Mitwelt-Lernen in der Wissenschaft

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Mitwelt-Lernen in der Wissenschaft
Schlüsselqualifikation für eine nachhaltige Entwicklung
von Franz-Theo Gottwald
Im Kern der Befähigung für eine nachhaltige Entwicklung steht zweifelsohne
ein neues "Mitwelt-Lernen". Mitwelt-Lernen schließt zunächst einmal alles
ein,
was dazu dient, die Naturgleichheit der Menschen, also ihr
Gleichgeboren-Sein mit allem anderen in der Natur Vorhandenen, d.h., ihre naturgegebene
Verwandtschaft mit der sie umgebenden Welt ernstzunehmen. Gemeint ist eine ganzheitliche Bildung
des Menschen hin zu einem Bewußtsein und Verhalten seiner Mitwelt gegenüber, wobei er sich
selbst gerade nicht im Zentrum einer oder mehrerer Umwelten sieht, sondern vielmehr in engem
Wechselbezug mit allem natürlich Gegebenen auf diesem Planeten.
Mitwelt-Lernen entfaltet sich in der Wissensgesellschaft vierfach :
0 1. Hin zu
persönlicher Mitweltkompetenz durch die Entwicklung von
Schlüsselkompetenzen, also rationale, kreative, intuitive und visionäre Fähigkeiten ;
persönlichen
1 2. Hin zu sozialer Mitweltkompetenz durch die Entwicklung sozialer und kommunikativer
Schlüsselqualifikationen wie Konfliktfähigkeit, Dialogkompetenz, Integrationskompetenz, Toleranz ;
2 3. Hin zu ökologischer Mitweltkompetenz durch das Erlernen eines naturgemäßen Verhaltens,
Einüben ökologischer Kompetenzen wie die Beachtung biologischer Rhythmen, anderer durch das
Sonnenzeitmaß gegebenen natürlicher Ordnungsmuster, Sparsamkeit im Umgang mit natürlichen
Ressourcen, Klugheit im Umgang mit nicht mehr gebrauchten Materialien, Entwicklung eines
Bewußtseins für die immateriellen Werte des Lebens;
3 4. Hin zu medialer Mitweltkompetenz durch die Aneignung von Kompetenzen, die mit Medien
und Methoden, mit Information und dem Umgang mit Wissen zusammenhängen, also
Kompetenzen im Bereich der Selektion, Interpretation, Gestaltung von Informationen und Medien.
4An dieser Stelle kann ich nicht auf alle vier Felder eingehen, sondern möchte nur den Spannungspol
zwischen Mitwelt-Lernen, das einerseits auf Natur ausgerichtet ist, also ökologische
Mitweltkompetenzen entfalten soll, und andererseits medialem Mitwelt-Lernen, also Lernen, das sich
mit Information und Wissen auseinandersetzt, thematisieren.
Ökologisches Mitwelt-Lernen
0Mitwelt-Lernen in Bezug auf die Natur bedeutet zunächst, zu lernen, mehr Liebe zu ihr zu entwickeln
und, statt Natur als Umwelt wahrzunehmen, zu erleben, daß sie Mitwelt ist. Umwelt ist zwar ein brisantes Thema und Umweltschutz hat einen hohen Stellenwert in weiten Kreisen der Bevölkerung. Der
Öko-Marketing-Boom darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Industrie nur begrenzt zu
ökologischer Produktion bereit ist. Aufgabe einer Öko-Pädagogik muß daher sein, mitzuhelfen,
allmählich wachsendes Umweltbewußtsein in konkretes Handeln umzusetzen. Nur ganzheitliche
Bildungsansätze können dabei ökologisches Bewußtsein und ökologisches Verhalten in Einklang
bringen.
1Als ökologisches Verhalten sind hier diejenigen Tätigkeiten zu verstehen, die an Langfristigkeit orientiert sind, den Eigenwert der Natur tätig anerkennen und von Produzenten und Konsumenten glei-
chermaßen verantwortungsvolles Handeln fordern. Wo dieses Verhalten von einer achtsamen Haltung
gegenüber allem Lebendigen getragen wird, spreche ich von ganzheitlich-ökologischem Tun.
2Die Merkmale eines ganzheitlichen ökologischen Verhaltens drücken sich in einem neuen Verständnis aus, das die außermenschliche Natur nicht nur als Umwelt, sondern als Mitwelt sieht. In diesem
Verständnis ist auch die natürliche Mitwelt nur ein Teil des Ganzen der Natur, allerdings der größere.
