Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie 08.05 Elektromagnetische Felder (Ausgabe 1999) Problemstellung Seit ihrer Entdeckung hat die Elektrizität das Leben der Menschen grundlegend verändert und ist heute ein unersetzbarer Bestandteil der Zivilisation geworden. Elektrizität kann in jede andere Energieart wie z.B. mechanische Arbeit, Wärme oder Licht konvertiert werden und ist damit universal verwendbar. Die Nutzung elektrischer Energie ist zwangsläufig mit dem Auftreten elektrischer und magnetischer Felder verbunden. Es handelt sich dabei fast ausschließlich um Wechselfelder, da technische Geräte vorwiegend mit Wechselstrom gespeist werden oder ihrerseits Wechselströme produzieren. Beim Wechselstrom ändert sich mit der Polarität des Stromes auch fortwährend die Richtung des Feldes. Die Anzahl der Perioden je Sekunde bezeichnet man als Frequenz, die in der Maßeinheit "Hertz" (Hz) angegeben wird. Ein Überblick des Spektrums elektromagnetischer Felder ist in Abb. 1 dargestellt. Abb. 1: Elektromagnetisches Spektrum: Übersicht zur Anwendung und zu den Erscheinungsformen elektromagnetischer Energien aufgetragen über die Frequenz f (bzw. die Wellenlänge ) (VEÖ 1991) Die Bezeichnung "elektromagnetisches Feld" trifft streng genommen nur auf den Hochfrequenzbereich zu, da Magnetfeld und elektrisches Feld hier untrennbar verbunden sind und sich als elektromagnetische Welle frei im Raum ausbreiten können. Im Niederfrequenzbereich existieren dagegen unabhängig voneinander ein magnetisches und ein elektrisches Feld. Die elektrische Feldstärke wird mit E bezeichnet und in der Einheit V/m bzw. kV/m angegeben. Dargestellt wird das elektrische Feld durch Feldlinien, die senkrecht auf leitenden Körperoberflächen stehen. Jede Geometrie erzeugt ein charakteristisches elektrisches Feld. Als Beispiel sind in Abb. 2 die Feldlinien in der Umgebung eines zweiadrigen Kabels dargestellt. 1 Abb. 2: Elektrische Feldlinien um ein zweiadriges Kabel Die magnetische Feldstärke H wird in Ampere pro Meter (A/m), die magnetische Flußdichte B wird in der Einheit T ("Tesla") angegeben. Da die magnetischen Flußdichten häufig sehr klein sind, findet im folgenden überwiegend das Millionstel eines Tesla - ein µT - Verwendung. Die magnetischen Feldlinien verlaufen kreisförmig um den Leiter (vgl. Abb. 3). Abb. 3: Magnetisches Wirbelfeld B um einen vom Strom I durchflossenen Leiter Elektrische und magnetische Felder breiten sich immer von einer Quelle ausgehend in den Raum aus. Das elektrische Feld ist ein Quellenfeld, das zwischen getrennten Ladungen (Batterie, Steckdose) auftritt. Das magnetische Feld ist ein Wirbelfeld, das nur auftritt wenn Ladungen bewegt werden, das heißt ein Strom fließt. An jedem unter Spannung stehenden Leiter existiert also ein elektrisches Feld, das magnetische Feld entsteht aber erst wenn ein Strom fließt, das heißt z.B. eine Lampe eingeschaltet ist. Die Feldstärken nehmen mit zunehmendem Abstand von der Quelle sehr rasch ab. Natürliche Felder Statische elektrische und magnetische Felder (Gleichfelder) von nennenswerter Feldstärke hat es schon immer auf der Erde gegeben. 2 Abb. 4: Natürliche elektrische und magnetische Gleichfelder Luftbewegungen in der Atmosphäre sowie die ionisierende Wirkung kosmischer Strahlung in den höheren Luftschichten (Ionosphäre) erzeugen ein elektrisches Gleichfeld zwischen Erdoberfläche und Ionosphäre. Unter normalen Wetterbedingungen beträgt die Feldstärke in Bodennähe 100-500 V/m, während diese bei Gewitteraktivität bis auf über 20 000 V/m (20 kV/m) ansteigen kann. Wechselfeldanteile bei Frequenzen, wie sie in der Energieversorgung Verwendung finden, treten praktisch nicht auf. Die natürliche Hintergrundfeldstärke bei 50 Hz beträgt lediglich 0,1 mV/m. Das statische magnetische Feld ist von seiner Wirkung auf eine Kompaßnadel bekannt. Es ist zeitlich nahezu konstant und beträgt in Deutschland ca. 42 µT. Ursache des Gleichfeldes sind Kreisströme im Erdinneren. Extrem hohe Feldstärken können in der Nähe von Blitzen auftreten (bis zu 1 T, was zu Herzstillstand beim Menschen führen kann). Geringe Schwankungen der Flußdichte werden durch den Sonnenwind hervorgerufen, dessen geladene Teilchenströme das Erdmagnetfeld deformieren. Weiterhin existieren hochfrequente Komponenten des magnetischen Feldes, als Auswirkung der globalen Gewitteraktivität. Diese sind jedoch derart gering, daß bei 50 Hz nur ein Wechselfeldanteil von 10-6 µT vorliegt (WHO 1984). Technische Felder Im niederfrequenten Bereich sind die technischen Feldquellen häufig erheblich stärker als die in der Umwelt natürlich auftretenden Felder. Es handelt sich dabei überwiegend um Energieversorgungseinrichtungen, die zur Erzeugung und zur Verteilung elektrischer Energie dienen bzw. um die technischen Verbraucher selbst. Hierzu gehören industrielle Anlagen, private Installationen und Verbraucher (z.B. Haushaltsgeräte) sowie öffentliche Transportsysteme (z.B. U-Bahn, Fernbahn). Zusätzlich zu den Feldimmissionen großtechnischer Anlagen ist der Mensch heute im Haushalt und an Arbeitsplätzen von einer Vielzahl von Quellen elektrischer und magnetischer Felder umgeben, deren Feldanteile sich summieren und deren Feldstärken die der zuvor genannten Anlagen übertreffen können. Die Feldstärke ist dabei ganz wesentlich von der Entfernung zum Gerät abhängig sowie von dessen technischer Ausführung, welche für die große Streuung des Wertebereichs einzelner Gerätetypen verantwortlich ist. In der Legende der Karte sind bereits die Feldstärken von Elektrogeräten im üblichen Gebrauchsabstand aufgelistet ("Repräsentative Werte magnetischer Flußdichten von Haushaltsgeräten in unterschiedlichen Abständen"). Der Vergleich mit den in der 3 Karte eingetragenen Feldstärken