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Erster Teil
Stellung und Aufgaben der Hochschule
Erster Abschnitt
Grundlagen
§1
Geltungsbereich
I. Dieses Gesetz gilt für die Hochschulen des Landes Thüringen (Hochschulen des Landes) und für
die nichtstaatlichen Hochschulen.
II. Hochschulen des Landes sind
1.
die Medizinische Hochschule Erfurt,
neu 1. gemäß Art. 1 Nr. 1 Gesetz .... v. 23.12.1993 (GVBl. S. 889) "die Universität Erfurt"
2.
die Pädagogische Hochschule Erfurt/Mühlhausen
neu 2. gemäß Art. 1 Nr. 2 Gesetz .... "die Pädagogische Hochschule Erfurt"
3.
die Technische Universität Ilmenau
4.
die Friedrich-Schiller-Universität Jena
5.
die Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar
neu 5. gemäß Art. 1 Nr. 5 Gesetz .... "die Bauhaus-Universität Weimar"
6.
die Hochschule für Musik "Franz Liszt" Weimar
7.
die Fachhochschule Jena
8.
die Fachhochschule Erfurt
9.
die Fachhochschule Schmalkalden.
III. Die Errichtung, die Zusammenlegung und die Aufhebung von Hochschulen des Landes erfolgt
durch Gesetz.
IV. Nichtstaatliche Hochschulen sind die Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Maßgabe
dieses Gesetzes staatlich anerkannt sind.
Anmerkungen
Allgemeines:
Die Kompetenz des Landesgesetzgebers zum Erlaß eines Hochschulgesetzes beruht auf Art. 70 I
GG, demzufolge die Länder das Recht der Gesetzgebung haben, soweit das Grundgesetz nicht dem
Bund Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. Auf dem Gebiet des Hochschulwesens hat der Bund gem.
Art. 75 Nr. 1a die Kompetenz für den Erlaß von Rahmenvorschriften. Danach kann der Bund "die
allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens" regeln. Dies ist durch das Hochschulrahmengesetz
vom 26. Januar 19761 in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. April 1987 2 geschehen. Die
Kompetenz des Bundes, Rahmenvorschriften zu erlassen, bedeutet nicht, daß der Bund den
entsprechenden gegenständlichen Bereich voll durchregeln darf. Zwar können nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als Rahmenvorschriften auch bis ins einzelne
gehende Bestimmungen vom Bund erlassen werden. Es muß aber ein hinreichend großer Bereich
übrig bleiben, in dem die Länder von ihrem insoweit weiterhin konkurrierenden Gesetzgebungsrecht
aus Art. 70 I GG Gebrauch machen können.3
Obwohl in dieser Hinsicht bereits während des Gesetzgebungsverfahrens Klarheit bestand, wurde die
Tragweite der entsprechenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes dennoch streitig, weil lediglich
eine Rahmengesetzgebungskompetenz über allgemeine Grundsätze in Art. 75 Nr. 1a GG vorgesehen
ist.4 Insofern liegt eine doppelte Einschränkung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes vor. Er
1 BGBl. 1976 I, S. 185.
2 BGBl. I S. 1170.
3 BVerfGE 7, 29 (41 f.); 36, 193 (202); vgl. näher unten bei Fn. 7.
4 Vgl. zu dieser Diskussion H. Walter, in: Hailbronner (Hrsg.) HRG, § 1 Rn. 2 f.; zu weiteren Gesetzgebungskompetenzen des
Bundes, die die Hochschulen betreffen können, vgl. Krüger, HWissR I, S. 158 f.
§ 1 Allg. S. 2
darf nur den Rahmen des Hochschulwesens regeln und ist dabei auf Grundsätze beschränkt.
5Dennoch hat sich in der praktischen Umsetzung eine bundesfreundliche Position durchgesetzt.