Sie umfaßt mitweltrelevante Gefühle wie Zuneigung und Freundschaft gegenüber Pflanzen und Tieren, ebenso wie gegenüber künftigen Generationen von Lebewesen, seien dies nun Pflanzen, Tiere
oder Menschen. Für das In-Beziehung-Sein schlägt der tiefenökologische Pädagoge Van Matre
deshalb vor, folgende Übungsfelder im (beruflichen) Alltag achtsam zu durchleben:
Geschärfte Sinne
3
-
Essen mit allen Sinnen
die Spur aller Gerüche im Umfeld verfolgen
Farben- und Formenreichtum der Mitwelt erblicken
mit Händen und Haut in Berührung gehen
der Vielfalt von Klängen in ihrer Unterschiedenheit zuhören
in alle Richtungen des Raumes nachspüren, was sich dort
ereignet
- aufmerksam mit allen Empfindungen umgehen
4Geschmackssinn
Geruchssinn
Sehsinn
Tastsinn
Gehörsinn
Raumsinn
Empfindungssinn
5
Wahrnehmung von Ganzheiten
6Ausdehnungswahrnehmung
Lückenwahrnehmung
Untersuchungswahrnehmung
Hingabewahrnehmung
Orchesterwahrnehmung
7
8Fokussieren
Rahmen
Gruppieren
9
10Ermitteln
Empathieaufbau
Beruhigen
Abwarten
- Beobachten einer Situation aus der Adlerperspektive
- Herausheben des Mangelhaften, Negativen einer Situation
- Analyse von Situationen oder Gegenständen aus
verschiedenen Blickwinkeln
- Zulassen, daß die natürliche Mitwelt einen ergreift oder
innerlich berührt
- Einsatz aller Sinne, des Denkens, Fühlens, Intuierens, um
alle Facetten des Bewußtseins zu vereinen
Suchmuster
- Konzentration des Fühlens und Denkens auf das Erlangen
möglichst vieler klarer innerer Bilder und Muster von
Gegebenheiten aus der natürlichen Mitwelt
- Eingrenzen von Situationen oder Szenen, die untersucht
werden sollen
- Aufbau von Beziehungen und Finden von Mustern
zwischen den wahrgenommenen Erlebnisinhalten
Herausfiltern des Wesentlichen
- Ausschau halten und Erfassen der „kleinen Dinge“
- natürliche Qualitäten durch Rollenspiel erschließen
- daran arbeiten, die „inneren Dialoge“ im Kopf zur Ruhe
kommen zu lassen
- ein „leeres Gefäß werden“, das geduldig darauf wartet,
gefüllt zu werden
11
(Van Matre 1990) i
Grundkonzepte ganzheitlicher Mitweltbildung
0Auch wenn das Vermögen von pädagogischen Maßnahmen, Verhaltensänderungen herbeizuführen,
immer wieder stark angezweifelt wird, geht kein Kritiker so weit, gerade Mitweltbildung für überflüssig
zu halten. Vielmehr wird stets darauf hingewiesen, daß bisherige Konzepte der sogenannten Umweltbildung, die häufig direktiven oder dogmatischen Charakter haben, nicht tauglich sind, um ein neues
Verhältnis des Menschen zur natürlichen Mitwelt zu gestalten. Deshalb ist der pädagogische Diskurs
über neue, dialogische, reflexive Formen der Mitweltbildung in vollem Gang. Besonderer Wert wird
dabei auf ökologische Erfahrung als Schlüsselfaktor für Umweltlernen gelegt. Beispielsweise können
aus der Begegnung mit einem kranken Baum im eigenen Garten oder in der eigenen Wohnstraße
Anregungen zur Entfaltung von Lerninteressen aus Betroffenheit resultieren. Allerdings umfaßt die
Erfahrung als solche noch keinen Lernprozess, sie ergibt lediglich einen Lernanlaß. Sie wird erst als
reflektiertes Erleben zu einem Lernresultat, das sich in verändertem Verhalten, etwa in der Art und
Weise der Nutzung des eigenen Autos, niederschlägt.
