Julia Parschmann Die Entwicklung der germanischen Sprachen Deutsch und Niederländisch bis heute: Niederländische Sprache Allgemeines: Der Beginn der niederländischen Sprache wird von den Sprachwissenschaftlern um 700 n.Chr. angesetzt. Die Bezeichnung „Niederlande“ kam erstmals 1482 aus der Stadt Gouda. Erst seit dem 19. Jhd. überragt es die anderen Ausdrücke wie „theodiscus“ (germanische Dialekte an der Nordsee) und „Dietsch“ oder „Duutsch“, später „Duytsch“ aus den regionalen Dialekten. Die Niederländische Sprache (ursprünglich: Duits der neederen Landen, auch: Nederduits) gehört zum germanischen Zweig der indoeuropäischen Sprachen. Die indoeuropäische Sprachwissenschaft/Germanistik stellt das Niederländische als westlichen Zweig des Niederdeutschen neben den Niedersächsischen . Das Niederländische ist wie das Niederdeutsche historisch mit dem Hochdeutschen verwandt. Als westgermanische Sprache ist es ebenfalls mit dem Englischen (Angelsächsischen) und Friesischen verwandt. Die historisch jüngste westgermanische Sprache, das Afrikaans, das vor allem in Südafrika und Namibia gesprochen wird, ist ein unmittelbarer Spross des Niederländischen. Ursprünglich und überwiegend wird Niederländisch in den Niederlanden, im flämischen Gebiet Belgiens, in Brüssel sowie in angrenzenden Regionen Frankreichs und Deutschlands gesprochen. Niederländisch ist heute Muttersprache von etwa 25 Millionen Menschen. Die niederländische Sprache schreibt allgemein wie im Englischen alle Wortarten klein, nur das erste Wort eines Satzes wird großgeschrieben. Ausgenommen von dieser Regel sind Namen verschiedener Art. Gothisch: Aussprache: z.B. wird <d> ausgesprochen wie <th> im englischen"then“ (z.B.:þiudinassus = 'Königreich') und <þ> realisiert wie <th> im englischen "thin" (z.B.: þata = 'das', 'dieses', 'jenes'). Das <q> wird ausgesprochen als eine Art "kü", ein k mit gleichzeitiger Lippenrundung (z.B.: qimai = 'komme'). Wie alle germanischen Sprachen hat auch das Gotische einen Beginnakzent. Im Gotischen gibt es fünf Fälle: Nom. Gen. Dat. Akk. Vokativ Der bestimmte Artikel ist eine neue, wesentliche Entwicklung im Germanischen. Er ist aus dem Demonstrativpronomen entstanden und hat im Gotischen noch dieselbe Form (sa = 'der', 'dieser', 'jener'; þata = 'das', 'dieses', 'jenes'; so = 'die', 'diese', 'jene'). Der unbestimmte Artikel besteht noch nicht Die gotische Sprache kennt die 1., 2. und 3. Person und drei Zahlunterscheidungen. Neben Singular und Plural gibt es noch einen Dualis, eine Form für die Angabe von zwei Personen (wit = 'wir beide'). Das vertrauliche "du" sowie das höfliche "Sie" werden beide durch ein und dieselbe Form in der zweiten Person ausgedrückt. Es gibt aktive und passive Verbformen, außer für das passive Präteritum, welches mit Hilfe eines anderen Zeitwortes (wisan = 'sein' oder wairþan = 'werden') und einem zweiten Partizip gebildet wird (daupiþs was = 'er wurde getauft'). Hier kann man einen Anfang der Entwicklung von einer synthetischen zu einer analytischen Sprache erkennen, wie sie für alle westgermanischen Sprachen kennzeichnend ist. Das Gotische kennt den Indikativ, den Imperativ und den Konjunktiv. Von einem Sprachstadium mit diesen Merkmalen sind die wichtigsten Entwicklungen hin zu den heutigen westgermanischen Sprachen: der Verlust des Stammunterschieds bei den Substantiven als Folge der starken Betonung der ersten Silbe und die Entwicklung zu einer stets analytischeren Sprache. Atta unsar - Vater Unser (Gotisch): Atta unsar þu in himinam, weihnai namo þein. qimai