Streitig war auch, ob der Bund durch seine Hochschulgesetzgebung unmittelbar geltendes Recht
erlassen könne. In dieser Hinsicht konnte sich der Bundesrat dahingehend durchsetzen, daß das
HRG weitgehend lediglich Anweisungen an den Landesgesetzgeber enthält, denen dieser bei seiner
Regelung des Hochschulrechtes unterworfen ist. 6 Grundsätzlich gelten die Vorschriften des HRG
also erst in Gestalt der Umsetzung durch das THürHG.
Dies schlägt sich in § 1 Satz 2 HRG dadurch nieder, daß das Gesetz nicht für die Hochschulen der
Länder "gilt", sondern sie nur "betrifft". Anders gewendet „gilt“ das HRG also nicht unmittelbar für die
Hochschulen, sondern nur für die Länder. Deutlich kam dies in der ersten Fassung des HRG zum
Ausdruck, dessen § 72 Abs. 1 lautete: „ Innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes
sind den Vorschriften der Kapitel 1 bis 5 entsprechende Landesgesetze zu erlassen; § 48 Abs. 2 und
§ 51 gelten unmittelbar.“ Daran hat sich trotz mancher Novellierung des HRG grundsätzlich nichts
geändert. Dennoch ist es nicht immer leicht, Vorschriften, die nur jenen Rahmencharakter i.e.S.
aufweisen, von solchen zu unterscheiden, die unmittelbar gelten. Das liegt daran, daß das HRG auch
Vorschriften enthält, für die der Bund sich auf andere Gesetzgebungstitel stützen konnte. So beruhen
z.B. die §§ 57a bis 57b und § 70 Abs. 6 HRG nicht auf der Hochschulrahmenkompetenz, sondern auf
Art. 75 Nr. 1 bzw. auf Art. 74 Nr. 12 GG.7
Weitere Ausnahmen vom Rahmencharakter sind die Regelungen des § 32 Abs. 3 Nr. 1 HRG über die
Vergabe von Studienplätzen. Sie sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
unmittelbar anwendbar, weil sie zu ihrer Anwendung nicht unbedingt besondere ländergesetzliche
Ausfüllungsnormen erfordern8. Dies hat das Bundesverfassungsgericht für unbedenklich erachtet.9
Zwar hat es ausdrücklich darauf hingewiesen, daß bei Erlaß von Rahmenvorschriften nur für einzelne
Teile einer Gesetzgebungsmaterie auch eine Vollregelung mit unmittelbarer Wirkung getroffen werden
darf, und es hat eine solche einheitliche Regelung an die Voraussetzung gebunden, daß ein
besonders starkes und legitimes Interesse an der Einheitlichkeit besteht. Es muß hinzukommen, daß
diese Einzelregelungen den Landesgesetzgebern im Gesamtzusammenhang des Gesetzeswerkes
noch Spielraum lassen.10
Von derartigen Ausnahmen abgesehen, ist Hochschulrecht aber auch künftig kein Bundesrecht. Das
hat über die Kompetenzverteilung auf Bundes- und Landesgesetzgeber hinaus z. B. Bedeutung für
den Rechtsschutz in verwaltungsgerichtlichen Verfahren, weil die Revision zum
Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich nur auf die Verletzung von Bundesrecht gestützt werden
kann11. Wenn das Bundesrecht nicht unmittelbar zwischen den Streitparteien wirkt, sondern nur
zwischen Bund und Ländern gilt, wird eine landesrechtliche Vorschrift nicht dadurch revisibel, daß
dieser Rechtsverstoß thematisiert wird.12
Das Verhältnis des Rahmenrechtes zum umsetzenden Landesrecht müßte eigentlich dazu führen,
daß Art. 31 GG, demzufolge "Bundesrecht Landesrecht bricht", keine Anwendung finden kann.13
Es besteht lediglich die Verpflichtung der Länder, bundesrechtsgemäße Rechtsvorschriften zu
erlassen bzw. bundesrechtswidrige Vorschriften zu beseitigen bzw. anzupassen. Das
Bundesverfassungsgericht hat sich allerdings ohne jede Begründung veranlaßt gesehen, bei einem
Verstoß gegen § 39 Satz 1 HRG (personalisierte Verhältniswahl) die entsprechende Vorschrift des
Landesrechts für nicht nur unvereinbar mit dem HRG, sondern darüber hinausgehend für nichtig zu
erklären.14
5 Daraus sind sehr verschiedene Schlußfolgerungen hinsichtlich der zulässigen Regelungsdichte gezogen worden; vgl. Kunig,
GGK, Art. 75, Rn. 20 ff. m. N. aus Literatur und Rechtsprechung.
