1 Ausserkörperliches Heilen: ein Weg zu bewusstem Sein 15 Aktive Meditationen von Manuel Schoch Inhaltsverzeichnis: Zur Person Zur Textentstehung Einleitung Körper und Mind, 17.4.94 Anhaften, 18.4.94 Seele, 19.4.94 Heilen, 20.4.94 Ausstrahlung und Anziehung, 9.10.94 Gesundheit, 10.10.94 Potential, Mitgefühl, Sein: Der Charakter der Qualitätsaura, 11.10.94 Klarheit, Reinheit, Aufrichtigkeit, 10.12.95 Veranlagung und Grundhaltung, 11.12.95 Demut, Geduld, Anpassungsfähigkeit, 12.12.95 Der Energiekörper, 13.12.95 Die Seele, 4./5.11.95 Stärken und Schwächen 16./17.12.95 Sterben, Meditation, Aufmerksamkeit, Stille, 24.5.95 Fragen und Antworten, 12.10.94 2 Zur Textentstehung: Gegenstand dieses Buches sind Niederschriften von 15 Aktiven Meditationen von Manuel Schoch. Zwölf dieser Aktiven Meditationen wurden anlässlich eines Ausbildungskurses in Ausserkörperlichem Heilen gehalten und stehen in einem abfolgenden, thematischen Zusammenhang. Die andern drei beinhalten ergänzende und erläuternde Informationen. Aktive Meditationen sind spontan gehaltene, inspirierte, mündliche Vorträge. Die durchschnittliche zeitliche Länge einer Meditation beträgt ungefähr eine Stunde. Bei Aktiven Meditationen handelt es sich um sogenanntes Channeling, in Trance aus einer anderen Dimension übermittelte Information. Dies kann zur Folge haben, dass auf den ersten Blick gewisse Textteile ungewohnt, der Inhalt neu oder die Sprache ursprünglich, eigenartig erscheinen mögen. Die jeweiligen Tonbandaufnahmen der Aktiven Meditationen wurden in die vorliegenden schriftlichen Texte übertragen. Um die Dichte und den Fluss des mündlichen Vortrages möglichst umfassend wiederzugeben, wurde dabei versucht, die Originalität des sprachlichen Ausdrucks weitgehend beizubehalten und möglichst direkt aus dem Schweizerdeutschen zu übersetzen. 3 Zur Person: Manuel Schoch geboren 1946, ist ein moderner Mystiker, Heiler, Therapeut und Lehrer. Schon als Kind sah Manuel Schoch die Energiefelder (Aura) seiner Mitmenschen, nahm hellsichtig und hellhörig Verstorbene und andere Geistwesen wahr und sein ganzes Leben hindurch hatte er immer wieder mystische Erlebnisse. Nach der Schulzeit wurde Manuel Schoch zuerst Bauer. Darauf studierte er Psychologie in der Schweiz und in England, wo er auch seine medialen Fähigkeiten verfeinerte. Er war jüngster Redaktor beim Schweizer Fernsehen und Personalchef eines grossen Kommunikationsunternehmens. Nach mehreren Lehrjahren mit dem dänischen Heiler Bob Moore, begann Manuel Schoch 1971 selbstverantwortlich seine Arbeit als energetischer Therapeut. Daneben war er Mitbegründer des analytischen Zentrums in Zürich und wirkte ab 1974 am gleichen Ort als Gründer und Leiter des HiHoKollektivs, einer staubaufwirbelnden antipsychiatrischen Institution. In der Folge führt die Entfaltung von Manuels Heilkunst zur Geburt des tune in, Center for Human Growth, und seit 1984 trägt Manuel seine Qualitäten mit Vorträgen, Kursen, Workshops und Ausbildungen in die Öffentlichkeit. Dabei wird er durch seinen Kontakt mit der andern Dimension von Geistführern unterstützt. Manuel Schoch ist der Begründer der Time Therapie und hat das Ausserkörperliche Heilen© entwickelt. Manuel arbeitet mit Klarheit, Mitgefühl, Humor und Bescheidenheit und leitet heute das tune in Institut für psycho-spirituelles Wachstum in Zürich, London und Athen. Er lebt in Zürich, Athen, London, ist verheiratet und Vater von zwei Söhnen. 4 Bisherige Publikationen: Awareness and Transformation, an Introduction to the Work of Manuel Schoch (1990, Mezzaluna, Zürich); (deutsche Übersetzung: Bewusstheit und Transformation, eine Einführung in die Arbeitsweise von Manuel Schoch, erhältlich bei tune in, Zürich); Meditation - Transformation, Freiheit vom Ich (1994, tune in, Zürich); in Vorbereitung: Time Therapie; diverse Vorträge auf Tonbandkassetten erhältlich. 5 Einleitung Wahre Mystik! Zeitlose Weisheit in einer neuen, modernen Sprache. Strahlend, erhellend, wärmend für das Herz und die innere Intelligenz – klärend und schmelzend für den Verstand. Aussagen, die aus jener Dimension stammen, aus der wir geboren sind und wohin wir zurückkehren, jenseits von Zeit, Raum, Schwerkraft, Getrenntheit, Leiden. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit, Absolutheit und vielleicht gerade deshalb revolutionär. Gegenstand dieses Buchs sind 15 Aktive Meditationen, spontane, inspirierte Vorträge, die Manuel Schoch während eines Ausbildungskurses in Ausserkörperlichem Heilen gehalten hat. Manuel Schoch leitet das tune in Institut für psycho-spirituelles Wachstum in Zürich, London, Athen. Er ist nebst anderem ein begnadeter Therapeut/Heiler und Auraleser sowie der Begründer der Time Therapie und des Ausserkörperlichen Heilens. Sein Kontakt mit anderen Dimensionen fliesst als Information direkt in seine Aktiven Meditationen ein. (Aktive Meditation heisst hören, alles Wissen radikal in Frage stellen können. Das bedeutet als HörerIn, oder in diesem Fall als LeserIn, das Gehörte/Gelesene nicht sofort zu bewerten, zu interpretieren, sondern die Aufnahme und Integration der Information der inneren Intelligenz zu überlassen.) Was ist Ausserkörperliches Heilen? Kurze Erläuterungen zu verwendeten Ausdrücken: Ausserkörperliches Heilen nennt sich eine moderne, von Manuel Schoch entwickelte, Form des Heilens, welches unter Begriffen wie geistiges, spirituelles Heilen schon seit uralten Zeiten praktiziert, und heute als eine komplementäre, medizinische Methode mehr oder weniger akzeptiert, geachtet oder beargwöhnt wird. 6 Ausserkörperliches Heilen beinhaltet eine spezielle Technik, versteht sich in einem umfassenderen Sinn als Lebenshaltung und will auch den Bedürfnissen des zeitgemässen, wissenschaftlich geprägten Denkens, welches nach Erklärungen und Verstehen verlangt, entsprechen, wobei aber die Tatsache bestehen bleibt, dass Erklärungen direktes Erleben leider nicht ersetzen können. Mit einem Körper und dem Verstand ausgestattet werden wir geboren, leben unser leidendes oder glückliches irdisches Dasein und... sterben. Das Ich, Körper, Gedanken, Gefühle sind vergänglich, bestimmt durch die Grenzen der Gesetze von Zeit, Raum, Gravitation. Gelingt es uns, das Ich-Bewusstsein und Dualität zu transzendieren, werden Ebenen erfahrbar, die jenseits dieser Schranken, hinter Geburt und Tod liegen und sich komplexer als lineare UrsacheWirkungszusammenhänge verhalten. Für das Leben von essenzieller Bedeutung, sind wir mit diesen Dimensionen tief verbunden. Wenn wir Fragen stellen, fragen wir nach ursprünglichen Antworten und falls wir unter einer Erkrankung leiden, suchen wir nach wirklicher Heilung. Ausserkörperliches Heilen geht davon aus, dass Heilungsversuche von Krankheiten des Körpers und/oder des Mind mit Mitteln, die der Ebene von Körper/Mind entstammen, unzureichend bleiben. (Wir bevorzugen das englische Wort mind im Sinne von Gesamtprozess der Wahrnehmung, der Gedanken, Emotionen, Gefühle.) Solange eine Therapiemethode Symptome auf derselben Ebene verschiebt, kann sie womöglich Linderung, nicht aber Heilung verschaffen. Aus langjähriger, genauer Beobachtung des Menschen zeigt sich, dass wir unser Dasein nicht nur in einer Körper/Mindstruktur fristen, sondern im weiteren vor allem auch in einem feinstofflichen, sensitiv wahrnehmbaren Energiefeld leben. (Dieses kann man spezifischer unterteilen in Ätherkörper und Mentalaura inklusive Emotionalaura.) Ausserkörperliches Heilen bezieht die Aura in den therapeutischen Prozess mit ein: Der feinstoffliche Körper heilt den feinstofflichen Körper. Erfolgt Therapie durch dieses elektromagnetische Informationsfeld, werden auch die Schwingungen des energetischen Feldes des «Kranken» aktiviert, bewusster, und da die feinstoffliche Ebene weniger in ZeitRaumGravitationsstrukturen verhaftet ist, wirkt Heilung auf dieser Ebene intensiver und andauernder. 7 Als spezielle Technik besteht das Ausserkörperliche Heilen in der Kunst, bei therapeutischen Handlungen oder bei Healing neben dem Körper/Mind zusätzlich den feinstofflichen Körper einzusetzen, ihn zu projizieren und eben auch ausserhalb des physiologischen Körpers dirigieren zu können. Teilweises oder ganzheitliches ausserkörperliches Erleben ist eine erste Auflösung der Beschränkungen des Raum-Zeit-Gravitationsfeldes. Dadurch können grobstoffliche Formen leichter, lichter, dehnbarer, gelöster werden. Natürlicherweise ist dies zugleich subjektiv direkt erfahrbar. Zum Beispiel sind gesteigerte Wahrnehmung und Vitalitätszuwachs nebst tieferer Zuwendung mögliche Folgen eines veränderten Zustandes. Das feinstoffliche System wiederum kann gesehen werden als ein Bestandteil und ein Ausdruck von unpersönlichen, tieferen Dimensionen, in der Aura wahrnehmbar als sogenannte Qualitätsaura. Die zeitlose Qualitätsaura und das Ungreifbare, repräsentiert durch die subjektiv fühlbare Seele, bilden den Energiekörper. Obwohl diese umfassenden Ebenen, ihrer Natur gemäss, jenseits unseres Verstandes liegen und ihr Verstehen, ihre Beschreibung und vor allem ihr Erleben deshalb Schwierigkeiten bereitet, hat es immer wieder Annäherungen an diese essenziellen Bewusstseinsebenen gegeben. Einige Kennzeichen der unendlichen, unvergänglichen Existenzebenen jenseits des ZeitRaumGravitationsfeldes sind beispielsweise Liebe, Intelligenz, Information, Leichtigkeit, Licht... und als solche sind sie ein intuitiver, kreativer Bestandteil des menschlichen Bewusstseins. Der Energiekörper, als ein Ausdruck des ursprünglichen Ganzen, wirkt als Transformation. Es stellt sich also die Frage, wie man diese multidimensionalen Ebenen in Heilungsprozesse integrieren kann und Ausserkörperliches Heilen versucht konsequent, die Beziehung zur Qualitätsaura, zur Seele, zum Energiekörper zu verstärken. Im weitesten Sinn kann es uns gelingen, den Energiekörper bewusst zu dem werden zu lassen, was er eigentlich schon ist, zur führenden Instanz im Dasein. Dabei werden feinstoffliche und grobstoffliche Ebene zu einem Instrument des Energiekörpers. 8 Da sich integrierend wirkende Prozesse nicht beschränken lassen, können wir Ausserkörperliches Heilen nicht stur, einseitig auf spezielle therapeutische Zusammenhänge reduzieren, sondern es wird als Grundhaltung auch im alltäglichen Leben die Ebene des Energiekörpers mit einzubeziehen beginnen. Ausserkörperliches Heilen versucht ganz praktisch, die raumzeitlichen Grenzen zu transzendieren, Bewusstsein zu erweitern, Transformation zu ermöglichen und das menschliche Potential sich entfalten zu lassen. In direkter Erfahrung fördert es Liebe und Mitgefühl, Humor und Weisheit, Kreativität und ursprüngliche Einfachheit und versucht so, in einem bescheidenen Beitrag die Lebensqualität individuell und allgemein zu erhöhen. Warum eigentlich sollten wir die konkrete Beziehung zur Seele nicht schon jetzt realisieren? Ein bisschen mehr Freude würde diesem Planeten sicher keinen Schaden zufügen. Diese Aktiven Meditationen haben die Absicht, Türen und Fenster zu den essenziellen Realitäten der Existenz aufzustossen und zu einem hell leuchtenden, bewussten Sein beizutragen. Was wir bei den Niederschriften leider nicht übersetzen konnten, ist die energiegeladene Präsenz des gesprochenen Wortes. Dennoch hoffen wir, dass wir unsere Aufgabe, die lebhaften Vorträge möglichst wortgetreu aus dem Schweizerdeutschen in ein lesbares, geschriebenes Deutsch zu übertragen, zu Ihrer Zufriedenheit lösen konnten. Und jetzt wünschen wir Ihnen viel Licht, Erfüllung und einiges ausserkörperliches Vergnügen. Herbst 1997 tune in Institut für psycho-spirituelles Wachstum Seestrasse 561 CH-8038 Zürich Telefon 01 481 71 81 Internet: http://www.tune-in.ch Niederschriften: Fred Krähenbühl und Andreas Ruch 9 Körper und Mind 17. April 1994 Wir haben Menschsein als Körper und Mind definiert. Der Körper zeigt sich, wenn wir nicht nur die Zellen, die Organe und die Haut betrachten, als elektrochemischer Prozess. Der Ätherkörper und die emotionale Aura sind direkt mit dem Körper verbunden. Der Mind, der auch zum Körper gehört, ist ebenso ein elektrochemischer Prozess. Neben der Wahrnehmung und den Gefühle beinhaltet er verschiedene Denkformen. Körper und Mind sind voneinander nicht trennbar. Die Qualitätsaura gehört zu einer dritten Ebene, die über Körper/Mind hinaus geht. Diese Ebene nennen wir Energiekörper. In vielen Texten wird diese Ebene auch als Seele bezeichnet. Wir haben weiter gesagt, dass Körper und Mind in Gravitationsraum und Phasenzeit existieren. Sie sind damit vergänglich und ihre Struktur wird sich im Gegensatz zum Energiekörper zu gegebener Zeit auflösen. Der Energiekörper seinerseits existiert in Erlebniszeit und Raum-AnSich (Unendlichkeits-Raum) und bleibt daher immer erhalten. Beziehung ist der Raum, die Substanz dieses Energiekörpers. Gehen wir jetzt zuerst zurück zur Struktur von Körper/Mind. Selbst, wenn wir die Einheit von Körper und Mind erst intellektuell verstanden haben, ist der Bezug zum Energiekörper immer, vielleicht geschwächt, nicht einmal bewusst, vorhanden. Es hängt von der Balance von Körper und Mind ab, ob der Energiekörper – die Seele – sich manifestieren kann. Nun kommt die Frage auf, wie man zu dieser Balance kommen kann. Um diesen Prozess zu verstehen, muss man die Dialogstruktur von Körper und Mind untersuchen. Stellt euch einmal eine Sprungfeder vor, wie sie in einer alten Matratze, oder in einem Kugelschreiber zu finden ist. Am einen Ende dieser Feder sei der Körper, am anderen Ende der Mind befestigt. Wenn sich jetzt ein Teil, Mind oder Körper, bewegt, überträgt sich die Information über diese Bewegung durch die Feder zum Partner. Damit ist eine Schwingung in der Feder entstanden, auch wenn nur der eine Teil sich bewegt hat und der Partner vorerst unbeteiligt ist. Der Mind zum Beispiel ist also von einer Bewegung des Körpers betroffen, der Körper von einem Vorgang im Mind. Diese beiden, Körper und Mind, sind voneinander nicht zu trennen. 10 In dem Sinn hat die moderne Wissenschaft recht, wenn sie sich gegen das Dualitätsprinzip stellt. Sie hat aber auch unrecht, weil sie immer vergisst, dass da auch noch die dritte Ebene ist, die Seele. Je mehr Bewegung ein oder auch beide Partner zugleich erzeugen, desto intensiver schwingt die Feder. In der Feder können dabei neue Schwingungsmuster auftreten, welche nicht mehr durch Körper oder Mind allein ausgelöst worden sind. Wir erleben dieses Phänomen dann als Speed, als Stress. Ihr habt es alle schon gesehen: Ihr könnt in diesem Zustand mit eurer ganzen Intensität versuchen, Mind oder Körper zu beruhigen, es wird euch nicht gelingen, weil sich die Eigenschwingung der Feder erst nach einer gewissen Zeit wieder beruhigt. Die Schwingungen, welche Körper und Mind verbinden, sind als Muster im Ätherkörper sichtbar. Daher kann man etwa siebzig Prozent aller Krankheiten fünf bis sechs Monate vor ihrem Auftreten im Körper in dieser Schwingungsstruktur erkennen. Das ist die eine Seite. Ohne Schwingungsbezug zwischen Körper und Mind auf der anderen Seite könnten beide nicht existieren. Balance ist da, wenn die Feder eine gewisse Ruhe gefunden hat. Weder darf die Schwingung völlig verschwinden, noch soll Eigenschwingung auftreten. Die Feder soll einfach den Bezug zwischen Körper und Mind herstellen und die Information über die Bewegungen des einen Teils als Schwingung zum anderen übertragen. Damit erkennen wir, dass Balance etwas mit Stille zu tun hat. Wie kann man nun diese Schwingungen von Mind und Körper in eine Balance bringen? Was und wie läuft das ab? Nun stellt sich die Frage, ob man den Mind ruhigstellen kann. Wenn ihr ganz genau beobachtet, werdet ihr feststellen, dass dies nicht möglich ist. Wer will denn eigentlich den Mind ruhig stellen? Was heisst es im Endeffekt, dass ich den Mind ruhig stellen möchte? Solange dieser Wille erkennbar ist, ist doch der Mind immer noch aktiv. Stille oder, um es nochmals in unserem Symbol zu sagen, eine ruhigere Bewegung in der Feder, kann über den Mind als Auslösemedium nicht erreicht werden. Was ist mit dem Körper? Ohne uns in medizinischen Details zu verlieren sind im Körper ganz offensichtlich zwei grundlegende Nervenfunktionsmuster erkennbar. Ob ich meine Hand bewege oder nicht, hat etwas mit meinem Mind zu tun. Es ist mein Denken, der assoziative und der motivative Denkprozess, welches meine Bewegungen auslöst. 11 Andererseits gibt es einen weiteren medizinisch erkennbaren Prozess. Es gibt Organfunktionen, wie jene des Herzens, der Blase, des Darms, der Lunge, welche losgelöst von meinem Willen und meinen Denkprozessen ablaufen. Wäre das nicht so, könnten wir uns weder entspannen, noch könnten wir schlafen, und wir hätten ein relativ grosses Chaos in unserem Körper. Es muss einen Sinn machen, dass der Körper offensichtlich zwei unterschiedliche Fähigkeiten hat: Die eine erhält die wichtigen Prozesse aufrecht, obwohl man mit dem Mind nichts tut. Man muss nicht willentlich verdauen, oder das Herz schlagen lassen. Die andere Fähigkeit erzeugt willentliche Bewegung. Aus der Evolution heraus ist der Sinn klar: Es wäre gar nicht möglich, zu überleben, müsste man auf alle Prozesse willentlichen Einfluss nehmen. Das bedeutet auf der anderen Seite, dass zum Beispiel mein Herzschlag auch keinen Einfluss auf meinen Mind ausübt. Wenn allerdings das Herz einmal wegen eines Adrenalinschubs plötzlich massiv schlägt, hat das sehr wohl Einfluss auf den Mind. Solange aber eine normale Funktionstätigkeit vorliegt, wird dadurch der Mind nicht beeinflusst. Jede willentliche Körperbewegung wird im Gegensatz dazu in der Feder zwischen dem Körper und dem Mind eine Schwingung erzeugen, die von beiden Partnern am Ende der Feder immer wieder zurückgespiegelt wird. Die Konsequenz aus dieser Wechselwirkung ist, dass ich beim Versuch, den Mind ruhiger werden zu lassen, nicht beim Mind beginnen kann. Der Körper muss sich zuerst beruhigen. Je weniger der Körper sich bewegt, desto ruhiger wird die Schwingung der Feder, desto weniger ist der Mind mit Dingen beschäftigt, die er nicht benötigt. Das ist der einfache Grund, warum die meisten Meditationstechniken im Ruhigstellen des Körpers bestehen. Das ist ein ganz einfacher Prozess, um den Dialog zwischen Körper und Mind ruhiger werden zu lassen. Wo der Dialog zwischen Körper und Mind ruhiger wird, entsteht mehr Raum. Der Körper braucht eine ruhige Schwingung, sollen die feinstofflichen Ebenen, die andere Dimension, der für den Healingprozess wichtige Energiekörper, die Seele, mehr in den Vordergrund treten können. Diese Schwingung soll frei sein von der Bereitschaft zu kämpfen (Leistung zu erbringen, sich anzustrengen), zu fliehen (sich zu wehren, zu rechtfertigen, zu verstecken) und paralysiert zu sein (Totstellung, Angst). Dadurch löst sich die Verkrampfung des Körpers. 12 Der Körper muss auf die psychischen Prozesse wohl Einfluss nehmen können, soll sie aber selbst nicht induzieren. Der Körper muss dann aufkommende Angst nicht mehr austragen (mit der Angst sein). Vitalität soll auf einer psychischen Ebene erzeugt werden, nicht durch eine Anstrengung des Körpers. Wenn man mit einer Situation Mühe hat, sich verletzt fühlt, soll man mit dieser Verletzung bleiben können, statt aggressiv zu reagieren. Der Körper soll eine ruhende Haltung einnehmen können. Das Paradox: Je tiefer in Ruhe der Körper ist, desto höher werden die Schwingungsfrequenzen in den Zellen. In der energetischen Sprache ist das Ausdehnung. Je weniger der Körper die Verantwortung für psychische Prozesse übernehmen muss, desto mehr Klarheit bekommt der Mind. Klarheit ist der erste Schritt zu Stille. Viele Bewegungen laufen im Mind reflexartig, statt mit grosser Aufmerksamkeit ab. Je weniger der Körper immer wieder eingreift und den Mind dadurch zwingt, zu identifizieren und zu erklären, desto mehr Freiheit gewinnt der Mind, sich auf anderen Ebenen zu bewegen. Je weniger der Mind gezwungen wird, den Körper zu kontrollieren, desto eher erkennt er sein eigenes Potential. Es ist, als erhielte der Mind Flügel und der alte Traum vom Fliegen erhält einen neuen, den eigentlichen Sinn. Der Mind erkennt sein Potential, wie das Symbol der Raupe, die das Potential zum Schmetterling hat, es aufzeigt. Mystiker haben gesagt, dass man auf seinen Körper aufmerksam sein soll. Damit meinen sie nicht, der Körper sei die einzige, die entscheidende Instanz. Der Körper kann sich durch Aufmerksamkeit in eine Haltung von Ruhe hinein bewegen. Je entspannter man ist, desto bewusster wird man seines Körpers; gleichzeitig wird man seiner aber auch weniger bewusst. Das ist ein Paradox, welches man im Zen immer wieder mit Koans aufzulösen versucht. Ein einfaches Beispiel: Ihr geht ins Kino. Wenn man sagt, man sei vom Film völlig absorbiert gewesen, drückt man überhaupt nicht aus, dass man sich vergessen hätte. Man hat im Gegenteil erkannt, dass man sich selbst noch viel bewusster geworden ist. Totales Absorbiertsein impliziert einen Schub von erhöhtem Bewusstsein. Den Körper total zu spüren, zu erleben, jede Zelle, jede Vibration wahrzunehmen, bewirkt keine Fixierung auf den Körper, sondern gerade das Gegenteil. Je stärker eine Beziehung ist, desto mehr Freiheit und Ruhe entstehen. Normalerweise ist es allerdings nicht so. Man hat normalerweise einen relativ losen Kontakt zu seinem Körper. 13 Daher muss man laufend identifizieren. Was passiert jetzt, was ist los? Ein Beispiel: Ihr geht nachts durch den Wald. Es kracht im Gebüsch, immer wieder. Laufend wird Adrenalin ausgeschüttet. Darum seid ihr ununterbrochen in einem verkrampften Zustand. Geht ihr bei Tag durch den gleichen Wald, könnt ihr alles überschauen, habt zu allem eine Beziehung. Jetzt geht ihr völlig entspannt. Sobald der Körper in Ruhe ist, sobald er nicht mehr laufend Verantwortung für irgendwelche psychische Prozesse übernehmen muss, sobald er sich also selbst als Gefäss versteht, wird die Federschwingung geringer und damit ein klarerer Dialog sichtbar. Habt ihr euch schon überlegt, wie ein Dialog im eigenen Kopf oder mit jemand anderem abläuft? Wenn ihr jetzt beobachtet, werdet ihr sicher wahrnehmen, dass ein echter Dialog nur aus einem Ablauf entstehen kann, der langsam fortschreitet, weil erst jetzt echtes Zuhören möglich wird. Je mehr Pausen also eingelegt werden, desto tiefer, ganzheitlicher läuft ein Dialog ab. Es stehen weniger ausschliessende Prinzipien eines Entweder/Oder im Vordergrund. Wenn der Körper in Ruhe gelassen wird, verringert sich die Intensität der Schwingung in der Feder, und genau das erzeugt einen tiefen Dialog mit dem Mind. Der Mind kann dann erkennen, dass sich der Körper selbst um seine Angelegenheiten kümmert und kann sich anderen Ebenen zuwenden. Psychosomatik bedeutet das Vorliegen einer Störung im Dialog zwischen Körper und Mind. Darum sind alle die Techniken, wie Autogenes Training, Meditation, Übungen der Entspannung entwickelt worden. Man weiss, dass sie auch bei Krankheit eine wichtige Funktion übernehmen können. Psychopharmaka, welche durch die Blockierung von Funktionen im Gehirn eine Übererregung zum Beispiel durch Angst abbauen, haben eine ähnliche Wirkung. Heilung kann geschehen, sobald der Dialog zwischen Körper und Mind nicht mehr hektisch verläuft, sobald Körper und Mind aufeinander hören. Bei diesen Überlegungen ist Vorsicht geboten, weil Krankheiten nach wie vor auftreten können und auftreten werden. Der Dialog zwischen Körper und Mind und auch andere Bezüge, von denen noch zu sprechen sein wird, bestehen aus einem Prozess des SichEinbringens und des gleichzeitigen Hörens. Ist euch der Zusammenhang zwischen der Krankheit unserer Gesellschaft und der Tatsache, dass Beziehung die Essenz des Energiekörpers ist, schon aufgefallen? 14 Weder bringen wir uns in einem Dialog wirklich ein – damit ist nicht nur materielles Teilen gemeint –, noch hören wir wirklich hin. Wenn jemand sich nicht einbringt, wird das als Zusein, als Egozentriertheit empfunden. Der Ausdruck beschränkt sich dann meist auf die Darstellung von Ideen, mit denen man sich identifiziert, auf Rechtfertigungen warum man so und nicht anders ist, und auf Schlussfolgerungen, dass und warum die Welt mit einem so schlimm umspringt. Wenn man nicht hören kann, deutet das darauf hin, dass man noch irgendwie anders werden, besser als andere sein möchte. Ausser sich selbst nimmt man nichts wirklich wahr. Man könnte ja der Meinung sein, es sei für eine zwischenmenschliche Beziehung unerheblich, ob man sich in einer wirklichen Beziehung, in einem wirklichen Dialog mit seiner Umwelt befinde, da Körper und Mind schliesslich irgend einmal verfielen. Es sei eigentlich egal, ob man in den achtzig Lebensjahren ein bisschen besser oder ein bisschen weniger gut lebe. Man könne doch auch so leben, wie das siebzig Prozent in unserer Gesellschaft tun man könne sich doch einfach ein bisschen durchmischeln, vor sich hinwursteln, Lebensqualität sei nicht gefragt. Es ist nicht egal, wie man lebt! Genau derselbe Grundsatz über die Qualität des Dialogs, darüber also, wie man sich einbringt und hört, gilt als Grundgesetz auch in Bezug zum Energiekörper, zur Seele. Es ist deshalb nicht egal, wie man lebt, weil die Seele unvergänglich ist. Der Energiekörper ist keine persönliche Struktur, er ist immer depersonalisiert und damit ein Teil des Ganzen. Wir sind alle bei unserem Tode selbst zuständig für den Bewusstseinsgrad, mit dem wir sterben und damit dafür, wie die zukünftigen Generationen hier leben, weil Evolution nur mit der Weiterentwicklung des Bewusstseins, seiner Bewegung, seiner Entfaltung, überhaupt einen Sinn macht. Entfaltung ist nicht auf Grund des Glaubens an die Hypothese einer eigenen Wiedergeburt wichtig, sondern deshalb, weil Evolution auf Vorzukunft basiert und Vorzukunft die Essenz, die Struktur von Liebe ist. Es ist, um es ein bisschen hart zu sagen, die Pflicht jedes einzelnen von uns, so bewusst, wie möglich zu sterben. Das Eigene ist weniger wichtig, als das Ganze. Die Art, wie sich das Ganze im Einzelnen entfalten kann, ist wichtig und entscheidet sich in der Zukunft. Damit erschafft Zukunft Vergangenheit. 15 Abgesehen davon, ist es eines der grössten Wunder, überhaupt geboren zu werden. Damit hat man siebzig oder achtzig Jahre geschenkt erhalten. Was hindert einen denn eigentlich, diese Jahre optimal zu nutzen? Eine hohe Lebensqualität macht ja doch auch viel mehr Spass. Sobald der Körper zur Ruhe kommt, können dadurch der Mind bewusster und der Dialog stärker werden. Es entsteht Partnerschaft. Kein Parnter ist besser, als der andere. Beide können sich einbringen. Beide können aufeinander hören. Wenn Körper und Mind in einen Dialog treten, der die Aura mit einschliesst, werden die elektrochemischen Prozesse im Körper intensiviert und die Schwingungsebene, die Frequenz erhöht sich. Man kann sagen, es entstehe mehr Licht. Wo mehr Licht ist, entstehen klarere Gedanken, wie mit dem Leben umgegangen werden kann. Da Licht auch Informationsträger ist, verstärkt sich auch die Informationsschwingung. Im Altertum sprach man von diesen Phänomenen als von Geführtwerden. Sobald beide, Körper und Mind, sich einbringen und gegenseitig auf sich hören können, wird der Energiekörper sukzessive bewusster. Die Seele, die immer präsent ist, kann sich plötzlich manifestieren. Stellt euch vor, Körper/Mind würde als Frosch in einem Brunnen leben. Der Frosch hat mit der Zeit so viel Neugier entwickelt, dass er wissen möchte, was sich ausserhalb des Brunnens befindet. Da er aber meint, nicht aus dem Brunnen hinausspringen zu können, beginnt er einfach einmal zu quaken. Er bringt sich ein, er drückt sich aus, er quakt. Hundert Meter von diesem Brunnen entfernt ist der Strand des Meeres. Dort lebt ein anderer Frosch, er repräsentiert die Seele. Der Frosch hört das Quaken. Da die Seele immer – immer! – reagiert, wenn man sie anspricht, hüpft der Frosch langsam zum Brunnen, obwohl es Zeit braucht und mühsam ist, die hundert Meter zurückzulegen. Auf dem Brunnenrand angelangt sieht er unseren Frosch, grüsst, und fordert ihn auf, seine Fragen zu stellen. Der Frosch im Brunnen fragt: „was siehst du?“ Und der Seelenfrosch erzählt vom Ozean. Der Brunnenfrosch meint: „das ist unmöglich“. Der Seelenfrosch: «Natürlich kannst du sagen, ich sei ein Bluffer, ich würde phantasieren, es gebe kein grosses Wasser. Das ist auch verständlich. Wenn ich im Brunnen sässe, käme ich zur gleichen Folgerung. Könntest du nun aber nicht einfach einen Sprung machen, her zu mir? Nütze deine Sprungbeine. Spring, statt einer Mücke nachzujagen, hierher, zu mir herauf!» 16 Wie springt ein Frosch? Wenn er sich sehr anstrengt, viel Anlauf nimmt und dabei seinen ganzen Körper zusammenzieht, wird er es nie schaffen. Wenn er sich aber völlig entspannt, gleichzeitig Vitalität aufbaut und mental die absolute Bereitschaft, die innere Disziplin hat anzukommen, wird er es vielleicht nicht beim ersten, aber mit hundertprozentiger Sicherheit beim dritten, vierten Mal schaffen. So wagt der Brunnenfrosch irgendwann einmal – schwupp – den Sprung. In der Luft kriegt er noch Angst. Und landet neben dem Seelenfrosch. Zusammen hüpfen sie zum Meer. Als sie dort ankommen, nimmt der Brunnenfrosch wahr, was es mit der grossen Wasserfläche wirklich auf sich hat. Eine riesige Trauer überkommt ihn. Er trauert nicht darüber, dass er so lange im Brunnen gesessen, nicht darüber, dass er so lange gezweifelt hat. Er weiss, dass die anderen Frösche im Brunnen nicht verstehen und ihn auslachen werden, wenn er ihnen vom Meer erzählt. Er hat den Seelenfrosch ja vorhin auch ausgelacht. Das macht ihn so unendlich traurig. Sein Mitgefühl für seine Freunde aber ist so gross, dass er trotzdem beschliesst, zurückzugehen. Die Seele, der Energiekörper, ist immer präsent. Die alten Religionen haben von Vertrauen, von Glauben, gesprochen. Die Seele ist das, was heilt. Sie kann sich selbst, oder jemanden anders heilen. Heilung ist manchmal, auch das muss man sehen, der korporale Tod. Jedes von uns wird irgend einmal die endgültige Heilung, den Tod, erleben. Jedes von uns wird einmal nicht mehr zum Brunnen zurückgehen, wird zurückfinden in den Energiekörper. So lange man lebt, kann man sich immer wieder entscheiden, zum Brunnen zurückzugehen, weil man vielleicht meint, dass alle Erzählung vom Meer doch nur Lüge sei oder, weil man sich mit der Seele, dem Meer, nicht auseinandersetzen mag. Habe ich das Meer einmal wirklich erkannt, mag ich zum Brunnen zurückkehren wollen, weil ich denen, die den Brunnenrand für die letzte Grenze der ganzen Welt halten, meine Erkenntnis weitergeben möchte. Das wird ganz automatisch geschehen, ohne missionarisch verkrampft zu wirken, ohne ein Gefühl des Müssens, einfach so. Dabei wird man, wie der Seelenfrosch, erst einmal zuhören, weil der Partner zu Anfang negativ reagieren mag, wenn man sich einbringt. Auch dann wird man weiter zuhören, weil man weiss, dass niemand gegen Erkenntnis an sich ist. Jede Gegnerschaft erwächst aus einer Beschränkung des Bewusstseins. 17 Niemand, der Mühe hat, die Seele wahrzunehmen, ist dumm, daneben, falsch, oder noch nicht weit genug entwickelt. Es gilt einzig, die Technik zu erlernen, ohne Spannung aus dem Brunnen zu springen. Der Körper ist die erste Instanz, der Mind die zweite, da der Körper mit dem Mind verbunden ist. Der Mind hat ein bisschen mehr Gewicht, weil der Körper sich nicht ohne die Aufforderung durch den Mind bewegen wird. Sobald diese beiden, Körper und Mind, miteinander in einem Dialog stehen, wenn beide sich einbringen und zuhören können, kann sich die Seele zu manifestieren beginnen. Es ist nicht nur für den eigenen Körper und den eigenen Mind wichtig, sich einbringen und zuhören zu können. Diese Fähigkeiten sind auch in Bezug zu allen anderen Menschen wichtig. Warum? Weil die Idee, dass irgend jemand von irgend jemand anderem oder etwas getrennt sei, nur eine Idee und keine Realität ist. Mein Körper und dein Körper sind das Gleiche. Die Funktionen meines Mind und jene deines Mind sind gleich. Sie variieren nur in ihrer Manifestation. Eine Manifestation ist immer abhängig vom Raum, in dem sie stattfinden kann. Der Raum ist darum immer wesentlicher als jede Manifestation, die vergänglich ist. Die Konsequenz daraus ist, dass ein Dialog zustande kommt, sobald man gelernt hat, sich gleichzeitig einzubringen und zu hören. Das ist Stille. Stille können wir als Prozess beschreiben. Stille heisst dann, allem zu jeder Zeit Raum zu gewähren: dem Körper, den Gefühlen, den Gedanken. Achtet darauf, welch phänomenales Element in diesen Gedanken enthalten ist. Jeder Körper wird verkrampft sein, solange er das Gefühl hat, gegen die Wand zu stehen, keinen Raum zu haben. Ein Körper mit dem Gefühl, genug Raum zu haben, kann sich in Ruhe lassen. Ein Gedanke, mit dem irgend etwas erreicht werden soll, wird weitere Gedanken erzeugen, vielleicht bis hin zu paranoiden Zwangsmustern. Ein Gedanke, der keiner Zensur unterliegt, ob er gut oder ob er fehlerhaft sei, wird ausgedrückt werden. Ein Gefühl, das nicht daraufhin analysiert wird, ob es überhaupt legal und korrekt sei, ist da und gleich wieder fort. Das ist es, was Raum schaffen, den Dingen einen Sterbeinhalt zu geben oder sie vergänglich werden zu lassen bedeutet. 18 Je besser Körper und Mind ihre Limitierung als positiven Prozess der Vergänglichkeit erkennen, desto eher kann jene enorme Kraft entstehen, die wir als Freiheit, als Frieden, oder wie die Zenliteratur sich ausdrückt, als Gelassenheit wahrnehmen. 19 Anhaften 18. April 1994 Wir haben gestern gesehen, dass aus der Vorstellung, Körper und Mind seien je an einem Ende einer Spiralfeder befestigt und damit immer miteinander verbunden, abgeleitet werden kann, dass jede Bewegung von Körper oder Mind die Spiralfeder in Bewegung bringt, dass Wechselwirkung entsteht. Wenn Körper und Mind miteinander in einem Dialog stehen, entsteht Balance. Wir haben erkannt, dass Dialog eine Wechselwirkung zwischen Sich-Einbringen und Hören bedeutet. Wenn Körper und Mind in einer Balance, einer ausgeglichenen Wechselwirkung stehen, kann sich die Seele, der Energiekörper, über Körper und Mind besser manifestieren. Dann ist Hören wichtiger, als Sich-Einbringen. Sich einzubringen ist immer eine Funktion von Körper/Mind. Manifestation, haben wir gesagt, ist Bewusstsein. Eine Manifestation ist nicht mehr Raum, sondern bedeutet das Erschaffen von Form. Was aber heisst Hören im Bezug zur Seele, zum Energiekörper? Diese Frage kann nicht direkt beantwortet werden. Man muss, um das bildlich zu formulieren, einen Umweg machen. Man muss zur Frage «Was_ist_Hören?» gleichzeitig – der Mind muss versuchen, beide Fragen gleichzeitig zu bearbeiten – die Frage stellen: «Was hindert uns, die Verbindung zur Seele stärker zu spüren, da es ja nur um diese Verbindung geht? Warum scheint es so schwierig zu sein, Körper/Mind als Gefäss zu benützen? Wie ist es möglich, der Illusion einer vom Ganzen abgetrennten Ich-Struktur zu erliegen? Warum scheint es so schwierig zu sein, den Energiekörper, der die Essenz darstellt, als das zu erkennen, worum es wirklich geht? Warum identifiziert man sich immer wieder mit Körper/Mind?» Dieser Fragenkomplex muss parallel zur Frage «Was_ist_Hören?» da sein. Es gibt eine Bewusstseinsebene, in der man Fragen nicht mehr logisch, entlang von Ketten von Ursache und Wirkung verfolgen kann. Diese Zusammenhänge dort erscheinen eher als in einer Spiralenform angeordnet. Damit wird klar, dass mehrere voneinander abhängige Fragen gleichzeitig im Raum stehen. Der Energiekörper ist offensichtlich mit allem verbunden, von nichts getrennt. Alles, was von nichts getrennt ist, kennt weder Ursache noch Wirkung und beinhaltet darum das Prinzip der Unendlichkeit. 20 Unendlichkeit ist der Prozess des Nicht-Erinnerns. Unendlichkeit ist der Prozess der Auflösung von Definitionen. Unendlichkeit ist der Prozess der Ablösung von Interpretationen. Daraus kann man ableiten, dass Hören und die Schwierigkeit, mit der Seele stärker in Verbindung zu treten, etwas mit Tod zu tun hat, mit Sterben. Die klassische Psychologie beruft sich immer wieder darauf, dass durch die Analyse der Vergangenheit eine Veränderung, eine Umformung von Persönlichkeitsstrukturen stattfinde. Die Time Therapie bestätigt dies, solange diese Umformung, diese Veränderung, Körper/Mind betreffen soll. Die Ansicht stimmt dann nicht mehr, wenn es um die Seele geht. Die Time Therapie fragt nach dem Sinn, ein Kleid – als Symbol für Köper/Mind – endlos zu analysieren, an ihm immer wieder einmal ein bisschen herumzuflicken, statt auf die Essenz zu schauen. Stellt euch einmal vor, ihr würdet in eurem Haus in den Estrich gehen. Stellt euch einen riesengrossen Estrich vor, in dem es unendlich viel Zeug gibt, das ihr im Verlauf eurer Geschichte angesammelt habt, im Moment nicht oder nicht mehr brauchen könnt und einfach dort hinauf gestellt habt. Es stehen dort Sachen aus der Kindheit, ein Stuhl oder ein Bild aus eurer Beziehung vor der Scheidung, Bücher, die ihr gelesen habt, alte Briefe, ein Teddybär, den ihr als Kleinkind gehabt hat. Vieles mehr. Es sind alles Dinge, die ihr im Moment nicht braucht, welche aber ganz offensichtlich irgend wann einmal eine Rolle gespielt haben und deshalb dort oben gestapelt sind. Geschichte. Binnen kurzem wird es keinen Platz mehr im Estrich haben. Weil ihr annehmt, dass eure Geschichte noch nicht zu Ende ist, sich also auch neue Sachen noch ansammeln werden, geht ihr in diesen Estrich hinauf und stellt euch die Frage, wie ihr aufräumen solltet. Wie, nach welchen Massstäben, nach welchen Kriterien, solltet ihr was fortwerfen? Sollt ihr den Teddybären wegwerfen, zu dem ihr eine emotionale Geschichte habt? Vielleicht werdet ihr auch selbst einmal ein Kind haben, und darum möchtet ihr vielleicht den Teddy noch behalten, weil euer Kind dann mit ihm spielen könnte. Sollt ihr die alten Liebesbriefe wegwerfen, vielleicht den Stuhl aus der letzten Beziehung? Aber vielleicht könntet ihr den wieder einmal brauchen, weil er doch noch schön und wertvoll ist. Nach welchem Kriterium entscheidet ihr, was ihr behaltet und was ihr wegwerft? Wenn ihr euch nach dem Kriterium entscheidet, welche Sachen subjektiv bei euch mit mehr Gefühlen verbunden sind, müsst ihr nach der Bedeutung fragen und danach, warum sie solche Gefühle auslösen. 