þiudinassus þeins. wairþai wilja þeins, swe in himina jah ana airþai. hlaif unsarana þana sinteinan gif uns himma daga. jah aflet uns þatei skulans sijaima, swaswe jah weis afletam þaim skulam unsaraim. jah ni briggais uns in fraistubnjai, ak lausei uns af þamma ubilin. Vater unser Ihr in (den) Himmeln, geheiligt werde Name Euer. komme Königreich Euer. werde Wille Euer, wie in (dem) Himmel auch auf (der) Erde. Brot unser das tägliche gib uns diesen Tag. und vergib uns daß Schuldner wir sind, sowie auch wir vergeben den Schuldnern unseren. und nicht möget Ihr bringen uns in Versuchung, sondern erlöse und von dem Bösen. Altniederländisch: 800 - 1150 Die altniederländische Sprachperiode reichte vom 9. bis ins 12. Jahrhundert. Das einzige wichtige überlieferte Sprachdokument dieser Periode ist die Übersetzung der Psalmen und folgender Text: Altniederländisch: hebban olla vogala nestas hagunnan hinase hi(c) (e)nda thu uu(at) unbida(n) (uu)e n. ('Alle Vögel haben mit ihren Nestern begonnen, außer Du und ich. Worauf warten wir noch?'). (Von einem Mönch, etwa aus dem 11. Jahrhundert) Der Dualis, die Andeutung für zwei Personen, die wir noch aus dem Gotischen kennen, kommt nicht mehr vor. Syntaktische Merkmale Während das Gotische bloß zwei Zeiten kannte, nämlich Präsens und Präteritum, scheint das Altniederländische bereits eine Futurumschreibung mit Hilfe des Hilfszeitwortes zullen "werden" gekannt zu haben. Altniederländische Lautgesetze Das Altniederländische zeigt einige Lautentwicklungen, die in anderen germanischen Sprachen nicht stattgefunden haben: Der Konsonantencluster -ft- wurde im Altniederländischen zu -cht-: Nhd: stiften Anl: stihtan, Nnl: stichten Im Falle von -chs- fand eine Assimilation zu -ss- statt: Nhd: Füchse, Eng: fox Anl: vusso, Nnl: vossen Der Altniederländische Cluster -ol + d/t- diphthongierte zu -ou + d/t-: Nhd: alt, Eng: old Nnl: oud; Nhd: Gold, Eng: gold Nnl: goud; Die germanischen Zwielaute ai und au sind im Altniederländischen zu Monophthongen geworden: Nhd: Bein Nnl: been; Nhd: Baum Nnl: boom Mittelniederländisch: 1150 – 1500 Vom 11. bis zum 16. Jahrhundert heißt sie Mittelniederländisch, wurde aber von den Niederländern selber, im Sinne des germanisch-althochdeutschen thiudisk ("völkisch", "volkssprachlich"), dietsch oder duutsch genannt. Aus diesem Grunde lautet das englische Wort für die holländische Sprache heute noch Dutch (aus derselben Wurzel ist auch unsere Sprach- und Volksbezeichnung Deutsch abgeleitet). Niederländische Dialekte wurden nur mündlich weiter gegeben. Eine Wende wurde durch die Ausweitung der Städte erreicht. Ein Selbstbewusstsein wuchs in den Bürgern, die ihre Sprache nun gebrauchten und verteidigten, sowie in Gesetzen und Verträgen erstmals verankerten. Der charakteristischste Unterschied zwischen Altniederländisch und der folgenden Periode, Mittelniederländisch, liegt in den unbetonten Silben. Das Altniederländische kannte noch volle Vokale in unbetonten Silben, während spätere Sprachformen hier nur reduzierte Vokale (Schwas) verwenden (vgl. hebban vs. hebben). Dies resultiert aus der germanischen Akzentverschiebung die allmählich stattfand. Mittelniederländisch: Hine heeft ooc niemene so lief, No den koning minen heere, Hine wilde dat hi lijf ende eere Verlore, mochtire an winnen Een vet morzeel van eere hinnen Van den vos Reynaerde (von Willem 'der Madocke machte', um 1300) Das Mittelniederländische kannte drei Genera und vier Kasus. Kennzeichnend ist auch die Verwendung der doppelten Verneinung. Eine allgemein anerkannte