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DIPLOM-HAUPTEXAMEN SPORTMEDIZIN
(STAND 9.IX.2004)
Prüfungsgebiete des Prüfers Prof. Dr. med. H.-V. Ulmer
mit Bezug zum Kolloquium des SS 2004
NUR ZUM GEBRAUCH FÜR DIE EXAMENSKANDIDATEN, DA EIN
ABSCHLIESSENDES KORREKTURLESEN NOCH FEHLT!!!
__________________________________________________________________
Anlagen (jeweils als Hyperlinks):
I. Protokoll-Notizen zum Kolloquium
II. Liste der zugehörigen Links
III. Liste der zugehörigen Anhänge
IV. Gesammelte Rundschreiben (nicht angefügt)
V. Literaturangaben
___________________________________________________________________
Zum geplanten Prüfungsverlauf
1. Durchgang: Definitionen (A 1)
Danach 2. bis 4. Durchgang, dabei sollen folgende Links nicht zum Prüfungsstoff zählen:
LINKS 1, 2, 3, 14, 22 und 30 (s. Linkliste)
2. Durchgang: Ein Thema aus nachfolgendem Basisstoff für die Prüfung,
also Sachverhalte im Zusammenhang mit folgenden LINKS:
LINKS 4, 5, 7, 8, 9, 10, 16, 18, 20, 21, 31, 34, 36, 41und 43 (s. Linkliste)
3. Durchgang (Wunschthema): Eines der 8 alternativen Schwerpunktthemen mit
vertiefender Vorbereitung, orientiert an den Protokollnotizen und den zugeordneten
LINKS:
1. Berechenbarkeit im Sport, L 13, 31 und 32
2. Doping, L 24 bis 30
3. Dynamisches Sehen, L 35, 36, 37, 38, 39 und 40
4. Gesundheitssport auf eigene Faust? L 8, 9, 45, 46, 47, A 16
5. Leistungsdiagnostik, L 18, 19, 21 und 23
6. Leistungseinteilung und Taktik, L 10, 11, 2, 13, 15, und 16
7. Die Fünf motorischen Grundeigenschaften (S. 3 und 4 der Protokoll-Notizen)
8. Talentsuche, L 19 und 34
Gegebenenfalls im 4. Durchgang Anhänge A 2 bis A 19….
Bei fundamentalen Unklarheiten, Kontakt: [email protected]
Dauer der Prüfung: Wie besprochen
Erstellt von H.-V. Ulmer in Zusammenarbeit mit B. Spahn
Mainz, ab 27.04.04
-2W:\26Sportphysiologie\Ulmer\Examensthemen\SS 04\AktuelleDateiExamensthemen_DiplomSS04,06.07.04.doc
-3-
Protokoll-Notizen zum Examenskolloquium SS 04,
später: Examensthemen für die Diplomprüfung, ab 2004
(Sportmedizin, Prof. Dr. H.-V. Ulmer)
Mainz, den 4.8.04
Mit Beginn des WS 2003/2004 wurde ein neuer Stoffkatalog im Examenskolloquium
(Diplom) behandelt, der sich auf zahlreiche Dokumente meiner Homepage L 1:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/ , z. B. Lehrmaterialien –> „Prüfungshinweise“
oder „Sportmedizin“, bezieht.
Dieses Protokoll wurde während des WS 03/04 fortlaufend aktualisiert.
Examenskandidaten, die mir Ihre E-Post-Adresse elektronisch schickten, erhielten in
unregelmäßigen Abständen Rundschreiben mit der aktualisierten Protokoll-Datei sowie
weiteren Hinweisen und Anhängen, die dann auch Grundlage der Prüfung waren.
Nachfragen waren bei Unklarheiten möglichst in der jeweils nachfolgenden Stunde
durchaus erwünscht.
Auf dieser Basis soll im letzten Semester des Prüfers vor dessen
Pensionierung das Kolloquium für Examenskandidaten (Diplom)
nochmals durchgeführt werden. Das dabei erarbeitete Dokument soll
dann weiterhin als Basis für den Prüfungsstoff gelten. Daher wird
abschließend dieses Dokument auch in die Homepage
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/ eingestellt werden.
Seitenhinweise mit Quellenangabe („P, S. …“) beziehen sich auf das Protokoll zur
Veranstaltung „physiologische Leistungsdiagnostik“ im SS 2002:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/PhysLeistDiagn02.pdf , (L 2).
Interessenten werden auch auf das Protokoll des SS 2003 hingewiesen (L 3), URL:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio//pdffiles/PhysLeistDiagn03.pdf
Die Anhänge zu den elektronischen Rundschreiben wurden mit A 1 ff nummeriert und in
einer getrennten Liste zusammengestellt, desgleichen die zughörigen Links mit L 1 ff.
Ferner wurde fortlaufend eine alphabetische Literaturliste erstellt, die ebenfalls zum
Anhang gehört.
1. Begriffe und Definitionen
Siehe L 2: Programm und Protokoll zur Veranstaltung physiologische Leistungsdiagnostik
im Studienschwerpunkt Leistungssport SS 2002:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/PhysLeistDiagn02.pdf, S. 38 ff sowie
Ergänzungsliste A 1 und L 3 (Protokoll „Leistungsdiagnostik“ des SS 03):
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio//pdffiles/PhysLeistDiagn03.pdf , dort S 9.
Behandelte Begriffe:
Sport, – Belastung, Leistung und Beanspruchung (L 4, ULMER, H.-V., 2001: Belastung
und Beanspruchung: http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/arbmed7.pdf ) bzw.
Anstrengung (Borg-Skala, A 2) – Leistungsfähigkeit (Talent und Trainingszustand) –
Anstrengung: Psychische Reaktion bei Erbringung einer Leistung, gemessen als
Anstrengungsempfinden (z. B. Borg-Skala, A 2).
Fortsetzung Begriffe: Kategorien von Belastungen/Leistungen/Aktivitäten: 1. physisch, 2.
psychisch. Zu 1: statisch/dynamisch, bei dynamisch: positiv und negativ dynamisch bzw.
exzentrisch und konzentrisch. Zu 2: psychische (mentale und emotionale) Aktivitäten und
-4zu 3. weitere Aspekte mit Untergruppen, z. B. Umweltbelastungen physikalischer und
chemischer Art.
Talent, Prognose, körperliche Leistungsfähigkeit, Begriffsfeld Training und Übung
Verteilung der Umfrage „mein Vater“. Die 5 Motorischen Grundeigenschaften. Zeitliche
Aspekte zum Ausdauerbegriff (aerober Stoffwechsel).
(P, S. 38 ff): Leistungsfähigkeit, Trainieren und Üben, Trainingsbedingte
Anpassungsprozesse, Begriffsfeld Training. Talent als Persönlichkeitsmerkmal,
Kommentare
Zur Definition Talent: Gemeint ist, was jemand als Persönlichkeitsmerkmal hat, nicht,
was er ist. – Talentiert/talentverdächtig sein.
Zur Definition Prognose: Zwangsläufige Vorhersagen aufgrund physikalischer Gesetze
(z. B. Fallgesetz) sollten nicht als Prognose bezeichnet werden
2. Die fünf motorischen Grundeigenschaften
2.1 Koordination (einschließlich Antizipation): Definition, Systematik
(intramuskulär/intermuskulär, Koordination von Synergisten und Antagonisten, von
Haltung und Bewegung, von Beschleunigen und Bremsen).
Koordination = Zusammenordnen aller Aktivitäten des Nerv-Muskel-Systems.
Was muss koordiniert werden? U. a.:
1. intermuskulär und intramuskulär:
2. Intermuskulär: Synergisten untereinander, Antagonisten untereinander. Zusammenspiel
von Synergisten und Antagonisten jeweils untereinander und miteinander,
einschließlich antagonistischer Hemmung.
3. Intramuskulär: Koordination der motorischen Einheiten eines Muskels: Rekrutierung und
Frequenzierung (beim Menschen zwischen 10 bis 120 bzw. 140 Hertz)
4. Zusammenspiel der Muskelschlingen, zeitlich und räumlich einschließlich rechts-linksKoordination
5. Haltung und Bewegung
6. Beschleunigen und Bremsen.
2.2 Ausdauer: Ab welcher Zeitspanne „Ausdauer“? „Ausdauer“ (KAYSER, 1992, s.
Literaturliste), dort auch zur Systematik allgemeine/spezielle bzw. allgemeine/lokale
Ausdauer. Grundlagenausdauer.
Zeitgang der BORG-Skala (Nachhinken: ca. 1 min). Zeitgang der Energiebereitstellung
(Folien A 3). Zum „anaeroben Bereich“: 1. zeitlicher Bereich in etwa der 1. Minute einer
Muskeltätigkeit (vgl. Zeitgang), 2. Bereich oberhalb der Dauerleistungsgrenze, in dem
zwar überwiegend aerob gearbeitet wird, aber mit einem geringen, zusätzlichen Teil an
anaerob-laktazider Energiebereitstellung. Dieser Teil ist dann aber maßgeblich für
Ermüdung und Erschöpfung. Zugehörige Laktatschwellen: Ausdauergrenze: ca. 4 mmol/l,
Dauerleistungsgrenze ca. 2 mmol/l.
„Ausdauer“-Tests: Was misst ein Ausdauer-Test, speziell der COOPER-Test? (A 4 und
L 5: ULMER, H.-V., 2003: Cooper-Test und Ausdauer – Leserbrief zu SCHNEIDER, F. J.:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/LeserbrCOOPER-Test03.pdf ).