21 Entscheidet ihr eher nach dem Wert, müsst ihr fragen, wie ihr zu dieser Meinung kommt und ob der Wert wohl in drei, vier Jahren auch noch so hoch sei. Eure Entscheidung wird immer auf Kriterien beruhen, die etwas mit der Vergangenheit zu tun haben. Nehmen wir an, ihre werft die Hälfte der Sachen weg. Trotzdem, eure Auswahlkriterien erhalten die Geschichte weiterhin. Es gibt beispielsweise nichts ähnlich Absurdes – absurd meine ich in einem pervertierten, fast schon wieder humoristischen Sinn – wie eine Situation, die zur Zeit in Griechenland aktuell ist. In Athen wird derzeit eine Untergrundbahn gebaut. Dieses Projekt hätte innerhalb von drei Jahren abgeschlossen sein sollen. Die Arbeiten werden aber mindestens acht Jahre dauern, weil die Baustelle bei jedem Fund eines alten Steines während ungefähr eines Monats stillgelegt wird, damit man des Steins Geschichte ermitteln kann. In der gleichen Stadt sterben jeden Tag ältere Leute aus Atemnot, weil die Luft so sehr verschmutzt ist. Trotzdem sind die Steine, die Vergangenheit, viel, viel wichtiger. Wenn ihr jetzt, ohne Psychologie zu betreiben, in eurem Estrich steht, bleibt euch nur übrig, den ganzen Raum radikal zu leeren. Man kann nicht ein bisschen mehr vom Körper oder vom Mind sein lassen. Da Körper und Mind nicht trennbar sind, kann man nicht ein bisschen weniger an den Körper anhaften, und dafür ein bisschen mehr Spiritualität bekommen. Ein verkrampfter Körper hält sich fest. Ein verkrampfter Mind hält sich fest. Dieses Festhalten drückt sich in Rechthaberei und Rechtfertigungen aus, durch Glaubenssysteme, Ideologien oder Sicherheitsdenken. Ob ich am Mind, oder am Körper festhalte, spielt keine Rolle. Ich kann nicht den Körper ein bisschen entspannen, die Erhaltung meiner Glaubenssysteme fordern und trotzdem annehmen, durch meine Entspannung würde irgend etwas passieren. Jede Ideologie, die man vetritt, wird sich auch im Körper als Spannung manifestieren. Jede intellektuelle Rechtfertigung, jede Verteidigung, wird sich auch im Körper zeigen. Das gilt auch für den lieben Teddybär. Entweder ist der Estrich leer und hat Raum, oder er hat keinen Raum. Sterben bedeutet nichts anderes als – um den englischen Ausdruck zu benützen – detachment, also Auflösung jeden Anhaftens. Verkrampfung ist nichts anderes als Anhaften. Seele ist immer das Gegenteil. Ein ständiges Nicht-Angehaftet-Sein, ein ständiges Seinlassen. Ganzheit impliziert, dass nichts irgendwo anhaftet, nichts sich identifiziert. 22 Körper/Mind gehören Phasenzeit und Gravitationsraum an, leben also aus der Vergangenheit heraus. Eine moderne Psychologie, die Healing (Heilung) einschliesst, kommt daher nicht um die Erkenntnis herum, dass eine Analyse von Körper/Mind die Lebensqualität nicht erhöhen kann. Eine solche Analyse macht allenfalls das Leben erträglicher. Punkt. Eine Analyse macht das Leben, wenn man Glück hat, normaler, aber nicht gesund. Eine moderne Psychologie, die die Seele einschliesst, muss zu den alten mystischen Strukturen zurückfinden, die darin bestehen, sich mit der Zukunft und so schliesslich mit dem Tod auseinanderzusetzen. Keine Seele wird sich manifestieren können, solange Angst vor dem Tod einen Menschen beherrscht. Jede Auflösung von Anhaften reduziert die Bedeutung von Körper/Mind. Dadurch entsteht mehr Bewusstsein der Seele. Buddha hat darum immer darauf hingewiesen, dass detachment das einzige sei, was es wirklich brauche. Sterben! Versteht diese Auflösung des Anhaftens nicht in jenem furchtbar pervertierten, naiven Sinn der modernen Kirchen. Man löse sich, sei nicht angehaftet an sein Geld, sein Auto, seinen materiellen Besitz. Jemand der nicht an Körper/Mind angehaftet ist, wird seinen Besitz sowieso nicht übermässig vermehren. Was macht man denn mit fünfzig Millionen Franken, wenn man das Geld nicht intelligent einsetzen kann? Irgendwann stirbt man ja ohnehin. Detachment hat nur mit der Körper/Mindstruktur zu tun. Spiritualität, wird sich erst dann zeigen, wenn man sich mit dem Sterben von Körper und Mind auseinandergesetzt hat. Die Seele wird durch die Auflösung der Abhängigkeit von Körper/Mind spürbar. Die Fähigkeit, andere, selbst Gegner, zu akzeptieren wie sie sind, entsteht nicht durch einen moralischen oder energetischen Gefühlsaufwand. Sie erblüht dadurch, dass Körper und Mind nicht mehr die Hauptidentität sind. Der direkteste, effizienteste, stärkste Sterbeprozess ist genau das, was ihr jetzt eben tut. Ihr hört nicht auf mich, sondern auf euch. Es geht um das Zuhören, darum, auf andere Dimensionen zu achten. Das hat auch die moderne Wissenschaft schon erzählt, nur scheinen wir nicht darauf zu hören. Das erste Sinnesorgan, das beim Werden des Fötus zu funktionieren beginnt, ist das Gehör. Das letzte Sinnesorgan, das im Sterbeprozess noch funktionieren wird, ist das Gehör. Wir sprechen hier nicht nur vom medizinischen Ohr, als dem Organ mit Muschel, Trommelfell und Schnecke. 23 Wir sprechen vom ganzen Körper als einem Hörorgan. Stellt Taubstumme in einen Raum, und lasst rhythmische Musik ertönen. Ihr werdet erleben, dass die Leute, obwohl sie real die Musik nicht hören, sich nach sechs, sieben Minuten im Rhythmus der Musik zu bewegen beginnen. Das ist einer der Gründe, warum eine Akupunkturrichtung das ganze Ohr für die Diagnose einer Krankheit benützt und sagt, der ganze Körper sei, wie an den Füssen, auch im Ohr sichtbar. Der ganze Körper ist Ohr, ist aufnehmende Antenne. Warum ist Zuhören der stärkste, intensivste, effizienteste Sterbeprozess? Nehmen wir ein einfaches Beispiel. Wenn ich sage, die Schweiz gehöre zu Frankreich, rasselt es sofort durch den Mind der meisten Leute, dass dies nicht stimme. Warum? Aus dem Fundus unserer Vergangenheit stammt die Sicherheit, dass das nicht wahr ist. Dieser eigene Gedankengang lenkt derart vom Zuhören ab, dass ein anschliessend an diese Behauptung ausgesprochener Satz schon nicht mehr aufgenommen werden kann. Das ganze System ist jetzt darauf eingestellt, dass die Aussage unwahr ist. Die Schweiz gehört nicht zu Frankreich. Hören besteht darin, alles Wissen radikal in Frage stellen zu können. Der Zugang zur anderen Dimension ist uns nur deshalb verbaut, weil wir immer mit dem, was wir schon wissen, zuhören, weil wir an schon Bekanntes, an die Erfahrungen von Körper/Mind angehaftet sind. Wenn Angehaftetsein der Hauptprozess im Leben ist, ist schlicht nichts von aussen hörbar. Ein Grieche sagt: «Alle_Griechen_lügen.» Wenn seine Aussage wahr ist, lügt er selbst nicht. Wenn aber die Aussage falsch ist, also doch nicht alle Griechen lügen, lügt mindestens er. Zen-Koans probieren verzweifelt, Mind und Körper dazu zu bringen, das Angehaftetsein aufzugeben. Zuhören ist der Sterbeprozess. Achtet einmal im täglichen Leben darauf, wie wenig wirklich zugehört wird. Auch wenn ihr lest, hört ihr. Ihr könnt keine Sekunde leben, ohne zu hören, während es Momente gibt, während welchen ihr nicht seht. Das Gehör ist sogar hellwach, während ihr schlaft. Jemand, der im Koma liegt, hört alles, sieht aber nicht unbedingt, es sei denn, der oder die Kranke sei aus dem Körper getreten. Wie nehmt ihr während des Denkens eigentlich wahr, dass ihr überhaupt denkt? Beobachtet: Ihr hört eigentlich das Gedachte. Immer, wenn ihr mit eurer Erfahrung, mit der Vergangenheit also, zuhört, vernehmt ihr im Prinzip nur Geräusch, Lärm. 24 Wenn euer Hören aber ein Sterbeprozess ist, fängt die Seele zu fliegen an. Dann entsteht die grandiose Kraft, jene Bewegung, die sich über den Körper als Vitalität, über den Mind als Klarheit ausdrückt: Bewusste Absenz. Welches ist die Beziehung zwischen diesem täglichen Sterben während des Hörens und dem physischen Tod, der unweigerlich, real, auf uns zukommt? Zuerst erkennen wir ganz offensichtlich Angst. Wir beschäftigen uns viel lieber mit unserer Vergangenheit, als mit der Zukunft, obwohl wir wissen, dass die Analyse der Vergangenheit nur Körper/Mind ein bisschen umfunktioniert. Das kann zwar durchaus sinnvoll sein, aber es reicht nicht. Angst ist immer zukunftsorientiert. Trotzdem plazieren wir Angst lieber in der Vergangenheit, wo sie nicht hingehört. Wenn ich in meiner Kindheit einsam gewesen bin, so spüre ich heute keine Angst mehr vor der damaligen Einsamkeit. Ich spüre hingegen Angst vor einer Einsamkeit, die im Moment da ist, kommt oder kommen könnte. Das heisst, mein Energiesystem ist nicht in erster Linie durch das, was gewesen ist, durch meinen übervollen Estrich also, blockiert, sondern aus Angst vor dem, was noch werden oder noch sein könnte. In einer Beziehung zwischen zwei Menschen fangen üblicherweise dann die Schwierigkeiten an, wenn Angst vor dem Sterben aufkommt. Angst vor dem Sterben der Liebe, dem Sterben der bekannten persönlichen Struktur, dem Sterben der Ansichten, dem Sterben der Gewohnheiten, dem Sterben der Sicherheit, dass der Partner oder die Partnerin uns wirklich nicht verlässt. Man muss schauen, wie man kulturell und sozial zu dieser immer grösseren Angst gekommen ist. Dabei wird man erkennen, dass sie tatsächlich durch vergangene Erlebnisse geprägt ist. Natürlich gibt es niemanden, der nicht durch seine Geschichte geprägt ist. Ein Versuch aber, die Ängste auf der Ebene von Körper/Mind aufzulösen, wird scheitern. Man wird nicht angstfrei durch ein besseres Verständnis von Körper/Mind. Angstfrei wird man erst, wenn das Angehaftetsein sich auflöst, wenn wir im Sterbeprozess sind. Das erste, was das tägliche Sterben mit dem unweigerlichen, wirklichen Tod verbindet, ist Angst. Diese Angst zeigt sich oft in einem starken und auch recht eigenartigen Sicherheitsdenken. Stellt euch einmal vor, ihr seid dreissigjährig, habt einen Job und alle Möglichkeiten sind offen, das Leben zu erforschen. Und was tut ihr stattdessen? 25 Ihr sagt, ihr müsstet viel Geld für euer Alter sparen; ihr wüsstet ja nicht, wie lange ihr leben würdet. Ihr wüsstet nicht, was dann mit euch geschehen würde, hättet ihr nicht genug Geld angehäuft. Rational ist das eine völlig richtige Überlegung. Ein Teil jedoch ist irrational. Je höher jetzt die Qualität eures Lebens ist, desto sicherer werdet ihr auch im Alter auf irgend eine Art mit der Situation umgehen können. Wenn ihr jetzt euer Leben nicht voll lebt, werdet ihr im Alter mit dem angehäuften Geld, selbst, wenn es 50 Millionen sind, nicht viel anfangen können. Das Anhaften an materielle Sachen ist nur ein – mildes – Symbol für das Anhaften an Körper/Mind. Die Identität mit der Ich-Struktur verführt uns dazu, die Trennung vom Ganzen nicht als Illusion, sondern als Realität zu erleben. Es verführt uns, wie den Frosch im Brunnen dazu, uns einzubunkern, uns zu isolieren, weil wir das Objekt unserer Identifikation erhalten wollen. Symbolisch gesprochen sind wir daran, Krebszellen zu schaffen. Es ist besser, zwanzig Jahre wirklich intensiv zu leben und dann zu sterben, als neunzig oder hundert Jahre zu leben und die Seele nicht entdeckt zu haben. Vielleicht ist das einer der Inhalte der Symbole der Bibel, dass Jesus schon mit dreiunddreissig Jahren gestorben ist. Das zweite, was den kommenden korporalen Tod mit dem jetzigen Sterben verbindet, ist, dass von Körper/Mind nichts, aber auch gar nichts, übrig bleibt. Nehmen wir einmal an, ihr seid in der Wüste. Weite, Hitze. Ihr habt einzig ein Glas und eine Literflasche gefüllt mit CocaCola. Zunächst wisst ihr, dass ihr sehr sparsam sein müsst. Ihr könnt nicht ununterbrochen trinken, denn ihr könnt nicht wissen, wann ihr wieder auf eine Oase trefft und damit Wasser findet. Damit ihr vom lebenserhaltenden Trinken sicher nichts verschüttet, dürft ihr nicht direkt aus der Flasche trinken; ihr müsst euer Coca-Cola zuerst aus der Flasche in das Glas umfüllen. Da wandert ihr nun mit eurem Kamel in der Wüste, ohne zu wissen, wann ihr wo ankommt, wo es wieder Wasser gibt. Da ihr wandert und nichts wisst, ist es verständlich, dass ihr so lange wie möglich wartet, ehe ihr zum ersten Mal Coca-Cola aus der Flasche ins Glas einschenkt. Wenn ihr dann wirklich durstig, innerlich fast verdorrt seid und kaum mehr atmen könnt, giesst ihr zum ersten Mal euer Glas halbvoll. Ihr trinkt die Flüssigkeit ganz langsam. 26 Und ihr spürt, wie unheimlich wohl euch wird, spürt die Entspannung, da ihr endlich etwas trinken könnt. Ist es nun das Verdienst des Glases, euren Durst gelöscht zu haben? Ihr würdet doch sicher nicht auf die Idee kommen, die angebrauchte Flasche wegzuwerfen und nur mit dem leeren Glas in der Hand weiterzugehen. Auf diese dumme Idee kommt ihr natürlich nicht. Genau auf diese Idee aber kommt ihr immer wieder in diesem Leben: «Das_Glas_–_Körper/Mind_–_ist_unser_Leben» Ihr klammert euch fest an das, was euch ein bisschen Vergnügen, ein bisschen Sicherheit gebracht hat. Ihr seht nicht, dass ihr euch auf die Flasche ausrichten solltet. Wenn ihr euch auf das Glas ausrichtet, werdet ihr in der Wüste mit Sicherheit verdursten, es sei denn, es passiert ein Wunder, und ihr erreicht eine Oase, bevor ihr verdurstet seid. Auch das passiert immer wieder. In der christlichen Mythologie wird das mit Gnade umschrieben. Nur kann man sich auf Gnade nicht einfach verlassen. Jedermann wird eines Tages Gnade erleben. Der Zeitpunkt wird für viele Leute der Moment ihres Todes sein. Gnade kann aber schon während dieses Lebens erfahren werden. Man kennt aber diesen Zeitpunkt nicht. Darum ist es viel intelligenter, sich selbst darum zu kümmern, indem man sich nicht auf das Glas abstützt und sich mit ihm identifiziert. Jedermann kennt ja den wirklichen Wert des Glases. Es schafft die Sicherheit, dass man die Flüssigkeit ohne Verlust einschenken kann. Man kann tatsächlich besser aus einem Glas trinken, als aus einer Literflasche. Trotz dessen unbestreitbaren Wertes ist es nicht nötig, sich mit dem Glas zu identifizieren. Achtet darauf, was der Mind macht: Sobald nichts mehr da ist, mit dem er sich identifizieren kann, negiert er jeden Wert. Eine Körper/Mindstruktur zeigt dann ihren wirklichen Wert, wenn man sich nicht darauf verkrampft. Identifikation ist nicht identisch mit Wertschätzung. Identifikation heisst, nicht richtig durchzublicken und hat mit Wertschätzung gar nichts zu tun. Das ist eine alte Verwechslung, altes Entweder/Oder, duales Denken. Jedermann wird spätestens bei seinem realen Tod Gnade erleben. Dann wird jedes auch gefragt werden, warum es denn aus diesem Leben – deswegen sei es doch gekommen – nichts gemacht habe. 27 Wenn man an Reinkarnation und Karma glaubt: Es gibt keinen einzigen ernst zu nehmenden Heiligen oder Mystiker, der behauptet hat, man käme hierher, um mit Körper/Mind zu lernen, sich in der Welt der Formen durchzusetzen und erfolgreich zu sein. Man kommt hierher, um mit Hilfe von Körper und Mind die Seele immer mehr einzubringen. Nur das allein bringt die Evolution weiter. Man kommt nicht hierher, um sich selbst in Körper/Mind zu verwirklichen, sondern, um zu lernen, wie man der Seele immer mehr Raum geben kann, weil sie von allem anderen nicht trennbar ist. Je mehr Körperzellen gemeinsam schwingen, desto mehr entsteht das, was man als Liebe, Zuwendung oder Gott umschreibt. Das Wahrnehmen der Seele ist die Verschmelzung mit Allem. Das ist es, was die alten Mystiker als Erleuchtung bezeichnet haben. Spätestens dann, wenn man in Prozesse, an denen Healing beteiligt ist, einsteigt, geht es nicht mehr darum, Blockierungen in Bezug zu seiner Geschichte aufzulösen. Blockierungen entstehen immer aus Angst vor dem, was kommt. Angst wird mit der Geschichte, der Interpretation der Vergangenheit, verbunden. Auf der Ebene von Körper/Mind macht das Sinn, ist es logisch. Es ist wichtig, dass man das erkennt. Dadurch aber, dass man einen Inhalt einer Identifikation durch einen anderen ersetzt, löst sich das Anhaften von Körper/Mind noch nicht auf. Man mag eifersüchtig sein und dies auch als Grund dafür erkennen, dass der Solarplexus, ja der ganze Körper emotional Amok laufen. Dadurch, dass man diese Interpretation durch die Aussage «ich_bin_halt_in_einem_Heim_aufgewachsen» ersetzt, erkennt man die Seele noch nicht. Erst wenn man, als nächsten Schritt, die Vorgänge depersonalisieren kann, erst wenn man wahrnimmt, dass auch Eifersucht ein Teil vom Ganzen ist, wenn man also nicht mehr nach dem Grund, der Ursache, sondern nach dem Prozess der Eifersucht fragt und damit den Dialog zwischen Körper und Mind erkennt, merkt man plötzlich, dass die Zukunft, die Perspektive blockiert ist. Diese Blockierung kann aus Angst auftreten. Blockierung kann auch entstehen, wenn man sich selbst oder jemand anderem die Schuld an seiner Eifersucht zuweist. Unser Mind lässt sich betrügen, der feinstoffliche Körper nicht. Ihr mögt jede Menge Fakten über eure Herkunft kennen. Dieses Wissen garantiert keine Veränderung eurer Lebensqualität. Nur euer Potential kann die Lebensqualität verändern. Der Energiekörper ist euer Potential. 28 Ich habe gestern gesagt, dass Körper/Mind die Raupe sei, und jede Raupe hat das Potential zum Schmetterling. Die Seele ist der Schmetterling. Wie keiner einzigen Raupe die Metamorphose zum Schmetterling verwehrt wird, gibt es keinen einzigen Körper/Mind, der sein Potential durch seine Geschichte, durch seine Taten verwirkt hätte. Das ist ein weiterer Grund für unseren Widerstand gegenüber dem Sterben. Warum? Wir können es nicht ertragen, dass es keine Gerechtigkeit gibt. Die Idee von Gerechtigkeit wird seit eh und je durch viele so wunderbare Bilder von bösen Geistern und Hölle symbolisiert. Jesus hat einmal gesagt: !Syntaxfehler, NICHT. Was hat er damit gemeint? Er wollte sagen, dass Prinzipien von Moral und Gerechtigkeit wohl in der Materie funktionieren mögen, nicht aber im Himmelreich. Um das anders zu formulieren: Eine vierzigjährige Klientin – ich nehme einen meiner Fälle – hat immer noch grosse Schwierigkeiten in der Beziehung zu ihrer Mutter, weil diese sie während Jahren verprügelt, ausgestossen, abgelehnt hat und heute noch – die Mutter ist achtzig Jahre alt – wie eine Aussätzige behandelt. Für diese Klientin wird es sich schlimm anhören, wenn der Therapeut, in dem Fall ich, sagte: !Syntaxfehler, « Hier spüren wir Widerstand. Ist es denn wirklich gerecht, dass jemand, der sechs Millionen Juden hat vergasen lassen, wieder wie ein Schmetterling mit seinem Bewusstsein die Ganzheit erfährt? Körper/Mind wehrt sich dagegen und sagt, das sei ungerecht. Aber die Liebe kümmert sich halt einen Dreck um unsere Moral. Wir spüren Widerstand gegen die Aufgabe des Anhaftens, denn schliesslich geben wir uns ja redlich Mühe, gut zu sein. Wenn nun alle, auch die, welche sich keine Mühe geben, spätestens bei ihrem Tod zur Seele zurückfinden, wo ist hier denn die Gerechtigkeit? Wir erfinden Horrorgeschichten und Märchen, die beschreiben, wie schlecht es «denjenigen», wenn schon nicht «hier», dann sicher «dort» gehe. Wir kennen die Aussagen, wie !Syntaxfehler, ,, oder «die_werden_es_dann_schon_noch_erleben» aus unserer Zeit. Früher sprach man vielleicht eher davon, dass «die_Bösen_in_der_Hölle_schmoren» müssten. Wir sind angehaftet an die Unterscheidung zwischen Gut und Böse. 29 Wir verhindern damit das Erwachen der Seele, weil die Seele nichts mit Gut und Böse zu tun hat. Das ist es, was die Mystiker – das englische Wort trifft den Sinn genau – compassion (Mitgefühl) genannt haben. Das ist es, was Jesus mit dem Symbol jemand dich schlägt, halte auch die andere Wange hin ausgedrückt hat. Das ist es, was die Taoisten gemeint haben mit !Syntaxfehler, «. Denn nur Körper und Mind kommen um, nicht die Seele. Wer möchte sich denn um Körper/Mind kümmern, wo es doch um die Seele geht? Nur: Der Fatalismus des Islam, sich als Märtyrer aufzuspielen, ist genau so übertrieben, wie die hinduistische Gleichgültigkeitsidee. Wir sind geboren worden, wir haben Körper/Mind entwickelt. In der Reinkarnations- und Karmastruktur gilt nur ein Gesetz: Auch wenn die Seele sich nicht in dieser Zeitstruktur über Körper/Mind manifestieren kann, wird sie wohl wieder fliegen, wenn man stirbt, aber sie wird nichts dazu beigetragen haben, dass es hier anders wird. Die Seele wird das beim Tod wahrnehmen und wieder zurückkehren wollen. Solange sich die Seele, welche nicht nur meine, sondern unser aller Seele ist, nicht auch manifestiert, habe ich meinen Teil zum Ganzen nicht beigetragen. Das ist die einzige Reinkarnations- und Karmastruktur. Jenseits des Todes wird es keine Strafenden geben, keine Befehle, zurückzugehen, um weiter zu lernen. Es gibt auch nichts zu lernen. Die Seele selbst möchte sich so lange wieder manifestieren, bis sie sich in dieser Struktur von Phasenzeit und Gravitationsraum ihrer Natur bewusst geworden ist. Bewusstsein bedeutet Manifestation. Die Seele braucht dazu ein Vehikel. Der Seele Vehikel sind Körper und Mind. Wenn man beim Tod durch den Verlust von Körper und Mind gezwungen wird, alles Anhaften aufzugeben, wird auch der, welcher überhaupt nichts zu seinem Bewusstwerden beigetragen hat, wieder Seele sein. Vergeben heisst, den Widerstand gegen diesen Gedanken aufzugeben. Bodhisattvas sind Frauen oder Männer, die sich überhaupt nicht darum kümmern, wieviel ihre Seelen im Laufe des Lebens schon zur Transformation beigetragen haben. Sie manifestieren sich aus Freude, Lust oder Barmherzigkeit immer wieder. Vergebung bedeutet das völlige Seinlassen jeder Art von Anhaften. 30 Die Hindus haben Anhaften Maya genannt. Es macht nichts, zu spielen. Die Seele schlüpft bei der Geburt in ein Gewand, steigt damit auf die Bühne Welt und manifestiert sich in verschiedenen Formen. Das einzige Problem besteht darin, dass wir vergessen, dass wir ein Theaterstück spielen. Wir identifizieren uns mit dem Trinkglas. Die Identifikation mit der Rolle hat Ausdruck in den Sprachen vieler Kulturen gefunden. Die Griechen sprechen von Persona. Die Hindus reden davon, dass Freude und Beziehung durch Manifestation, durch Sich-Einbringen entstehen. Man braucht dazu Formen, soll sich aber doch um Himmels willen nicht mit den Formen identifizieren. Buben, die zusammen Indianer spielen, sollen das tun. Das Spiel wird desto schöner, je weniger sie sich mit der Rolle identifizieren. Wo sich jemand mit seiner Rolle identifiziert, entstehen Macht und Arroganz, die stärksten Formen des Angehaftetseins. Die Menschheit macht immer dann einen Evolutionssprung, wenn eine gewisse minimale Anzahl Schauspieler - wieviele das sind, weiss ich auch nicht - auf der Bühne erkennt, dass alle zusammen nur ein Theaterstück spielen. Grinsend krachen sie dann zusammen und interessieren sich nicht einmal mehr dafür, ob und wieviele Zuschauer applaudieren. Das ist es, was man unter Befreiung versteht. Die Situation ist ähnlich der eines ABC-Schützen beim Lesenlernen in die Schule. Damit man überhaupt lesen kann, muss man das Alphabet kennen. Den Leserhythmus, den man sich aneignet, wird man selbst bestimmen. Niemand kann Rhythmus, die subjektive Empfindung beim Lesen, lehren. Das gleiche gilt für das Erlernen der Technik der Projektion beim Healing. Niemand kann sagen, wie man es anstellt, an Körper/Mind nicht so sehr angehaftet zu sein. Niemand auch kann das Problem des Anhaftens für einen lösen. Es ist eine Frage der Haltung, wie man mit seiner Zukunft, seinem Tod umgeht. Je weniger Angst vor dem Tod da ist, desto mehr kann man Körper/Mind als Vehikel erleben. Dadurch wird genau das Gegenteil von dem, was immer wieder gesagt wird, passieren. Je besser man wahrnimmt, dass Körper/Mind ein Vehikel ist, desto mehr trägt man zu ihm Sorge, ohne sich mit ihm zu identifizieren. Sorge zu tragen zu Körper/Mind heisst nicht, ihn als seine letzte, endgültige, kreative Form von Ausdruck zu verstehen und damit das Trinkglas mit Coca-Cola zu verwechseln. 31 Gerade, weil man sich darüber klar ist, wie unendlich wichtig Körper und Mind sind – die Seele kann sich damit manifestieren –, wird Körper/Mind nicht mehr als Hauptausdruck missdeutet. Das Gefäss wird zum Instrument. Wer verstanden hat, wie man Musik macht, trägt zu seinem Instrument genau so Sorge, wie zur Haltung des Musikspielens an sich. Es gibt Leute, die laufend Dinge kaufen, die sie nicht benötigen. Es geht nur um das Angehaftetsein. Genau so haben wir die Tendenz, an Körper und Mind angehaftet zu sein, und sie nicht wirklich je anzuwenden. 32 Seele 19. April 1994 Ich habe am ersten Tag gesagt, dass der Mind von ausschliesslichem Denken in Zusammenhängen von Ursache/Wirkung, von Entweder/Oder, von logischer Folgerung wegkommen sollte, sobald es um die psycho-spirituelle Ebene geht. Gleichzeitig müsse er lernen, verschiedene Zustände miteinander zu vernetzen, sie nicht ausschliesslich hintereinander zu erleben. Wir nennen das chaotische Hierarchie. Dieser Ausdruck meint, dass in einer Wechselwirkung eine Situation einmal stärker im Vordergrund steht, die Führung übernimmt, um dann später wieder in den Hintergrund zu treten und einem anderen Teil die Führung zu überlassen. Eine chaotisch-hierarchische Struktur lebt immer nur so lange, als sie notwendig ist. Dann verändert sich die Situation wieder. Es gibt keine statische hierarchische Struktur von A über B zu C. Nur wenn der Mind diese drei Dinge neu sehen kann – er muss das Kausal- und das Entweder/Oder-Prinzip vergessen, und gleichzeitig jenes der chaotischen Hierarchie akzeptieren –, lässt sich die Seele überhaupt und trotzdem nur beschränkt, begrifflich umschreiben. Nur dann lässt sich die Seele, der Energiekörper, erfassen. Intellektuell ist sie nicht erfassbar, mit Erfahrung allein ist sie nicht erfassbar, es braucht immer in bisschen mehr dazu. Man kann die Seele, wenn man sie so sieht, mit einem einzigen Satz zusammenfassen. Dieser Satz ist, wenn man so will, ein Koan, den wir heute morgen miteinander untersuchen wollen. Der Satz heisst: !Syntaxfehler, ,. Was heisst das? Was heisst Sein und Werden? Ganz zuerst muss man eine Aussage über das Bewusstsein machen. Das Wahrgenommene ist nicht das Bewusstsein. Die Tatsache der Wahrnehmung ist Bewusstsein. Bewusstsein ist somit nicht selbst Energie. Bewusstsein ist sich der Energie bewusst. Körper/Mind/Aura sind nicht selbst der Energiekörper. Das Bewusstsein davon, ihre Substanz, ihre Essenz ist der Energiekörper, die Seele. Diese Aussagen sind nur mit vernetztem Denken, selbst dort nur bedingt, verständlich. Für einen Versuch, zu verstehen, sind zwei grundsätzliche Elemente, welche auch in der Natur ungeklärt sind, zu untersuchen: Zeit und Gravitation. 33 Weder die Physik, noch sonst eine wissenschaftliche Disziplin haben bis heute erklären können, was Gravitation eigentlich ist. Man kann zwar, um Newtons Aussage zu zitieren, den Prozess beschreiben, wie ein Apfel vom Baum fällt. Das hat natürlich etwas mit Schwerkraft zu tun. Warum aber diese Schwerkraft existiert, ist immer noch ungeklärt und ist eines der letzten Geheimnisse der Physik. Trotz Quantenmechanik, trotz Entdeckung vieler neuer Teilchen, ist das Rätsel bis heute ungelöst geblieben. Das zweite hier dazugehörende Geheimnis ist die Zeit. Wir alle erleben Zeit. Wir alle wissen – wir meinen wenigstens, wir wüssten es – , was Zeit ist. Sobald man Zeit allerdings definieren und beschreiben soll, sagen soll, warum sie existiert, was sie bedeutet, wird man meist sprachlos. Man weiss nicht, was Zeit eigentlich ist. Wenn man die Begriffe Zeit und Gravitation unabhängig von Konzepten wie Materiestruktur, Mathematik und Physik anschaut, kann man mit ihrer Hilfe recht viel über Mystik und über die Seele aussagen. Bedeutet das Verwelken einer Blume, dass sie einfach stirbt, oder bedeutet das auch, dass sie einen Teil ihrer Schwere verliert? Ist es etwa umgekehrt? Gäbe es ohne Schwerkraft keinen Tod? Ist es Schwerkraft, welche dem Bewusstsein zur Manifestation verhilft? Ist es auch Schwerkraft, welche diese Manifestation wieder auflöst? Diese Fragen lassen sich nicht klären, ohne Zeit in die Überlegungen einzubeziehen, da Raum und alles Erschaffene immer mit Schwerkraft verknüpft sind und Raum nie von Zeit getrennt beobachtbar ist. Was passiert eigentlich, wenn man nachts in den klaren Sternenhimmel hinaufschaut? Was sieht man? Der Sternenhimmel ist ein Teil des Raumes, der gemäss Physik auch gekrümmt ist. Über diese letzte Aussage wird allerdings gestritten. Die klassische Physik geht auf Grund von verschiedenen Berechnungen davon aus, dass sich unser Universum immer noch in Ausdehnung befinde. Ihr seht also Raum. Wenn man Raum sehen kann, muss man auch Zeit sehen können. Wenn man von den Sternen spricht, die am Himmel gesehen werden können, meint man Lichtquellen, welche ganz offensichtlich innerhalb einer Zeitstruktur in Bewegung sind. Das Licht kommt von dort oben auf uns zu, man erkennt die Lichtquellen. Nach dem Gesetz von der Fortbewegung des Lichtes kann man einen Stern nie beobachten, wie er jetzt ist, man sieht ihn nur, wie er damals war, als das Licht den Stern, die Lichtquelle, verliess. Immer, wenn man in den Raum schaut, sieht man Vergangenheit. 34 Alles Hinaufschauen in die Sterne ist ein Schauen in die Vergangenheit. Je weiter entfernt sich das betrachtete Objekt befindet, desto tiefer in die Vergangenheit schaut man. Je kürzer die Distanz zum Objekt ist, desto weniger tief schaut man in die Vergangenheit. Je entfernter ein Objekt ist – man schaut dabei immer in die Vergangenheit –, desto höher ist seine Geschwindigkeit. Je höher die Geschwindigkeit eines Objektes ist, desto höher ist seine Gravitation. Je näher man einem Objekt kommt, desto weniger Geschwindigkeit und Gravitation entstehen. Das bedeutet, dass sich die Vergangenheit aufhebt, sobald man mit etwas Beobachtetem völlig verschmilzt. Verschmilzt man und wird dadurch die Vergangenheit aufgehoben, ist Sein. Jedes Sein erzeugt immer wieder eine neue Geburt, also ein Werden. Es gibt keine Vergangenheit mehr, es gibt nur noch Sein und Werden, weil jedes Sein ohne Vergangenheit ein Potential für etwas Neues beinhaltet. Stellt euch einmal vor, ihr sitzt am Ufer eines Bergsees. Dessen Wasser ist tief, blau und klar. Ganz wenige Wellen nur bewegen die Wasseroberfläche. Das Gesicht spiegelt sich, wenn man hineinschaut. Beobachtet nun ganz genau: Welcher Prozess läuft nun ab, wenn ihr im Wasser des Bergsees euer Gesicht seht? Wie ich vorher gesagt habe: Wo immer sich eine Distanz zwischen Betrachter und Betrachtetem befindet, sieht man nur Vergangenheit. Man schaut ins Wasser, man sieht sein Gesicht und damit Vergangenheit. Warum sieht man im Wasser mit seinem Gesicht Vergangenheit? Vom Moment, da man ins Wasser schaut und sein Gesicht sieht, bis zum Moment, da man subjektiv auf das Gesehene reagiert, vergeht ein Bruchteil einer Sekunde. Daraus folgt, dass ihr nie, nicht nur beim Beobachten von Sternen, etwas anderes, als Vergangenes sehen könnt, wann immer ihr etwas aus einer Distanz anschaut. In Bezug zu den Sternen ist das Phänomen nur offensichtlicher, weil Lichtjahre so unendlich länger sind, als jener Sekundenbruchteil, von dem wir gesprochen haben. Wir haben die Tendenz, unser Spiegelbild mit der Realität zu verwechseln. Daraus entsteht nicht Sein und Werden, sondern eine dauernde Gefangenschaft in der Vergangenheit. Karma, in einer modern interpretierten hinduistischen Philosophie, würde demnach das Fixiertsein auf die Vergangenheit bedeuten. 35 Ein Beispiel: Es gebe eine Person, die ihr ganzes Leben lang geraucht habe. Sie habe sich auf dieses Rauchen als auf das, worum es wirklich gehe, was sie wirklich brauche, eingestellt. Da jeder Zug, den diese Person nimmt, Vergangenheit schafft, ist die Person, wenn sie stirbt und sich loslöst – das ist nur ein Bild, das nicht den Tatsachen entspricht – gefährdet, auch im feinstofflichen Körper laufend Zigaretten zu benötigen. Die Seele, würde ein Medium vielleicht sagen, sei zu einem mentalen Zigarettenbild geworden. Es ist nicht zufällig, dass sich zwei Haupttechniken der Meditation entwickelt haben. Die eine Technik möchte mit geschlossenen Augen Distanz und damit Vergangenheit und Gravitation verringern. Die andere, die klassische buddhistische Methode, bei der man mit offenen Augen, mit dem Bewusstsein, dass alles vergänglich ist, einfach vor sich hinschaut, will auf diese Weise Distanz, Vergangenheit und Schwere auflösen. Der Zen-Meister Heiku stellte einmal in Sichtweite eines berühmten buddhistischen Tempels ein paar verwelkte Blumen auf einen alten Stein am Wegrand und begann, davor zu meditieren. Es ging nicht lange, bis Pilger, gläubige Mönche, die in den Tempel strömten, Heiku fragten, ob er noch völlig normal sei. Im Tempel hätte es doch einen wunderschönen Buddha, herrliche Zeichnungen, eine gute Atmosphäre mit Kerzen und Düften und er sitze da am Wegrand mit einem alten, dreckigen Stein und ein paar verwelkten Blumen. Heikus Antwort: !Syntaxfehler, « sagte Heiku, «wenn er mit Dingen umgeben ist, die Vergangenheit darstellen. Sein und Werden haben mit Vergangenheit nichts zu tun. Die Natur ist nie Vergangenheit, sondern immer ein Sein und ein Werden, eine vergängliche Struktur, die sich immer wieder auflöst, aber nichts Vergangenes wirklich schafft. Es ist viel besser, hier zu Buddha zu beten, als in einer Struktur, die nur Vergangenheit darstellt.» Die Struktur, die mit der Seele über Körper/Mind verbunden ist und absolut keine Vergangenheit kennt, ist das Herzchakra. Wenn das Herzchakra nicht fliesst – ich meine nicht, dass es gar nicht fliesst, denn dann wäre man tot, ich meine, dass seine Schwingung langsam ist –, ist der Seinszustand reduziert. Werden kann nicht stattfinden und eine starke Schwingung von Gravitation und Schwere macht sich bemerkbar. Aber Herz und Liebe kennen keine Vergangenheit. 36 Das bedeutet, dass Körper, Mind und Aura, welche vergänglich, ein Gefäss sind, nur dann Raum für die Seele schaffen können, wenn sie sich aus Gravitation und Zeit herauslösen. Es geht nicht um einen Entweder/Oder-Prozess. Der Körper ist nur überlebensfähig innerhalb des Gravitationsraums und ist in seiner Vergänglichkeit nur in Phasenzeit manifest. Es geht nicht um Entweder/Oder, sondern um das, was die Mystiker das Schaffen von Innerem Raum genannt haben. Dieser entsteht, wenn sich Körper, Mind und Aura radikal von der Vergangenheit, von der Geschichte lösen. Wir postulieren nicht, dass es Geschichte gar nicht gebe oder, dass sie keine Rolle spielen würde. Die Geschichte verhindert schlicht die Aufhebung von Schwerkraft und Zeit und damit das Erstehen der Liebe. Geht einmal in Gedanken vier, fünf Tage zurück und fragt euch, ob es in diesen Tagen ein Ereignis gegeben hat, das euch verletzt hat, wo ihr euch nicht verstanden gefühlt habt, wo ein Missverständnis passiert ist oder ein Gefühl von Wut oder Trauer aufgekommen ist. Ihr werdet feststellen, dass ihr nicht nur in der Kindheit, sondern auch vor vier oder fünf Tagen Empfindungen und Gefühle von Ablehnung, von Missverstandensein, von Freude gehabt habt. Wenn jedes Gefühl, überhaupt alles was passiert, im Gehirn chemische Reaktionen auslöst, sind Verletzungen und andere Inhalte, welche auf einen zukommen, nicht auf die Kindheit beschränkt. Die Modulierung der Persönlichkeit, des Charakters durch Verletzungen oder durch Glück, der chemische Prozess, findet immer statt. Das Gehirn assoziiert alle Begebenheiten mit alten Erfahrungen. Könnte es sie einfach stehen lassen, entstünde Werden daraus. Nehmen wir einmal an, ihr seid in eurer Kindheit oft zurückgestossen worden. Dieses Zurückgestossenwerden läuft über die elektrochemische Schwingung zwischen Körper und Gehirn als Mind/Körperdialog hin und her und bewirkt eine Reduktion des Serotoninspiegels. Jedesmal, wenn ihr zurückgestossen worden seid, ist der Serotoninspiegel gesunken. Der Mind hat nun aber hauptsächlich bei Kindern die phantastische Gabe einer Selbstregulierung, der Selbstheilung. Warum passiert nun Selbstheilung bei Leuten, die ein bestimmtes Alter erreicht haben, nicht mehr in dem Masse? Nehmt einmal an, ihr hättet vor einem Jahr eine Beziehungspartnerin gehabt, die euch zurückgestossen habe. Das hat eine chemische Reaktion mit folgendem Serotoninmangel ausgelöst. Was macht jetzt der Mind? 37 Es besteht die grosse Gefahr, dass er jetzt über den assoziativen Denkprozess auf Erfahrung aufzubauen versucht. Der Mind nimmt das, was eben passiert ist, nicht als eine neue Erfahrung, auf welche reagiert werden könnte. Er setzt es sofort in Bezug zu alten Erfahrungen und blockiert dadurch die Heilungsmöglichkeit. Die Regenerationsfähigkeit wird vermindert. Genau das gleiche macht der Körper innerhalb von Phasenzeit und Gravitationsraum. Er unterliegt Verschleiss. Je älter man wird, desto geringer ist die Fähigkeit der Regeneration. Bei Körper/Mind wird dies zu einer Frage der Vergänglichkeit. Die Seele hat aber keinen Anfang, kein Ende, nicht Ursache, nicht Wirkung und kennt keine Zeit. So könnte doch die Seele dafür sorgen, dass Selbstheilung wenigstens auf der Mindebene stattfinden könnte. Anders gesagt: Die Schau in die Distanz, in die Vergangenheit, ist es, die den Zustand einfachen Seins verhindert. Serotoninmangel entsteht bei jeder Verletzung. Man mag eine herrliche Kindheit verlebt haben; wird man im Alter von achtzig Jahren verletzt, entsteht Serotoninmangel. Bringt man dann die Verletzung assoziativ mit der Vergangenheit in Verbindung, wird das Herzchakra, die Verbindungsebene zur Liebe, blockiert. Damit nimmt man sich jegliche Heilungsmöglichkeit. Energieblockaden entstehen, weil der assoziative Denkprozess Ereignisse ununterbrochen mit Gewesenem misst. Energieblockaden werden sich nie durch eine Schau in die Distanz auflösen. Ihr werdet den Stern nie einfangen, weil das, was ihr von ihm seht, wegen der Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit immer Vergangenheit ist. Auch werdet ihr euch selbst nie direkt wahrnehmen können, weil ihr euch selbst immer auf Distanz anschaut. Immer wird euch ein Bruchteil einer Sekunde von der direkten Wahrnehmung trennen. Darum wird Sein so nicht entstehen. Wo aber Sein nicht ist, ist auch nicht Werden. Wir haben gestern gesagt, dass sich das Phänomen auch darin zeigt, wie die Seele mit Gerechtigkeit, Bestrafung, mit allen diesen menschlichen Ideen umgeht, die wir schon im alten Testament finden. Wenn es dem lieben Gott nicht passt, was die Menschen tun, ertränkt er einfach alle. Das alles sind rein menschliche Phantasien. Die Seele kann nicht atmen, wenn ihr angebotene Perspektiven aus der Vergangenheit stammen. Die Kirchen und Religionen haben diese Zusammenhänge unglücklicherweise – man muss aber auch sehen, in welchen Kulturen sie geboren worden sind – auf eine Art ausgedrückt, die heute nicht mehr ernst genommen werden kann. 38 Sie nannten es Himmelreich, Paradies, Samadhi. Es gibt keine Religion, die nicht darauf gedrängt hat, dass die menschliche Psyche das, was kommt, verstehen muss, und dass es gar nichts nützt, Gewesenes zu erfassen. Alle grossen Religionen sind von Mystikern gegründet worden, die radikal alles in Frage gestellt haben, was als gesichert galt. Die Kreuzigung Jesu ist Symbol für jemandes Gefahr, aufzustehen und zu sagen, dass das, was geglaubt werde, nicht stimme. Buddha ist angefeindet worden, weil er aufgestanden ist und gesagt hat, dass die Art, wie die Welt angeschaut, wie mit ihr umgegangen, wie sie interpretiert wird, was bekannt ist, immer Vergangenheit und somit falsch ist. Das heisst, wann immer ein Mystiker sich einbringt, spiegelt er nur die Aufforderung «vergesst_die_Vergangenheit!». Seele hat mit Vergangenheit wirklich nichts zu tun! Das zu merken ist Erleuchtung, ist Sein und Werden! Und dann meldet sich natürlich, wenn man nicht aufpasst und vernetzt denkt, sofort der Kopf mit dem Argument, dass man aber doch tatsächlich eine Geschichte habe. Niemand, wenn man richtig hinhört, meint, man solle die Geschichte ignorieren, es gebe sie nicht, es gebe keine Vergangenheit. Aber Geschichte hat nichts mit der Seele zu tun. Wann immer man von Ganzheit spricht, von einem Gefühl der Einheit, von Leere, von Verschmelzung, Nirvana, Gott, oder wie immer sich das ausdrückt, bedeutet das nichts anderers als die Aufhebung von Phasenzeit und Gravitationsraum. Mit hoher Wahrscheinlichkeit gibt es nicht nur unser Universum, sondern viele andere Universen mit eigenen Räumen und Zeiten, mit eigenen Lebensstrukturen. Es ist eine masslose Einbildung zu meinen, Leben könne nur aus den Grundstoffen entstehen, die wir, die wir die Sterne geschaut haben, kennen. Aus der Beobachtung, es gebe dort draussen den einen oder den anderen vermeintlich notwendigen Stoff nicht, zu folgern, Leben sei nur auf der Erde möglich, ist ähnlich abwegig wie die vergleichbare frühere Meinung, die Erde sei der Mittelpunkt des Universums. Wenn man akzeptiert, dass das Weltall, unser kleines Universum, in vielen anderen enthalten, sich immer noch ausdehnt, dann sagt das ja nichts anderes aus, als dass die Zukunft die Vergangenheit erschafft. Die Seele, der Energiekörper, braucht ein Universum, um sich zu manifestieren. Das Universum, in dem sich die Seele manifestieren kann, ist Körper/Mind. 39 Aber Körper/Mind wird, wie der Wachs einer Kerze, nur benötigt, damit die Flamme brennen kann. Was nützt eine Kerze, die nicht leuchtet? Daraus, wir haben schon am ersten Tag kurz davon gesprochen, folgen ein paar Dinge. Folgen sind, wenn man sich auf dieser Ebene bewegt, nie in einer Hierarchie, nie im Sinn von Ursache und Wirkung, als Stufen einer Treppe, sondern immer vernetzt zu betrachten. Die einzelnen Tatsachen sind einfach verschiedene Punkte, die gleichzeitig zusammenkommen müssen. Wenn die Seele Sein und Werden, ein unendliches, nicht aufhörendes Potential ist, dann bedeutet das (nicht hierarchisch, sondern chaotischhierarchisch strukturiert zu verstehen), dass für sie die Identifikation mit Körper/Mind nicht existiert. Die zweite Folge: Gravitationsraum und Phasenzeit sind ersetzt durch Raum-An-Sich und durch Erlebniszeit. Das kann nur so sein, wenn Vergangenheit aufgehoben ist. Vergangenheit ist aufgehoben, wenn keine Distanz zwischen Beobachter und Beobachtetem da ist. Distanz ist aufgehoben, sobald Mind, Körper, Aura und Seele im Dialog stehen. Distanz ist dann aufgehoben, wenn die Seele nicht dominiert aber Körper und Mind als Haus, als Verankerung benützen kann. Diese Erkenntnisse verlangen ein radikal neues Denken, ein Denken in Kategorien der Evolution. Evolution impliziert Sein und Werden und das braucht ein verändertes Bewusstsein. Diese neue Art des Denkens – das sieht man ja auch daran, wie wir mit unserer Welt umgehen – impliziert Multibewusstsein. In einer Spirale komme ich wieder zum Anfang von heute zurück: Multibewusstsein verlangt nach einer absoluten Negierung von Entweder/Oder-Prinzipien, einer völligen Loslösung von Begriffen wie richtig oder falsch, einem totalen Seinlassen der Meinung, dass irgend eine Ursache irgend eine Wirkung erzeuge, der klaren Erkenntnis, dass Körper und Mind vergängliche Teilaspekte des Ganzen sind, einem tiefen inneren Wissen und Vertrauen, dass Verteidigung die schlechteste Form von Verstehen ist und nach einer Grundhaltung, dass jede Motivation aus Stille, aus einem Dialog mit der Seele heraus, geboren wird. Die Motivation, andere zu mögen, mag so stark sein, wie sie will, wenn Körper und Mind dafür zuständig sind und die Motivation nicht aus der Seele gespiesen wird, wird es nie recht gelingen. 