1Da ökologische Probleme sich nicht durch Diskutieren oder Reflektieren lösen lassen, sondern ihre
Bewältigung konkrete Handlungen voraussetzt, muß dialogisch-reflexives Lernen in eine aktive und
bewußte, schonend handelnde Einwirkung auf die Mitwelt überführt werden. In pädagogischen
Prozessen wird immer wieder die Erfahrung gemacht, daß die bloß gedankliche Auseinandersetzung
mit ökologischen Problemen häufig in Resignation endet. Dann macht sich die Erkenntnis breit, alles
sei zu spät und Veränderungen im eigenen Handeln würden keine Auswirkungen mehr haben.
Demgegenüber führt reflexives, dialogisches Lernen zu einem Handeln und Bewußtsein, etwas
ändern zu können.
Das Grundkonzept des Werte-Lernens in der ökologischen Mitweltbidung
0Eine gelungene ökologische Lebensführung gründet auf dem Erleben von Verbundenheit mit anderen Lebensformen. Dieses gibt auch die Kraft, mit den Schwierigkeiten der Veränderung von Verhaltensgewohnheiten fertig zu werden, also mit Ängsten, Verdrängungen, Schmerzen, Verzweiflung,
Entmutigung. In Mitgefühl und liebevoller Zuneigung zu wachsen ist möglich, wenn diese Gefühle
zugelassen und ausgedrückt werden können und in solche der Fürsorge und Ermutigung gewendet
werden.
1Die Zerstörung der natürlichen Mitwelt spiegelt den inneren Unfrieden der Menschen und ihre
gestörte soziale Kommunikation. Zum inneren Reifen durch Werte-Lernen gehören die Abwendung
von zerstörerischen Verhaltensmustern, das Lernen von Verzeihen und eine Praxis der Achtsamkeit,
die in allen Vollzügen des Alltags geübt werden kann, zu Hause, in der Fabrikhalle, im Büro und
unterwegs. Achtsamkeit meint hier eine auf die Gegenwart gerichtete, wache Aufmerksamkeit, klare
Bewußtheit und Besonnenheit. Es geht darum, in allen alltäglichen Vollzügen Geist und Seele von
verzerrenden und verfälschenden Einflüssen frei zu halten und zu einem rechten, die Würde aller MitLebewesen achtenden Wirken zu finden. Rechte Achtsamkeit - so belehrt uns der Blick in
buddhistische Traditionen zum Beispiel - ist der Schlüssel zur Gestaltung einer harmonischen
Beziehung zwischen dem Menschen und seiner Mitwelt. Ohne eine Balance zwischen innen und
außen, zwischen der eigenen Persönlichkeit und der natürlichen Mitwelt, so wie sie durch einen
Bewußtseinszustand der Achtsamkeit sich einstellt, kann es kein ökologisches Wachstum geben.
Über Mitwelt- und Selbsterfahrung entsteht ein Bewußtsein des Aufeinanderangewiesenseins, das ein
Ethos mit sich bringt, das praktisch heilsam wirkt.
Mediales Mitwelt-Lernen
0Dieser Blick auf das Mit-Sein kann auch die Aneignung von Kompetenzen fördern, die sich auf die
moderne Welt der Medien richten. Aus der Erfahrung authentischen Mit-Seins in der Natur, kann ein
ebenso souveräner und kompetenter Aneignungsprozess für die moderne und komplexe Welt der
Medien entstehen. Technik, so betrachtet, ist nicht mehr das gefährliche Werkzeug des sich der Welt
bemächtigen wollenden Menschen. Technik verkörpert in dieser systemischen Sicht nicht die
Herrschaft über die Natur. Sie dient nicht zwangsläufig zur Zerstörung der Natur. Vielmehr
materialisiert sie emotionale, kognitive, soziale und physische Strukturen des menschlichen Geistes
und der menschlichen Gesellschaft. Eine derartig begriffene Technik vermag es auch, auf den
Lernenden von morgen in ganz persönlicher Weise einzugehen. Sie muß nicht länger dämonisiert
werden, denn Technik zu verteufeln hieße den Menschen, der sie gebiert zu verteufeln. Die in der
Bildungsdiskussion so beliebte Gegenüberstellung von technischen und menschlichen Qualitäten des
Lernprozesses wirkt so gesehen als allzu einfache Schwarzweißmalerei.
