DAS GLAUKOM bei Hund und Katze Das Glaukom (“Grüner Star”) ist die Erhöhung des inneren Augendruckes, der ab einer gewissen Erhöhung die Sehfähigkeit des Auges einschränkt bzw. zu Blindheit führen kann. Das Glaukom ist eine häufige Ursache von Blindheit bei Mensch und Tier. Um die Ursache einer Entstehung eines Glaukoms zu verstehen, muss man über die Verhältnisse im gesunden Auge Bescheid wissen: wie wird der normale Augeninnendruck aufrechterhalten ? Die Augenflüssigkeit (Kammerwasser), die im Ziliarkörper hinter der Iris produziert wird, fließt durch die Pupille in die vordere Augenkammer. Dort hat sie eine Abflussmöglichkeit im siebähnlichen Kammerwinkel am Übergang von der Kornea (Hornhaut) zur Iris (Regenbogenhaut). Querverweis auf Anatomie des Auges Die Produktion des Kammerwassers hält sich in etwa mit der Resorption die Waage, das erklärt den ziemlich gleichmäßigen Augeninnendruck von etwa 15 – 18 mmHg Das Glaukom (Erhöhung des Augeninndruckes) ist die Folge eines ungenügenden Abflusses des Kammerwassers bei gleichzeitig normaler Produktion, was zu einer Erhöhung des Augeninndruckes führt. Das Endergebnis dieser Entwicklung ist die Schädigung des Sehnerven mit Blindheit innerhalb von 1 – 2 Tagen. Es gibt zwei Gruppen von Glaukom 1. Das Primärglaukom: bei bestimmten Hunderassen, als erblich beschrieben, sehr selten. Weitwinkelglaukom (bei normal weitem Kammerwinkel): Basset, Norweg. Elchhund Engwinkelglaukom (bei verengtem Kammerwinkel): American u. Engl. Cocker Spaniel Goniodysgenesie: Sonderform bei abnormer Dysplastisches Ligamentum pectinatum (DLP) Entwicklung des Kammerwinkels = 2. Das Sekundärglaukom: wenn andere Augenerkrankungen als Auslöser dienen. Wenn andere Augenerkrankungen den normalen Abfluß des Kammerwassers behindern, wie z.b. Innere Augenentzündung (Uveitis), Linsenverlagerungen, intraokulare Tumoren und Verletzungen des Augapfels. Die ständige Erhöhung des Augeninnendruckes (IOP) beim Glaukom zerstört den Sehnerv, in dem es die Nervenimpulse blockiert. Wenn der Sehnerv einmal zerstört ist, gibt es keine Wiederherstellung der Sehkraft mehr, der Patient ist auf Dauer erblindet. Außerdem ist ein Glaukom äußerst schmerzhaft. Mit einer frühen Diagnose und einer aggressiven und zielorientierten medikamentellen oder chirurgischen Therapie kann die Sehkraft des Hundes oder der Katze erhalten werden. Ist das Auge aufgrund einer extremen Erhöhung des Augeninnendruckes einmal blind, ist das Ziel einer Therapie, das Tier schmerzfrei zu machen und ein vertretbares kosmetisches Ergebnis für ein blindes Auge zu erhalten. DIAGNOSE DES GLAUKOMS Die Diagnose eines Glaukoms beruht auf der Beurteilung der klinischen Symptome, der Messung des Augendruckes (Tonometrie) und der Befundung des Kammerwinkels (Gonioskopie) Klinische Symptome: übermäßiger Tränenfluss, ein gelber Augenausfluss, ein “rotes” Auge, ein Auge, das plötzlich bläulich erscheint, große, auf Lichtreiz nicht reagierende Pupillen, ängstliches, nervöses, schmerzhaftes Verhaltensmuster. Menschliche Glaukompatienten berichten oft von hochgradigen Kopfschmerzen. In weiterer Folge wird der Augapfel größer. Tonometrie: ist Messung des Augeninnendruckes. Verschiedene Methoden werden angewandt, darunter die Messung mit dem SCHIÖTZ Tonometer oder dem TONPEN (Applanationstonometrie). Die meistem spezialisierten Veterinärophthalmologen verwenden den genaueren Applanationstonometer (TONOPEN Bild von SCHIÖTZ TONOMETER Messung des Augeninnendruckes mit dem TONOPEN Die Gonoskopie ist eine Untersuchungstechnik, bei der der Kammerwinkel begutachtet werden kann. Dazu muss eine spezielle Linse auf die vorher schmerzfrei gemacht Hornhaut aufgesetzt werden. Diese Linse erlaubt dem Untersucher direkte Sicht auf den Kammerwinkel. Diese Untersuchungstechnik erlaubt eine Unterscheidung der Ursachen eines Glaukoms beim kranken Tier und eine Beurteilung des Glaukomrisikos anlässlich einer routinemäßigen Augenuntersuchung bei einem Patienten einer - genetisch bedingt - Glaukom-gefährdeten Hunderasse mit z.B. DPL. GONIOSKOPIE – LINSE Normaler Kammerwinkel Zu enger Kammerwinkel = Dysplastisches