www.change-pain.at Symposiumsbericht 43. Kongress für Allgemeinmedizin, 22.-24. November in Graz Besserer Umgang mit dem Schmerzpatienten Brunn am Gebirge, 5. Dezember 2012 – Anlässlich des 43. Kongresses für Allgemeinmedizin referierten und diskutierten drei Schmerzexperten in einem von Grünenthal organisierten Mittagssymposium über die wesentlichen Faktoren eines erfolgreichen Managements chronischer Schmerzen und präsentierten Vorschläge für deren Umsetzbarkeit in der täglichen Praxis. Das gemeinsame Fazit: Kommunikationsverhalten von Arzt und Patient, die mechanismen-orientierte Diagnostik und Therapie sowie sorgfältige Medikamentenauswahl sind entscheidend für eine Verbesserung von Betreuung und Behandlung chronischer Schmerzpatienten. Die Wahrnehmung von Schmerz, das Ausmaß der Belastung sowie die erlebte Schmerzlinderung und Nebenwirkung einer Behandlung sind sehr individuelle Empfindungen. „Es fehlt an der Objektivierbarkeit von Schmerzen. Das macht ihn schwer kommunizierbar. Wir sind deshalb darauf angewiesen, dass Patienten ihren Schmerz einschätzen“, sagt Prof. Dr. Michael Bach, Facharzt für Psychiatrie an der Fachklinik für Psychosomatik, Medical Park Chiemseeblick/DE und beschreibt neben dem Problem, dass für das Patientengespräch meist viel zu wenig Zeit vorhanden ist, einige häufige Fallgruben in der Arzt-PatientenKommunikation. Eine davon ist das Aneinander-vorbei-Reden. Daraus resultiert oft eine große Diskrepanz in der Beurteilung schmerzbedingter Beeinträchtigung. „In 80% der Fälle haben Ärzte den Grad der schmerzbedingten Beeinträchtigung über- oder unterschätzt“, zitiert Bach das Ergebnis einer deutschen Untersuchung1. Die Kommunikation wird weiters durch einen Widerspruch von Befund und Befinden erschwert, wenn für die vom Patienten geschilderte Schmerzsymptomatik kein objektiver diagnostischer Nachweis vorliegt. Schmerz wird häufig als rein körperlicher Vorgang wahrgenommen oder die psychische Komponente verleugnet. Dieses einseitige somatische Krankheitsverständnis des Patienten erschwert dem behandelnden Arzt ebenfalls die therapeutische Überzeugungsarbeit. „Ein weiterer bekannter Kommunikationsaspekt ist der dem Schmerz zugeordnete Bedeutungszusammenhang, das Attribuieren“, so Bach. Ein Beispiel für „externe Kausalattribution“ wäre, wenn der Schmerz z.B. auf einen Wetterwechsel zurückgeführt wird, „intern“ käme das lange Aufbleiben am Vorabend als Ursache in Frage. Der Wunsch, beim Auftreten von Schmerz die Rettung zu rufen oder zum Arzt zu gehen, entspreche einer „externen Kontrollattribution“. Beispiele für „interne Kontrolle“ seien der Entschluss, einen Spaziergang zu machen oder Musik zu hören. Gemeinsames Verständnis und Therapieziele Ein gemeinsames Verständnis ist jedoch die Voraussetzung für eine erfolgreiche, zufriedenstellende Schmerztherapie. Im Rahmen der europaweiten Initiative CHANGE PAIN, die von der Dachorganisation der europäischen Schmerzgesellschaften (EFIC) und Grünenthal ins Leben gerufen wurde, wurde deshalb eine neue Schmerzskala entwickelt. Bach: „Die neue Skala hilft Schmerzen in seiner gesamten Ausprägung zu messen, denn im Unterschied zu anderen bezieht sie erstmals auch die Erwartungen des Patienten an die Schmerzlinderung sowie den Parameter Lebensqualität mit ein.