40 Immer wird man frustriert sein, wenn man nicht das gleiche zurückerhält. Immer wird man das Gefühl haben, nicht gut genug zu sein, ein Gefühl, keinen Freiraum zu besitzen. Mit den Worten der Mystiker gesagt heisst das, dass man nie das Gefühl haben wird, tatsächlich mit bedingungsloser Liebe umgehen zu können. Das Zentrum jeden Universums ist die eigene Seele. Was ich als mein Eigenes sehe, ist immer auch das Eigene jedes anderen. Je weniger Distanz da ist, je weniger man in die Vergangenheit schaut, desto eher erkennt man, dass man mit allem verbunden ist. Je weniger Distanz da ist, desto schöner keimt die Liebe. 41 Heilen 20. April 1994 Wir wollen uns heute morgen als erstes mit der Frage befassen, welche Funktion die Seele, der Energiekörper beim Heilen hat. Wir haben gestern gesagt, dass die Seele, der Energiekörper, gleichzeitig sei und werde. Gleichzeitiges Sein und Werden impliziert das Fehlen von Distanz, von Vergangenheit. Wir haben gesagt, dass man die Seele und ihr Sein und Werden eigentlich nur dann verstehen kann, wenn man Begriffe wie Zeit und Schwerkraft versteht. Mit Verstehen meinen wir immer das gleichzeitige Erkennen der Fragen auf vielen Ebenen - wir haben auch darüber gesprochen. Auch sind die Ausdrücke Zeit und Schwerkraft nicht rein physikalisch aufzufassen, denn noch sind Schwerkraft und Zeit durch die Physik nicht verstanden. Gleichzeitiges Sein und Werden ist Ausdruck der Seele. Sein ist die Absenz von Vergangenheit. Werden hat offensichtlich etwas mit Zukunft zu tun. Wir unterscheiden aber zwischen Vorzukunft – das ist der eigentliche Werdeprozess – und Zukunft an sich. Um die Aufgabe der Seele beim Healingprozess verstehen zu können, muss man zuerst die Zukunft verstehen. Was ist Zukunft? Der Satz, den ich jetzt dann sagen werde, wird intellektuell schlicht nicht verständlich sein, weil Logik, Konzepte von Entweder/Oder auf der psycho-spirituellen Ebene nicht funktionieren. Nur die Seele wird den Satz verstehen können. Zukunft ist das Vergängliche. Zukunft zeichnet sich dadurch aus, dass sie das Bewusstsein dessen ist, was sicher vergeht. Im Gegensatz dazu steht Vergangenheit. Hier sehen wir ein Geschehen, das man statisch in Bildern und Erinnerungen festhalten kann. Ein Beispiel: Man kann noch kein Erinnerungsbild seines Todes haben, weiss jedoch mit Sicherheit, dass man vergänglich ist, dass der Tod kommt. Oder: Wenn ihr auf den Baum da draussen in seiner momentanen Blütenpracht schaut, wisst ihr, dass er Früchte tragen wird. Die Blüten müssen vergehen, damit Frucht entstehen kann. Auch die Frucht ist wieder vergänglich. Damit ist alles Vergängliche in Bewegung, in einem Zyklus. Die Psyche hat versucht, diesem Bewusstsein von Vergänglichkeit des Zukünftigen durch Wünschen auszuweichen. Wünschen ist der Versuch, ein Bild von der Zukunft in der gleichen Art zu schaffen, wie man Vergangenheit in Bildern festhält. 42 Wünschen ist der Versuch, Zukunft durch Bilder vorwegzunehmen, Zukünftiges der Vergänglichkeit zu entziehen. Buddha hat zu Recht gesagt, dass Verschmelzung, Erleuchtung, jener Prozess des gleichzeitigen Seins und Werdens geschehen könne, sobald man aufhöre zu wünschen, an Bilder anzuhaften. Dieses Werden versucht nicht, die Vergänglichkeit zu ignorieren. Dieses Werden baut nicht auf Wünschen, auf einem Prozess von Klammern und Anhaften auf. Werden ist auf absoluten Freiraum ausgerichtet. Vorzukunft nun bedeutet Zukunft ohne Planung. Vorzukunft ist der Prozess einer Mitteilung ohne Resultat. Vorzukunft ist ein Werdeprozess in absoluter Absorbierung. Der Prozess des Absorbiertseins ist tausendmal wichtiger, als ein Resultat mit Inhalten aus Vergleichen, Beurteilungen, Wertungen und Erfolgsdenken. Wann immer der Mind die festgehaltenen Bilder der Vergangenheit einfach als Wünsche in die Zukunft hinein projiziert, kann die Seele nicht atmen, kann sie sich nicht manifestieren. Wann immer das Sein durch Vergangenheit torpediert wird, wo immer Werden durch Wünschen ersetzt wird, ist keine Stille. Wann immer Stille fehlt, kann die Seele keinen Healingprozess entstehen lassen, keinen Weg finden, sich einzubringen. Die meisten von uns suchen verzweifelt – das ist ein Teil der Wunschfalle – nach ihren Qualitäten. Die Qualitätsaura ist, wenn ihr so wollt, das Kleid der Seele, ist die Form, in die sich die Seele kleidet, ist die Form die sich die Seele gibt. Offensichtlich haben wir Mühe, die Qualitätsaura und unsere Qualitäten so zu nehmen, wie sie sind. Wir projizieren sie, genauso wie die Vergangenheit, in die Zukunft. Wir geben ihnen aus Wünschen bestehende Interpretationen, die, wenn man tief in der Motivation gräbt, Ausdruck des Wunsches sind, erfolgreich zu sein. Wir haben nach der Funktion der Seele beim Heilen gefragt. Um sie zu verstehen, muss man die Funktion der Qualitätsaura in Bezug zu Vergangenheit und Zukunft verstehen. Etwas, das nicht in Phasenzeit und Gravitationsraum vorhanden ist, hat keinen Anfang und kein Ende, hat demzufolge auch keine Geschichte und im Sinn von Wünschen keine Zukunft. Sein Zustand beruht hingegen auf Sein und Werden, kann niemals verloren gehen aber jederzeit an Qualität gewinnen. Qualitätsgewinn hat somit weder mit Vergangenheit noch mit Zukunft etwas zu tun. 43 Eine Eigenschaft des Bewusstseins ist die Tatsache, dass nichts je wieder verloren gehen kann, was einmal bewusst geworden ist. Achtet darauf: Bewusstes kann nicht verloren gehen. Es kann aber verschwinden – Freud hat vom unbewussten Prozess gesprochen –, verdrängt werden, in den Hintergrund treten, wenn es als limitierende Fixierung auf Vergangenheit oder Zukunft materialisiert worden ist. Man hat sich ein Bild geschaffen. Alle Formschaffung, alle Materialisierung führt zu vergänglichen Manifestationen in Gravitationsraum und Phasenzeit. Obschon einmal bewusst Gewordenes im Sein und Werden immer erhalten bleibt, ist seine Benützung nach wie vor freiwillig. Auch wenn es nicht benützt wird, verschwindet es niemals mehr, im Gegenteil wird sich seine Qualität erhöhen, wenn es gebraucht wird. Nehmen wir ein einfaches, pragmatisches Beispiel. Nehmen wir an, ihr lebtet in einer bestimmten Stadt und hättet entdeckt, wie ihr durch Malen kreativ sein könnt. Ihr benützt Farben, zeichnet Bilder, kurz, ihr malt. Innerhalb dieses Prozesses, in dem ihr auch Technik und Wissen entwickelt – ein guter Künstler ist nicht einfach nur kreativ; er hat auch viel Wissen über Farbarten, darüber, wie man einen Pinsel braucht, Farben mischt –, erschafft ihr im Lauf der Zeit, subjektiv für euch, für eure Bekannten und Freunde ein wunderschönes Bild. Es hängt als Ausdruck eurer Malfähigkeiten und eurer Kreativität in eurem Haus. Es ist ein wunderschönes Bild in dunklem Blau mit Gold und Smaragdgrün und stellt einen Tempel dar. Wer immer das Bild ansieht, entdeckt bei sich zwei Dinge. Auf der einen Seite spürt der Betrachter seine Begeisterung für das Werk, für seine Tiefe, seine Ruhe und auf der anderen Seite steht die Bewunderung für den Maler. Das Bild hängt während zehn Jahren in eurem Wohnzimmer. Dann geht trotz eurer Qualitäten die Beziehung in die Brüche. Ihr scheidet und beschliesst, in eine andere Stadt zu ziehen, allein zu leben. Ihr findet eine Wohnung, in der es für das Bild schlicht keinen Platz hat. Ihr bringt es darum hinauf in den Estrich. Im Lauf der Krise habt ihr zu malen aufgehört, und wer immer zu Besuch kommt, wird weder eure Qualität zu malen, noch das Bild sehen können. Sogar ihr selbst vergesst mit der Zeit eure Kunst. Der Wechsel von einer Stadt in die andere ist ein Symbol für den Übertritt von einem Leben ins andere. Nur weil ihr in diesem Leben die Qualität aus dem letzten Leben nicht erkennen könnt, oder auf die Seite gestellt habt, ist sie nicht weg. Die Seele lässt einen nie im Stich. 44 Die Qualität ist nicht verschwunden, weil ihr die Technik und das Wissen um das Malen nicht mehr anwendet, denn die Technik, das Malen ist nicht die einzige Art, die Qualität anzuwenden. Die Qualitätsaura zeigt nicht eine spezifische, scharf definierte Fähigkeit auf einem ganz bestimmten Gebiet. Ein Schriftsteller muss in gleicher Weise innere Bilder erzeugen können wie ein Maler. Jemand, der mit Leuten arbeitet, muss genau so kreativ sein wie ein Schriftsteller, ein Maler, ein Tänzer. Es ist völlig nebensächlich, wie, in welcher spezifischen Struktur sich die Qualitätsaura äussert. Die Frage ist nicht, wie sie sich äussert. Die Frage ist einzig, ob sie sich äussert! Es gibt keine einzige Qualität, die sich spezifisch äussert – es spielt keine Rolle, ob es sich um Malerei, Politik, Geldhandel, Therapie, die Kunst des Clowns handelt –, bei der das Prinzip von Stille und Zuhören nicht benötigt würde. Weder eine Musikerin, noch ein Maler, weder eine Schauspielerin, ein Schriftsteller, noch eine Heilerin wird je ein Gefühl von Charisma, von Ausstrahlung vermitteln, wenn Hören und Stille nicht zusammenfallen. Es spielt also überhaupt keine Rolle, ob man in diesem Leben ein berühmter Maler wird. Jede Fertigkeit ist vergänglich. Der Ausdruck hingegen, die Tatsache, dass man überhaupt gemalt hat, erhöhen Schwingung und Qualität in der Struktur der Qualitätsaura, die mit der Seele verbunden ist. Die Qualitätsaura hat nach der Fertigstellung des Bildes mehr Schwingung als vorher, selbst wenn ihr das Bild während eurer ganzen Zeit in der neuen Wohnung im Estrich behaltet. Wenn ihr darum Wünsche habt, erkennt ihr nicht, dass es um den globalen Prozess, sich einfach einzubringen geht, und nicht darum, etwas Spezifisches zu können. Die Seele – und das zeichnet sie aus – ist ein Medium, sich einzubringen und zu hören. Irgendwann hat man das Sein verstanden und begreift, dass die Seele über das Auflösen vergangener Strukturen nicht erreichbar ist. Wenn klar ist, dass es reicht, wenn die Seele überhaupt erreichbar ist, wenn man sieht, dass man sich gar nicht um die Vergangenheit kümmern muss, wenn erkannt ist, dass sich Blockierungen, Schmerz und Verletzungen über das Sein, nicht über Vergangenheit, über Distanz, auflösen, dann erkennen Körper und Mind, dass sie sich nicht so sehr für die Zukunft anstrengen und kämpfen müssen, weil Werden nicht in der Zukunft abläuft. Der Werdeprozess geschieht dort, wo man immer gerade noch ein bisschen nach vorn ausgerichtet, aber nie definiert ist. 45 Wo die Vergangenheit nicht mehr dominiert, wo die Zukunft plötzlich radikal anders, als Vorzukunft nämlich, wahrgenommen wird, entsteht jene unglaubliche Kraft des Raumes. Raum, Seele, ist Stille, nicht fabriziert, sondern natürlicherweise entstanden. Schöpfung beruht nie auf etwas Gemachtem. Schöpfung beruht auf einem natürlichen Prozess, der keine Anstrengung, kein Resultat, nichts Vergangenes beinhaltet. Um die Frage, welches denn die Funktion der Seele beim Heilen sei, beantworten zu können, muss man als nächstes die verschiedenen Formen von Stille anschauen. Stille ist nicht einfach Stille. Stille ist der Prozess nicht nur der Auflösung von Zeit, sondern auch jener von Gelassenheit, innerem Frieden. Wenn viele Leute in innerem Frieden leben, führt das zu äusserem Frieden. Stille ist auch der Prozess von Freiheit, die Raum gibt. Auch hier ist es eine innere Freiheit. Wo sie ist, entsteht äussere Freiheit. Diejenige Stille, welche man mit etwas Glück kennt, ist die körperliche Stille, welche zumindest zeitweise beim Schlafen eintritt. Ein Körper, der zur Ruhe kommt – ein Paradox – ist einer, der sich bewusst und gleichzeitig nicht bewusst ist. Ein Körper, der nicht dauernd kontrolliert wird, hat seinen eigenen Freiraum. Wir haben gesagt, dass nur dies einen Dialog mit dem Mind schaffe. Da Körper und Mind nicht trennbar sind, schafft diese Stille auch eine Stille im Mind und umgekehrt. Mit dieser Stille, dieser Ruhe, diesem Entspanntsein, bei dem der Körper nicht die ganze Verantwortung zu tragen braucht – Psychosomatik im weitesten Sinne –, kommen wir noch am einfachsten zurecht. Leistungssportler suchen oft verzweifelt nach dieser Stille. Bei jedem Leistungssport - wenn man zum Beispiel während neunzig Minuten auf einem Rasen herumrennt - entsteht eine massive Überproduktion an Endorphin und Dopamin, was ein Gefühl von Trance, ein High vermittelt. Wenn man high ist, ist man weniger auf etwas Bestimmtes fixiert. Man kann dadurch dem Körper mehr Raum, mehr Freiheit geben. Wo mehr Freiheit ist, ist mehr Friede und wo mehr Friede ist, ist man weniger auf Details bezogen, hat man mehr Gelassenheit. Was denn ist die Stille des Mind? Stille des Mind besteht nicht in dessen Abwesenheit. Man könnte sie vielleicht am besten mit einer richtig gestimmten Guitarre vergleichen. Wenn die Saiten zu wenig gespannt sind, tönt es genau so schlecht, wie bei deren Überspannung. 46 Stille im Mind bedeutet in keiner Weise, aufzuhören zu denken. Stille im Mind bedeutet geordnetes Denken. Dieses Denken lässt sehr viel Raum, ist nicht auf Glaubenssätze, Ideologien oder Vorstellungen blockiert, ist jederzeit bereit, alles wieder neu zu sehen. Dieses Denken, haben wir vorgestern gesagt, sei jederzeit zu sterben bereit. Es ist ein Denken, welches Fehler nicht als Versagen, sondern als Lernprozess versteht. Es ist ein Denken, das in keiner Weise auf Perfektionismus, sondern auf Hingabe ausgerichtet ist. Mind bedeutet auch Fühlen, ein so aufmerksames Fühlen, dass es niemals auf Körperebene ausweichen und so zu einer Emotion werden wird. Dieses Fühlen nimmt einfach wahr, ohne sofort zu verurteilen. Es spaltet sich nicht vom Körper ab. Dieses Fühlen identifiziert sich nicht mit der Vergangenheit und tut so, als wäre es getrennt. Der Mind ist dann still, wenn Denken und Fühlen nicht zu wachsen trachten, wenn das Gemeinwohl im Vordergrund steht, wenn das Ich und das Wir miteinander verschmelzen. Achtet darauf: Je tiefer die Stille wird, desto intensiver kann man hören. Erst jetzt, durch die Stille, erhält die Seele eine Funktion, die mit Heilen zu tun hat. Welches ist diese Funktion? Körper und Mind sind vergänglich. Wo immer in einer vergänglichen Struktur ein Gefühl von Gelassenheit, Zeitlosigkeit, innerem Frieden, innerer Freiheit entsteht, wird Raum geschaffen. Der Körper erlebt das als Vitalität, der Mind als totale Klarheit. Dann kann sich die Seele in ihrem Zustand von Sein und Werden in einer neuen Form von Stille zu manifestieren beginnen. Diese Stille zeichnet sich durch eine enorme Kraft, durch wunschloses Sein aus. Qualitäten werden plötzlich transzendent und als Ganzes aktiviert. Die Seele kann plötzlich, als würde Licht explodieren, alles durchdringen. Vorher abgeblockte Sonnenstrahlen dringen durch. Diese Stille ist gleichzeitig eine enorme Lärmquelle. Alles wird plötzlich, im Bruchteil einer Sekunde, klar. Diese Stille hat eine Kraft, die aus Millionen Antworten besteht. Genau dann, wenn sich diese Qualität der Stille manifestiert, entsteht Healing. Wenn die Seele an Healing beteiligt ist, braucht es keinen Verständnisprozess mehr. Ganzheitliches Verstehen ist Stille. Stille ist ganzheitliches Verstehen. 47 Wo die Seele eine vergängliche Struktur überschwemmt, findet Transformation statt. Es spielt überhaupt keine Rolle, ob dieser vergängliche Körper/Mind intelligent, kultiviert und gebildet ist, ob er während fünfzig Millionen Jahren oder nie meditiert hat, ob er sich um das Universum, um Gott, um innere Einsicht bemüht hat, ja, ob er gemordet hat oder nicht. Die christliche Kirche hat aus dem jüdischen Glauben heraus nichts anderes gemacht, als diesen Prozess in die Zukunft zu verschieben. Doch das Jüngste Gericht ist kein Aufteilen zwischen Gut und Böse. Das Jüngste Gericht bedeutet in der alten Essener Urform vielmehr den Moment, in dem die Seele Körper/Mind erkennt. Es gibt ein phantastisches Beispiel. Ich frage mich immer wieder, warum die Leute dieses Beispiel nicht erkennen. Vielleicht ist das einer der wichtigsten Hinweise überhaupt, den die christliche Philosphie vermittelt. Es ist eine ironische, völlig absurde Geschichte, ein Koan im besten Sinne. Der Bericht erzählt, dass ein Jude, Jesus von Nazareth, nach Jerusalem gegangen sei, um dort den Tempel zu erneuern. Er sagt: !Syntaxfehler, , In Zusammenarbeit mit den Römern wird er aus Angst vor dem Sein und Werden, aus Angst vor der Seele, von seinem eigenen Volk in Jerusalem umgebracht. Die Ironie der Geschichte ist die, dass die Römer, diejenigen also, die ihn verfolgt und umgebracht haben, heute den Hauptsitz der christlichen Kirche in Rom beherbergen und, dass diejenigen, welche ihren eigenen Landsmann abgelehnt haben, sich selbst als Volk heute noch verzweifelt suchen. Man kann zwei Interpretationen in diese ironische Koangeschichte legen, die darüber hinaus noch viele andere Ebenen anspricht. Man kann sich erstens fragen, ob es Zufall oder Planung gewesen war, dass es so herauskam. Der Bericht zeigt, wie Zukunft Vergangenheit schafft. Die Geschichte, wie immer man sie ansieht, zeigt zweitens auch auf, dass die Seele am Ende immer als Einziges überleben wird. Wenn Stille eintritt, können die verrücktesten, von irgendwelchen Bedingungen unabhängigen Dinge stattfinden. Das meinen die Mystiker, wenn sie von bedingungsloser Liebe sprechen. Plötzlich sind diejenigen, die verbissen gekämpft haben und harte Gegner gewesen sind, fanatische Befürworter, oder umgekehrt. Die Seele lässt sich nicht programmieren, denn sie ist unendlich. 48 Weil das so ist, könnte es auch sein, dass Körper/Mind nicht unbedingt in unserem Sinne geheilt wird, sondern im Gegenteil vergeht. Healing schliesst Sterben nicht aus, sondern erhöht oft das Potential des Todes. Ist Healing mit der Seele verbunden, ist es weder unserer Planung, noch unserem Heilungswunsch untergeordnet. Healing wirkt, wie es will. Das eigene Bedürfnis, der Wunsch der Heilerin, des Heilers, gut zu sein, der tiefe Wunsch auch und das Mitgefühl, dass die leidende Person gesund wird, sind trotzdem wichtig. Fehlende Balance zwischen diesen Motivationen und dem Willen, dem Wirken von Healing absoluten Freiraum zu lassen, verhindert aber, dass die Seele die Transzendenz tatsächlich hervorbringen, dass die Seele zeitlos eingreifen kann. Liebe ist nicht für die Erfüllung unserer Wünsche für uns oder für andere zuständig. Wenn dies auch für uns nicht immer nachvollziehbar ist, die Qualität der Manifestation der Seele zeichnet die Liebe aus. Das kann, als letzte Instanz, den Tod bedeuten. Ich meine, dass man in diesem Zusammenhang ganz klar unterscheiden muss zwischen Sterben und Tod, will man ohne Angst in dieser Balance sein. Je tiefer der Kontakt mit unserer Seele ist, desto besser wissen wir tief drin, dass der Tod eine Befreiung, ein Wegziehen in eine andere Stadt ist. Was uns wirklich Angst macht, ist das Sterben, der Scheidungsprozess, der Umzug und auf Körperebene der Schmerz. Wenn jemand mit körperlichen oder psychischen Schmerzen zu euch kommt, soll die erste Frage nicht nach dem Warum der Schmerzen sein, sondern nach dem Weg, das Leiden der Person zu mildern. Die Behauptungen, Schmerz sei wichtig, man müsse lernen, damit umzugehen oder Leiden gehöre zum Lebensprozess, widersprechen dem Gesetz des Mitfühlens, der Nächstenliebe, dem Sein und Werden diametral. Diese Behauptungen sind lediglich Ausdruck eigener Hilf- und Machtlosigkeit dem Schmerz gegenüber. Ein Mystiker, ein Erleuchteter wie Buddha unterscheidet immer ganz klar zwischen Heilen im Sinn von Leiden wegnehmen und Heilen im Sinne von Transzendenz. Er beschreibt das im wunderschönen Beispiel: Eine Frau kommt in tiefem seelischem Schmerz zu ihm, weil ihr Baby, ihr einziges und alles, was sie gehabt hat, gestorben ist und meint, selbst auch nicht mehr leben zu können. Sie hätte gehört, er sei fähig, Tote wieder zum Leben zu erwecken. Er soll doch Mitleid mit ihr haben und ihr Baby wieder lebendig werden lassen. Buddhas Zuwendung zu ihr ist so tief, dass er ihr sagt, er sei bereit, das für sie zu tun. 49 Allerdings verlange er von ihr sich in der Stadt umzusehen und sich zu vergewissern, dass es keine Sterbenden gäbe. Nach einem Tag kommt sie, vom Leiden befreit, zurück. Sie hat verstanden, dass es Tod, Vergängliches geben muss, soll sich die Seele immer wieder neu manifestieren können. Wir alle brauchen immer wieder neue Chancen, wie dieses Leben eine ist. Manchmal auch in grösseren Abschnitten. Es geht nicht darum, etwas zu lernen. Wir müssen kein Karma abtragen. Wir brauchen nicht zu leiden, Angst zu haben vor dem Sterben oder davor, immer wieder geboren zu werden. Auch die Seele braucht zwischenhinein immer wieder Möglichkeiten, sich auszuruhen, zu schlafen. Ein wichtiges Gesetz sagt aus, dass es nicht die Aufgabe der Seele beim Heilen ist, jemandem eine Situation aufzuzeigen oder eine Verantwortung zu überbinden. Die Aufgabe ist es, einen Weg zu finden, wie sich die Seele in der eigenen Person manifestieren kann. Die Seele heilt unabhängig von jedem Prozessverständnis, unabhängig von Karma, unabhängig von irgendwelchen Vorstellungen. Das ist es, was die Mystiker mit dem Begriff Erleuchtung meinen, der Ausstieg aus Karma, das Erlöstsein von Geburt und Wiedergeburt. Erleuchtung ist dann geschehen, wenn Sein und Werden, die Seele, immer wieder im Dialog zu Körper/Mind steht. Wir haben gesagt, dass dann Informationsschwingung entstehe, wenn Körper/Mind/Aura in einem Dialog mit der Seele stünden. Das bedeutet, dass es um ständigen Dialog, um die Wechselwirkung von Einbringen und Hören mit der Seele geht. Wir erkennen eine Beziehungssitutation. Man geht Beziehungen ein, weil der Umgang mit der Seele einfacher zusammen mit einem Partner erlernt werden kann. Auch eine Partnerschaft kann eine Wechselwirkung von Einbringen und Hören sein, kann Stille, die Raum gibt, bedeuten. Dieser einfachste Lernschritt ist auf die Beziehung zur Seele übertragbar. Sobald die Seele in dieser Art heilen kann, ist ohne das Zutun des Heilenden Liebe entstanden. Je besser sich die Seele manifestieren kann, desto mehr Liebe entsteht auf unserer Körper/Mindebene. Man kann das wieder an einem einfachen Beispiel zeigen. Da der Körper vergänglich ist, wird es Krankheiten geben, die nicht heilbar sind. Er könnte sonst nicht vergehen. Der Grund für unheilbare Krankheiten liegt nicht in einer Unfähigkeit der Seele, sich zu manifestieren. Das wäre ein Entweder/Oder, Ursache und Wirkung. 50 Die Idee, den Leuten Schuld an eigener Krankheit zuzuweisen, ist ein furchtbares Missverständnis einer falsch verstandenen Psychosomatik. Heilung hängt nicht von der Grösse einer Seele ab. Die Seele kennt keine Planung. Man kann sie weder beeinflussen, noch manipulieren. Heilung kann als Folge der Seele passieren. Nur, wenn jemand an unheilbarem Krebs leidet und gleichzeitig die Liebe fehlt, ist offensichtlich die Seele nicht anwesend. Die erste Aufgabe eines Heilers, einer Heilerin ist dann der Versuch, die Seele zu aktivieren, in Dialog mit ihr zu treten, um zu erkennen, ob diese den Körper/Mind heilen kann. Die zweite Aufgabe wird es sein, der Seele einen Dialog zu vermitteln, damit das Gefühl von Liebe entstehen kann. Liebe ist der Prozess, sich ohne Verbitterung von allem verabschieden zu können, zu sterben, sobald das nötig ist. 51 Ausstrahlung und Anziehung 9. Oktober 1994 Der Ausdruck Ausdehnung beschreibt ein Phänomen, das im Energiesystem nicht genau auf diese Weise stattfindet. Die Bezeichnung Intensivierung ist eher richtig. Der Körper mit seinen Milliarden Zellen erzeugt ein Lichtfeld, Strahlung, ist ein Lichtkörper. Diese Ausstrahlung ist als Ätherkörper sichtbar. Je dichter zusammengezogen, je verkrampfter die Zellstruktur des Körpers ist, desto «härter» zeigt sich auch der Ätherkörper. Je entspannter die Zellen sind, je mehr Licht aus einer Zelle strömen kann, desto «weicher» wirkt diese Ausstrahlung, dieses rhythmisch pulsierende System. Wie jede Zelle des Körpers eine Schwingung erzeugt, regen auch jeder Gedanke und jedes Wort Schwingung, Ausstrahlung an. Diejenigen Denkprozess, welche im Jetzt stattfinden, erzeugen die mentale Aura. Die Mentalaura ist das Abbild, der Ausdruck der vor sich gehenden bewussten Denkprozesse. Die unterschwelligen Elemente des Denkens, die sich nicht mit Phänomenen aus dem Jetzt befassen, sondern mit solchen aus Vergangenheit (Erfahrungen) und Zukunft (Erwartungen), also über den assoziativen Denkprozess mit Inhalten aus der Geschichte, mit Erinnerungen verbunden sind, entwischen dem direkten Bewusstsein und sind deshalb als unbewusst zu bezeichnen. Diese Anteile des Denkens erzeugen eine Ausstrahlung der mentalen Aura, die man als emotionale Aura bezeichnet. Diese Unbewusstheit ist weder vermeidbar noch gefährlich. Man kann das Denken deshalb nicht ununterbrochen ganz direkt wahrnehmen, weil Denken viel rascher arbeitet, als unsere relativ träge Wahrnehmung. Das emotionale System wird nur dann einen gefährlicheren Einfluss auf den Körper haben, wenn die Ausstrahlung des Körpers, der Ätherkörper «hart» ist. Der Einfluss der Emotionalaura auf den Körper wird durch einen «weichen» Ätherkörper vermindert. Unter Körper/Mind verstehen wir die Gesamtheit von Körper, Denken und Fühlen. Körper/Mind wird damit durch den Körper selbst, den Ätherkörper, die mentale und die emotionale Aura repräsentiert. Die Ausstrahlungen ihrerseits, also Ätherkörper, Emotional- und Mentalaura wollen wir als feinstofflichen Körper bezeichnen. Der Körper und alle Ausstrahlungen sind ununterbrochen in einem Dialog zueinander und daher nicht voneinander zu trennen. 52 Die ganze Struktur ist den Gesetzen der Masse unterworfen und beschränkt, weil sie gänzlich in Gravitationsraum und Phasenzeit existiert. Körper/Mind wird geboren und wird sterben. Körper/Mind ist vergänglich, ist ein Instrument in Zeit und Raum. Über der mentalen Aura kann man die alles andere überstrahlende Qualitätsaura erkennen. Die Qualitätsaura existiert nicht in Raum und Zeit und ist daher nicht vergänglich. Weder wird sie geboren, noch stirbt sie. Während Körper/Mind, wie auch alles andere in Gravitationsraum und Phasenzeit, persönlich ist und darum nicht nur einen subjektiven, sondern auch einen objektiven Anteil hat, ist die Qualitätsaura nicht persönlich. Die Qualitätsaura ist der Ausdruck der Seele und diese wiederum ist das übergeordnete Prinzip des Universums, des Ganzen. Das Ganze, das Tao, kann sich nur manifestieren, wenn es auf irgendeine Weise eine Form annimmt, die sowohl einen objektiven, als auch einen subjektiven Anteil hat. Weil wir alle zum Ganzen gehören, manifestieren wir uns aber auch auf einer bestimmten Ebene ausserhalb von Raum und Zeit als Seele. Die Seele hat nichts Persönliches an sich, obwohl sie als etwas Persönliches erlebt wird. Ein Bild zur Erklärung: Die Sonne stellt das Ganze dar, ihre Strahlen sind die Seele, und deren Wirkung, die Wärme, könnte man als Qualitätsaura bezeichnen. Qualitätsaura und Seele sind genausowenig vom Ganzen zu trennen, wie in unserem Bild Wärme und Strahlen von der Sonne. «Unseren» Anteil an Strahlen und Wärme umschreiben wir als Energiekörper. Im Gegensatz zu Körper/Mind, dem Körper und seinem feinstofflichen Anteil, ist der Energiekörper nicht in Zeit und Raum begrenzt. Er ist auch nicht so sehr persönlich, wie das vielleicht manchmal dargestellt wird. Stirbt man, zerfallen sowohl die Moleküle des Körpers, als auch der feinstoffliche Körper; man kann sich auch diesen als aus Molekülen in Zeit und Raum bestehend denken. Sogar den Energiekörper, Seele und Qualitätsaura, kann man sich aus einer Art Materie bestehend vorstellen, nur ist diese vielleicht feiner, aus Schwingungen höherer Frequenz zusammengesetzt. Wenn Moleküle zerfallen, lösen sie sich nicht einfach in Nichts auf; sie verlassen vielmehr die Struktur, in der sie vorher eingebunden gewesen sind. Wiedergeburt ist vielleicht weniger ein persönliches Geschehen, als eine neuartige Zusammensetzung verschiedener Moleküle. 53 Die Qualitäten wirken durch einen, sind aber so wenig persönliches Eigentum, dass ihre Wirkung oft an verschiedenen Orten gleichzeitig auftritt. Deshalb gibt es nicht nur einen einzigen guten Musiker. Darum wird eine Erfindung oft an verschiedenen Orten gleichzeitig gemacht. Wenn Körper/Mind vergänglich, der Energiekörper verbunden mit dem Ganzen aber nicht vergänglich und nicht persönlich ist, stellt sich die Frage nach dem Sinn der Therapiearbeit mit Körper/Mind statt mit den Qualitäten. Je mehr die Qualitäten zum Vorschein kommen, gelebt werden, je stärker diese Lampe leuchtet, desto intensiver kann das Leuchten von Körper/Mind werden. Das nun ist der richtige Zusammenhang des Begriffs Ausdehnung. Körper/Mind wird dann ein Informationsträger des Universums, wenn dort Licht wird. Licht entsteht nicht durch Veränderung von Körper/Mind, sondern dadurch, dass er zu einem Instrument von Qualitätsaura und Seele, des Energiekörpers wird. Ausdehnung ist also Intensivierung des Energiekörpers. Es ist der Energiekörper, welcher sowohl Körper als auch feinstofflichen Körper beeinflusst. Anders gesagt: Wenn der Energiekörper Licht- und Informationsquelle ist, während Körper/Mind das Dunkle darstellt, geschieht die spirituelle Geburt dann, wenn Licht das Dunkel durchdringt. Jeder Körper/Mind ist daher ein Instrument für das Licht. Die meisten von uns fokussieren auf das Dunkle und befassen sich primär mit dem leichter erkennbaren Körper/Mind, ohne dessen Charakter als Instrument des Lichts zu erkennen. Je mehr der Energiekörper Einfluss auf Körper/Mind gewinnt, desto mehr wandelt sich Gravitation in Anziehung. Wo das geschieht, entsteht Ausstrahlung ganz von selbst. Umgekehrt gilt die Beziehung auch. Je mehr Ausstrahlung da ist, desto intensiver wird Anziehung spürbar. Gravitation, Anziehung und Ausstrahlung implizieren etwas, was wir hier einmal als «Space» bezeichnen wollen. Wir benutzen diesen englischen Ausdruck, weil das Wort Raum zusammen mit Zeit eine bekannte physikalische Grösse darstellt. Space umfasst mehr als Zeit/Raum. Raum/Zeit ist objekt-bezogen, während Space subjekt-bezogen ist. Wo Gravitation, Anziehung und Ausstrahlung keinen Space vorfinden, sterben alle drei. Es entsteht ein schwarzes Loch, wie es die moderne Physik umschreibt. Durch den fehlenden Space entsteht so viel Gravitation, dass alles verschwindet. Alles im Bereich des schwarzen Loches stirbt. 54 Würde man nur einatmen wollen, wäre das damit vergleichbar, dass kein Space zugelassen würde. Einatmen allein bedeutet ebenso Tod wie Ausatmen allein, obwohl man nicht ohne deren Kombination leben kann. Es fehlt Space, es entsteht ein schwarzes Loch. Wo das Bewusstsein nur auf Körper/Mind ausgerichtet ist, fehlt Space ebenso, ist ebenso Tod. Gefühlslosigkeit ist mit einem psychischen, ununterbrochenen Einatmen zu vergleichen. Ausstrahlung und Anziehung können nicht stattfinden. Ein durch den starken Willen, gut zu sein, viel Leistung zu erbringen, durch Stress geprägtes tägliches Leben ist vergleichbar mit dem Versuch, nur auszuatmen. Auch hier wird weder Anziehung noch Ausstrahlung erzeugt. Ausserkörperliches Heilen kann seinem Wesen nach als Space-Healing bezeichnet werden. Der Energiekörper wird dabei angeregt, eine Schwingung zu erzeugen, die für Space in Körper/Mind sorgt. Die Schwingung von Körper/Mind verändert sich darauf derart, wird so flexibel, dass sie nicht mehr als Dunkel, sondern als Licht erlebt wird. Space-Healing verstärkt den Einfluss des Energiekörpers, bis Körper/Mind wieder als Resonanzkörper mitschwingt. Sobald ein Resonanzkörper Schwingungen übernehmen und verstärken kann, entsteht ein voller Ton, eine Melodie. Eine Guitarre mit falsch gestimmten Saiten kann immer noch als Intrument bezeichnet werden. In diesem Zustand ist sie aber schlicht nicht brauchbar dafür, Musik hervorzubringen. Die richtige Stimmung der Saiten macht eine Guitarre zu einem brauchbaren Instrument. Harmonie zwischen Körper und Mind entsteht dann, wenn der Energiekörper für Space sorgt. Dadurch wird aus Körper/Mind ein spielbares Instrument. Mit einem nicht gestimmten Instrument kann man zwei Dinge tun. Die eine Möglichkeit ist die Analyse der Vergangenheit. Man versucht dabei herauszufinden, warum die Guitarre nicht mehr gestimmt ist: Vielleicht lag sie zu lange im Estrich, vielleicht hat jemand darauf zu spielen versucht und sie dabei ruiniert. Man kann eine Verbesserung der Situation auch mit der Zukunft versuchen. Man stimme die Guitarre, damit sie wieder spielbar wird. Ist ein Instrument richtig gestimmt und damit spielbar, besteht eine ganz spezielle Situation. Ein gestimmtes Instrument muss sich weder um die Vergangenheit, noch um die Zukunft kümmern. Instrument sein heisst, dass es im Moment einen Ton, eine Melodie erzeugen kann. 55 Eine Melodie ist eine Schwingungsfolge, die Einfluss ausübt. Sie hat Ausstrahlung und erzeugt dadurch Anziehung. Ausserkörperliches Heilen, Space-Healing sorgt mit dem Energiekörper dafür, dass Körper/Mind ein Instrument ist, das ausstrahlt und anzieht. Je höher eine Schwingung wird, desto mehr Licht und Space entstehen. Wir sprechen natürlich weder vom Sonnenlicht, noch von jenem einer Lampe. Das ist nur Symbol. Licht ist Space. Ein schwarzes Loch hat kein Licht. Je kompakter etwas ist, desto weniger Space ist da. Space erzeugt Anziehung und Ausstrahlung. Das ist der Grund, warum seit Jahrtausenden in allen mystischen Schulen Licht, Erleuchtete, ein Lichtkörper, der anzieht und ausstrahlt eine so grosse Rolle spielen. Gott ist Beziehung und Beziehung ist ein Rhythmus zwischen Anziehung und Ausstrahlung. Das ganze Universum ist ein pulsierendes Ein- und Ausatmen, Anziehen und Ausstrahlen. Sind Anziehung und Ausstrahlung fühlbar, sind auch Wohlergehen und Gesundheit da. Heilung passiert, wenn aus etwas Kompaktem Space, Licht entsteht. Wie kommt man zu Space? Welche Konsquenzen hat es, wenn man knallhart durch die Unterscheidung zwischen Körper/Mind einerseits und Energiekörper andererseits eine Dualität schafft, was doch seit Jahrhunderten bekämpft wird? Körper/Mind ist keine Dualität, sondern eine Einheit. In diesem Sinne hat die moderne Medizin recht, wenn sie Déscartes und die Auftrennung von Körper/Mind in eine Dualität korrigiert. Ebenso falsch ist es aber, alles zu einer Einheit zu mischen, denn eine Vernetzung allein, eine Verbindung von Teilen, erzeugt noch keine Einheit. Zwischen dem vergänglichen Körper/Mind und dem Energiekörper allerdings besteht ein entscheidender Unterschied. Dualität muss nicht unbedingt als Gegensatz zwischen Dingen aufgefasst werden, wie dies in den alten Philosophien oft dargelegt wird. Vielmehr hat eine echte Dualität, wie im Beispiel von Ying/Yang, den Charakter einer Ergänzung. Nicht gleiche, nur unterschiedliche Dinge werden sich ergänzen. Das Beispiel eines Fussballklubs zeigt das schön auf. Wenn sich die Leute nicht ergänzen, als Mannschaft spielen, haben sie wenig Chancen auf einen Sieg. 56 Wie kommt man zu Space? Will man diese Frage nicht nur intellektuell verstehen, muss man sich völlig neu mit dem Begriff Stille auseinandersetzen. Wie der Begriff Ausdehnung auf einer bestimmten Ebene Sinn macht und ein hilfreiches Konzept ist, um dem Gehirn etwas ohne Symbol Unverständliches darzulegen, ist auch Stille nur auf einer bestimmten Ebene als Absenz von Reaktion oder Denken zu erklären. Auf einer anderen Ebene, dort, wo die Brücke zwischen Körper/Mind und Energiekörper geschlagen werden soll, kann Stille nicht mehr das gleiche sein. Achtet darauf, dass es immer wieder um dasselbe geht. Das Gesetz Newtons ist durch die Quantenphysik nicht aufgehoben worden. Das Einstein'sche Gesetz, dass sich nichts schneller, als Licht fortbewegen kann, hebt jenes andere Gesetz, dass es doch Schnelleres, als Licht gibt, nicht auf. Jedes Gesetz gilt für eine ganz bestimmte Ebene. Darum unterscheiden wir die biologische, psychosoziale, und psycho-spirituelle Ebene. Auf den verschiedenen Ebenen sind die Gesetze verwandt, ergänzen sich, sind aber nicht wirklich gleich. Mit den Begriffen Ausdehnung und Stille verhält es sich gleich. Was ist Stille, für eine neue Ebene neu formuliert? Ist Stille dort immer noch Absenz von etwas anderem? Wenn man sich in einem Raum befindet, in dem zwei Lautsprecherboxen zu laute Musik produzieren, hat man zwei Möglichkeiten der Reaktion. Man kann die Verstärkung begrenzen oder sich von den Lautsprechern wegbewegen. Je näher bei den Boxen man steht, je lauter die Musik erscheint, desto weniger kann man anderes wahrnehmen. Die Lautsprecher des Universums kann man nicht einfach zurückstellen. Darum entfernt man sich ein bisschen von ihnen damit man wahrnehmen kann, was sonst noch läuft. Stille ist nicht in jedem Fall die Absenz von Lärm. Raum erzeugt Stille. Stille hebt Wahrnehmung nicht auf, sondern verbessert sie. Wir unterscheiden zwischen direkter und wunschloser Wahrnehmung. Direkte Wahrnehmung ist ausgerichtet. Dadurch wird Nähe geschaffen. Man fokussiert auf seinen Körper, auf einen Schmerz, auf Musik. Nähe hat damit etwas mit Lautstärke, mit Intensität zu tun, um beim Symbol der Lautsprecher zu bleiben. Je weniger die Wahrnehmung auf ein bestimmtes Objekt ausgerichtet ist, je losgelöster von Einzelnem, je wunschloser sie ist, desto intensiver nimmt man das Ganze wahr. Das ist Stille. 