6 a. A. Dallinger, DUZ 1976, S. 36 f.; vgl. auch Hall, JuS 1976, S. 267.
7 Vgl. Krüger, HdbWissR I, S. 158 f., 16o f., 163 - 168.
8 Vgl. dazu §§ 66, 67.
9 BVerfGE 43, 291 (343).
10 BVerfGE a.a.O. m.w.N. Diese Grundsätze hat das BVerfG später erneut betont; vgl. BVerfGE 66, 270 (285); 66, 291 (307).
11 § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO.
12 So auch Walter, a. a. O. Rn. 7; Lüthje, in: Denninger, HRG, § 1 Rn. 2; offengelassen von BVerwG NJW 1976, S. 1365.
13 Vgl. Bernhardt, in: Bonner Kommentar, Art. 31 Rn. 23, Evers, in: Bonner Kommentar, Art. 37 Rn. 22; Maunz, in:
Maunz/Dürig, Art. 37 Rn. 55; Walter, a.a.O., Rn. 8.
14 BVerfGE 66, 270 (285); 66,291 (307).
§ 1 Allg. S. 3
Nach Inkrafttreten des ThürHG hat die ThürVerf insbesondere in Gestalt von Art. 27 u. 28
landesverfassungsrechtliche Regelungen getroffen, die die Hochschulen betreffen.15
15 Vgl. dazu Einleitung, 4 b, sowie Anm. zu § 3 Allg.
§ 1 I S. 4
I.
Zu Abs. 1:
Mit den Hochschulen des Landes, den staatlichen Hochschulen, 16 umschreibt die Vorschrift
den sachlichen Geltungsbereich des Hochschulgesetzes, der in Abs. 2 durch Enumeration
näher bestimmt wird. Andere vom Land getragene Hochschulen 17 fallen danach nicht in den
Regelungsbereich des Gesetzes. Deshalb gilt es auch nicht für die
Verwaltungsfachhochschulen, die ihre Regelung im Thüringer
Verwaltungsfachhochschulgesetz finden18, welches nun auch für die Fachhochschule für
öffentliche Verwaltung, Fachbereich Polizei gilt19. Da das Gesetz nur für die Hochschulen des
Landes Thüringen gelten soll, fielen etwa zu errichtende Hochschulen des Bundes nicht in den
Geltungsbereich des Gesetzes. Das folgt aber auch schon aus kompetenzrechtlichen
Erwägungen, denn der Bund dürfte Hochschulen, wie etwa die der Bundeswehr, nur errichten
und einrichten, soweit ihm dafür die Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenz zustünde.
Jenseits der in Abs. 2 aufgezählten Hochschulen gilt das Gesetz nur für die nichtstaatlichen
Hochschulen,20 unter denen das Gesetz entgegen dem landläufigen Sprachgebrauch nicht etwa
alle privaten Hochschulen versteht, sondern nach der Legaldefinition des Abs. 4 nur solche
Einrichtungen des Bildungswesens meint, die staatlich anerkannt sind. Es gilt also nicht für
Hochschulen in privater Trägerschaft, die nicht staatlich anerkannt sind.
