Prof. Dr. Alexander Trunk Vorlesung Osteuropäisches Recht III: Wirtschaftsrecht in Osteuropa SS 2008 Zeit/Ort: Do. 16.00 c.t. - 18.00, Seminarraum des Instituts für Osteuropäisches Recht 10.4.2008 Historisch-politischer Hintergrund und ökonomische Bezüge der Umgestaltung des Wirtschaftsrechts in Osteuropa A. Vorbemerkung I. Osteurop. R ist einer der Vertiefungsbereiche der Rechtsvergleichung. Wie Sie wissen, ist es in der Rechtsvergleichung üblich, die Rechtsordnungen der Welt nach bestimmten Gruppen zu ordnen, weil man auf dieser Weise Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen dem Recht der Staaten besser gedanklich erfassen kann als wenn man nur mechanisch Staat A mit Staat B vergleicht. Rechtskreise/Rechtsfamilien: Dt. RKreis, frz. RKreis (zs-gefaßt kontinentaleurop. RKreis), angloamerikan. RKreis, religiöse Rechte (wichtige stilbildende Gesetze, systematische/dogmatische Gemeinsamkeiten, historische Gemeinsamkeiten, Gemeinsamkeiten im Bereich der Rechtsanwendung jeder RKreis lässt Raum für Differenzierung, zugleich Parallelen mit anderen Rechtskreisen. Beisp: EU-Recht. Zugleich auch regionale Gruppierung üblich - asiatische Rechtsordnungen - nordischer Rechtskreis osteuropäische Rechtsordnungen = Gegenstand dieser Vorlesung. II. Warum lohnt es sich, sich vertieft mit osteurop. R zu befassen? - geografische Nähe - rechtspolitischer Reformbedarf in den Ländern: ist praktisch und wissenschaftlich interessant - politische/wirtschaftliche Perspektiven, auch für Juristen: s. Stellenanzeigen, wiss. Aufsätze von Praktikern mit Osteuropaerfahrung, statist. Entwicklung, eigene Eindrücke von Reisen in die Region, Zeitschriften-Artikel über Reichtum in den Staaten Osteuropas: große Dynamik. Eigene Erfahrungen aus GA für Rechtsstreitigkeiten mit Osteuropabezug, z.B. GesR, KaufvertragsR etc.: Schiedsverfahren im Gesellschafts- oder InvestitionsR. III. Planung der Vorlesung 1. Vorlesung ist erster Teil eines dreistufigen Zyklus von Vorlesungen: Einführung – Zivilrecht – Wirtschaftsrecht. Gelesen im Abstand von jeweils 2 Semestern (weil dazwischen allg. RvglVorlesung). Ergänzend biete ich in jedem Semester ein Seminar aus dem Bereich Osteurop. Recht an, in diesem Semester ein Seminar in Paris zum Thema Alternative Streitbeilegung Anmeldung noch bis nächste Woche am Do. möglich, s. Webseite. Univ. Kiel ist eine von 5 od. 6 Universitäten in Deutschland, wo osteuropäisches Recht vertieft gelehrt wird, zugleich die einzige dt. Universität, an der osteurop. R (auch: OstR) mit zivilrechtlichem Schwerpunkt unterrichtet und in der Forschung vertreten wird. 2. Methodisch werde ich so vorgehen, dass ich Ihnen heute erst einmal eine etwas allgemeine angelegte Einführung in die Geschichte des R in Osteuropa bis in die Gegenwart mit besonderem Bezug auf das Wirtschaftsrecht geben möchte. In den folgenden Vorlesungsstunden werden wir uns dann mit einzelnen Rechtsbereichen des Wirtschaftsrechts – vom öffentlichen Recht über das Zivilrecht bis zum internationalen Wirtschaftsrecht in Osteuropa – befassen. 