“ Damit kann ein gemeinsames, realistisches Therapieziel identifiziert und individuell festgelegt sowie der Behandlungserfolg laufend anhand objektivierter Kriterien überprüft werden. „Wir wissen aus einer Vielzahl an Studien, dass je besser die Kommunikation abläuft, desto besser ist auch das Behandlungsergebnis“, so Bach. In die gleiche Kerbe schlägt Dr. Wolfgang Jaksch, OA an der Abteilung für Anästhesie und Intensiv- und Schmerzmedizin im Wilhelminenspital Wien: „Die Vereinbarung realistischer Therapieziele mit dem Patienten ist sinnvoller als Schmerzfreiheit in Aussicht zu stellen.“ Denn völlige Schmerzfreiheit sei bei chronischen Schmerzpatienten leider eher selten erreichbar. Vielmehr geht es darum, die Schmerzlinderung und andere Dimensionen des Schmerzes wie Schlaflosigkeit, körperliche Funktion und Alltagsaktivitäten zu verbessern, um insgesamt die Lebensqualität des Patienten zu steigern. WHO-Stufenschema nicht mehr zeitgemäß? Lange Zeit wurde die Behandlung auf dem WHO-Stufenschema aufgebaut. Laut Jaksch wird es dem aktuellen Kenntnisstand nicht mehr ausreichend gerecht und sollte adaptiert werden. Jaksch macht das an einem Beispiel deutlich: „Neuropathische Schmerzen mit NSAR zu behandeln, ist falsch. Laut einer österreichischen Umfrage im Jahr 2010 ist dies aber bei 56% der Patienten der Fall. Das WHO-Stufenschema sieht zwar eine adjuvante Therapie vor, das ist wahrscheinlich aber die wichtigste. Co-Analgetika werden zu wenig eingesetzt, in vielen Fällen lässt eine Kombinationstherapie den besten Behandlungserfolg erwarten.“ Dr. Ekkehard Schweitzer, OA an der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin im Wiener Krankenhaus Hietzing bestätigt diese Einschätzung: „Evaluiert ist die Therapie nach diesem Stufenschema nur für Patienten mit tumorassoziierten Schmerzen. Akute und chronische nicht-tumorassoziierte Schmerzen erfordern teilweise ein davon abweichendes Vorgehen.“ Wichtige Aspekte sind in jedem Fall, auf die Balance von ausreichender Schmerzlinderung und akzeptablen Nebenwirkungen zu achten und von der reinen Symptomkontrolle zum mechanismus-orientierten sowie multimodalen Schmerzmanagement überzugehen. „Als Preis für die Schmerzlinderung müssen Patienten häufig erhebliche Nebenwirkungen in Kauf nehmen. Eine Reduktion der Dosis hat ein Ansteigen des Schmerzpegels zur Folge. Es muss somit die Dosierung wieder erhöht oder auf eine andere Therapie umgestiegen werden. Vor allem Patienten, die mit starken Opioiden behandelt werden, geraten oft in einen frustrierenden Teufelskreis aus unzureichender Schmerzlinderung und starken Nebenwirkungen, der schlussendlich meist zum Abbruch der Therapie führt. Jaksch: „Für die Therapieentscheidung sind die zugrunde liegenden pathophysiologischen Ursachen maßgeblicher als Symptomenkontrolle und Schmerzintensität.“ Liegt etwa eine neuropathische Komponente vor, ist der Schmerz belastender und schwieriger zu behandeln. Schätzungsweise ist zum Beispiel nur bei etwa einem Drittel der Patienten mit chronischen Rückenschmerzen die nozizeptive Komponente durch die mechanische Abnützung oder Verletzung alleinige Ursache2. Multimodale Schmerztherapie Für Schmerzpatienten hat eine Verbesserung der Lebensqualität hohe Bedeutung. Um dies zu erzielen, ist oft eine multimodale Versorgung notwendig. „Analgetika sind nur ein Teil der Möglichkeiten, die man als Schmerztherapeut zur Verfügung hat. Zusätzlich haben etwa eine aktivierende Physiotherapie, die Behandlung seelischer Probleme oder Schlafstörungen, eine psychologische oder soziale Betreuung etc. einen hohen Stellenwert“, so Schweitzer. „Die Häufigkeit von Komorbiditäten wie Depression und Schlafstörungen ist bei chronischen Schmerzpatienten ungefähr doppelt so hoch wie in der Normalbevölkerung.