Schriftform war zunächst nicht zu erkennen. In der Literatur wurden regionale Dialekte verwendet. Im 13. Jahrhundert setzten intensive Bemühungen ein, eine niederländische Literatursprache einzuführen, die von dem Dichter Jacob van Maerlant vorangetrieben wurden. Der Gebrauch der Dialekte hielt jedoch weiterhin an. Für das Mittelniederländische kann man fünf große Dialektgruppen unterscheiden: Flämisch, weitere Unterteilung in West- und Ostflämisch, Brabantisch, Holländisch , Limburger Dialekt, östliches Mittelniederländisch - wurde in der Region der heutigen Provinzen Gelderland, Overijssel, Drente und Groningen gesprochen Im Mittelniederländischen findet man auch eine große Anzahl lateinischer Ausdrücke für Errungenschaften der römischen Kultur, die schon in einer früheren Periode entlehnt worden sind, z.B.: strata "Straße" < 'via strata', wal "Wall" < 'vallum', wijn "Wein" < 'vinum' oder munte "Münze" < 'moneta'. Ein starker Einfluß von Alt- und Mittelfranzösisch auf den Wortschatz war in Grenzgebieten, Handelszentren und aristokratischen Kreisen im 12. Jhd. gegeben. Gründe für die französischen und lateinischen Wörter: Lehnübersetzungen, Bedeutungserweiterung , Ersatz eines eigenen Wortes durch Entlehnung Die Orthographie des Mittelniederländischen war jedenfalls stark von französischen Schreibern beeinflusst. Außerdem wurden mit französischen Lehnwörtern auch oft Suffixe wie –ier, -ie oder –age übernommen. Mitverantwortlich für diese Veränderungen sind eine größere Mobilität und die fortschreitende Urbanisierung. Durch das schnelle Wachstum der Städte sowie die besseren Reisemöglichkeiten kommt es zu mehr Kontakt mit anderen Dialekten oder Fremdsprachen. Es entsteht allmählich ein Bedürfnis nach einer überall verständlichen Einheitssprache. Verneinung: Für das Niederländischen kann man diese Entwicklung also wie folgt zusammenfassen: Anl. En / ne Mnl. en / ne + niet, geen, niemand,.. Nnl. niet, geen, niemand,... Im Mittelniederländischen gibt es auch oft Sätze, in denen zwei oder mehr negative Adverben oder Pronomen nebeneinander auftreten, ohne jedoch daß diese sich gegenseitig aufheben, was eigentlich die Regel der Logik gebieten würde (z.B.: Daerne quam oec nie geen man,... "Da kam auch niemals niemand,..." oder: dan (= dat en) was niewerinc noit vernomen... "Das wurde nirgends nie gesehen"). Auch im modernen Niederländischen trifft man derartige Konstruktionen in der gesprochenen Sprache an, die aber in der Schriftsprache nicht akzeptiert werden. Das 16. und 17. Jahrhundert Auf die Periode des Mittelniederländischen folgen zwei Jahrhunderte voller wichtiger historischer Entwicklungen für die niederländische Sprache. Ab dem 16. Jahrhundert wurde eine gemeinsame niederländische Standardsprache angestrebt. Von zentraler Bedeutung war in diesem Prozess die Region Holland, starken Einfluss hatte die Sprache reicher Flüchtlinge aus dem Süden des niederländischen Sprachgebietes (Antwerpen, Brabant), die sich in Holland ansiedelten. Auch die Schriftsteller begannen die Sprache von mundartlichen Eigentümlichkeiten zu reinigen. Das wichtigste sprachgeschichtliche Ereignis dieser Periode war die Veröffentlichung der Staatenbijbel in den Jahren 1619 bis 1637, der autorisierten Ausgabe der Heiligen Schrift, die sehr viel zur Verbreitung dieser Form der niederländischen Sprache in den Niederlanden beitrug. Die Übersetzung stammte aus dem Griechischen und Hebräischen, so wurden auch viele griechische und hebräische Redensarten und Redewendungen übernommen und beeinflussten die vorher