3. Ich werde dabei häufig auch kleine Fälle behandeln, deren Lösung wir uns im Vergleich zum dt. Recht ansehen wollen, z.B. Falllösung nach dt und russischem oder polnischem Recht. Im Laufe der Zeit wird sich daraus für Sie ein Bild über die Rechtsordnungen Osteuropas ergeben. Selbstverständlich können wir hier nur einige Beispiele herausgreifen, zur Vertiefung dienen die Folgevorlesungen oder Seminare –-> Aufruf zum Erwerb von Sprachkenntnissen und Landeskenntnissen, aber dazu auch vergleichende Rechtskenntnisse erforderlich/Einstiegswissen. 4. Ziel der Vorlesung - Grundkenntnisse über das priv. und öff. Wirtschaftsrecht in der Region Osteuropa i.w.S. - Regionaler Schwerpunkt im Bereich Nordosteuropa, insbes. Russland. Aber Berücksichtigung anderer Länder nach Möglichkeit. 5. Terminübersicht der Vorlesung: s. Internet-homepage des Instituts: http://www.unikiel.de/eastlaw/ Beachte auch: a) Besuch einer Studentengruppe aus Belarus in 14 Tagen b) Gastvortrag Prof. Zoll in Vorlesung zur Rechtsvereinheitlichung (geplant) c) Woche russischen Rechts, voraussichtlich in der 2. Juliwoche. d) Lehrveranstaltungen zur dt-russ. RTerminologie von Frau Dr. Lehrke und Frau Flinsch als Teil eines Kooperationsprogramms mit dem Institut für Slavistik e) Zertifikatsprogramm „Osteuropa-Studien“ und „Osteurop. Recht“ f) Deutsch-Russisches Juristisches Institut mit verschiedenen Kooperationsmaßnahmen, z.B. Möglichkeit zu Auslandssemestern, Sprachkurse in Moskau, Kaliningrad u.a. (z.T. Stipendien der CAU oder des DAAD) g) Kooperationsprogramm „Recht im Ostseeraum“ mit wechselnden Kooperationsprojekten, z.B. Tagungen, gemeinsame Seminare (Vilnius, St. Petersburg, Stockholm, Lund etc.). g) VW-Projekt „AuslandsinvestitionsR in Aserbaidschan, Kasachstan und Russland“ B. Grundkategorien I. Osteuropa - Geografische Gegebenheiten: Welche Länder gehören zu „Osteuropa„? Begriff „Osteuropa/Mittelosteuropa/Zentralosteuropa etc. - psycholog. Empfindlichkeiten Alle ehedem sozialistischen Länder auf dem Gebiet bzw. im Einflußbereich der ehemaligen UdSSR einschließlich des ehemaligen Jugoslawien 1) Mittelosteurop. Staaten (MOE-Staaten: einschl. Nord- und Südosteuropa): Polen, Ungarn, Tschechien, Slowakei, Rumänien, Bulgarien; Kroatien, Slowenien, Makedonien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Montenegro (seit 2006), Kosovo (seit 17.2.2008). Z.T. werden die Länder Südosteuropas als getrennte Untergruppe behandelt: aber Slowenien „will nicht dazu gehören“, und eigentlich müsste man bei dieser Betrachtung auch Griechenland und die Türkei einbeziehen, die aber aufgrund ihrer anderen politischen und rechtsgeschichtlichen Entwicklung (nicht Teil des ehemaligen „sozialistischen Lagers“) üblicherweise nicht zu Osteuropa gezählt werden (Osteuropa im juristischen Kontext als historisch bedingte Kategorie). 