-52.3 Kraft: Dynanometer, Ergebnis in Kilopond und Newton, – Kraft in Zentimetern?
Messung implizite ohne Weg, also isometrisch – Kraft x Weg = Arbeit! Siehe auch
Maximalkraft
2.4 Schnelligkeit und Schnellkraft
Schnelligkeit und Schnellkraft: Vier grundverschiedene biomechanische Aspekte von
„Schnelligkeit“: Latenzzeit, Bewegungsfrequenz, Fortbewegungsgeschwindigkeit,
Beschleunigung (mit dem Endergebnis einer hohen Endgeschwindigkeit in kurzer Zeit) im
Gegensatz zu Schnellkraft (bei größeren Gegenkräften): Hohe Endkraft in kurzer Zeit bzw.
Kraft/Zeit in kurzer Zeit (etwa bis 0,5 s).
2.5 Beweglichkeit, Gelenkigkeit
Beweglichkeit/Gelenkigkeit (einschließlich biomechanischer und koordinativer Aspekte):
Gemessen mit Winkelmessern (Goniometern). Aktive Beweglichkeit (mit Einsatz der
eigenen Muskulatur), passive Beweglichkeit bei Bewegung von außen.
Interdependenz der 5 motorischen Grundeigenschaften: Stellenwert der Koordination
bei den übrigen motorischen Grundeigenschaften sowie wechselseitige Abhängigkeiten
der 5 motorischen Grundeigenschaften untereinander. Die 5 motorischen
Grundeigenschaften sind geeignet zur Systematisierung von Sportarten und anderen
körperlichen Aktivitäten, aber nicht zu deren Messung: Die motorischen
Grundeigenschaften können nicht gemessen werden. Korreliert man so genannte Kraft-,
Ausdauer- etc.-Tests mit einer sportlichen Leistung, dann wird mit dem Quadrat des
Korrelationskoeffizienten (Bestimmtheitsmaß) keineswegs die ursächliche Varianz,
sondern lediglich die statistische aufgeklärt! („Klapperstorchstatistik“). Insgesamt hängt
eine komplexe Leistungsfähigkeit nämlich von zahlreichen Persönlichkeitsmerkmalen ab,
nicht nur von wenigen physischen, sondern auch psychischen, sozialen usw. Hierzu
gehört auch das jeweilige Handeln, z. B. Taktik (einschließlich psychophysiologischer
Aspekte der Taktik) L 6: ULMER, H.-V. und FÜRDERER, S., 2003: Leistungseinteilung bei
leichtathletischen Laufdisziplinen: Programmierung der Laufgeschwindigkeit:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/290Fuerder03.pdf oder auch das
Zeitgefühl (z. B. Auftragsschwimmen L 7: ULMER, H.-V., SCHNEIDER, A., NEUMAHR, S.
und FREITAG, W., 2002, Precision of time and velocity estimation as a base of
Teleoanticipation: http://www.unimainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/276ZuerichTeleantiz.pdf )
Merksätze zum Umgang mit dem Korrelationskoeffizienten (A 5) oder:
„Tips und Tricks“ zum Erreichen guter Reliabilitäts- und Validitätskoeffizienten.
3. Sport bei Risikopatienten – Ergebnis der Umfrage (L 8: Sport bei Risikopatienten –
Ergebnis der Umfrage :
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/Umfrage-Risikopat03SS-SS04.pdf)
Fragebogen zu Tauglichkeit von Versuchspersonen, Ergometrie und Sorgfaltspflicht:
Empfehlungen anhand eines Anamnesebogens (L 9: ULMER, H.-V., 2001: Ergometrie
und Sorgfaltspflicht, Empfehlungen anhand eines Anamnesebogens:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/taugl00.pdf ).
Fortsetzung der noch offen gebliebenen Begriffe und Definitionen bis zum Schluß von A1
– Zielantizipation.
-64. Psychophysiologische Aspekte
4.1 Taktik bei Ausdauersportarten
Autonom mobilisierbare Reserven (nach GRAF), Bezüge zum autonomen Nervensystem
und Stresshormonen. Physiologische und psychophysiologische Aspekte der
Erschöpfung, wann hört man auf? Aufhören vor dem Ziel im Ausdauersport: 1.
Verschätzen des Anfängers, 2. fremdbestimmte Einteilung des Leistungseinsatzes, 3.
Umwelteinflüsse (ungewohnte Hitze und Höhe), 4. Doping mit Stimulantien. 5. Psychisch
bedingtes (psychogenes) Aufgeben
Zielantizipation und Leistungseinteilung: Antizipation als Vorwegnahme, Antizipation aus
biomechanischer Sicht bei motorischen Programmen, Antizipation aus metabolischer Sicht
(Zielantizipation, Erfahrungen und Taktik bei hohen Anstrengungen längerer Dauer, L 10:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/spomed16.pdf , L 11:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/zeit4d97.pdf ). Rückkopplung im
sensomotorischen Regelkreis: 1. biomechanische Größen (Kraft, Weg, Zeit) und
metabolisch als Anstrengungserlebnis (BORG-Skala), Antizipation und motorisches
Lernen. Leistungseinteilung und Taktik am Beispiel des Laufens (L 12: Leistungseinteilung
bei leichtathletischen Laufdisziplinen: Programmierung der Laufgeschwindigkeit:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/290Fuerder03.pdf ).
Aufhören vor dem Ziel bei Ausdauersportarten = Taktikfehler: Taktik als Individual- und
Gruppentaktik. Bedeutung von Marschtabellen, Zeitschätzung, Intensitätsschätzung (z. B.
%-Werte oder BORG-Skalenwerte), „Auftragsschwimmen“ (L 13: Precision of time and
velocity estimation as a base of Teleoanticipation:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/276ZuerichTeleantiz.pdf ).
Zielantizipation (Psychophysiologie und Taktik bei zyklisch-dynamischen
Sportarten)
Zielantizipation bezieht sich nicht auf biomechanische, sondern auf metabolische
Optimierung einer sportlichen Ausdaueraktivität, indem die individuelle Beanspruchung
(physiologisch) bzw. subjektive Anstrengung (psychologisch) in die vom ZNS des
Sportlers eingestellte Intensität seiner abgegebenen Leistung und damit seines
Stoffwechsels eingerechnet wird. Problem des Anstrengungsempfindens: es hinkt ca. 1
Minute nach, daher taktische Probleme bei den Kurz- und Mittelstrecken (bis etwa 1 min).
– Insofern ist die Komplexität der Koordination um die Zielantizipation zu erweitern, d. h.,
adäquate Einteilung der Anstrengung auf das sportliche Ziel, wobei im Wettkampfsport
völlige Erschöpfung im Ziel vorliegen und nicht zu früh auftreten sollte. Nicht ausgenutzte
Reserven sollte der Sportler eigentlich nur über das Ziel hinaus bringen, wenn es nicht um
eine Rekordtaktik (auf Bestleistung) geht, sondern nur um eine Siegtaktik (bei der allein
die Platzierung wichtig ist) oder eine Taktik auf Norm (z. B. Zulassung zu Olympischen
Spielen). Unter diesem Aspekt schließt Taktik zahlreiche psycho-physiologische Aspekte
ein (siehe hierzu W ASTL et al., 1982); hierzu gehört auch die sog. Laktattoleranz: Je höher
man trainiert ist, desto höhere Laktatwerte kann man sich selbst produzieren und
tolerieren, bevor man aufhört. Entscheidend ist dabei, daß man sich selbst die
Laktatmengen produziert: Der Sportler selbst hat seinen Fuß auf dem Gaspedal, nicht ein
anderer wie beim Pferdesport mit der Peitsche. Weiteres siehe: LINKS zu Nr. 276, 313,
330, 347 des „Schriftenverzeichnisses ULMER“ (L 14: http://www.unimainz.de/FB/Sport/physio/veroefn8.html ) sowie L 13: Precision of time and velocity
estimation as a Base of Teleoanticipation:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/276ZuerichTeleantiz.pdf , L 15: Zur
Komplexität der Raum-Zeitstruktur motorischer Aktivitäten:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/313sympo.pdf , L 16: Belastung und
-7Beanspruchung, Beanspruchungsregulation und Zielantizipation:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/330BelaBeJena.pdf .
Fazit: Richtige Zielantizipation ist nur auf der Basis von Erfahrung möglich, sie ist dabei
als ein wichtiger Anpassungsprozess im Training dynamischer Sportarten, speziell
Ausdauersportarten, einzustufen.
4.2 Psychophysiologie des „Abtrainierens“
Das „Abtreten von der Bühne, bzw. vom Siegerpodest“ gestaltet sich dabei sehr
unterschiedlich und kann mit erheblichen psychisch und sozial nachträglichen
Begleiterscheinungen einhergehen (vorgezogenes „Rentnersyndrom“). Reife
Persönlichkeiten setzen daher selber rechtzeitig das Ende ihrer Karriere fest, andere
schaffen das nicht. Insofern kann das „Abtreten von der Bühne“ auch mit erheblichen
psychosomatischen Beschwerden einhergehen, die sich oft auf das Herz somatisieren
(Diplomarbeit KERN, 1976, A 6). Es gibt aber keinen physiologischen Grund, auf eine
vorgebliche Notwendigkeit des langsamen Abtrainierens hinzuweisen. Aus
psychosomatischen Gründen kann es aber durchaus ratsam sein, dem vorgezogenen
„Rentnersyndrom“ auch durch weiteres Sporttreiben entgegen zu treten.