Lig. pectinatum BEHANDLUNG EINES GLAUKOMS Ein Glaukom ist bei Tieren sehr schwierig zu behandeln. Sie kennen sicherlich Bekannte, die an Glaukom leiden und die einige Male während des Tages einfach ein paar Tropfen ins Auge geben. Dabei haben diese menschlichen Glaukom - Patienten kaum das Problem, ihre Sehkraft zu verlieren. Ganz anders ist das bei Kleintieren, das sollte der Patientenbesitzer wissen ! I) MEDIKAMENTELLE BEHANDLUNGSMÖGLICHKEITEN DES GLAUKOMS: Nach der Diagnose „Glaukom“ muss ein Kleintier aggressiv mit Medikamenten behandelt werden, um eine Chance zur Erhaltung der Sehkraft zu haben. Ein Klinikaufenthalt wird nötig sein, weil die Augendruck senkenden Medikamente in die Vene infundiert werden. Zusätzlich werden Augentropfen ins Auge appliziert. Die Medikamente bewirken einerseits eine Steigerung des Abflusses des Augenwassers und/oder eine Verringerung der Produktion des Kammerwasser. Dazu gehören u.a. Pilocarpin, Timolol, Epinephrin bzw. Kombinationspräparate und Carboanhydrasehemmer wie z.B. TRUSOPT Wenn der Augeninnendruck medikamentell einmal reduziert werden konnte, ist ein chirurgischer Eingriff in der Folge unbedingt notwendig, denn eine Kontrolle des Augeninnendruckes mit Medikamenten alleine ist unmöglich. II) CHIRURGISCHE BEHANDLUNGSMÖGLICHKEITEN DES GLAUKOMS: A) GLAUKOMCHIRURGIE BEI ERHALTENER SEHKRAFT 1) LASER CYCLOPHOTOCOAGULATION - LASERBEHANDLUNG Abbildung Laserchirurgiegerät Die Laserchirurgie ist die Methode er Wahl bei Tieren mit Primärglaukom und erhaltener Sehkraft. Der Eingriff wird in Allgemeinnarkose vorgenommen: der Laserstrahl durchdringt das Auge im Bereich der Sklera und zerstört selektiv kleine Areale des Ziliarkörpers mit dem Ziel, die Kammerwasserproduktion zu senken. Wenn beim ersten Eingriff nicht genügend Zellmaterial zerstört wurde und der Augendruck wieder steigt, kann die Laserchirurgie wiederholt angewendet werden, bis der Augeninnendruck stabil bleibt. Sehr geeignet ist diese Methode als Präventivmaßnahme für das zweite „gesunde“ Auge eines Patienten mit einem bereits an Glaukom erblindeten Auge. So kann die Sehkraft des verbleibenden Auges mittelfristig erhalten werden. 2) CYCLOKRYOTHERMIE - KÄLTEBEHANDLUNG Abbildung Kryosonde Cyclokryothermie ist eine Kältebehandlung, die vor Jahren entwickelt wurde, die Kammerwasserproduktion im noch sehenden Kleintierauge zu reduzieren. Mit dieser Technik wird der Ziliarkörper, der das Kammerwasser produziert, durch Aufsetzen einer Kältesonde auf die Sklera teilweise zerstört. Eine bestimmte Anzahl von Kältepunkten abhängig von der Höhe des Augendruckes wird gesetzt. Nach der Operation kommt regelmäßig zu Rötungen und Schwellungen am Auge. Mögliche Komplikationen: Netzhautablösung, schwere Augenentzündungen (Uveitis), erhöhter Augeninnendruck mit folgender Erblindung, Schrumpfung des Augapfels, Katarakt (Grauer Star). Folgebehandlungen können notwendig sein. 3) VORDERKAMMER – SHUNT Abbildung Shuntventil Einige Veterinärophthalmologen empfehlen beim Glaukom die Implantation eines kleinen Ventils, das unter das Weiße des Auges eingepflanzt wird. Ein feiner Silikonschlauch wird in die Vordere Augenkammer geführt. Somit soll ein ständiger Abfluß des Kammerwassers gewährleistet sein. Während einige Augenchirurgen über Misserfolge dieser Methode berichten, weil sich der kleine Abflussschlauch mit Fibrin verstopft, können andere auf respektable Erfolge bei Anwendung dieser Technik der Glaukombehandlung verweisen B) GLAUKOMCHIRURGIE BEI NICHT ERHALTENER SEHKRAFT Abbildungen entsprechender Methoden ? 1) EVISZERATION UND IMPLANTATION EINER INTRASKLERALEN SILIKONPROTHESE Eine Technik, die ein kosmetisch befriedigendes und schmerzfreies Resultat für den Patienten verspricht, ist die Implantation einer Silikonaugenprothese. Dabei wird das Innere des Auges (Netzhaut, Glaskörper, Iris, Linse) operativ entfernt und in die verbleibende äußere Hülle eine dunkle Silikonkugel implantiert. Das äußere Erscheinungsbild und die Beweglichkeit des Augapfels bleibt erhalten. Obwohl als Komplikationen manchmal Hornhautgeschwüre oder eine gräulich schimmernde Hornhaut auftreten, ist das kosmetische Ergebnis befriedigend. Vor allem sind die Patienten schmerzfrei. 