2) Staaten auf dem Gebiet der ehem. UdSSR: = Baltikum: Lettland, Litauen, Estland = Slaw. Nachfolgestaaten: Russische Föderation, Ukraine, Belarus = Moldau = Kaukasus: Georgien, Armenien, Azerbaijan = Zentralasiat. Staaten: Kasachstan, Uzbekistan, Kyrgystan, Turkmenistan, Tajikistan 3) Sondersituation Mongolei : historisch Kern des Weltreichs der Mongolen im 13. – 14. Jhr., Eroberung Chinas, des arabischen Raums, weiter Teile Osteuropas (russ. Gebiete). Nimmt am polit. Schwäche Chinas im 19. Jhr. teil. Eigener Staat 1911, Mongolische Volksrepublik 1924, im Zuge der sowjet. Perestrojka auch Lockerungstendenzen in Mongolei, 1992 freie Wahlen, seither im Kern demokrat. Struktur mit starker Stellung der Reformkommunisten. –> Geograf. Zuordnung für rechtl. Analyse nicht zwingend; histor. + polit. Elemente ebso. zu berücksichtigen: „Zugehörigkeitsgefühl zu Europa“ II. Wirtschaftsrecht Sammelkategorie für Rechtsmaterien des Privat- und ÖffR, die sich mit der Wirtschaft beschäftigen - vom Verfasssungs- und WirtschaftsverwaltungsR - über wirtschaftsbezogene Teile des PrivatR - und des Strafrechts (WirtschaftsstrafR): s. Lehrstuhl Prof. Hoyer - bis zum Internationalen Recht (Internationales PrivatR, IZVR, WirtschaftsvölkerR, EGRecht) keine einheitliche Definition, pragmatische Auswahl von Rechtsmaterien, z.B. VertragsR, HandelsR, GesellschaftsR, Wettbewerbs- und KartellR etc. S. Plan der Vorlesung: C. Zur Methodik der Ostrechtsforschung I. Ostrechtsforschung als Teil der Rechtsvergleichung 1.„Funktionaler Vergleich“ erforderlich (Zur Rechtsvergleichung allgemein s. das Skript meiner Vorlesung im WS 2007/2008, zugänglich auf unserer Instituts-Webseite). 2. „Osteuropäisches Recht“ als eigener Rechtskreis (Rechtsfamilie)? (ggü. dt RKreis, frz. RKreis, angloamerikan. RKreis, religiösen Rechten, „Mischrechtssystemen“) - Zugehörigkeit zur Gruppe der kontinentaleuropäischen Rechte (Kodifikationen als Grundmodell, kein „case law“, Verwandtschaft mit dt. od. anderen westeurop. Rechten in vielen Details). Aber auch Besonderheiten, insbes. wg histor. Prägung („Sozialismus“), aber auch fortwirkend (?). - Vorsicht vor Annahme, dass generelle Angleichung an Rechtsvorstellungen im Westen. Differenzierender Ansatz erforderlich (z.B. grober Anhalt Unterscheidung MOE-Staaten, GUSStaaten) II. Andere Institutionen der Ostrechtsforschung (ZsArbeit z.B. über Dt. Gesellschaft für Osteuropakunde/DGO) 1. Deutschland: - Ostrechtsinstitute neben Kiel an den Universitäten Hamburg, Köln, HU Berlin (FU z.Zt. nicht aktiv), Passau, Regensburg, [auch: Österreich: Salzburg]. Im übrigen wechselnd, je nach Interesse der Lehrstuhlinhaber. - Institut für Ostrecht München „in Regensburg“, e.V. - Max-Planck-Institute in Hamburg, Heidelberg, München, Freiburg. Ausland: - Österreich: FOWI, Wirtschaftsuniversität Wien, Univ. Salzburg, Univ. Graz - Niederlande: Univ. Leiden - UK (Großbritannien): Univ. of London - USA: Columbia University, N.Y. 2. III. Literatur 1. Zeitschriften: WiRO, WGO, Osteuropa-Recht, Eastlex. Kieler Ostrechts-Notizen. 2. Loseblattsammlungen: WOS, WiRO-Hdb.; engl.