57 Stille ist nicht die Absenz von Lärm. Man ist nicht dann wirklich still, wenn man nicht mehr denkt, fühlt, wenn keine Empfindung mehr da ist, wenn man sich nicht mehr bewegt. Stille ist Raum. Unter Stress versteht man die Situation, dass man im Lärm steht, keinen Raum hat. Man sucht Ferien, man möchte zur Ruhe kommen, man hat sich zu viel zugemutet, man ist überfordert. Vielleicht zieht man sich sogar in sein Zimmer zurück, um Stille zu finden. Die Stille, die man in einem abgeschotteten Zimmer empfinden mag, ist nicht unbedingt die Stille, die wir meinen, sondern vielleicht einfach Lärmfreiheit. Sich total auf etwas auszurichten, vielleicht ganz konzentriert Musik zu hören, heisst, sich abzuschotten. Das ist Absenz von den anderen Geräuschen. Das ist nicht die Stille über die wir sprechen. Wo Space ist, hat Stress keinen Platz. Stille als Brücke zwischen Energiekörper und Körper/Mind ist Space, nicht die Absenz von Lärm. Sich nicht auf ein Objekt zu konzentrieren, sondern alles zu absorbieren, ist Stille im Sinne von Space. Stille kann mitten im Warenhaus stattfinden. Das Konzept einer Stille als Absenz von Lärm würde in jedem, der sich bemerkbar macht, einen Feind sehen. Spätestens bei der Ankunft eines Kindes würde man wahnsinnig, weil man im Baby einen Gegner erblicken müsste. Alle Leute, die einen ansprechen möchten, wären Störer der Stille. Ein Konzept von Stille als Absenz von Lärm würde zudem bedingen, dass nie jemand etwas gegen einen hat, dass man sich nie mit Verletzungen auseinandersetzen müsste. Verletzung erzeugt ja nicht Stille. Auf der psychosozialen und der biologischen Bewusstseinsbene kann das Fehlen von Lärm durchaus Stille bedeuten. Man kann schwerlich schlafen, wenn Autolärm während der ganzen Nacht das Schlafzimmer füllt. Auf der psycho-spirituellen Bewusstseinsebene ist das völlig anders. Dort bedeutet Stille höhere Intensität, ähnlich wie Dunkelheit auf der biologischen Ebene zum Schlafen von Vorteil ist oder, wie Dunkelheit auf der psychosozialen Ebene zu besserer Konzentration verhilft. Darum schliesst man ja oft die Augen, wenn man sich ganz stark konzentrieren möchte. Auf der psycho-spirituellen Ebene ist nicht Dunkelheit, sondern Licht, Space, die Voraussetzung zu Transformation. Healing schafft Space. Wo Space ist, ist Stille. Wie schafft man Space? Man kann nicht versuchen, still zu werden, weil Stille eine Folge von Space ist. Space und Stille sind voneinander nicht trennbar. 58 Wenn man sich Mühe gibt, still zu sein, entsteht Space nicht. Wenn man versucht, den Körper während einer Stunde nicht mehr zu bewegen, erzeugt man eine gewisse Spannung. Das zwingt viele Leute, entweder ihren Körper nach einer gewissen Zeit doch zu bewegen oder wenigstens eine Instanz aktiv zu halten, die befiehlt, den Körper nicht zu bewegen. Wenn man aber Raum schafft, entsteht durch diese Stille Bewegungslosigkeit ganz von selbst. Wirkliche Stille, welche Brücke sein kann zwischen Körper/Mind einerseits und Energiekörper andererseits, kann erst dann entstehen, wenn alle Versuche, sie herzustellen, aufgehört haben. Plötzlich ist sie dann einfach da. Aus diesem Grund haben Mystiker, die Meditation wirklich verstanden haben, immer darauf hingewiesen, dass geplantes, stundenlanges Sitzen in einem Stuhl nicht zu Meditation führen muss. Das ist gemachte Stille. Diese Art der Stille ist auf der biologischen und psychosozialen Ebene erholsam, gut und richtig, nicht aber auf der psycho-spirituellen Ebene. Dort ist diese Art der Stille nichts wert. Ebenso gibt es auf der spirituellen Ebene keine Gravitation, sondern Anziehung und auf der biologischen Ebene keine Anziehung, sondern Gravitation. Alles ergänzt sich, ist aber nicht das Gleiche. Licht, Erleuchtung findet nicht statt, weil irgend etwas nicht mehr da ist, sondern dadurch, dass man Space schafft. Sobald der Energiekörper die führende Kraft ist, entstehen Stille und Space. Das ist Healing. Wie bringt man es fertig, dass der Energiekörper die Führung über Körper/Mind übernimmt? Selbst, wenn eine Frage an sich einleuchtet, widersteht sie ihrer Beantwortung oft so lange, als man sie nicht neu formuliert und damit in einen praktischen Bezug gebracht hat. Auf die Frage, wie man zu Stille komme, kann man höchstens theoretische Antworten geben. Wird die Frage aus Bequemlichkeit nicht in einen praktischen Zusammenhang gebracht, wird man nicht zu einer zufriedenstellenden, sinnreichen Antwort finden. Wie im Zen-Beispiel !Syntaxfehler, « lässt sich oft eine Kette von Teilfragen ohne Zwischenantworten formulieren. Bei unserer Frage geht es ja darum, den Einfluss des Energiekörpers zu intensivieren. Diese Veränderung verursacht Licht, Space und Stille in Körper/Mind. 59 Zur Beantwortung der Frage nach einem Vorgehen kann man nun den Komplex umkehren und zuerst die Voraussetzung für das Entstehen eines Gefühls von Stille und Space auf der psychologischen Ebene suchen. Ganz praktisch wird sofort einleuchten: Eine wichtige Voraussetzung ist es, dass man sich nicht mit einem Problem herumschlagen muss. Jetzt kann man die Frage richtig formulieren: Was muss geschehen, damit das anstehende Problem gelöst wird? Welches ist der Prozess der Problemlösung? Denn offensichtlich entsteht Space, sobald ein Problem gelöst ist. Ersetzt man ein Problem, vielleicht eine störende Schwäche als Beispiel, symbolisch durch einen grossen, alten Schrank in einem kleinen Raum, ist sofort ersichtlich, dass sofort mehr Platz im Raum sein wird, sobald der Schrank daraus entfernt worden ist. Freuds Psychologie hat im Gegensatz zu den Lehren der Religionen darauf bestanden, dass man den grossen Schrank aus dem Raum werfen könne, sobald man erkannt habe, warum er überhaupt da steht und dass er unbrauchbar ist. Diese Auseinandersetzungen mit der Schwäche werde Erkenntnis und Verständnis bringen und werde Space erzeugen. Die Religionen, nicht Religiosität, sind einen anderen Weg gegangen. Durch Glauben an Jesus, an Krishna, durch Vertrauen, heisst es dort, durch Gebet, durch Hingabe an jemanden, werde Space geschaffen. Beide scheinen aus einer richtigen Beobachtung falsche Schlüsse gezogen zu haben. Die Beobachtung, dass der Energiekörper sich erst einbringen kann, wenn Körper/Mind keinen Ballast mehr mit sich herumträgt, ist richtig. Da wir uns heute nicht mehr mit den Religionen und mit Konzepten der Hingabe an irgend jemanden oder eines blinden Vertrauens befassen wollen, schauen wir uns an, wie die Psychologie mit den Fragen umgeht. Psychologie basiert auf der einfachen Überlegung, dass Freiraum überall dort entsteht, wo man sich nicht mit etwas Belastendem befassen muss. Ein Beispiel: Gemäss Psychoanalyse erinnert sich ein Kind in seinen Körperzellen an einen früheren Missbrauch. Die Bioenergetiker würden von der Erinnerung sprechen, die der Körper aufgenommen hat. Diese Erinnerung ruft Blockierungen bis in die emotionale und mentale Aura, also praktisch des ganzen Systems hervor. Blockierungen sind Verkrampfungen, bedeuten weniger gut fliessende Energie und verhindern Freiraum. Ohne Freiraum sind Wahrnehmungsund Ausdrucksmöglichkeit eingeschränkt. 60 Kompaktheit erhöht Gravitation und vermindert Anziehung. Ein Missbrauch ist laut Psychoanalyse sowohl im Körper als auch im Energiesystem als Erinnerung gespeichert und verhindert Anziehung und Ausstrahlung, weil die Erinnerung im System als kompakte Blockierung wirkt. Das sind die schwarzen Löcher im Körper/Mindsystem. Je mehr es davon in einem System gibt, je weniger Licht auftritt, desto weniger können Anziehung und Ausstrahlung entstehen, desto unglücklicher fühlt man sich. Glück entsteht durch die Sozialisierung, durch ein konfliktfreies Leben mit sich selbst und anderen. Die Psychologie hat daraus geschlossen, dass durch die Abgabe der Erinnerungen, durch die Entfernung der schweren Steine aus dem Rucksack die Blockierungen aufgelöst werden könnten. Die schwarzen Löcher lösten sich dann auf, das ganze System werde weniger kompakt und habe daher weniger Gravitation. Dadurch entstünden mehr Ausstrahlung und Anziehung. Der Mensch werde wieder sozial funktionsfähig, er werde gesund. Das ist doch logisch und einleuchtend. Dennoch bleiben ein paar Fragen offen. Welche Ereignisse haben tatsächlich schwarze Löcher hervorgerufen? Welche schwarzen Löcher, wenn sie wirklich existieren, sind über die Auflösung einer Erinnerung ihrerseits auflösbar? Vermutlich gibt es ja viele schwarze Löcher, welche in einem Leben gar nie erinnert, verstanden, interpretatorisch aufgelöst werden können. Wenn man, wie die moderne New Age Psychologie, auch noch vergangene Leben in die Überlegungen einbezieht, scheint eine Auflösung dieser schwarzen Löcher schier unmöglich. Offensichtlich ist, dass der Versuch, die schwarzen Löcher durch Erinnerung und Verstehen aufzulösen, eine Auseinandersetzung mit Körper/Mind braucht. Durch diesen Prozess wird Licht in vielen Fällen eher vermindert, denn intensiviert. Moderne Psychologen werfen denn auch der klassischen Psychologie immer wieder vor, dass deren Patienten in den meisten Fällen höchstens in einer selbst kranken Gesellschaft wieder funktionsfähig würden. Wenn in einem Volk aus an Grippe erkrankten Leuten ein Mensch Lungenentzündung hat und zum Arzt geht wird das Therapieziel als erreicht angesehen, sobald der Patient wieder auf dem Stand der Grippekranken ist. Die Psychologie sagt, dass die schwarzen Löcher durch die Umwelt, die Erziehung, die Gesellschaft erzeugt worden seien. 61 Wie kann etwas, das durch die Gesellschaft erzeugt worden ist, geheilt werden? Die Veränderung kann sich doch nur wieder auf die Norm der Gesellschaft hin bewegen. Was als in der gesellschaftlichen Norm befindlich angesehen wird, ist als gesund bezeichnet. Jemand der so gesund wird, dass er auf der anderen Seite aus der Norm fällt, ist für den Psychiater auch ein «Fall». Jemand mit ekstatischen Zuständen wird durch die Psychiatrie als nicht ausgeglichen definiert. Wenn die Auflösung der schwarzen Löcher durch Erinnern und Verstehen wirklich funktionieren würde, stellt sich die Frage, warum es immer wieder Spontanheilungen gibt, die sich dann ergeben können, wenn keine Energie auf die Reflexion über einen Fall verschwendet worden ist. Kinder haben eine grosse Kraft für Spontanheilung. Kinder sind immer wieder in der Gefahr, missverstanden zu werden und fühlen sich dann in jenem Moment von den Eltern getrennt. Die enorme Spontanheilungskraft äussert sich dadurch, dass Kinder nicht nachtragend sind. Die Verletzung regeneriert sich durch die kindliche Neugierde. Neugierde ist ein Prozess in dem man sich weder um Erfahrung noch um Erwartung kümmert. Kann ein Kind diese Neugierde in das Erwachsenenleben hinüberretten, gilt es als Genie. Gewöhnung ist der Tod der Neugierde. Gewöhnung verhindert den Bezug zum Energiekörper. Spontanheilung geschieht, wenn man sich weder um die Vergangenheit noch um die Zunkunft kümmert. Jede Heilung funktioniert auf diesem Prinzip. Das bedeutet in der Konsequenz, dass sich ein Problem viel schneller löst, wenn man es weder analysiert, noch interpretiert, sondern einfach sein lässt. Eine Schwäche löst sich nicht durch deren Kenntnis auf; eine Schwäche wird absorbiert, indem man ihr Raum gewährt. Moderne Ausdrücke dafür sind sich selbst lieben oder sich selbst akzeptieren. Beides sind zwar falsche Begriffe, sie führen aber immerhin in die Nähe des eigentlichen Prozesses. Jeder Schwäche kann man auch einen Qualitätsinhalt geben. Dadurch zieht man sie an sich und versucht krampfhaft, sie und damit sich zu verändern. Das führt zu psycho-spirituellem Autismus. Heilung geschieht, wenn einer Schwäche Raum gewährt wird, indem man sie nicht zu seinem persönlichen Problem und damit zum alleinigen Inhalt von sich selbst macht. Es gibt keine Schwäche, die nicht auch allen anderen bekannt wäre. 62 Es bleibt eine einzige Situation übrig, die man als Schwäche bezeichnen könnte, sofern man nicht jedes Problem mit irgendwelchen persönlichen Inhalten füllt. Es ist dies die Idee, irgendwo könnte irgend etwas gegen einen sein. Diese Schwäche wird weder durch das Verständnis der Vergangenheit, noch durch irgendwelche Interpretation aufgelöst. Die Auflösung geschieht dadurch, dass man ihr Raum gewährt. Space wird durch die Wahrnehmung der Idee gewährt. Je weniger an einem Problem, an einer Schwäche herumanalysiert und interpretiert wird, desto intensiver werden Aufmerksamkeit und Wahrnehmung. Das ist der Weg zu Space und höherer Intensität des Energiekörpers. Plötzlich spielt die Definition der Schwäche keine Rolle mehr. Durch Space wird der Bezug zur Idee, dass irgendwo irgend jemand gegen einen sei, depersonalisiert. Jetzt ist die Idee fassbar. Solange sie in tausend Inhaltsfacetten aufgeteilt bleibt, ist sie weder fassbar noch verständlich. Sind wir tatsächlich ein Teil des Ganzen, lösen wir die Probleme durch das Ganze und nicht durch eine Aufteilung in Problemkreise gemäss unseren persönlichen Strukturen. Sobald alle sogenannten Probleme, die einen bedrücken, zu der einzigen Problematik der Idee, irgendwo sei irgendwer gegen einen, zusammenfliessen, entsteht enorm viel Raum. Dieser Raum ist es, der Healing wirksam macht, ohne dass der Heiler den Inhalt der Problematik eines Klienten verstehen muss. Healing lebt, sobald keine Inhalte mehr einbezogen werden. Die klassische Psychologie und Teile der Medizin äussern Healing gegenüber starke Reserven. Sie werden dort zu Recht geäussert, wo Healing missbraucht wird. Ein anderer Teil dieser Reserve besteht allerdings zu Unrecht. Man kann aber nicht anders reagieren, denn es wäre doch unlogisch, Healing einerseits zu fördern und gleichzeitig zu behaupten, die Lösung von Problemen würde über die Definition von Inhalten von Körper/Mind erreicht. Diese völlige Änderung im Denken kann eine psychologische Revolution auslösen. Es gilt, von der Idee wegzukommen, man finde Problemlösungen durch Aufspaltung in Teile, durch Definitionen, durch Interpretation von Phänomenen von Körper/Mind. Ist man von der Idee weggekommen, entsteht Licht. Die Antwort zu geben auf die grosse Frage, wie man zu Space und zu Stille komme, ist jetzt einfacher geworden. 63 Sie besteht darin, dass man aufhört, sich auf Körper/Mind mit allen Inhalten zu beziehen, dass man aufhört, sich auf die Vergangenheit zu beziehen. Vergangenheit ist nur über verstückelte Inhalte wahrnehmbar. Vergangenheit ergibt nie ein ganzes Stück; sie ist wie ein ablaufender Film. Plötzlich erkennt man, dass die Handlung eigentlich gar kein kontinuierlicher Ablauf, sondern in Tausende von Einzelbilder aufgeteilt ist. Diese Erkenntnis haben die Mystiker mit Ganzwerden beschrieben. Man nimmt sich plötzlich nicht mehr als getrennt wahr. Wenn man ganz geworden ist, erlebt man sich nicht mehr als Persönlichkeitsstruktur, die sich in verschiedene Inhalte aufteilt. Heilung ist Space. Heilung ist Stille. Heilung geschieht durch die Absage an unnötige Inhaltsbezüge. 64 Gesundheit 10. Oktober 1994 Die meisten Leute kommen zu einem Healing, weil sie sich krank fühlen. Wenn wir von der gestern erarbeiteten Sicht von Körper/Mind als einer Einheit ausgehen, und davon, dass der Energiekörper, also die Qualitätsaura und die Seele, etwas anderes, nicht Vergängliches ist, muss der Begriff Krankheit neu definert werden. Unter Krankheit auf der Ebene von Körper/Mind verstehen wir die Behinderung des Ablaufes irgendwelcher Funktionen. Eine kranke Niere funktioniert nicht mehr richtig. Es ist nicht wichtig, auf welche Ursache diese Krankheit zurückzuführen ist. Ist die Niere krank, ist ihre Funktion behindert. Als Heilerin oder Arzt wird man versuchen, die Funktionsfähigkeit der Niere wieder herzustellen. Bis heute ist mir niemand, nicht Mediziner, nicht Heiler, bekannt, der einen Körper/Mind hätte gesund machen können. Die Behandlung macht den kranken Teil eines Körper/Mind allenfalls wieder funktionstüchtig, und damit verlängert sich dessen Lebensdauer. Ein Extremfall: Eine Chemotherapie heilt Krebs nicht, sondern verlängert das Leben. Die wenigsten Formen von Krebs sind echt heilbar. Das Krebswachstum wird soweit unter Kontrolle gebracht, dass das Leben um eine bestimmte Zeit länger wird. Bei einem Brustkrebs mit Metastasen spricht man von einem durchschnittlichen Erfolg der Krebsbekämpfung von fünf Jahren. Natürlich wird nie eine Zeitspanne genannt. Man deklariert einfach einen möglichen Erfolg bei Brustkrebs durch Bestrahlung und Chemotherapie. Ehrlicher wäre es allerdings, zu sagen, dass man eine durchschnittliche Lebensverlängerung von fünf Jahren erreichen kann. Jeder Körper/Mind stirbt einmal. Ob die unmittelbare Todesursache eine Form von Funktionsschwäche, vielleicht ein Herzinfarkt oder eine andere Behinderung ist oder ob eine virulente Form einer Akutkrankheit eintritt, spielt keine Rolle. Die Funktionen von Körper/Mind hören auf. Es gibt keinen Körper/Mind, der nicht irgendwann einmal funktionsunfähig würde. Tod ist Funktionsunfähigkeit. Ein Leben von achtzig Jahren mag einem lang vorkommen. Anderen Wesen erscheint diese Zeitspanne vielleicht als äusserst kurz. Vielleicht sind all diese Jahre für ein Geistwesen in seinem Zeitempfinden ein oder zwei Tage. 65 Da es kein begrenztes Wesen gibt, das sich nicht irgendwann einmal auflöst, bedeutet Auflösung von Krankheit auf der Ebene von Körper/Mind Lebensverlängerung, nicht Gesundheit. Gesundheit ist etwas völlig anderes. Gesundheit hängt mit dem Energiekörper zusammen. Wer immer zu einer Healingsitzung geht, hofft auf eine Lebensverlängerung. Die Motivation ist also die gleiche, wie diejenige beim Gang zum Mediziner. Nach der Behandlung soll einem wohl sein, es soll einem wieder gut gehen. Schmerzen sollten nicht mehr stören. Man möchte wieder genügend Energie, um das Leben zu meistern. Wer Energien auf diese Art zu betrachten beginnt, wird mit dem ganzen Körper/Mind ähnlich umgehen, wie sich das bei den Zähnen eingebürgert hat. Prophylaxe wird wichtiger, als die Behandlung von Symptomen. Weil Körper/Mind dauernd dem Risiko einer Funktionsbehinderung ausgesetzt ist, versucht man natürlich, den Zeitpunkt seiner unausweichlichen Funktionsaufgabe hinauszuschieben. Das ist Prophylaxe. Wenn Karies der Zähne Schmerzen bereitet, ist es zu spät, mit Zähneputzen zu beginnen. Ist der Körper bereits behindert oder sogar schon funktionsunfähig, ist es eigentlich zu spät, mit Healing zu beginnen. Healing sollte, wie Zähneputzen, regelmässig stattfinden. Medizin und Healing haben zwei verschiedene Ansätze. Darum kann die Medizin mit ihren Methoden in vielen Fällen rascher heilend auf eine bestehende Funktionsbehinderung einwirken als Healing. Ein schnell wachsender Tumor ist durch einen operativen Eingriff einfacher und effizienter zu entfernen, als über den feinstofflichen Bezug von Healing. Moderne Mittel der Medizin führen bei vielen Krankheiten mit Schmerzsymptomen weit rascher zum Ziel als Healing. Die Medizin befasst sich wenig mit Prophylaxe. Würde man mit Körper/Mind ähnlich umgehen wollen, wie mit den Zähnen, könnte Healing eine wichtige Rolle spielen. Die Wirkung eines wirklichen Healings ist vom Ansatz her eher prophylaktisch, als auf die Behandlung einer Funktionsbehinderung ausgerichtet. Leute, deren Augen die Aura wahrnehmen können, bestätigen, dass ein Krankheitsbild bis zu sechs Monate vor dessen Spürbarkeit im Körper bereits im Ätherkörper erkennbar wird. Damit ist die Grundlage für eine effiziente Vorsorge gegeben. 66 Vielleicht wird in hundert Jahren jedermann ein- oder zweimal pro Jahr zu einem Auraheiler gehen, die Aura ansehen und die Punkte, die vielleicht als Schatten sichtbar sind, behandeln lassen. Dieses Vorgehen ist viel effizienter, als ein notwendiger Eingriff, der mit riesigem Aufwand erst dann durchgeführt wird, wenn eine Krankheit im Körper schon ausgebrochen ist. Und trotzdem: Körper/Mind kann nie wirklich gesund werden. Eine Behandlung kann das Leben nur für eine gewisse Zeitspanne erhalten. Gesundwerden heisst ganzheitlich werden. Körper/Mind hat keine Möglichkeit, ganzheitlich zu werden. Hingegen kann er zu einem Instrument der Ganzheitlichkeit werden. Ein Körper/Mind, der sich nicht als Instrument für die Ganzheitlichkeit zur Verfügung stellen möchte, wird dadurch nicht funktionsunfähig. Er ist aber doch auf seine Art krank, denn niemand ist auf die Welt gekommen, um sechzig Jahre lang von morgens sieben bis abends sechs zu arbeiten und mit viel oder ein bisschen weniger angesammeltem Geld mit siebzig oder vielleicht neunzig Jahren abzutreten. Körper/Mind ist auf der Welt, um für den Energiekörper als Instrument zu wirken. Für die Angehörigen mag es traurig sein, wenn jemand mit vierzig, fünfzig oder sechzig Jahren stirbt, für den betroffenen Körper/Mind ist es völlig unwesentlich. Wichtig ist einzig die Intensität, mit welcher Körper/Mind sich als Instrument des Energiekörpers erlebt hat. Wesentlich ist es, wie weit sich der Energiekörper – Qualitätsaura und Seele – während dieser Zeit hat manifestieren können. Je besser sich der Energiekörper durch Körper/Mind manifestieren kann, desto mehr «Licht» entsteht, desto «höher» wird die Schwingung. Jede Erhöhung der Schwingung bedeutet Evolution. Evolution ist nicht ein Frage von Reinkarnation als Körper/Mind, keine Frage von Karma. Ein Bild dazu: Irgendwo in einem finsteren Raum sei ein Dimmer angebracht, mit dem die Lichtintensität geregelt werden kann. Betritt man den Raum allein mit dem Bewusstsein seines Körper/Mind, kann man nichts sehen und kommt darum auch nicht an den Dimmer heran. Wer sich hingegen als Instrument des Energiekörpers erlebt, hat mehr Möglichkeiten zur Verfügung, kann den Dimmer finden, ihn höher stellen und damit mehr Licht entstehen lassen. Evolution ist keine Frage der Verfeinerung von Körper/Mind. Evolution ist eine Frage des Gebrauchs des Instruments «Bewusstsein». 67 Symbolisch bedeutet Bewusstseinserweiterung Erhöhung von Schwingung, Intensivierung der Lichtquelle. Von einem nur dreissig Jahre währenden Leben deren zehn als Instrument des Energiekörpers erlebt zu haben, ist erfüllender, als achtzig Jahre auf der Erde zu verbringen und nicht zu wissen, was es heissen kann, Instrument zu sein. Es macht keinen Sinn, sich neunzig Jahre lang mit Körper/Mind, mit dessen Problemen und Funktionshemmungen herumzuschlagen, wenn man in dieser Zeit nicht zu einem Instrument wird. Vielleich müsste man Selbstmördern mehr Respekt entgegen bringen. Vielleicht sind sie viel ehrlicher als die meisten von uns, die sich einfach so lange durchwursteln, bis die Funktionsunfähigkeit des Körpers von selbst eintritt. Vielleicht ist es nicht der Selbstmörder, auf den im Jenseits gezeigt wird. Vielleicht wird auf uns gezeigt werden, die wir uns aus Bequemlichkeit und Angst nicht als Instrument erleben wollten und während neunzig Jahren anderen den Platz weggenommen haben. Funktionsfähigkeit von Körper/Mind ist nicht gleichbedeutend mit Gesundheit. Gesundheit ist die Möglichkeit für den Energiekörper, sich zu manifestieren. Natürlich kann sich der Energiekörper weniger gut manifestieren, wenn Körper/Mind nicht vital, nicht gut funktionsfähig ist. Je besser funktionsfähig Körper/Mind ist, desto besser kann er auch als Instrument durch den Energiekörper gebraucht werden. Einen funktionsfähigen Körper/Mind zu besitzen und ihn nicht als Instrument zu brauchen, ist vielleicht die einzige Sünde, die es gibt. Das Ziel eines jeden Menschenlebens ist es, dem Ganzen innerhalb der Evolution etwas zu geben. Unsere Aufgabe ist es nicht, unsere Körper/Mindbedürfnisse zu befriedigen und unsere Wünsche zu erfüllen. Je mehr Kerzen brennen, desto mehr Licht strahlen sie gemeinsam aus. Brennt eine Kerze nicht, behält sie zwar ihre Form und schmilzt nicht. Eine Kerze, die nicht brennt, macht aber kaum Sinn. Ein Körper/Mind, der sich nur zum Zwecke einer langen Lebenserhaltung trainiert und funktionsfähig erhält, geht mit dem Bewusstsein falsch um. Geht es ihm nur um möglichst lange Erhaltung der Funktionsfähigkeit, wird er auch vor Kriegen nicht zurückschrecken, wird er egoistisch sein, nicht teilen, wird alles für sich allein haben wollen. Er wird wie in der Mode selektionieren und diskriminieren. Eine Frau, die nicht den Vorstellungen der Modeschöpfer entspricht, wird nicht beachtet. Heilen ist nicht nur eine Frage des Eingehens auf Krankheit. Heilen ist auch eine sozial-politische Tätigkeit. 68 Prozac, eine Substanz, der man unrichtigerweise antidepressive Wirkung zuschreibt, aktiviert ganz gezielt Serotonin im Gehirn. Im Moment läuft speziell in Amerika eine grosse Diskussion, ob Prozac weiterhin flächendeckend eingesetzt werden soll. Wenn man diese Diskussion verfolgt, die ganz ähnlich verläuft, wie jene in den sechziger Jahren um LSD, das auch Serotonin aktiviert, fällt die Angst der Psychologen und Psychiater vor dem Mittel auf. Der Grund: Es erzeugt auf einfachste Art und Weise Vitalität, Freude und Wohlbefinden, also eine Perspektivenveränderung des Bewusstseins ohne, dass man während unzähliger Sitzungen grübeln, die Vergangenheit analysieren oder durch einen Leidensprozess laufen müsste. Prozac wird in bestimmten Fällen Nebenwirkungen erzeugen. Die gleichen Leute, welche Prozac deswegen vehement bekämpfen, haben nichts dagegen, dass Millionen von Leuten Alkohol mit weit schlimmeren Nebenwirkungen, als Prozac sie je haben wird, trinken, damit sie sich ein bisschen sicherer oder entspannter fühlen. Sofern man nicht gleich im Rausch landet, entspannt Alkohol tatsächlich ein bisschen, erzeugt aber mit Sicherheit keine Bewusstseinsveränderung. Ein Serotoninschub hingegen bringt eine Bewusststeinserweiterung mit Sicherheit hervor. Es gibt für diese Gesellschaft offenbar nichts Gefährlicheres, als eine auf einfache Art erreichbare Bewusstseinsveränderung. Aus ähnlichem Grunde ist Healing immer noch in der Schusslinie der Oeffentlichkeit. Wie bei der Anwendung von Prozac auch, versprechen Leute Heilung und raten von der Anwendung der klassichen Medizin ab, weil die Zuständigkeit jetzt bei ihnen liege. Hier kann die Nebenwirkung, dass sich Klienten möglicherweise zu spät in eine der Situation angepasste medizinische Behandlung begeben, verheerend sein. Das Verhältnis von zu erwartender Lebensverlängerung zu Nebenwirkungen ist bei Chemotherapie vieler Krebsarten recht ungünstig. Diskriminiert man diese Therapieart deswegen? Warum wird dann Prozac seiner Nebenwirkungen wegen diskriminiert? Das Verhältnis der Nebenwirkungen zu der möglichen Bewusstseinserweiterung bei Anwendung dieses Mittels ist hier weit besser. Erst wenn die Gesellschaft begreift, dass Healing weder eine unfehlbare Methode, noch eine Konkurrenz zu irgend welchen etablierten Vorgehen ist, wird sie auch die Möglichkeiten sehen, die sich aus der Ergänzung der Methoden ergibt. 69 Dann kann verstanden werden, dass Healing nicht irgendeine Scharlatanerie, sondern dass die Fähigkeit, aus dem Körper zu treten, jedem menschlichen Wesen eigen ist. Jeder Körper/Mind wird einmal sterben. Jedes Sterben ist ein Austreten aus dem Körper. Es ist weder nötig noch wünschenswert, mit der Ausübung dieser Fähigkeit bis zur Funktionsunfähigkeit des Körpers, bis zu seinem Tode zu warten. Es gibt keine medizinisch tätige Institution, weder eine etablierte, noch eine alternative, noch eine aus allen jenen, die sich in irgend einer weiteren Form mit Gesundheit beschäftigen, welche immer und überall erfolgreich ist. Man kann durchaus annehmen, dass sich Erfolge und Misserfolge überall etwa die Waage halten. Eine Grippe dauert unabhängig von der Einnahme von Medikamenten etwa fünf Tage. Hat man Medizin geschluckt, wird man sicher die rasche Genesung auf deren Wirkung zurückführen. Hat man jemandem wegen seiner Kopfschmerzen eine Healingsitzung gegeben, kann man das Verschwinden der Schmerzen dem Healing zuschreiben. Vielleicht wären die Schmerzen aber auch ohne Healing verschwunden? Die Chancen zur Verbesserung der Funktionsfähigkeit liegen bei allen Methoden ähnlich. Kein Vertreter einer Methode sollte den Leuten, die eine andere favorisieren, in dieser Hinsicht Vorwürfe machen. Optimal wären Ergänzung und Zusammenarbeit. Wir können zu diesem Verständnis beitragen, wenn wir als Heiler aufhören, uns und unsere Tätigkeit einzig über Körper/Mind zu definieren. Körper/Mind hat keinen Sinn ohne seine Qualität, ein Instrument des Energiekörpers zu sein. Obwohl man Fundamentalisten jeder Provenienz und Farbe sicher manches vorwerfen kann, muss man ihnen zugestehen, dass sie wirklich versuchen, ein Instrument zu sein. Viele Leute behaupten immer wieder, dass wir in einer tiefen Sinnlosigkeit leben würden. Diese Behauptung stimmt, solange man den Sinn des Lebens als die Idee definiert, wir hätten uns von der Geburt bis zum Tode so gut als möglich durchzuschlagen. Die Verrohung der Gesellschaft hängt mit diesem Gefühl von Sinnlosigkeit zusammen, mit dem Unverständnis dessen, worum es eigentlich geht. Will jemand etwas anderes verlangen, solange der Energiekörper ignoriert wird? Wie soll man verstehen, dass Körper/Mind nur ein Instrument ist? 70 Nietzsche hat mit seinem berühmten Ausspruch, Gott sei tot, die Tatsache ausgedrückt, dass wir keinen Bezug zum Energiekörper mehr hätten. Wo der Bezug zur Seele fehlt, ist Gott tatsächlich tot! Das Fehlen einer körperlichen Funktionsbehinderung definiert nicht Gesundheit. Gesund ist, wer sich trotz einer möglichen Funktionsbehinderung auf der Ebene von Körper/Mind darüber bewusst ist, dass es um die Manifestation des Energiekörpers geht. Wieso denn warten, bis diese Sicht einem aufgedrängt wird? In Spitälern trifft man viele Leute, die von einer völligen Veränderung ihres Lebens dank der Krankheit berichten. Sie sehen plötzlich, worum es wirklich geht, sind sich bewusst geworden, was leben heisst. Ist es nicht erstaunlich, dass der Körper zuerst einmal in eine tragische Situation geraten muss, bevor man erkennt, wozu er eigentlich vorhanden ist? Es müsste doch möglich sein, früher zu dieser Einsicht zu gelangen. Daher ist es für Heilende wichtig, nicht nur zur Linderung von Funktionsbehinderungen, sondern auch präventiv zu arbeiten. Oft wird Healing nicht gemäss unseren Wünschen wirken, wird eine Fehlfunktion nicht wieder instand gesetzt. Warum? Healing arbeitet für die Gesundheit. Gesundheit entsteht nicht durch das Wegtherapieren von Funktionsbehinderung von Körper/Mind. Vielleicht ist jemand, der mit fünfzig Jahren sterben kann, gesegneter, als jemand der warten muss, bis sein Körper völlig auseinanderbricht, ohne je Instrument gewesen zu sein. Man kann Krankheit und Tod nicht auf dieser einfachen Dualitätsbasis mit gut oder schlecht bewerten! Man kann trotz der Behinderung einer Funktion in Körper/Mind durchaus gesund sein. Soll sich der Energiekörper wieder neu manifestieren können, muss Körper/Mind ja vergehen. Das einzig Wichtige zum Zeitpunkt des Todes ist, dass Körper/Mind während des Sterbeprozesses keinen Schmerz leidet. Ethik – die einzige Ethik beim Sterben – ist Schmerzlosigkeit. Ein Körper/Mind mag völlig funktionsunfähig sein; ist er schmerzfrei, kann der Energiekörper bewusst wahrgenommen werden. Es geht um den Energiekörper, um Qualitätsaura und Seele, nicht um das Überleben von Körper/Mind. Der Energiekörper ist nicht persönlich, gehört einem nicht, kann sich aber durch Körper/Mind manifestieren. Healing kann und darf darum nie mit dem Wunsch stattfinden, irgendetwas müsse gemäss unserem Wunsch passieren. 71 Trotzdem sollte nie Gleichgültigkeit den Funktionsstörungen gegenüber aufkommen. Anteilnahme, Mitgefühl sind ganz wesentlich. Wenn im Laufe einer Healing-Sitzung oder später tatsächlich eine Verbesserung im Zustand des Klienten stattfindet, braucht jede und jeder Heilende das Bewusstsein, dass der Erfolg nicht das Geringste mit ihr oder ihm zu tun hat. Weder Erfolg noch Misserfolg haben irgendetwas mit der Tätigkeit der heilenden Person zu tun. Die Mystiker haben diese Situation mit Vertrauen umschrieben. Evelyn Underhill nannte sie Holy Indifference, heilige Teilnahmslosigkeit, die sich von Gleichgültigkeit durch absolute Zuwendung unterscheidet. Was ist denn Vertrauen? Wer vertraut, übergibt sich einer Führung. Wer vertraut, hat selbst kein Ziel und bewertet seine Tätigkeit nicht, findet sie weder gut noch schlecht. Der Prozess des Vertrauens beginnt, sobald man sich nicht mehr auf seine Erfahrung beruft und daher weder mit Erinnerungen von Vergangenem noch mit Zukunftsfantasien, mit Wünschen, arbeitet. Im Zusammenhang mit Healing beschäftigt nicht die Frage, ob Körper/Mind durch ein Healing wieder bessere Funktionsfähigkeit erlangt habe. Es interessiert viel mehr, wie weit ein Körper/Mind trotz seiner Funktionsbehinderungen zu einem Instrument des Energiekörpers geworden ist. Der Bewusstseinsstand des Sterbenden wird nicht durch die Anzahl der Tätigkeiten, die Verdienste im Laufe des Lebens angezeigt. Er ist auch nicht dadurch ersichtlich, wie bewusst jemand stirbt. Es kommt nur auf die Intensität an, mit der Körper/Mind ein Instrument des Energiekörpers gewesen ist, selbst wenn er das während des ganzen Lebens nur während einer Minute gewesen ist. Die Liebe wird jenem, der während zwanzig Jahren ein Instrument für den Energiekörper gewesen ist, keine bessere oder höhere Position einräumen, als jenem anderen, der es bis zum Tode nie gewesen ist. Die Einladung heisst, ein Instrument zu werden. Man kann den Lichtregler, den Dimmer im Zeitraum einer einzigen Sekunde oder innerhalb von zwanzig Jahren aufdrehen. Auch eine einzige Sekunde vor dem Tode reicht. Erleuchtung ist keine Zeitfrage. Erleuchtung ist eine Frage des sofortigen Seins! Vertrauen ist etwas sehr mystisches; es geht nicht um Vertrauen in ein Objekt, in das Bild irgend eines Gottes, nicht um eine konfuse, romantische Idee. Vertrauen heisst einfach, jede Erfahrung wegzulassen. 72 Lässt man auf der psycho-spirituellen Ebene die Erfahrung weg, entsteht Wachstum, Entfaltung. Es entsteht Entfaltung, nicht Entwicklung. Während der Metamorphose wird eine Raupe zum Schmetterling. Sie macht dabei keine Entwicklung durch. Die Raupe ist ein Wesen mit dem Potental eines Schmetterlings, von allem Anfang mit beiden Erbanlagen ausgestattet. Die Raupe verpuppt sich und nach einiger Zeit schlüpft der Schmetterling einfach aus der Puppe aus. Das ist nicht Entwicklung, das sind keine Stufen, das ist Entfaltung. Körper/Mind ist wie eine Raupe. Der Schmetterling ist der Energiekörper. Vom Standpunkt von Körper/Mind aus gesehen, mag es als ungerecht erscheinen, dass es unerheblich ist, ob jemand schon zu Beginn des Lebens oder erst in letzter Sekunde zum Schmetterling wird. Die psychospirituelle Ebene befasst sich aber nicht mit der Gerechtigkeit von Körper/Mind. Auf dieser Ebene ist nur wichtig, ob die Entfaltung geschieht oder nicht. Ist jemand zu einem Instrument für Körper/Mind geworden, steht er vielen Fallen gegenüber. Die Fallen sind Ideen von Macht, von Überbewusstsein. Man mag meinen, man sei jetzt mehr wert als andere. Für viele Leute ist es darum vielleicht sogar gefährlich, schon früh in ihrem Leben zu einem Instrument, bewusst zu werden. Die Gefahren sind naturgemäss geringer, wenn diese Metamorphose erst zum Ende des Lebens geschieht. Man kann auch das nicht zeitlich werten. Vertrauen hat mit Zeit nichts zu tun. Wie nun kommt man ohne intellektuelles Konzept zu Vertrauen? Wie kann man sich ohne die Einmischung des Mind führen lassen? Am Beispiel von Healing ist die Antwort, dass der Heilende sich total hineingibt, ohne irgendein Resultat in irgendeiner Richtung zu erwarten. Jede Resultaterwartung ist Bezogenheit auf das Ego: !Syntaxfehler, « Erwartungslosigkeit schliesst Freude über eine tatsächliche Heilung in keiner Weise aus. Wie nun kommt man im täglichen Leben dazu, dass man sich führen lassen, jede Erfahrung und damit jede Form von Zeit schlicht weglassen kann? Wie kommt man zu Vertrauen? Stellt euch einmal vor, ihr seid in irgend einer grossen Stadt, vielleicht in London, New York, Bombay oder Athen, wo wirklich viel Betrieb ist. Hier ist immer irgendwo ein Stau. Immer ist Lärm. Immer sind zu viele Leute da. 73 Ihr sollt in dieser Stadt irgendwo hingehen und dort eine Aufgabe erfüllen. Ihr sollt diese Aufgabe auch innerhalb einer bestimmten Zeit erledigen. Was passiert nun? Welche sensorischen Mittel müsst ihr nun voll aktivieren? Das sind sicher die Auge. Ihr wollt vermeiden, dass ihr laufend andere Leute stösst. Je rascher ihr geht, je kürzer die zur Verfügung stehende Zeitspanne wird, desto besser müsst ihr schauen. Euer gesamtes Nervensystem muss hellwach sein, damit ihr eure Bewegungen richtig steuert während ihr durch die Strassen geht, euch durchschlängelt durch die vielen Leute hindurch. Eine andere Fähigkeit wird weit weniger gebraucht: Das Hören. Umgekehrt: Setzt euch in der Vorstellung in absoluter Stille auf einen Berghügel. Ihr müsst nirgends hin. Ihr habt weder eine objektive, noch eine zeitliche Zielsetzung. Welches sensorische Instrument wird seine Funktion verstärken? Nach einiger Zeit des Sitzens habt ihr das Panorama in euch aufgenommen, habt ein inneres Bild davon gewonnen. Es gibt nichts mehr Neues zu schauen. Die Augen werden weniger gebraucht. Das Gehör wird dafür immer intensiver. Haben Leute, die zielorientiert sind, wohl ein weniger gutes Gehör, als Leute, die das nicht sind? Das ist zwar eine im Moment nicht überprüfbare Hypothese, aber vielleicht ist der Grund für die weniger gute Hörfähigkeit bei den Menschen des Westens weniger auf den Stadtlärm, die vielen Autos, die laute Musik zurückzuführen, als auf das ununterbrochene Ausgerichtetsein auf Zeit- und Zielvorgaben. Wer auf Ziel- und Zeitvorgaben ausgerichtet ist, kann nicht wirklich hören. Der Grund ist einfach und jederzeit überprüfbar: Hört man ganz intensiv, entsteht sukzessive mehr Stille und Aufmerksamkeit. Schaut man dagegen mit ähnlicher Kraft, entsteht dadurch eine erhöhte sensorische Aktivität. Hören erzeugt im Gerhirn immer Alphawellen, während Schauen Wachheit fördert. Das Gehirn wird also durch Hören entspannt und durch Schauen aktiviert. Man kann sogar sagen, dass Schauen die Ich-Empfindung fördert, während Hören einer Depersonalisierung Vorschub leistet. Ein Beispiel: Ich behaupte, dass der erste Eindruck von einem Menschen, den man antrifft darüber entscheidet, ob man ihn sympathisch findet oder als ungenügenden Partner für einen taxiert. Wenn man nur die Stimme eines Partners hört, seine Energie spürt, wird man zu einem ganz anderen Schluss kommen. 