Viele Ausdauersportler können ihre Karriere bis in die Mitte der dreißiger Jahre
durchhalten, haben dann aber oft sehr viele Jahre für ihren Sport eingesetzt:
Trainingsumfänge bei Ausdauersportlern: Schwimmer 6 Std. und mehr sowie
Langstreckenläufer etwa 2 Std. täglich (weniger Stunden wegen orthopädischer Probleme
der Gelenke von Läufern; das Körpergewicht von Schwimmern wird durch das Wasser
getragen). Oft wurden dabei berufliche Ausbildung und Familiengründung vernachlässigt
(L 17: Entlastungssyndrom und Karriereknick – die Kehrseite der Medaille:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/az10-00.pdf ). Gerade in diesen Fällen
kann das „Abtreten von der Bühne“ aus sozialpsychologischen Gründen besonders
problematisch sein.
4.3 Weitere Aspekte
Sich-Selbst-Erfüllende Prophezeiung, Tagesgang der Leistungsfähigkeit,
Zeitzonesprünge.
5 Tests und Testen
5.1 Ausgangsüberlegungen
„Notwendig und hinreichend“ (P, S. 8), auch mit Bezug zur so genannten
„Varianzaufklärung“. In komplexen Systemen sind viele Faktoren notwendig (z. B. für eine
sportliche Leistungsfähigkeit); dann kann ein einzelner Faktor (z. B. eine getestete
Variable) nicht hinreichend für eine sportliche Leistungsfähigkeit sein. Ein anderer
Gebrauch von hinreichend: Ein Reliabilitätskoeffizient von 0,7 soll hinreichend sein. Es ist
die Frage: Wofür? Kann 0,72 = 49 % als Bestimmtheitsmaß zufriedenstellend für die
Reliabiltät eines Tests sein? Wenn ja, dann wohl nur bei sehr bescheidenen Ansprüchen.
Tests zur Messung der „körperlichen Leistungsfähigkeit“ prüfen nur die jeweils
getestete Fähigkeit ab. Allerdings: Brauchbarer Begriff zur Systematisierung von
bevorzugt körperlichen, psychischen etc. Leistungsfähigkeiten (L 18:
Arbeitsphysiologische Betrachtungen zur so genannten „körperlichen Leistungsfähigkeit“ –
Ein überholtes Paradigma (zur Validität der ergometrischen Testergebnisse
(http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/320arbeitsphys.pdf ). Sowie L 19:
ULMER, H.-V., 2004: Complexity of athletic fitness with regard to selection and talent
-8prognosis by a physiological viewpoint (plenary lecture). – International Scientific Conference Social and Biomedical Aspects of Teenage Soccer in the Context of European Integration, Krakow, http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/376auswahl.html .
Merksätze: – Mit Tests kann man nur erfassen, was testbar ist; viele leistungsrelevanten
Merkmale sind aber nicht testbar. – Mit Tests erfasst man das, was man testet (vergleiche
COOPER-Test s. S. 2). – Trotzdem ist der Gebrauch von Tests besser als würfeln; Tests
erhöhen die Wahrscheinlichkeit richtiger Entscheidungen, aber nicht mit
hundertprozentiger Sicherheit.
5.2 Komplexität und spezifische Ausprägung der Leistungsfähigkeit
Testspezifität bei der Motodiagnostik (L 20: ULMER, H.-V. und GABRIEL, O., 2002:
Testspezifität bei der Motodiagnostik, zwei Sprungkrafttests:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/mdiagn98.pdf ), siehe auch A 11: Die
Seminarversuche von GERFIN (SS 04) ergaben eine interessante Konstellation: Fast
gleiche interindividuelle Mittelwerte für Jump-and-reach-Test sowie Sprunggürteltest, aber
eine interessante Verteilung der intraindividuellen Unterschiede, die nicht nur auf
Meßfehler zurückgeführt werden können.
Kann es einen einzigen Test für allgemeine Ausdauer geben? Was wird mit dem
COOPER-Test gemessen? (Fähigkeit, wieweit man über 12 Minuten laufen kann), verg.
hierzu auch Seite 3 unten.
5.3 Klassische Gütekriterien
Besprechung P, S. 6 ff: Haupt- und Nebengütekriterien (nach LIENERT, G. A. u. RAATZ, U.
(1994): Testaufbau und Testanalyse. Weinheim) sowie Spezifität und Sensitivität (s.
Skriptum Statistik 1 von ULMER, 2003, S. 28 f).
Objektivität von Tests: Interpersonelle Übereinstimmung bei einem subjektiven
Bewertungsverfahren (L 21: KIMMINUS, K., BERWANGER, A und ULMER, H.-V, 2002: Zur
interpersonellen Übereinstimmung - Benotung - Eiskunstlauf:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/353KIMMINUS_AB-Note02.pdf ) im
Gegensatz zu LIENERT und RAATZ, 1994. oder in Kurzform: Objektiv als
unvoreingenommen oder objektiv als unabhängig von der Subjektivität des
Experimentators: Geht man von Verfahren aus, die unabhängig von der Subjektivität des
Testenden sind, kommen überwiegend physikalische oder chemische Messmethoden in
Frage (z. B. im Zentimeter-Gramm-Sekunde-System). Der Gewinn an Objektivität solcher
Tests wird erkauft mit Verlust an Validität, da die Komplexität der getesteten Leistung
meistens auf eine einzige Messgröße reduziert wird. Ein solcher Reduktionismus
übergeht neben der Fokussierung auf eine einzige Testgröße die Tatsache, dass viele
leistungsrelevante Merkmale im Sport überhaupt nicht objektiv messbar sind.
Folie OS Salt Lake City (Preisrichter-Noten im Paarlauf, vergl. L 21). Folien zur Validität
des COOPER-Tests sowie zum Terminologie-Wirrwar in der Literatur zu COOPER-Test
und „Ausdauer“: s. Anhang BAEDKE (A 4). Fortsetzung: Besprechung des Protokolls
„Leistungsdiagnostik“: Nebengütekriterien (P, S. 6), Anlässe zum Einsatz „objektiver
Leistungstests“ im Sport (P, S. 8), vergl. hierzu auch: Warum wird denn so viel getestet?
(L 22: ULMER, H.-V., 2003: Zur Problematik der arbeitsmedizinischen
Leistungsdiagnostik, Untersuchungsmethoden: http://www.unimainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/365.pdf ) Stellenwert des subjektiven Trainerblicks (u. a.
Subjektivität und Validität, auch P, S. 8).
Zur Validität der ergometrischen Testergebnisse, L 23: ULMER, H.-V., 2001:
Arbeitsphysiologische Betrachtungen zur so genannten „körperlichen Leistungsfähigkeit“ –
Ein überholtes Paradigma (zur Validität ergometrischer Testergebnisse:
-9http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/320arbeitsphys.pdf , Objektivität der
Ergometrie garantiert keineswegs deren Validität.
Expertenrating und Objektivität: Objektivität ist nach LIENERT und RAATZ (1994, S. 7)
gewährleistet, wenn verschiedene Untersucher zum gleichen Ergebnis kommen. Dies
würde bedeuten, dass auch Expertenrating ein objektives Verfahren wäre. Interpersonelle
bzw. intersubjektive Übereinstimmung von Resultaten spricht auf jeden Fall für gute
Reliabilität. Ein gutes Expertenrating dürfte zweifellos einen hohen Grad an
Unvoreingenommenheit einschließen, es bleibt dabei aber trotzdem von der Subjektivität
des Experten, der ja auch gut ausgebildet sein muss, abhängig. Insofern existieren zwei
verschiedene Sichtweisen von Objektivität (siehe hierzu auch L 21: KIMMINUS, K., A.
BERWANGER und H.-V. ULMER, 2002: Zur interpersonellen Übereinstimmung .. Benotung ..
Eiskunstlauf: http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/353KIMMINUS_ABNote02.pdf ). (siehe A 7: KIMMINUS, Folien Interpersonelle Übereinstimmung). Man
beachte: Der Marktwert beim Transfer von Profifußballspielern (mehrere Millionen Euro)
wird nicht anhand von sportbezogenen Tests ermittelt (s. auch L 19), Tests mit Bezug zur
Gesundheit spielen jedoch eine Rolle. Ähnlich beim Handball, L 3, KOBLER, S., 2003:
Programm und Protokoll physiologische Leistungsdiagnostik, Studienschwerpunkt
Leistungssport SS 03: http://www.unimainz.de/FB/Sport/physio//pdffiles/PhysLeistDiagn03.pdf dort S. 50.
5.4 Gütekriterien bei Ja-/Nein-Entscheidungen
α- und β-Fehler mit Bezug zu Stichprobe – Grundgesamtheit, Bedeutung von
Nullhypothese und Irrtumswahrscheinlichkeit.
Weiteres System von Gütekriterien: Spezifität und Sensitivität bei Ja/Nein-Entscheidungen, siehe Statistik-Skriptum ULMER (2003b).
5.5 Einige statistische Aspekte
Umgang mit Korrelationskoeffizienten (A 5). Zu Reliabilitätskoeffizienten und
Validitätskoeffizienten als Korrelationskoeffizienten: siehe hierzu Umgang mit
Korrelationskoeffizienten (A 5) – „notwendig und hinreichend (P, S. 8), auch mit Bezug zur
so genannten „Varianzaufklärung“ Trainerblick (u. a. Subjektivität und Validität, auch P, S.
8), Bezug zur Bedeutung bei Transfersummen für Fußballspieler. Körperbaumaße als
Bezugsgröße (P, S. 12, auch ULMER, H.-V., 1985, S. 100-101).