-sprachige Sammlungen (z.B. Columbia Journal of East European Law) 3. Monografien, insbes. im Berliner Wissenschafts-Verlag und im LIT-Verlag (Hg. Luchterhandt) 4. Originalquellen!!! IV. Einsatz moderner Kommunikationstechnologien z.B. - http://www.rferl.org (mit mailing-list) - Server der Regierungen, Parlamente, int. Organisationen etc. (http://www.oecd.org , http://www.coe.fr - http://europa.eu.int - http://www.consultant.ru über Suchmaschinen, z.B. Zusammenstellung der Verfassungen, Regionen, Regierungen etc. Gute Hyperlink-Sammlungen auf der Webseite unseres Instituts, http://www.uni-kiel.de/eastlaw/ D. Politische, wirtschaftliche und historische Grundlagen der Entwicklung des WirtschaftsR in Osteuropa I. Einige statist. Angaben 1. Fläche: - Rußland: 17 Mio qkm [UdSSR 22 Mio qkm] - Ukraine: 603 000 qkm - Polen: 312 000 qkm - Tschech. Rep: 79 000 qkm - Estland:45 000 qkm Zum Vergleich: - USA: 9,8 Mio qkm - Deutschland: 357 000 qkm - Bayern: 70 000 qkm - S-H: 16 000 qkm 2. Bevölkerungszahl: - Rußland: 148 Mio E [UdSSR: 278 Mio E] - Ukraine: 51 Mio - Polen: 38 Mio - Tschechien: 10 Mio - Estland: 1,5 Mio Zum Vergleich: - China: 1,2 Mrd. (1994) - USA: 260 Mio - Japan: 125 Mio. - Deutschland: 81 Mio - Bayern: 12 Mio - S-H: 2,7 Mio 3. Wirtschaft a) Allgemein Differenzierte Entwicklung (in Mittelosteuropa langfristig angelegtes Wirtschaftswachstum, seit ca. 2000 auch in Osteuropa jenseits der künftigen EU-Grenzen (insbes. Russland und Kasachstan), etwas schwächer in Südosteuropa wg der politischen Konfliktlagen. Wirtschaftslage in einzelnen Staaten aus unterschiedl. Gründen weiterhin relativ schwieriger (Beisp: Albanien, Armenien, Georgien, Makedonien, Moldau, Tadschikistan, Usbekistan). Aber Vorsicht ggü. offiziellen Statistiken, da häufig großer Schattenwirtschaftssektor. Entwicklungen - der Auslandsinvestitionen: z.T. stark schwankend; in MOE-Staaten höher als in anderen Staaten Osteuropas (auch bedingt durch rechtl. Aspekte: Sicherheit?), aber z.B. in Ukraine, Kasachstan, RF deutlich gestiegen. - der Arbeitslosenquote (hoch, z.T. verdeckt, z.B. PL: 20 %!], - des Lohnniveaus [starke Einkommensunterschiede: z.B. Russland Folgewirkungen auf Korruption], - der Preise [Nachlassen der Inflation: z.B. PL 2003: 0,8 %], - der Privatisierung [versch. Arten der Privatisierung; EG rügte z.B. das langsame Voranschreiten der Privatisierung in PL in den Jahren 2002 und 2003]. . Zusammenhang mit rechtlichen Reformen (moderne Rechtsgrundlagen, Verwaltungs- und Justizreform etc.) s. besondere Hervorhebung in den jährlichen Berichten der EGKommission über den Stand der Beitrittsvorbereitungen der MOE-Staaten. Analysen der Wirtschaftsforschungsinstitute, insbes. des Instituts f. Weltwirtschaft in Kiel b) Außenhandelsbeziehungen: - Für viele dieser Staaten EU wichtigster Handelspartner, darunter häufig D als größter Einzelpartner. Verlagerung von Ausrichtung auf UdSSR bzw. Russland nach Westen mit Problemen für Russland (z.T. praktisch nur Rohstofflieferant). Allerdings in letzten Jahren zunehmend Tendenz zu Investitionen aus diesen Staaten im Westen (Finanzinvestitionen, aber zunehmend