso sind Tinnitus und Hörminderungen sowie Sehstörungen durch die entsprechenden Fachgebiete konsiliarisch abzuklären. Wichtig ist es, bei bleibenden Beschwerden nach HalswirbelsäulenDistorsionen ohne Kopfanprall eine weitergehende Diagnostik durchzuführen, um einen Vollbeweis führen zu können. Insbesondere der Einsatz der bildgebenden Verfahren wie Röntgen-Nativ, CT und MRT erlauben die eindeutige Abgrenzung von frischen morphologischen Schäden und degenerativen Schäden (4) In der Literatur besteht Einigkeit darüber, dass die grundsätzlichen Prognosen einer Halswirbelsäulendistorsion Grad I mit einer durchschnittlichen Ausheilungszeit von 6-10 Wochen gut ist (2). Die Literatur zeigt, dass individuelle psychologische Faktoren in das Behandlungskonzept mit einbezogen werden müssen, mit dem Ziel der Prävention einer Beschwerdechronifizierung. Es zeigt sich, dass eine frühzeitige Mobilisation und Bewegungstherapie Langzeitverläufe reduzieren können. Für die gutachterliche Praxis in der Beurteilung von HalswirbelsäulenDistorsionen bieten insbesondere die leichteren Verletzungen, ohne nachweisbare morphologische Schäden, Probleme in der Zusammenhangsbegutachtung. Hierbei setzt sich in der Literatur durch, dass dem Gutachter die Kollisionsmechanik bekannt sein muss. Subjektive Angaben sind unsicher und tragen nicht zur Klärung von einwirkenden Kräften bei. Entscheidend sind hierbei unfallanalytische Gutachten, die in exakten Grenzen Kollisionsgeschwindigkeitsdifferenzen (Delta-V) und die die Verletzung hervorrufende Kraft (g) bei üblicher Stoßdauer von angenommen 0,1 Sekunden angeben. Somit wird die einwirkende Kraft definiert und erlaubt anhand von empirisch ermittelten Vergleichsdaten eine objektive Einschätzung. Sinnvoll ist die Einholung eines unfallanalytischen Gutachtens besonders dann, wenn ein verletzungsspezifisches morphologisches Substrat fehlt, wenn also die stattgehabte Verletzung nicht durch strukturelle Veränderungen zu beweisen ist. Das unfallanalytische Gutachten ersetzt jedoch nicht die Sicherung der verletzten Struktur. Die Unfallanalyse zeigt ein graduelles Verletzungsrisiko an. Es gibt jedoch keinen statistisch signifikanten und erst recht keinen gesetzmäßigen Zusammenhang, der es erlauben würde, aus einer Gefährdung auf eine Verletzung zu schließen oder bei fehlender Gefährdung diese auszuschließen (5). Die Einwirkung auf das Fahrzeug begutachtet der Unfallanalytiker, die davon ausgehenden Einwirkungen auf die Fahrzeuginsassen der Traumatologe. Dennoch ist die Unfallanalyse ein wichtiger, weil objektiver, Mosaikstein unfallchirurgischer Begutachtung. Fehlt der verletzungsspezifische Befund und fehlt die Erhöhung des unfallbedingten Verletzungsrisikos, lässt sich in aller Regel ein unfallbedingter Erstkörperschaden nicht beweisen (Vollbeweis). Für die Klärung des Unfallzusammenhanges muss die Eignung der nachgewiesenen Einwirkungen zur Verursachung der diagnostischen Erkrankungen gegeben sein (6). Lt. OLG Report Hamm (7) setzt ein Halswirbelsäulen-Schleudertrauma nicht voraus, dass im Halswirbelsäulenbereich nachweislich unfallbedingt eine Verletzung i.S. einer Strukturveränderung eingetreten ist. Denn im Sinne des 823 BGB besteht die Körperverletzung in der Befindlichkeitsbeeinträchtigung und nicht in dem morphologischen Substrat, durch das diese ausgelöst wird. Diese Befindlichkeitsbeeinträchtigung darf allerdings nicht nur ganz unwesentlich sein. Vor allem aber muss diese nicht ganz unwesentliche Befindlichkeitsbeeinträchtigung im Wege des Vollbeweises nach 286 ZPO nachgewiesen werden, d.h. ihr Vorliegen muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen, eine erhebliche Wahrscheinlichkeit reicht insoweit nicht aus. In der Literatur sind in zunehmendem Maße