Derartige Hochschulen sind zulässig und dürfen auch den Begriff „Hochschule“ in ihrem
Namen führen, da das ThürHG den Begriff Hochschule nicht für die staatlichen und staatlich
anerkannten Hochschulen reserviert. Art. 28 Abs. 2 ThürVerf enthält insofern über das GG
hinausgehend ein spezielles Freiheitsrecht,21 das das private Gründen und Betreiben von
Einrichtungen im tertiären Bildungs- und Ausbildungsbereich garantiert. Damit ist, solange der
Gesetzgeber keinen Gebrauch von der Schrankenregelung des Art. 28 Abs. 4 ThürVerf
gemacht hat, auch das Recht verbunden, eine solche Einrichtung Hochschule zu nennen.22
Auf den ersten Blick könnte man meinen, daß das Gesetz in allen seinen Teilen und in jeder
Hinsicht auf die nichtstaatlichen Hochschulen i.S.d. Abs. 4 anzuwenden wäre. Daß dies aber so
nicht gemeint sein kann, ergibt sich schon aus § 113 Abs. 1 Nr. 6, derzufolge die Mitglieder und
Angehörigen der nichtstaatlichen Hochschule an der Gestaltung des Studiums in sinngemäßer
Anwendung der Grundsätze dieses Gesetzes mitwirken. Das Gesetz geht also davon aus, daß
die Bestimmungen über die Mitwirkung erst für anwendbar erklärt werden müssen. Diese
Vorschrift wäre überflüssig, wenn das ThürHG insgesamt auf die nichtstaatlichen Hochschulen
angewendet werden sollte. Abs. 1 kann also nur so verstanden werden, daß das ThürHG - in
gewissen Teilen, nämlich insbesondere in Gestalt von §§ 113 - 116 - auch Rechtssätze für
nichtstaatliche Hochschulen enthält. Nur insofern gilt das ThürHG auch für die nichtstaatlichen
Hochschulen i. S. v. Abs. 4.
Vermittelt wird diese Geltung über die Rechtsfolgen, die sich aus den auf §§ 114, 115
Entscheidungen des Ministeriums ergeben, die vor allen Dingen die Gleichwertigkeit der
Lehrleistungen und der Prüfungsanforderungen im Auge haben müssen. Obwohl das Gesetz
also nicht etwa pauschal Geltung für die nichtstaatlichen Hochschulen beansprucht, werden
die nichtstaatlichen Hochschulen in die Hochschulkonferenz gem. § 8 Abs. 3 einbezogen.
Obwohl sie nicht Einrichtungen des Landes selbst sind, werden sie auf diese Weise an der
16 So ausdrücklich § 1 BayHG.
17 Die Legaldefinition „Hochschulen des Landes“ ist nicht recht geglückt, weil es jenseits der in Abs. 2 aufgezählten
Hochschulen weitere Hochschulen gibt, die vom Land getragen werden.
18 Thüringer Gesetz über die Verwaltungsfachhochschule (Thüringer Verwaltungsfachhochschulgesetz - ThürVFHG -) v.
23.3.1994, GVBl S. 313.
19 Vgl. § 7e ThürPOG, GVBl 1997, S. 422.
20 Vgl. zum Begriff allgemein Lorenz, in: Hailbronner, HRG, § 7o, Rn. 3; zum ähnlichen Begriff „Privathochschule“ Krüger,
HdbWissR I, S. 225 f.
21 Art. 5 Abs. 3 GG gilt zwar auch für die Wissenschaft außerhalb der staatlichen und staatlich anerkannten Hochschulen,
enthält aber nicht die Garantie der Organisationsform Hochschule (offengelassen von BVerwG, DÖV 1979, S. 750). Auch die
Privatschulgarantie von Art. 7 Abs. 4 GG erstreckt sich nicht auf den Hochschulbereich; h.M. vgl. BVerfGE 37, 314 (320);
Maunz, in: Maunz/Dürig, Art. 7, Rn. 9; von Mangoldt/Klein, Kommentar, 2. Aufl. 1957, Anm. VI 3. (S. 293); Krüger, HdbWissR I
S. 225; Lorenz, HdbWissR I, S. 1163 m.w.N. zum Meinungsstand. Das Recht, Bildungseinrichtungen im Tertiärbereich zu
betreiben, dürfte aber in Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 2 Abs. 1 GG verankert sein.