Maximalkraft bei Wiederholungstests: Die dabei gefundenen Streuungen können
prinzipiell zwei verschiedene Ursachen haben: Methodisch bedingte Messfehler und/oder
biologisch bedingte Streuung. Es ist typisch für biologische Messgrößen, dass sie streuen!
Die biologische Streuung ist kein Fehler der Natur! (s. hierzu Standardfehler SEM bzw. s E,
Statistik-Skriptum, ULMER, H.-V. (2003b): Einführung in die Grundlagen der deskriptiven
und analytischen Statistik. Als Manuskript gedruckt, Mainz 2003).– Biologische Streuung
ist etwas völlig natürliches, sowohl bezüglich der intraindividuellen, als auch bezüglich der
interinidividuellen Variabilität.
Nachtrag zu S. 7 unten (warum wird denn so viel getestet?). U. a., weil man Prognosen
erstellen will. Kommentar: Die alten Ägypter schauten in die Sterne, um etwas über die
Zukunft zu erfahren, die alten Griechen befragten das Orakel (z. B. Pythia), die Römer
betrieben Vogelschau und wir versuchen heutzutage mit Tests und Mathematik Prognosen
zu erstellen. Das Bedürfnis nach einem Blick in die Zukunft scheint eine uralte Sehnsucht
des Menschen zu sein, ob bei frühen chinesischen Kulturen oder in der Bibel. Mit Tests
hat der heutige Mensch seinen „zeitgemäßen“ Weg gefunden, so im Sport, bei dem
- 10 Sportwetten sehr nahe dem Glücksspiel sind (siehe hierzu auch 2 LINKS:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/HEMSATHdipl04.pdf sowie
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/HEMSATHdipl04.pdf
- 11 -
5.6 Körperbaumaße
5.6.1 Übergewicht und Adipositas
Übergewicht bedeutet übermäßiges Gewicht, Adipositas = Fettsucht. Übergewicht kann
mehrere Ursachen haben: (ULMER 2000, S. 803).
1. Vermehrter Fettgehalt (Adipositas), 2. vermehrte Muskelmasse (z. B. Bodybuilding),
3. breiter Körperbau (Becken- und Schulterbreite betreffend) und 4. vermehrter
Wassergehalt (Ödem). Fazit: Übergewicht ist nicht gleich Fettsucht, trotz der
weitverbreiteten, gegenteiligen Sprachschlamperei.
Präventivmedizinisch hinsichtlich der Lebenserwartung relevant ist dabei die Adipositas
(sogen. „Apfeltyp“, nicht der „Birnentyp“, s. ULMER 2000, S. 804), da nur der „Apfeltyp“
mit dem metabolischen Syndrom assoziiert ist, das zu einem statistisch erhöhtem
Risiko bezüglich Schlaganfall und Herzinfarkt führt. Relevant für die Lebenserwartung
ist nämlich vor allem das intraabdominale Bauchfett (im Zusammenhang mit dem
metabolischen Syndrom). – Übergewicht stellt wegen des Gewichts ein gewisses Risiko
für die Knie- und Fußgelenke dar (Arthrose). Begrifflich sollte also streng zwischen
Übergewicht und Fettsucht unterschieden werden. Meßmethoden siehe
Körperbaumaße als Bezugsgröße (5.6.2).
5.6.2 Körperbaumaße als Bezugsgröße
1. Körperoberfläche : Formel von DUBOIS u. DUBOIS (KOF, P, S. 22). Nomogramm zur
Ermittlung der Körperoberfläche aus Körperhöhe und -gewicht: (aus: siehe LÖLLGEN,
2000, S. 2),
2. BMI = Body mass index, ursprünglich im Original: QUETELET-Index, ist gleich
Körpergewicht in kg : Körperhöhe (m) zum Quadrat (kg/m2).
3. LBM = Lean body mass = fettfreie Körpermasse = Gesamtmasse minus Fettmasse,
kann als grobes Maß für die Muskelmasse gelten.
4. Körperfettbestimmung mit dem CALIPER („Speckzange“, P, S. 31 f). – Elektronische
Impedanz-Messgeräte (auf der Basis des elektrischen Widerstands zwischen zwei
Körperregionen) haben in Fitness-Studios u. ä einen hohen Animationswert, sind aber
hinsichtlich Reliabilität und Validität ausgesprochen problematisch. – Genaueste
Methode, aber aufwendig: Messung der Dichte des gesamten Körpers (ARCHIMEDESPrinzip)
5. BROCA-Index (Körperhöhe in cm minus 100) als Bezugsgröße für wünschenswertes
Gewicht, ähnlich BMI.
Wann welche Bezugsgröße?: Wenn das eigene Körpergewicht transportiert wird:
sinnvoller Bezug auf das Körpergewicht. Wenn Zusatzlasten transportiert werden
müssen: sinnvolle Bezugsgröße Körpergewicht + Zusatzlast. Wenn muskuläre
Stoffwechseleigenschaften erfasst werden sollen: Bezug auf Muskelmasse bzw. LBM.
5.7 Spezielle Tests (zum Teil schon vorher behandelt)
Ergometrie (P, S. 17 ff, P, S. 41, W max, W 170, Laktat-Stufentest, CONCONI-Test).
Skalen: BORG (A 2) und für klimatische Behaglichkeit (A 8).
5.7.1: Demonstration Handdynamometer (misst man nur die Handkraft? Anteil der
Technik?) Allgemeine Ausdauer bzw. Grundlagenausdauer: Definition?, mit einem Test
messbar?
Mit Dynanometern Messung von Kräften. Prinzip: Verbiegung von Blatt- bzw.
Spiralfeder oder bei elektromechanischen Kraftwandlern von z. B.
Dehnungsmessstreifen.
- 12 -
5.7.2: COOPER-Test und metabolische, technische und taktische Aspekte L 5: CooperTest und Ausdauer – Leserbrief zu SCHNEIDER, F. J.:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/LeserbrCOOPER-Test03.pdf ).
5.7.3: Folie CONCONI-Test (s. KLEINMANN, 1996, S. 56).
5.7.4: L 20: Zwei Sprungkrafttests:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/mdiagn98.pdf .
5.7.5: Ergometrie und Sorgfaltspflicht, Empfehlungen für einen Anamnesebogen (L 9):
ULMER, H.-V., 2001: Ergometrie und Sorgfaltspflicht, Empfehlungen anhand eines
Anamnesebogens: http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/taugl00.pdf.
Gründe für Ergometrie: 1. ärztlich-diagnostische Indikation, 2. leistungsdiagnostische
Indikation: zwei grundverschiedene Aspekte (ULMER, 2003a).
Grundlage der Leistungsermittlung bei der Ergometrie: Leistung = Kraft x Weg/Zeit bzw.
Bewegungsgeschwindigkeit x Kraft (z. B. Kurbelergometrie, Ruderergometrie).
Ergometrie: Üblicherweise stufenweise Steigerung der Leistung a) bis in den
Erschöpfungsbereich, b) bis zu bestimmten Schwellen (z. B. 2 bzw. 4 mmol/L
Laktatschwelle oder Herzfrequenz 170/min (= W 170 bzw. PWC170) oder auch W max. =
maximale Leistung im Erschöpfungsbereich).
5.7.6: Laktat
Laktatschwellen: 2 mmol/L- und 4 mmol/L-Schwellen oder individuelle Schwellen
(Literatur dazu bei CLASING u. Mitarb., 1994, dort speziell die Buchbeiträge von
PESSENHOFER u. SCHWABERGER: Stellenwert der Laktatbestimmung in der
Leistungsdiagnostik, BACHL u. Mitarb.: Validität Sportart-spezifischer
Leistungsdiagnostik sowie BÖNING: Stellenwert der Laktatbestimmung in der
Leitungsdiagnostik). Laktatkonzentrationen im Blut als Ergebnis eines
Fließgleichgewichts zwischen Zufluss vom teils anaerob arbeitenden Muskel und
Abfluss durch Verbrennung von Laktat in Herzmuskel, Niere und ruhender
Skelettmuskulatur oder Resynthetisierung von Glukose (nur geringfügig) in Leber und
ruhendem Muskel. Ferner hängt die aktuelle Laktatkonzentration maßgeblich vom
Zeitpunkt der Messung nach Arbeitsbeginn sowie davon ab, was man vorher gegessen
hat (A 3, Folie 4), ferner: "Die meisten Schwellenmodelle sind unzureichend validiert.
Fixe, d. h. auf definierte Laktatkonzentrationen bezogene Schwellen, sind zwar am
einfachsten zu bestimmen, berücksichtigen aber nicht, dass gleiche
Blutlaktatkonzentrationen interindividuell unterschiedliche metabolische Situationen
reflektieren können". (Zitat: S. 161). Aus (A 9): KINDERMANN, W.: Anaerobe
Schwellen- Standards der Sportmedizin. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 55, 161
- 162 (2004)
Laktatwerte können also nur eine Grobinformation geben, aber: In welchem Buch steht
denn das?
Spezieller Aspekt der Laktatdiagnostik: Infektionsrisiko. Ein Blutkontakt zwischen den
Probanden muß beim Anstechen und bei der Blutabnahme unbedingt vermieden
werden, ansonsten Übertragung von HIV bzw. Hepatitis B und C möglich.