Beschleunigungsversuche durchgeführt worden. Hierbei hat sich übereinstimmend ein Harmlosigkeitsbereich beim Heckanprall im so genannten "Normalfall" von Delta-V 10-15 km/h herausgestellt (8). Bei der Frontalkollision mit Flexion der Halswirbelsäule braucht es für eine Verletzung eine höhere Belastung, man geht etwa von einem doppelt so hohen Delta-V aus, also 20-30 km/h als Harmlosigkeitsgrenze (8). Die bisherigen Erkenntnisse zeigen allerdings durchaus Fälle mit lang andauernder Schmerzsymptomatik nach Unfällen im so genannten low-speed Bereich Delta-V kleiner 10 km/h und dieses sowohl bei Frontal- als auch Heckkollisionen (9). Nach U. Löhle (10) wird die so genannte "Harmlosigkeitsgrenze" für heckseitigen Anprall mit Delta-V gleich 10 km/h und für frontseitig angestoßene Fahrzeuge mit einem Wert von DeltaV gleich 15-20 km/h bei normaler Stoßzeit von 0,11 sec. angegeben. Dennoch gibt es zur Zeit keine wissenschaftliche Grundlage für die Behauptung, bei Heckkollisionen ohne oder mit geringen Fahrzeugschäden könnten keine Halswirbelsäulenbeschwerden entstehen. Die Erkenntnisse aus Freiwilligenversuchen können nicht ohne weiteres auf den Realfall übertragen werden, die wirklichen Belastungsgrenzwerte der verletzbaren Strukturen der Halswirbelsäule sind nur zum kleinsten Teil bekannt. Im Einzelfall können gravierende Abweichungen vom Regelfall vorkommen und normative Gradeinteilungen nicht eingehalten werden. Die kinematischen Harmlosigkeitsgrenzen sind im Einzelfall sowohl nach oben als auch nach unten hin durchlässig. Nach seinen Angaben ist die Entstehungswahrscheinlichkeit einer Halswirbelsäulendistorsion von vielen Einflussfaktoren abhängig. Dabei sind die Wesentlichen: Alters- und Trainingszustand des Fahrzeuginsassen, Position des Kopfes und Kopftrageapparates zum Zeitpunkt des Anstoßes sowohl in Relation zum Körperrumpf (z.B. Drehbewegungen des Kopfes) als auch zu umgebenden Fahrzeugstrukturen (so genannte out-of-position Problematik), Vorhersehbarkeit des Anstoßes und damit verbundenes, unter Umständen überschießendes Reaktions- und Abwehrverhalten, durch die Körpergröße und Körpermasse des Fahrzeuginsassen bedingte Kompatibilität zu Sitzgestaltung, dem Rückhaltesystem und dem Einstellbereich der Kopfstütze, aber auch die konstruktive Ausführung des Sitzes, einschließlich Unterbau und Verankerung mit der Bodengruppe des Fahrzeugs, die Massenverhältnisse der Kollisionsgegner, Geschwindigkeitsänderung des stoßenden bzw. angestoßenen Fahrzeugs in Abhängigkeit von der Zeit, Art, Ort und Schwere des Anstoßes und Charakteristik der beteiligten und zwischengeschalteten Strukturen bzw. Weiterleitung der einwirkenden Kräfte innerhalb der stoßenden/angestoßenen Pkw. Es gibt aus der Literatur heraus Hinweise, dass eine Kopfdrehung zum Zeitpunkt des Unfalls (oop) mit einer größeren Verletzungsmöglichkeit der Halswirbelsäule verbunden sein kann. Dieses ist morphologisch aus unfallchirurgischer Sicht durchaus vorstellbar. Ein wichtiges Indiz zur Beurteilung einer stattgehabten Verletzung an der Halswirbelsäule ist der Nachweis objektiver Parameter in der Erstdiagnostik. Hier ist insbesondere der Nachweis eines so genannten muskulären Hartspanns i.B. der paravertebralen Halsmuskulatur zu werten. Dazu das Amtsgericht Lingen (11): bei den kollisionsbedingten Geschwindigkeitsveränderungen infolge eines Auffahrunfalls unterhalb 10 bis 13 km/h kann ohne Hinzutreten weiterer Indizien nicht ohne weiteres vom Eintritt eines Schleudertraumas ausgegangen werden. Ein solches Indiz kann ein Attest eines Arztes darstellen, der deutliche Muskelverhärtungen parallel zur Wirbelsäule aufgrund eigener Untersuchungen und damit objektiviert feststellt, sich nicht auf die Wiedergabe der Angaben der Verletzten stützt. Das AG Rastatt