22 Für die Bezeichnungen „Universität“ und „Fachhochschule“ haben §§ 2 BwUG, 2 BwFHschG ein Zustimmungserfordernis
eingeführt.
§ 1 I S. 5
Hochschulentwicklungsplanung des Landes beteiligt und erhalten zumindest Gelegenheit zur
Stellungnahme zu Regelungen, die den Hochschulbereich insgesamt betreffen 23.
Vom ThürHG werden also bewußt nicht alle Einrichtungen erfaßt, die sich als Hochschulen
bezeichnen. Insbesondere auf privatrechtlich organisierte Einrichtungen des Bildungswesens,
die nicht die staatliche Anerkennung gemäß § 113 gefunden haben, ist das ThürHG nicht
(unmittelbar) anzuwenden. Eine Art. 28 Abs. 2, 3 ThürVerf folgende ausdrückliche Regelung,
daß Hochschulen in privater Trägerschaft insbesondere in Trägerschaft von Kirchen und
anderen Religionsgesellschaften zulässig sind, also eine Absage an ein staatliches
Hochschulmonopol,24 findet sich im ThürHG aber nicht. Das erklärt sich aus der Tatsache, daß
das ThürHG vor der Landesverfassung in Kraft getreten ist.
Eine Spezialvorschrift zur Regelung des Abs. 1 enthält § 127, demzufolge das PhilosophischTheologische Studium Erfurt - eine von der katholischen Kirche getragene Einrichtung - eine
staatlich anerkannte Hochschule im Sinne des § 113 ist, ohne daß es einer entsprechenden
förmlichen Prüfung bedarf.
Daß das Gesetz nur in Thüringen gilt, ergibt sich schon aus der auf das Territorium des
„Freistaates“ beschränkten Hoheitsgewalt im Rahmen des Bundesstaates Bundesrepublik
Deutschland,25 und ist nicht Regelungsinhalt der Vorschrift.
23 § 8 Abs. 3 Satz 3.
24 Einen Überblick über die Rechtslage in anderen Ländern gibt Lorenz, HdbWissR I, S. 1162, der allerdings zu Unrecht
feststellt, daß die ThürVerf sich jeder Regelung des Hochschulwesens enthalte.
25 Das verkennt Reich, BayHSchG, Art. 1 Rn. 1, für die parallele Rechtslage in Bayern. Die von ihm zum Beleg für Vorschriften,
die über Bayern hinausgreifen, genannten Art. 87 - 89 haben zwar einen ultraterritorialen Bezug, sind in ihren
Rechtswirkungen auf Bayern beschränkt. Zutreffend ist nur der Hinweis auf Art. 133 Abs. 1 Satz 1. Die dort ausgesprochene
Berechtigung, einen bestimmten Grad „im Geltungsbereich des Grundgesetzes zu führen“, ist wegen Verstoßes gegen die
Bundestreue aber grundgesetzwidrig und kann nur dadurch geheilt werden, daß die anderen Bundesländer durch eigene
Rechtsetzung (so z.B. § 27 Abs. 1 ThürHG) die Führung gestatten.
§ 1 II S. 6
II.
Zu Abs. 2:
Die Aufzählung der Hochschulen und Fachhochschulen des Landes ist abschließend. Weitere
Hochschulen des Landes (staatliche Hochschulen) können nur durch Gesetz errichtet
werden.26 Der Gesetzgeber hat deshalb konsequenterweise in § 132 a.F. die Errichtung einer
Universität Erfurt dem Erlaß eines Errichtungsgesetzes vorbehalten.