Laktattoleranz: Der Sportler bestimmt mit der Intensität seiner sportliche Aktivitäten
bzw. mit dem Zeitpunkt, zu dem er aufhört, die Menge produzierten Laktats. Aufgrund
langjähriger Erfahrung in Training und Wettkampf lernt es der Sportler, die
erschöpfungs- und auch laktatbedingten Missempfindungen zunehmend zu ertragen
- 13 -
und sich somit zunehmend selbst höhere Laktatkonzentrationen zu produzieren. Er lernt
also in zunehmendem Maße, die von ihm selbst produzierten, immer höheren
Laktatkonzentrationen noch zu tolerieren. Da Pferd braucht die Peitsche, der Sportler
peitscht sich selbst, aber das erfordert für Höchstleitungen entsprechende Erfahrung.
5.7.7
Fehler im Umgang mit Tests, auch in Bezug zur Genauigkeit von Tests:
1. Falsche Verallgemeinerung nichtrepräsentativer Stichproben,
2. Eichung bzw. Kalibrierung stimmt nicht = Abweichung vom wahren Wert,
systematischer Fehler, betrifft die Validität,
3. Zufallsfehler führen zu Streuungen, betrifft die Zuverlässigkeit bzw. Reliabilität,
4. α- und β- Fehler mit Bezug zu Stichprobe – Grundgesamtheit, Bedeutung der
Nullhypothese.
6. Doping
Doping ist der Versuch einer unphysiologischen Steigerung der Leistungsfähigkeit des
Sportlers durch Anwendung (Einnahme, Injektion oder Verabreichung) einer DopingSubstanz durch den Sportler oder eine Hilfsperson (z. B. Mannschaftsleiter, Trainer,
Betreuer, Arzt, Pfleger oder Masseur) vor einem Wettkampf oder während des
Wettkampfs und für die anabolen Hormone auch im Training (DSB-Definition 1977).
Doping ist der Gebrauch von Substanzen, die zu der Gruppe der verbotenen Stoffe
gehören (seit den Olympischen Spielen in Seoul 1988).
Warum sollte man Doping verbieten? Umfrage zum Doping (A 10, A 11 und A 19).
Problematik des Wirkungsnachweises bezüglich einer Steigerung der Leistungsfähigkeit
im Wettkampf (L 24: SEYFFART, C., 2002:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/SeyffartSPOWI-DopingXI02.pdf . Zum
Wirksamkeitsnachweis von Dopingpräparaten sowie P, 23 f, 27 f, 33, 43 f).
Fortsetzung der Doping-Thematik: Besprechung des Umfrageergebnisses (A 10, A11),
Systematik der Doping-Präparate: 1. Anabolika einschließlich Testosteron, 2.
Blutdoping einschließlich EPO, 3. Stimulantien und Psychopharmaka und 4. Diuretika.
Doping-Liste (wie kommen Präparate auf die Doping-Liste?): Festsetzung durch
Experten, keine pharmakologische Prüfung im Doppelt-Blind-Versuch (L 24:
SEYFFART, C., 2002: Zum Wirksamkeitsnachweis von Dopingpräparaten:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/SeyffartSPOWI-DopingXI02.pdf ).
Problem der Abgrenzung zwischen pharmakologischem Effekt, Placebo-Effekt und
Sich-Selbst-Erfüllender Prophezeiung (L 24: SEYFFART, C., 2002: Zum
Wirksamkeitsnachweis von Dopingpräparaten:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/SeyffartSPOWI-DopingXI02.pdf ).
Zum Blutdoping bzw. EPO-Doping: Grob betrachtet ein simuliertes Höhentraining.
Vermehrte Erythrozytenzahl erhöht zwar die Sauerstoffkonzentration im Blut, muss aber
nicht zwangsläufig die O2-Transportkapazität (L/min) erhöhen, da die Fließfähigkeit des
Blutes durch die engen Kapillaren mit zunehmender Erythrozytenzahl verschlechtert
wird. In sofern ist auch der physiologische Effekt des Höhentrainings umstritten,
vergleiche Übersichtsartikel von BÖNING (1996).
Diskutierte Wirkungsmechanismen in den obigen vier Gruppen:
- 14 -
1. Zu Anabolika: Pharmakologisch erzeugte Hypertrophie der Skelettmuskulatur
aufgrund eines physiologisch bekannten Wirkungsmechanismus (anaboler Effekt des
Testosterons). Nach Einführung von Anabolika-Kontrollen zunächst Leistungseinbruch
von Jahresbestleistungen (MONNERJAHN und ULMER, 1981, L 25: Zur Wirksamkeit von
Dopingpräparaten an der Grenze menschlicher Leistungsfähigkeit:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/121.pdf ). 2. Blutdoping einschließlich
EPO: Unstrittig Zunahme des Hämatokrits, vermehrte Sauerstoffkonzentration im Blut,
entscheidend ist jedoch die transportierte Sauerstoffmenge und nicht die Konzentration.
Die Fließfähigkeit des Blutes in den engen Kapillaren (Mikrozirkulation) ist bei erhöhtem
Hämatokrit beeinträchtigt. Daher ist auch ein physiologischer Effekt des Höhentrainings
nach wie vor strittig (vergl. auch 8. Stunde). 3. Stimulantien und Psychopharmaka:
Theoretische Ausgangsüberlegung: Durch Adrenalin und Adrenalin-ähnliche
Substanzen (autonomes Nervensystem) können in Notlagen (GRAF, 1934 und 1961)
besondere Leistungsreserven mobilisiert werden, die normalerweise nicht zugänglich
sind, Motto: An der Dachrinne kann man länger hängen als an der Reckstange.
(empirisch nicht nachprüfbar). GRAF ging in seinem Schema von einer Schwelle aus,
offensichtlich liegt jedoch ein gleitender Übergang vor und es können nicht nur in
Todesnot Leistungsreserven durch intensive Aktivierung des Adrenalinsystems aktiviert
werden, die unter „normalen“ Bedingungen nicht mobilisierbar wären. Die
Wettkampfsituation des Hochleistungsportes ist keine „normale Bedingung“, sie
entspricht eher der Dachrinne als der Reckstange. Daher traten beim StimulantienDoping in den 60er und 70er Jahren mit offensichtlich zu hohen Dosierungen immer
wieder zum Teil dramatische Zusammenbrüche vor dem Ziel auf, sogar tödliche. Dies
verdeutlicht die Risiken: Bei einer zu hohen Dosierung von Stimulantien: Gefahr des
Sich-Übernehmens und bei einer zu niedrigen Dosierung auf dem Hintergrund eines
hohen, natürlichen Adrenalinspiegels kein leistungssteigernder pharmakologischer
Effekt (scheint heute wohl typisch zu sein). Preisfrage: Wie finde ich die individuell für
die Tagesform richtige Dosis? (erscheint nicht lösbar). 4. Diuretika: Eindeutig
biomechanischer Effekt beim Skifliegen und Skispringen, ferner offenkundiger
Gewichtsklassenvorteil, wenn man sich damit an der oberen Grenze einer
Gewichtsklasse hält.
Zur Expertenmeinung des langjährigen Dopingbeauftragten der Bundesregierung und
Leiter des Dopinganalyselabors in Köln (L 26: DONIKE, M., 1994: „Ein bitterer
Schlangenextrakt kann ganz gute Dienste leisten“ – Unangemeldete Kontrollen gegen
hemmungsloses Doping im Frauensport: http://www.unimainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/DONIKE94.pdf ).
Fazit: Doping bewegt sich auch im Raum von Magie, Sich-selbst-erfüllender
Prophezeiung, Autosuggestion, Gruppenzwängen und Motivation.
(Solche und andere Literaturhinweise sind nicht als Pflichtlektüre aufzufassen, sondern
als Hinweis zur Vertiefung bei Bedarf): Literaturhinweise zum Doping: BERENDONK, 1991
und 1992, sowie Buchbesprechung dazu L 27:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/BBBerendonk.pdf , ferner SINGLER und
TREUTLEIN (2000 u. 2001), L 28:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/BBDoping-I.pdf und L 29:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/BBDoping-II.pdf sowie Literaturliste
zum Doping, L 30:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/dopinglit.pdf .
Nachtrag 6.9.04: Aktuelle Dopingliste (L 49)
www.sfdrs.ch/system/frames/highlights/dok/index.php?/content/highlights/dok/hintergrund.php?docid=20040826_2000_S
F1
- 15 -
7. Nichtlinearität komplexer Systeme einschließlich Prognosen
7.1 Prognose im Sport: Prognosen im Sport, beispielsweise: 1. Prognose einer
sportlichen Leistungsfähigkeit aufgrund leistungsdiagnostischer Parameter
(Kurzzeitprognose). 2. Prognose eines Entwicklungsverlaufs bei Talentsichtung und förderung (stets Langzeitprognose). Das Bedürfnis nach Prognosen scheint ein
Urphänomen des Menschen zu sein (Sterndeuterei der Ägypter, Befragung der Pythia
im alten Griechenland, Vogelschau der alten Römer). Wird der Transferwert von
Fußballprofispielern (etwa 5 bis 10 Mio. €) auf der Basis sportwissenschaftlicher
Leistungsdiagnostik entwickelt? Antwort: Eindeutig Nein. Grund: Sportliches Leisten ist
derart multifaktoriell, dass die komplexe sportliche Leistungsfähigkeit auf der Basis
einzelner wissenschaftlicher Tests nur mit großer Unsicherheit prognostiziert werden
kann. Können sportliche Wettkampfergebnisse auf der Basis sportwissenschaftlicher
Tests prognostiziert werden? Antwort: Nein, aus dem gleichen Grund (vgl. hierzu auch
L 31, Sportliches Wettkampfergebnis als Glückssache: http://www.unimainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/StudgenGlueck_I-03.pdf ).sowie L 19: ULMER, H.-V.,
2004: Siehe hierzu auch:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/376auswahl.html
Die nämlich typischerweise nicht linear verlaufen, sich auch sprunghaft ändern können
und im Einzelfall nicht konkret prognostizierbar sind, sondern höchstens auf
statistischer Basis mit Wahrscheinlichkeitsaussagen (A 13). Die Theorie solcher
Zeitverläufe in komplexen nichtlinearen Systemen wird häufig auch als Chaostheorie
bezeichnet, was allerdings nicht bedeutet, dass die zeitlichen Verläufe chaotisch sind.