von Hochspannungsfreileitungen zeigt, daß die Feldstärken an gewöhnlichen Haushaltsgeräten tatsächlich häufig höher liegen. Biologische Wirkungen Unter dem Schlagwort "Elektrosmog" sind die technischen Feldemissionen in den letzten Jahren in das Interesse der breiten Öffentlichkeit gerückt. Über die möglichen Wirkungen elektromagnetischer Felder wurden weltweit zahlreiche Untersuchungen an Menschen, Tieren, Pflanzen bzw. Zell- und Gewebekulturen, sowie eine Reihe großer epidemiologischer Studien durchgeführt. Die Wirkungen von elektromagnetischen Feldern hängen im allgemeinen von der Frequenz und der Intensität, aber auch von individuellen Eigenschaften wie zum Beispiel die Körpergröße oder der Ausrichtung zum Feld ab. Weitgehend abgesichert sind die auf Reizströmen (Abb. 5) basierenden Effekte hoher und mittlerer Feldstärken, welche die Basis der heutigen Grenzwerte für den Personenschutz bilden. Abb. 5: Schematische Verteilung der induzierten Wirbelströme bei longitudinaler und transversaler Orientierung des Magnetfeldes zum Körper (SSK 1990) Ein äußeres magnetisches Feld induziert Wirbelströme im menschlichen Körper, deren Kreisebene senkrecht zur Feldrichtung steht. Analog erzeugt ein elektrisches Feld in Feldrichtung orientierte Ströme im menschlichen Körper, die z.B. unter einer Hochspannungsfreileitung vom Kopf zu den Füßen - und umgekehrt - fließen (Wechselfeld!). Diese feldinduzierten Ströme werden in niederfrequenten Feldern als überwiegende Ursache für biologische Effekte angesehen. Ab bestimmten Schwellwerten erzeugen die Induktionsströme ebenso wie direkte Körperströme eine Reizwirkung, die den Organismus schädigen können. 4 Tab. 1: Biologische Wirkungen verschiedener Stromdichtebereiche bei 50 Hz (nach Bernhardt 1990) Obwohl empfindliche Personen elektrische Felder bereits ab 1 kV/m wahrnehmen können, sei es durch die Vibration von Körperhaaren oder aufgrund der Entladung von leitenden Gegenständen über den menschlichen Körper, sind ernsthafte Gesundheitsschäden auch bei langfristiger Einwirkung nicht bekannt. Mittelbare Wirkungen auf elektronische Implantate, z.B. auf selten verwendete Typen von unipolaren Herzschrittmachern können zwar ab Feldstärken von 2,5 kV/m bzw. 20 µT auftreten, das Entstehen lebensgefährlicher Situationen ist jedoch sehr unwahrscheinlich. Es kommt aber mitunter zu unangenehmen "Stolper-Rhythmen", weshalb die Betroffenen starke Felder meiden sollten (BfS 1994). In der wissenschaftlichen Literatur findet sich ebenfalls eine Vielzahl epidemiologischer Studien, bezüglich eines möglichen Zusammenhangs zwischen der Feldexposition und dem Krebsrisiko bestimmter Personengruppen. Bislang lieferten die Studien trotz teilweise erheblichen Aufwandes widersprüchliche Ergebnisse. Direkte Vergleiche werden durch abweichende Untersuchungsbedingungen erschwert. Übereinstimmend wird jedoch die Notwendigkeit weiterer Forschungsarbeiten unterstrichen, sowohl in der Epidemiologie als auch im Bereich der Wirkungsmechanismen. Grenz- und Richtwerte Auf Grundlage der ermittelten Effekte und Wirkungen wurden von verschiedenen nationalen und internationalen Organisationen für unterschiedliche Frequenz- und Expositionsbereiche Richt- und Grenzwerte erlassen. Neben den Grenzwerten für die direkte Feldeinwirkung (V/m, A/m) bei Berufstätigen und der Bevölkerung gibt es weiterhin noch Grenzwerte für indirekte Feldeinwirkungen, Herzschrittmacher, Sender kleiner Leistung, Teilkörperexposition, Kurzzeitexposition, gepulste Strahlung usw. Aufgrund unterschiedlicher Schutzkonzepte für die verschiedenen Bevölkerungsgruppen sind die meisten Grenz- und Richtwerte nur bedingt miteinander vergleichbar. Der Arbeitskreis Nichtionisierende Strahlung - International Comittee on Non-Ionizing Radiation Protection (ICNIRP) - der internationalen Strahlenschutzorganisation - International Radiation Protection Association (IRPA) - definiert eine maximal zulässige Körperstromdichte von 10 mA/m² (INIRC/IRPA 1990), die sich an den im Körper vorhandenen physiologischen Stromdichten orientiert. Akute Gefahren für die Gesundheit durch die Störung von Nerven-, Muskel- und Herzfunktionen treten erst bei dem 10 bis 100-fachen dieses Wertes auf (siehe Tab. 1). Zur Vorsorge für die allgemeine Bevölkerung empfiehlt IRPA/ICNIRP eine weitere Reduktion um den Faktor 5, woraus eine Körperstromdichte von 2 mA/m ² resultiert. 26. BImSchV Zum Schutze der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen leiten sich aus diesem Basis-Vorsorgewert für die äußeren elektrischen und magnetischen Feldstärken bei einer Frequenz von 50 Hz die Grenzwerte ab, die seit dem 01.01.1997 in Deutschland durch die 26. 5 Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (26. BImSchV 1996) gesetzlich bindend sind. Die Grenzwerte für Niederfrequenzanlagen - im Sinne der Verordnung determiniert als "ortsfeste Anlagen zur Umspannung und Fortleitung von Elektrizität einer Spannung von 1000 Volt oder mehr" - sind: Tab. 2: Grenzwerte der 26. BImSchV für ortsfeste Niederfrequenzanlagen Zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen sind Freileitungen, Erdkabel, Bahnstromoberleitungen und Elektroumspannanlagen so zu errichten und zu betreiben, daß in ihrem Einwirkbereich in Gebäuden und auf Grundstücken, die nicht nur zum vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, bei höchster betrieblicher Anlagenauslastung und unter Berücksichtigung von Immissionen durch andere Niederfrequenzanlagen die Grenzwerte der elektrischen Feldstärke und magnetischen Flußdichte nicht überschritten werden. Unter bestimmten Bedingungen darf hiervon abweichend die magnetische Flußdichte kurzzeitig und die elektrische Feldstärke kleinräumig die Werte um 100 % überschreiten. "Zum Zwecke