Datum: 15. November 2006 Thema: Die Wirbelsäule: Das Kreuz mit dem Kreuz Referent: OA Univ.-Doz. Dr. Wolfram Brodner Landeskrankenhaus Krems, Orthopädische Abteilung Fast alle Österreicher haben mindestens einmal im Leben Kreuz-, Nacken- oder Rückenschmerzen, manchmal gesellt sich auch eine Schmerzausstrahlung in das Bein oder in den Arm hinzu, selten sind können auch Gefühlsstörungen oder Lähmungen hinzukommen. Dieser Vortrag möchte leicht verständlich die anatomischen Verhältnisse an der Wirbelsäule beschreiben und darauf aufbauend die häufigsten Krankheitsbilder an der Wirbelsäule darstellen. Zunächst sollte man wissen, dass sich die Wirbelsäule aus mehreren abschnitten, nämlich aus der Halswirbelsäule, der Brustwirbelsäule, der Lendenwirbelsäule, dm Kreuzbein und dem Steißbein, zusammensetzt. Ein Wirbel besteht aus dem Wirbelkörper, den Wirbelbögen, der Bogenplatte, den Gelenksfortsätzen, einem hinteren Dornfortsatz und 2 seitlichen Fortsätzen. Wirbelkörper, Wirbelbögen und Bogenplatte umschließen das Rückenmark bzw. die Nervenwurzeln. Die Bandscheibe dient hierbei als „Stoßdämpfer“ zwischen jeweils 2 Wirbelkörpern. Die Funktion der Wirbelsäule im Ganzen ist es, den aufrechten Stand durch mechanisches Stützen des Rumpfes zu ermöglichen, über die Gelenke und Bandscheiben die Beweglichkeit des Rumpfes sicherzustellen und das Rückenmark und die Nervenwurzeln zu schützen Durch eine Beschreibung der anatomischen Veränderungen lassen sich die Ursachen und die Symptome von Kreuzschmerzen verstehen. Der unspezifische Kreuzschmerz wird von spezifischen Kreuzschmerzen unterschieden und letztendlich können Maßnahmen besprochen werden, wie ein Patient auf Kreuzschmerzen reagieren sollte. Wann genügt ein Besuch beim Hausarzt, wann sollte ein Facharzt für Orthopädie aufgesucht werden und wann sollte ein Spezialist für Wirbelsäulenoperation zu Rate gezogen werden? Beim plötzlichen Auftreten von Schmerzen an der Wirbelsäule genügt häufig eine Vorstellung beim Hausarzt. Sollten die Schmerzen trotz einer eingeleiteten Schmerzbehandlung nach 1-2 Wochen weiter bestehen, empfehle ich das Aufsuchen eines Facharztes für Orthopädie. Dieser nimmt weitere Therapien und/oder Untersuchungen vor und weist dann in der Regel an den Wirbelsäulenchirurgen zu. Beim Auftreten von Lähmungen sollte unbedingt ein Wirbelsäulenchirurg konsultiert werden. Es gibt so viele Patienten mit der Diagnose eines Bandscheibenvorfalls, weil das ein häufiger Befund bei einer Magnetresonanztomographie (MRT) oder einer Computertomographie (CT) ist. Während des normalen Alterungsprozesses der Wirbelsäule treten unter anderem Vorwölbungen der Bandscheiben auf. Diese Vorwölbungen können in vielen Fällen jedoch auch ohne Schmerzen auftreten. Die Magnetresonanztomographie (MRT) stellt nur die Anatomie der Wirbelsäule dar, kann aber häufig nicht zwischen schmerzhaften und nicht schmerzhaften Veränderungen unterscheiden. Es ist die Aufgabe eines geschulten Facharztes dies zu beurteilen. Nichtoperative Behandlungsmöglichkeiten beim Bandscheibenvorfall sind Schmerzmedikamente, Infiltrationen, physikalische Therapie, Heilgymnastik, Miedertherapie. Um einem Bandscheibenvorfall jedoch im Vorhinein vorzubeugen, ist oft ein Wandel der Lebensgewohnheiten bzw. des Lebensstils notwendig. Dazu zählen Dinge wie das eigene Gewicht zu reduzieren, das Rauchen einzustellen, regelmäßige Bewegung am besten im Freien sowie wirbelsäulengerechtes Heben. Der Verzicht auf das Rauchen ist besonders sinnvoll, da durch die Nikotinwirkung die Bandscheiben schlechter mit Nährstoffen versorgt werden und die wichtige Streckmuskulatur der Wirbelsäule schlechter durchblutet wird. Dies begünstigt eine schnellere Alterung der Bandscheiben und chronische Schmerzen. Regelmäßige Kräftigung der Rumpfmuskulatur ist von Vorteil, da eine trainierte Rumpfmuskulatur Kräfte gegen die Wirbelsäule abfangen und somit schmerzhafte Überlastungen verhindern kann. Ausdauertraining erhöht die Fitness, das subjektive Wohlbefinden und hebt die Schmerzschwelle entscheidend. Die Wirbelsäule schonende Sportarten sind beispielsweise Schwimmen, Radfahren, Nordic Walking, und Langlaufen. Belastend sind hingegen beispielsweise leistungsmäßiges Geräteturnen schon in frühen Jahren, Gewichtheben, Windsurfen oder Rudern. Wie kann man sich jeden Tag schonend für die Bandscheiben verhalten? Unnötiges Heben von schweren Lasten sowie langes Sitzen sollte vermieden werden. Das Einlegen von regelmäßigen Pausen bei Bürotätigkeit sowie die tägliche Wirbelsäulengymnastik sind hingegen ratsam. Richtiges Heben Strecken der Lendenwirbelsäule, in die Knie gehen, Heben der Last nahe am Körper. Wenn konservative Behandlungen ohne Erfolg bleiben sollte, man einen Wirbelsäulenchirurg aufsuchen. Ihm obliegt die Entscheidung, ob eine Operation sinnvoll ist. Unumgänglich wird eine Operation dann, wenn Lähmungen mit einer Funktionsstörung einhergehen. Gegenseitige Beeinflussung Von Kreuzschmerz und Psyche Ein lange bestehender Schmerz beeinträchtigt das Wohlbefinden, führt zu Gereiztheit, Verstimmung und kann zu Depressionen führen. Bei schlechter Stimmungslage ist das Schmerzempfinden generell verstärkt. Das Verständnis der Vorgänge an der Wirbelsäule soll helfen, Ängste, welche in Verbindung mit Kreuzschmerzen auftreten können, im Keim zu ersticken. Durch eine Wirbelsäulenbewusste Lebensweise können Schmerzen und Arztbesuche vermieden werden. Weitere Informationen: OA Univ.-Doz. Dr. Wolfram Brodner Landeskrankenhaus Krems, Orthopädische Abteilung Mitterweg 10, 3500 Krems Tel.: 02732/804-2601, e-Mail: [email protected]