auch FDI). - Für D ist das Gewicht osteurop. Staaten als Handelspartner geringer, aber - mit Differenzierungen - wachsend. –> Insbes. mehrere mittelosteurop. Staaten haben seit Jahren Wachstum des BSP von ca. 5 %. Insgesamt sind die Wirtschaftsbeziehungen mit Osteuropa für Dt. vom Umfang her wesentlich bedeutsamer als z.B. die Wirtschaftsbeziehungen mit den USA. Einstiegsinformationen z.B. Fischer Weltalmanach 2008, Harenberg Lexikon Aktuell 2008, Statistisches Jahrbuch Ausland 2007 etc. II. Geschichte einzelner osteurop. Staaten Rußland - 10. - 12. Jhr. Kiever Rus - 13. Jhr. Tatareneinfälle - Ende 17./Anfang 18. Jhr., Zar Peter I. (der Gr.) - 1861 ff sog. Große Reformen Zar Alexanders II. - 1917 Oktoberrevolution (danach Kriegskommunismus, NEP, Zentralverwaltungswirtschaft) - 1922 Gründung der UdSSR - 1985 - 1991 Perestrojka - 1990 Souveränitätserklärung Rußlands - 1991 Auflösung der UdSSR - 1993 neue Verfassung Rußlands - 2000 Amtsantritt + Wahl Präs. Putins 1. 2. Polen - Ca. 900 - 1370 Herrscherfamilie der Piasten, danach Jagiellonen (1386 - 1572): Personalunion mit Litauen - Ende 18. Jhr. poln. Teilungen: Russland, Preussen, Österreich-Ungarn - 1918 Wiederbegründung des poln. Staates - 1980 Streiks auf der Lenin-Werft - 1989 Runder Tisch, erste nicht-kommunist. Regierung. Verfassungsänderungen. - 1997 Neue Verfassung Polens 3. Ukraine - Mittelalter (Kiever Rus), staatl. Zerfall (-- Polen, Rußland, später auch Österreich-Ungarn). - Kurze Unabhängigkeit 1918 - Ab 1992 int. anerkannte staatl Unabhängigkeit Balt. Staaten - Sprachen: Estnisch (finnougr.) -- Litauisch, Lettisch (indoeurop.: besondere Sprachengruppe neben den germanischen und slawischen Sprachen) - Christianisierung (Dt. Orden, Polen) - langjährige staatl. Eingliederung in Russ. Reich mit Autonomie - 1918 staatl Unabhängigkeit -1939 Hitler-Stalin-Pakt - 1990 Unabhängigkeitserklärungen, internat. anerkannt seit Ende 1991 4. 5. Kaukasus + zentralasiat. Staaten: lange eigenständ. Geschichte, in die Zeit Ostroms und vorher zurückreichend [ca. 1200 n.Chr: Reich der Mongolen/Goldenen Horde; bereits 3000 v. Chr. Steppenreiche der Skythen, Arzhan/„Turan“ heute im Süden Russlands/Tyva). Im MA vom Islam oder Auseinandersetzung mit ihm (Georgien, Armenien) geprägt. Seit 18. Jhr. unter Einfluss Russlands. Nach 1918 Unabhängigkeit, 1922 UdSSR. 1991 Wiedererlangung der Unabhängigkeit mit eigenständigen Orientierungen (z.B. Georgien: Ausrichtung auf Westeuropa, Armenien eher auf Russland und USA). E. Grundzüge des WirtschaftsR) in Osteuropa, in histor. Perspektive I. Allgemein 1. Histor. Traditionen (eigene Traditionen, daneben starker dt., österr, z.T. französ. Einfluß) 2. Sozialist. Epoche: - Nationalisierung der Prod.