74 Das schliesst nicht aus, dass es auch Leute gibt, deren Stimme allein bei uns schon Abwehr auslöst. Aber ich behaupte, dass dies viel weniger oft passiert, als bei visuellem Kontakt. Der über die Augen aufgenommene Eindruck ermöglicht ein klares Urteil. Schauen begünstigt Konzentration und Intellektualisierung. Schauen fördert die Empfindung des Ich. Wir brauchen diese Fähigkeiten zum Überleben auf der biologischen Ebene und trotzdem ist es eine Tatsache, dass durch Schauen nicht Stille und Aufmerksamkeit hervorgerufen werden. Im Hinblick auf eine Inselreise vor die Wahl gestellt, einen Videofilm oder eine Musik-CD mitzunehmen, würde wenigstens ich mit Sicherheit Musik wählen. Irgend einmal hat das Gehirn die Bilder so sehr in sich aufgenommen, dass neue Aspekte, neue Anregungen nötig sind. Die Empfindung der Musik kann auf Grund der Situation, in der man gerade steht, wie man sich fühlt, so stark variieren, dass man Musik immer wieder neu hören kann. Vertrauen, durch die Absenz von Erfahrung zustande gekommen, basiert auf Hören. Hören kann man nicht, solange man sich mit Erinnerung beschäftigt, während Schauen unter Verwendung von Erinnerungen durchaus möglich ist, Vergleiche und Bewertungen überhaupt erst erlaubt. Hören ist die direktest mögliche Art von Präsenz. Buddha hat gelehrt, dass die Schulung des Ohrs entscheidend sei. Das ist der Grund, warum in einem Zweig des Buddhismus die Kunst des Hörens speziell geübt worden ist. Interessanterweise haben Musiker, unter ihnen vor allem Dirigenten, die höchste Lebenserwartung unter allen Berufen. Das Gehör ist ein Energieempfänger. Hören schafft Energie. Anders gesagt: Die Chance, dass Körper/Mind optimal funktioniert, ist mit Vertrauen, aus dem Hören, höher, als dort wo man sich hauptsächlich mit Vergangenheit und Zukunft befasst. Was soll ein Wissen nützen, dass ein Teil meiner Schwächen auf die Schwächen meiner Mutter zurückzuführen seien, die sie ihrerseits angeblich als Karma aus ihrem letzten Leben mitgebracht hat? Ich kann auch hören ohne derartiges Wissen. Um hören zu können, brauche ich keinerlei vorgängiges Verständnis! Die erste sensorische Funktion bei einem Fötus ist das Gehör. Die letzte noch funktionierende sensorische Funktion bei einem Sterbenden ist das Gehör. 75 Hören ist das Tor zur anderen Dimension. Heilen heisst hören, vertrauen. Heilung geschieht wenn Zeit absent ist und das wieder bedeutet die Absenz von Körper/Mind. Der Begriff Verstehen umfasst nicht intellektuelles Begreifen, verstandesmässiges Wissen. Verstehen umfasst Weisheit. Man hat jemanden ein Stück weit in sich aufgenommen und man versteht ihn plötzlich. Englisch lässt sich das leichter ausdrücken: Es geht nicht um knowing (Wissen), sondern um understanding (Verstehen). Der deutsche Sprachgebrauch kennt diese Differenzierung nicht und daher besteht immer die Gefahr der Vermischung von zwei Dingen. To understand bedeutet, jemanden anders anzunehmen, aufzunehmen, ihn zu erkennen. To know heisst einfach, einen dargelegten Ablauf nachvollziehen zu können. Das ist nicht verstehen. Ein Buch kann man nicht verstehen. Man kann ein Buch lesen, daraus lernen und die Aussage wissen. Healing ist die Kunst echten Verstehens. Verstehen ist unabhängig davon, ob man die Aussage eines Partners auch weiss und begreift. Jemand kann eine der eigenen völlig entgegen gesetzte Meinung vertreten. Trotzdem kann man ihn verstehen. Beziehung beruht nie darauf, dass zwei Leute die gleiche Idee vertreten, die gleiche Meinung äussern, das gleiche Wissen haben. Beziehung beruht auf gegenseitigem Verstehen. To understand each other! Hören erzeugt Verstehen. Wirkliches Hören ist das einzige Mittel, um jemandes wirkliche Meinung zu erfassen. Erklärt ein Politiker in einer Rede ein bestimmtes Konzept, kann man es anschliessend wohl kennen, darüber intellektuell reflektieren und eine Meinung dafür oder dagegen entwickeln. Möchte ich den Sprecher aber wirklich verstehen, benötige ich auch sein Stimmvolumen, seinen Sprechrhythmus. Vielleicht spricht er nur aus dem Kopf heraus, formuliert er in Angst, ohne dahinter zu stehen. Vielleicht hat seine Aussage mit seinem wirklichen Wesen gar nichts zu tun. Ähnliches lässt sich bei Healing über ein Energiesystem und einen Körper/Mind aussagen. Man muss die gesamte zur Verfügung stehende Energie hören und verstehen. Es reicht nicht, von einer zu behebenden Funktionsbehinderung auszugehen. Wenn Hören Vertrauen schafft und Vertrauen ein Weisheits- und Verständnisprozess ist, wird die höhere Wichtigkeit des Energiekörpers gegenüber Körper/Mind offensichtlich. 76 Trifft während des Healings der Energiekörper des Heilenden auf jenen des Klienten, werden beide aktiviert. Dadurch wird die Funktionsfähigkeit von Körper/Mind nicht notwendigerweise verbessert. Trifft aber Energiekörper auf Energiekörper, wird Mitgefühl aktiviert. Mitgefühl wird nie unabhängig von einer anderen Energiekörperstruktur entstehen. Es entsteht kein Mitgefühl, wenn man isoliert zu Hause in seinem Kämmerchen sitzt. Mitgefühl ist eine aktive Übertragung von Energiekörper zu Energiekörper. Das wichtigste während einer Healingsitzung ist die Aktivierung des Mitgefühls. Dann kann Gesundheit entstehen, selbst wenn der Körper/Mind durch das Healing nicht funktionsfähiger wird. Gesundheit bedeutet das Bewusstsein, ein Instrument des Energiekörpers zu sein. Und es spielt keine Rolle, ob dieses Bewusstsein erst im Moment des Todes aufscheint. Schauen wir einmal genau und untersuchen wir, was über diesen Zusammenhang in der Bibel steht. Erlösung von Sünde in der christlichen Mythologie ist nichts anderes als die Erlösung von Körper/Mind. Körper/Mind ist nicht erlöst, solange er nicht zu einem Instrument des Energiekörpers geworden ist. Das ist der Symbolinhalt von Reinkarnation, von Karma, vom Rad von Geburt und Wiedergeburt. Solange Körper/Mind nicht zu einem Instrument wird, sich nicht zum Schmetterling entfaltet, wird er, symbolisch, immer wieder neu geboren. Heilung im Sinne einer Übertragung von Energiekörper zu Energiekörper, die Aktivierung von Mitgefühl ist der Weg, wie der zu Heilende zu einem neuen Bezug zu sich selbst kommen kann. Die Beziehung zu Qualität und Seele entscheidet über den Gesundheitszustand. Gesundheit mag sich durch ein vorbehaltloses Ja zu seinem eigenen Tod äussern; man weigert sich nicht, wehrt sich nicht, hat keine Angst davor. Gesundheit ist von der Funktionsfähigkeit von Körper/Mind durchaus unabhängig. Mitgefühl ist nicht eine Funktion von Körper/Mind. Mitgefühl ist eine Explosion von Licht. Am Anfang war Licht, obwohl einige Bibelübersetzungen das Wort an den Anfang stellen. Kein Wort kann ohne Hören vernommen werden und Hören basiert auf Schwingung, auf Licht. Mitgefühl ist der Anfang und das Ende von Licht. 77 Potential, Mitgefühl, Sein: Der Charakter der Qualitätsaura 11. Oktober 1994 Gestern haben wir festgestellt, dass immer dann Mitgefühl entsteht, wenn ein Energiekörper auf einen anderen Energiekörper trifft. Dies bleibt eine schöne Aussage, wenn man sie nicht noch genauer erklärt und belegt. Für eine genauere Erklärung muss man nach einem Weg suchen, die Qualitätsaura zu beschreiben. Der Energiekörper besteht ja aus dieser Qualitätsaura und dem was man Seele nennen kann. Für den Healingprozess ist im Moment nur die Qualitätsaura wichtig. Was aber ist das? Die Qualitätsaura ist eine Schwingung, die man bei allen Menschen sieht. Sie kann bei einer Geburt als erstes beobachtet werden. Sie verschwindet als letztes, wenn jemand gestorben ist. Diese Schwingung, ausserhalb dem feinstofflichen Körper, hat eine ganz bestimmte Intensität, welche während der Dauer eines Lebens auf der einen Seite weiter erhöht werden kann. Man kann auf der anderen Seite beobachten, dass diese Schwingung nie, auch nicht durch sogenannte negative Taten, von ihrer Intensität verliert. Sie behält ihre Intensität mindestens bei. Diese Beobachtung sagt aus, dass nichts mehr verloren gehen kann, was dort je bewusst geworden ist. Was ist denn diese so wichtige, offensichtlich am Anfang und am Ende bewussteste Schwingung, die mit der Seele verknüpft, nicht vergänglich und nicht mit Zeit und Raum verbunden ist? Die meisten Leute definieren Qualität als eine spezielle Begabung oder Fähigkeit. Das sind persönliche Dinge, die bis zu einem gewissen Grad durch Leistung, durch Entwicklung erreicht werden. Stellen wir uns jemanden mit starker Begabung für das Spiel der Violine vor. Damit diese Fähigkeit zum Tragen kommt, braucht die Person neben einem gut entwickelten Musikgehör auch eine technische Begabung und Vorliebe für dieses spezielle Instrument. Wären diese Begabungen nun direkter Ausdruck der Qualitätsaura, könnte vermutlich die Mehrzahl der Menschen auf der Erde nie das tun, wozu sie Begabungen haben. Was würde man mit einem Menschen in Somalia mit der gleichen Begabung machen, wo es weder Violinen und Musikschulen, noch andere Möglichkeiten gibt, mit dieser Qualität einen tieferen Bezug aufzunehmen? 78 Auf Grund der Umweltsitutation dieser Person würde sich diese Qualität nie manifestieren können. Pseudoesoteriker würden sich vielleicht mit der Erklärung behelfen, dass die Qualität wegen eines Missbrauchs im letzten Leben nicht gebraucht werden dürfe und die Person darum in Somalia geboren worden sei. Ihre Bestimmung, Körper/Mind als Instrument zur Verwirklichung des Energiekörpers zu brauchen, wäre ihnen in diesem Leben als Strafe verwehrt. Das ist grausame Pseudoesoterik ohne Barmherzigkeit und Liebe. Diese Interpretation soll die Aussagen mit dem eigenen Weltbild in Einklang bringen. Taucht irgendwo ein Widerspruch in der eigenen Philosopie auf, müssen die Aussagen angepasst und zurechtgebogen werden. Nehmen wir nun aber an, der oder die Musikbegabte sei im Westen in eine Familie mit der nötigen finanziellen Grundlage hineingeboren worden, bekomme den richtigen Unterricht und werde eine gute Musikerin oder ein guter Musiker. Wie lang wird jemand einen vielleicht über Wettbewerbe erworbenen Ruf als hervorragender Musiker auf Grund von Begabung allein erhalten können? Diese Frage lässt sich anhand von Musikerbeispielen aus der Popwelt noch besser betrachten als bei Künstlern aus der trägen Welt der Klassik. Wir behaupten, dass jemand seinen Ruf, selbst mit optimal geförderter Begabung, nur dann auf Dauer erhalten kann, wenn auch die Wesenszüge der Qualitätsaura mitschwingen können. Die Qualitätsaura kann nicht mit Begabung gleichgesetzt werden. Die Fähigkeit, die Aura sehen zu können, hat nichts mit der Qualitätsaura zu tun. Ein guter Heiler, eine gute Therapeutin zu sein, hat nichts mit der Qualitätsaura zu tun. Diese Fähigkeiten können durchaus über die Förderung der entsprechenden Begabung entwickelt worden sein. Wenn die drei Wesenszüge der Qualitätsaura nicht spürbar sind, behaupten wir, wird trotz grosser Begabung niemand eine Praxis über längere Zeit führen können. Jede Tätigkeit, die nur auf Begabung, auf guter Technik, zum Beispiel auf gutem Musikgehör beruht, wird rasch verflachen, unterliegt einer Gewöhnung, wirkt kalt. Das folgende Beispiel aus der modernen Technik zeigt einen ähnlichen Mechanismus auf: Die digitale Tonaufnahme und die CD ermöglichen eine perfekte Wiedergabe von Tonelementen. 79 Schon früh nach der Erfindung der Technik, begann man, in die Aufnahmen Fehler einzubauen, weil man bemerkt hatte, dass eine CD ohne Unregelmässigkeiten oft als kalt eingestuft wird; es fehlt ein Gefühlsinhalt. Speziell bei Aufnahmen aus der klassischen Musik hat man versucht, diese Kälte durch minimale Frequenzunregelmässigkeiten zu eliminieren. Grosse Untersuchungen haben ergeben, dass Leute, die zwischen einer perfekten Aufnahme mit kalter, glasklarer Musik und einer Wiedergabe mit den kleinen Veränderungen wählen können, der CD mit den Frequenzvariationen den Vorzug geben und sagen, die Musik wirke wärmer. Mozart in der einen Aufnahme wird als wärmer empfunden, als Mozart auf einer anderen CD. An diesen Unterschieden sind nur die eingebauten Unregelmässigkeiten schuld. Jede Begabung verliert ihr Feuer, wenn die Qualitätsaura nicht mitarbeitet. Es ist daher sinnlos, aus der Qualitätsaura eine spezifische Begabung herauslesen zu wollen. Begabungen werden durch das Wesen der Qualitätsaura intensiviert, ausgedrückt, überhaupt manifest. Aber die Qualitätsaura ist nicht mit Begabungen identisch. Welches sind die Wesenszüge der Qualitätsaura, zuständig für die Manifestation von Begabungen? Wir nennen sie Potential, Mitgefühl und Sein. Daher haben wir auch sagen können, dass Mitgefühl schöner blühen wird, wenn Ernergiekörper auf Energiekörper trifft. Potential, Mitgefühl, Sein. Was bedeutet Potential, was ist das? Die Bedeutung des Wortes im normalen Sprachgebrauch ist Leistungs- und Wirkungsfähigkeit, etwas noch nicht manifest Vorhandenes. In der psycho-spirituellen Definition ist Potential etwas nie Endendes, endlose Wachstumsmöglichkeit. Potential kann kein Ziel enthalten, weil dadurch ein Endresultat vorgegeben wäre. Evolution ist Potenital ohne Ende. Die Qualitätsaura, die unsterblich ist, enthält ein unendliches Potential zur Intensivierung. Der Begiff Erleuchtung wird oft völlig falsch interpretiert. Die meisten Leute übersetzen Erleuchtung mit Angekommen sein. Erleuchtung ist jedoch vielmehr die Wahrnehmung, dass nichts je zu Ende gehen wird. Hat man dies in seiner Tiefe ein bisschen erspürt, könnte man Potential auch mit Vergebung oder mit Barmherzigkeit übersetzen, denn wie immer das Verhalten sein wird, man wird nie aufgeben. 80 Bräuchte man symbolisch auch fünfzig, hundert, tausend oder dreihunterttausend Leben, um die Qualitätsaura zu erkennen, würde es eigentlich niemandem etwas ausmachen. Potential ist endlos. Trotz aller Fehler und Schwächen, trotz falscher Erziehung, trotz Schmerz und Elend enthalten alle sämtliche Möglichkeiten des Universums. Vielleicht meint die christliche Religion mit dem Symbol des Opfertodes von Jesus, dass in jedem Fall, auch im schlimmsten Fall mit dem Tod, mit der Aufgabe von Körper/Mind, die Erlösung stattfindet. Potential, nie endende Möglichkeit, ist die eigentliche Erlösung. Hat man einmal wahrgenommen, dass nicht der Körper oder ideologische Denksysteme wichtig sind, dass im Gegenteil Potential, diese endlosen Möglichkeiten die Gegebenheiten des Lebens sind, sieht man sich selbst und alle anderen in völlig neuem Licht. Durch diese Wahrnehmung entsteht eine Revolution im Inneren des Gehirns, nicht aussen, in der Umwelt. Eine äussere Revolution hat noch nie etwas verändert. Das über das Denken veränderte Bewusstsein verursacht die Revolution. Diese Revolution bringt die Auseinandersetzung mit den neuen Möglichkeiten des Endlosen und deren Integration und mit ihr verändert sich die Denkstruktur. Nun kann durch die Wahrnehmung der neuen Möglichkeiten ein echter Paradigmawechsel geschehen. Wenn man sich bewusst geworden ist, dass trotz aller Widerwärtigkeit, die einem entgegenstehen mag, immer das Potential, die endlose Möglichkeit, für einen da ist, erlebt man sich nicht mehr als Körper/Mind, auf eine Zeit von sechzig, siebzig Jahren begrenzt. Selbst im Alltag ist jede Begrenzung verschwunden, und die kleinen Alltagssorgen haben einen völlig anderen Stellenwert erhalten. Die Taoisten haben schon gesagt, dass man sich jederzeit, in jeder Sekunde, in jeder Situation entscheiden kann. Diese Entscheidungen sind aber tatsächlich nur dann immer möglich, wenn man sich auf das Potential besinnt. Die Idee, man könne keine Entscheidung treffen, man sei einfach ein Spielball, von der Umwelt oder von irgendwelchen Geistern abhängig, ist Lüge und bequemer Grund, um sich vor der Auseinandersetzung mit sich selbst und der Qualitätsaura zu drücken. Entscheiden zu können heisst, für neue Möglichkeiten offen zu sein, anzuerkennen, dass es neue Möglichkeiten überhaupt gibt. Sitzt man im Gefängnis, kann man sich so oft man möchte, vorsagen, heute würde man in die Freiheit marschieren; man kann nicht. 81 Die Türe ist verschlossen. Sitzt man aber nicht mehr im Gefängnis, ist die Identifikation mit Körper/Mind ausgestanden, dann hat man immer und ununterbrochen jede Wahlmöglichkeit. Erkennt man die Wahlmöglichkeit, ist man sich seines Potentials, der endlosen Möglichkeit bewusst, ist Vitalität und Perspektive entstanden. Eine der schönsten Figuren der Weltliteratur, welche Potential symbolisieren, ist Zorbas. Jedesmal, wenn etwas schief gelaufen ist, ergeben sich neue Möglichkeiten. Darum hat Zorbas seine Niederlagen nie so ernst genommen. Unsere Gesellschaft hat eine andere Tendenz. Wenn immer etwas schief läuft, analysiert man die Gründe, verteilt Schuld und versinkt in Selbstmitleid statt sich auf das Potential auszurichten. Das Potential, die endlose Möglichkeit, ist Freiheit. Man kann nicht existieren ohne Potential, diesem ersten Wesenszug der Qualitätsaura. Man hat uns gesagt, man erschaffe sich sein Leben selbst; das stimmt für alle diejenigen, die sich der Qualitätsaura, der endlosen Möglichkeit bewusst sind. Dann bezieht man sich nicht auf Gestriges, auf die Vergangenheit, sondern darauf, was als weiteres möglich ist. Damit haben Fehler nicht mehr den riesigen Stellenwert wie bei jemandem, der die Qualitätsaura ignoriert. Viele Esoteriker rümpfen die Nase, wenn von Sport die Rede ist. Gerade vom Sport kann man aber sehr viel lernen. Wäre nämlich ein Fussbalteam aus durchschnittlichen, normalen Klienten zusammengesetzt, die in die Therapie kommen, weil sie sich immer wieder selbst bemitleiden und die Qualitätsaura ignorieren, müsste das Spiel folgendermassen laufen: Trifft ein Spieler den Ball nicht optimal oder gibt einer nicht gut ab, würden sich alle auf den Boden legen, stampfen und schreien. Dann würden sie zusammen stehen und lautstark untersuchen, ob wohl die Vergangenheit, die Umwelt oder die Unfähigkeit der Mutter oder des Vaters schuld sei am Verfehlen des Tors. Die gegnerische Mannschaft hätte wirklich leichtes Spiel. Ein Team kann nur dann gut sein, wenn die Leute zusammenspielen, und dabei werden immer wieder Fehler entstehen. Nicht die Fehler sind entscheidend, sondern die sofortige Suche nach neuen Möglichkeiten, um das Tor doch noch zu treffen. Sportler haben oft einen guten Zugang zur Qualitätsaura, obwohl sie sich vielleicht dessen gar nicht so sehr bewusst sind. 82 Der erste Wesenszug der Qualitätsaura, das Potential, ist gewissermassen ein Geschenk des Universums, das man nur aufzugreifen braucht: !Syntaxfehler, « Nichts kann ein Gefühl vollkommenerer Gelassenheit und Ruhe vermitteln, als eben diese Tatsache. Der zweite Wesenszug der Qualitätsaura ist Mitgefühl. Was genau bedeutet Mitfühlen, dieses Teilen, dieser Dialog? Was ist Mitgefühl? Vielleicht ist es für das Verständnis der Bedeutung von Mitgefühl wichtig, kurz den normalen Ablauf unseres Liebeslebens zu untersuchen. Wir können sicher von zwei, drei einfachen gemeinsamen Beobachtungen ausgehen. Die erste: Es ist vergleichsweise einfach, jemanden zu lieben, so lange von der Seite des Partners die Bestätigung zurückkommt, dass man auch geliebt wird. Zweitens: Es ist ein bisschen schwieriger, jemanden zu lieben, wenn die Liebe nicht erwidert wird. Die eigene sogenannte Liebe schrumpft bald, wenn nichts zurückkommt. Und die dritte: Die ich-bezogene Liebe – dieser Ausdruck ist weder abwertend, noch bezeichnet er irgend etwas Schlechtes – wandelt sich dann in Angst und Aggression, sobald Widerstand auftaucht. Das Vorhandensein von Angst und Aggression zeigt, dass man seine Situation mit Vorstellungen aus Vergangenheit oder Zukunft vergleicht. Ich-bezogene Liebe nährt sich immer aus dem Verhalten. Wir alle haben unsere Eltern während mindestens der ersten drei Lebensjahre bedingungslos, vorbehaltlos geliebt. Mit der Zeit haben wir damit aufgehört. Je länger uns eingeredet worden ist, dass die Eltern für unseren Zustand verantwortlich seien, desto grössere Distanz haben wir zwischen uns und ihnen aufgebaut. Wir haben sie nicht deshalb weniger gemocht, weil wir keinen Bezug mehr zu ihnen gehabt hätten, sondern deshalb, weil wir begonnen haben, unsere Liebe von ihrem Verhalten abhängig zu machen. Diese Situation hat mit Mitgefühl nichts zu tun. Mitgefühl ist unabhängig von Verhalten. Mitfühlen, mit jemand anderem empfinden, geschieht nur ausserhalb einer Umgebung von Identifikation, von Erinnerung und abseits von jeder Vorstellung zukünftiger Gegebenheiten. Mitfühlen findet statt, sobald keine Bedingungen mehr gestellt werden. Man kann nicht mit jemandem mitfühlen, solange man nur ein Bild aus der Erinnerung hat statt einer direkten, neuen Erfahrung. Mitfühlen ist unabhängig von Verhalten, von Vergangenheit und Zukunft. Mitgefühl ist daher völlig unabhängig von Urteilen und Werten. Wo beurteilt wird, kann kein Mitgefühl sein. 83 Die christliche und die buddhistische Religion benützen in diesem Zusammenhang ein Wort, das dem Ausdruck Mitgefühl verwandt ist. Manchmal drückt es sogar das gleiche aus, wird allerdings oft missverstanden: Mitleid. Mitgefühl ist beides, Mitleiden und Mitfreuen. Man fühlt nicht einmal notwendigerweise mit einer Person. Mitgefühl kann sich auf ein Tier, die Erde, den Zustand einer Gruppe beziehen. Mitgefühl enthält ein Stück weit sowohl Trauer als auch Zuwendung. Mitfühlen bedeutet, dass eine Situation einen nicht gleichgültig lässt. Man steht einer Situation dann nicht gleichgültig gegenüber, wenn man ihr keinen Widerstand entgegensetzt und sie völlig an sich herankommen lässt. Mitgefühl ist ein vorbehalts- und bedingungsloses Verstehenwollen eines anderen und erwartet vom anderen keine Gegenleistung. Jede Erwartung und jede Bedingung ist zeitgebunden, unterliegt daher Geburt und Tod. Jede ich-bezogene Liebe birgt das Risiko, eine gewisse Zeit nach ihrer Geburt wieder zu sterben. Mitgefühl ist mehr als ichbezogene Liebe. Mitgefühl ist von der eigenen Situation, dem eigenen Bedürfnis, der eigenen Verhaltensweise losgelöst. Mitgefühl ist Umsetzung von Zeitlosigkeit. Eine Begabung wird erst dann richtig zum Ausdruck kommen können, wenn Mitgefühl mitschwingt. Der Unterschied zwischen dem Maler X und Chagall besteht nicht notwendigerweise nur in der Qualität der Maltechnik. Chagall lässt die Information der Qualitätsaura mitschwingen, das macht den Unterschied. Mitgefühl beim Schreiben eines Buches macht aus einem guten Job ein lebendiges Werk. Keine Begabung kann sich wirklich durchsetzen, wenn im Tun nicht Mitgefühl mitschwingt. Begabung wird sich durchsetzen, wenn sie Instrument dieses Wesenszuges der Qualitätsaura ist. Hat man diese Zusammenhänge erkannt, spürt man auch plötzlich den Unsinn in den Behauptungen, man müsse zuerst selbst Liebe erfahren, bevor man Liebe zu geben fähig sei, und man müsse alle seine Schwächen erst aufgearbeitet und akzeptiert haben, bevor mitschwingen möglich sei. Mitgefühl verlangt absolut kein Verständnis, kein Akzeptieren seiner selbst! Alle haben wir die Fähigkeit auf den Weg mitbekommen, mitzufühlen. Die Qualitätsaura und ihr Wesenszug des Mitgefühls sind weder an irgendwelche Geschichte noch an Inhalte gebunden. 84 Diese Tatsache ist es, die einen zur Ausführung ganz bestimmter Jobs in diesem Leben befähigt. Wenn ein Notfallchirurg im Laufe eines aufreibenden Zwölfstundentages vor einem lebenserhaltenden Eingriff zuerst den Zusammenhang seiner momentanen Laune mit seiner Vergangenheit, die Art der Projektionen gegenüber seiner Frau und den Grund, warum seine Beziehung nicht mehr wie früher läuft, herausfinden müsste, wäre an eine gute Leistung schlicht nicht zu denken. Es ist Mitgefühl, welches seine Vitalität, seine Energie beflügelt. Mitgefühl löst seine Leistung los von einem Streit, den er vielleicht eben durchgerungen hat. Wer Mitgefühl erst nach der Erfüllung von Bedingungen für möglich hält, betrügt sich selbst und ignoriert die Qualitätsaura. Richtig, es mag für die Pflege einer personenbezogenen Liebe wichtig sein, Verhaltensweisen, die der Partner nicht mag, anzupassen und Dinge zu verändern. Dazu braucht es einige Überlegung und Absprachen. Übereinkunft und Mitgefühl haben aber nichts gemeinsam. Ist diese Erkenntnis tief ins Gefühl hineingesunken, ist man vom eigenen Körper/Mindschema frei geworden und ist darum auch frei von der Idee, man müsse sich erst entwickeln. Der dritte Wesenszug der Qualitätsaura ist Sein. Welches ist der Prozess, den dieses Wort zu umschreiben versucht? Wir gehen hier einmal mehr nicht der Bedeutung des Wortes nach, sondern dem dynamischen Prozess hinter diesem Teil der Qualitätsaura. Sein bedeutet, nirgendwo anzuhaften. Sein bedeutet, sich nicht mit Interpretationen aus seiner Geschichte zu identifizieren, heisst von der Sucht frei zu sein, Inhalte zu schaffen und keinen Versuch einer Definition seiner selbst zu unternehmen. Jede Definition wird zu einem psycho-spirituellen Gefängnis. Das merken oft auch diejenigen nicht, welche an Reinkarnation glauben. Nehmen wir an, Reinkarnation sei eine Realität. Benutzt man nun als seine Definitionsmittel den Körper, seinen Beruf, den gesellschaftlichen Stand und die vertretenen Ansichten, also alles, was man im jetzigen Leben darstellt, müsste man doch eigentlich auch Körper, Beruf, Stand und Ansichten aus dem letzten und vorletzten und vorvorletzten Leben, die in mir doch auch jetzt noch in irgendeiner Form enthalten sind, berücksichtigen. Alles dies bedeutet Anhaften an Bilder, an Ideologien, Vorschriften und Hoffnungen. 85 An Begabung anzuhaften, ohne die Qualitätsaura einzubeziehen, verhindert Sein. Jedes Anhaften an Gefühle, Ideen, Meinungen, Schlussfolgerungen verhindert Sein. Noch einmal ziehen wir das Beispiel Fussball zur Verdeutlichung heran: Eine Mannschaft, so sie nach dem Muster vieler Sekten mit ihrer esoterischen und psychologischen Denkart funktioniert, würde spätestens nach dem ersten Tor das Spiel abbrechen wollen und lautstark dessen Ende fordern, denn sie hätte gesiegt. Anhaften verhindert Wachstum. Anhaften widerspricht nicht nur dem Sein, sondern auch den anderen beiden Wesenszügen der Qualitätsaura, dem Potential und dem Mitgefühl. Buddha verurteilte seine Eltern ihres Königreiches wegen nicht. Er wusste, dass Anhaften nichts mit der materiellen Welt zu tun hat. Man braucht sicher nicht unbedingt tausend Rolls-Royces zu besitzen. Es macht aber auch nichts aus, wenn man tatsächlich so ein Auto hat. Den Exponenten der Kirche aber ist es bestens gelungen, ihre Macht durch diese Verbindung zu festigen. Wer an seiner Körper/Mindstruktur anhaftet, kann die Qualitätsaura wirklich nicht erleben. Körper/Mind ist kein Element des Seins, sondern ist begrenzt in Raum und Zeit. Sein ist immer mehr als Raum und Zeit. Anhaften ist immer nur in Bezug zu Körper/Mind möglich. Auch die schönste esoterische oder religiöse Idee bleibt eine Idee und ist daher vom Mind abhängig. Man kann den schönsten Gedanken nicht ohne Interpretation durch den Mind denken. Gibt man auswendig gelernte Sätze sehr gut wider, kann man Zuhörern durchaus die Idee vermitteln, es handle sich beim Gesagten um Wahrheit. Haftet man nirgendwo an, wird man sich in einem fortlaufenden Prozess ausdrücken, frei sprechen. Auswendiglernen und Erinnern schaffen die Illusion von Wahrheit. Healing kann nicht funktionieren, solange der Heilende irgendwo anhaftet, solange er meint, er besässe die Wahrheit. Sein hat nichts mit Wissen zu tun. Wenn das Wesen der Qualitätsaura, Potential, Mitgefühl und Sein in einem Prozess zusammenkommen, beginnt Liebe zu fliessen. Diese Liebe ist nicht ich-bezogen, sondern umfassender. Sie ist nicht objekt-, sie ist subjekt-bezogen. Nicht einmal der Begriff bezogen ist mehr richtig, denn diese Liebe ist auf nichts mehr bezogen, sondern strahlt einfach, wie eine Sonne. Die Frage ist nicht mehr, ob man für jemanden genug leuchte. Man leuchtet einfach und jedermann darf sich in diesem Licht bewegen. Das ist bedingungslose Liebe. 86 Potential, Mitgefühl und Sein werden in dem Masse intensiviert werden, als ich die Anhaftung an meine Persönlichkeit aufgebe. Das ist eine Form täglichen Sterbens. Erlösung meint, dass jedermann irgendwann einmal die Persönlichkeit aufgeben wird. Da die Qualitätsaura keine Bedingungen stellt, muss das nicht unbedingt bereits im Lauf dieses Lebens, wird aber spätestens beim Zerfall von Körper/Mind, beim Verlust der Funktionsfähigkeit geschehen. Daraus ist ersichtlich, dass die Qualitätsaura als einziges reinkarniert. Kein Wesen wird sich in Körper/Mind manifestieren, das nicht Potential, Mitgefühl und Sein hätte, da dies Menschsein an sich bedeutet. Nur die Qualitätsaura reinkarniert. Kein persönliches Muster, weder Körper, noch Mind werden wiederkommen, aber die Qualitätsaura, die Essenz des Universums reinkarniert mit Sicherheit. Darum kann man sagen, dass Heilen durch das Aufgeben der Persönlichkeit zustande kommt. Wenn jemand stirbt, wird er von der Körper/Mindproblematik geheilt. Kann jemand täglich sterben, täglich die Persönlichkeit aufgeben, entsteht vorher schon Heilung. Nur Klienten und Heiler, die gemeinsam einen Weg zur Aufgabe ihrer Persönlichkeit finden, haben eine Heilungschance. Das ist die Beziehung zwischen Krankheit und Qualitätsaura. Als Krankheit bezeichnet man die Behinderung oder Unfähigkeit der Funktion von Körper/Mind. Beginnt sich die Qualitätsaura – Potential, Mitgefühl und Sein – zu manifestieren, transformiert sich Funktionsunfähigkeit. Heilung ist eine Leistung der Qualitätsaura. Wenn ein Körper nach Healingsitzungen wieder funktionsfähig geworden ist und man sich an den Heilungserfolg nicht anhaftet, nimmt man plötzlich die Wirkung von Healing auf die Psyche wahr. Die meisten Healingbehandlungen werden zuerst gezielt auf eine körperliche Funktionsbehinderung angesetzt. Eine Niere funktioniert nicht, Krebs ist manifest. Soweit ist Healing körperorientiert. Healing verlangt die Mitwirkung der Qualitätsaura, sonst hat es keine Chance auf Wirkung. Da die Qualitätsaura nicht an Körper/Mind gebunden ist, wird bei einem Healing natürlich auch die psychische Ebene aktiviert. Diese Aktivierung der psychischen Ebene nun bedeutet das Bewusstwerden der Qualitätsaura und der Seele. Die folgenden Sätze mögen für viele brutal tönen. Diese Möglichkeit ändert aber nichts an der Wahrnehmung, dass die Verbesserung der Funktionsfähigkeit eines Körpers wenig nützt, wenn die Wahrnehmung des Energiekörpers, der Seele ausbleibt. 87 Ein Krebspatient im Endstadium ist nicht dadurch gerettet, dass seine Krankheit noch für ein paar Monate oder Jahre stabilisiert werden kann. Ein Patient ist dann wirklich geheilt, wenn sich die Seele wieder ins Bewusstsein gebracht hat, selbst wenn es der Körper auch nur noch ein statt zwei weitere Jahre schafft. Psychosomatik beschreibt die Beziehung, den Dialog, zwischen Körper und Mind. Der Körper hat grossen Einfluss auf den Mind und umgekehrt. Psychosomatik hört auf, sobald sich der Energiekörper zu manifestieren beginnt. Wenn jemand erkennt, dass nicht diese Beziehung, sondern jener andere Dialog zwischen Körper/Mind einerseits und dem Energiekörper andererseits entscheidend ist, entsteht wirkliche Heilung. Damit erhält jedes Healing, das durch die Qualitätsaura gegeben wird, seine eigene Dynamik, die nicht unbedingt zur Rehabilitation des Körpers führt. Wenn das Ziel die Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Körpers ist, kann man sich oft nur auf Wunder verlassen. Da Wunder relativ selten sind, müssten sich alle Healer in der Mehrzahl der Fälle als Versager erleben. Die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit von Körper/Mind ist keine Frage der Begabung oder der Intensität des Kontaktes mit der Qualitätsaura. Die erste Frage ist, ob die Aktivierung des Energiekörpers der anderen Person möglich ist. Selbst wenn dies gelingt, bleibt offen, ob der Klient tatsächlich möchte, dass sein Körper wieder besser funktionsfähig wird. Wenn jemand achtzig Jahre alt und krank ist, aber die Qualitätsaura und die Seele erkannt hat, wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr weitere hundert Jahre leben wollen. Wir sind lebensversessen und haben den Körper zu einem Kultgegenstand erhoben. Wir sind völlig auf Lebenserhaltung ausgerichtet. Wir erfinden die komplexesten Apparaturen, damit ein Körper auch noch im Koma am Funktionieren erhalten werden kann. Unser ganzes Tun ist auf Körper/Mind fixiert. Mehr Leute gehen ins Bodybuilding, zum Aerobic und in andere körperorientierte Trainingsstunden, als sich mit ihren Möglichkeiten, ihrem Potential, Mitgefühl und dem Sein auseinandersetzen. Es ist nichts falsch mit Körpertraining. Es ist auch nicht an diesen Leuten, zu merken, worum es geht. Diejenigen Leute aber, die immer behaupten, sie hätten eine höhere Stufe erreicht, sie würden verstehen, dass es um mehr, als um den Körper gehe, an diesen Leuten liegt es, die Botschaft hinauszutragen. 88 Hinaustragen heisst nicht predigen. Hinaustragen heisst, seine Qualitäten zu leben. Anziehung entsteht, wenn die Qualitätsaura bewusst wird. Wenn man dies so untersucht, kommt man zu einem einfachen Schluss: Zwischen Healing und Meditation besteht kein Unterschied. Healing ist Meditation und Meditation ist Healing! Jede Begabung beginnt nur dann zu leben, wenn das Leben aus Meditation, aus der Stille des Seins heraus, aus dem Mitgefühl und aus dem Potential erblüht. Die Art der Begabung spielt überhaupt keine Rolle. Es mag sich um eine Begabung für Healing, für den Handel, für Hilfe durch ärztliche Kunst, für ein Handwerk, für Kunst handeln. Es braucht so wenig dazu, seine Begabungen zu leben. Es braucht lediglich die Absenz der eigenen Geschichte und ihren Inhalten. 89 Klarheit, Reinheit, Aufrichtigkeit 10. Dezember 1995 Ausserkörperliches Heilen ist nicht nur die Verwandlung einer Raupe in einen Schmetterling, gleichzeitig ist es ein Versuch, sich dem Tao anzunähern. Der feinstoffliche Körper besteht aus dem Ätherkörper, der emotionalen und mentalen Aura und der Qualitätsaura. Je mehr Ausdehnung, höhere Schwingung entsteht, desto mehr wird der feinstoffliche Teil, Äther bis mentale Aura, absorbiert von der Qualitätsaura und wird dadurch zum Energiekörper, Qualitätsaura plus Seele, dem formlosen, taoistischen Prinzip. Je mehr sich Heilung dem Tao annähert, desto wahrscheinlicher ist eine Wirkung der Heilung. Allerdings handelt es sich nicht immer um eine Wirkung, die auf Dualität bezogen ist. Auch jemand, der zwanzig, dreissig Jahre meditiert hat und versucht hat, dem Energiekörper so nahe wie möglich zu kommen, eine intensive Beziehung dazu aufzubauen, kann unter Umständen noch durch eine Form einer Hölle gehen. Gestern nacht, ungefähr um zehn Uhr, rief mich ein Freund heulend an. Seine Frau – sie ist 45jährig, ich kenne sie seit zwanzig Jahren und sie hat zwanzig, dreissig Jahre mit Meditation und mit Healing gearbeitet – liegt bewusstlos wahrscheinlich in den letzten zwei, drei Tagen ihrer Krebskrankheit. Und er schilderte mir die letzten vier Tage... wie die Frau, die vorher bewusst mit ihrer Krebserkrankung und ihrem bevorstehenden Tod umging – als ich sie das letzte Mal vor ungefähr zwei Wochen traf, sprachen wir darüber und sie wusste, dass sie wahrscheinlich noch vor Weihnachten sterben wird – plötzlich, aus heiterem Himmel, ohne sich dagegen wehren zu können, wie in ein tiefes Loch fiel. Man kann das zum Teil zurückführen auf die Zerstörung des Cortex, also des neuesten Gehirnteils, durch den Tumor. Auf jeden Fall fing sie plötzlich an, sich zu verhalten wie eine Wilde. Sie schrie in ihrem Bett um sich, mit einer tiefen Stimme, derart, dass ihre zwei Kinder sich so ängstigten, dass sie es nicht mehr im Zimmer aushielten. Sie stiess Flüche und Verwünschungen aus, und immer wenn sie wieder ein wenig mehr bei Bewusstsein war, äusserte sie: dass stimmt ja alles nicht, es gibt ja gar kein Leben nach dem Tod, es gibt gar keinen Bezug zu Qualität, es gibt gar keinen Gott, das ist alles nichts anderes als eine sinnlose Zerstörung. 90 Sie geriet in einen furchtbaren Verzweiflungskampf. Es erinnerte mich an Jesu Worte, Herr, warum hast du mich verlassen. Und vorgestern, als ihre vierzehnjährige Tochter nach Hause kam, rief die Mutter sie ans Bett und bat die Tochter, eine Zeichnung für sie anzufertigen: du musst einen Tunnel zeichnen. Ihr müsst euch immer vorstellen, die Frau, halb bewusst, halb unbewusst, im nachhinein wusste sie nicht mehr, was sie zuvor gesagt hatte. Die Tochter zeichnete ihr den Tunnel und zeigte ihn ihr, worauf sie antwortete: dieser Tunnel stimmt nicht, da muss am Ende Licht sein, geh zurück und mach Licht. Und die Tochter verzweifelt, nicht verstehend, was das ganze solle, ging wieder, den Tunnel neu zu zeichnen, diesmal mit Licht am Ende, kam zurück zur Mutter und fragte, ob es so richtig sei. Und die Mutter sagte: ja, so ist es, schloss die Augen und fiel in eine tiefe Ruhe, ohne die Augen je wieder zu öffnen. Nur gestern morgen sprach sie noch einmal mit geschlossenen Augen zu ihrem Mann: jetzt habe ich das Licht wieder. Und sie wird mit Sicherheit im Verlauf der nächsten zwei Tage abhängen, sterben. Der Weg zum Energiekörper, zum Tao, zum Formlosen, auch wenn er theoretisch noch so bekannt ist, schliesst den Gang durch die Hölle nicht aus. Das Bewusstsein, der Mind, kann nur versuchen, sich so intensiv wie möglich darauf vorzubereiten, einen Bezug herzustellen. Nur, wie wir alle wissen, kann auch in der besten Beziehung zwischendurch die Beziehung unterbrochen werden, der Bezug verloren gehen. Heilung kann nie eine Garantie für Gesundheit sein. In vielen Fällen ist sie es, aber ganz zuerst einmal ist Heilung eine Vorbereitung für den Heiler, für die Heilerin und vielleicht auch für den Kranken, den Weg nicht aus den Augen zu verlieren, auch wenn die Hölle erscheint, nicht zu vergessen, dass irgendwo Licht ist. An sich ist die Hölle das Geformte, Dualität, Ambivalenz, die Reibung zwischen zwei Polen. Und das erste, was eine Heilerin aufgeben muss, um überhaupt heilend eingreifen zu können, ist die Unterscheidung zwischen gut und schlecht, zwischen krank und gesund, den Bezug zur Dualität. Der Energiekörper kennt keine Dualität, keine Wertung, keine Unterscheidung. Der Mind kann sich ohne Wertung, ohne Unterscheidung nicht orientieren. 