Datum: 28. März 2007 Thema: Herzinfarkt und Herzstillstand. Neues zu Vorbeugung, Symptomen und Behandlung Referent: Prim. Univ.-Doz. Dr. Gerhard Kronik Ärztlicher Direktor des LKH Krems und Leiter der Abteilung für Innere Medizin, LKH Krems Die koronare Herzkrankheit (= die Arteriosklerose der Herzkranzgefäße) ist ein Prozess, bei dem über viele Jahre in die ursprünglich dünne und zarte Wand der Herzkranzgefäße zunehmend Cholesterin, Kalk und Bindegewebe eingelagert werden. Dadurch wird die Gefäßwand dicker und der Gefäßdurchmesser enger, auch wird die Gefäßwand rauer, was im ungünstigsten Fall zur Bildung von Blutgerinnseln mit akuter Zunahme der Verengung bis zum kompletten Gefäßverschluss führen kann. Die Entwicklung und das Voranschreiten der Arteriosklerose allgemein und der koronaren Herzkrankheit im Besonderen wird begünstigt und beschleunigt durch die so genannten Risikofaktoren, vor allem hohe Blutfette (speziell hohes Cholesterin), hoher Blutdruck, Zuckerkrankheit, Zigarettenrauchen aber auch Übergewicht und Bewegungsmangel und andere. Männer werden im Durchschnitt 10 Jahre früher befallen als Frauen, welche bis zum Wechsel von ihren Hormonen geschützt werden. Erscheinungsformen der koronaren Herzkrankheit: Frühe Stadien der koronaren Herzkrankheit mit geringer Verdickung der Gefäßwand machen überhaupt keine Beschwerden und sind auch objektiv schwer zu erfassen. Hochgradige Verengungen der Herzkranzgefäße erlauben zwar meist noch eine ausreichende Blutversorgung des Herzmuskels in Ruhe, unter Belastung kann die Blutzufuhr aber nur mehr ungenügend gesteigert werden. Die belastungsinduzierte Mangelversorgung des Herzmuskels spürt der Patient als Angina pectoris: drückende (brennende) Schmerzen auf der Brust oft mit Ausstrahlung in den linken Arm oder linke Schulter, manchmal auch in den Kiefer, Hals, Oberbauch, Rücken oder in den rechten Arm, oft verbunden mit Atemnot. Diese Beschwerden treten bei körperlicher Belastung, manchmal auch bei Aufregungen auf und bessern sich in Ruhe. Das Aufbrechen der zarten Gefäßinnenhaut über einer Ansammlung von Kalk und Cholesterin (= Plaque) bezeichnet man als Plaqueruptur . Dies führt meist zur Bildung von Blutgerinnseln an dieser Stelle mit abrupter Zunahme der Gefäßverengung bis zum kompletten Gefäßverschluss. In diesen Fällen treten Brustschmerzen oft schon bei minimalen Belastungen oder in Ruhe auf (= instabile Angina pectoris), im Falle eines kompletten Gefäßverschlusses kommt es zum Herzinfarkt, wobei der Herzmuskel im Versorgungsgebiet des verschlossenen Gefäßes im Verlaufe mehrerer Stunden abstirbt. Symptome des Herzinfarktes: Typisch sind heftige Brustschmerzen, welche lange anhalten und sich auch in körperlicher Ruhe nicht bessern, mit oder ohne Ausstrahlung (siehe oben), oft begleitet von Schweißausbruch, Atemnot, Erbrechen, Schwindelgefühl. Was tun bei möglichem Herzinfarkt? Der Herzinfarkt ist ein akut bedrohliches Krankheitsbild, viele Todesfälle treten bereits bald nach Eintreten des Gefäßverschlusses ein. Bei Verdacht auf Herzinfarkt ist immer der Notarzt zu verständigen (nicht die normale Rettung ohne Arztbegleitung, auch nicht Termin beim Hausarzt). Therapie des Herzinfarktes: Wichtigstes Therapieziel ist es das verschlossene Gefäß so rasch wie möglich zu eröffnen um den vom Absterben bedrohten Herzmuskel ganz oder teilweise zu erhalten. Dafür gibt es im wesentlichen 2 Methoden: die Thrombolyse verwendet Medikamente, die Blutgerinnsel auflösen können, alternativ kann das Gerinnsel in einer akuten Herzkatheteruntersuchung mittels Ballondehnung mechanisch beseitigt werden. Die Ballondehnung ist viel effektiver (Erfolgsquote über 95%) ist aber nur an speziellen Herzstationen durchführbar, die medikamentöse Thrombolyse wirkt nur in etwa 60 bis 70%, kann aber ohne Verzögerung in allen Spitälern und auch schon vom Notarzt vor Ort angewendet werden. Ob