Zu diesem Gegenstand und aus weiteren Gründen wurden Inhalt und Wortlaut mehrfach
geändert. So wurde durch das Gesetz zur Errichtung der Universität Erfurt und Aufhebung der
Medizinischen Hochschule Erfurt vom 23.12.199327 in der Nr. 1 die ursprünglich dort genannte
Medizinische Hochschule Erfurt durch die Universität Erfurt ersetzt. Durch das Zweite Gesetz
zur Änderung des Thüringer Hochschulgesetzes vom 03.05.1996 28 wurde in der Nr. 2 der Name
der Pädagogischen Hochschule Erfurt/Mühlhausen durch die jetzige Bezeichnung ersetzt.
Durch dasselbe Gesetz wurde in der Nr. 5 der Name "Hochschule für Architektur und
Bauwesen" durch die Bezeichnung "Bauhaus-Universität" ersetzt. An Grundsätze der
Namensklarheit und -wahrheit, die etwa im Handelsrecht gelten, braucht der Gesetzgeber sich
nicht zu halten. Es gibt keinen dahingehende verfassungsrechtliche Pflicht.
Die Namensgebung für die verschiedenen Hochschulen hat verbindliche Wirkung für den
Gebrauch im Rechtsverkehr. Das schließt es nicht aus, daß Kurzbezeichnungen verwendet
werden. So wird im Verkehr der Hochschulen untereinander der jeweilige Namenspatron
gelegentlich weggelassen. So wird etwa die Friedrich-Schiller-Universität Jena in einer
Kurzform als Universität Jena bezeichnet. Ausgeschlossen erscheint auch nicht, daß aus
werbenden Gründen Zusätze gewählt werden. So wäre es etwa denkbar, daß die
Fachhochschule Schmalkalden sich als die Fachhochschule des Thüringer Waldes bezeichnen
würde.
26 Das Gesetz nimmt dies durch Abs. 3 ausdrücklich von der Organisationsgewalt der Regierung aus. Vgl. dazu unten Anm. zu
Abs. 3.
27 GVBl 1993, S. 889.
28 GVBl 1996, S. 49.
§ 1 III S. 7
III.
Zu Abs. 3:
Es handelt sich bei dieser Regelung um eine Vorschrift aus dem Themenkreis der sog.
Organisationsgewalt, von der nach wie vor unklar ist, inwieweit sie dem Gesetzgeber und
inwieweit sie der Regierung zusteht29. Das Gesetz hat diese Frage zugunsten des Parlaments
geklärt.
Unter verfassungsrechtlichen Aspekte stellt sich die Frage, inwieweit diese Anordnung
konstitutiv oder nur deklaratorisch ist. Da die ThürVerf keine ausdrückliche Regelung enthält,30
muß die Beantwortung der Frage aus allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsätzen
entwickelt werden.
Wenn die Organisationsgewalt als verfassungsabhängige Gewalt zu verstehen ist, dann steht
die Errichtung von Hochschulen als wesentlichen Teilen der Landesverwaltung unter einem
organisationsrechtlichen Gesetzesvorbehalt. Lediglich die Einrichtung der Behörden wäre
dann im Gefolge der durch Gesetz erfolgten Errichtung als Durchführungskompetenz der
Exekutive anzusehen. Wenn aber die Errichtung unter Gesetzesvorbehalt steht, dann auch der
actus contrarius, nämlich die von Abs. 3 genannte Aufhebung von Hochschulen. Dasselbe muß
aber auch für die Zusammenlegung gelten, weil die beiden bzw. mehreren Hochschulen jede für
sich die Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts und damit eigenständige
juristische Person aufweist. Bei jeder Zusammenlegung gehen die alten juristischen Personen
unter und es entsteht eine neue juristische Person. Es wird damit also nicht nur die Identität
der beteiligten Hochschulen wesentlich verändert, sondern es handelt sich normativ gesehen
um die Gründung oder Errichtung einer neuen Hochschule.
Würde man die Errichtung, Zusammenlegung und Aufhebung von Hochschulen als zum
Vorbehaltsbereich der Regierung gehörig betrachten, so wäre diese Vorschrift zwar konstitutiv,
gleichzeitig aber auch verfassungswidrig.