91 Die Hölle, durch die diese Frau in den letzten vier Tagen gegangen ist, besteht im Zerfall der Orientierungsmöglichkeit auf der Körper/Mindebene und dem gleichzeitigen krampfhaften Versuch sich beispielsweise am Spirituellen zu orientieren. Der Energiekörper ist aber wertfrei, formlos und darum kann man sich an ihm nicht orientieren. Jedes Healing ist ein kleiner Sterbeprozess. Und je mehr man mit ausserkörperlichem Heilen arbeitet, umso grösser wird der Sterbeprozess für den Heiler, viel grösser als für den Kranken, der geheilt werden möchte. Wer mit Healing arbeiten kann, ist unheimlich privilegiert. Viel privilegierter als der Kranke. Und wer mit Healing arbeiten kann und dazu noch gesund ist, ist sehr privilegiert. Eigentlich sollte sich ein Heiler vor jedem Kranken tief verbeugen, nicht der Kranke vor dem Heiler. Keine Dualität heisst, dass der Energiekörper nie in seiner Ganzheit erfasst werden kann, solange Körper/Mind bewusst ist. Genau darin besteht die Schwierigkeit beim Übergang, bei der Transzendenz von Leben zu anderem Leben. Und auch Heilung funktioniert mit diesem Prinzip. Es ist wie mit einem Samenkorn, das alles an Potential enthält. Damit sich dieses Potential entfalten kann, muss aber das Samenkorn zuerst sterben. Es muss seine Form zuerst auflösen und während der Auflösung seiner Form, in diesem Übergang, entsteht zumindest für die Identifikation des Samenkorns Orientierungslosigkeit, ein Stadium der Formlosigkeit, eine Phase von nicht mehr werten und unterscheiden können. Dabei nützt es nichts, dem Samenkorn zu erklären, wenn du warten kannst, wenn du Geduld hast, wenn du diesen Schritt wagst, wirst du dich später als Früchte tragenden Baum wieder finden. Es nützt auch nichts, wenn man diesem Samenkorn Fotos seiner Vorgänger zeigen würde, welche zu Bäumen und Äpfeln wurden. Genauso findet der Mind offensichtlich keine Hilfe darin, immer wieder die Erfahrungen anderer zu hören, zu vernehmen, dass sein Auflösen zum Potential, zu einer Frucht führt, welche er sich im jetzigen Zustand gar nicht vorstellen kann. Buddhabewusstsein oder Christusbewusstsein oder Krishnabewusstsein, als Beispiele von Früchten, entstanden aus einem Samen, hat noch keinen Mind dazu verführt, sich einfach so aufzugeben, zu sterben. Deshalb hat die christliche Mystik das Symbol der Kreuzigung, des Sterbens des Leidens eingeführt. 92 Offensichtlich ist es für den Mind nicht möglich, einfach so, friedlich diese Transformation zum Baum zu vollziehen. Solange wie nur möglich, bleibt immer ein Teil bestehen, der sich wehrt, der sich in Kontrolle, Angst, Zweifel ausdrückt. Doch auch wenn letzlich immer ein wenig dieses Teils übrigbleibt, kann trotzdem immer mehr davon abgetragen werden, bis plötzlich, auf einen Schlag, dieser Wechsel stattfindet. Entweder, wie bei dieser Frau, durch den völligen Zerfall von Körper und Mind, oder ohne dass dies geschehen muss, umschrieben mit dem Begriff der Erleuchtung. Eine Transformation, die man nicht machen kann. Man kann nur den Widerstand, die Ängste, die Zweifel abbauen und irgendeinmal passiert es von selber. Der Mind kann es nicht machen. Transzendenz findet statt, wenn der Mind nichts mehr macht. Eine Heilerin hat also nichts anderes als dieses fantastische Privileg, durch die Übung des Heilens immer ein Stück mehr dieses natürlichen Prozesses des Minds, sich als Samenkorn zu identifizieren und erhalten zu wollen, abbauen zu können. Und immer wenn ein Stückchen abgebaut wird, entsteht ein Prozess von Heilung. Heilen kann allerdings auch in einer Routine erstarren und nicht jedes Healing baut ein Stück dieses Widerstands ab. Ist es zu einem Ritual und zu einer Routine geworden, wird nichts abgebaut. Das Abbauen des Minds nennen die Taoisten geistlos werden. Und nur dies aktiviert den Prozess der Heilung. Wird es nicht nur als sinnlose Routine betrieben, ist demzufolge jedes Healing eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper/Mind. Und jedes Healing wird dadurch zu einer Herausforderung für das eigene Bewusstsein, von vielfach grösserer Bedeutung als das Resultat des Healings. Der Energiekörper kennt keine Unterscheidung. Er unterscheidet daher auch nicht zwischen krank und gesund. Wer sich bei einem Healing, und vor allem gerade bei ausserkörperlichem Heilen, in die Rolle begibt, der Gesunde zu sein, welcher den Kranken behandelt, kann offenbar nicht sehen, dass beispielsweise diese Frau in ihren letzten Atemzügen viel gesünder ist als der gesunde Heiler, weil trotz des Verfalls von Körper/Mind ihr Bezug zum Licht schon viel stärker ist. Körper/Mind und seine Gesundheit ist keine Identifikation für Spiritualität. Dies ist ein verhängnisvolles Missverständnis oder vielleicht sogar eine böswillige Unterstellung, welcher einige Schulen und esoterische Leute anhängen. 93 Wäre Gesundheit des Körpers, Gesundheit des Minds gleichbedeutend mit dem Bezug zum Energiekörper, also je gesünder desto höher entwickelt, wäre beispielsweise der Dalai Lama nicht sehr entwickelt, da er eine Brille trägt. Zu behaupten, in einem gesunden Körper/Mind lebe eine gesunde Seele, ist eine Unterscheidungsarroganz des Minds. Jeder, der schon einen Sterbeprozess verfolgt und miterlebt hat, kann bestätigen, dass das schlicht nicht stimmen kann. Sehr oft ist es sogar so, dass Leute, die dem Licht nahe sind, deren Bezug zum Energiekörper stark ist, eher kränkelnd sind. Der Körper vermag diese enorme Kraft, diesen Power der formlosen Energie fast nicht zu tragen. Die Psyche, der Mind kann diese Ambivalenz zwischen dem Wahrnehmen des Bewusstseins, welches manche Leute das göttliche Bewusstsein nennen, und dem alltäglichen, gesellschaftlichen Bewusstsein fast nicht erdulden. Soll Heilung überhaupt sinnvoll sein, muss sich ein Heiler zuerst einmal radikal von der Vorstellung trennen, dass ein Kranker anders, schlechter, weniger entwickelt oder was auch immer, als ein sogenannt Gesunder sei. Nie ist der Zustand von Körper/Mind eine Wertung oder ein Hinweis, ein Kriterium für Spiritualität. Falls ihr diese Pseudopsychsomatik betreibt, was macht ihr dann zum Beispiel mit einem Baby, das zur Welt kommt und die ersten drei, vier Jahre aus ganz bestimmten, erklärbaren Gründen extreme Verdauungsschwierigkeiten hat, nicht essen, nicht ausscheiden kann? Ist dieses Baby zum Beispiel esoterisch-psychosomatisch begründet, einfach weniger entwickelt? Und was macht ihr mit jemandem, der während Jahren verzweifelt Beziehungen sucht, keine Beziehungen hat auf psychischer Ebene? Begründet ihr dies damit, dass diese Person es eben noch nicht ganz begriffen hat, nicht durchblickt? Was, wenn es sich vielleicht um eine ganz einfache, hirnfunktionelle Störung handelt, welche zum Beispiel Beziehungen verhindert? Es gibt niemanden, der nicht einen feinstofflichen Körper und einen Energiekörper hat. Aber es gibt Millionen verschiedener Körper mit unterschiedlicher Vererbung, mit verschiedenenen Zuständen von Vitalität, chemisch-elektronischen Prozessen, etc., etc. Ein Buddha wäre nie auf den Gedanken gekommen zu behaupten, dass ein gesunder Körper der Ausdruck einer gesunden Spiritualität sei. 94 Und weil der Energiekörper eben keine Unterscheidung kennt, gehört in diese Unterscheidungsproblematik auch die psychische Auseinandersetzung mit sich selber. Mit grosser Wahrscheinlichkeit verhindert man die Möglichkeit des Bezugs zum Energiekörper nicht dadurch, dass man Fehler und Schwächen hat, sondern vielmehr dadurch, dass man diese Schwächen und Fehler als Indizien nimmt, wie gut man sei, als Schulnoten für das eigene Gutsein oder den eigenen Bezug zum Energiekörper. Verurteilung basiert immer auf Wertung. Wertung ist immer der Prozess der Unterscheidung. Das Vorhandenseins eines Problemes ist nicht das Problem, sondern die fortwährende Unterscheidung, die man trifft. Das Samenkorn, das dauernd bewertet, dass es noch kein Baum geworden ist. Denn es ist genau diese Bewertung, diese Unterscheidung, welche die Identifikation schafft. Und es ist genau diese Identifikation, welche Transzendenz, Transformation verhindert. Und dazu gehört auch, was die Taoisten von den Begabungen sagen; Aurasehen, Hellsehen, clearvoyance, Telepathie, die sie gänzlich als Abfallprodukte bezeichnen. Auf dem Weg über den feinstofflichen Körper zum Energiekörper entsteht natürlicherweise eine höhere Sensibilität, ein verstärktes Wahrnehmen. Der feinstoffliche Körper filtert weniger als das Hirn. Dann aber so zu tun, als wäre das etwas besonderes, ist wiederum eine Form von Unterscheidung, ein Festhalten, ein Anhaften, was verhindert, dass der Filter ganz formlos wird, also überhaupt nicht mehr existiert, sich in einer totalen Energiekörperfrequenzprozessbewegung auflöst. Wann immer eine Aura vor dem Gesichtsfeld des Heilers auftaucht oder eine telepathische Einsicht oder eine Intuition... je weniger er daraus macht, je mehr er sieht, dass dies natürlich ist, ein simples Abfallprodukt, entstanden durch die Milderung des kleineren Filters, umso weniger stolpert er über all diese Hindernisse des Ich. Ich bin, ich habe, etc. Da der Energiekörper keine Dualität kennt, kennt er auch kein Ich. Kein Mystiker hat je behauptet, das Ich sei schlecht. Es ist der Träger des Feinstofflichen und des Energiekörpers. Die Mystiker haben nur davon gesprochen, das Ich nicht zum Zentrum zu machen. Das Ich ist der Filter, der hilft, sich in der Materie zu bewegen. Es ist aber nutzlos, den Filter wie eine Brille zu tragen, wenn man sich nicht in der Materie bewegen muss. Man trägt auch nicht das Flugzeug auf den Schultern, wenn man gelandet ist. 95 Der Mind meint immer, solche Abfallprodukte seien ein Indiz seiner Entwicklung. Aber Abfallprodukte sind Abfallprodukte. Fertig. Sie sind so wenig ein Indiz für irgendeine Entwicklung wie es die Gesundheit ist. Höchstens sind sie als Indiz dafür zu verstehen, wie man mit Besonderheit umgeht, wie stark man noch in der Unterscheidung verhaftet ist, im nicht wirklichen Verstehen des Energiekörpers. Um diesen Gefahren zu begenen, haben die Taoisten drei Worte geprägt. Sie sprachen vom Weg der Klarheit, vom Weg der Reinheit, vom Weg der Aufrichtigkeit. Allerdings sind diese drei Worte nicht im Sinne des Minds zu verstehen, sondern im Sinn des Feinstofflichen. Der Weg der Klarheit ist der Weg des richtigen Denkens. Was versteht man unter richtigem Denken? Wir unterscheiden zwischen zwei Denkprozessen, dem assoziativen Denkprozess und dem motivativen Denkprozess. Wie es der Begriff schon ausdrückt, ist der assoziative Denkprozess ununterbrochen auf Assoziationen ausgerichtet, also ich-orientiert, vergangenheitsorientiert, wissensorientiert. Das ganze Gedächtnis ist ein Assoziationsprozess. Wenn ich jemandem begegne, muss das Gehirn assoziativ, blitzschnell, sofern es das kann, Inhalte, Erfahrungen, Informationen zu diesem Gesicht erfassen, so dass es dieses Gesicht benennen kann und weiss, um wen es sich handelt. Überleben wird durch den assoziativen Denkprozess gesichert. Ein Samenkorn erhält seine Vitalität durch den assoziativen Prozess. In der darwinistischen Sprache durch sein evolutionäres, mutationsbedingtes Überleben. Auf der biologischen Ebene ist Assoziation Vererbung. Informationen werden immer wieder neu gemischt. Es entsteht aus einem Apfelbaum nicht plötzlich ein Birnbaum, ausser man pfropft ihn, aber es gibt beispielsweise entweder immer bessere, resistentere Apfelbäume oder eine Auflösung der Arten, die sich nicht bewährt haben. Sie hören auf zu existieren. Auf der psychologischen Ebene, auf der Ebene des Minds, gibt es die psychische Vererbung. Ein kollektives Bewusstsein von Zuständen wie Gefühlen, Sinnesinhalten, Erfahrungen, die von grösseren Zeitzusammenhängen zu alltäglichen Erlebnissen führen. Man könnte von einer ununterbrochenen Vernetzung sprechen. Wenn jemand ausdrückt, ich fühle mich traurig, kann ich beispielsweise nicht verstehen, was diese Person meint, ohne zu wissen, was Trauer ist. 96 Interessanterweise muss ich dazu Trauer selber noch gar nicht erlebt haben. Es ist in meinem Wesen enthalten, die Trauer eines anderen zu erkennen, ohne selber Trauer erfahren zu haben. Das ist assoziative oder psychische Vererbung. Der assoziative Denkprozess basiert auf Unterscheidung, Erfahrung, Wertung. Richtiges Denken ist folglich die Absenz des assoziativen Denkprozesses. Richtiges Denken funktioniert über den motivativen Denkprozess. Der motivative Denkprozess ist der Bezug zur Zukunft. Motivation ist der Prozess, auf etwas ausgerichtet zu sein. Biologisch besteht Motivation im Überleben. Diese Motivation zum Überleben wird unterstützt durch den assoziativen Denkprozess. Auf der psychischen Ebene besteht der motivative Denkprozess im Bezug zu den Perspektiven, zu den Möglichkeiten, welche das Ich hat. Schon dies zeigt, dass mit dem Ich an sich nichts falsch ist. Auf der psycho-spirituellen Ebene, wo der assoziative Denkprozess gar nicht mehr existiert, ist der motivative Denkprozess der Bezug zum Du, zum Anderen. Mitgefühl ist die Folge des motivativen Denkprozesses. Ständig gerade ein wenig nach vorne gerichtet sein. Wir nennen das Vorzukunft. Ein dauerndes Ausgerichtetsein in die Vorzukunft. Oder um das mystisch auszudrücken, ein ständiges Verlangen nach dem Energiekörper, nach Ganzheit. In der Sufisprache, das Wiederfinden von Gott. In hinduistischen Worten, die Rückkehr zum atma. In der buddhistischen Sprache, das ständige Wiedererinnern der Buddhanatur. Der assoziative Denkprozess ist immer rückwärtsgerichtet. Klarheit entsteht nie über das Rückwärtsgerichtetsein, sondern es besteht immer im Wissen, dass Körper/Mind irgendeinmal wieder in den Zustand der Ganzheit zurückkehrt. Stellt euch einmal vor, euer Bewusstsein wäre ständig, nicht nur hie und da in Meditation, sondern dauernd in dieser Vorzukunftbewegung, in diesem motivativen Prozess, in diesem Bewusstsein, dass die Rückkehr zum Ganzen unvermeidlich ist, was man ja vor allem dann wieder intensiv erfährt, wenn man eine Sterbende begleitet. Wäre man sich dessen immer klar bewusst, wieviele Dinge würde man gar nicht tun? Wieviele Behauptungen, Rechtfertigungen, Ideologien würde man durchschauen als das, was sie sind? Und Heilen impliziert eben gerade dieses ununterbrochene Bewusstsein der formlosen Rückkehr ins Ganze, zumindest wenn möglich während eines Healings. Erst das schafft die taoistische Klarheit. 97 Klarheit wird nicht erschaffen durch das Philosophieren über die Vergangenheit und nicht durch das Spekulieren, welche von der Vergangenheit übertragene und in die Zukunft projizierte Theorie die richtige sei. Diskutieren über Gott und die Liebe ist eine absolut müssige Angelegenheit, eine reine Energieverschwendung. Sie befriedigt den Intellekt. Aber jede Diskussion ist nur auf der Basis des assoziativen Denkprozesses möglich. Der motivative Denkprozess ist ein direkter Energiestrahl, gerichtet auf das, was nach der Absenz des Ich noch vorhanden ist. Beten ist ein Versuch, den motivativen Denkprozess zu aktivieren. Meditation ist ein Versuch, den assoziativen Denkprozess zu mildern. Das eine ist eine aktive, das andere eine passive Form. Beides führt zum Gleichen. Beten ist das Herz einsetzen in Bezug zu etwas. Meditation ist das Herz einsetzen im Neutralisieren und im Auflösen von Unterscheidung. Klarheit, über den motivativen Denkprozess, über das richtige Denken, ist eine der einfachsten Arten, den Bezug zum Energiekörper, die Transzendenz vom Samenkorn zum Fruchtbaum wahrzunehmen, widerstandslos anzugehen. Der zweite taoistische Begriff ist der Weg der Reinheit. Wiederum nicht auf Körper/Mind bezogen, was nur zu Beurteilungen führt wie ein reiner Körper ist ein Körper ohne Sexualität oder ein Körper, der kein Fleisch isst, und ein reiner Mind lebt tugendhaft, in irgendwelchen Moralvorstellungen. So naiv waren die Taoisten nicht. Die Frau, von der ich zuvor erzählt habe, die plötzlich in den letzten vier Tagen ausfallend wurde, ist dadurch nicht unrein geworden. Jemand, der einen anderen am liebsten umbringen möchte, ist, wenn er erkennt, dass sein Bedürfnis jemanden umzubringen, einem Teil des Menschseins entspricht, dass man nämlich wie Liebe auch Hass in sich hat, reiner als jemand, der immer so tut, wie wenn er diesen negativen Teil der Menschheit nicht in sich trägt. Das ist eine Abspaltung, eine Unterscheidung, die nur Moral darstellt und daher mit Sicherheit nicht zum Bezug zum Energiekörper führt. Die Taoisten meinen mit dem reinen Weg das richtige Fühlen. Was heisst richtiges Fühlen? Obwohl, vergesst es nicht, auch richtig und falsch eine Unterscheidung ist, und richtiges Denken wie richtiges Fühlen nur ein Modell für den Mind darstellen. 98 Der Energiekörper manifestiert sich, wenn weder richtiges noch falsches Denken, weder richtiges noch falsches Fühlen bewusst ist. Richtiges Fühlen bedeutet nichts anderes, als dass man kein einziges Gefühl auf keine einzige Art erklärt und bewertet. Wer Gefühle zu erklären und zu bewerten beginnt, wird erstens manipulativ und trennt sich zweitens, noch viel verheerender, von all seinen Mitmenschen. Wer zum Beispiel sagt, ich lasse nur Gefühle von Freude, von Zufriedenheit, von Zuwendung zu, stösst alle die Leute von sich, die im Moment nicht diese Gefühle haben. Liebe ist kein Gefühl, sondern ein Zustand, der alle Gefühle in sich aufnimmt, absorbiert. Wer auf der anderen Seite sagt, ich bin jetzt halt aggressiv und ich lebe diese Aggresssion, macht aus der Aggression ein Ich, eine individuelle Geschichte, agiert diese Aggression aus und trennt sich dadurch wiederum von den anderen. Richtiges Fühlen heisst, einfach zu sehen, dass alles, was ich denke, alles was ich fühle, alles was ich empfinde, unabhängig von mir gleichzeitig milliardenfach über den ganzen Planeten verteilt stattfindet. Richtiges Fühlen heisst, dass ich realisiere, dass meine Aggression sich nur dann einen Ausdruck suchen will, wenn ich ihr eine individuelle Geschichte gebe... dass meine Liebe nur dann zu einem Zustand führt verbunden mit einem Gefühl, ich sei jetzt besser oder besonders, wenn ich ihr eine individuelle Geschichte gebe... dass meine Empfindung, in welchem Teil des Körpers auch immer, dann zu einer Identifikation führt, wenn ich meine, diese Empfindungen seien speziell auf mich bezogen – wie wenn beispielsweise Schmerz, ein Zittern, ein Kräuseln, ein wohliges Gefühl im Körper nicht milliardenfach vorkommen und mit einer individuellen Geschichte gar nichts zu tun haben... Nur dass es zu diesem Gefühl kommt, hat eine individuelle Geschichte. Das Gefühl, die Empfindung, das Denken an sich ist nichts Individuelles. Wenn ich heute etwa über das Jenseits nachdenke, hat dies zwar eine Geschichte, wie ich zu diesem Nachdenken komme. Was ich aber über das Jenseits nachdenke, denken im gleichen Moment Hunderte der Milliarden anderer, ich weiss es höchstens nicht. Damit der Mind begreifen kann, dass er sich wohl als Individualität erlebt, dies aber auf einer Illusion beruht, kreiert vielleicht die Revolution des Computers und des Internets eine viel geeignetere Möglichkeit, als jede Religion, die bis jetzt existiert hat. 99 Vielleicht ist es dieses globale Gehirn, das über das Internet vom Computer gespeichert, gespiegelt wird, welches uns viel tiefer das Bewusstsein geben wird, dass auf der ganzen Welt überall, sich die genaugleichen Probleme, die gleichen Lösungen, die gleichen Denkansätze abwickeln, wie im eigenen Kopf, im eigenen Körper. Richtiges Fühlen ist Depersonalisierung von Empfinden, Denken und Fühlen. Da der Energiekörper keine Persönlichkeit hat, ist es logisch, dass jede Personifizierung eine Reduktion der Beziehung zum Energiekörper bedeutet. Wo ich die Persönlichkeit einfliessen lasse, vor allem während eines Healings, ist notgedrungen ein Teil des Formlosen, der Instanz, die am stärksten heilt, reduziert. Der dritte Weg ist der Weg der Aufrichtigkeit. Was heisst Aufrichtigkeit? Die meisten Leute würden auf der Ebene des Minds spekulieren, dass dies etwas mit Ehrlichkeit zu tun hat, mit Treue, Wahrhaftigkeit, eben aufrichtig sein. Von dort gelangt man sehr schnell zur Verurteilung von jemandem, der eben nicht wahrhaftig ist, sich versteckt oder ein wenig schummelt, und das führt zu allen Moralansprüchen, du sollst nicht lügen etc. etc. Die Taoisten meinen auch hier etwas Feinstoffliches. Jemand kommt auf mich zu und sagt irgendetwas, das ich als vernichtendes Urteil erlebe. Zum Beispiel sagt er, welchen Mist du da erzählst oder so ähnlich, und ich fühle mich dadurch verletzt. Mit dem Weg der Aufrichtigkeit meinen die Taoisten das Wahrnehmen, dass diese Verletzung immer nur ein Signal ist, dass ich ganz offensichtlich Körper/Mind wichtiger nehme als die feinstofflichen Aspekte. Jede Verletzung basiert auf einem inneren Bild, welches ich von mir habe. Wird dieses innere Bild in Frage gestellt, fühle ich mich verletzt. Das innere Bild hat aber nichts mit Wahrhaftigkeit zu tun, mit Aufrichtigkeit, sondern einfach mit der Illusion, dass das, was ich jetzt bin, wichtig ist. Verletzt zu werden ist der Prozess, dass jemand meine Ich-Wichtigkeit in Frage stellt. Und Lao-Tse und die Taoisten meinen mit Wahrhaftigkeit, mit Aufrichtigkeit, dass man immer, auch in der tiefsten Verletzung, dahinter schauen soll. Und dazu wiederum das wunderschöne Beispiel, an welches ich mich auch gestern abend erinnerte, als mein Freund von seiner Frau und ihrem Todeskampf berichtete: Jesus, der zuerst sagt, warum hast du mich verlassen, also das Ich losdonnert, und darauf sagt, dein Wille geschehe. 100 Kann ich, kann mein Mind, immer wieder die Aufrichtigkeit haben, durch diese Verletzungen hindurchzuschauen? Kann ich aufrichtig sehen, dass auch wenn es noch so schmerzhaft ist, der Schmerz nicht wegen des Gegenübers entsteht, sondern wegen meinem eigenen Bild? Kann mein Mind – statt sofort den Kampf zu beginnen und damit ein anderes Bild zu bekämpfen, denn der andere, der mein Bild in Frage stellt, möchte ja genauso, dass sein Bild nicht in Frage gestellt wird – sehen, dass auch die heftigste Ablehnung, die ich erlebe, nicht zurückgespiegelt werden kann auf jene, die mich ablehnen, sondern nur mit mir, mit meiner eigenen Stellung, der Wichtigkeit, die ich mir gebe, zu tun hat? Und genau dies meinen die Taoisten mit Aufrichtigkeit. Kann ich diese Aufrichtigkeit haben? Denn ihr könnt nicht durch dieses Leben wandern, ohne auf Leute zu treffen, die euch verletzen, Leute, die euch ablehnen, Leute, die etwas gegen euch haben, aber Achtung, auch Leute, die euch bewundern, Leute, die euch besonders finden. Und auch dort muss die Aufrichtigkeit so weit gehen, zu sehen, dass damit nur das Ich bewundert wird. Niemand, der euch bewundert, kann euren Energiekörper bewundern, weil der formlos ist und gleich dem des andern. Könnt ihr sehen, dass dies alles, ob Verletzung oder Bewunderung, Ablehnung oder Angenommensein, gerade dadurch, dass ich es erlebe und wie ich es erlebe, mit mir und nie mit dem anderen zu tun hat? Erst wo ich aufhöre, auf dieser Ebene die Verantwortung zurückzuspiegeln für meine Verletzung, für mein Wohlsein, erst dort hört Dualität auf. Erst dort wird Distanz aufgehoben. Erst dort entsteht Formlosigkeit, das Tao. 101 Veranlagung und Grundhaltung 11. Dezember1995 Heilen ist nicht eine Frage des Wissens, der Entwicklung oder des Charakters, sondern es ist eine simple Haltungsfrage. Heilen ist wie gehen. Und gehen ist eine Veranlagung. Als Baby benötigt man weder Wissen, noch irgendwelche seelische Entwicklung, sondern man braucht allein dem Drang nachzugeben, sich auszudrücken im Krabbeln, darin ein Gleichgewicht zu finden, und dann im Gehen. Als Erwachsener ist gehen, und wie man geht, ob gut oder schlecht, nicht eine Frage irgendwelcher aufgearbeiteter Vergangenheitsgeschichten, noch irgendwelcher spezieller Wissenskomplexe, sondern beruht simpel auf der Frage, ob man diese Veranlagung mit Aufmerksamkeit koppelt. Ich kann aufmerksam gehen oder ich kann unaufmerksam gehen und falle hin, breche mir etwas. Oder ich kann zuviel trinken und dann unter Umständen nicht mehr gut gehen. Es ist rein eine Frage, ob ich in diesem aufrechten Gang ein inneres Gleichgewicht habe, was meiner Veranlagung entspricht. Geht im Gehirn etwas schief und ist dieses innere Gleichgewicht nicht mehr vorhanden, kann ich auch nicht mehr gehen. Und gleichzeitig brauche ich ein anderes Gleichgewicht, welches etwas mit meiner Aufmerksamkeit zu tun hat. Dieses Gleichgewicht wird aber nicht erreicht durch noch mehr Wissen, noch durch mehr Verstehen, weder durch Unterscheidungen von schon ein wenig weiter oder weniger weit, noch durch verzweifeltes Eliminieren irgendwelcher Schwächen, sondern einfach dadurch, dass ich versuche in Balance zu sein, auf einfache Art diesem Gehen einen Ausdruck zu geben. Manchmal ein bisschen schneller, manchmal ein bisschen langsamer, aber nie so, dass die Koordination verloren geht. Heilen ist nichts anderes. Es ist wie gehen. Vielleicht ein Grund, warum man in wenigen alten Meditationsschulen nach dem Sitzen ein Stück im Kreis gegangen ist und sich dann wieder niedergesetzt hat. Vielleicht ist der aufrechte Gang, die Möglichkeit des aufrechten Gehens ein Ausdruck davon, etwas mit Aufrichtigkeit tun zu können. Gehen wird dann schwierig, wenn ich ihm eine grössere Bedeutung gebe, als es hat. Und Heilen wird dann schwierig, wenn ich es zu etwas Besonderem mache. Im Moment, in dem ich etwas als etwas Besonderes erlebe oder zu etwas Besonderem mache, schaffe ich Dualität. 102 Es ist sinnlos, eine Veranlagung zu etwas Besonderem zu machen, ihr eine Eigenschaft zu geben, welche sie gar nicht braucht, um sich zu bewegen, sich auszudrücken. Der Verstand, womit die Taoisten den Mind meinen, ist von Natur aus dualistisch. Der Mind ist von Natur aus immer in der Suchttendenz sich zu erhöhen. Erhöhung ist der Prozess von Abgrenzung. Das ist machbar, indem man sich schlechter macht als man ist, oder besser als man ist. Dabei handelt es sich immer um einen verzweifelten Versuch, sich von anderen abzugrenzen. Jedes Mal wenn man sagt, ich bin halt immer noch nicht gut genug, oder das kann ich halt doch nicht, beruht dies tief innen auf dem Versuch, dadurch einen Eigenwert zu erhalten. Kritik an sich selber ist genauso gefährlich wie die Überschätzung seiner selbst. Nicht weil es zeitlich, langfristig wirklich viel ausmachen würde, aber weil der Verstand, der Mind über das Erschaffen von Dualität den Bezug zum Ganzen, zum Energiekörper, zu Qualitätsaura/Seele verliert. Sogar dem Mind leuchtet es ein, dass es absurd ist, eine Veranlagung verbinden zu wollen mit Entwicklung, mit Wissen, mit so tun, als ob man etwas Besonderes wäre, wenn man diese Veranlagung braucht. Besonderheit blockiert die Möglichkeit der Veranlagung. Abgrenzung ist dasjenige, was der Veranlagung erst den Konflikt schafft. Will ich mich im Gehen abgrenzen, funktioniert das ja nur, wenn ich auf eine speziellere Art gehe als andere, und da die meisten Leute gleich gehen, müsste ich dann zum Beispiel eine besondere Technik entwickeln, den rechten Fuss irgendwie speziell immer zuerst vor den Linken setze und dann den Linken nach vorne nehme und vor den Rechten setze...ungefähr so verhalten wir uns, wenn wir meinen, wir seien besonders mit dem was wir machen, mit einer Technik, mit der wir uns einen Wert geben. Für jemanden, der das von aussen betrachtet, sieht dies allerdings wenn nicht lächerlich, so doch eher anstrengend aus, so zu gehen. Und man fragt sich, was um Himmelswillen führt diesen Menschen dazu, so kompliziert zu gehen, wenn es doch auch einfach ginge. Verknüpft dieser Mensch dieses Gehen jetzt aber mit einer Idee, hat man einen Weisen, einen Guru, einen Erleuchteten, einen der draus kommt. Der Weise, der Erleuchtete zeigt sich aber nicht durch solche Gehmanöver, sondern dadurch, dass er noch normaler geht als die andern. 103 Der Mind muss aufhören, Veranlagungen – und Heilung ist eine simple Veranlagung, die jeder in sich trägt wie gehen – zu verwenden, um sich selber abzugrenzen. Der Mind muss aufhören, zu meinen, Heilung komme zustande durch etwas, das man macht. Der Körper wird ununterbrochen bombardiert von Bakterien, Viren, Krebszellen und in neunzig Prozent aller Fälle heilt er, ohne dass man sich einmischt und meistens sogar ohne dass man davon weiss. Wir vergessen immer wieder, dass bei einer planetarischen Bevölkerung von sechs Milliarden oder wieviel es jetzt sind, Gesundheit immer noch neunzig Prozent, Krankheit vielleicht zehn Prozent ausmacht. Wir vergessen immer wieder, dass trotz allem Horror, trotz aller erdenklicher Misere, trotz aller Kriminalität und Gewalt innerhalb der Evolution das Gute immer noch statistisch umgerechnet auf die ganze planetarische Bevölkerung siebzig bis achtzig Prozent ausmacht und das Schlechte sagen wir mal zwanzig Prozent. Wir haben die Tendenz, die Perspektive zu verlieren, auf all das zu fokussieren, was nicht gut ist, was nicht funktioniert, und vergessen, dass all das, was nicht gut ist, was nicht funktioniert, nur existieren kann, präsent sein kann, weil die Mehrheit des Ganzen eben funktioniert. Wenn ich auf das Meer schaue und mich ununterbrochen um die Wellen kümmere, vergesse ich, dass die Wellen nur dasein können, weil der Grossteil des Wassers im Ozean eben nicht in Wellenform gebunden ist. Das gleiche gilt übersetzt für einen selber. Solange der Körper noch nicht verfällt, und das wird er irgendeinmal, solange er also nicht stirbt, ist der Grossteil des Körpers immer gesund und nicht krank. Solange ein Mind darüber reflektieren kann, was er an sich nicht gut findet, was er verändern möchte, muss der Grossteil des Minds gesund sein. Sonst könnte er nicht darüber reflektieren. Spiritualität heisst nicht, Gewalt, Krankheit, Misere, Armut, etc. zu ignorieren, aber es bedeutet, aufzuhören, sich primär auf die Symptome, statt auf das Ganze zu konzentrieren. Die Taoisten reden in diesem Sinne von Annahme. Annehmen ist absolut etwas anderes als akzeptieren. Schon der Begriff An-Nahme drückt es aus. Es ist ein Prozess von etwas an-nehmen, an sich heranlassen. 104 Wenn ich jemanden, der mir Mühe macht, an mich heranlasse, heisst das überhaupt nicht, dass ich das akzeptiere, was mir Mühe macht in dieser Person, was ja immer auch nur etwas von mir spiegelt. So würde ich nämlich einfach tabuisieren, was mir Mühe macht, und was ja nur ein Spiegel von etwas in mir ist. Annehmen bedeutet, dass ich die Bereitschaft habe, etwas an mich herankommen zu lassen und genau so zu sehen, zu beobachten, wie es ist. Akzeptieren ist eine reine Tabuisierung. Entwickle ich aber die Haltung, Dinge anzunehmen, an mich herankommen zu lassen, betroffen zu sein, es zu beobachten, dann merke ich plötzlich, dass es keine einzige Ebene von Negativität gibt, die nicht in einem Bezug zu Positvität steht. Dualität findet nur statt, und das müsst ihr euch tief einprägen, Dualität findet nur statt, wenn es einen negativen und einen positiven Pol gibt. Das heisst, Dualität kann nicht stattfinden, wenn es entweder nur Schlechtes oder nur Gutes gibt. Es ist immer im Gesetz ausbalanciert. Und in dieser Balance ist das Gute immer mehr vorhanden als das Schlechte. Verzweifelt versuchen dies alle Religionen immer wieder mit verschiedenen Bildern darzustellen, im christlichen Beispiel mit Gott und dem Teufel. Der Teufel repräsentiert immer nur, sagen wir einmal zwanzig Prozent, aber ohne Teufel gibt es keine Manifestation. Der Teufel ist nicht gleichwertig, gleichprozentual wie Gott. In der buddhistischen Sprache: der Tod ist immer präsent, aber nie so präsent wie das Leben, obwohl er immer existiert. Es gibt keine Geburt ohne einen Tod. Und trotzdem ist Geburt und das, was folgt, das Leben immer stärker, länger als der Tod. Ihr könnt nicht über eure Schwächen reflektieren, wenn nicht der Grossteil von euch gut ist. Es ist schlicht nicht möglich. Bei einem Healing könnt ihr nicht die Möglichkeit einer Heilung haben, wenn nicht der Grossteil des Heilenden und des zu Heilenden gesund ist. Als Konsequenz ist es eine Verweigerung, das Gute anzunehmen, wenn man sich immer um das Schlechte kümmert. Die Welt wird nicht besser, indem man sich auf die Misere konzentriert. Hass wird nicht aufgelöst, indem man den Hass analysiert oder indem man den Hass versteht und schon gar nicht indem man den Hass bekämpft. Achtet auf die Absurdität: Hass bekämpfen. Hass ist der Prozess, etwas zu bekämpfen und jetzt bekämpft man den Hass. 105 Hass, als Gegenpol von Liebe gesehen, nur modellweise, weil es so nicht stimmt, löst sich dann auf, wenn man sich um die Liebe kümmert. Es spielt überhaupt keine Rolle, wieviel Hass man in sich hat, wieviel Eifersucht man in sich hat, wieviel Aggression man in sich hat. Es nützt nichts Eifersucht zu bekämpfen. Eifersucht ist eine Form von Aggression, und Aggression mit Aggression zu bekämpfen kann mit Sicherheit Aggression nicht auflösen. Und Aggression und Hass können nur funktionieren, können sich nur manifestieren, weil die Ganzheit, weil der Grossteil der Ganzheit eben nicht eine derartige Manifestation ist. Materie heisst, dass etwas aus dem Tao, aus dem Ursprung sich sichtbar macht. Etwas das sichtbar wird, ist immer nur ein Teilaspekt von dem, was das Sichtbarwerden möglich macht. Ein gesunder Körper, ein gesunder Mind kann sichtbar eine Krankheit haben. Wenn es keinen gesunden Mind, keinen gesunden Körper gäbe, würde er nicht existieren. Krankheit als Ganzes löst das Prinzip der Sichtbarkeit auf. Materie verschwindet in dem Moment. Sobald das Ganze Materie wäre, könnte man es nicht mehr als Materie wahrnehmen. Dies ist das Koan, wie man mit nur einer Hand einen Sound kreiert. Und wenn die Gesundheit von Körper/Mind die Veranlagung des Ganzen ist, welch ein Unsinn, zu behaupten, ich sei etwas Besonderes, wenn ich gesund bin. Welch tragische Umkehrung des Karmaprinzips, jemanden, der krank ist, zu jemandem zu machen, der eine Schuld abtragen muss, bestraft wird oder etwas nicht richtig gemacht hat oder sonst irgendetwas nicht stimmt. Welche Eigenartigkeit, das Menschsein vor allem über die Misere zu definieren. Und wenn ihr genau beobachtet, so ist es genau dieses ewige Definieren über die Misere, welches verhindert, dass wir wirklich etwas gegen die Misere tun. Wir schreien wohl alle und sind empört, wenn wir zwischendurch wieder mal kurz daran denken, dass pro Tag allein 40'000 Kinder an Hunger sterben, was ein höfliches Wort dafür ist...verrecken...aber damit hat es sich dann gleich. Wenn wir dann ins Einkaufszentrum gehen und nicht gerade das Frischprodukt finden, das wir suchen, sind wir empört und diese Empörung ist uns viel näher und viel tiefer als die Empörung darüber, dass gleichzeitig soundsoviele Menschen an Hunger sterben. Der Mind hat einen ganz klugen Weg gefunden, über die Empörung, über die andauernde Ausrichtung auf das Negative, sich gar nicht mehr damit direkt beschäftigen zu müssen. 