man sich für das eine oder andere Verfahren oder auch eine Kombination entscheidet, hängt von den Umständen ab. Wie kann ein Herzinfarkt verhütet werden? Das Herzinfarktrisiko kann durch konsequente Vermeidung/Bekämpfung der oben erwähnten Risikofaktoren deutlich gesenkt werden. Auch blutverdünnende Medikamente (z.B. Aspirin) können das Infarktrisiko senken. Während gesunde Ernährung, Normalgewicht, körperliche Aktivität und Nichtrauchen immer empfehlenswert sind, hängt die Frage ob auch eine medikamentöse Therapie zur Senkung des Infarktrisikos sinnvoll ist, sehr von den individuellen Gegebenheiten ab. So haben Patienten, die bereits einen Herzinfarkt erlitten haben, oder sonst gefäßkrank sind, und Personen mit Zuckerkrankheit ein viel höheres Risiko einen (weiteren) Herzinfarkt zu erleiden. Diese Personengruppen profitieren im Allgemeinen deutlich von milder Blutverdünnung und einer (medikamentösen) Cholesterinsenkung in den niedrig normalen Bereich. Dem gegenüber ist bei Gesunden der Nutzen einer vorbeugenden Aspirin-Gabe viel weniger eindeutig und ein mäßig erhöhtes Cholesterin bei sonst fehlenden Risikofaktoren nicht unbedingt therapiepflichtig. Die Errungenschaften der letzten Jahre insbesondere das „Cholesterinbewusstsein“, die Fitnesswelle, die neuen gut verträglichen Medikamente und die neuen, schonenden Verfahren zur Erweiterung verstopfter Herzkranzgefäße mittels Ballondehnung im Herzkatheterlabor haben dazu geführt, dass koronare Herzkrankheit und Herzinfarkt trotz zunehmendem Lebensalter der Bevölkerung eher im Abnehmen begriffen sind. Herz-Kreislauf-Stillstand: Es gibt 2 Arten des Herz-Kreislauf-Stillstands: (1) fehlende mechanische und elektrische Aktivität (Asystolie) mit Kreislaufstillstand bei erschlafftem Herzmuskel. Diese Form des Herzstillstandes betrifft vor allem Patienten mit elektrischen Herzkrankheiten (des Impulsgebers bzw. der Reizleitung). Sie führt typischerweise zu Kollapszuständen mit Bewusstlosigkeit, aber eher selten zum Tode, weil in den meisten Fällen die elektrische Aktivität nach einigen Sekunden doch wieder erwacht. Derartige Patienten brauchen einen Schrittmacher. (2) Herz-Kreislauf-Stillstand bei bösartigen, von der Herzkammer ausgehenden Rhythmusstörungen (Kammertachycardie, Kammerflattern, Kammerflimmern): in diesen Fällen ist das Problem eine extrem hohe Herzfrequenz oder völlig unkoordinierte Aktivität einzelner Herzabschnitte. Die daraus resultierenden, sehr hochfrequenten Zuckungen des Herzens sind mechanisch ineffektiv und führen zu keiner Blutförderung, sodass Blutdruck und Kreislauf ebenfalls zusammen brechen. Diese Form des Kreislaufstillstands führt unbehandelt fast immer zum Tode. Gefährdet sind ganz besonders Patienten, die bereits einmal eine bösartige Rhythmusstörung erlitten haben, Patienten in der Akutphase des Herzinfarktes aber auch chronisch Herzkranke mit sehr schlechter Pumpfunktion der linken Herzkammer. Die Therapie dieser bösartigen Herzkammerrhythmusstörungen ist die Defibrillation. Dabei wird ein sehr starker Stromstoß abgegeben, der die schnelle und unkoordinierte, elektrische Aktivität des Herzens beendet, sodass der normale Rhythmus mit mechanischer Pumpfunktion wieder Platz greifen kann. Früher war die Defibrillation dem geschulten medizinischen Personal vorbehalten. Inzwischen wurden auch halbautomatische Defibrillatoren entwickelt, welche leicht zu bedienen sind, Anweisungen geben und auch von Laien bedient werden können. Außerdem gibt es neuerdings die Möglichkeit hochgradig gefährdeten Patienten Defibrillatoren im Miniformat (etwa Schrittmachergröße) dauerhaft einzupflanzen. Diese können die bösen Rhythmusstörungen erkennen und automatisch mittels Stromstoß beenden. Weitere Informationen: Prim. Univ.Doz Dr. Gerhard Kronik Abteilung für Innere Medizin, Am Mitterweg 10, 3500 Krems Tel: 02732 804 2701 E-Mail: [email protected]