der Vorsorge haben bei der Errichtung oder wesentlichen Änderungen von Niederfrequenzanlagen in der Nähe von Wohnungen, Krankenhäusern, Schulen, Kindergärten, Kinderhorten, Spielplätzen oder ähnlichen Einrichtungen in diesen Gebäuden oder auf diesen Grundstücken" auch die maximalen Effektivwerte den Grenzwerten zu entsprechen. Das Land Berlin empfiehlt darüberhinaus, die Grenzwerte nicht auszuschöpfen, und insbesondere bei Planungen im Rahmen der Möglichkeiten eine Reduzierung der Werte in den besonders genannten Bereichen auf 10 von Hundert. Diese Empfehlungen stützen sich auf in der 26. BImSchV nicht berücksichtigte Wirkungen elektromagnetischer Felder auf elektrisch oder elektronisch betriebene Implantate sowie auf Veröffentlichungen des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS 1994). Der Geltungsbereich der Grenzwerte erstreckt sich grundsätzlich nur auf die Errichtung oder die wesentliche Änderung von Anlagen. An Anlagen, die vor Inkrafttreten der 26. BImSchV errichtet wurden, sind die Grenzwerte nach Ablauf von drei Jahren seit Inkrafttreten der Verordnung einzuhalten. Ebenfalls ist zu beachten, daß die Grenzwerte nur in den Bereichen einzuhalten sind, die nicht nur zum vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Landwirtschaftlich genutzte Flächen oder auch Bahnsteige z. B. sind hiervon ausgenommen. Auf Bahnsteigen halten sich zwar unter Umständen ständig Menschen auf, die maßgebliche Verweildauer des Einzelnen ist aber gering. Abb. 6: Anwendungsbereich verschiedener Grenz- und Richtwerte (BG = Berufsgenossenschaften, UVV = Unfallverhütungsvorschriften) 6 Da die Grenzwerte der 26. BImSchV nur bestimmte Anlagen betreffen - insbesondere Anlagen einer Betriebsspannung von 1000 Volt oder mehr - sind in der Praxis häufig zusätzlich die Richtwerte der IRPA/ICNIRP heranzuziehen (Tab. 3), die einen viel umfassenderen Bereich abdecken als die 26. BImSchV (siehe Abb. 6). Die Richtwerte der IRPA/ICNIRP (ICNIRP/IRPA 1990, 1994, 1998) erfassen sowohl allgemeine Bereiche als auch Arbeitsplätze. Einschränkungen betreffend der Spannungsebene oder des Zeitpunktes der Errichtung einer Anlage gibt es nicht. Die IRPA/ICNIRP erfaßt zusätzlich Gleichfelder, die in der Medizin und Industrie eine wichtige Rolle spielen. Die Richtwerte der IRPA/ICNIRP sind jedoch nicht als gesetzlich bindend anzusehen, sondern haben nur den Charakter einer Empfehlung. Sie sind dennoch derart bedeutend, daß der Gesetzgeber die Grenzwerte der 26. BImSchV ausdrücklich an den Richtwerten der IRPA/ICNIRP orientiert hat. An Arbeitsplätzen, die nicht unter die 26. BImSchV fallen - Arbeitsplätze an denen bestimmungsgemäß mit einem Auftreten von elektromagnetischen Feldern zu rechnen ist - gelten grundsätzlich die Unfallverhütungsvorschriften (UVV) der Berufsgenossenschaften. Diese sind derzeit in Deutschland in Bearbeitung und werden die bisherigen Empfehlungen der Berufsgenossenschaften (BGF 1995) ersetzen. Zusammenfassend werden in Tab. 3 noch einmal Grenzwerte und Richtwerte in öffentlichen Bereichen und an Arbeitsplätzen aufgelistet. Der Anwendungsbereich beschränkt sich ausdrücklich auf 50 Hz. Historisch bedingt entstanden dabei am Anfang die Grenzwertempfehlungen des VDE (VDE 0848 1995) und der IRPA für die berufliche Exposition zum Schutz gegen die allgemein anerkannten Wirkungen in starken elektrischen und magnetischen Feldern. Die Differenz in den Grenzfeldstärken der beiden Gremien beruht dabei lediglich auf der Umrechnung derselben primären Basisgrenzwerte in sekundäre Grenzwerte für äußere Felder mittels verschiedener Modellansätze. Die IRPA definierte gleichzeitig auch Grenzwerte für die allgemeine Bevölkerung, die bis zum heutigen Tage Bestand haben, während der VDE versuchte, dies erst in den Änderungen 1-3 der Norm 0848, Teil 4 nachzuholen. Da die VDE als Interessenvereinigung der Elektroindustrie jedoch unzweifelhaft einer gewissen Befangenheit unterliegt, näherten sich die Empfehlungen der VDE niemals eindeutig denen der IRPA und gelangten niemals über das Stadium einer Vornorm hinweg. Folglich sah der Gesetzgeber die Empfehlungen des VDE nicht als maßgeblich an und orientierte die Grenzwerte der 26. BImSchV an den international unumstrittenen Empfehlungen der IRPA. Darüber hinaus existiert im Rahmen der europäischen Harmonisierung ein Grenzwertvorschlag des European Committee for Electrotechnical Standardization (CENELEC). Dieser wird jedoch voraussichtlich nicht von der EG übernommen, sondern durch einen Vorschlag des EG-Ministerrates im Rahmen der Richtlinien zu physikalischen Normen an Arbeitsplätzen ersetzt. Tab. 3: Grenz- und Richtwerte elektrischer und magnetischer Felder CENELEC - European Committee for Electrotechnical Standardization IRPA/INIRC - International Non-ionizing Radiation Committee / International Radiation Protection Association; die Arbeit wird fortgesetzt durch die ICNIRP DIN VDE - Deutsches Institut für Normung e.V., Verband Deutscher Elektrotechniker e.V. BImSchG - Bundes-Immissionsschutzgesetz Datengrundlage Grundlage der hier dargestellten elektromagnetischen Feldstärken sind Messungen und Berechnungen ausgewählter Feldquellen im Frequenzbereich von 0 Hz bis 500 Hz, die im Rahmen des Projektes "Emissionskataster der niederfrequenten elektrischen und magnetischen Feldexposition 7 im Stadtgebiet Berlin" (Koffke et al. 1995, Stenzel et al. 1996, Frohn et al. 1995, Skurk et al. 1996, Frohn et al. 1996) erfaßt wurden. Das Projekt wurde unterstützt durch: Berliner Kraft- und Licht-Aktiengesellschaft (BEWAG), Senatsverwaltung für Gesundheit, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie, VEAG - Vereinigte Energiewerke Aktiengesellschaft. Folgende Stadtgebiete wurden betrachtet: Berlin-Buch/Karow