eher Latein geprägte niederländische Sprache. Diese Übersetzung hatte eine ähnliche Wirkung wie die hochdeutsche Ausgabe der Bibel von Martin Luther. Sie brachte einen Standard in Sprache und Rechtschreibung hervor, der schließlich allgemein als maßgeblich anerkannt wurde. Diese Standardsprache verbreitete sich zuerst im 17. Jahrhundert in den nördlichen Niederlanden. Mittelniederländische Meisterwerke in der Literatur Tierepos von Van den Vos Reynaerde Das Niederländische setzte sich auch auf politischer Ebene durch. Bis zu dieser Zeit war die offizielle Sprache in der Staatsverwaltung hauptsächlich Französisch. 1582 beschloß die Regierung in den meisten Urkunden Niederländisch statt Französisch zu verwenden. Außerdem erschien 1584 die erste niederländische Grammatik, die ‘Twe-spraack van de Nederduitsche letterkunst’ von Hendrick Laurenszoon Spiegel und anderen geschrieben. Die Twe-spraack ist ein Plädoyer für Sprachreinigung und als Beitrag zur Sprachverbesserung auf dem Gebiet der Grammatik gedacht. Die Twe-Spraack wurde zu Ehren der Bürgermeister von Amsterdam geschrieben. In der Widmung, die dem Werk vorangeht, verkünden die Amsterdamer "Rederijkers", daß es ihnen darum geht, die Muttersprache zu erheben und zu verherrlichen. Laut Spieghel ist das Niederländische die germanische Sprache überhaupt - es gibt keine andere Sprache, die dieselben ausgezeichneten Qualitäten besitzt wie die eigene. In den Augen der "Rederijkers" mußte die "verwahrloste" Volkssprache aufgebaut werden, oder wie es in der Twe-Spraack heißt: man wollte versuchen, "dem Niederländischen auf die Beine zu helfen, es zu verzieren und zu bereichern". Als vorbildlich galt im 17. Jahrhundert die gesprochene Form der Haager und Amsterdamer Oberschicht. Übergang vom Mittelniederländischen zum Neuniederländischen: Mndl. Brabanter Dialekt und holländische Unterschicht Nndl. <ei> [ai] <ei> <-heit> [ai] <uy> [oi] <uy> <fluyt> [oi] <ij> [i:] <ij> <tijt> [ai] <uu> [y:] <uy> <huys> [oi] Die neuen Diphthonge fanden ihren Platz im Oberschicht-Holländischen (und in weiterer Folge auch im Standardniederländischen) - allerdings in der als vornehm erachteten Variante [ei] und [oey] (im Gegensatz zum ursprünglichen brabanter und UnterschichtHolländischen [ai] und [oi]). In dem Maße, in dem die Provinz Holland innerhalb der Republik der Vereinigten Niederlande an Einfluß gewann, expandierte auch der Dialekt dieser Provinz und damit auch sprachliche Besonderheiten in andere Gebiete der Niederlande – ein Phänomen, das Kloeke "Hollandse expansie" nannte: Der Diphthong [ei] verbreitete sich von den Städten der Provinz Holland in die umliegenden Gebiete und von dort in andere Regionen des damaligen Sprachgebietes. Einige Dialektgebiete (wie z.B. Zeeland und Limburg) blieben jedoch außer Reichweite dieser Expansion. Die zahlreichen ij/ei-Homonyme der niederländischen Sprache sind durch den Lautzusammenfall als Folge der Diphthongierung zu erklären. Weiter zeugen die langen i's und ü's in manchen neuniederländischen Dialekten vom teilweisen "Scheitern" der "Hollandse expansie" im 17. Jh. Neuniederländisch: Ab dem 17. Jahrhundert, also seit der Herauslösung aus dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, sprechen die Holländer und Flamen Neuniederländisch. Das Neuniederländische reicht vom Ende des 16. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. Sprachveränderung im 19. und 20. Jahrhundert Nach dem Prozeß der Standardisierung des Niederländischen, der sich ab dem 17. Jh. vollzogen hat, kann man mehr oder weniger deutlich zwischen der Kultursprache und den Dialekten unterscheiden. Veränderung der Aussprache Wie in vielen anderen Sprachen auch wurde und wird im Niederländischen eine möglichst phonologische Orthographie angestrebt. Das bedeutet, daß jedem Laut genau ein Schriftzeichen entspricht und umgekehrt jedes Graphem nur auf eine Art akustisch realisiert werden kann. Im letzten Viertel des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts hat die Entwicklung des Niederländischen eine unerwartete Wendung genommen. (Amsterdamer Sprachwissenschaftler Dr. Jan Stroop (1998)) Die Aussprache der drei Diphtonge ei, ui und ou, die Jahrhunderte lang konstant geblieben war, verändert sich nun rasch in Richtung von aai, ou und aau: klaain maar faain, vraauwen, houswerk. Die neue Aussprache der Diphtonge ähnelt somit der Aussprache der korrespondierenden Laute im Deutschen. Die Veränderung kommt in den ganzen Niederlanden vor. Kinder aus allen Schichten der Bevölkerung, die jünger sind als zehn Jahre, scheinen diese Aussprache fast alle zu übernehmen. Morphologische Veränderungen Im Bereich der Morphologie findet bei den Substantiven auf -e eine Ausbreitung der Mehrzahlbildung auf -s statt (z.B.: de hoogte "Höhe" > de hoogtes anstelle von de hoogten). Das Suffix -baar wird im modernen Niederländischen immer produktiver (vgl. Neubildungen wie opbelbaar "anrufbar"), während das Suffix -(e)lijk an Produktivität einbüßt und teilweise sogar durch -baar ersetzt wird (z.B.: onnoembaar anstelle von onnoemelijk "unnennbar"). Im modernen Niederländischen verstärkt sich auch die Tendenz zur Konzentration. Dies kommt vor allem in neuen zusammengesetzten Substantiven zum Vorschein. beroepsofficiersopleiding "Berufsoffiziersausbildung" arbeidersjeugdcentrale "Arbeiterjugendzentrale" Eine weitere Veränderung im Bereich der Fürwörter ist die Verdrängung des heute noch im Süden gebräuchlichen Anredepronomens gij/ge durch die Form jij/je, die sich im Norden im Laufe der Zeit erst in der Umgangssprache, später auch in der Schriftsprache durchsetzen konnte. Auch bei den Anredeformen für Personen weiblichen Geschlechts - mevrouw, mejuffrouw und vrouw - kann man eine Verschiebung beobachten. Im 19. Jh. war mevrouw die Ansprechform für Damen der höheren Gesellschaft; mejuffrouw war bestimmt für Frauen aus der Mittelschicht, während vrouw als Anrede für "einfache" Frauen aus dem Volke diente. Die Form vrouw "Frau" ist in der modernen Sprache als Anrede nicht mehr in Gebrauch; heutzutage wird fast ausschließlich mevrouw verwendet. Mejuffrouw (~"Fräulein") wurde einige Zeit als Anrede für nicht verheiratete Frauen gebraucht, kommt in letzter Zeit aber sehr selten vor. Syntaktische Veränderungen Ein anderes Beispiel für eine sich anscheinend durchsetzende Veränderung ist die Verschiebung von hebben "haben" auf zijn "sein" als Hilfsverb zur Bildung der Vergangenheit. ik ben geweest ik ben vergeten ik ben iets verloren ursprünglich: ik heb geweest ursprünglich: ik heb vergeten ursprünglich: ik heb iets verloren "ich bin / habe gewesen" "ich bin / habe vergessen" "ich bin / habe etwas verloren" Lexikalische Veränderungen Für neue Prozesse und Strukturen werden neue Begriffe eingeführt (z.B. in der Computerterminologie: hardware, software, save, tekstverwerker "Textverarbeiter", etc.) Entlehnungen Englische Entlehnungen Gegenwärtig werden die meisten Fremdwörter aus der englischen Sprache entlehnt. Deutsche Entlehnungen In die niederländische Sprache sind auch viele Entlehnungen aus der deutschen Sprache