75900629 166 5/14/2016 Die atomaren Potentiale, die in der Figur eingezeichnet sind (grünen Linien) zeigen den Fall starker Überlappung. Die Summe der Atom-Potentiale ist durch die blauen Linien dargestellt. Im Fall von Überlappung sind n (r) keine Eigenfunktionen mehr. Zum Hamiltonoperator Hˆ (r) für das ungestörte Atom bei r 0 muss ein Störpotential at U (r ) addiert werden, das durch die periodische Anordnung aller Atome erzeugt wird Hˆ cr (r) Hˆ at (r) U (r) (rote Linien in Figur) und etwas verschieden sein kann von der simplen Addition der Atompotentiale Vat (r R) . Trivialerweise gilt, dass die atomaren Wellenfunktionen (r) überall dort die Schrödingergleichung mit Hˆ (r) erfüllen, wo U (r ) n cr verschwindet. Als Lösung für Hˆ cr (r) setzen wir deshalb eine Linearkombination von Wellenfunktionen an nk (r ) c kR n (r R ) . R Da Hˆ cr (r) periodisch ist, müssen nk (r ) Blochwellen sein, das heisst nk (r R ) nk (r )e ik R . Man kann zeigen (Ashcroft and Mermin, p. 178), dass nk (r ) e ik R n (r R) R eine Lösung von Hˆ cr (r) ist. Aufgrund der periodischen Randbedingungen kann die Wellenzahl k in der 1. Brillouinzone N Werte annehmen. In einer 1. Näherung nehmen wir an, dass überall dort, wo das Potential nicht Null ist, die Wellenfunktion nk (r ) genügend klein ist, damit man Störungstheorie 1. Ordnung anwenden kann. Aufgrund des Störpotentials U (r ) werden die Wellenfunktionen n (r ) durch neue Funktionen kn (r ) ersetzt und man erhält nk (r ) bn n (r R ) . R Für die Energieniveaus erhält man durch Einsetzen der 0ten-Näherung nk (r ) in 1. Näherung für die Energieeigenwerte die Gleichung Hˆ cr (r)nk (r) ( Hˆ at (r) U (r))nk (r) En (k )nk (r) . 75900629 167 5/14/2016 Durch Multiplikation von links mit dem Atomorbital n* (r ) und Integration über das Grundgebiet erhält man * n Hˆ nk dr n*Unk dr En (k ) n* nk (k )dr . at Für das 1. Integral ergibt sich A n* Hˆ nk dr E nat n* nk dr E nat n* (r ) e ik R n (r R ) . at R Daraus folgt ik R A E nat 1 e ik R n* (r ) n (r R)dr E nat (1 e (R)) . R 0 R 0 Für das 2. Integral findet man B n* (r)U (r) n (r)dr e ik R R 0 * n (r)U (r) n (r R)dr e ikR (R) . R 0 Für das 3. Integral folgt trivialerweise C En (k ) e ik R R C E n (k )(1 e * n ik R (r) n (r R)dr En (k )(1 e ikR n* (r) n (r R)) R 0 (R)) R 0 Zusammengenommen gilt A B C und man erhält für die Energiedispersion die Funktion E n (k ) E nat e ik R ( R ) R 0 1 e ik R ( R ) . R 0 Mit den Abkürzungen für die Integrale: (R ) n* (r ) n (r R )dr , n* (r )U (r ) n (r )dr (R ) n* (r )U (r ) n (r R )dr . ( ist unabhängig von R), 75900629 168 5/14/2016 Schwache Überlappung: Das Überlappintegral (R ) ist <<1 für nächste Nachbarn. Für weiter entfernte Nachbarn ist (R ) völlig vernachlässigbar, da die Wellenfunktionen exponentiell abnehmen. Deshalb kann man den Nenner vernachlässigen und man erhält E n (k ) E nat e ik R (R) , NN wobei NN = nächste Nachbarn bedeutet. Wenn die Gitterperiode a geht, geht E n (k ) E nat . Da nur der letzte Term von k abhängt, wird die Breite des Energiebandes umso grösser, je stärker die Orbitale benachbarter Atome überlappen. Beispiel: s-Band eines kfz-Gitters: Die 12 nächsten Nachbarn sind an den Positionen a2 (1,1,0) a2 (0,1,1) a2 (1,0,1) . Da die s-Funktionen kugelsymmetrisch sind (hängen nur von r ab), sind die Integrale und für jedes benachbarte Atom äquivalent, sodas man (R) 0 setzen kann. Damit erhält man für die Energie E n (k ) E n 4 0 cos( 12 k x a) cos( 12 k y a) cos( 12 k y a) cos( 12 k z a) cos( 12 k z a) cos( 12 k x a) , wobei a die Kante der flächenzentrierten Elementarzelle bedeutet. Für eine Diskussion dieser Bänder siehe Übungsserie 20, Aufgabe 1. Aufgrund der Tatsache, dass der Kristall stabil ist, muss U (r ) 0 sein. Damit sind die Konstanten und 0 positiv, was einer Erniedrigung der Energie E n (k ) in Bezug auf En entspricht. Man sieht sofort, dass mit zunehmendem Überlapp die Bandbreite W zunimmt: W 16 0 entlang [100] und W 12 0 entlang [111]. Die Berechnung von p-Bändern ist wegen der (2l 1) - fachen Entartung der Bänder bezüglich der Quantenzahl l viel schwieriger. Siehe zum Beispiel “Electronic Structure and the Properties of Solids” by Walter A. Harrison (1979). 75900629 169 5/14/2016 5. Halbleiter Halbleiter sind Festkörper mit einem Bandgap der Grössenordnung 1 eV. Die elektrische Leitfähigkeit bei 300 K liegt zwischen denen eines Metalls und eines Isolators: 10 12 1 -1cm -1 . Sie kann durch geziehlte Zugabe von Fremdatomen (Dotierung) über viele Grössenordnungen variiert werden. Beispiele: Ge, Si, GaAs, AlGaAs, GaP, GaN, InSb, InP, ZnSe, Polyazetylen Fast alle Halbleiterbauelemente bestehen aus Silizium. Si wird aus Quarzsand und Kohle hergestellt: 1. SiO2+2CSi+2CO: Reinheit ca. 98% 2. Destillation mit Trichlorsilanprozess: Si+3Cl+HSiHCl3 SiHCl3+H2Si+3HCl (Rohsilizium) 3. Czochralski-Ziehverfahren: ca. 10 cm/Stunde Grösse der gezogenen Kristalle: 2 m lang, bis 30 cm Durchmesser (Wacker, Burghausen). Si hat Diamantstruktur mit der Gitterkonstanten a 5.431 Å. Für Ge ( a 5.658 Å ) wird ein ähnliches Herstellungsverfahren verwendet. Der erste Transistor wurde mit Ge gebaut. Weitere Anwendungen von Halbleitern: Optoelektronik: III-V Halbleiter wie GaAs ( a 5.654 Å ) and AlGaAs Laser: InP, InGaAsP ( 1.55 Å) Blaue Leuchtdioden: ZnSe 75900629 170 5/14/2016 5.1. Bandstruktur Wir haben bereits einige Aspekte der Bandstruktur von Ge, Si und GaAs im Zusammenhang mit optischen (direkten/indirekten) Übergängen und Fermiflächen (Zyklotronresonanz) diskutiert. Pro Elementarzelle sind zwei Atome vorhanden. Die vier Valenzbänder sind voll besetzt mit 4 (Si: 3s23p2, Ge: 4s24p2) beziehungsweise 3 + 5 (GaAs) Elektronen. Die Bandbreite der Valenzelektronen in Si beträgt ca. 12 eV und die indirekte Bandlücke ca. 1.1 V. schwere Löcher Split-off Band leichte Löcher schwere Löcher Valenzbänder W = 12 eV leichte Löcher L [111] X [100] Wichtig für die elektronischen Eigenschaften sind die Zustandsdichten und Massen an den Bandkanten. In deren Nähe kann die Dispersionsrelation durch Parabolas angenähert werden: Löcher: Elektronen: k x2 k y2 k z2 m* m* m* y z x 2 2 k 2 ky k 2 E L (k ) E L x* * z* . 2 m x m y m z 2 EV (k ) EV 2 Die Massen sind hier als positive Grössen definiert. 