Neubaugebiet mit Nähe zu Hochspannungsfreileitungen und Bahnstrecken Berlin-Charlottenburg S-Bahn und Fernbahn im Citybereich Berlin-Hellersdorf / -Marzahn / -Hohenschönhausen Wohnansiedlung und Mischgebiete mit hohem Anteil an Hochspannungsfreileitungen Berücksichtigt wurden die Feldquellen: 110-kV-, 220-kV-, 380-kV-Hochspannungsfreileitungen 110-kV-Erdkabel Umspannwerk Karow 10-kV-Mittelspannungsebene 1-kV-Netz Netzstationen Streckenführung der Fernbahn Streckenführung der S-Bahn Eine vollständige Beschreibung aller Untersuchungen findet der Leser in den Referenzen (FGEU 1994, FGEU 1995, FGEU 1996, Frohn et al. 1996, Koffke et al. 1995, Stenzel et al. 1996). Als Kartengrundlagen wurden die Meßtischblätter im Maßstab 1 : 10 000 der Senatsverwaltung für Bau und Wohnungswesen verwendet. Für Hochspannungsfreileitungen, Erdkabel und Netzstationen lagen zusätzlich Trassen- und Netzpläne der Energieversorger (Bewag und VEAG) vor, anhand derer abweichende Positionen korrigiert wurden. Alle Kartenblätter wurden vollständig digitalisiert und in Vektorformat konvertiert. Die Betriebsdaten der Anlagen mit einer Betriebsfrequenz von 50 Hz wurden von den Energieversorgern zur Verfügung gestellt, aus deren Projektierungsunterlagen Mastbilder, Masthöhen sowie die minimalen Bodenabstände in Mastfeldmitte entnommen werden konnten. Die Daten zur Berechnung der Streckenführung der Fernbahn und der S-Bahn wurden der Literatur und Meßtischblättern entnommen, da keine Angaben des Betreibers vorlagen. Einspeisepunkte und Besonderheiten sind demnach nicht berücksichtigt. Die Lage der Strecke ist mit einem horizontalen Fehler von 10 m versehen. Methode Elektrische und magnetische Felder sind durch starke räumliche Variation und schnelle zeitliche Schwankungen gekennzeichnet. Die zeitlichen Schwankungen betreffen vor allem das Magnetfeld, welches sich proportional zum Stromfluß verhält und jede Substanz - mit Ausnahme ferromagnetischer bzw. leitender Materialien - unverändert durchdringt. Das elektrische Feld wird dagegen in der Umgebung von Bebauung und Bewuchs stark verzerrt, wobei diesen Objekten im allgemeinen eine abschirmende Wirkung zukommt. Bei der Ermittlung der dargestellten Werte kamen verschiedene Methoden zum Einsatz. Diese beruhen zum einen auf reinen Messungen oder Berechnungen sowie andererseits auf einer Kombination aus Messung und Berechnung. Messungen Die Messungen dienten grundsätzlich nur der Typisierung von Objekten (Netzstationen, 1-kV-Kabel etc.) und der Normierung von Berechnungsdaten (z.B. auf Fahrströme der Bahn), da Messungen zwar den exakten Feldzustand beschreiben, aber nur ein momentanes Bild liefern. Messungen sind für großflächige Erfassungen nur bedingt geeignet, da sie einen beträchtlichen Aufwand erfordern. 8 Messungen sind dann zu bevorzugen, wenn komplexe Anlagen vorliegen, wie dies z.B. häufig an Arbeitsplätzen der Fall ist. Berechnungen Berechnungsverfahren (Utmischi 1976, Haubrich 1974, FGEU 1997) sind nicht nur als Ersatz für aufwendige Messungen zu betrachten, sondern können z.B. bei der Planung neuer Anlagen oder der Simulation verschiedener Betriebszustände sogar unerläßlich sein. Felder sind im Gegensatz zu den konventionellen Umweltfaktoren vollständig durch die Eigenschaften der Feldquelle beschreibbar. Ein Drift durch Luftbewegungen (wie z.B. bei gasförmigen Immissionen) und anschließender Eintrag durch Niederschlag an einem anderen Ort, findet nicht statt. Dieser Vorteil ist jedoch nur dann gültig, wenn eine ungestörte Feldausbreitung vorausgesetzt wird. Bei niederfrequenten Magnetfeldern ist dies nahezu gegeben, da ferromagnetische Substanzen nicht in ausreichendem Umfang in der Umwelt vorhanden sind. Elektrische Felder werden dagegen häufig durch Bebauung und Bewuchs verzerrt - die Betrachtung der ungestörten Feldstärken stellt jedoch i.a. den 'worst-case' dar. Die ungestörten Feldstärken an den Hochspannungsfreileitungen wurden über das gesamte Untersuchungsgebiet berechnet. Messungen fanden nur noch zur Verifizierung der Berechnungen statt. Die Feldverteilung an Bahnanlagen wurde lokal bestimmt und auf die gesamten Streckenabschnitte extrapoliert. Die Berechnungen erfolgten mit dem Programmpaket WinField (FGEU 1997). Hochspannungsfreileitungen Im Untersuchungsgebiet Berlin-Buch verlaufen insgesamt drei Hochspannungstrassen, in deren Umgebung die magnetische Flußdichte unter Annahme durchschnittlicher Ströme berechnet wurde. Die 110-kV-Leitung ist dabei teilweise als Erdkabel ausgeführt. Vorausgesetzt werden muß, daß die Strombelastungen der Leitungen tageszeitlichen Schwankungen unterliegt. Bei den Berechnungen der elektrischen Feldstärke wurden die tatsächlich zu den Meßzeitpunkten vorhandenen Betriebsspannungen zugrundegelegt. Diese betrugen 400 kV für die 380-kV-Leitung, 229 kV für die 220-kV-Leitung und 110 kV für die 110-kV-Leitung (die Betriebsspannung kann sich abhängig von der Belastung ändern). Zu berücksichtigen ist ferner, daß der Durchhang der Leiterseile maßgeblich für die Bodenfeldstärke einer Freileitung verantwortlich ist. Dieser ist letztlich von der Leiterseiltemperatur abhängig, welche u.a. mit steigender Übertragungsleistung bzw. Lufttemperatur zunimmt. Für die Feldsimulation wurde der mittlere Durchhang bei einer Außentemperatur von + 10 °C (entsprechend DIN VDE 0210) zugrundegelegt. Um den Einfluß des Durchhangs auf das magnetische bzw. elektrische Feld unter den Freileitungen zu demonstrieren, wurden Feldstärken eines Querprofils bei drei verschiedenen Leiterseildurchhängen berechnet (siehe Tab.4). Tab. 4: Berechnete maximale elektrische und magnetische Feldstärken bei Variation des Durchhangs um 1 m (Mastfeld 447-448; min. Durchhang 10,70 m) der 380-kV-Freileitung Es ist ersichtlich, daß der Durchhang eine entscheidende Rolle für die Bodenfeldstärken spielt. Der Effekt ist um so größer, je geringer der Bodenabstand bzw. je größer der Durchhang der Leiterseile ist. Zur Verifizierung der Berechnungen wurden Querprofile in 1 m Höhe über dem Erdboden unter gleichzeitiger Mitschrift der Leitungsströme bei bekanntem Durchhang der Leiterseile und exakt definierter Position gemessen. Derartige Messungen weisen zu 95 % Übereinstimmung mit Berechnungen der Feldstärken auf (vgl. Abb. 7). 