stellt als ärztliche objektivierbare Befunde auch schmerzhafte Bewegungseinschränkung des Kopfes bei engem zeitlichen Zusammenhang zum Unfallereignis fest (12). Das Landgericht Saarbrücken stellt im Urteil vom 29.11.2001, 2 S 135/01 fest, ob von einer "Harmlosigkeitsgrenze" in dem Sinne ausgegangen werden kann, dass kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderungen unter 10 km/h nicht geeignet sind eine Halswirbelsäulenbeeinträchtigung hervorzurufen, bleibt offen (13). Dr. D. Dannert, Richter am OLG a.D. stellt fest, dass die derzeit propagierte Harmlosigkeitsgrenze nicht überzeugen kann (14). Das OLG Bamberg geht in einem Urteil vom 05.12.2000 noch weiter: "1. Die Kausalität eines Unfallereignisses für ein ärztlich diagnosti-ziertes HalswirbelsäulenSchleudertrauma steht fest, wenn im ärzt-lichen Attest des Durchgangsarztes vom Unfalltag unter Diagnose "Halswirbelsäuen-Distorsion" eingetragen wird sowie ein verschreibungspflichtiges Medikament als auch das Tragen einer Schanz`schen Halskrause verordnet wird und bei einer Nachuntersuchung tastbare Verspannungen im Bereich der Brustwirbelsäule festgestellt werden. 2. In einem solchen Fall wird die durch das ärztliche Attest festgestellte Verletzung auch nicht durch ein Kfz.-technisches Gutachten, das zudem unter dem Vorbehalt bestimmter medizinischer Bedingungen gestellt ist, erschüttert, selbst wenn das Kfz.-technische Gutachten wegen einer errechneten Kollisionsgeschwindigkeit von 7 bis 7,8 km/h eine Kausalität der Kollision für die Verletzungen ausschließt (15). Das Landgericht Lübeck stellt in einem Urteil vom 08.06.2000 fest, dass der Nachweis des Halswirbelsäulensyndroms als geführt gilt, wenn der Geschädigte den Arzt aufsucht, dieser eine eingeschränkte Beweglichkeit der Halswirbelsäule, Muskelverspannungen und Druckschmerz feststellt. Das Landgericht lehnt es ausdrücklich ab, dass durch den Sachverständigen zum Nachweis eines Halswirbelsäulensyndroms gesicherte verletzungsbedingte Befunde gefordert werden oder dass eine Differenzgeschwindigkeit über 10 km/h gefordert wird (16). Deuteten sich schon seit einigen Jahren bei einigen Gutachtern Zweifel an der Beurteilung des Sachverhaltes anhand einer Geschwindigkeitsgrenze an, so bestätigte das BGH diese Auffassung in einem Urteil vom 28.01.2003. Hier spricht sich der Bundesgerichtshof gegen die schematische Annahme einer "Harmlosigkeitsgrenze" aus. Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Unfall und den Beschwerden sowie der Befund des erstbehandelnden Arztes und subjektive Angaben des Ver-letzten können eine wesentliche Erkenntnisquelle sein. Stets sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen (17). Doch das Urteil wird auch kritisch gewürdigt. So kommt Dr. M. Notthoff in seinem Aufsatz zu dem Schluss, dass die Bagatell- bzw. Harmlosigkeitsgrenze vor allem dort ihre Berechtigung hat, wo medizinisch technische Methoden versagen, insbesondere immer dann, wenn mit den derzeitigen Diagnosemethoden nicht unmittelbar eine Körper- oder Gesundheitsverletzung nachgewiesen werden kann und daher der eigentlich unzulässige Rückschluss von den Schmerzen auf die Primärverletzung erforderlich gemacht wird (18). Ab dem 30. Lebensjahr hat nur nahezu jeder 2. Mensch in Deutschland degenerative Schäden im Bereich der Halswirbelsäule. Diese müssen nicht zwangsläufig zu entsprechenden Symptomen mit nachfolgendem Arztbesuch geführt haben. Erkennbar sind degenerative Verände-rungen insbesondere in den bildgebenden Verfahren. Schon in den RöntgenNativaufnahmen sind degenerative Schäden in Form von Osteochondrose, Spondylarthrose und knöchernen Abstützreaktionen und Veränderungen in der Wirbelgeometrie mit nachfolgenden Einengungen der Foramina intervertebralia zu erkennen. Die bildgebenden Verfahren wie MRT und CT geben Auskunft über stattgehabte Bandscheibenvorfälle und Nervenkompressionen. Die Auswirkungen einer Halswirbelsäulendistorsion auf eine vorgeschädigte Wirbelsäule werden in der Literatur unterschiedlich beurteilt. So sind A. Bosse und K.