106 Denn, schlau wie der Mind ist, sagt er sich ja, wenn ein Körper nur aus Krankheit besteht, so ist das wohl dumm und schade, aber dann kann man halt nichts mehr machen. Wenn ich ja sowieso mehrheitlich nur aus Negativität bestehe, muss ich mich gar nicht mehr darum kümmern, dass es vielleicht noch etwas anders gibt. Wenn die ganze Welt ja sowieso aus Krieg, aus Brutalität und Gewalt besteht, empöre ich mich, aber ich muss mich zumindest nicht darum kümmern, weil ich nämlich so nicht hinstehen muss, aufstampfen und schreien muss, heeh! halt! schau mal! die Veranlagung ist etwas anderes und also liegt es offensichtlich an uns und damit, wie wir mit dem Zeug umgehen, dass soviel an Destruktivität sichtbar wird... Und die Taoisten sagen, diese schlaue, clevere, intelligente Art des Minds lässt sich nur überwinden durch ungeteiltes Denken, wie sie es nennen. Man könnte auch sagen, keine Ideen haben, sondern sich auf das ausrichten, annehmen, zu sich nehmen, was wirklich ist. Das ungeteilte Denken verhindert, dass man die Dinge so aufteilen kann, dass man am Schluss eine wunderbare Erklärung hat, weshalb man eigentlich nichts machen kann. Teilung ist immer paralysierend. Teilung, Abgrenzung schafft immer Distanz. Während tausender von Jahren haben alle Religionen sich immer als das herausgestellt, was sie sind, nämlich als Ansammlung von Macht, als Organisationen, die ein ganz bestimmtes Ziel durchsetzen wollen. Wenn einer ihrer Leute plötzlich aufgetreten ist und gesagt hat, ich habe es gesehen, es gibt gar keine Teilung, ich und Gott sind das gleiche... Jesus haben sie gekreuzigt. Buddha haben sie ignoriert. Buber haben sie auszuschalten versucht. Andere, christliche Mystiker haben sie verbrannt. Und wenn heute einer aufsteht in einer modernen Form und sagt, ich als Mann und du als Frau sind das gleiche, dann sagt die katholische Kirche nein, eine Frau, nur schon weil sie Blutungen hat, kann keinen kirchlichen Dienst verrichten. Wann immer jemand aufsteht und sagt, ich und du sind das gleiche, wird sofort eine riesige Kraft in Bewegung gesetzt, um dies zu unterbinden, zu bekämpfen oder zumindest zu ignorieren. Wenn Jesus sagt, ich und Gott sind eins, so wird das als Blasphemie definiert. Welch Horror, wo kämen wir hin, wenn wir sehen würden, dass Gott, das Tao, die Schöpfung und ich das gleiche sind. 107 Das würde ja heissen, dass ich die gleiche Veranlagung habe, dann müsste ich mich plötzlich tatsächlich um das kümmern, worum es geht, dass nämlich das Gute, das Schöpferische, das Kreative immer stärker sind als das Negative. Ich könnte mich plötzlich nicht mehr aus der Verantwortung stehlen. Wir haben es lieber getrennt. Ich möchte so gut werden wie Gott. Ich möchte doch so perfekt sein wie Jesus. Wenn ich doch nur so weise würde wie Buddha. Trennen, trennen, trennen. Die beste Art, sich nicht wirklich ernsthaft um die Natur von Buddha, von Einheit, vom Ganzen kümmern zu müssen. Man müsste dann tatsächlich einfach aufhören, sich ununterbrochen um seine Schwächen zu kümmern. Solange ich mich um meine Schwächen kümmern kann, habe ich hundert Entschuldigungen, warum ich mich nicht um das Ganze und um das Gute kümmern muss und kann. Solange ich mich um meine Schwächen kümmere, muss ich mich nicht um die Anderen kümmern. Ich kann wohl ein bisschen so tun, aber ich muss nicht wirklich. Es hat keine Konsequenzen und ich werde auch nicht angegriffen. Solange ich mich um meine Schwächen kümmere, schmerzt es auch nicht sehr, wenn jemand mir nicht glaubt. Es ist ja logisch, dass man mir nicht glaubt, weil ich noch so schwach und unweise bin. Aber wehe, ich erwache eines Tages und merke, welches Spiel ich da spiele. Realisiere ich, dass auch meine ganze Niederträchtigkeit immer noch kleiner ist als mein Potential, habe ich absolut keine Entschuldigung mehr, verletzt zu sein, beleidigt zu sein, aggressiv zu werden, mich zu wehren, mich abzugrenzen. Und wenn ihr ehrlich seid, wer will das schon? Alle Religionen haben sich disqualifiziert, wenn sie zur Prüfung gekommen sind. Sie haben versagt, wenn einer aus der eigenen Religion aufgestanden ist und das Einheitsprinzip vertreten hat, seien es jetzt die Sufis bei Rumi, oder die Hindus bei Krishna, oder die Christen bei Jesus, usw.. Wenn ich und das Ganze das gleiche sind, löst das millionenfach mehr Angst aus, als wenn ich und das Ganze getrennt sind. Solange ich getrennt bin, kann ich immer versuchen, zur Einheit zu kommen, gleichzeitig wissend, dass ich es nie schaffen werde, weil nur das Aufhören des Versuchens zur Einheit zu kommen, nur das Sehen, dass ich schon die Einheit bin, Transformation, der Weg ist. 108 Erst wenn ich wieder sehe, dass all das, was ich darstelle, eine genetische, eine psychische und auch eine spirituelle Veranlagung ist und nicht etwas, was ich erschaffen muss, und nur wenn ich tief innen die Bereitschaft habe, die daraus folgende Konsequenz auch zu leben, kann ich es wagen, diese Einheit auch einzugehen. Das geteilte Denken, und damit der Mind, stirbt augenblicklich in eine Einheit. Und diese Einheit ist eben das ungeteilte Denken. Ich kann mich nicht mehr aufteilen in gut und schlecht, in Leben und Tod. Ich kann mich nicht mehr aufteilen in der andere ist schuld. Und die Psychologie ist deshalb so beliebt, weil sie ununterbrochen suggeriert, dass nicht du, sondern der andere schuld ist, dafür wie du bist. Jesus wurde gehasst. Buddhas Anhänger waren eine lächerlich kleine Bewegung und ist es heute noch, und er wurde gehasst. Rumi wurde verfolgt. Alle, die sagen, es kann nie jemand anders schuld sein, es gibt gar keine Schuld, werden mit Sicherheit verfolgt. Und in Bezug zu Heilung: welchen Horror löst es doch aus, würden wir einfach so wahrnehmen, dass auch Krankheit keine Schuldfrage ist. Wo ordnen wir dann die Gesunden ein, wenn auch Kranksein keine Schuldfrage ist? Wo bewahren wir dann noch unsere Besonderheit als Gesunde, wenn auch die Kranken nicht irgendwo verantwortlich, schuld für ihre Krankheit sind? Was machen wir dann mit all den alternativen medizinischen Schulen, die dir ununterbrochen einhämmern, dass du eben dafür verantwortlich bist, was mit dir ist? Bis zu solch absurden Ideen, dass die Allergie eines Kindes damit etwas zu tun haben könnte, dass die Eltern bei seiner Zeugung, wir reden nicht einmal von der Geburt, bei der Zeugung irgendvielleicht unstimmig in ihrer Gefühlsstruktur waren, einer klassisch homöopathischen Ansicht. Wenn man solche Dinge hört und sieht, ist es manchmal zum Schreien, zum Wahnsinnigwerden. Niemand sagt, dass die alternative Medizin nicht eine wunderbare Ergänzung der klassischen Medizin ist, teilweise mit Sicherheit sogar sanfter und besser, aber diese Idee, die Philosophie dahinter ist grausam. Mitgefühl kann mit Sicherheit nicht da sein, wo eine Krankheit als Manko von etwas, als Fehler dargestellt wird. Mitgefühl ist dann da, wenn mein krankes Gegenüber als das erlebt wird, was es ist: ein Wesen, das sinnlos einfach betroffen ist. 109 Was ist eigentlich los, dass wir nicht wagen, Krankheit als etwas zu sehen, das einfach innerhalb der Natur auftritt? Haben wir soviel Angst vor Mitgefühl, dass wir immer einen Teil noch erklären müssen, dass es halt vielleicht doch noch ein bisschen etwas zu tun hat mit der Person, dass sie krank ist oder dass sie nicht heil ist. Welch zerstörerische, perverse Art Natur, Menschheit, Evolution zu betrachten. Wir würden ja gar nicht existieren, wenn nicht im Verlauf der Evolution Mutation stattgefunden hätte, und Mutation hat für alle diejenigen, die es nicht geschafft haben, logischerweise Krankheit, Tod bedeutet, wie beispielsweise für die Dinosaurier. Vielleicht hätten die Dinosaurier ein wenig mehr Psychotherapie benötigt und sie hätten überlebt. Welch Unsinn. Welche Arroganz der Menschheit, der Natur, dem Tao gegenüber. Es ist eine Frage der Veranlagung und demzufolge eine Frage einer Grundhaltung. Man kann einzig sagen, dass das Verhindern einer Krankheit, Prävention, im Mass des Möglichen, und das ist relativ reduziert, und das Abheilen einer Krankheit, sofern auch das möglich ist, und das ist schon möglicher als Prävention, die gleiche Grundhaltung voraussetzt, die dem Heilen zugrundeliegt. Zwischen dem zu Heilenden und dem Heiler besteht absolut kein Unterschied. Eine Krankheit verliert vielleicht einen Teil der Möglichkeit ihrer Manifestation durch die gleiche Grundhaltung, die ein Heiler braucht. Eine Krankheit hat vielleicht die Möglichkeit abzuheilen durch diese Grundhaltung. In neunzig Prozent der Fälle findet dies fortwährend statt. Die wenigsten Krankheiten, die präsent sind, brechen aus. Ein Heiler und ein zu Heilender finden in einem Prozess zusammen. Ein Kranker hat genau die gleiche Schwierigkeit wie wir, diese Grundhaltung zu bewahren. Nur dass sich in seinem Pech, aus irgendwelchen Gründen die Krankheit ein bisschen mehr manifestiert als diese Grundhaltung. Ungleichgewicht ist entstanden und der Heiler kann zu einem Stellvertreter dieser Grundhaltung werden. Die Krankheit braucht keine Geschichte, kein Symptom, kein Karma, keine Erklärung. Viel wichtiger, als sich auf die Krankheit auszurichten, ist die Frage: 110 Kann das, was die Krankheit heilen könnte, im Körper das Immunsystem, in der Psyche das ungeteilte Denken, in der Spiritualität aufhören zu meinen, dass man etwas werden kann, kann diese Grundhaltung, die aus irgendeinem Grund immer wieder bei uns allen in Gefahr gerät aus dem Gleichgewicht zu fallen, wieder erstellt werden? Und der Heiler übernimmt stellvertretend die Aufgabe, dieses Gleichgewicht wiederherzustellen. Wenn ihr die ganz alten, taoistischen Bücher oder die chinesische Medizin vor Konfuzius studiert, werdet ihr feststellen, dass die moderne chinesische Medizin völlig falsch interpretiert, wenn sie Harmonieherstellung auf der energetischen Körperebene definiert. Die Taoisten und die Vorkonfuzianer sprachen vom Seelenaspekt. Sie haben es nicht pervertiert auf die Ebene vom Ausgleich der Meridiane, der Akupunkturpunkte, des Ying und Yang auf der materieller Ebene. Ying und Yang auf materieller Ebene ist Dualität. Ying Yang auf spiritueller Ebene ist Ergänzung. Ein absolut anderer Zusammenhang, ein ganz anderer Blickpunkt. Wenn die Taoisten von Harmonisieren sprachen, meinten sie das Wiederentdecken, dass individuell Manifestierendes und das Ganze nicht getrennnt sind. Die Taoisten sagen, Krankheit hat nur dann eine Chance aufgelöst zu werden, wenn diese Balance, diese Harmonie, diese Grundhaltung zum Ganzen wieder existiert, was mit dem Körper herzlich wenig zu tun hat, weil der sowieso verfällt. Ein Immunsystem kann nur solange stark sein, wie es einen Bezug zur Ganzheit hat. Dieser ganze Nachinterpretationsmüll, es habe beispielsweise zu tun mit einem Ausgleich von kalt und heiss im Körper drin und all das Zeug, vergesst es. Das sind Nachinterpretationen, die mit dem Ursprung nichts gemein haben. Das sind zurechtgebogene Erklärungen, die die Schuld dem Körper oder dem Mind oder der Umgebung oder einer anderen Person zuzuschieben versuchen. Der Heiler wird einfach für jemanden, der, wie es uns alle treffen könnte, unglücklicherweise – das ist das Prinzip von Individualität und Ganzheit – für einen kurzen Moment nicht mehr ganz im Gleichgewicht war, zum Stellvertreter dieser Grundhaltung. Nehmt eines der traurigen Beispiele, welche man immer wieder anführen muss, gerade weil sie heutzutage tabuisiert werden: jemandes Körper zerfällt tatsächlich durch Krebs und ist am Sterben. 111 Wenn all die Theorien der sogenannten alternativen Schulen stimmen würden, Gesundheit eine Frage der Harmonie der Energien wäre, der Säfte, oder wie auch immer alle diese Erklärungen lauten, wieso verfällt dann mein Körper? Oder wenn man nicht der Frage nachgeht, wieso er verfällt, könnte man zumindest vermuten, ja wenn die Krankheit irgendeinen Sinn macht, in Bezug steht zu einer Balance, dann ist es offenbar um diesen sterbenden Menschen schlecht bestellt. Er muss ja völlig aus der Balance geraten sein. Und achtet, wie schnell der Mind da wieder eine Aufteilung macht und folgert, beim Tod verhält es sich halt eben ein wenig anders und diese Theorien gelten nur solange man lebt. Man lebt bis man gestorben ist. Bevor auch ein verfallender Körper nicht ganz tot ist, ist man immer noch am Leben. Entweder gilt all die Theorie bis ans Ende oder sie ist nicht gültig, nichts wert, eine Illusion, ein Pseudoersatz. Und Tatsache ist, dass diese Grundhaltung, unabhängig vom körperlichen Zerfall, vorhanden sein kann und vorhanden ist. Hört auf, euch so manisch, süchtig, teilweise sogar geil auf die Krankheitssymptome abzustützen. Es geht um viel mehr. Die einzige Heilungsmöglichkeit, welche ein kranker Körper hat, besteht in der Stärkung des Immunsystems. Ein Immunsystem kann sich nur stärken, indem die Grundhaltung da ist, ein Zurückfinden, eine absolute Loslösung von der Idee des Wertens, des Aufteilens. Und Achtung, auch dann muss eine Heilung nicht notwendigerweise stattfinden. Die Frage, warum man überhaupt einen Körper hat, lässt sich ganz einfach beantworten: eine Idee wird nie selbsttragend, wird nie zu einem Ausdruck, einem kreativen Prozess, ohne Instrument. Der Körper ist ein Instrument, um das Ganze zu zeigen. Der Körper ist ein Instrument, um das Ganze sichtbar werden zu lassen. Die meisten Leute haben ununterbrochen Ideen im Kopf, wunderschöne Vorstellungen auch über Spiritualität, über Gott, aber wenn der Körper diese Idee, diese Vorstellung nicht trägt, ergibt sich daraus keine Manifestation. Der Körper ist wie eine Kerze, die eine bestimmte Zeit präsent ist, um Licht zu manifestieren. Ist die Kerze niedergebrannt, fragt niemand, was diese Kerze falsch gemacht hat, warum dies geschieht, welch Karma sie hat, dass sie niedergebrannt ist. Man ist ihr dankbar, dass sie gebrannt hat, weil ihr Niederbrennen zeigt, dass sie Licht gespendet hat. Kann der Mind endlich anfangen, seinen Körper als das zu nehmen, was er ist, als Kerze, die gerade weil sie verbraucht wird, Licht erzeugt? 112 Krankheit verliert so plötzlich ihre negativen, bewertenden Assoziationen, Manko, ein Ausdruck einer offensichtlich fehlenden Harmonie, sondern wird genau zu dem, was die christliche Religion andauernd einzuhämmern versucht, leider völlig pervertiert, zum Aufgeben des Körpers. In der christlichen Mystik ist es der Körper, der leidend ans Kreuz geschlagen wird, was den heiligen Geist freisetzt, das Licht. Was ist los, dass wir nicht mit Stolz, mit Bewunderung, mit Verwunderung umhergehen, für die Tatsache, dass wir eine Kerze sind, die dank dessen, dass sie den heiligen Geist trägt, verbrennt, niederbrennt. Lieber tun wir immer so, als ob wir kein Licht möchten, als ob wir den Körper immer erhalten möchten. Ein Heiler ist jemand, der ganz bewusst in tiefer Dankbarkeit zu einer Kerze wird. Und ein Heiler wird dadurch zum Stellvertreter einer Grundhaltung, die zu zeigen versucht, dass der Körper/Mind ein Instrument, ein Lichtträger ist. Und das zeigt er eben gerade auch dem Kranken an Körper/Mind. Die Verhärtung durch die übermässige Identifikation mit Körper/Mind, die Idee, dass Körper/Mind die Grundlage darstelle, lähmt, reduziert das Immunsystem. Wunderheilungen finden immer nach dem gleichen Prinzip statt, sei es in Lourdes oder in Spitälern und sie ereignen sich öfter als man meint. Spontane Remission nennt man das dann in der medizinischen Fachsprache. Wunderheilungen finden ununterbrochen statt und bestehen aus einem einfachen Grundsatz: ein plötzliches Erkennen, dass ich fortwährend gegen die Kerze gekämpft habe, indem ich versuchte habe, das Licht auszulöschen, weil ich weiss, dass die Kerze niederbrennt, wenn das Licht brennt. Der andauernde Kampf gegen Körper/Mind ist die einzige wirkliche Krankheit. Der pausenlose Kampf gegen Körper/Mind ist das einzige Risiko, dass nicht stattfinden kann, was präventiv überhaupt möglich ist, und im Fall einer schon ausgebrochenen Krankheit – nicht aufgrund des dauernden Kampfes, sondern weil sie auch sonst ausgebrochen wäre – eine kleinere Möglichkeit der Heilung besteht. Krankheit wird es immer geben, sonst gibt es keine Evolution. Die immer sehr beschränkte mögliche Prävention oder die ein bisschen weniger beschränkte Möglichkeit einer Heilung beruht auf dem Aufhören des Kampfes gegen Körper/Mind. 113 Lasst den Körper/Mind Kerze sein. Das Tragen des Lichts ist tausendmal wichtiger, als das Erhalten der Kerze. Was nützt eine Kerze, die keine Flamme hat? Was ist der Nutzen eines Apfelbaums, der sich weigert, Früchte zu tragen, nur weil er davon ausgeht, dass, nachdem er dann endlich diese wunderschönen Früchte geschaffen hat, Leute daherkommen und sie einfach pflücken. Die ganze Natur macht nichts anderes als fortwährend im Überfluss zu produzieren, mit dem Wissen, dass alles sogleich weggenommen wird. Und wir? Wir sind die einzigen, die das Gegenteil machen. Und wenn wir es dann irgendeinmal doch tun, halten wir uns noch für etwas Besonderes. Ein Heiler ist eine schnell, intensiv niederbrennende Kerze. 114 Demut – Geduld – Anpassungsfähigkeit 12. Dezember 1995 Jede Methode, jede Technik, jede Philosophie ist nichts anderes als ein hilfreicher Versuch sich zu orientieren. Zumindest ein Versuchen, etwas möglichst zu verstehen, das weder das Gehirn noch der Körper und auch nicht ein Teil des Bewusstseins verstehen können, nämlich das Formlose, das Nichts, das, was man nicht benennen kann und auch nicht erreichen kann über irgendeine Definition. Der Vorgang des Heilens kommt dem im Prinzip am nächsten, weil man auch während des ganzen Heilungsvorgangs nie weiss, wie das Resultat sein wird. Der Versuch über eine Technik, ein Modell, Worte, averbale Sprache, etwas zu erklären, zu verstehen, ist einfach nur eine Möglichkeit, sich festhalten zu können. Denn zu sehen, dass alles im Nichts endet, in die Unendlichkeit mündet, bereitet vielleicht nicht einmal Angst, erzeugt jedoch ganz einfach ein tiefes, endloses Wahrnehmungsloch. Buddha und die Taoisten gehen dabei am tiefsten und diese Tiefe besteht in einer Revolution, die evolutionsmässig offensichtlich nie ganz stattfinden kann. Sie sagen, wenn das Tao formlos ist, unendlich, dann ist sogar Liebe etwas, das man sein lassen muss, etwas, das eine Anhaftung, eine Form beinhaltet. Der Mind sagt, wenn ich mich bemühe aus Aggression, Hass, Angst herauszugelangen, muss doch die Zielsetzung zumindest Liebe sein. Und Lao Tse sagt, nicht im Tao Te King, sondern in noch älteren Schriften, Liebe und Hass sind Formen und die Anhaftung daran muss aufgelöst werden. Und Buddha sagt: Liebe ist wie eine Blume, die verwelkt ist und deshalb herausgezogen werden muss. Sagt man das von Hass, kann der Mind das noch verstehen. Hass, beobachtet er, schafft Zerstörung, Distanz, Konflikt. Aber Liebe? Basiert denn nicht alles im Zusammenspiel der Beziehungen auf diesem Wort Liebe? Erklärt nicht Jesus als oberstes Prinzip: liebe deinen nächsten wie dich selbst? Und Buddha und Lao Tse sagen, auch dies muss verschwinden, das Tao kennt keine Liebe. Eifersucht entsteht wegen Liebe. Das Gefühl, ich werde abgelehnt, entsteht aus der bevorzugten Liebe zu jemandem. Trauer entsteht wegen der Liebe. Gestern, morgens um elf, starb die Frau meines Freundes und er bat mich am Abend vorbeizukommen und noch einmal zu ihr in Kontakt zu treten. 115 Als ich zur Türe hereintrat, kam die dreizehnjährige Tochter als erste auf mich zugestürzt und begann herzzerbrechend zu heulen. Sie weinte nicht, weil sie die Mutter hasste oder Aggressionen hatte, sondern die Liebe riss ihr fast das Herz entzwei. Das Kind in diesem Gefühlszustand zu erleben, schmerzte mehr als die Mutter zu sehen, die den Körper verlassen hatte. Niemand sagt, die Lösung besteht infolgedessen in Nicht-Liebe. Das wäre eine logische Schlussfolgerung und Spiritualität kennt keine Logik. Auf der Ebene von Körper/Mind ist Liebe das einzige Medium, um eine Balance, eine Harmonie darzustellen. Aber sie erzeugt, wie alles, was in der Dualität verhaftet ist, was Form ist, auch genauso Schmerz, Destruktivität. Wieviele Leute bringen sich um, weil die Liebe verlorengegangen ist? Wieviele Leute werden krank, depressiv, weil sie das Gefühl haben, ihre Liebe ist nicht mehr geschätzt? Lao Tse und Buddha sagen, wie alles auf der Welt, ist auch der Körper ein grandioses Wunder. Niemand behauptet, es sei sinnlos, den Körper zu pflegen, nur weil er nach fünfzig, sechzig, achtzig Jahren verfällt. Aber achtet auch auf das, was dahinter ist. Und Lao Tse und Buddha sagen, das gilt auch für die Liebe. Jedes Angehaftetsein, auch an das Grösste, auch an das Schönste, auch an das Beste, ist eine Barriere zum Endlosen, zur Leere, zum Tao. Der Mind wird dann sofort versuchen, eine Unterscheidung zu finden und zu sagen, ich kann das, wenn ich tief und ehrlich bin, sehen in bezug auf eine Liebesstruktur, die der Körper/Mind pflegt, die ja immer ichdu-bezogen ist. Man liebt jemanden speziell, und dadurch sind die andern eben zu einem Teil ausgeschlossen, beispielsweise die Familie etc. Aber, sagt der Mind, es gibt doch noch jene Ebene, die von dieser Bezogenheit losgelöst ist, Liebe an sich. Liebe an sich gibt es nicht. Liebe ist immer auf etwas ausgerichtet. Dieses Etwas mag ein Einzelnes oder eine Mehrzahl sein, eine Vielfalt, aber Liebe ist immer an etwas orientiert, gerichtet. Es braucht ein Zentrum, zum Beispiel in der esoterischen Sprache das Herzzentrum, und es braucht irgendwo ein Gegenüber. Das muss nicht ein Mensch sein, das kann beispielsweise auch ein Gott sein. Und da ein Zentrum notwendig ist und ein Gegenüber, braucht es Zeit, Raum, und kann demzufolge nichts mit dem Nichts, mit dem Tao zu tun haben. 116 Betrachtet es aus der Sicht des Sterbens. Sterben ist auch die Auflösung der Liebe. Als ich gestern abend die Hand dieser Frau hielt, kalt, der ganze Körper weiss, hat das Energiesystem trotzdem noch immer pulsiert. Der Ätherkörper hat immer noch die gleiche Bewegung gemacht, wie Atmen. Man hatte dauernd das Gefühl, sie ist am Atmen und jetzt wird sie dann sogleich erwachen. Das war so intensiv, dass die dreizehnjährige Tochter fand, vielleicht ist sie ja gar nicht tot. Vielleicht haben die einen Fehler gemacht und jetzt meint man nur, sie sei tot. Wir hatten dauernd das Gefühl, jetzt wird sie sogleich die Augen öffnen und mit uns sprechen. Der Glanz des Antlitzes, das, wovon wir seit vier Tagen sprechen, die Ätherkörperstruktur des Gesichts, war noch völlig lebendig. Der ganze Brustbereich hatte immer noch diese rhythmische Bewegung des Lebens. Nur floss kein Gefühl mehr. Es ist keine Liebe mehr zu den zwei Kindern geflossen. Das Zentrum hatte sich aufgelöst. Der Körper und das Feinstoffliche, die die Gefühle transportieren, hatten ihren Auftrag aufgegeben. Die Kerze war niedergebrannt und mit ihr der Transport, die Manifestation des Gefühls. Das Formlose hat keine Gefühle. Und eigenartigerweise war es gerade diese Aufhebung von Gefühlen, von Liebe, die diesen heiligen Zustand, diese tiefe, unaussprechliche Ruhe erzeugt haben. Liebe kennt keine Ruhe. Religiosität ist losgelöst von Zuwendung. Sterben ist sich herauslösen auch aus der Liebe. Das Zentrum ist plötzlich verschwunden in der Ganzheit. Das Angehaftetsein an Vorlieben, an spezielle Liebesbezüge, an die Liebe zu sich selber, existiert nicht mehr, und erst in diesem Moment, in dem auch die Liebe wegfällt, findet die absolute Freiheit statt. Jeder Sterbeprozess ist eine endgültige Erlösung. Ihr könnt euch das als Kerze, als Flamme, die Licht erzeugt, vorstellen. Wenn die Flamme auslöscht und das Licht erhalten bleibt, ist das Erleuchtung. Wenn die Kerze niederbrennt, die Flamme ausgeht und damit auch das Licht wegfällt, ist das nicht wirklich Sterben. Das Tao oder wie auch immer man es nennen mag, hat in seiner Unendlichkeit die Möglichkeit erschaffen, wenn es uns nicht in diesem Leben gelingt, die Kerze niederbrennen zu lassen und währenddem die Flamme ausgeht, das Licht erhalten bleibt, dass sich wenigstens dieser Zustand garantiert beim Sterben einstellt. 117 Niemand kann wirklich heilend wirken, der den Tod, das Sterben ignoriert, im Sinne von sehen, dass Sterben die letzte, ultimative Erlösung ist. Unsere Medizin funktioniert sehr oft falsch, da sie primär zunächst einmal den Tod verhindern will. Eigentlich sollte sie nicht den Tod verhindern, was ja sowieso in vielen medizinischen Fällen oft nicht möglich ist, sondern sie sollte vor allem helfen, falls eine Krankheit zum Tod führt, dass die Kerze und die Flamme so sterben können, dass das Licht erhalten bleibt, wenn die Flamme ausgeht. Dass eben das Bewusstsein erhalten bleibt und dies schon vor dem Tod stattfindet. Dass jemand, der stirbt, nicht erst nach dem Übergang merkt, dass das Licht erhalten bleiben wird. Reinkarnation im Sinne Buddhas ist nicht die Wiedergeburt einer Persönlichkeit. Im Sinne Buddhas ist Reinkarnation genau gleich wie die Reinkarnation im christlichen Sinne: das Licht bleibt mit Sicherheit erhalten, auch wenn die Flamme ausgeht. Die ganze christliche Welt und Kultur rennt dem östlichen Reinkarnationsphilosophiebild nach, weil sie sich nicht mit der christlichen Aussage abfinden kann, dass man irgendeinmal zuerst im Dunkeln ist und darauf das jüngste Gericht folgt. Und das alles wird angereichert mit dem ganzen Schund mit der Hölle, was ja ähnlich dem Karmakram beim Reinkarnationsmodell ist, aber die wirklich tiefe christliche Aussage ist gleich der Buddhas. Die Seele ist nicht die Flamme, sondern das Licht an sich. Die Flamme kann ununterbrochen auslöschen auf dem Weg zur Seele. Im Bezug zu Körper/Mind sind das Krankheiten, Depression, Trauer, Selbstmitleid, Horror etc. Dennoch besteht die Möglichkeit der Auferstehung des Lichts. Das jüngste Gericht ist natürlich eine spätere Erfindung, um Angst zu erzeugen und Macht zu erhalten. Und das jüngste Gericht ist einfach eine Definition des Karmas. Lässt man dies einfach einmal auf der Seite, weil Theorien nur Theorien sind, so bleibt einzig übrig, dass man nie zum Ganzen hinausfallen kann. Heiler werden nicht besser, aber sie sind anders, intensiver im Moment, in dem Heilung nicht mehr primär vor allem Überleben sichern soll, sondern wenn Heilung primär versucht, dass die Seele mehr in Körper/Mind integriert wird. Ich persönlich habe lieber einen Körper, der verfällt, als keine Beziehung zur Seele. Wenn ich sterbe, habe ich die Beziehung zur Seele sowieso. 118 Wäre ich genötigt zu wählen, obgleich ich hoffe, dies nie tun zu müssen, zwischen einer Beziehung zur Seele in diesem Leben zum Preis eines schnellen Verfalls des Körpers, oder einem langen, gesunden Leben ohne Beziehung zur Seele, müsste ich nicht eine Sekunde über meine Wahl nachdenken. Immer das erste, den Bezug zur Seele. Je länger Körper/Mind als Träger der Seele, des Lichts gesund und vital bleibt umso besser als Träger des Lichts. Aber nie und nimmer ein hin und her ob zehn Jahre mehr oder weniger, wäre der Preis die Verleugnung, das Tabuisieren, die Beziehungslosigkeit zur Seele. Kann der Mind verstehen, sehen, erfassen, dass heilend zu wirken auch hinter die Liebe gehen muss? Kann er sehen, dass jedes Anhaften Konflikt, Schmerz erzeugt? Dass Anhaften nicht aufgeteilt werden kann in ein Anhaften, weil es gut ist und ein Nicht-anhaften, sondern Anhaften an sich ist, Punkt? Kann der Mind sehen, dass vielleicht die Chance einer Heilung vieler Krankheiten gar nicht in der grösseren Zuwendung besteht, sondern im Überschreiten dieser Grenze, über die Anhaftung auch an die Selbstliebe hinweg? Kann der Mind sehen, dass auch die grösste Form von Mitgefühl einem Heilenden gegenüber immer noch ein Schatten der Persönlichkeit ist? Kann der Mind erfassen, ohne in Panik zu geraten, dass ein Vehikel, ein Instrument des Ganzen werden, bedeutet, auch noch das Mitgefühl hinter sich zu lassen? Erst in solchen Momenten wie gestern, als die Dreizehnjährige in meinen Armen herzzerreissend ihrer Verzweiflung, ihrer Trauer Ausdruck gab, merkt man plötzlich, dass auch totales Mitgefühl, auch das Ganzsein mit diesem Kind, was einem selbst ja beinahe das Herz bricht, eine Beziehung zur anderen Ebene verhindert. Erst wieder ruhig zu werden, leer zu werden, hat mich den Bezug zu der sich verabschiedenden Verstorbenen wieder herstellen lassen. Das Tao braucht die absolute Leere, die Absenz jedes Angehaftetseins, um sich manifestieren zu können. Wenn der Mind dies auch nur in kleinen Ansätzen sehen kann, verstehen kann er es sowieso nicht, aber sehen kann, so findet eine innere Revolution statt. Der nächste Schritt in den evolutionsmässigen Quantensprüngen vom heutigen Menschsein zu einer anderen Form des Menschseins beinhaltet, unserer Meinung nach, diesen Sprung aus den Gefühlen in einen anderen Zustand, welcher diese Leere verstärkt manifestiert. 119 Und Heilen an sich, auch wenn es uns in diesem Leben nicht wirklich gelingt, sowie jedes Healing ist ein kleiner Baustein zu diesem Quantensprung. Und je mehr man während dem Heilen sogar auch das Mitgefühl, die Liebe sein lassen kann, während dem Heilungsprozess einen Weg finden könnte, manchmal weniger gut, manchmal besser, absolut absent zu sein als Zentrum, umso mehr wird zu diesem evolutionären, revolutionären Quantensprung ganzheitlich ein Beitrag geleistet. Die Spezies Mensch kann nur überleben, wenn sie auch das Anhaften an die Liebe irgendeinmal aufgeben kann. Die Taoisten sagen, es gibt drei Haltungen, die gleichzeitig in Funktion sein müssen, um dem Mind zu helfen, den wohl schwierigsten Prozess, das Überschreiten dieser Grenze nicht erst am Ende des Lebens, sondern auch schon vor dem Sterbeprozess zu vollbringen. Nicht nur der Taoismus, auch der Buddhismus, auch die christliche Religion spricht immer wieder von diesen drei Haltungen, die zu den Grundhaltungen gehören, von denen wir gestern sprachen, und die spezifisch da sind, um dem Mind zu helfen, diese Leere zu finden. Die erste Haltung, und das meine ich nie hierarchisch, sondern immer vernetzt, zusammenhängend, ist Demut, Bescheidenheit. Der Begriff Demut bedeutet, auch wenn ich mir bewusst bin, dass meine Liebe bei jemandem etwas bewirkt hat, nichts daraus abzuleiten, keinen Wert von ich bin gut oder entwickelt oder helfe zu entwickeln. Sondern zu sehen, dass Liebe als Form auch wieder nur existieren kann dank der Leere. Wie eine Welle auf dem Ozean nur existieren kann wegen dem Ozean. Demut, Bescheidenheit ist der Prozess des ununterbrochenen Relativierens der eigenen Errungenschaften und der eigenen Möglichkeiten. Es ist ein andauerndes Realisieren, dass auch die Qualitätsaura, mein Potential, nichts anderes als ein Überfluss der Natur ist, die man mir unabhängig von meinem Gefühlszustand zur Verfügung gestellt hat. Stolz ist immer die Form, die noch nicht ganz gesehen hat, dass auch wenn man etwas richtig, gut, schön macht, dies eigentlich nur ganz natürlich ist. Stolz ist nichts anderes als eine Möglichkeit zu erkennen, ein Signal der inneren Intelligenz, dass man doch noch nicht ganz durchblickt, dass man wieder ein wenig angehaftet ist. Ein wunderschönes Signal, welches die meisten von uns übersehen. Man kann ja beispielsweise auch stolz auf die eigene Bescheidenheit sein. Die ganze christliche Religion leidet unter diesem Zustand. 120 Die Sufis würden sagen, Demut ist ein tiefes sich Verbeugen vor Allah. Demut, Bescheidenheit ist eine der stärksten Hilfsquellen das Instrumentangehaftetsein immer wieder sein lassen zu können. Man kann nicht sagen, ich will nicht mehr angehaftet sein. Das Denken kann viel sagen, was es nicht will. Es braucht eine Haltung, nicht ein Denken. Und die Haltung von Demut, Bescheidenheit ist das Mittel, Anhaftung aufzulösen. Was braucht es weiter? Die Taoisten sagen Ausdauer. Ein eigenartiges Wort, das zuerst auf der Körperebene als Assoziation Kondition auslöst. Die christliche Mystik hat nicht von Ausdauer gesprochen, sondern von Geduld. Geduld ist der Prozess, sich nicht um Zeit zu kümmern. Um es hinduistisch auszudrücken, es spielt keine Rolle, ob tausend oder zehntausend Leben, entscheidend ist, ob irgendeinmal dieser Zustand entsteht, wenngleich die Flamme ausgeht, das Licht erhalten bleibt. Unser Zeitalter ist wohl das ungeduldigste Zeitalter, das es je gegeben hat. Es ist die Ungeduld, welche die meisten Leute zu einer enormen Destruktivität gegen sich selbst treibt. Wenn sie nicht gleich sofort heilen können, etwas passiert, dann erachten sie sich als sowieso nichtig, unwert. Wenn sie ein Problem erkennen und das Problem nicht sogleich gelöst ist, dann ist sowieso nichts los. Wenn sie nicht in diesem Leben erleuchtet werden, dann ist das sowieso alles Plunder. Wenn der Körper trotz aller Anstrengungen zwischendurch einen Grippenvirus einfängt, dann bin ich sowieso nicht gut genug. Wir haben uns in einem Raum/Zeit/Gravitations-Phasenfeld festgefahren, gefangen, welches uns pausenlos das Warten zu einer Folter macht. Meditation ist nichts anderes als das Instrument der Geduld. Meditation bringt einen nirgendwo anders hin, da kann man im Kopf noch so viele wunderschöne Erlebnisse haben. Der einzige Sinn von Meditation ist, Geduld zu lernen. Und es besteht kein Unterschied zwischen Geduld, geduldig sein, etwas an sich herankommen lassen, annehmen. Erst wer Geduld hat, kann auch in der Haltung, nicht nur als Idee, andere so sein lassen, wie sie sind. Freiraum entsteht über Geduld, nicht über Ideen von Freiraum oder Toleranz oder sonstwas. Leere, das Tao kann vom Mind erst erfasst werden, wenn es auch das Instrument der Geduld beherrscht, warten zu können. 121 Und auch hier ist es der Sterbeprozess, der in den meisten Fällen, nicht immer, ein Lernprozess für Geduld ist. Auch als gesund Sterbender, zum Beispiel aus Altersschwäche, stirbt man nicht einfach. Sogar bei einem plötzlichen Mord, stirbt man nicht einfach. Man geht durch einen Prozess. Ablösung des Feinstofflichen vom Körper, dann Auflösung des Feinstofflichen vom Energiekörper und die Auflösung des Energiekörpers in das absolut Unpersönliche. Achtet mal auf das Folgende. Wir sagen, achtzig Prozent aller psychischen Ängste beruhen darauf, dass die Grundhaltung der Geduld nicht vorhanden ist. Es ist ein psychologischer Unsinn, mit den Ängsten zu arbeiten, wenn sie ein reines Symptom von Ungeduld sind. Die Frage ist nur, wie Geduld entstehen kann, wenn keine Demut vorhanden ist. Demut impliziert Geduld. Geduld ist die Absenz des Ich, die Absenz des Bedürfnisterrors, was für einen entstehen müsste und wie die Dinge zu sein hätten. Gerade Kranke, die zu Heilung kommen, werden vielleicht nicht geheilt, aber der Schmerz, die Krankheit wird vor allem einen anderen Stellenwert bekommen, wenn sie die Grundhaltung der Geduld lernen. Jeder Heiler wird immer wieder in Situationen kommen, in denen er auf Menschen trifft, besonders wenn er sich einen gewissen Namen gemacht hat, die erst dann erscheinen, wenn sie sich in einer Endphase ihres Lebens befinden. Je mehr solche Leute kommen, umso wichtiger wird das Vermitteln der Grundhaltungen, und dass eben nicht nur Körper/Mind, sondern auch der feinstoffliche Körper in den Heilungsprozess einbezogen wird. Frieden ist allein eine Folge von Geduld. Geduld verhindert das fortwährende Agieren und Reagieren. Wo dem Körper zugesetzt wird, wie das in der heutigen Zeit zum Beispiel bei Krebs gemacht wird, durch ein andauerndes Bombardement mit Medikamenten, Bestrahlung oder was auch immer, dort besteht das Risiko, dass er sogar noch mehr verfällt. Wohlverstanden, damit sagt niemand, dass Bestrahlung oder Chemotherapie nicht probiert werden soll. Solange die Medizin keine besseren Mittel hat, soll sie die Bestehenden benützen, aber man soll auch sehen, dass die ungeduldige Erwartungshaltung einen ganz grossen Teil des Immunsystems blockiert. Der Mind ist von Natur aus ungeduldig, gehetzt. Und die Taoisten sagen mit dem Begriff Ausdauer, die Christen mit dem Begriff Geduld, der Weg zum Tao kann nicht gefunden werden ohne Warten, Geduld. Meditation ist das Instrument dazu. 122 Der dritte Begriff, den die Taoisten verwenden, und bei dem ein freiheitlich denkender Mind gleich einen Purzelbaum schlägt, ist Anpassungsfähigkeit. Ein Begriff, der heillose Verwirrung stiftet. Soll man sich einem Guru, einer Idee, einem Modell, einem Staat, einer unfreiheitlichen Ordnung wie beispielsweise einer Diktatur anpassen? Heutzutage ist es Mode über Autonomie, Selbständigkeit, Unabhängigkeit zu diskutieren, zu sprechen und sogar zu behaupten, wenn man autonom sei, unabhängig, selbständig, sei man entwickelt. Und da kommt Lao Tse und sagt, die dritte Grundbedingung, parallel zu Demut und Geduld, ist Anpassungsfähigkeit. Betrachtet man einmal all die Theorien und Pseudotheorien, vor allem zu Autonomie, Unabhängigkeit, Selbständigkeit, die in den letzten dreissig Jahren entstanden sind, sieht man, dass sie in Wirklichkeit nur ein Versuch sind, unter den Teppich zu kehren, dass man offenbar mit Beziehungen eigentlich nicht mehr zurecht kommt. Daraus heraus macht man sich halt am gescheitesten autonom, unabhängig, selbständig, um entwickelt zu sein. Wirft man alle diese Theorien einmal einfach über Bord, und fängt mal zuerst beim Gehirn an, ergibt sich folgendes. Das Gehirn ist ein überaus vitales Organ. Im Gehirn entstehen alle Funktionen für den Körper. Was macht ein Herz ohne Gehirn? Im Gehirn entstehen alle Funktionen von Bewusstsein. Im Gehirn läuft ab, im Gehirn wird übersetzt, ob eine Krankheit überhaupt eine Chance zur Heilung hat. So merkt man plötzlich, dass das Gehirn, eines der grössten Wunder im Universum, primär nicht von Wissen abhängig ist. Das Wissen vor 500 Jahren ist anders als heute, aber das Gehirn hat gleich funktioniert. Das Wesen des Gehirns und dessen, was man Intelligenz nennt, liegt in einer fantastischen Flexibilität, eben dieser Anpassungsfähigkeit. Ein Gehirn, das nicht anpassungsfähig ist, ist ein totes Gehirn. Das Gehirn ist eine der flexibelsten Strukturen im ganzen Universum. Intelligenz ist nicht Wissen plus Umsetzen, sondern Flexibilität. Mit Anpassungsfähigkeit meint Lao Tse nicht, einmal ein wenig so, das andere Mal ein bisschen so, wie das die Politiker tun, sondern er meint etwas, das seinen Ursprung schon im Wesen des Gehirns hat. Wie kann ein Mind Demut und Geduld haben, wenn er nicht flexibel ist? Wenn einmal das innere Bild eines Ich aufgebaut ist, welche Chance zum Tao zurückzufinden, hätte ein Gehirn, das so funktionieren würde wie der Mind? Das Gehirn lässt ununterbrochen alle Möglichkeiten zu. 123 Obwohl es bei allen die genau gleiche Struktur hat, ist das Gehirn so flexibel, dass es jedem erlaubt, das zu denken, was er will, und das Gehirn für jene Zwecke zu benützen, die er wählt. Es unterscheidet nicht in, wenn du böse denkst oder rassistisch, dann höre ich auf für dich zu arbeiten, und wenn du brav denkst, bin ich für dich in Betrieb. Das Gehirn lässt sogar zu, dass man mit Alkohol oder Heroin Milliarden von Zellen zerstört, und es bleibt trotzdem flexibel in seinem Umgang mit dem Bewusstsein. Und da das Gehirn in seinem Aufbau eines der grössten Wunder der Natur ist, wäre es ja nichts als schlecht und recht, dass auch der Mind vom Gehirn lernt. Es gibt nichts so flexibles wie die Natur, das Universum. Flexibilität ist die Absenz einer logischen A zu B-Folge, die Absenz einer Zeitstruktur. Flexibilität, Anpassungsfähigkeit ist die Aufhebung von Zeit. Während hunderten von Jahren und auch noch immer in den letzten zehn Jahren wurde behauptet, dass das Universum expandiert, im Urknall seinen Anfang und ein gewisses Alter hat. Dank dem HubbleTeleskop wissen wir, dass es Sterne gibt, die älter sind als das Universum. Da kommt der Mind nicht mehr mit. Aber genau dies ist, was Flexibilität, Anpassungsfähigkeit ist. Im Prinzip ist Anpassungsfähigkeit das, was wir gestern und vorgestern unter dem Begriff wertfreies, urteilsloses Denken beschrieben haben. Und wieder, wenn ich mich an gestern Abend erinnere, welch fantastische Flexibilität, welch Wunder, wie sich bei einem zerfallenden Körper das Feinstoffliche anpasst und auf seiner Reise in eine andere Dimension Teile zurücklässt, wie eine Rakete, die in den Himmel schiesst und immer mehr ihrer Teile, welche nicht nötig sind auf ihrer Umlaufbahn, einfach wegfallen lässt. Welch fantastische Flexibilität eines Systems, das über Jahre in einem engen Verbund strukturiert war und sich jetzt ohne Widerstand einfach transformiert, transzendiert, auflöst in etwas völlig Neues. Damit etwas Neues geschehen kann, ist Anpassungsfähigkeit eine Grundvoraussetzung. Anpassungsfähigkeit ist der Prozess, nichts gegenüber, nirgends einen Widerstand entgegenzusetzen. In Lao Tses Worten: ein fortwährendes Fliessen mit dem Fluss. Alle drei Grundhaltungen, Demut/Bescheidenheit, Ausdauer/Geduld, Anpasssungsfähigkeit/Flexibilität sind miteinander verbunden und können nicht voneinander getrennt werden. Geduld ohne Demut und Anpassungsfähigkeit verkommt zu einer Ideologie, Moral. Das gleiche mit Demut, Anpassungsfähigkeit. 124 Oder sie zerfallen in eine Körper/Mindstruktur, die dann auf einer Ebene definiert wird, von der die Mystiker überhaupt nie gesprochen haben: du musst geduldig sein, weil wir, die Kirche recht haben, du musst dich anpassen, du musst uns gegenüber, weil wir es wissen, demütig sein. Davon hat kein Mystiker gesprochen.. Das sind nichts anderes als Versuche von Leuten, die diese drei Haltungen nicht vereinen konnten, sich selber ein Zentrum, einen Stellenwert zu schaffen, um daraus irgendwie zu profitieren. Es führt leider allerdings dazu, dass Millionen von Leuten der Religiosität, den tiefen Sinnweisheiten von Mystikern skeptisch bis negativ gegenüberstehen, weil sie das Ganze immer auf einer Ebene interpretieren, wo es gar nicht hingehört. Heilung ist eine der idealsten Möglichkeiten, um dies zu lernen. Kann der Mind diese Grundhaltungen entfalten? Geduld/Ausdauer, ohne die Heilung unsinnig ist. Demut/Bescheidenheit, ohne die Heilung eine leere Floskel bleibt. Und Anpassungsfähigkeit/Flexibilität, ohne die Heilung immer ein Resultat verlangt. Kann der Mind diese drei Eigenschaften anwenden? Um dem zu Heilenden grundsätzlich als Stellvertreter Hilfe anzubieten und gleichzeitig im heilenden Prozess andauernd mehr von diesen drei Grundhaltungen wahrzunehmen, zu sehen, zu erkennen, zu verstehen, weil sie die Hilfen für den Mind sind, sich auch noch aus dem Angehaftetsein herauszulösen. 