1Dieses neue, einer Wissensgesellschaft angemessene Verständnis von Technik nimmt ernst, daß die
Grenzen zwischen Geist und Maschine mehr und mehr fallen. Mehr und mehr wird das Gehirn als
Maschine begriffen, und Maschinen in ihren Funktionen dem Gehirn nachmodelliert. Diese enger
werdende Symbiose von Mensch und Technik, speziell der Computertechnik belegt beispielsweise ein
neues Softwareprodukt: The Brain. "The Brain" zeigt, daß die Qualitäten des Geistes in
unterschiedlichen Graden allen Dingen zu eigen sind. Es ist eines der Werkzeuge, die deutlich
machen, daß das lernende Bewußtsein eine Ganzheit bildet, die durch die Natur-Mensch-MaschineKopplung emergiert. In der globalen Wissensgesellschaft wird sich das lernende Bewußtsein, also die
Summe von Aktivitäten, die Menschen oder Maschinen derart ausführen, daß sich ihr Verhalten
ändert, entlang der Ausweitung virtueller Umgebungen, wie beispielsweise dem Internet über die
ganze Welt erstrecken. Je mehr Lernen in Zukunft in virtuellen Umgebungen stattfindet - und schon
heute gibt es Universitäten, die einen Teil ihrer Veranstaltungen netzgestützt und multimedial anbieten
-, um so mehr wird sich Mensch von der Beschränktheit bisheriger Präsentations- und
Interaktionstechniken (zweidimensionale Ein- und Ausgabe) loslösen. Sein subjektives Bewußtsein
wird aktiver Bestandteil in einer von Computern generierten telesymbiotischen Umgebung. In diesen
neuen Lernumgebungen, die nicht mit einem Lernort im physikalischen Sinn verglichen werden
können, sondern vielmehr selbst intelligente, bewußte, also sich selbst verändernde integrierte
Lernprozesse sind, wird über die Computergrafik hinaus mehr als nur der visuelle Sinn angesprochen.
Antizipation und Partizipation - Merkmale innovativen Lernens
0Die vom Club of Rome in seinem Bericht für die 80er Jahre "Zukunftschance Lernen" geforderten
zwei Merkmale innovativen Lernens - Antizipation und Partizipation finden ihre Erfüllung in neuen,
multimedial gestützten, ganzheitlichen Lernprozessen.
1Antizipatorisches Lernen in multimedia-gestützten Lernprozessen gibt ein Gefühl für zeitliche
Zugehörigkeit. In der zunehmend komplexen Mitwelt brauchen wir immer mehr Menschen mit der
Fähigkeit der Antizipation, die in der Lage sind, sich neuen, möglicherweise nie zuvor dagewesenen
Situationen zu stellen. Antizipation zu beherrschen stellt den Prüfstand für die innovativen
Lernprozesse von morgen dar. Statt rezeptiv vergangene Lerninhalte zu konsumieren, geht es hier um
ein modellhaftes Lernen im Gestalten von Zukünftigem. Damit wird die Zukunft zur Gegenwart.
2Das adaptive Lernen, das als Lernstil bislang die Menschen begleitet hat, wird durch das
antizipatorische, multimediale Lernen in ganzheitlichen Prozessen abgelöst werden Nicht länger wird
adaptives Lernen, also die Suche nach Antworten, wenn es zu spät ist, wenn Lösungsvorschläge gar
nicht mehr realisiert werden können, der Lernstil sein Vielmehr wird ein Gespür für kleine aber
wichtige Signale den Lerner begleiten, die er bei Probehandlungen innovativer Art, bei der Bewegung
in neuen Situationen, zu deuten lernen wird. Das spielerische Ausloten künftiger Ereignisse wird einer
der Stützpfeiler des Lernens im 21. Jahrhundert werden. Es impliziert, daß jeder einzelne Lerner die
Verantwortung für seine Möglichkeiten übernimmt, Zukunft mitzubestimmen. Es ist ein Lernen, das
Zukunft so weit wie möglich selbst gestaltet, und Pläne und Aktionen zu ihrer Verwirklichung auswählt.
Partizipatorisches Lernen
0Das zweite Merkmal von innovativen, ganzheitlichen Lernprozessen ist partizipatorisches Lernen.
Partizipatorisches Lernen vermittelt ein Gefühl für räumliche Zugehörigkeit. Während Antizipation
temporal ist, ist Partizipation geographisch oder räumlich. Antizipieren können ist ein geistiges
Vermögen, partizipieren können eine gesellschaftliche Interaktion. Lernen wird im höchsten Grade
partizipativ sein. Partizipation, also ein gestaltendes Miteinander in ganzheitlichen Lernprozessen, ist
insoweit unbedingt erforderlich, als es darum geht, Gruppen von Lernern mit den von ihnen
entwickelten, unterschiedlichsten Antizipationsmöglichkeiten in Einklang zu bringen.