9 Abb. 7: Gemessenes und berechnetes Längsprofil der magnetischen Flußdichte in 1 m Höhe über Boden unter der 380-kV-Freileitung. Die Masten stehen auf den Positionen 0 m und 440 m Der sich ständig mit der Außentemperatur und der Belastung ändernde Durchhang und damit der Bodenabstand der Leiterseile stellt neben dem Stromfluß die Hauptursache dafür dar, daß Messungen an Hochspannungsfreileitungen nur momentane Feldstärken ermitteln können. Deshalb besitzen nur Messungen unter definierten Bedingungen eine Aussagekraft und können als Basis für Berechnungen dienen - im Idealfall ein Querprofil je Mastfeld. Erst bei ausreichender Übereinstimmung zwischen Messung und Berechnung können die Berechnungsparameter auf die gesamte Trasse übertragen werden. Erdkabel Der als Erdkabel ausgeführte Streckenabschnitt der 110-kV-Freileitung wurde hinsichtlich Messung und Berechnung der Feldstärken analog zur Freileitung behandelt. In der Praxis zeigte sich, daß die durch Erdkabel erzeugten Feldstärken über Gehwegen und Straßen gering sind und sich nur auf einen engen Bereich oberhalb des Kabelgrabens beschränken. Eine elektrische Feldkomponente tritt an Erdkabeln nicht auf, da die Kabel mit einem geerdeten metallischen Außenmantel ausgestattet sind und zudem im leitenden Erdreich verlegt werden. Netzstationen An Netzstationen wurde die magnetische Flußdichte im Umkreis weniger Meter gemessen. Dies ist ausreichend, da in Entfernungen von mehr als 2-3 m in der Regel Felder der Niederspannungskabel überwiegen. Eine Normierung des zeitlichen Verhaltens kann entfallen, weil kurzzeitige Schwankungen gering sind. Ähnlich wie bei Freileitungen variiert der Lastgang der Netzstationen geringfügig mit dem Tages- und Jahresverlauf. Eine elektrische Feldstärke tritt in der Umgebung von Netzstationen nicht auf, da das elektrische Feld der Anlage von den Gebäudewänden abgeschirmt wird. Streckenführung der Fernbahn Die Oberleitungsströme und der Rückstromanteil über die Schienen sind durch simultane Langzeitmessungen der magnetischen Flußdichte in unterschiedlichen Abständen (z.B. 5, 10 und 20 m) von der Streckenführung bestimmbar. Hierzu werden die Ströme als Eingabeparameter einer Simulationsrechnung solange variiert, bis das Feldstärkeprofil des Magnetfeldes den Messungen entspricht. Voraussetzung ist die genaue Kenntnis der Streckenkonfiguration. Die Ergebnisse der Simulation sind dann lokal gültig. Sie können jedoch nicht ohne weiteres auf größere Streckenabschnitte übertragen werden, da die magnetischen Felder an Bahnstrecken von zahlreichen Parametern abhängen. Der Rückstromanteil, und damit die Kompensation des Magnetfeldes, nimmt z.B. mit der Entfernung vom Unterwerk ab. Deshalb sind zur Betrachtung eines Bahnabschnittes mehrere, aus Langzeitmessungen bestehende Profile heranzuziehen. Mit der Zunahme der Profildichte steigt dann auch die Aussagekraft der simulierten Fahrströme. 10 Dieses Verfahren wurde am Savignyplatz in Berlin-Charlottenburg mit insgesamt 15 Langzeitmessungen angewandt. Eine typische Langzeitmessung der magnetischen Flußdichte bei einer Frequenz von 16 2/3 Hz ist in Abb. 8 dargestellt. Abb. 8: Magnetische Flußdichte in 11,2 m Abstand zur Gleisführung in der Schlüterstraße in BerlinCharlottenburg Aufgrund der begrenzten Speicherkapazität des Meßgerätes konnte nur ein Zeitraum von 21 Stunden erfaßt werden, daher die Lücke zwischen 10:11 Uhr und 12:52 Uhr. Wie für Bahnanlagen typisch liegt der zeitliche Mittelwert um Größenordnungen unter den Spitzenwerten. Jeder dieser Spitzenwerte ist durch eine oder mehrere Zugaktivitäten zwischen Zoologischer Garten und Savignyplatz, das heißt vorwiegend durch vom Bahnhof Zoologischer Garten abfahrende Züge verursacht. Das Magnetfeld wird dabei nicht etwa vom Zug emittiert, sondern entsteht zirkular um das System aus Fahrdraht und Schienen. Aufgrund der Speisung des Oberleitungssystems aus Richtung Wannsee zur Zeit der Messung besteht das Feld am Meßort nur so lange, wie ein Zug auf der Strecke zwischen dem Zoologischen Garten und dem Meßort Energie verbraucht. Die entsprechende Zeitspanne beträgt maximal fünf Minuten (Plotzke et al. 1995). Im Moment der Vorbeifahrt sinkt die Feldstärke schlagartig auf nahezu Null. Das verbleibende Restfeld (Grundpegel in Abb. 8) entsteht durch Züge, die dem Oberleitungsnetz auf dem Bahnhof Zoologischer Garten Energie für Steuer-, Regeltechnik, Klimatisierung etc. entnehmen. Anhand der einzelnen Langzeitmessungen wurde ein Profil für die maximale Feldexposition während der Fahrt des ICE über den Streckenverlauf Zoologischer Garten - Charlottenburg erstellt (siehe Abb. 9; der Maximalwert von 1,99 µT wurde in einer Gaststätte direkt unter dem Bahndamm gemessen). Die Abnahme der magnetischen Flußdichte mit dem Abstand ist offenkundig zu erkennen. Zusätzlich ist eine numerische Berechnung der magnetischen Flußdichte aufgetragen, für deren Maximum eine durch Simulation ermittelte Stromstärke auf der Oberleitung von 226,2 A und ein Rückstromanteil über die Schienen von 68 % ausschlaggebend sind. 11 Abb. 9: Maximale magnetische Flußdichte an der Streckenführung der Fernbahn - durch Simulation ermittelt Die gemessenen Werte sind als Punkte eingetragen. Die linke Kurve entspricht