www.change-pain.at Symposiumsbericht Geriatriekongress, 21.-23. März 2013 in Wien Kochrezepte in der Schmerztherapie – Wunsch oder Wirklichkeit Brunn am Gebirge, 17. April 2013– Anlässlich des Geriatriekongresses gaben drei Experten in einem von Grünenthal organisierten Mittagssymposium Einblick in die komplexen Rezepturen der Schmerzdiagnose und -therapie. Ein allgemein gültiges Rezept konnte nicht serviert werden, denn die Behandlung alter und damit meist multimorbider Menschen ist schwierig und bedarf individueller Abstimmung. Gemeinsames Fazit: Schmerz ist ein vielschichtiges Problem und braucht mehr als ein Stufenschema. Multimodale Behandlungsansätze und das Wissen um die Entstehungsmechanismen sind von maßgeblicher Bedeutung für die Wahl des richtigen therapeutischen Ansatzes. Und: Was ein Kochrezept schlussendlich tatsächlich zum Gericht macht, ist die Erfahrung. „Wenn das Erleben des Patienten nur noch um den Schmerz kreist, ist Schmerz chronisch geworden“, definiert Dr. Ekkehard Schweitzer, Oberarzt an der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin im Wiener Krankenhaus Hietzing sehr anschaulich und zeichnet ein gesamtes Bild: „Schmerz hat verschiedene Dimensionen - nicht nur körperliche. Auch seelische und psychische Komponenten spielen eine große Rolle, die wiederum Rückkoppelungsmechanismen haben.“ Bei älteren Menschen kommt die Angst dazu, ihre Autonomie einzubüßen und ins Heim zu müssen. Rückenschmerz am häufigsten Mehr als die Hälfte der geriatrischen Patienten haben Schmerzen des Bewegungsapparates. Danach folgen Durchblutungsstörungen und Neuropathien als Ursache für chronische Schmerzzustände1. „Es ist wichtig zu wissen, woher der Schmerz kommt. Denn das hat Konsequenzen für die Therapie“, so Univ.-Prof. Dr. Burkhard Gustorff, Vorstand der Abteilung für Anästhesie und Intensiv- und Schmerzmedizin am Wiener Wilhelminenspital. Zu Beginn steht deshalb die genaue Befragung und Untersuchung der Patienten. In der Diagnostik von Schmerzen im Bewegungsapparat gilt es herauszufinden, ob der Schmerz eine spezifische Ursache hat, dem ganz klare Strukturveränderungen zugrunde liegen und damit einfach festzustellen ist, oder ob der Schmerz unspezifisch ist. Gustorff: „In 80% der Fälle hat der häufige Rückenschmerz eine unspezifische Ursache. Das bedeutet, man kann die Auslöser nicht genau zuordnen.“ Richtige Fragen stellen Es gibt viele verschiedene Schmerzursachen, weshalb die Diagnostik nicht immer ganz einfach ist und man anamnestisch ganz genau nachfragen muss. „Werden die richtigen Fragen gestellt, bekommt man wichtige Hinweise auf die Lokalisation, die Auslöser und Verstärker und damit die Schmerzursache“, so Gustorff. Im Rahmen der körperlichen Untersuchung gilt es primär herauszufinden, wo der Schmerz liegt, ob es eine regionale Begrenzung gibt, der Schmerz also auf den Bewegungsapparat oder auf bestimmte Nervenstrukturen beschränkt ist sowie welche Auslöser und ob mögliche Schmerzverstärker vorhanden sind. Gerade beim älteren Patienten ist im Rahmen der Diagnose auch die Frage zu klären, ob der Schmerz tatsächlich alleinige Ursache ist oder ob ganz andere Faktoren im Vordergrund stehen. Gustorff: „Spielen auch Faktoren wie Funktionsstörungen und Probleme durch den reduzierten Bewegungsapparat, eine Depression oder Demenz eine zentrale Rolle, müssen zuerst diese gezielt diagnostiziert und die Therapien danach ausgerichtet werden.“ WHO-Stufenschema neu überdenken Seit etwas mehr als 25 Jahren wird die Behandlung auf dem WHO-Schema aufgebaut, das eine stufenweise an die Beschwerden des Patienten angepasste analgetische Therapie empfiehlt. „Das Konzept kommt aus einer Zeit, als man noch wenig über Schmerz wusste. Damals glaubte man, chronischer Schmerz sei ein lang andauernder akuter Schmerz. Um diese Situation zu ändern, forderte die WHO im Rahmen eines CancerProgramms den Einsatz von Opioiden und entwickelte das Stufenschema“, berichtet Dr. Franz Gerstheimer, Medical Director von Grünenthal. In der Zwischenzeit hat sich die Schmerzforschung bedeutend weiterentwickelt. „Das Stufenschema orientiert sich ausschließlich an der Schmerzstärke“, so Gerstheimer. Chronische nicht-tumorassoziierte Schmerzen erfordern allerdings teilweise ein davon abweichendes Vorgehen und: „Beim alten Menschen funktioniert das einfache WHO-Stufenschema schon gar nicht.“ Schweitzer bestätigt diese Einschätzung: „Die WHO-Leitlinie ist gut als Grundgerüst, für den Einsatz bei chronischen Schmerzen muss sie aber neu überdacht werden. In vielen Fällen lässt eine Kombinationstherapie den besten Behandlungserfolg erwarten.