-Mittel, insbes. von Grund und Boden - Zentralverwaltungswirtschaft nach innen und außen - Abschaffung von grundlegenden Rechtsinstituten der Marktwirtschaft: z.B. InsolvenzR, KreditsicherheitenR, WettbewerbsR, Schwächung der Justiz. „PrivatR durch öff R ersetzt“ - polit. Telefonrecht - Diskussion über „sozialist. WirtschaftsR“ Grund: ideolog. Prägung (K. Marx), aber nicht ohne ethische Überzeugung (Reichtums- und Verteilungsproblematik), auch Gründe in Funktionsschwächen der Marktwirtschaft der Zarenzeit (Bildungspolitik, Elektrifizierung des Landes, Industrialisierung, Entwicklung des Nordens der UdSSR). Diese Entwicklungen waren in den verschiedenen Ländern z.T. unterschiedlich ausgeprägt, z.B. nie volle Kollektivierung des Landes in Polen. Sonderwege Jugoslawiens („Arbeiterselbstverwaltung“) und Ungarn („Gulaschkommunismus“). Problem: fehlende Zulassung von Opposition schwächt Einbringung neuer Ideen. Demokrat. Zentralismus stärkt Bürokratismus und Karrierismus/Hierarchiebewußtseit bei gleichzeitiger wirtschaftl. Stagnation, Rückzug aus Verantwortung und beginnender Schattenwirtschaft. Gewohnheit zu kurzfristigem Denken und Zweigleisigkeit/Zynismus. Diese Erscheinungen wirken aber auch nach 1990 fort, länderspezifische Ausprägungen (in den MOE-Staaten weniger negativ ausgeprägt). 3. Kodifikationen in klass. Bereichen, z.B. ZGB, ZPO 4. Seit 50er Jahren unterschiedl. Reformen, im ganzen weitaus zu wenig (s. aber z.B. Ungarn, Polen, Jugoslawien) 5. Seit 1989 allg. Umschwung, auch im Bereich des WirtschaftsR. a) Schritte: - Wiedereinführung „marktwirtschaftl. Gesetze“ (Kreditsicherheiten, KartellR, InsolvenzR etc.: Tschechien - HGB), aber z.T. Beibehaltung von Teilelementen der sozialist. Epoche (RF: Recht der operativen Verwaltung etc.). Vorzeitige Aufgabe dieser Elemente konnte auch Probleme erzeugen. - Modernisierung der grds. den kontinentaleurop. Traditionen entsprechenden Gesetze, z.B. BGB, ZGB nach internat. Diskussionen b) Übernahme „westlicher Modelle“ und Ratschläge, die allerdings häufig nicht ausreichend auf die Besonderheiten der betr. Ländern eingingen. RBeratung durch EBRD, USAid, EU, Dt., NL etc. c) Bemühen um Justizreform, s. zuletzt Rede des gewählten, demnächst ins Amt tretenden russ. Präsidenten Dmitrij Medvedev. d) Generelles Problem: RAnwendung aus vielen Gründen problembelastet: Schwächen der Ausbildung der Rechtsfachleute, Korruptionsproblematik, z.T. polit. Druck, Kriminalität. Aber: trotz dieser Schwächen kann Wirtschaft florieren, aber unterschiedl. Gründe (z.B. Aserbaidschan, RF: hohe Rohstoffpreise) und damit verbundene Risiken. Stabile Wachstumsentwicklung setzt durchgreifende Reformen voraus. –> Wichtig ist es, nach jew. Land zu differenzieren. Großgruppen MOE-Staaten einerseits (zuzügl. Baltikum), Ex-UdSSR andererseits II. Besondere Bedeutung der gesamteurop. Entwicklungen Diff. MOE-Staaten - NUS (NIS)-Staaten. a) MOE aa) 1992 ff sog. Europaabkommen der EG mit MOE-Staaten: Handelserleichterungen + Rechtsangleichung + finanzielle Förderung (Phare-Programm) bb) Kurz danach Beitrittsverhandlungen der EU mit MOE-Staaten: Europ. Rat von Kopenhagen 1993: „Beitrittskriterien“; Weissbuch 1995; März 1998 Beginn der Verhandlungen mit 5 MOEStaaten [+ Zypern], seit Okt. 1999 weitere 5 MOE-Staaten [Slowakei, Rumänien, Bulgarien, Litauen, Lettland (+ Malta)] in die Verhandlungen einbezogen Ständige Verhandlungen mit einzelnen Staaten bei laufender Vorbereitung (RAngleichung: Übernahme des sog. Gemeinschaftsbesitzstands/Acquis communautaire durch die Kandidatein) - Beobachtung durch EG-Kommission (jährl. Fortschrittsberichte). Abschluss der Verhandlungen mit den MOE-Staaten Tschechien, Slowakei, Polen, balt. Staaten und Slowenien im Dez. 2002, Unterzeichnung des Beitrittsvertrages beim Europäischen Rat in Athen am 16.4.2003 umfangreiches Dokument: Beitrittsakte (allg.) + Beitrittsvertrag selbst + 18 Anhänge + weitere Dokumente. Mittlerweile von allen Staaten ratifiziert, am 1.5.2004 in Kraft getreten Damit sind die Beitrittsstaaten einerseits Teil der politischen Gemeinschaft, andererseits gilt dort dann umfassend das EG-Recht. Allerdings in best. Bereichen Übergangsfristen vorgesehen, insbes. ArbN-Freizügigkeit und Erwerb von Grund und Boden. Probleme z.T. bei der Umsetzung des EG-Rechts im Vorfeld des Beitritts bzw. danach: Risiko von Vertragsverletzungsverfahren. Z.T. liegen die Probleme auf wirtschaftl. Ebene (prakt. Umsetzung von UmweltschutzR oder einer angemessenen Vergütung für die Angehörigen des öff. Dienstes Korruptionsproblematik). Zur Unterstützung des Beitritts für Übergangsfrist von einigen Jahren finanzielle Sondermittel vorgesehen (sog. Übergangs-Fazilitäten), danach allg. Fonds der EG (Strukturfonds, etc.) –>s. Generaldirektion Erweiterung (Verheugen) cc) Zweite Beitrittsrunde: Bulgarien + Rumänien: Beitritt 2007 dd) In absehbarer Zeit Kroatien (EG-Beitrittsantrag 2003), Verzögerung aus polit. Gründen (Kooperation mit Jugoslawien-Tribunal in Den Haag; Kriegsverbrecherverfolgung). ee) Offen späterer Beitritt weiterer Staaten (Montenegro, Serbien, Makedonien, Ukraine, Georgien, Russland?) Sonderthema Türkei: z.Zt. noch polit. Bedenken. b) Beziehungen der EU zu anderen osteurop. Staaten, insbes. Rußland, auf der Grundlage von Partnerschaftsabkommen (seit 1997) bzw. ohne Abkommen. Ebf. Kooperation: polit. ZsArbeit + RAngleichung, finanzielle Förderung (TACIS), aber deutlich geringer als ggü Beitrittskandidaten. Z.Zt. Vorbereitung von PKAs zweiter Generation: Verhandlungen mit Ukraine laufen, mit RF ins Stocken geraten wg Streit um poln. Fleischexporte nach RF. Jetzt wieder aufgenommen. Späterer EG-Beitritt? Literaturhinweise zur Nachbereitung: Streit/Mummert, Grundprobleme der Systemtransformation aus institutionenökonomischer Perspektive, in: Hopt u.a. (Hrsg.), Systemtransformation in Mittel- und Osteuropa und ihre Folgen für Banken, Börsen und Kreditsicherheiten (1998), S.3 - 35 Literaturhinweise zur Vorbereitung auf die nächste Veranstaltung: Luchterhandt, Zu Stand und Inhalten der Kodifikation des Allgemeinen Verwaltungsrechts in Ostmittel-, Ost- und Südosteuropa, in: ders. (Hrsg.), Verwaltung und Verwaltungsrecht im Erneuerungsprozeß Osteuropas (2001), S.15 - 39 Geistlinger, Verfassung und Verwaltung in Osteuropa, in: Luchterhandt (Hrsg.), Verwaltung und Verwaltungsrecht ... (s.o.), S.383 - 399