Sie erscheinen aber einem Unwissenden bezüglich der Eigenschaften solcher Systeme
meistens als chaotisch (Buchhinweis: BRIGGS U. PEAT, 1999).
7.2 Verhalten komplexer, nichtlinearer Systeme, nichtlineare Dynamik, sog.
Chaostheorie, Optimierungsprozesse in komplexen Systemen (L 32: Zur
Optimierung in komplexen Systemen, Übungsmodell:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/VlachVortragNO19LD03.pdf). Das
Modell zeigt ein typisches Verhalten von Zeitverläufen in komplexen Systemen. Sie
verlaufen nämlich typischerweise nicht linear, können sich auch sprunghaft ändern und
sind im Einzelfall nicht konkret prognostizierbar, sondern höchstens auf statistischer
Basis mit Wahrscheinlichkeitsaussagen (A 13). Die Theorie solcher Zeitverläufe in
komplexen nichtlinearen Systemen wird häufig auch als Chaostheorie bezeichnet, was
allerdings nicht bedeutet, dass deren zeitliche Verläufe chaotisch sind. Sie erscheinen
aber einem Unwissenden bezüglich der Eigenschaften solcher Systeme meistens als
chaotisch (Buchhinweis: BRIGGS U. PEAT, 1999
Typische Eigenschaften nichtlinearer dynamischer Systeme:
1. Gleiche Ausgangsbedingungen können anschließend mit verschiedenen Zeitläufen
einhergehen
2. Es gibt Sprünge im zeitlichen Verlauf
3. Kleine Auslöser können große Wirkungen haben (auch typisch für Nichtlinearität).
4. Es gibt submaximale, stabile Plateaus
5. Konsequenz: Aufbrechen solcher submaximalen, nicht mehr zu verbessernder
Zustände: differentielles Training (SCHÖLLHORN)
Fazit: Die vorhersagbare, kurzfristige Berechenbarkeit einer aktuellen sportlichen
Leistung aufgrund von Tests und erst recht deren langfristige Prognose
(Talentprognose) ist im Einzelfall eine Utopie. Aber: Tests sind besser als Würfel.
- 16 -
Der Begriff Homöostase ist ein Kunstbegriff, Homöostase im engeren Sinne wäre mit
Stabilität biologischer Messgrößen gleichzusetzen, was es de facto nur gibt, wenn ein
Organismus tot ist. Ansonsten gibt es Homöostase noch bei technischen Reglern. Man
braucht nur die Digitalanzeige der Herzfrequenz mit einem elektronischen Messgerät zu
beobachten, um zu sehen, wie die Zahlen springen, dass also sowohl in Ruhe, als auch
bei körperlicher Aktivität keine gleichmäßigen (= stase) Zahlenwerte angezeigt werden
(siehe auch L 33: ULMER, H.-V., 1999: Überlegungen zu physiologischen
Normalwerten: http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/304manus.pdf .
8. Talentsichtung und Talentförderung
Stufen der Talentsichtung und -förderung in Anlehnung an: Th. Reilly, Liverpool: A
multidisiplinary approach towards promoting talent, Krakow, 30.4.04): “Detection, identification, selection, development, guidance”
Messung von Talentmerkmalen: Direkt sehr selten, z. B. Muskelbiopsie. Die meisten
Talentsichtungsprogramme basieren auf Leistungstest, bei deren Beurteilung allerdings
auch der Trainingszustand zu berücksichtigen ist (A 14). Talentsichtung bezieht sich
meist auf Jugendliche vor der Pubertät, von denen man z. T. erst 10 bis 15 Jahre später
Spitzenleistungen erwarten kann.– Akzeleration und Retardierung als Prognoseproblem
bei der Talentsichtung: Unsicherheit über den weiteren individuellen Verlauf der
körperlichen Entwicklung. Versuchte Abhilfe: Bestimmung des biologischen Alters in der
Absicht, Prognosen über die Endgröße des Skeletts erstellen zu können, und zwar
mittels Röntgenanalyse der Handwurzelkochen zwecks Bestimmung des biologischen
Alters. – Bedeutung von integrativem Trainerblick (= Expertenblick, Expertenrating) und
Trainingsbuch zur Beurteilung bei der Talentsichtung. – Talentsichtung und -förderung
als statistisches Problem: Je breiter die Basis, desto größer die Chance, viele richtig
positive Fälle in das Förderprogramm einzuschließen. Sequenzielle, stufenweise
Eingrenzung der Talentverdächtigen (L 34: ULMER, H.-V., 2004: Zur Problematik der
Talentsuche im Sport aus leistungsphysiologischer Sicht:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/178.pdf , dort S. 108, Abb. 2), Irrtum
ist immer einzuschließen mit der Konsequenz: Bereitschaft, negative Entscheidungen
bei einem Talentförderprogramm auch im Sinne von Wiedereinstieg in das
Förderprogramm zu revidieren.
Bei jeder Ja-/Nein-Entscheidung bezüglich des Behaltens im Förderkader muss
bedacht werden: Auf jeden Fall eine falsch-negative Entscheidung vermeiden. Dies ist
nur möglich um den Preis eines hohen Prozentsatzes an falsch-positiven
Entscheidungen (verg. Gütekriterien Spezifität und Sensitivität, ULMER, 2003b
(Statistik-Skriptum, S. 28 ff). Weiteres statistisches Problem: Umsteiger von einer
Sportart in eine andere; auch hier gilt: Augen (Expertenblick!) offen halten (ULMER, H.
V. 2004: Complexity of an athletic fitness with respect to selection and talent prognosis
from a physiological point of view. Medicina sportiva 8, 45-51 (2004) (nicht ganz
identisch mit L 19).
Letztlich zeigt sich erst am Schluss, wenn ein Talentverdächtiger auf dem Treppchen
steht, dass er ein Talent hat bzw. talentiert ist.
Die individuelle Entwicklung talentverdächtiger Sportler verläuft keineswegs
kontinuierlich, erst recht nicht linear, sondern häufig auch unerwartet mit unerwartetem
Stillstand oder mit einer sprunghaft zunehmenden Leistungsentwicklung. Dieser
- 17 -
Sachverhalt kann als typisches Beispiel für die zeitlichen Verläufe in komplexen
Systemen gesehen werden (siehe auch L 19: ULMER, H.-V., 2004: Complexity of
athletic fitness with regard to selection and talent prognosis by a physiological viewpoint
(plenary lecture). – International Scientific Conference Social and Biomedical Aspects of
Teenage Soccer in the Context of European Integration, Krakow:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/376auswahl.html sowie ULMER 2004).
9. Aspekte der Sensomotorik
9.1 Gleichgewichtsorgan/Gleichgewichtssystem
Gibt es ein Gleichgewichtsorgan? Nein, sondern ein multimodales
Gleichgewichtssystem, über das Lageempfinden und Kinästhesie
(Bewegungsempfinden) zustande kommen. Sinneskanäle dafür (keine Rangfolge!): 1.
Auge, 2. Innenohr (Vestibularsystem mit drei Bogengängen und zwei Markularorganen),
3. Propriozeption (Tiefensensibilität, Mechanorezeptoren in Muskeln, Sehnen, Bändern
und Gelenken), 4. Tastsinn, besonders Fußsohle und Hand.
Zum Vestibularsystem: Messung von Drehbeschleunigungen und
Linearbeschleunigungen (einschließlich Schwerkraft), also von
Geschwindigkeitsänderungen! mit trägem Einstell- und Abklingverhalten (verg.
postrotatorischer Nystagmus). Bezüglich Körperlage und während gleichmäßiger
Bewegungen Reaktion somit nur bei den jeweiligen Übergängen mit Verzögerung bzw.
Nachhinken.
Beispiele: 1. Postrotatorische Empfindungen bei geschlossenen Augen bis zu 1 Minute,
2. Beim Tauchen unter Wasser entfällt die Propriorezeption der Schwerkraft; wenn auch
der Sehkanal ausfällt, fällt auch die Wahrnehmung von oben und unten trotz intakten
Vestibularorgans aus.
9.2 Visuelles System
Sensomotorik und visuelles System
Analyse der Blickmotorik mit Blick-Bewegungs-Analysesystemen: Es kann aber nicht
angenommen wird, dass nur das gesehen (wahrgenommen) wird, worauf der Blick
gerichtet ist. Neben dem zentralen Sehfeld auf der Netzhaut wird auch in der NetzhautPeripherie Gesehenes wahrgenommen, besonders wichtig bei der Raumorientierung
(„peripheres Sehen“). Wohin wird der Blick gelenkt, wenn zwei wichtige Dinge
gleichzeitig visuell erfasst werden müssen und wird derjenige Bereich, der nicht fixiert
wird, deshalb nicht wahrgenommen?