-M. Müller (19) überzeugt, dass relativ einfache Verletzungsmuster komplizierte Symptomenkomplexe nach sich ziehen können, wenn eine durch degenerative Veränderungen vorgeschädigte Halswirbelsäule betroffen ist. I. Scheuer (1) meint, dass es bei der Anlage und/oder Verschleiß einer vorgeschädigter Halswirbelsäule bei Unfällen, bedingt durch die segmentale Einsteifung, zu vermehrter Schwerbelastung der angrenzenden Halswirbelsäulenabschnitte kommen kann mit entsprechenden Verletzungen. Demgegenüber kommen K. W. Sievers und H. Riediger (9) zu dem Schluss, dass nach Schleudertrauma eine Verschlimmerung des Spontanverlaufes bei bestehenden degenerativen Veränderungen nicht erwiesen ist und eine kausale Beziehung zwischen degenerativen und traumatischen Beschwerden weder im akuten noch im chronischen Stadium beurteilt werden kann. Insgesamt geht aus der Literatur nicht eindeutig hervor, ob eine vorgeschädigte Halswirbelsäule per definitionem als verletzungsanfälliger betrachtet werden muss. Zur Feststellung des Ursachenzusammenhanges schlägt S. Brandenburg (6) vor, relevante Vorschäden bzw. Krankheitsanlagen abzugrenzen und die Eignung der nachgewiesenen Einwirkung zur Verursachung der diagnostizierten Erkrankung zu prüfen, bei einer Mitwirkung dispositioneller Faktoren Gewichtung der Ursachenfaktoren mit Begründung einer wesentlichen Bedeutung der äußeren Einwirkungen, ggf. Differenzierung zwischen verschiedenen Krankheitsbefunden bzw. dem initialen Beschwerdebild und dem nachfolgenden Erkrankungsverlauf. Zusammenfassend ist weiterhin der Grundsatz entscheidend, dass, wird eine vorgeschädigte Struktur verletzt, es sich um eine vorübergehende oder richtungweisende Verschlimmerung eines unfallunabhängigen anlagebedingten Leidens handelt. Gemäß H. Lemcke (21) sind dem Schädiger grundsätzlich auch diejenigen Auswirkungen seiner Verletzungsbehandlungen zuzurechen, die sich erst deshalb ergeben haben, weil der Verletzte bereits einen Körperschaden oder eine sonstige konstitutionelle Schwäche hatte, er hat keinen Anspruch auf einen gesunden Unfallgegner“. Der Schädiger und sein Haftpflichtversicherer haften also auch für eine unfallbedingte Verschlimmerung bestehender Halswirbelsäulenbeschwerden und deren Folgen, also dem Unfall im Verhältnis zu dem vorhandenen Anlage- oder Verschleißleiden nur die Bedeutung einer Gelegenheitsursache zukommt. Die körperliche Befindlichkeit ist das gesetzlich geschützte Rechtsgut. Eine nicht ganz unwesentliche Gesundheitsbeeinträchtigung muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Eine nicht ganz unwesentliche Gesundheitsbeeinträchtigung muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Als Indiz für die Schwere von Frontalkollisionen wird von E. Ludolf der Nachweis von Begleitverletzungen angegeben. Mit zunehmender Schwere der physikalischen Einwirkung steigt die Wahrscheinlichkeit so genannter Gurtverletzungen, zum Beispiel Hämatome und Prellmarken, nachzuweisen und umgekehrt (22). Bremsvorgänge werden in der Zusammenfassung von Becke, Castro et al wie folgt beschrieben: Im Vergleich mit Kollisionen handelt es sich hierbei um sehr geringe Beanspruchungen. Die Beanspruchungsdauer bei einem Bremsvorgang unterscheidet sich jedoch stark von einer durchschnittlichen Kollisionsdauer. Für die mögliche Relativbewegung im Innenraum spielt dieses eine große Rolle. Bei ungesichertem Sitz wird der Fahrer nach vorn vom Sitz herunterrutschen und einen Anprall im Fahrzeuginneren erleiden (23). Letztendlich wird sich der medizinische Nachweis einer stattgehabten Verletzung an der Halswirbelsäule im Rahmen einer Begutachtung zeitlich deutlich nach dem Unfall auf die Abwägung und den Vergleich von Indizien stützen, wobei das Ergebnis, als so genannter Vollbeweis mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden muss. Beurteilung spezieller Teil: Bei dem Unfall vom 08.07.2003 handelt es sich nicht um einen typischen Auffahrunfall mit Heck- oder Frontanprall. Der Kläger befand sich, wie oben dargestellt, als Fahrer wahrscheinlich korrekt angeschnallt, mit wahrscheinlich korrekt eingestellter Nackenstütze in seinem Fahrzeug als er plötzlich verkehrsbedingt eine Vollbremsung durchführen musste. Durch die Bremswirkung kam es zu einer Verzögerung, die lt. verkehrsanalytischem Gutachten eine negative Beschleunigungswirkung von weniger als 1 g auf den Kläger bewirkte. Dabei wirkten die Trägheitskräfte annähernd nach vorne in Fahrzeuglängsrichtung, möglicherweise bei seitlichen Ausweichmanövern schräg seitlich. Die einwirkenden Kräfte wurden dabei komplett von dem Gurtzeug der Anschnallvorrichtung aufgefangen. Insofern handelt es sich am ehesten um einen vergleichbaren Vorgang wie bei einem Frontalauffahrunfall. Allerdings besteht ein deutlicher Unterschied, da die Beschleunigungswirkung bei einer Vollbremsung über einen relativ langen Zeitraum einwirkt, und nicht wie bei einer Kollision im Bereich 0,1 sec. Dadurch ist der einwirkende Impuls geringer. Wie oben dargestellt ist in der Literatur bekannt, dass Frontalkollisionen bis zu relativ hohen Differenzgeschwindigkeiten und einwirkenden Beschleunigungskräften problemlos überstanden werden. Bezüglich der Bremsvorgänge gibt es weniger Literaturstellen. Es wird jedoch dargestellt, dass die einwirkenden Kräfte noch geringer seien. Die Höhe der einwirkenden Kräfte können wie bei der Frontalkollision anhand von Prellmarken am Körper der angeschnallten Person abgelesen werden. Sind hier Blutergüsse und Prellungen im Gurtverlauf feststellbar, spricht dieses für eine erhöht eingewirkte Kraft. Der Kläger hat sich etwa 1 ½ Stunden nach dem Unfall ärztlich vorgestellt. Die festgestellten Untersuchungsbefunde liegen anhand einer Kurzmitteilung an den Hausarzt durch die behandelnden Ärzte vor. Hierbei kam es zunächst zu einer Vorstellung bei dem internistischen diensthabenden Kollegen. Dieser stellte die Diagnose einer akuten Gastritis und einer Cephalgie. An objektiven Untersuchungsbefunden wurde ein epigastrischer, palpatorisch festzustellender Druckschmerz erwähnt, sonst beruht die Diagnose auf subjektive Angaben wie Übelkeit und Kopfschmerz. Ob der Kläger erbrochen hat ist nicht ganz eindeutig feststellbar. Der chirurgische Kollege erwähnt an Erstbefunden eine schmerzfrei bewegliche Halswirbelsäule ohne muskulären Hartspann. Er stellt als Diagnose die Kopfschmerzen. Auch wurde keine Röntgenuntersuchung der Halswirbelsäule in Auftrag gegeben, so dass der erstdiagnostizierende und behandelnde chirurgische Kollege keinen Hinweis auf eine Verletzung an der Halswirbelsäule sah. Die weiterbehandelnde Hausärztin Frau Dr. xx behandelte insgesamt 8 Wochen mit Arbeitsunfähigkeit und verschiedenen physikalischen Maßnahmen und Schmerzbehandlung die Diagnosen Schleudertrauma Halswirbelsäule, Angst- und Spannungszustände, Thoraxprellungen, Cephalgie. An Untersuchungsbefunden werden in ihrer ärztlichen Bescheinigung vom 14.07.2004 eine endgradig schmerzhaft eingeschränkte Kopfbeweglichkeit, insbesondere bei Linksneigung, sowie eine Schwellung im Halswirbelsäulenbefund von ca. 3 cm Durchmesser erwähnt. Die Motilität und Durchblutung der linken Schulter waren gestört. Hier werden jedoch keine Untersuchungsbefunde dargestellt. In keinem der ärztlichen