Frau Ulla Schmidt Bundesministerin für Gesundheit August 2006 Sehr geehrte Frau Ministerin Schmidt, im Zuge der von Ihnen und der Bundesregierung geplanten Gesundheitsreform machen wir als Rheuma-Kranke durch eine Unterschriftenaktion auf unsere Probleme aufmerksam. Die optimale medizinische Versorgung von uns chronisch Kranken muss weiter gewährleistet bleiben. Durch eine Gesundheitsreform, wie sie die Bundesregierung plant und bald beschließen will, wird Gesundheit von der persönlichen Finanzierbarkeit des Einzelnen abhängig sein. Das bedeutet, dass sich in Zukunft nur noch Begüterte und Privilegierte teure Medizin leisten können. Somit sind die Überlebenschancen der Bürger mit kleinen und mittleren Einkommen viel geringer, als die der Gutverdiener. Auch schwere Erkrankungen, unerkannt durch mangelhafte oder fehlende Untersuchungen, werden die weniger verdienenden Menschen schneller und häufiger ereilen. Da die Bundesregierung immer wieder betont, dass wir in einem Sozialstaat leben, sollte auch dementsprechend gehandelt werden. Ein Sozialstaat ist für alle Kranke da und sollte nicht vom Inhalt der persönlichen Geldbörse abhängig sein. Lassen Sie es nicht zu, dass ein chronisch kranker Mensch beim Arzt um teure Medizin betteln muss, damit dieser Kranke ein Leben in Würde und schmerzarm leben darf. Helfen Sie mit, dass die in unserem Grundgesetz verankerte Würde des Menschen unantastbar bleibt, und jeder Mensch - besonders ein chronisch Kranker ein würdevolles Leben führen darf! Daher fordern wir von Ihnen: - ein Mitspracherecht aller Patienten bzw. aller Versicherten zur neuen Gesundheitsreform, - eine ausreichende Vorsorge im Rahmen des gesetzlichen Gebührenkataloges aufzunehmen, um (Folge-)Erkrankungen zu vermeiden. Thema Vorsorge: Grunduntersuchungen und medizinische Aufklärung sollte für alle im gesetzlichen Gebührenkatalog aufgenommen werden. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen, je nach Notwendigkeit alle drei Monate, jedoch mindestens alle drei Jahre. Auch der gesunde Patient erhält ein Checkheft, in dem entsprechende Blut-, Urin- und Stuhluntersuchungen und Beratungstermine eingetragen werden. Der Patient sollte zu seinem Wohl beitragen und den Empfehlungen aus den Beratungsenterminen folgen, wie beispielsweise Vitamin- oder Mineralienmangel ausgleichen, Bewegungstherapien in Anspruch nehmen, Maßnahmen evtl. ins Checkheft übertragen etc. Beispiel: Der Befund des Blutbildes ergibt einen hohen Cholesterinspiegel und Eisenmangel. Die Diagnose wird dem Patienten durch den Arzt mitgeteilt, mit gleichzeitiger Aufklärung, wie die Ernährung umzustellen ist bzw. mit welchem Eisenpräparat aus der Apotheke der Mangel ausgeglichen werden kann. Zusätzlich wird eine Bewegungstherapie empfohlen. Drei Monate später erfolgt ein Kontrolltermin. Ist der Patient nicht in der Lage gewesen, bessere Werte zu erzielen, sollte überprüft und entschieden werden, ob weitere Untersuchungen nötig werden (weil evtl. organische Probleme ursächlich sind) oder ob der Patient nicht mitgearbeitet hat. Hat er nicht mitgeholfen seine Gesunderhaltung positiv zu beeinflussen, sollte dies vermerkt werden und dann auch - bei eindeutig daraus resultierenden Folgeerkrankungen - kein Versicherungsschutz mehr bestehen. Vorteil: - der Patient hilft eigenverantwortlich und aktiv mit seine Gesundheit zu erhalten und - teure Behandlungsmaßnahmen werden verzögert oder sind sogar unnötig. - Eine automatisch regelmäßige Medikamentenverordnung für chronisch Kranke, die eine besondere Medizin benötigen, und diese ohne besonderen Antrag bei den Krankenkassen erhalten (Freigabe von Medikamenten). Medikamentenfreigabe Medikamente, die nicht im gesetzlichen Gebührenkatalog aufgeführt sind, haben für Ausnahmepatienten und Notfälle eine große Bedeutung: Sie sind lebensrettend! Heute kann der Arzt nur nach seinem noch vorhandenen Budget verschreiben. Ist dies ausgeschöpft, wird dem (oft noch jungen Patienten) die lebensnotwendige Medizin verwehrt. Dem Opfer Patient bleibt dann nur ein verkürztes Leben mit Schmerz und Leid! Dies vereinbart sich nicht mit der im Grundgesetz geschriebenen Recht, dass die Würde des Menschen unantastbar ist! Darf nur der in Würde und ohne Schmerzen leben, der sich die