aufgenommen worden. Manche sind bereits so alt und dem Niederländischen angepaßt, daß die deutsche Herkunft dieser Wörter nicht mehr zu erkennen ist (z.B.: voorlopig "vorläufig", tijdschrift "Zeitschrift", ontwikkeling "Entwicklung",...) Französische Entlehnungen Parallel zu vielen französischen Lehnwörtern bestehen auch niederländische Wörter mit der selben Bedeutung. Die Entlehnungen aus dem Französischen konnten sich also gegenüber den niederländischen Äquivalenten nicht vollständig durchsetzen und werden neben diesen verwendet. Die Grammatik des Niederländischen hat sich vor allem in den letzten 100 Jahren, einem sprachgeschichtlich sehr kurzen Abschnitt, sehr stark vereinfacht. Die Fälle werden bei den Substantiven und Adjektiven nicht mehr angewendet, sie sind nur noch in den Objektpronomen erkennbar und treten in einigen feststehenden Redewendungen auf. Das heutige Niederländisch: Ist eine wenig flektierende Sprache. Sie kennt nur zwei Genera - ‘de’-Wörter (männlich und weiblich) und ‘het’-Wörter (Neutrum). Unterscheidung männlicher und weiblicher Substantive spielt nur im flämischen Niederländisch noch eine nennenswerte Rolle Konjunktivausgänge sind im Niederländischen ebenfalls verschwunden. Auf der anderen Seite werden, im Gegensatz zu Englisch oder auch Afrikaans, Verben im Niederländischen nach Person und Numerus konjugiert. Insgesamt hat Niederländisch 19 Konsonant- und 16 Vokalphoneme (darunter drei Diphthonge und ein Schwa). Die Grundlage für die heutige niederländische Rechtschreibung wurde im 19. Jahrhundert gelegt. Die erste offizielle Rechtschreibung von Matthijs Siegenbeek erschien 1804. Seitdem wurde die Rechtschreibung mehrmals geändert, das letzte Mal 1997. Einsparungen: Ein und derselbe lange Vokal wird in geschlossener Silbe durch zwei, in offener Silbe durch nur ein Zeichen wiedergegeben: [e:] been (Bein) und benen (Beine); [a:] laan (Allee) und lanen (Alleen); [o:] toon (Ton) und tonen (Tone); [y:] kuur (Kur) und kuren (Kuren). Syntax Die Basiswortstellung des Niederländischen stimmt weitgehend mit der Reihenfolge im Deutschen überein. Im Hauptsatz hat Niederländisch SVO (Hij koopt een Nederlandse grammatica.) im Nebensatz SOV (... dat hij een Nederlandse grammatica koopt.) Morphologie Auffallend ist der im Niederländischen häufige Gebrauch von Diminutiven. Das Diminutivsuffix kann nicht nur an Substantive (huisje 'Häuschen'), sondern auch an Adverbien (eventjes 'kurz mal eben') oder Präpositionen (een ommetje 'kleiner Spaziergang') angehängt werden. Der zunehmende Einfluss des Englischen hat in den letzten Jahrzehnten starke Gegenreaktionen hervorgerufen. Erstens nimmt die Angst vor einem 'Untergang' des Niederländischen durch die steigende Übernahme englischer Wörter und Redewendungen zu. Zweitens wird befürchtet, Englisch könnte in der nahen Zukunft Niederländisch als Sprache von Wissenschaft und Unterricht verdrängen. Dieses 'Bedrohungsgefühl' führte in den Neunziger Jahren unter anderem zu dem Versuch, Niederländisch als Amtssprache der Niederlande im Grundgesetz zu verankern. Dieser Versuch führte letztendlich zu keinem Ergebnis. Quellen: www.ned.univie.ac.at www.sochorek.cz www.wikipedia.org www.wikipedia.org/wiki/Niederländische_Sprache/ www.stefanjacob.de/Geschichte/Unterseite/Sprache.php www.stefanjacob.de/Geschichte/Unterseite/Sprachgeschichte.php http://neon.niederlandistik.fu-berlin.de http://neon.niederlandistik.fu-berlin.de/facts/index_html/langvar/dialects http://neon.niederlandistik.fu-berlin.de/facts/index_html/langvar/statusdutch