der magnetischen Flußdichte bei Durchfahrt auf dem südlichen Gleis, die rechte Kurve entspricht der magnetischen Flußdichte auf dem nördlichen Gleis. Für die Berechnung der magnetischen Flußdichte an der gesamten Bahnstrecke in BerlinCharlottenburg wurde jede Strecke durch ein 3-Leitersystem (2 Schienen, 1 Fahrdraht) simuliert (Oberleitung quergeschaltet). Als Betriebsstrom wurden die mittels Simulation erhaltenen Oberleitungsströme von 226 A angesetzt. Der Ansatz eines einheitlichen Fahr- und Rückstroms für den gesamten Streckenabschnitt stellt natürlich eine Verallgemeinerung dar, die nicht mit der Realität übereinstimmen muß. Die Fernbahn und die S-Bahn verlaufen in Berlin-Charlottenburg auf einem Bahndamm von ca. 4 m Höhe. Als Bezugshöhe für die Betrachtung der magnetischen Flußdichte wurden die Höhen von 1 m und 6 m über dem Erdboden gewählt. Die Höhe von 1 m ist für Personen relevant, die sich in der Umgebung der Bahnstrecke aufhalten. Die zweite Betrachtungshöhe von 6 m über dem Erdboden (= 2 m über den Schienen) wurde zur Beurteilung der Exposition der Fahrgäste auf dem Bahnsteig oder im Zug gewählt. Für letztere gelten die Werte nur bedingt, da die Beeinflussung der magnetischen Flußdichte durch den Zug (unter Umständen eine deutliche Reduzierung, z. B. beim ICE (FGEU 1996)) vernachlässigt wird. Insbesondere ist zu beachten, daß hier Maximalwerte dargestellt sind, die nur bei kurzzeitigen Stromspitzen auftreten. Im allgemeinen liegen die durchschnittlichen magnetischen Flußdichten mindestens eine Größenordnung niedriger. Die auftretenden Spitzen sind jedoch insofern relevant, als daß sie für die Beurteilung der EMV (elektromagnetische Verträglichkeit) herangezogen werden (z. B. zur Beurteilung von Bildschirmstörungen). Die Oberleitung der Fernbahn (Betriebsspannung 15 kV) erzeugt ebenfalls ein elektrisches Feld. Dieses wurde für eine Höhe von 2 m über den Schienen berechnet. Der Maximalwert von 1,2 kV/m liegt in der Mitte über den Gleisen, wo Fahrgäste durch die Metallhülle des Zuges vollständig abgeschirmt sind. Eine Person, die direkt an der Bahnsteigkante Savignyplatz steht, ist einer Feldstärke von max. 0,4 kV/m ausgesetzt. Streckenführung der S-Bahn Die Vorgehensweise an S-Bahnstrecken ist identisch zu der bereits für Fernbahnen beschriebenen. Im Unterschied zur Fernbahn handelt es sich jedoch um ein Gleichfeld, da die S-Bahn in Berlin mit Gleichstrom (Betriebsspannung 700 V) betrieben wird. 12 Messungen der magnetischen Flußdichte an S-Bahnstrecken weisen, bedingt durch die höhere Zugfrequenz, ein von Fernbahnstrecken abweichendes Zeitverhalten auf (siehe Abb. 10). Deutlich zu erkennen ist dabei das Abklingen der Schwankungen des magnetischen Gleichfeldes mit dem Rückgang der Fahraktivität auf der S-Bahnstrecke ab Betriebsschluß um ca. 1 Uhr. Abb.10: Magnetisches Gleichfeld unter der S-Bahnbrücke Knesebeckstraße am Savignyplatz bei einer Messung des abklingenden S-Bahnverkehrs zur Nachtzeit Der Pegel am Ende der Messung entspricht dem Erdmagnetfeld, wobei die Meßsonde senkrecht stand und nicht zum Erdmagnetfeld von 42 µT ausgerichtet war. Auch bei der S-Bahn stimmen die aus Langzeitmessungen ermittelten Maximalwerte der magnetischen Flußdichte mit einer numerischen Simulation auf der Grundlage eines Fahrstroms von 1 300 A bei einem Rückstromanteil von 100 % überein (siehe Abb. 11). Aufgrund der relativ kurzen Abstände der Einspeisepunkte kann bei einer S-Bahnstrecke von einem sehr hohen Rückstromanteil ausgegangen werden. Abb.11: In der Knesebeckstraße in Berlin-Charlottenburg unter der Brücke gemessener und berechneter Verlauf des magnetischen Gleichfeldes der S-Bahn-Streckenführung 13 Das Erdmagnetfeld von maximal 42 µT wurde bereits subtrahiert. Die Position 0 m befindet sich mittig zwischen den beiden SBahngleisen. Es ist zu beachten, daß das natürliche erdmagnetische Gleichfeld bereits ca. 42 µT beträgt und sowohl die Schwellen für Störungen der EMV als auch die Personenschutzrichtwerte um mehrere Größenordnungen höher liegen. Kartenbeschreibung Karte 08.05.1: Kraftwerke, Verbund- und Verteilungsnetz Die Karte zeigt das Hoch- und Höchstspannungsnetz der Bewag mit den Spannungsebenen 380 kV, 220 kV und 110 kV. Über die 380- und 220-kV-Leitungen ist das Bewag-Netz mit dem überregionalen deutschen Verbundnetz verknüpft. Der Anschluß erfolgt über die großen Umspannwerke (UW) Teufelsbruch im Westen, Malchow im Norden und Wuhlheide im Südosten der Stadt. Gegenwärtig wird innerhalb der Stadt eine 380-kV-Diagonalverbindung vom UW Teufelsbruch über das UW Mitte zum UW Friedrichshain und bis 2000 weiter zum UW Marzahn im Osten der Stadt als unterirdische Kabelverbindung errichtet. Vom UW Marzahn zum UW Neuenhagen (östlich der Stadt) wird derzeitig eine neue 380-kV-Freileitung gebaut. Nach der Fertigstellung der 380-kV-Diagonale können die derzeit noch notwendigen 110-kV- und 220-kV-Freileitungen vom UW Neuenhagen zum Stadtgebiet rückgebaut werden. Über das 110-kV-Netz werden die innerstädtischen Kraftwerke der Bewag in das Berliner Stromversorgungssystem eingebunden. Gleichzeitig werden über diese Spannungsebenen die ca. 80 der 110/10(6)-kV-Umspannwerke versorgt, die zur regionalen Verteilung im Stadtgebiet betrieben werden. Die 110-kV-Leitungen sind im Westteil der Stadt überwiegend verkabelt, im Ostteil Berlins bildet ein 110-kV-Freileitungsnetz das Rückgrat der Stromversorgung. Karte 08.05.2: Magnetische Flußdichte unter Hochspannungsfreileitungen (50 Hz) In der Abbildung ist die von den Hochspannungsfreileitungen in Berlin-Buch/Karow erzeugte magnetische Flußdichte in 1 m Höhe über dem Erdboden dargestellt. Es ist zu erkennen, daß die Bereiche gleicher Fußdichten unter den Freileitungen ineinander verlaufen. Eine