1Problemlösungsorientiertes Lernen wird in multimedialen Lernräumen eingebettet sein - in Prozesse
der Partizipation. Effektive Partizipation dient dazu, allgemeinverbindliche Verständigungen für ein
Problem zu gewährleisten. Dadurch werden Lösungen transparenter, von allen mitgetragen, können
leichter in die Lebenspraxis jedes einzelnen Lerners umgesetzt werden und rufen aller
Wahrscheinlichkeit nach kaum unerwünschte Rückwirkungen hervor. Menschen lernen durch die
Teilnahme an Interaktionen mit der sie umgebenden Gesellschaft. Die Gesellschaft ihrerseits lernt aus
der Beteiligung von Gruppen und einzelnen an ihren sozialen Aufgaben.
2Ein Maßstab für die Wirksamkeit gesellschaftlicher Lernprozesse ist das Ausmaß, in dem
Partizipation möglich ist. Aus globaler Sicht läßt sich sagen, daß die Lernmenge und das
Lernpotential, das Menschen bewältigen bzw. über das sie verfügen können, vom Grad ihrer
Partizipation sowohl auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene abhängen Dank der
Netzentwicklungen kann global ein verhältnismäßig hoher Informationsstand für alle über
entsprechende Technologie verfügenden Menschen gleichzeitig und an jedem Ort genutzt werden
d.h., partizipatorisches Lernen wird im nächsten Jahrhundert selbstverständlich sein. Die neuen
Bildungsprozesse in mediengestützten Lernwelten machen es möglich, zwei wesentliche Ziele
innovativen Lernens, schnell zu erreichen: Autonomie und Integration. Lernende können in den
virtuellen Lernumgebungen ihr Recht und ihre Fähigkeit nutzen, ein zusammenhängendes System
von Zielen, Strategien, Mitteln und Wegen ebenso wie alternativen Entscheidungsmöglichkeiten
autonom aufzubauen. Die verschiedenen multimedialen Lernwelten werden in ein politisch gestaltetes
Bildungsnetz integriert, das sich durch Kooperation zwischen ihnen auszeichnet. Die Bildungs-und
Erziehungsprozesse der Vergangenheit haben nur selten auf Kooperation Wert gelegt In Zukunft wird
die Kooperationsfähigkeit in der formalen Erziehung und Ausbildung eine Schlüsselkompetenz
darstellen. Die Fähigkeit, neue Wechselbeziehungen zu entdecken und sich auf diese einzulassen,
sich neuen Formen der Partizipation zu öffnen, sich durch die Verhaltensweisen in Lern- und
Bildungsangeboten anderer Systeme und Menschen herausgefordert zu fühlen, all dies gehört zur
Integration. Multimedial gestütztes Lernen wird in Zukunft dazu führen, daß globale Interdependenzen
nicht mehr ignoriert werden und das Bewußtsein für eine globale Solidarität zunimmt.
Lebenslanges Lernen: Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung
0Sowohl das ökologische als auch das mediale Mitwelt-Lernen muß als Lernziel die
Kooperationsfähigkeit in den Mittelpunkt stellen. Kooperationsfähigkeit mit neuen Situationen,
Bedingungen, Informationen, mit Natur und Kultur als systemisch-evolutionären Wandlungsprozessen.
Entwicklungsziel ist die Entfaltung des Menschen, also seiner kreativen Vielfalt, der Komplexität seiner
Ausdrucksformen und seiner verschiedenen Loyalitäten: als Individuum, Familien- oder
Gemeindemitglied, Bürger und arbeitender Mensch, Erfinder von Techniken und kreativer Träumer.
Die Entwicklung des einzelnen, die mit der Geburt beginnt und ein ganzes Leben lang anhält, ist ein
dialektischer Prozess, der anfängt mit Selbsterkenntnis, und mit Offenheit anderen gegenüber
weitergeht. In diesem Sinne sind Bildung und Erziehung vor allem eine innere Reise, deren Stationen
übereinstimmen mit dem fortlaufenden Reifeprozess der Persönlichkeit und der Evolution der
Gesellschaft in sich wandelnden ökologischen Rahmenbedingungen.
i
Van Matre, Steve: Earth education. A new beginning. Greenville, USA (Cedar Cove) 1990, xii, 334 S.
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