Zur Sehschärfe (typischerweise mit Sehtafeln getestet): Sie ist besonders groß im
Zentrum der Netzhaut, zur Peripherie der Netzhaut aber massiv abnehmend (siehe
Physiologie-Lehrbücher). Trotzdem werden auf der Netzhautperipherie abgebildete
Gegenstände wahrgenommen (Raumorientierung!). Für besonders Interessierte: L 35:
ULMER, 2000c: Einleitung und Fazit zum Seminar Fahr- und Steuertätigkeiten:
Sehfunktionen: http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/nuernb99.pdf .
Beim Sehen ist zu unterscheiden zwischen statischem Sehen (Auge und Objekte
bewegen sich nicht) und dem viel komplexeren dynamischen Sehen (bewegte Objekte
und/oder bewegtes Auge). Hierbei spielt neben der Wahrnehmungsfunktion des Auges
auch die Verrechnung des Gesamtbilds und dessen Umsetzung in Handlungen eine
- 18 -
große Rolle, weshalb bei der Erfüllung bestimmter Aufgaben auch von funktionellem
Sehen gesprochen wird. Bei Ballsportartlern wird dies auch oft peripheres Sehen
genannt: Der erfahrene Spieler ist in der Lage, auch auf den peripheren Bereichen der
Netzhaut (mit geringer Sehschärfe) einfallende Bildelemente (z. B. Positionen von
Mitspielern oder auch gegnerischen Spielern) zu erfassen und in sinnvolles Handeln
umzusetzen. Dieses funktionielle Sehen erfordert Erfahrung, es kann somit auch
trainiert werden, sei es systematisch oder auch als Begleiteffekt bei den
entsprechenden Aktivitäten.
Insofern ist nicht verwunderlich, dass es Sportler mit deutlich unterdurchschnittlicher
Sehschärfe gibt, die sich trotzdem komplikationslos in ihrer Sportart bewegen können
(Inline-Skater L 36: MENZE K. und ULMER, H.-V., 2002: Fahr- und Steuertätigkeiten
bei vermindertem Visus ohne Sehhilfe?, :
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/339KoeniMenze.pdf) Beispiele:
Ballsportler und die Fallstudie L 36 bei Inline-Skatern . Experimente mit akuter
Verschlechterung der Sehschärfe können nicht belegen, dass Probanden mit
unterdurchschnittlicher Sehschärfe auch schlechtere motorische Leistungen erbringen,
Grund: bei langsam abnehmender Sehfunktion gibt es zahlreiche
Kompensationsmechanismen, die allerdings eine lange Vorlaufzeit erfordern. Es gibt
sogar Einäugige, die sich räumlich sehr gut orientieren können. Dies gilt auch für die
langsam abnehmende Sehschärfe mit zunehmenden Alter: die meisten PKW-Unfälle
werden von jungen Führerscheininhabern verursacht und nicht von alten, erfahrenen
Autofahrern mit ihrer statistisch weitaus schlechteren, altersbedingten Sehschärfe. Die
neuen Führerscheininhaber müssen beträchtliche Versicherungsprämien-Aufschläge
bezahlen, nicht die Alten. Literatur hierzu:L 37: ULMER, H.-V., 2003: Leserbrief zu
„Anforderungen an das Sehvermögen des Kraftfahrers“: Dynamisches Sehen
vergessen: http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=38188 : Dynamisches
Sehen vergessen: http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=38188 = Leserbrief
zu L 38: LACHENMAYR, B., 2003: Anforderungen an das Sehvermögen des
Kraftfahrers: http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=35886 , siehe auch L 39:
LACHENMAYR, B., 2003: Anforderungen an das Sehvermögen des Kraftfahrers:
Schlusswort zur „Diskussion“: http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=38190
sowie L 40: SCHMITT, T., 2003: Leserbrief zu „Anforderungen an das Sehvermögen
des Kraftfahrers“: Norm keine Rechtfertigung:
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=38187 . L 36: Fahr- und
Steuertätigkeiten bei vermindertem Visus ohne Sehhilfe? Eine Fallstudie bei InlineSkatern: http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/339KoeniMenze.pdf sowie L
41: ULMER, H.-V., BAUER, M. und BERWANGER, A. P., 2001: Wie bedeutsam ist der
visuelle Kanal für die Sensomotorik bei raschen Bewegungen?:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/327visuKaJena.pdf und L 42:
KIMMINUS, K., BERWANGER, A. und ULMER, H.-V., 2003: Blindes Pirouettendrehen
– ein Beispiel für erfolgreiche Sensomotorik aufgrund drillartigen Trainings:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/349KIMMINUS03.pdf .
Im Gegensatz hierzu gibt es bei Turnern Probleme, wenn unter sie unter freiem Himmel
Übungen absolvieren müssen, nicht nur am Reck. Auch Wasserspringer können
visuelle Orientierungsprobleme haben, z. B. bei einem fünfeckigen Becken in
Luxemburg.
9.3 Motorisches Lernen und Verlernen
- 19 -
Antizipation = Vorwegnahme, Vorausschau. Wichtiger Anpassungsaspekt des
motorischen Lernens. Richtige Antizipation braucht Erfahrung. Richtige Antizipation ist
nötig beim Erzeugen des motorischen Programms im Einzelfall und für die optimale
Verrechnung von Rückmeldungen während der Ausführung, also bezüglich einer
Optimierung der biomechanischen Größen Weg, Zeit und Kraft.
Motorisches Verlernen
1. Nach jahrelangem Können „geht etwas plötzlich nicht mehr“ (Kasuistik einer
Teilnehmerin: Wasserspringen). Überlegungen hierzu: mit zunehmendem Alter kommt
früher oder später der Zeitpunkt, bei dem ein hohes Leistungsniveau nicht mehr
gehalten werden kann. – Ursachen für den Leistungsknick mit zunehmendem Alter sind
vielfältig: Abnahme der Muskelmasse (Abnahme der Androgenkonzentration), Abnahme
des maximalen Herzminutenvolumens, Abnahme zentralnervöser Kapazitäten sowohl
bei der Erzeugung des motorischen Programms als auch bei der Verrechnung
sensorischer Rückmeldungen und schließlich auch abnehmende Funktionsfähigkeit
peripherer Sinnesorgane.
2. Nach längerer Pause: Wenig erforschtes Gebiet: Radfahren und andere zyklisch
repititive Tätigkeiten werden nur sehr langsam verlernt (KUHN, W. (1984): Motorisches
Gedächtnis: Behalten und Vergessen im motorischen Kurzzeitgedächtnis. Hofmann,
Schorndorf, A 15), anders bei komplexen Aufgaben, z. B. bei Luftfahrzeugführern:
Diese müssen als Sport- oder Berufspiloten Mindestflugstunden jährlich absolvieren,
um die Pilotenlizenz zu behalten: Bei komplexen motorischen Aufgaben ist ein
ständiges In-Übung-halten wichtig, um das motorische Verlernen zu vermeiden.
9.4 Erfahrung
Bedeutung der Erfahrung im Sport
1. Beim Festlegen motorischer Programme
1 a) Antizipation aus biomechanischer Sicht
1 b) Zielantizipation aus metabolischer Sicht.
2. Beim dynamischen, funktionellen Sehen.
3. Gewichtung der sensorischen Rückmeldung bei der Sensomotorik.
4. Expertenrating bzw. Trainerblick.
10. Spezielle sportmedizinische Aspekte
10.1 Adipositas und Übergewicht
Übergewicht ist nicht mit Fettsucht gleichzusetzen, obgleich dies permanent in der
Fachliteratur und den Massenmedien so dargestellt wird. Übergewicht kann prinzipiell
vier verschiedene Ursachen haben (ULMER, H.-V. (2000): Ernährung. In: SCHMIDT, R. F.,
THEWS, G. und LANG, F. [Hrsg.], Physiologie des Menschen, 28. korrigierte und
aktualisierte Auflage, S. 803. Springer, Berlin, Heidelberg, New York): 1. Vermehrter
Fettgehalt (Adipositas), 2. vermehrte Muskelmasse (z. B durch Bodybuilding), 3. breiter
Körperbau (Becken- und Schulterbreite betreffend) und 4. vermehrter Wassergehalt
(krankhaftes Ödem).
Beliebte Bezugsgrößen: 1. Body-mass-index (BMI) Reimport in das alte Europa, der
Index war schon im vorletzten Jahrhundert als QUETELET-Index bekannt: kg/m2
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(Körpergewicht in kg, -höhe in m) oder 2. Broca-Index (= Körperhöhe in cm – 100 ergibt
Sollgewicht in kg) oder 3. Lean Body Mass = LBM = fettfreie Körpermasse.
Alle diese Referenzmaße schließen noch das Problem ein, daß als epidemiologischer
Risikofaktor relevant lediglich die abdominale Fettsucht („Apfeltyp“) wegen der Bezüge
zum metabolischen Syndrom relevant ist. Lean Body Mass (LBM = fettfreie
Körpermasse) als Bezugsgröße (ULMER, 1985, S. 100 f oder ULMER 2000, S. 804).
