Instrumentalisierungsverbot des Menschen ist prinzipiell - Stammzellgesetz darf nicht aufgeweicht werden Rede von Monika Knoche, 14. Februar 2008 Monika Knoche (DIE LINKE): Mit überwältigender Mehrheit wurde 2002 in diesem Haus kein Zweifel daran gelassen, dass der menschliche Embryo Menschenwürde hat, dass er nicht verfügbar ist. Hat, ja kann sich an dieser grundlegenden Menschenrechtsfrage in nur sechs Jahren etwas ändern? Kann nach Maßgabe unserer Verfassung nach Moral und Ethik in der Fortpflanzungsmedizin und Forschung die Antwort heute anders ausfallen? Ich meine, nein. Das prinzipielle Instrumentalisierungsverbot des Menschen, die Zweckfreiheit seiner Existenz, ganz egal wie und wo sich sein Leben zeigt, darf nicht zur Disposition gestellt werden. Das Verbot fremdnütziger Forschung als Tabu ist für mich das wertvollste zivilisatorische Gut, das wir aufgrund historischer Erfahrungen haben, weshalb wir sagen können: Die Forschungsfreiheit ist von Verfassungsrang, sie findet ihre Grenze im Vorrang der Menschenwürde. Ich möchte es klar sagen: Der frühe Mensch, um den es hier geht, ist ohne Schwangerschaft und Geburt in die Welt gebracht. Er ist erzeugt worden. Er ist nicht gezeugt. Und weil er nicht durch den Körper einer Frau geschützt ist, machen Forscher ihn sich nutzbar, nützlich für Zwecke, die nicht im Lebensinteresse des Embryos liegen. Er soll zum Ding, zur Sache erklärt werden, damit man aus ihm ein Produkt machen kann. Erzeugt, um zerstört zu werden. Damit ist die gewaltsame Beendigung eines menschlichen Lebensprozesses zur Voraussetzung für einen ganzen Forschungszweig geworden. Mir ist wichtig, zu sagen: Auch wenn sich der Embryo in seinem Entwicklungsstadium noch nicht als menschliches Gegenüber zeigt, so hat er doch die volle aus ihm selbst kommende Kraft, sich als Mensch zu entwickeln und genau die Person zu werden, die normalerweise geboren wird. Es gibt aus meiner Sicht keine Möglichkeit, ihn von der Zugehörigkeit zur Menschheit auszuschließen. Wer sagt, der Embryo sei nur dann ein Mensch, wenn er die Gebärmutter erreicht und zu lebensfähiger Reife gelangt, sieht über die Anthropologie und die Menschenrechtsphilosophie unserer Verfassung hinweg. Ich trete für die Unverfügbarkeit des menschlichen Embryos ein und sage dennoch Ja zur Stammzellforschung. Ein humanistisches Verständnis der Humanmedizin schließt die Suche nach Therapiemöglichkeiten ein, die für körpereigenes Gewebe und das Geheimnis der Selbstheilungskräfte Forschung braucht. Mit der Reprogrammierung und den Erfolgen der adulten Stammzellforschung beispielsweise sind vorzeigbare Erfolge vorhanden. Diese Wege sollten wir in Deutschland weiter beschreiten. Der Wissensgewinn und das Gerieren von neuen Therapien sollen sich in den ethisch-moralischen Grenzen vollziehen, die durch das Stammzellgesetz von 2002 gezogen sind. Nicht diejenige ist forschungsfreundlich, die der Forschung gibt, was sie verlangt, und die gesetzgeberischen Nachschub liefert, wann immer er eingefordert wird. Wer heute eine Veränderung oder gar Aufhebung der Stichtagsregelung vornehmen will, sagt nichts anderes, als dass er in die Embryonenerzeugung für Forschungszwecke einwilligt. Das ist nicht im Geiste des sogenannten Kompromisses von 2002. Denn die Initiatorinnen und Initiatoren haben die Einführung des Stichtags damit begründet, dass zum Zweck der Forschung kein einziger weiterer Embryo zerstört werden soll. Und niemand kann heute ernsthaft in Abrede stellen, dass bei weltweiten Begehrlichkeiten der Forschung Frauen zu Eizelllie-ferantinnen gemacht werden. Ihre Fruchtbarkeit wird in den Dienst fremdnütziger Forschung gestellt. Mit der embryonalen Stammzellforschung ist eine neue Menschenrechtsfrage und eine neue Frauenfrage aufgekommen, wie es sie in der Menschheitsgeschichte nie gab. Ich plädiere für die Beibehaltung der Rechtslage.