Trennung der Feldanteile einer "einzelnen" Freileitung ist nicht möglich. Im unteren Teil des Bildes ist deutlich der Verlauf der teilweise als Erdkabel ausgeführten 110-kV-Trasse zu erkennen. Obwohl die Feldstärken über der Trasse gleichbleibend sind, ist die räumliche Ausdehnung im Bereich des Erdkabels vermindert. Ursache hierfür ist die kompakte Verlegeart der 110-kV-Erdkabel, wodurch nur ein schwacher Restfeldanteil übrigbleibt. Direkt über dem Kabel wird dieser Vorteil jedoch vom gegenüber den Leiterseilen geringen Abstand des Kabels zur Erdoberfläche aufgehoben. Auf höheren Spannungsebenen sind die Feldstärken über Erdkabeln sogar größer als unter äquivalenten Freileitungen, weil die Kabel aufgrund der hohen Übertragungsleistung eine zusätzliche Kühlung benötigen, welche eine kompakte Verlegung verhindert. Die berechneten maximalen magnetischen Flußdichten der Hochspannungsfreileitungen in einer Höhe von 1 m über dem Erdboden betragen gemäß DIN VDE 0848 T1 (VDE 0848 1995) bei den angenommenen Leitungsparametern (mittlere Last): Freileitung magnetische Flußdichte B Erhöhung bei Spitzenlast 110 kV 2,0 µT + 53 % 220 kV 4,2 µT + 14 % 380 kV 2,6 µT + 42 % Die Gültigkeit der Berechnungen wurde durch ausgewählte Messungen sichergestellt. Im Falle einer größeren Last steigt die magnetische Flußdichte proportional zur Leistung an. Die berechneten maximalen Feldstärken des 110-kV-Erdkabels in 1 m Höhe über dem Erdboden betragen bei durchschnittlicher Übertragungsleistung: Verlegeart des 110-kV-Erdkabels magnetische Flußdichte B Kabel im Rohr* 0,35 µT 14 Kabel frei 0,24 µT (* diese Art von Verlegung findet ausschließlich unter Straßen Anwendung) Zur Einordnung der berechneten Werte sei die im Gebiet Berlin-Buch/Karow an Erdkabeln der Spannungsebenen 1- und 10-kV in 1 m Höhe über dem Gehweg gemessene magnetische Flußdichte angegeben. Diese betrug maximal 0,67 µT und liegt damit über den Werten des 110-kV-Kabels. Karte 08.05.3: Ungestörte elektrische Feldstärke unter Hochspannungsfreileitungen (50 Hz) In dieser Karte ist das elektrische Feld ohne jeden Umgebungseinfluß (Ausnahme Masteinfluß) verzeichnet. Das Flächengebiet entspricht dem der Karte 08.05.2. Die berechneten maximalen elektrischen Feldstärken der Hochspannungsfreileitungen in einer Höhe von 1 m über dem Erdboden betragen gemäß DIN VDE 0848 T1 (VDE 0848) bei den angenommenen Leitungsparametern: Freileitung elektrische Feldstärke E 110 kV 2,0 kV/m 220 kV 4,8 kV/m 380 kV 7,6 kV/m Die Gültigkeit der Berechnungen wurde wieder durch ausgewählte Messungen sichergestellt. Grundsätzlich ist die elektrische Feldstärke unabhängig vom Stromfluß. Im Falle einer geringeren Last sinkt die elektrische Feldstärke jedoch leicht ab, weil die Temperatur der Leiterseile abnimmt, die Seile "straffer gespannt" sind und der Abstand zum Erdboden sich vergrößert. Die elektrische Feldstärke überschreitet in kleinräumigen Gebieten Werte von 5 kV/m, es handelt sich jedoch hier ausschließlich um Flächen wie Wald und Wiesengebiete, die im allgemeinen nicht zum ständigen Aufenthalt von Personen bestimmt sind. Für die Beurteilung der maximalen gemessenen elektrischen Bodenfeldstärke von 7 kV/m unter der 380-kV-Freileitung sind zudem die besonderen Umstände bei der Leitungsplanung zu berücksichtigen. Die Leitung wurde im Jahre 1979 errichtet. Die Projektierung erfolgte in der ehemaligen DDR entsprechend TGL 200-0614. Die Feldstärken sind nicht als kritisch anzusehen, da diese ausschließlich auf unbebauten Flächen auftreten und in der Realität eine Reduzierung durch den Bewuchs vorliegt. Zusätzlich ist das berechnete elektrische Feld besonders in größerer Entfernung von den Freileitungen als idealisiert zu betrachten, da es in der Realität auch hier durch Bebauung und Bewuchs deutlich reduziert wird. Über dem Erdkabel ist die elektrische Feldstärke Null (siehe Kapitel Methode). Karten 08.05.4 und 08.05.5: Magnetische Flußdichte und ungestörte elektrische Feldstärke an Hochspannungsfreileitungen (50 Hz) im Vertikalschnitt Die Position der Schnitte ist in den Karten 08.05.2 und 08.05.3 eingetragen. Anhand der Abbildungen wird deutlich, daß die Feldstärken nicht nur in der Horizontalen, sondern auch in der Vertikalen variieren. Insbesondere sind in dieser Darstellungsart die Leiterseile als Quellen der Feldstärken zu erkennen. Die Feldstärken nehmen von den Leiterseilen mit 1/r (r = radialer Abstand zum Leiterseil) ab. Die Grenzwerte der 26. BImSchV für die magnetische Flußdichte werden hier nur in unmittelbarer Nähe der Leiterseile überschritten, in einem Bereich der weit innerhalb des zulässigen Sicherheitsabstandes für Personen liegt. Im Falle einer Annäherung wäre eine Person zunächst vom Funkenüberschlag betroffen, bevor sie in den Bereich einer Grenzwertüberschreitung vorstoßen könnte. Die Grenzwerte der elektrischen Feldstärke werden bei der dargestellten ungestörten Ausbreitung im Bereich des tiefsten Durchhanges hier gerade erreicht. Karte 08.05.6: Einfluß von Bäumen auf die Verteilung der elektrischen Feldstärke unter einer Freileitung (50 Hz) Häuser, Bäume oder Büsche verzerren das elektrische Feld merklich. Ein Beispiel einer 220-kVHochspannungsfreileitung, unterhalb derer sich 3 Bäume einer Höhe von 5 m befinden, ist in dieser Abbildung dargestellt. Die Feldstärke am Geäst der Bäume steigt im Vergleich zur gegenüberliegenden ungestörten Seite an (links). Direkt unterhalb der Bäume ist die Feldstärke dafür geringer, weil das elektrische Feld von den Baumkronen abgeschirmt wird. Ohne die Bäume ergäbe 15 sich eine völlig symmetrische Verteilung der Feldstärke (das Feld könnte an einer vertikal durch den Mast verlaufenden Achse gespiegelt werden). Die Reduktion der elektrischen Feldstärke in der