75900629 171 5/14/2016 Im Beispiel von Si hat man: leichte Löcher: grosse Krümmung: pp-Bindung; starke, bindende Wechselwirkung grosse Bandbreite schwere Löcher: kleine Krümmung: pp-Bindung; schwächere Wechselwirkung split-off Band: entsteht aus dem Band schwerer Löcher wegen der Spin-Bahn Kopplung, hängt von der Stärke der Kopplung ab. Merke: p-Bänder haben l 1 . Je grösser die Kernladungszahl Z ist, desto grösser (in Si: 44 meV, in Ge: 290 meV): Z 2 . In Si sind das schwere Löcher Band und das splitt-off Band kaum unterscheidbar. L +Ze Kreisstrom erzeugt durch e- Elektronen im Leitungsband: Wir haben gesehen, dass die Fermifläche durch sechs Ellipsoide gegeben ist, die für die relevanten Zustände innerhalb der 1. Brillouinzone liegt. Das Minimum liegt nicht beim -Punkt. In der folgenden Diskussion gehen wir von isotropen, effektiven Massen und setzen m* (m*x m*y m*z )1 / 3 . Wir vernachlässigen auch das Vorhandensein mehrerer Bänder. 5.2. Eigenhalbleiter (intrinsic semiconductor) In der folgenden Figur sind die relevanten Energien zur Berechnung der Ladungsträgerkonzentration eingezeichnet. Wir haben willkürlich die Oberkante des Valenzbands als Energienullpunkt EL 0 gewählt. Es ist üblich, auf der Abszisse symbolisiert den Ort der Ladungsträger (= Wellenpaket) anzudeuten. 75900629 172 5/14/2016 E EL Eg EF EV 0 x Für die Eigenwertdichte im Leitungsband erhält man: 2me* L (E) (2 ) 2 2 1 3/ 2 E EL . Die Fermifunktion ist gegeben durch 1 Fe ( E ) e E k BT . 1 Die Eigenwertdichte im Valenzband ist gegeben durch: 2me* V ( E ) (2 ) 2 2 1 3/ 2 EV E . Die Fermifunktion für die Löcher lautet (Wahrscheinlichkeit für “kein” Elektron) 1 F p ( E ) 1 Fe ( E ) 1 e E k BT 1 1 . E e k BT 1 Somit erhalten wir für die Anzahl der Leitungselektronen pro Volumeneinheit 2me* n (2 ) 2 2 2 2/3 E Eg Eg 1 e ( E ) / k BT 1 dE und für die Löcher 2m*p p (2 ) 2 2 2 2/3 0 E 1 e ( E ) / k BT 1 dE . 75900629 173 5/14/2016 Die folgende Figur zeigt i (E ) , Fi (E ) und die Verteilungsfunktion (violet) für Elektronen und Löcher bei endlicher Temperatur. 2.0 Besetzungswahrscheinlichkeiten Zustandsdichten 1.5 e(E) F(E), () p(E) 1.0 Fe(E) Fp(E) 0.5 0.0 EV EL File Halbleiter.opj Energy Da bei Raumtemperatur die Bandlücke E g k B T ist, kann die 1 im Nenner der Fermifunktion vernachlässigt werden ( Boltzmannfunktion) und man erhält für die Anzahl der Ladungsträger 2me* n (2 ) 2 2 2 3/ 2 E Eg e ( E ) / k BT Eg m*k T dE 2 e B2 2 3/ 2 e ( E g ) / k BT und 2m*p p (2 ) 2 2 2 3/ 2 Ee ( E ) / k BT Eg m*p k BT dE 2 2 2 3/ 2 e / k BT . Für einen perfekt reinen Kristall stammen alle Elektronen im Leitungsband aus dem Valenzband, i.e. der Kristall ist neutral. Also muss gelten n p. . Daraus folgt: n me* 1 p m*p 3/ 2 e ( 2 E g ) / k BT Eg 2 m* 3 k BT ln *p . 4 me 75900629 174 5/14/2016 E EL me < mp me = mp me < mp EV Eg EF 0 T Für gleiche Massen liegt E F in der Mitte zwischen Valenz- und Leitungsband. Sonst wird E F bei endlicher Temperatur in Richtung des Bands mit der leichteren Masse verschoben. Vergleiche dieses Verhalten mit dem Gas von entarteten Teilchen bei dem E F , oder genauer , mit zunehmender Temperatur abnimmt. Beachte, dass in der Diskussion von Halbleitern oft nicht zwischen dem chemischen Potential und E F unterschieden wird. m* k T Weiter erhalten wir mit N e 2 e B2 2 3/ 2 m *p k BT und N p 2 2 2 3/ 2 3 n np 4(m m ) 2 i * e * 3/ 2 p k BT Eg /(k BT ) N e N p e ( EL EV ) / k BT . e 2 2 Dieser Ausdruck entspricht dem Massenwirkungsgesetz. ni nennt man die intrinsische Ladungsträgerdichte. Zusammen mit ni n p folgt hieraus für die Konzentration der Ladungsträger des Eigenhalbleiters (RT: N eSi 2.8 1019 cm 3 , N pSi 1.04 1019 cm 3 ) ni n p N e N p e E g /( 2 k BT ) Beachte, dass die Dichten n und p unabhängig von E F sind. Beispiele für Energielücken bei Raumtemperatur: Material E g (eV) ni (cm-3) Ge Si GaAs Diamant (kein Halbleiter!) 0.67 1.12 1.43 5.4 2.4 1013 1.45 1010 1.79 10 6 Isolator Für die Leitfähigkeit haben wir jetzt sowohl den Beitrag von Elektronen als auch von Löchern zu berücksichtigen: 75900629 175 5/14/2016 2 ne 2 e pe p E /( 2 k T ) e g B . * * me mp Dabei haben wir beachtet, dass die Relaxationszeiten v 1 w 1 T 3 / 2 ( w ist die Stosswahrscheinlichkeit ) mit zunehmender Temperatur abnehmen: mv 2 nicht-entartetes Gas: k BT , v T 1 / 2 2 Phononenstreuung für T : w T und den Faktor T 3 / 2 im Ausdruck für n kompensieren. Die Leitfähigkeit ist damit im wesentlichen bestimmt durch die Ladungsträgerkonzentration n . Die folgende Figur illustriert schön die exponentielle Zunahme von mit der Temperatur (nach F. J. Morin and J. P. Maita, Phys. Rev. 94, 1525 (1954)). Wie man sieht, tritt bei tiefen Temperaturen ein anderer Mechanismus für die Stromleitung ein: Die Störstellenleitung, die wir im folgenden Abschnitt behandeln. -1 -1 Conductivity ( cm ) Temperature (K) StörstellenLeitung Germanium 1/T (K-1) 5.3. Dotierte Halbleiter (doped semiconductors) Die Störstellenleitung hängt sehr stark von der Reinheit des Halbleiters ab. Deshalb hat es sehr lange gedauert, bis die Leitfähigkeit von Ge und Si verstanden wurden. Man kann 75900629 176 5/14/2016 nur gezielt verändern, wenn das Ausgangsmaterial rein genug ist. Dazu waren Entwicklungen nötig auf dem Gebiet der Reinststoff-Forschung Kristallzucht, Zonenschmelzen, Ausfällen, Isotopentrennung etc. und der Nachweismethoden: chemische Analyse: 1% Spektralanalyse: bis 0.1 ppm Massenspektroskopie Neutronenaktivierung. Betrachten wir, was passiert, wenn wir 4-wertiges Si (3s23p3) oder Ge mit 5-wertigem Phosphor (3s23p2) dotieren. Es zeigt sich, dass das P ein Si ersetzt und nicht auf einen Zwischengitterplatz geht. Es beteiligen sich also 4 Elektronen des Phosphor an der kovalenten Bindung mit sogenannten sp3 Orbitalen. Si e-: antibindend + P Die an der Bindung beteiligten Elektronen von P befinden sich im Valenzband. Das antibindende, 5. Elektron hat eine höhere Energie. Es bleibt schwach gebunden zum positiv geladenen Ion, wie ein Elektron in einem Wasserstoffatom (Bethe 1941). Anhand des Modells eines Wasserstoffatoms kann die Ionisationsenergie des Elektrons abgeschätzt werden. Aufgrund der dielektrischen Eigenschaften von Si ist die Coulombwechselwirkung um abgeschwächt. Weiter muss für die Masse des Elektrons die effektive Masse der Leitungselektronen eingesetzt werden. Damit erhält man für die Energieniveaus E Dn me* e 4 m*e 1 1 13 . 6 eV . me ε 2 2(40 ) 2 n 2 Für Si ist me* / me 0.3 und 11.7 . Daraus folgt, dass die Ionisationsenergie des Elektrons E D 30 meV beträgt. Dies entspricht einer Temperatur von k BT 400 K. Das