“ „Der Allgemeinmediziner sollte Manager der Schmerzpatienten sein“, betonen sowohl Jaksch als auch Schweitzer. „Die Überweisung bei Therapieresistenz oder von langwierigen Fällen an spezialisierte Zentren oder Ambulanzen erfolgt aber viel zu selten und oft viel zu spät.“ Über CHANGE PAIN Um die Schmerztherapie voranzutreiben und die Patientenversorgung zu verbessern, wurde von der Dachorganisation der europäischen Schmerzgesellschaften (EFIC) und Grünenthal europaweit die Initiative CHANGE PAIN ins Leben gerufen. Ärzten, Schmerzpatienten, deren Angehörigen und allen im Management von Schmerz Beteiligten oder Interessierten wird damit ein breites Experten-Netzwerk sowie ein Informations- und Servicepaket zur Seite gestellt. Kernthemen und Ziele der Initiative sind die Optimierung der Arzt-Patienten-Kommunikation, die individuell angepasste Therapie mit guter Balance zwischen Wirkung und Verträglichkeit sowie ein besseres Verständnis für Entstehungsmechanismen von Schmerzen. Die Initiative wird durch internationale und nationale Schmerzexperten wissenschaftlich gefördert. Die CHANGE PAIN Experten-Gruppe – in Österreich unter der Leitung von OA Dr. Jaksch – hat es sich zur Aufgabe gemacht, bessere Einblicke in die Problematik der Behandlung starker chronischer Schmerzen zu geben. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden laufend wissenschaftlich publiziert. Zusätzlich werden adäquate Fortbildungsunterlagen und -angebote für Fachpublikum in Medizin und Pflege erarbeitet. Weitere Informationen & Service unter www.change-pain.at Kontakt für Journalisten-Rückfragen OA Dr. Wolfgang Jaksch Abteilung für Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie Wilhelminenspital Wien T: 01 / 49 150-4001 (Sekretariat) E: [email protected] Norbert van Rooij Grünenthal GmbH T: 02236/379 550 E: [email protected] Elisabeth Leeb [ PR-Beratung › Medienarbeit › Text ] T: 0699/1 424 77 79 E: [email protected] Bildmaterial Bildmaterial in Printqualität gibt’s auch im Bereich „Presse“ auf www.change-pain.at sowie auf www.gunenthal.at zum Downloaden OA Dr. Wolfgang Jaksch: © privat, Abdruck honorarfrei Univ.-Prof. Dr. Michael Bach: © privat, Abdruck honorarfrei OA Dr. Ekkehard Schweitzer: © privat, Abdruck honorarfrei CHANGE PAIN-Skala: © Grünenthal, Abdruck honorarfrei Literatur 1 Mueller-Schwefe GHH and Ueberall MA, Pain Intensity of Patients; Abstracts of the 11th World Congress on Pain, Sidney 2005 2 Freynhagen Rainer et al: painDetect: a new screening questionnaire to identify neuropathic components in patients with back pain. Current Medical Research and Opinion. 2006; 22:1911–1920 Elektronische Presseaussendungen Seit 1. März 2006 gelten in Österreich auch für den Versand elektronischer Presseaussendungen neue Bestimmungen (§107 Telekommunikationsgesetz). Wenn Sie in Zukunft keine elektronischen Presseaussendungen mehr erhalten wollen, dann antworten Sie bitte auf dieses Mail mit dem Betreff „Keine Presseinformation“. Wir werden Sie dann sofort aus allen Verteilern streichen.