“ Um die Wirksamkeit von Analgetika zu vergleichen, ist die NNT (number needed to treat) ein gutes Maß. „Sie zeigt, dass kontinuierlicher Schmerz gut mit retardierten Opioiden behandelt werden kann. Bei Tumorpatienten gibt man bei Schmerzspitzen am besten ein schnellwirksames Opioid dazu. Bei Nicht-Tumorpatienten wäre z.B. Mexalen eine Möglichkeit“, empfiehlt Schweitzer. Eine neue Substanz, die noch in diesem Jahr in Österreich auf den Markt kommen soll, stellt eine Kombination aus Opioid und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer dar. Es ist seit 25 Jahren die erste schmerztherapeutische Neuentwicklung im Bereich der zentral wirksamen Analgetika und der erste Vertreter einer neuen Substanzklasse. Der neuartige synergistische Wirkmechanismus ist eine Kombination aus µOpioid-Rezeptor-Agonist (MOR) und Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (NRI) und eröffnet neue Chancen in der Therapie starker chronischer Schmerzen. Schmerz ist nicht gleich Schmerz Ein anderes Problem ist die subjektive Beurteilung der Schmerzintensität und die individuelle Empfindung der erfahrenen Schmerzlinderung sowie Nebenwirkung einer Behandlung. Es gilt, dem Teufelskreis aus unzureichender Schmerzlinderung und starken Nebenwirkungen zu entkommen, der vor allem Patienten, die mit starken Opioiden behandelt werden, belastet. Dem Versuch mit einer hohen Dosis eine möglichst effiziente Schmerzlinderung zu erreichen, steht der Preis starker Nebenwirkungen gegenüber. Eine Reduktion der Dosis hat wiederum ein Ansteigen des Schmerzpegels zur Folge. Es muss somit die Dosierung wieder erhöht oder auf eine andere Therapie umgestiegen werden. „Wichtig ist, den Patienten in die Therapieentscheidung mit einzubeziehen und zu informieren, dass die Behandlung ein Versuch ist, der ca. 2-3 Wochen dauert. Wird sie gut vertragen, kann die Medikation jahrelang weiter genommen werden. Wenn nicht, sollte man nach 3-4 Wochen wechseln“, so Schweitzer. Wichtig ist auch, ein den individuellen Bedürfnissen angepasstes Therapieziel festzulegen sowie eine Balance zwischen ausreichender Schmerzlinderung und akzeptablen Nebenwirkungen zu erreichen. Multimodal und mechanismus-orientiert Eine erfolgreiche Schmerztherapie muss aufgrund der Vielschichtigkeit chronischer Schmerzen immer multimodal aufgebaut sein. „Dies umfasst die medikamentöse Therapie ebenso wie die psychologische Schmerzbehandlung, die physiologische Trainingstherapie und die Patientenschulung“, fasst Schweitzer zusammen. Auch die zugrunde liegenden pathophysiologischen Ursachen sind unterschiedlich. Daher sei es klüger, systematisch vorzugehen und sich zu überlegen, woher der Schmerz kommt und wie er entsteht. In der pharmakologischen Behandlung des chronischen Schmerzsyndroms beim älteren Patienten rückt daher zunehmend die Mechanismus-orientierte Therapie in den Vordergrund. Schweitzer: „Für die Therapieentscheidung sind die zugrunde liegenden pathophysiologischen Ursachen genauso maßgeblich wie Symptomenkontrolle und Schmerzintensität.“ Literaturempfehlungen: JAGS 2009; 57: 1331-1346 JAGS 2002; 50: 205-224 Download von der Homepage der American Geriatrics Society: www.americangeriatrics.org Über CHANGE PAIN Um die Schmerztherapie voranzutreiben und die Patientenversorgung zu verbessern, wurde von der Dachorganisation der europäischen Schmerzgesellschaften (EFIC) und Grünenthal europaweit die Initiative CHANGE PAIN ins Leben gerufen. Ärzten, Schmerzpatienten, deren Angehörigen und allen im Management von Schmerz Beteiligten oder Interessierten wird damit ein breites Experten-Netzwerk sowie ein Informations- und Servicepaket zur Seite gestellt. Kernthemen und Ziele der Initiative sind die Optimierung der Arzt-Patienten-Kommunikation, die individuell angepasste Therapie mit guter Balance zwischen Wirkung und Verträglichkeit sowie ein besseres Verständnis für Entstehungsmechanismen von Schmerzen. Weitere Informationen & Service unter www.change-pain.at Kontakt für Journalisten-Rückfragen Raquel Diaz Grünenthal GmbH T: 02236/379 550 E: [email protected] Elisabeth Leeb [ PR-Beratung › Medienarbeit › Text ] T: 0699/1 424 77 79 E: [email protected] Bildmaterial Bildmaterial in Printqualität gibt’s auch im Bereich „Presse“ auf www.change-pain.at sowie auf www.grunenthal.at zum Downloaden Univ.-Prof. Dr. Burkhard Gustorff: © privat, Abdruck honorarfrei OA Dr. Ekkehard Schweitzer: © privat, Abdruck honorarfrei Dr. Franz Gerstheimer: © privat, Abdruck honorarfrei Referenz 1 Umfrage bei 400 Allgemeinmedizinern in Deutschland (n=43.587 Patienten, > 70 Jahre) Elektronische Presseaussendungen Seit 1. März 2006 gelten in Österreich auch für den Versand elektronischer Presseaussendungen neue Bestimmungen (§107 Telekommunikationsgesetz). Wenn Sie in Zukunft keine elektronischen Presseaussendungen mehr erhalten wollen, dann antworten Sie bitte auf dieses Mail mit dem Betreff „Keine Presseinformation“. Wir werden Sie dann sofort aus allen Verteilern streichen.