teuren Medikamente leisten kann? Wird so das Grundgesetz missachtet? Wie würden Sie sich fühlen, Frau Ministerin, wenn Ihnen ein lebensnotwendiges, schmerzlinderndes Präparat verweigert würde? Sind Sie nicht in der Lage den tausenden Rheuma-Kranken zu helfen, die sich mühsam zum Arztbesuch schleppen, um ein linderndes Präparat zu bekommen? Die dann - aufgrund falscher Gesundheitspolitik - keine Medizin bekommen! Oft hat der Arzt nicht einmal die Zeit für tröstende Worte ... Frau Ministerin, Sie sind in der Lage - und in der Pflicht - dieser Gesundheitsmisere Einhalt zu gebieten. Sie haben die Macht, jedem Rheuma-Kranken ein Leben in Würde und ohne Schmerzen zu ermöglichen. Und Sie haben die Macht, durch die Freigabe der gesperrten Medikamente aus der roten Liste einen Menschen heilen zu lassen. Damit dieser Mensch nach seiner Genesung, als wieder eingegliederter Beitragszahler mit seiner neu gewonnenen Arbeitskraft Ihre Gesundheitspolitik stärken kann! Medikamente oder Behandlungen die nicht im gesetzlichen Gebührenkatalog aufgeführt sind, aber lebensrettend oder lebenserhaltend dringend benötigt werden, sollten für Ausnahmefälle/Notpatienten freigegeben und von der Krankenkasse übernommen werden (nicht so wie bei Stefanie Rasche in der ARD-Sendung „Todkrank und abgeschrieben“, die bis heute keine Hilfe erhält). Vorteile: - Dieser Patient verstirbt nicht qualvoll in jungen Jahren, er könnte gesunden oder am Leben erhalten und sogar wieder ins Arbeitsleben integriert werden, und dann auch in die Krankenkasse Beiträge einzahlen. Wir fordern: - die Überprüfung des MDK und die Eingliederung in eine andere Organisation, damit dieser nicht mehr nur den von den Krankenkassen üblichen Katalog übernimmt, - dass die MDK-Doktoren an regelmäßigen Weiterbildungen teilnehmen müssen, diese nachweisen und die Teilnahme auch überprüft wird, - mehr Transparenz der Patientenkartei per Gesetz. Alle erbrachten ärztlichen Leistungen und Diagnosen - ein Ausdruck aus der Patientenkartei - müssen dem Patienten automatisch (also nicht nur auf ausdrückliche Nachfrage!) ausgehändigt werden. Zusätzlich bekommt der mündige Patient eine Kopie der Befunde aller durchgeführten Untersuchungen (Labor, Röntgen usw.) sowie die ärztliche Abrechnung. Die Kosten für die Kopien sind vom Patienten selbst zu tragen, sollten allerdings per Gesetz im reellen Kostenrahmen verankert sein. Diese Abrechnung reicht der Patient der Krankenkasse ein, diese überweist das erforderliche Geld an die Praxis. Bei Einreichung der Rechnung bezahlt der Patient gleichzeitig die Krankenkassengebühr direkt bei der Versicherung. Diese händigt den Beleg für die gezahlte Praxisgebühr für dieses Quartal aus. Sicher nur ein Beispiel, wie man es besser machen könnte. Die Vorteile: - Ärzte werden nicht mehr dazu missbraucht, die Praxisgebühr für die Krankenkassen einzufordern. Der dadurch eingesparte Verwaltungsaufwand kommt dem Patienten in umfangreicheren Beratungsgesprächen zu Gute. - Der Patient ist in der Lage, seine Behandlung zu verfolgen, ärztliche und Krankenkassen-Leistungen zu überprüfen und bei Fehlern entsprechend zu handeln. Fehlerhafte Abrechnungen durch Ärzte werden vermieden. - Der Untersuchungs- Diagnose- und Behandlungsplan nachvollziehbar und der Patient motivierter. - Patienten müssen nicht zum Ausgangsarzt, um eine Überweisung zu holen. Der Patient spart Zeit und Fahrkosten, die Krankenkasse Kosten für die zusätzliche Abrechnung des überweisenden Arztes. - Die Krankenkasse entscheidet individuell, wann und wer von der Praxisgebühr befreit ist. Zu unrecht eingenommene Beträge durch Ärzte können nicht mehr vorkommen. - Eine Einmischung des vorbehandeln anderen Arztes der in die Folgebehandlung entfällt (durch z.B. gestellte Fehldiagnosen). Der Patient entscheidet mit behandelnden Arzt - je nach Erkrankungsfall - ob der Vorbehandle benötigt wird. Die Übersichtlichkeit hat Vorteile für alle Beteiligten! Frau Ministerin Ulla Schmidt, wir sind sicher, dass Sie sich unsere Anliegen zu Herzen nehmen und Ihre Möglichkeiten nutzen werden, chronisch kranke Bürger nach bestem Wissen und Gewissen zu unterstützen und ihnen die bestmögliche Versorgung zukommen zu lassen. Dafür bedanken wir uns schon jetzt! Anlage: Unterschriften