Das Bundesverfassungsgericht hat sich zur Frage der Geltung des Gesetzesvorbehalts im
Rahmen der Organisationsgewalt nur sehr zurückhaltend geäußert. Es hatte auch noch keinen
Anlaß, im einzelnen dazu Stellung zu nehmen. Die Entscheidung des Gerichts,31 derzufolge für
die Änderung von Gerichtsbezirken ein Vorbehalt des Gesetzes bestehe, läßt sich nicht
verallgemeinern, weil der allgemeine Vorbehalt des Gesetzes sich in diesem Bereich aus der
Eigenart der Maßnahme als solcher32 sowie aus allgemeinen, aus dem Grundgesetz
abzuleitenden rechtsstaatlichen Erwägungen33. ergibt. Bei diesen Erwägungen geht es vor
allen Dingen um die Interessen des Rechtsschutz suchenden Bürgers, ein Gesichtspunkt, der
jedenfalls bei der Errichtung von Hochschulen keine Rolle spielen dürfte. In einer späteren
Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht im Gegensatz zu dieser Zurückhaltung sogar
erwogen, ob der allgemeine Gesetzesvorbehalt wegen der Wesentlichkeitsdogmatik auf die
Regelung von Behördenzuständigkeiten und das Verwaltungsverfahren anzuwenden sei 34.
Die Errichtung einer Hochschule als Körperschaft des öffentlichen Rechts und damit das
Herausnehmen eines Verwaltungsbereiches aus der unmittelbaren Landesverwaltung
zugunsten einer Selbstverwaltungseinrichtung geht in seiner Bedeutung über die Regelung
einer Behördenzuständigkeit deutlich hinaus. Die Errichtung einer Hochschule als
Körperschaft des öffentlichen Rechts35 zieht für die betroffenen Bürger Rechte und Pflichten
im Rahmen von Selbstverwaltungsangelegenheiten nach sich. Dafür genügen interne
Verwaltungsvorgänge nicht36.
29 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 1988, § 21 Rn. 59 ff.
30 Obwohl der zum Zeitpunkt des Erlasses gültige § 14 Abs. 2 der Vorläufigen Landessatzung v. 7. Nov. 1990 (GBl., S. 1) der
Landesregierung die Einrichtung der Behörden zuschrieb, war auch dies keine klärende Regelung. Der Begriff der Einrichtung
ist nämlich von der Errichtung als der rechtlichen Anordnung, mit der die Entscheidung über die Schaffung eines
Verwaltungsträgers oder einer Behörde getroffen wird, zu unterscheiden (vgl. Klaus Stern, Staatsrecht II, 1980, § 41 IV 10 e,
S. 794).
31 BVerfGE 24, 155 (166).
32 So auch BVerfGE 2, 307 (316).
33 BVerfG a.a.O.
34 BVerfGE 40, 237 (249 f.).
35 Vgl. § 3 Abs. 1.
36 So auch Bull, AK-GG, 2. Aufl. Art. 86 Rn. 9.
§ 1 III S. 8
Dem trug das Gesetz auch in § 132 a.F. Rechnung, indem dort im Hinblick auf die inzwischen
errichtete Universität Erfurt von einem Errichtungsgesetz die Rede war.
IV.
Zu Abs. 4:
Es handelt sich bei Abs. 4 um eine Legaldefinition. Der Satz entfaltet also nur im
Zusammenwirken mit anderen Vorschriften Rechtswirkungen. Die Begriffsbildung erscheint
ebenso wie die der Hochschulen des Landes in Abs. 1, 2 37 als nicht recht glücklich, weil es
jenseits der staatlich anerkannten Hochschulen weitere nicht staatliche Hochschulen geben
kann.38
37 Vgl. oben Anm. zu Abs. 1 Fn. 15.
38 § 7o HRG spricht nicht von „nichtstaatlichen“, sondern nur von Hochschulen die „nicht staatlich“ sind. Im übrigen verwendet
es den Begriff der „staatlich anerkannten Hochschule“.
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