2) ZERSTÖRUNG DES ZILIARKÖRPERS DURCH INTRAVITREALE GENTAMYCIN - INJEKTION Eine andere Technik zur Senkung des Augeninndruckes ist die Injektion von Gentamycin (ein Antibiotikum) in das Auge. Dieses Medikament bewirkt in hohen Dosen eine Zerstörung des Ziliarkörpers und damit eine Senkung der Kammerwasserproduktion. Da Gentamycin auch die Netzhaut schädigt, ist eine Anwendung ausschließlich am schon erblindeten glaukomatösen Auge möglich. In Kurznarkose wird Gentamycin in den Glaskörper injiziert. Komplikationen diese Methode können eine Schrumpfung des Augapfels, ein Glaukomrezidiv und manchmal chron. Schmerzen sein. Diese Methode eignet sich daher nur für ältere Patienten, wenn andere Behandlungsalternativen nicht in Frage kommen. 3) ZERSTÖRUNG DES ZILIARKÖRPERS DURCH INTRAVITREALE CIDOFOVIR - INJEKTION Cidofovir (Vistide) ist ein antivirales Medikament, das bei der Behandlung der Cytomegalovirus bedingten Retinitis des menschlichen AIDS-Patienten Anwendung findet. Dieses Medikament wird in den Glaskörper injiziert, um seinen Virus abtötenden Effekt auszunützen. Als Nebeneffekt der Behandlung wurde bei den Patienten, die einer Vistide – Behandlung unterzogen wurden, eine Senkung des Augeninnendruckes beobachtet. Es scheint also das Medikament sozusagen als Nebenwirkung die Zerstörung eines Teils der Zellen des Ziliarkörpers zu bewirken, in dem die Kammerwasserproduktion erfolgt . Folge ist eine Reduktion der Kammerwasserproduktion. Die ersten Resultate bei der Behandlung von Glaukom beim Hund sind vielversprechend aber noch im Versuchsstadium. Im Moment besteht noch keine genaue Kenntnis über die Dosierung und die Patientenauswahl bei Anwendung dieses Medikaments. Es ist noch unklar, ob es auch beim Sekundärglaukom oder nur beim Primärglaukom angewandt werden kann. 4) ENUKLEATION Schließlich bleibt als letzte Alternative noch die chirurgische Entfernung des blinden, schmerzenden Glaukom – Auges (ENUKLEATION). Nach dem Herauslösen des Augapfels in Allgemeinnarkose wird die Haut vernäht. Wenn die Haare nachgewachsen sind, kann ein akzeptables kosmetisches Ergebnis erwartet werden. Komplikationen sind selten. Ein Vorteil dieser Enukleation ist die Möglichkeit, dass der entfernte Augapfel histo.-pathologisch untersucht werden kann. Damit lassen sich Rückschlüsse für das mögliche Risiko einer Glaukomerkrankung und eine entsprechend optimale Behandlung für das zweite „gesunden“ Auges gewinnen PROGNOSE Das Glaukom wird selten frühzeitig genug diagnostiziert, um die Sehkraft des befallenen Auges erhalten zu können. Daher wird bei der Erstuntersuchung auch das zweite „gesunde“ Auge sehr genau unter die Lupe genommen. Sehkrafterhaltende Maßnahmen hängen von einer genauen Frühdiagnose und einer frühzeitigen Therapie ab, anfangs entsprechend wirksame Glaukom – Medikamente, später möglicherweise Lasertherapie. Wichtig sind auch regelmäßige Kontrollen mit direkter / indirekter Ophthalmoskopie, Gonioskopie und Augendruckmessung, um das Augenlicht des verbleibenden Auges erhalten zu können. ZUSAMMENFASSUNG Das Glaukom bleibt eine der Hauptursachen für Blindheit beim Kleintierpatienten. Aufgrund der Natur dieser Erkrankung werden die Patienten meist erst zu einem Zeitpunkt vorgestellt, zu dem es nicht mehr möglich ist, die Sehkraft des betroffenen Auges zu erhalten. Die Behandlung des Glaukoms bei Kleintieren ist sehr schwierig. Während ca. 80% der menschlichen Glaukompatienten diese Krankheit medikamentell in den Griff bekommen, ist beim Tier die chirurgische Therapie das Mittel der Wahl. Das Ziel des Veterinärophthalmologen bei der Behandlung eines Glaukoms ist 1) die Sehkraft wenn möglich zu erhalten oder 2) die Sehkraft des zweiten Auges zu erhalten 3) das Tier schmerzfrei zu machen, wenn die Sehkraft verloren ist Ihr tierärztlicher Augenspezialist wird in Zusammenarbeit mit Ihrem Tierarzt eine Behandlung vorschlagen, die für Ihr Tier und für die Umstände die bestmögliche ist Dr.Adalbert FELLNER Kleintierklinik Ried 4910 Ried im Innkreis +43 7752 82 400 e-mail: [email protected]