Hierzu einige statistische Aspekte: Problem der Mittelwertsaussagen – die üblichen
Aussagen zum Thema Übergewicht und Fettsucht beruhen auf Studien mit großem
Stichprobenumfang. Speziell, wenn sie sich auf Übergewicht beziehen (BMI oder
BROCA-Index), schließen sie noch das Problem ein, dass Übergewicht nicht mit
Fettsucht gleichzusetzen ist (s. o.) einschließlich des meistens nicht berücksichtigten
Aspekts des Körperbaus (schmal – mittel – breit). Aber selbst bei der Adipositas handelt
es sich nur um statistische Aussagen, die im Einzelfall nicht zutreffen müssen; siehe
hierzu auch Apfeltyp und Birnentyp (ULMER, H.-V. ,2000, S. 804)
Bezüglich der Risiken der Adipositas sei darauf verwiesen, dass zwar etwa die Hälfte
aller Deutschen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Herzinfarkt stirbt, dieses aber im
hohen Alter (Diagramm durchschnittliches Sterbealter 1999, A 18).
Übergewicht als übermäßiges Gewicht stellt ein biomechanisches Risiko für die
Beingelenke dar (Arthroserisiko). Hierbei geht es tatsächlich um die mechanischen
Auswirkungen eines Übergewichts und nicht das kardiovaskuläre Risiko des Adipositasassoziierten metabolischen Syndroms.
10.2 Essen und Trinken beim Sport
Überlegungen zur Frage: Was braucht der Sportler? Oder: Zu drei relevanten Aspekten
des Essens und Trinkens bei Sportlern (Literaturhinweis: ULMER, 2000b):
1. Substitution verbrauchter, energiehaltiger Nährstoffe sowie sonstiger, benötigter
Nahrungsbestandteile.
2. Substitution von Flüssigkeit.
3. Hygienische Unbedenklichkeit.
1. Zur Substitution fester Nahrungsbestandteile:
1.1 Nährstoffe (Eiweiße, Fette, Kohlenhydrate):
a) für den Betriebsstoffwechsel: Je nach Energieverbrauch, besonders bei
Ausdauersportarten: Kohlenhydrate und Fette. b) für den Baustoffwechsel:
essentielle Aminosäuren (besonders in tierischen Eiweißen) und essentielle
Fettsäuren (besonders in pflanzlichen Fetten sowie Fischöl).
1.2. Vitamine: Vitaminmangel ist im Sport eigentlich nur bei einer zu einseitigen
Ernährung zu befürchten, speziell bei rigoroser Kontrolle des Körpergewichts.
Dann ist Substitution sinnvoll, und zwar mit Multivitaminen oral, nicht mit der
Spritze.
1.3. Salze: Ausdauersportler schwitzen mehr, sie sondern aber einen verdünnten
Schweiß ab. Insofern ist der Salzgehalt bei viel schwitzenden Sportlern und bei
Hitzeadaptierten erniedrigt, die Gefahr des Salzverlustes ist daher sehr gering;
ein erhöhter Salz-/Elektrolytbedarf ist nur selten gegeben. Wenn
sicherheitshalber Elektrolyte genommen werden sollen: dann in der
Erholungsphase, nicht während des Sporttreibens.
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1.4. Spurenelemente: Eisenmangel ist praktisch die einzige Ernährungsbedingte
Mangelkrankheit in Mitteleuropa. Grund: Vorkommen des Eisens in
resorbierbarer Form nur in wenigen Nahrungsmitteln, speziell in Blut
(Hämoglobin) und Fleisch (Myoglobin). Bei einer gemischten Kost deckt das
Angebot unter den üblichen, begrenzten Resorptionsbedingungen in etwa den
Bedarf. Ein Mangel kommt nicht selten bei Frauen und Vegetariern vor, speziell
aber auch bei Langläufern, da deren Erythrozyten bei jedem Laufschritt
mechanisch lädiert werden.
Weiterer, fester Nahrungsbestandteil: Ballaststoffe: Nicht resorbierbare
Nahrungsbestandteile vor allem Zellulose (z. B. in Kleie), sinnvoll bei Stuhlverstopfung.
3. Neben der Substitution von Nahrungsbestandteilen gibt es einen weiteren, wichtigen
Aspekt: Sportlernahrung muss hygienisch einwandfrei sein. Dies gilt besonders für
heiße Sommertage sowie Aktivitäten in warmen Ländern. Besondere Gefährdung:
A) Infektionsbedingte Durchfallerkrankungen (siehe L 43: MÜLLER, S., 2000:
Medizinische Tipps für Reisen in warme Länder:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/medtipwl.pdf sowie L 44: MENZE, K.
und ULMER, H.-V., 2000: Zur hygienischen Unbedenklichkeit von
Beachvolleyballfeldern in Mainz und Umgebung – eine hygienisch-bakteriologische
Studie:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/05spomed.pdf ) sowie
B) durch Hepatitis A-Infektion.
„Synthetische“ Sportlerkost, Riegel usw. Vorteil: Hygienisch einwandfrei, Nachteil:
Kosten und versteckte Dopingsubstanzen. "Trinken im Sport, Bedeutung der
Flüssigkeitssubstitution". Eine dem Flüssigkeitsverlust adäquate
Flüssigkeitssubstitution ist sinnvoll. Wichtig ist die Menge, weniger der Gehalt, deshalb
sollte ein entsprechendes Getränk gut schmecken und verschiedene
Geschmacksbedürfnisse berücksichtigen.
Folgen eines Flüssigkeitsmangels durch Schwitzen:
Bei etwa 1% Abnahme des Körpergewichts durch Schwitzen: Geringfügige
Beeinträchtigungen vor allem mentaler Leistungsfähigkeiten,
ab etwa 5%: Deutlich spürbare Beeinträchtigungen physischer und mentaler
Leistungsfähigkeiten,
ab 10% massive Beeinträchtigungen, ab 15 bis 20% Tod durch Verdursten.
Bezüglich der Zusammensetzung des Sportlergetränks: Kein Alkohol, keine CO2haltigen Getränke, Kohlenhydrate nur bei Ausdauersportarten ab etwa 2 Stunden.
Entgegen früherem Brauchtum hat sich Glukose in fester oder flüssiger Form als nicht
sinnvoll erwiesen. Flüssigkeitsmengen: Bis zu 1 L pro Stunde, möglichst häufiger in
kleinen Portionen getrunken.
10.3 Sport- und Bewegungstherapie
Für Sport- bzw. Bewegungstherapie sollten folgende Grundsätze einer jeden
Therapie gelten:
1. Anamnese, Befund und Diagnose (individuell!)
2. Wissen um Indikationen und Kontraindikationen sowie den Einsatz adäquater Mittel
3. Können im Einsatz dieser Mittel, einschließlich deren Dosierung
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4. Erfolgskontrolle (unvoreingenommen!)
In diesem Zusammenhang ist es für den Prüfer immer wieder erstaunlich, dass seine
Umfrage „Sport bei Risikopatienten – Ihr Vater (L 8, in Vorbereitung) immer wieder ein
fehlendes Problembewusstsein für die Risiken eines undifferenziert angepriesenen und
durchgeführten „Gesundheitssports“ erkennen lässt.
10.4 Gesundheitssport
Sport und Gesundheit, Sport und Risiko: Nochmals Bezug zu L 9: ULMER, H.-V., 2001:
Ergometrie und Sorgfaltspflicht, Empfehlungen anhand eines Anamnesebogens:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/taugl00.pdf .
Bei Aktionen des Gesundheitsports besteht das prinzipielle Problem, in wie weit
Gesundheit machbar ist bzw. durch eigenes Tun Krankheiten verhindert werden
können. In vielen Fällen sind Krankheiten schicksalhaft bedingt und manche
vollmundigen Äußerungen über die Machbarkeit der eigenen Gesundheit grenzen an
Machbarkeitswahn. (verg. auch: L 45: JACHERTZ, N., 2003: Prävention: Trügerisches
Versprechen http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=39767 sowie L 46:
BESKE, F., 2002: Prävention: Vor Illusionen wird gewarnt
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=31415 ) siehe hierzu auch
Überlegungen zu mens sana in corpore sano (ULMER, 1991).
Bewegungstherapie und Gesundheitssport sind somit eine diffizile Angelegenheit,
Gesundheitssport auf eigene Faust kann durchaus riskant sein. Ein solcher Sport
gehört daher in die Hände von Betreuern, angefangen vom Übungsleiter (Beispiel für
eine vorbildliche Regelung A 16 Pluspunkt Gesundheit-DTB) bis zum
Hochschulabsolventen. Dies gilt besonders für präventiven Sport, wenn bereits
Begleiterkrankungen vorliegen. Die Mainzer Absolventen sollten bei jeder Gelegenheit
Ihre Kompetenz in dem Sinne einbringen und einfordern, dass Gesundheitssport nicht
pauschal „als beste Medizin“ betrieben wird, sondern richtig unter ihrer fachkundigen
Anleitung und Betreuung.
L 48: N. Daschmann: Pluspunkt Gesundheit DTB,
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/PluspunktGesundheit04.pdf .
Schlussbetrachtung eines Arztes zum Gesundheitssport
und ein Appell an die Absolventen:
Gesundheitssport auf eigene Faust oder als betreuter Sport?
Nochmals mit Bezug zu L 9: Ergometrie und Sorgfaltspflicht, Empfehlungen anhand
eines Anamnesebogens: http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/taugl00.pdf ,
L 45: Prävention: Trügerisches Versprechen:
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=39767 ,
L 46: Prävention: Vor Illusionen wird gewarnt:
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=31415 sowie
A 4, sport bei risikopatienten.
L 47: ULMER, H.-V.: Primärprävention kardialer Erkrankungen – Nil nocere!
(Leserbrief): http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=38376 sowie
L 8: Sport bei Risikopatienten – Ergebnis der Umfrage:
http://www.uni-mainz.de/FB/Sport/physio/pdffiles/Umfrage-Risikopat03SS-SS04.pdf
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