Untersuchungsbefunde werden objektive Zeichen auf einen stärkeren Aufprall im zurückhaltenden Gurtsystem dargestellt. Bei dem Kläger ist es nicht zu Anprallverletzungen im Fahrzeuginneren gekommen. Die dargestellten objektiven Untersuchungsbefunde an der Halswirbelsäule deuten nicht auf ein stattgehabtes Halswirbelsäulen-Schleudertrauma hin. Auch die von der Hausärztin später dargestellten Befunde an der Halswirbelsäule und der Schulter werden nicht durch ausreichende objektive Untersuchungsbefunde bekräftigt. Subjektive Beschwerden wie Kopfschmerzen können nicht objektiv dargelegt werden. Sie sind im Falle des Klägers jedoch durchaus glaubhaft im Zusammenhang mit der erlittenen Schrecksymptomatik im Rahmen des stattgehabten Unfalles. Im gleichen Zusammenhang sind die epigastrischen Schmerzen zu erwähnen. Diese deuten auf eine akute Gastritis hin. Der Kläger gibt auf Befragen an, in Stress-Situationen häufiger Magenschmerzen zu bekommen. Auch dieses ist der Situation angemessen glaubhaft. An objektiven Untersuchungsbefunden wird hier ein palpatorisch festgestellter Druckschmerz im Epigastrium durch den internistischen Kollegen am Unfalltag erwähnt. Eine Magenspiegelung zur Objektivierung wird verständlicherweise nicht durchgeführt. Falls der Kläger erbrochen hat, ist dieses am ehesten auf die Magenbeschwerden zurückzuführen. Für einen Anprall des Kopfes mit dadurch resultierender Gehirnerschütterung (Commotio cerebri) besteht kein Anhalt. Aus medizinischer Sicht war das Unfallgeschehen nicht geeignet ein Schleudertrauma der Halswirbelsäule mit Schmerzen im Nacken- und Schulterbereich herbeizuführen. Die Bremsverzögerung mit der einwirkenden Kraft unter 1 g ist zu niedrig, um eine Schädigung an einer Halswirbelsäule herbeizuführen wie oben dargestellt. Auch können keine objektiven Untersuchungsbefunde, die auf eine stattgehabte Halswirbelsäulen-Distorsion hindeuten bei den erstuntersuchenden und erstbehandelnden Ärzten gefunden werden. Die Angst- und Spannungszustände, sowie die Magen- und Kopfschmerzen können durch das Unfallgeschehen hervorgerufen worden sein. Wie oben dargestellt reagiert der Kläger auf Stress-Situationen mit solchen Symptomen. Eine Stress-Situation ist das Unfallgeschehen sicherlich gewesen, da es auch schlimmer hätte ausgehen können. Die stattgehabte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsdauer über 8 Wochen erscheint mir aus medizinischer Erfahrung zu lang zur Ausheilung einer stressbedingten Gastritis. Aus medizinischer Erfahrung würde ich hier 1-2 Wochen Behandlungsdauer der Beschwerdesymptomatik ansetzen. An objektiven Befunden findet sich jedoch in den Unterlagen nur der bei der Untersuchung durch den internistischen Kollegen am Unfalltag festgestellte Druckschmerz im Epigastrium, der bei einer Gastritis zu finden ist. Weitere objektive Untersuchungsbefunde finden sich nicht. Zusammenfassung und Beurteilung: Durch den Verkehrsunfall vom 08.07.2003 hat der Kläger möglicherweise durch das Unfallgeschehen eine akute Gastritis sowie Kopfschmerzen und Angst- und Spannungszustände erlitten. Aufgrund der geringen Anzahl feststellbarer objektiver Untersuchungsparameter kann nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die oben genannten Diagnosen durch den Unfall herbeigeführt wurden. Aus medizinischer Sicht ist es vorstellbar mit einer aus medizinischer Erfahrung begründbarer Beschwerdedauer über 1-2 Wochen. Die angeführten Verletzungen Schleudertrauma und Schmerzen im Nacken- und Schulterbereich können ebenfalls nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückgeführt werden. Es bestehen keine objektiven Untersuchungsbefunde, die diese Diagnosen untermauern würden. Dr. med. XXX Facharzt für Unfallchirurgie Anlage 1 Messbogen Literaturverzeichnis