unmittelbaren Umgebung eines Baumes beträgt z. B. bei einer 380-kV-Leitung etwa 85 %, nach 5 m sind es noch etwa 50 % (IZE 1994). Karte 08.05.7: Magnetische Flußdichte an einer Netzstation (50 Hz) Die Auslastung der Station während der Messung in 1 m Höhe betrug ca. 50 % der Nennleistung (630 kVA). Im Inneren der Station sind keine Feldstärken dargestellt, da dieser im allgemeinen unzugängliche Bereich für die Messungen nicht betreten werden konnte. In der Umgebung der Station treten an zwei Stellen lokale Maxima der magnetischen Flußdichte auf: In der rechten unteren Ecke, in der sich der Transformator und die Niederspannungsverteilung befinden, und an der oberen Wand, dem Standort der Hochspannungsschaltanlage. Bei Messungen an 9 verschiedenen Netzstationen lag die magnetische Flußdichte dieser Maxima im Bereich von 0,85 bis 3,54 µT. Mit der Entfernung von der Gebäudewand fiel die Flußdichte stark ab und betrug in 1,75 m Abstand nur noch 0,3 µT. Bedingt durch die Bauart können an Netzstationen auch höhere Feldstärken auftreten. Dies ist immer dann der Fall, wenn Teile der elektrischen Anlage, insbesondere die Niederspannungsverteilung, direkt an einer Außenwand montiert sind. Situationen, in denen es in unmittelbarer Umgebung (ca. 1-2 m Abstand) zur Beeinträchtigung der Bildqualität von Datensichtgeräten durch niederfrequente Magnetfelder kommen kann, treten jedoch auch dann nur auf, sofern die Station in ein Gebäude integriert ist (sogenannte Einbaustationen). Karte 08.05.8: Magnetische Flußdichte an der Fernbahnstrecke (16 2/3 Hz) im Streckenabschnitt Savignyplatz Dargestellt ist das magnetische Wechselfeld bei einer Frequenz von 16 2/3 Hz in der Umgebung des Streckenabschnittes Berlin-Savignyplatz, das vom Stromfluß auf der Oberleitung und den Schienen der Fernbahn erzeugt wird. Dieses Feld ist nicht kontinuierlich vorhanden, sondern tritt nur bei Fahrvorgängen auf dem Streckenabschnitt Zoologischer Garten - Savignyplatz auf. Für die Berechnung wurden zwei Höhen gewählt. Die Höhe von 1 m über dem Erdboden, die für auf Gehwegen, Straßen und in Geschäften am Savignyplatz anwesende Personen relevant ist und die Höhe von 1 m über dem Bahnsteig, die auf Fahrgäste und Personal auf dem Bahnhof Savignyplatz anzuwenden ist. Die berechneten maximalen Feldstärken der Streckenführung der Fernbahn beim Aufenthalt von Personen auf dem S-Bahnhof Savignyplatz betragen bei einem Fahrstrom von 226 A: 4,8 µT bzw. 0,4 kV/m (16 2/3 Hz). Die durchschnittlichen magnetischen Flußdichten liegen mindestens eine Größenordnung niedriger. In der Umgebung des Bahndamms (1 m über dem Erdboden) beträgt die maximale magnetische Flußdichte 2 µT (16 2/3 Hz). Die von der Fernbahn verursachten Spitzenwerte auf Bahnanlagen sind in Relation zu den Werten der 50 Hz-Energieversorgung relativ hoch. Sie treten jedoch nur kurzzeitig auf – es sind aber auch die Grenzwerte für 16 2/3-Hz-Felder höher (10 kV/m und 300 µT). Bahnsteige z. B. dienen nur zum vorübergehenden Aufenthalt von Menschen, weil die Verweilzeit des Einzelnen dort in der Regel gering ist, und fallen demzufolge nicht unter die 26. BImSchV. Auch schienengebundene Verkehrsmittel werden nicht von der 26. BImSchV erfaßt, da es sich bei solchen Fahrzeugen nicht um ortsfeste Anlagen handelt. Karte 08.05.9: Magnetische Flußdichte an der S-Bahnstrecke (0 Hz, Gleichfeld) im Streckenabschnitt Savignyplatz Bei der Betrachtung des magnetischen Gleichfeldes auf dem S-Bahnhof Savignyplatz und in der Umgebung der S-Bahnstrecke ist zu beachten, daß hier maximale Fahrströme zugrunde liegen. Die berechneten maximalen Feldstärken beim Aufenthalt von Personen auf dem S-Bahnhof Savignyplatz betragen 79 µT (0 Hz, Gleichfeld). Die durchschnittlichen magnetischen Flußdichten liegen mindestens eine Größenordnung niedriger. In der Umgebung des Bahndamms (1 m über dem Erdboden) beträgt die maximale magnetische Flußdichte 25,8 µT (0 Hz). 16 Die in den Zügen gemessenen magnetischen Flußdichten liegen um eine Größenordnung über den in Straßen unterhalb des Bahndamms gemessenen Werten, da auch die Felder an Bahnanlagen sehr schnell mit der Entfernung abfallen. Noch geringere elektromagnetische Emissionen sind nur von hochgradig optimierten Verkehrssystemen wie dem zwischen Berlin und Hamburg geplanten Fahrweg der Magnetschwebebahn Transrapid 07 zu erwarten (Stenzel, Plotzke 1996). Der Vergleich der magnetischen Flußdichten der Hochspannungsfreileitungen mit denen an Streckenführungen der S-Bahn und Fernbahn bereitet einige grundsätzliche Schwierigkeiten. Die Flußdichten an S-Bahnanlagen liegen zwar über denen der 50 Hz-Energieversorgung, die Ausschöpfung der Richtwerte ist jedoch sehr gering, da die Richtwerte der IRPA/ICNIRP für magnetische Gleichfelder 40 mT (= 40 000 µT) betragen (Bemerkung: Die 26. BImSchV definiert keine Grenzwerte bei 0 Hz). Dennoch treten in unmittelbarer Umgebung häufig Störungen der EMV auf, die nur durch eine magnetische Abschirmung (Naunheim 1991) der betroffenen Geräte behoben werden können. In Tab. 5 sind alle wesentlichen Meß- und Berechnungsdaten zusammengefaßt. Die Feldstärken sind nach Frequenzen (0, 16 2/3 und 50 Hz) aufgeschlüsselt und stellen je nach Fall durchschnittliche oder Spitzenwerte dar. Tab. 5: Zusammenfassung wesentlicher Meß- und Berechnungsdaten Literatur [1] Bernhardt, J. H. 1990: Mechanismen der Wechselwirkung, biologische Wirkungen, Risikobewertung und Sicherheitsaspekte, in:Veröffentlichungen der Strahlenschutzkommission, Band 16, S. 285: Nichtionisierende Strahlung, Gustav Fischer Verlag, Stuttgart, New York. [2] BfS (Bundesamt für Strahlenschutz) 1994: Elektrische und magnetische Felder der Stromversorgung, in: Strahlenthemen, Bonn. 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