125 Der Energiekörper 13. Dezember 1995 Ausserkörperliches Heilen ist ein Versuch, nicht Körper/Mind mit Körper/Mind zu heilen, sondern dasjenige Heilung ausüben zu lassen, das Körper/Mind überlebt. Im Prinzip kann der Körper/Mind höchstens ein wenig rearrangieren. Aber spätestens beim Tod findet Heilung nicht mehr über Körper/Mind statt, sondern über die Loslösung von Körper/Mind. Wenn es eine Ebene gibt, die sich von Körper/Mind loslösen kann, ist es ja logisch, dass diese Ebene, solange sie in Bezug zu Körper/Mind ist, eine höhere Schwingung besitzt, höher nicht wertend gemeint, und demzufolge viel kräftiger, viel intensiver, viel effizienter auf Körper/Mind einwirken kann, als der Körper/Mind das selber tun kann. Der Mind kann tatsächlich den Körper beeinflussen, was zum Beispiel Hypnose zeigt. Gewisse Körperprobleme bestehen in der Interaktion mit dem Mind, da Mind/Körper nie getrennt angeschaut werden kann, und sind über den Mind an sich auflösbar. Der Körper wiederum kann durch seine Gesundheit einen Einfluss auf den Mind haben. Ein gesunder Körper gibt dem Mind das Gefühl von Leichtigkeit, gibt dem Mind das Gefühl, es sei gut. Also hat auch ein gesunder Körper, der sich zum Beispiel richtig ernährt etc., einen Einfluss auf den Gemütszustand. Aber dieser Einfluss von Mind auf Körper und Körper auf Mind ist relativ klein und sehr begrenzt. Das Feinstoffliche hat schon einen viel grösseren Einfluss und wird von Körper/Mind auch viel weniger in der Interaktion beeinflusst. Das Feinstoffliche ist der Ätherkörper und die mentale Aura, in welcher die emotionale Aura enthalten ist, also Ätherkörper plus Aura. Die Instanz aber, die weder von Körper/Mind noch vom Feinstofflichen beeinflussbar ist, die Instanz, welche die feinstoffliche Ebene leitet, ist der Energiekörper. Der Energiekörper ist die Qualitätsaura plus das, was sich nicht benennen lässt, das sich umschreiben lässt, aber dessen Beschreibung nie ausreicht, die Seele. Der Sinn von ausserkörperlichem Heilen ist, den feinstofflichen Körper als Vehikel für den Energiekörper zu gebrauchen. So wie Körper/Mind das Vehikel des Feinstofflichen ist, so ist das Feinstoffliche das Vehikel des Energiekörpers. Und der Energiekörper ist ein verdichtetes Phänomen des Ganzen. 126 Im Prinzip kann man sagen, dass Leben durch den Energiekörper bestimmt wird. Der Sinn des Lebens ist nichts Philosophisches, ist auch nicht resultatgerichtet, hat nichts zu tun mit Moral, wie man sein müsste. Das ist alles auch sehr kulturabhängig. Sondern der Sinn des Lebens ist die Manifestation des Energiekörpers. So wie die Taoisten sagen, Dualitätsdenken ist krankhaft, spielt auf der Ebene des Energiekörpers die Intensität keine Rolle. Ob jemand seinen Energiekörper intensiv einbringt oder nur rudimentär, hat auf dieser Ebene keinen Einfluss, keine Wirkung, keine Wertung. Es reicht, und das meinen die Mystiker mit dem Begriff Erleuchtung, wenn der Energiekörper auch nur eine Sekunde in diesem Leben aufscheint. Ihr müsst euch dazu einen dunklen Raum vorstellen. Das Geheimnis eines jeden dunklen Raumes ist das Licht. Wenn das Licht angeknipst wird, ist das eine Frage einer Hunderstelsekunde. Jeder trägt zur spirituellen Evolution bei, wenn auch nur für eine Millionstelsekunde das Licht scheint. Und das Wunder besteht ja darin, dass spätestens beim Tod diese Millionstelsekunde des Erstrahlens von Licht sich sowieso ereignet. Das heisst jeder, der lebt, jeder Mensch, der existiert, ist unabhängig davon, wie er sich in diesem Leben verhält, ein Lichtträger. Das meint Jesus mit vergeben, mit den Nächsten lieben. Das meint Buddha mit keiner Unterscheidung machen zwischen den Menschen und zwischen ihren Taten. Gewertet in den Strukturen von sechzig Jahren ein Napoleon, sechzig Jahren ein Hitler, sechzig oder siebzig Jahren ein Papst, von achtzig Jahren ein Albert Schweizer, hat jemand in diesen Zeitphänomenen von sechzig oder achtzig Jahren etwas für das Gute getan, ein anderer etwas für das Schlechte. Diese Wertungen gelten auf der Energiekörperebene nicht. So wenig wie man einen Apfelbaum, der zweihundert gute Äpfel trägt und dreissig faule, deswegen abholzt. Die Summe als Ganzes zählt und nicht der einzelne darin. Obwohl der Mind sich primär auf das Einzelne, was er sieht, was gemacht wird, konzentriert. Kein Mensch kann geboren werden, oder es gäbe Geburt nicht, ohne das Tragen des Energiekörpers und demzufolge ist jeder Mensch, auch der brutalste, schlimmste, grösste Bösewicht, ein Träger dieses Lichts. Und das meinen die Religionen mit vergeben. Die Frage ist nicht, ob man in diesem Leben dieses Licht, diese Energie, den Energiekörper so intensiv lebt, dass man sagen kann, das war ein guter Mensch. 127 Aber wenn ich die Möglichkeit, das Glück habe, den Energiekörper leben zu können, wird das Leben ganz einfach qualitativ besser. Und was ist, wenn ich nicht Glück habe? Was ist wenn ich unter einer Diktatur geboren werde, wenn mein Vater gefoltert wird, wenn meine Mutter vergewaltigt wird, wenn ich in der Idee aufwachse, dass meine Freiheit wichtig ist, und ich mich deshalb, gezwungen oder nicht, irgendeiner Organisation anschliesse, die beispielsweiseTerroranschläge verübt? Als die Israelis in den vierziger Jahren Terroranschläge begingen, genaugleich wie es heute die Palästinenser tun, sagte man, jawohl, das ist gut, die machen das, um ihre Freiheit zu gewinnen, oder beispielsweise auch die Algerier. Und wenn heute andere dasselbe tun, die eben nicht ins Konzept passen, verurteilt man es als Terror. Das alles ist nur eine Frage einer lauwarmen Perspektive, eines Standpunktes, von wo aus man eben gerade blickt. Gott schaut nicht aus einem bestimmten Blickwinkel oder mit jener Sichtweise, die ihm gerade in den Kram passt. Und weil er das nicht tut, kann er auch nicht bewerten, wenn jemand dummerweise in eine Situation hineingeboren wird, in der ihm keine andere Wahl bleibt als sogenannt böse zu sein, und böse immer beurteilt aus einer einseitigen Sichtweise des einen Standpunktes. Gestern haben wir von Demut und Bescheidenheit gesprochen. Alle, die den Energiekörper ein bisschen bewusster einbringen können, müssten eigentlich all jenen gegenüber, die das nicht können, mit Ehrfurcht gegenübertreten, vor allem jenen gegenüber, die in Misere, in Armut, in Horror leben und trotzdem den Energiekörper noch einzusetzen vermögen. Wieviele von uns hätten unter diesen Umständen tatsächlich die Kraft, die Weisheit, den Energiekörper einzubringen? Die letzte Instanz ist die Qualitätsaura und die Seele. Jedes Wesen ist ein Träger von Qualitätsaura/Seele und spätestens bei der Befreiung von Körper/Mind oder beim Wiederzurückfinden zum Ganzen des Energiekörpers wird das Licht aktiviert. So sagen die Taoisten: die Verkörperung des Tao besteht in einer Form von Leichtigkeit und Leben ohne Bindung. Mit Leichtigkeit ist nicht gemeint, dass man die Dinge leicht nimmt, sondern Leichtigkeit signalisiert, dass man seinen Körper/Mind, all seine Ideen, Meinungen, Glaubenssysteme dauernd immer wieder relativiert. Indem man nach dem hinduistischen Prinzip lebt, hinter die Illusion zu sehen. Indem man sieht, dass der Körper/Mind ein fantastisches Instrument ist. 128 Indem man lernt, von anderen einem zugefügte Verletzungen, wenn beispielsweise jemand sagt, man habe keinen schönen Körper, oder der Mind, den man habe, sei schon ziemlich gestört, mit Leichtigkeit zu tragen, statt mit der Illusion zu kämpfen, diese zu einer Realität zu machen. Es geht trotz allem nicht um den Körper/Mind. Und Leichtigkeit heisst auch, dass man nicht immer in eine ernsthafte Urteilshaltung absinkt und meint, man könne sich von anderen abgrenzen, indem man sich selber als besser, anständiger, moralischer oder was auch immer definiert. Wer keinen Humor hat und nicht über sich selber lachen kann, sollte mit Heilen gar nicht erst anfangen. Wer mit Leuten arbeitet, die möglicherweise sogar sterben, sollte dies nur dann tun, wenn er trotz allem, trotz aller Schrecken, Trauer, die Leichtigkeit behalten kann. Aus der christlichen Tradition gibt es das wunderschöne Gleichnis mit dem Jünger Petrus, der immer wieder impulsiv Jesus verteidigt, ihn aber auf der anderen Seite auch verleugnet, und obwohl er ihn die ganze Zeit verteidigt, auf einer dritten Ebene eine Heidenangst hat, wenn Jesus sagt, es ist doch kein Problem über das Wasser zu gehen, komm Petrus, los, raus aus dem Schiff. Vielleicht hat es diesen Petrus gar nie gegeben. Es ist auch unwahrscheinlich, dass Jesus, wenn er ein Boot hat, so blöd ist und zu Fuss über das Wasser geht. Aber Petrus ist das Symbol des Minds. Dadurch dass er alles verteidigt, muss er auch immer wieder zweifeln und dadurch, dass er immer wieder zweifelt, verliert er die Leichtigkeit. Er würde wie ein Stein im Wasser absacken. Der Mind wird sich nie über Wasser halten können. Der Mind wird nie surfen können auf dem Ozean der verschiedenen Dimensionen. Und je heftiger Petrus sich eben da hinein verbeisst, der Mind sich verkrampft, dass etwas genau so sei, Achtung, das gilt eben vor allem am meisten für die spirituelle Ebene, dass etwas nur exakt so stimme, und nur wenn man eben aufs Haar so und so sei, man richtig sei und gut und religiös, umso mehr verliert er die Leichtigkeit. Es stellt überhaupt kein Problem dar, auf der Körper/Mindebene einer Partei anzugehören, eine Ideologie zu vertreten, einem bestimmten Glaubenssytem anzugehören, beispielsweise dass man Schweizer oder Amerikaner oder was auch immer sei. Die Mystiker haben nie behauptet, das sei das Problem. Dies ist so kurzlebig. 129 Ob man jetzt dieser Richtung glaubt oder in diese Richtung, das hat im Ganzen überhaupt keinen Einfluss. Gefährlich wird es auf jenen Ebenen, wie bei Petrus, wo es um die Frage geht, ob die Seele so oder anders ist, ob das Feinstoffliche das oder jenes macht, ob es Gott gebe oder nicht. Wenn die CVP mit der SVP ein bisschen herumstürmt, wen kümmert das schon? Aber wenn die Diskussion beginnt, dass mein Gott besser ist als deiner, dann erst wird es gefährlich. Der wirkliche Rassismus findet auf der spirituellen Ebene statt, wo ich meinen Gott verteidige. Mein Wissen über die Seele, meine Weisheit, mein Modell des Energiekörpers, unsere Heilungsmethode. Man muss höllisch aufpassen, dass man nicht zum Petrus wird. Der Mind verfügt über eine solch fantastische Intelligenz, ist so blitzgescheit, dass er alles rationalisieren und so erklären kann, dass es einleuchtend scheint. Und Spiritualität bedeutet, auch wenn etwas total einleuchtet und jemand kommt, der das Gegenteil sagt, das Gegenteil anzunehmen, statt das Einleuchtende zu verteidigen. Das meinen Buddha oder Krishna mit der Idee, dass man seine Feinde segnen soll. Der liebe Gott, um das in einem christlichen Bild auszudrücken, braucht unsere Unterstützung nicht. Gott hat unsere Liebe nicht nötig. Wer sie braucht, ist der Teufel. Und wir, was machen wir? Wir spielen Petrus. Wir wollen Gott gegen den Teufel verteidigen, indem wir den Teufel bekämpfen. Wie soll der Teufel, als ein Teil des Ganzen, die Abspaltung aufheben können, wenn er bekämpft wird? Leichtigkeit ist das fortwährende, aufmerksame Wahrnehmen, dass alles, was der Mind schafft, ein wunderbares Gemälde ist. Ein Gemälde jedoch bleibt ein Gemälde und ist nie die absolute Realität. Jemand der als Heiler arbeiten möchte und nicht in das Petrussyndrom fallen will, darf auch keine Bindungen haben. Traurigerweise, weil das eben üblicher ist, hat die christliche Religion das sofort wieder auf einer Ebene interpretiert, die mit dem Körper/Mind zu tun hat und sie macht sich noch heute leider lächerlich und schwächt sich dadurch, dass sie Bindung auf der Ebene von Körper/Mind verbietet. Niemand hat gesagt, Religiosität bestehe darin, sich nicht zu binden, zum Beispiel in einer Partnerschaft. Ohne Bindung zu leben, hat mit der Körperebene gar nichts zu tun und auch nicht mit dem Mind. Ein Mystiker könnte so viel Sex praktizieren, wie er möchte. Das hat überhaupt keinen Einfluss. 130 Sex oder nicht Sex ist eine Diskussion, die ganz einfach auf einer falschen Übersetzung dieses Gesetzes, eines Lebens ohne Bindung, beruht. All diese Geschichten über Kundalini, welches erst dann funktioniert, wenn kein Sex mehr betrieben wird, oder nur noch sublimiert oder was auch immer, sind Versuche, etwas auf einer falschen Ebene zu begreifen, da der Mind sich sagt, ich muss es ja dort verstehen, wo ich es verstehen kann, weil ich auf der anderen Ebene Schwierigkeiten habe, es zu begreifen. Ohne Bindung bedeutet ganz einfach, dass man nie versucht, seine Seele zu einem Besitz zu machen. Nicht weil die Seele sich darum kümmern würde, sondern weil diese Bindung mit dem Mind gebildet wird und deshalb den Freiraum des Energiekörpers verhindert. Der Energiekörper wird so wie in einen Banktresor eingeschlossen, in eine Schatztruhe gelegt. Mein Energiekörper. Spiritualität muss absolut bindungslos sein. Aber dies immer nur auf der spirituellen, der Energiekörperebene. Es gibt kein mein Gott, mein Ganzes, meine Erleuchtung, meine Heilkraft, meine Weisheit. Ihr werdet auf dieser Welt niemanden finden, der etwas Neues sagt, sondern immer nur wieder dasselbe in verschiedenen Modellen, verschiedenen Sprachen ausgedrückt. Das Ganze kann nie neu definiert werden, sondern es wird immer nur evolutionsbedingt neu formuliert. Es gibt nichts Neues zu entdecken, es gibt nichts Neues zu erfahren. Auf dem Weg zum Energiekörper, und beim Ankommen beim Energiekörper, finden wir alle immer genau das gleiche, nur wird es ausgedrückt in Millionen Arten verschiedenen direkten Erlebens. Wie die buddhistische, wie die hinduistische, wie jede Religion, leidet die christliche Anschauung unter diesem unsäglich fesselnden, begrenzenden Gebaren, etwas, das für das Ganze stimmt, zu ihrem Eigentum zu machen und widerspricht demzufolge dem tiefen Grundsatz, keine Bindung zu errichten. Nur kann sie diesen Konflikt nicht auflösen. Andererseits sind all diese Leute, welche die Religionen erschaffen haben und führen, ja nicht einfach dumm. Und weil sie den Konflikt selber irgendwo kennen, reduzieren sie ihn einfach auf die Ebene von Körper/Mind und setzen fest, keine Bindung einzugehen, aber eben zum Beispiel als Papst, keine Bindung zu einer Frau zu haben. Man sollte sich schon die Frage gefallen lassen, was eigentlich los ist, dass beispielsweise so viele Frauen immer noch in der Kirche sind. Es gibt ja im Prinzip nichts entsprechend Frauenfeindliches wie die Kirche. 131 Der Herr Jesus ist so wichtig, dass ich mich mit keiner Frau einlassen darf. Gottfeindlicher, Jesusfeindlicher geht es ja gar nicht mehr. Aber dies ist typisch, weil die Kirchen ja nur Vertreter unseres Minds sind, für die Art und Weise wie der Mind eben intelligent und gleichzeitig illusionsschaffend funktioniert. Denn jede Religion müsste sich sofort auflösen, würde sie Leichtigkeit und ohne Bindung sein auf jener Ebene realisieren, wo sie hingehören. Erhalten kann sich eine Religion nur, wenn sie das Gesetz, keine Bindung zu haben, auf eine Ebene hinunterbringt, welche nur noch auf Körper/Mind zutrifft. Derart kann sie ihre Spielchen durchführen. Sofern der nächste Papst je erleuchtet würde, müsste er die Kirche sofort auflösen und würde es auch tun. Darum werden sich die Verantwortlichen hüten, einen Papst zu wählen, der erleuchtet wird. Oder, falls das passieren sollte, bringen sie ihn gleich um. Erleuchtung wird vergiftet. Der Vorgänger des jetzigen Papstes, der nach kürzester Zeit vergiftet wurde, war am Rand, an der Grenze der Frage, ob man die Kirche nicht auflösen muss. Früher wurden sie gekreuzigt. Aber man kann sie auch töten, indem man ihnen Gift in die Nahrung streut. Auch diese Leute, wie wir, funktionieren so, wie eben der Mind funktioniert. Auch wir wissen ganz genau, worum es eigentlich geht, weil es so offensichtlich ist, dass es sich gar nicht verleugnen lässt. Und um dem ausweichen zu können, reduzieren wir es auf die materielle Ebene. Die christliche Religion spricht ja nicht davon, ohne Bindung zu sein, sondern sie redet davon, in Armut zu sein. Selig sind die Armen. Und die Kirchenleute werden dann jeweils in einen heftigen Konflikt gestürzt, wenn man das Gleichnis Jesu anführt, der sich mit einer teuren Salbe und Öl einreiben liess. Jesus hat mit Besitz, mit Bindung, mit Armut, wie alle anderen Mystiker primär die andere Ebene gemeint. Man soll nicht den Besitz anhäufen von ich und mein, nicht den Besitz auftürmen von ich habe es erfasst, ich habe es erfunden, ich besitze Gott. Dem Universum ist es völlig egal, ob man fünfzig Millionen oder nur zehn Franken auf dem Bankkonto hat. Das Universum weiss sowieso nicht, was es mit diesen fünfzig Millionen anfangen soll. Und es weiss auch nicht, was es mit den zehn Franken soll. Und wiederum wird alles einfach auf eine Ebene verfrachtet, wo es keine Konsequenzen verlangt. Habt ihr schon einmal eine arme Kirche, eine arme Religion gesehen? Die Anhänger sollen wenn möglich arm sein, zum Profit ihres Seelenheils, aber die Religion scheffelt ihren Besitz. 132 Auch dort ist sie wieder nur ein Spiegel unseres eigenen Minds und weiss ganz genau, dass es ja überhaupt nicht um diese Armut geht. Armut bedeutet, wie im Gleichnis vom Samariter, wenn jemand immer wieder erkennnt, dass der Körper/Mind nur einen beschränkten Reichtum darstellt. Armut bedeutet das Wahrnehmen, dass Reichtum nicht in einer Personifizierung, sondern in einer Auflösung des Persönlichen besteht. Und auch wenn dies geschieht, ist eben Armut, weil es dann nichts mehr gibt, das nicht geteilt ist. Ganz sein ist ein Prozess von ununterbrochenem Teilen. Das Universum ist ein Überfluss des Teilens. Und dies ist das Grundprinzip von allem. Was nützt es mir zu wissen, ob dieser Gott oder jener Allah das Entscheidendste ist? Was bringt es, ob das Feinstoffliche sieben Chakras oder acht Chakras hat? Was nützen all die schönen Theorien, das Wissen, ob der Energiekörper jetzt die Qualitätsaura plus Seele ist oder völlig andere Namen hat, atman, brahman, was auch immer, das höhere Selbst? Das Universum fragt nicht, ob das ein Apfel- oder ein Birnbaum ist. Das Universum wird angetrieben vom Teilen, Ausdrücken. Und das Wichtigste, was man teilen kann, um das wieder in einer Symbolsprache zu sagen, ist das Licht. Der Energiekörper, das Ganze, ist das Phänomen vom Sehen, vom Wahrnehmen, Licht. Darum sagen die Taoisten, die Verkörperung des Tao ist nicht Unterscheidung, ist nicht Werten, sind nicht Theorien, sondern das Licht in die Welt zu senden. So wie Jesus in seiner Sprache gesagt hat: geht und seid Fischer. Sendet das Licht. Das Licht ist einfach das, was man ist, wenn man aufhört zu unterscheiden, wenn man aufhört, Widerstand zu machen, wenn man von den Grundhaltungen ausgeht, von denen wir in den letzten Tagen gesprochen haben. Im Gesetz der Anziehung wird man immer genau dort hinkommen, wo Licht nötig ist. Glücklich sein, besteht nicht darin, dass man isoliert ist von denjenigen, die unglücklich sind. Das Paradies besteht nicht aus einem Ghetto von weissen Reichen und darum herumliegenden Slums mit Schwarzen. Wie das Universum besteht das Paradies in der Möglichkeit, jeden Tag die Chance zu erhalten, teilen zu können, das Licht teilen zu können. Glück besteht in der Möglichkeit, dass man immer wieder, wo immer man hinkommt, in Bezug kommt zur Möglichkeit, das Licht ausdrücken zu können. 133 Und umgekehrt, davon ausgehend, was wir diese Woche von Annehmen gesagt haben, wird man im Gesetz der Anziehung andauernd auch in Situationen kommen, wo man das Licht annehmen könnte. Alles ist eine Frage des Lichts. Es handelt sich darum, das Licht in die Welt zu senden. Und je mehr ich meinem Körper/Mind die Möglichkeit gebe, ein Vehikel zu sein für das Feinstoffliche, und je mehr ich meinem Feinstofflichen die Möglichkeit gebe, ein Vehikel zu sein für den Energiekörper, umso differenzierter ist meine Anziehung. Und so bin ich in einem dauernden Bezug zu den Möglichkeiten, zwischen teilen können und annehmen können, zwischen ausdrücken und empfangen, immer im Bezug zum Licht sein. Je mehr ich ein Vehikel werde, umso mehr lebe ich nach dem obersten Prinzip. Denn das einzige, das heilt, egal welche Ebene, ob feinstoffliche, ob Mind, ob Körper, ist die Seele. Ausserkörperliches Heilen ist in diesem Sinn wesentlich ein Dienst an einem selbst. Der Klient wird sozusagen zu einer Entschuldigung für die Möglichkeit, über den Bezug zum Energiekörper sich selber zu heilen. Wer das so zu sehen beginnt, bei dem hebt sich plötzlich auch die Distanz, die Dualität zwischen dem Heiler und dem zu Heilenden auf, sie verschmilzt zu einem Ganzen, zu einer Einheit. Das oberste Prinzip des Universums, Allah, Gott, Jehova, Atma, oder wie immer man es nennen mag, ist Verschmelzung, nicht mehr ein Wahrnehmen von zwei, sondern das Erleben eines andauernden Prozesses von eins sein. So wie das Licht selbst auch nicht in finster und hell gespalten ist. Wenn es eingeschaltet ist, leuchtet es einfach hell. Das Tao ist im Prinzip immer das, was man ist. Wie man es allerdings sieht, hängt von Körper/Mind ab. Wie ich einen erleuchteten Raum wahrnehme, hängt von meinem Gehirn ab. Aber die Erleuchtung, das Licht an sich, macht die Wahrnehmung erst möglich. Ausserkörperliches Heilen ist ein einfacher, bescheidener Versuch, immer wieder zu realisieren, dass man im Licht steht und selber ein Teil dieses Lichts ist. 134 Die Seele 4./5. November 1995 Bis jetzt haben wir gesagt, dass Körper/Mind – die sowieso nicht voneinander trennbar sind – plus Aura – bestehend aus Ätherkörper, emotionaler und mentaler Aura – und dem gegenübergestellt die Qualitätsaura und das, was mehr ist, die Seele – Qualitätsaura und Seele bilden den Energiekörper – eigentlich das Grundthema aller andern Themen ist. Wenn man das versteht, verstehen im Sinne von eine Beziehung dazu haben, nicht als intellektuelles Verständnis, lösen sich alle andern Probleme, Schwächen. Die Qualität des Lebens verändert sich. Die Probleme verschwinden nicht einfach, die Schwierigkeiten lösen sich, indem sie transparenter, klarer, sichtbarer werden und dadurch, da sich die Beziehung verändert, verlieren sie ihren Stellenwert. Das gilt nicht nur für dieses Leben, sondern eben auch wenn es zum Tod kommt. Obwohl wir ja nur mehr oder weniger darüber spekulieren können, was nach dem Tod ist, scheint es uns doch wesentlich, dass man immerhin mit dem Tod so vertraut ist, dass dieser Übergang in die andere Ebene, gewisse Leute nennen es die geistige Welt, – falls es sie geben sollte – so optimal ist, dass man eben auch auf dieser Ebene, wenn sie existiert, etwas anfangen kann. Wir haben gesagt, da man Seele nicht an sich definieren kann – sie ist unendlich, nicht fassbar – ist die erste Voraussetzung, dass die Perspektive von Körper/Mind/Aura ihre Wichtigkeit verliert, dass ein Wechsel der Perspektive stattfindet, eine Stellenwertveränderung von Körper/Mind/Aura zur Qualitätsaura, zur Seele. Wir haben ausserdem gesagt, dass eines der Probleme darin besteht, dass Körper/Mind/Aura immer auf Erfahrung aufbaut, also auf Zeit, Geschichte, und deshalb, wann immer er in Kontakt kommt mit dem Energiekörper daraus sofort auch eine Erfahrung ableiten will, eine Geschichte. Das führt zu einer Personifizierung, einer Identifikation – jede Identifikation ist der Prozess von Besitz – und gerade dies reduziert die Möglichkeit einer Beziehung zur Seele. Weiter haben wir gesagt – und da wollen wir weiterfahren – dass die Seele die Instanz ist, die immer wahrnimmt. Was immer ich mache, da ist immer ein Beobachter, der beobachtet, was ich mache, und wiederum ein Beobachter, der beobachtet, wie diese Beobachtung beobachtet, was ich mache. 135 Das heisst, nicht nur nehme ich wahr, was in meinem Körper, in meinem Mind, in meinem Denken abläuft, sondern ich nehme auch immer wahr, dass ich gewahr bin, was abläuft, und das ist die Seele. Man kann also sagen: die Seele ist immer der Beobachter, der den Beobachter beobachtet, eine unendliche Struktur, nie fassbar. Wenn ich sage, ich will das beobachten, so ist sofort etwas da, das beobachtet, wie ich das beobachte. Andere Leute haben das den Zeugen genannt, manche haben vom transparenten Auge gesprochen. Es ist das Unendliche, das nicht Angreifbare, nicht Verletzbare, das, was immer noch als Instanz vorhanden ist, auch wenn die Persönlichkeit wegfällt. Wir haben auch gesagt, dass man beispielsweise den Körper ohne Körper wahrnehmen kann. Man benötigt den Körper nicht unbedingt, um den Körper wahrzunehmen, wie das in vielen Fällen von near-deathexpieriences, von Nahtodeserfahrungen dargestellt wird. Man kann sich ausserhalb des Körpers erleben und die Instanz, die sich ausserhalb des Körpers erlebt, erlebt diese Wahrnehmung auch wieder: eine Instanz, ein Beobachter, der auch wahrnimmt, dass man ausserhalb des Körpers wahrnimmt, wie der Körper ist. Das klassischste Beispiel ist die Aussage von Mystikern über die Leere. Sie gehen durch einen Prozess und beschreiben nachher, sie hätten Leere erlebt. Wenn diese Leere absolute Leere wäre, könnten sie nach dem Prozess der Leere nichts darüber aussagen. Sie können aber beschreiben, dass sie absolute Leere erlebt haben. Wir haben gesagt, diese Instanz, die Seele ist unsterblich, unendlich, ist ein Prozess, der sich nicht immer erinnert, der sich nicht immer definiert, und der sich nicht immer interpretiert oder das gar nicht zu tun vermag. Dieser Beobachter, dieser Zeuge, das transparente Auge, dieser Teil, um die alte Sprache zu verwenden, von Gott, das, was alles wahrnimmt, das Omnipotente, in der modernen Forschung spricht man vom OmegaPunkt, das, was man also als Seele umschreibt, ist gekennzeichnet durch drei Charakteristika. Wohlverstanden, das sind Umschreibungen, eine Hilfe für Körper/Mind. Die Seele umfasst natürlich immer viel mehr als diese drei Charakteristika, und gleichzeitig besteht sie überhaupt nicht aus ihnen. Es bleiben reine Versuche, um dem Körper/Mind eine Hilfe zu geben, den Energiekörper zu verstehen. Ungefähr so, als hätte man eine Landkarte, auf der Paris eingezeichnet ist, und man deshalb weiss, wo sich Paris befindet, was aber über Paris noch gar nichts aussagt. 136 Man darf also die Landkarte nicht mit der Realität verwechseln, die Landkarte kann aber eine Hilfe sein sich zu orientieren. Diese drei Charakteristika der Seele sind Potential, Mitgefühl und Sein. Wir wollen sie untersuchen in Bezug zu Körper/Mind. Und wenn ich Körper/Mind sage, schliesse ich auch immer die Aura ein, beschreibe das jetzt aber einfach unter dem Begriff Körper/Mind. Der Begriff Potential impliziert etwas, das auf die Zukunft ausgerichtet ist. Wenn Seele Unendlichkeit ist, dann ist Potential die endlose Möglichkeit. In der ganz alten buddhistischen Literatur hat man das den Leuten symbolisch näherzubringen versucht, indem man gesagt hat – die Anthroposophen haben das dann übernommen und vor allem die Teosophen haben es zu einem System ausgebaut – dass man alle Möglichkeiten, die das Universum bietet, durchläuft, vom Mineraliensein, zu Pflanzen, Tier, und dann alle Phasen des Menschseins, einmal ist man ein Mörder, einmal ein Erleuchteter, einmal ein Bauer, einmal ein Mediziner, etc...Das darf man natürlich nicht allzu sprichwörtlich nehmen, sondern es ist eine wunderschöne, symbolische Aussage darüber, dass man alles beinhaltet. Jedes von uns könnte tatsächlich ein Mörder sein. Wieviele von uns würden sich ruhig, friedensliebend verhalten, wenn wir zum Beispiel an einem Ort wie Bosnia aufwachsen würden? Wieviele von uns wären wirklich tolerant, so wie wir es zu sein meinen, wenn wir in Uganda oder Äthiopien lebten? Wieviele von uns sind jetzt zum Beispiel empört, dass gestern abend der israelische Premier Rabin erschossen wurde und behaupten jetzt natürlicherweise, wie schlimm das ist, dass dieser extreme, orthodoxe Jude, der Grossisrael will, denjenigen erschiesst, der Frieden zu machen versucht, aber wie würden wir uns wohl verhalten, wären wir in solch einer Siedlung aufgewachsen? Das Prinzip sagt ganz einfach, dass es simpel ist, andere zu verurteilen, wenn man nicht in den gleichen Schuhen steckt. Was nicht heisst, dass man nicht Standpunkte beziehen soll. Aber gleichzeitig bedeutet es, wie es das schöne Bild von Jesus ausdrückt, dass der, und nur der, den ersten Stein auf die Prostituierte werfen soll, welcher selber nicht gesündigt hat. Zwischen einem Standpunkt beziehen und Verurteilung besteht ein wesentlicher Unterschied. Und es sagt, noch viel wichtiger als die Verurteilung anderer, schränkt die Verurteilung von einem selbst die endlose Möglichkeit eben ein. 137 Wann immer ich über mich ein Urteil fälle, begrenze ich die endlose Möglichkeit, das heisst, ich reduziere die Beziehung zur Seele. Ohne wenn und aber, es spielt keine Rolle, ob ich dieses Urteil rationalisiere, indem ich sage, diese Besonderheit schadet mir, oder diese oder jene Charaktereigenschaft ist einfach nicht gut und muss geändert werden, die Verurteilung ist ein weiterer Stein in der Mauer gegenüber der Seele. Die endlose Möglichkeit, repräsentiert von der Qualitätsaura, die eben nicht persönlich ist – sie hat einen persönlichen und einen unpersönlichen Anteil – impliziert ja, dass trotz aller sogenannten Schwächen, die immer nur aus einer bestimmten Perspektive beurteilt werden, alles andere enthalten ist, nämlich auch alles Gute. Verurteilen verhindert aber die Freisetzung der Energie für das sogenannte Gute. Und die Beurteilung des sogenannt Guten als gut, verhindert wiederum die endlose Möglichkeit. In dem Moment, in dem ich mich gut finde, ist die Liebe schon weg. Beispielsweise leiden Beziehungen darunter, dass nach einer ersten Phase des Verliebtseins und des Liebens immer mehr Definitionen wichtiger werden, wie gut ich bin und dass der Partner dies nicht sieht und umgekehrt. Liebe hat weder mit einer Wertung von gut noch von schlecht etwas zu tun. Potential, die endlose Möglichkeit, als erstes Charaktermerkmal der Seele, verlangt eigentlich folgende Einsicht: was immer geschieht, ob gut oder schlecht, ich sollte damit keine Wertung verbinden. Buddha umschreibt das mit dem Begriff tathata, suchness, So-Sein. Als Prozess betrachtet, ist es das Negieren von etwas. Es bedeutet immer wieder zu erkennen, dass auch die momentan stattfindende Aktion wahrgenommen werden kann. Nehmen wir einmal eine sogenannt schlechte Aktion an, ihr werdet aggressiv und schlagt eure Partnerin. Wann immer diese Aktion auch wahrgenommen wird, und ich mir jetzt der Wahrnehmung dieser Aktion bewusst bin, was heisst, dass ich also die Instanz wahrnehme, die sich dieser Aktion bewusst ist, dann passieren eigenartigerweise zwei Dinge. Das erste drückt das christliche Prinzip aus: durch das Wahrnehmen dieser Aktion wird diese aufgehoben. Und zweitens: je intensiver diese Wahrnehmung ist, also je stärker die Beziehung zur Instanz, die wahrnimmt, was ich mache, umso weniger Energie hat diese Aktion, und das heisst, sie findet mit der Zeit gar nicht mehr statt. Es entsteht vielleicht im dümmsten Fall noch Wut, aber sie hat keinen Ausdruck mehr. 138 Alle religiösen Bewegungen und auch die modernen Religionen kommen ja immer wieder zum gleichen Schluss. Wenn ich meine Aktion einsehen kann, dann wird das Erkennen davon zur Auflösung führen. Buddha hat nie gesagt, Karma werde weitergetragen, solange man nicht vollkommen sei. Er hat nur gesagt, Karma wird solange getragen, als man blind bezüglich seinen Aktionen ist. Die endlose Möglichkeit ist das Erkennen, dass alle meine Aktionen, ob gut oder schlecht, schliesslich unter einem Prinzip agieren, nämlich unter dem Prinzip der Instanz, welche die Aktion beobachtet, und dass die Aktion, die Handlung, ob gut oder schlecht, ihre Kraft, ihre Persönlichkeit verliert, im Moment, in dem die Instanz wichtiger wird als die Aktion. Wer kann schon beurteilen, was wirklich gut und schlecht ist? Der erste Satz, den Rabins Mörder gestern sagte, war nicht, «welchen_Mist_habe_ich_gebaut», sondern !Syntaxfehler, « Für ihn ist das eine gute Aktion. Wieviele Dinge erachten wir als gut, die sich vielleicht nach einem längeren Zeitraum überhaupt nicht als solche herausstellen. Sicher... das Schlechte verurteilen ist enorm gefährlich, weil es eben das Fenster zum Energiekörper zuschliesst, aber genauso gefährlich ist es, sich am Guten festklammern zu wollen. Auch dies beinhaltet eine Beurteilung. Der Mind wird nun sagen – das liegt in seiner Natur – das kann ich ja noch verstehen, aber mir ist nicht begreifbar, wie man das umsetzt. Wie kann man ohne Aktion von gut und schlecht sein? Wie kann man, in den buddhistischen Worten, tun im nicht-tun, handeln ohne zu handeln, wu wei? Wie kann man tun ohne zu tun? Im Hinduistischen wird es mitgeteilt in dem wunderschönen Beispiel von Krishna und Arjuna, in dem Krishna Arjuna auf das Schlachtfeld führt und Arjuna ihn verzweifelt fragt, was soll das, du predigst doch immer Liebe und jetzt soll ich auf dem Schlachtfeld kämpfen, und Krishna ihm antwortet, hast du es immer noch nicht begriffen...Oder der Spruch Jesu, ich bin nicht gekommen Frieden zu bringen, sondern das Schwert... Alles wunderschöne tiefe Symbole für das Koan vom Handeln im Nichthandeln. Der Mind handelt oder handelt nicht, aber er versteht nicht, wie man handeln kann im Nicht-handeln oder nicht handeln im Handeln. Das zweite Charakteristikum der Seele hat mit dem Vorangegangenen zu tun. Es ist das Prinzip des Mitgefühls. Mitgefühl, compassion, ist nicht das gleiche wie Liebe. 139 Liebe aktiviert eine Handlung. Ich möchte dem Menschen, den ich liebe, etwas Gutes tun. Ich möchte aber auch etwas zurück. Die meisten von uns lieben nur solange, als auch etwas widergespiegelt wird. Ich habe bis jetzt noch keine Beziehungen gefunden, ausgenommen neurotische, wo einer liebt, obwohl er vom andern nichts erhält. Mitgefühl beruht auf einer völlig anderen Basis. Mitgefühl ist die Absenz von Handlung, von Verhalten und die Absenz von Zeit. Liebe ist zielorientiert, resultatorientiert, will Lustgewinn. Mitgefühl ist nie resultatorientiert und demzufolge auch nicht handlungsorientiert. Der Begriff Mitgefühl, zusammengesetzt aus Mit und Gefühl, ist viel besser als der auch verwendete Begriff Barmherzigkeit. Mit jemandem zu fühlen, setzt keine Handlung voraus. Es ist wie mithören. Ich muss nicht handeln, um Musik zu hören und trotzdem verändert die Musik meinen Zustand. Chuang Tzu, einer der grossen, taoistischen Mystiker, hat das in einem bezeichnenden Bild beschrieben: Jemanden zu lieben, der hungert, besteht darin, dass man für ihn fischt, ihm den Fisch bringt, wahrscheinlich ihn auch noch kocht. Im Unterschied zu jemandem, dem man Mitgefühl entgegenbringt, dem man zeigt, wie man fischt. Handlung durch Nicht-Handlung. Oder ein anderes Beispiel, das Gleichnis des Samariters, das Jesus gebraucht hat, in einer modernen Form ausgedrückt: Liebe besteht darin, dass ich jemandem einen Apfel gebe. Mitgefühl zeigt sich, indem ich ihm den Apfelbaum überlasse. Es war einmal ein uralter Zenmeister, der in seiner kleinen Hütte lebte. Eines Nachts geht die Türe auf, ein wilder Räuber steht in der Hütte mit dem Säbel in der Hand und fordert: gib mir alles, was du hast. Der Zenmeister entgegnet: nimm, was da ist, ich habe nichts.–.achtet darauf, der Zenmeister entspricht der Seele, wenn ihr es symbolisch umsetzen wollt – ich besitze nichts. Frustriert, weil ja normalerweise niemand stiehlt ohne zu meinen, er benötigte etwas, verlässt der Räuber, nachdem er sich umgeschaut hat, die Behausung und am nächsten Tag wird er zufällig andernorts verhaftet und irgendjemand sagt aus, ich habe gesehen, dass er letzte Nacht auch beim Zenmeister war, worauf der Zenmeister als Zeuge vor Gericht geladen wird. Der Zenmeister kommt in den Gerichtssaal, tritt in den Zeugenstand und bevor der Richter ihn irgendetwas fragen kann, sagt er: Halt, einen Moment bitte, ich möchte mich beim Häftling zutiefst entschuldigen. 140 Hätte er mir wenigstens vorher gesagt, dass er etwas holen kommt, hätte ich zumindest etwas erstanden und bereitgestellt. Ich möchte mich entschuldigen und ich möchte um Vergebung bitten für den Fehler, dass mein Nichtbesitzen bei ihm zu Frustration geführt hat. Das ist Handeln im Nicht-Handeln. Unsere ganze Geschichte, unser sogenanntes Körper/Mind-Bild, besteht aus Schwächen und Stärken, aus Vorlieben und Abneigungen, Dingen, die wir nicht mögen, und ist dadurch immer zeitgebunden und Reaktionen, Handlungen unterworfen. Wir sind gefüllt mit Besitz. Und wir klammern uns eben nicht nur an die Schwächen, von denen wir meinen, durch das Klammern, durch ein Verstehen der Schwächen könnten wir sie auflösen, als ob sie nicht ein Teil des Menschseins wären, sondern wir klammern uns auch verzweifelt an das, was wir als gut, als liebenswert, als besonders erachten. Und genau das erzeugt ununterbrochen Verhalten und Zeit und verhindert damit Mitgefühl. Gestern abend in einer Fernsehsendung mit einem Auftritt von Michael Jackson hättet ihr einen dieser tragischen Zustände beobachten können. Wie grösser der Erfolg wird, wie stärker die Idee wird, dass ich mein Gutsein, die Berühmtheit, Erfolg erhalten muss, umso mehr entsteht Zeit, umso mehr erfolgt ein ununterbrochenes Reagierenmüssen, und dieses Reagieren hat überhaupt nichts mehr mit einem inneren Impuls, einer Bewegung aus sich selbst heraus zu tun, sondern ist immer nur darauf ausgerichtet, wie andere auf einen reagieren. Erfolg kann, das haben die Mystiker immer gesagt, zu einem der gefährlichsten Gefängnisse führen.. Damit meint niemand, man solle keinen Erfolg haben. Niemand sagt, man solle keine Freude haben, wenn man gut ist. Nur muss man sich des Preises bewusst sein, den man zahlt, wenn man sich ans Gutsein klammert: Geht man von der endlosen Möglichkeit aus, wäre erstens vielleicht ja noch viel, viel mehr möglich als das bereits Erreichte, wobei aber das Klammern die weiteren Möglichkeiten verhindert. Und zweitens verhindert dieses Anhaften Mitgefühl, welches ein zeitloses Handeln im Nicht-Handeln ist. Und damit sind wir schon beim dritten Charakteristikum, neben Potential und Mitgefühl, das teilweise schon beschrieben ist: Sein, tathata, suchness. Die Absenz von Anhaften, attachment. 141 So wie Jesus in vielen Punkten tragischerweise missverstanden worden ist, so ist auch Buddha in vielen Punkten zurechtinterpretiert worden, damit bestimmte Gruppen, Rituale, irgendwelche Religionsgebilde aufrechterhalten werden konnten und können. Einer der wichtigsten Begriffe Buddhas, tathata, und damit verbunden einer der wichtigsten Grundsätze von Buddhas Lehre, taucht in den meisten Lehrschulen überhaupt nie mehr auf. Nicht ohne Grund, denn würde man ihm nachleben, dürfte es auch keine buddhistische Bewegung geben. Der letzte Schritt und viel wichtiger als das Nicht-Anhaften an Körper/Mind, an irdische Güter, an Moralvorstellungen ist: sich nicht mehr an das Bewusstsein anzuhaften, wie es Buddha ausdrückt. Was würde eine buddhistische Schule tun mit all den Ritualen von satsan, dass man mit dem Fuss rechts hinein muss und links hinaus etc., wenn sie sich direkt mit dieser Aussage Buddhas konfrontieren müsste, dass der entscheidenste Schritt das Nicht-mehr-Anhaften ans Bewusstsein ist? Sein hat mit Bewusstsein nichts zu tun. Wenn man überzeugt ist, ist es relativ einfach, sich zu lösen von einem Auto, einem Haus, von irgendwelchen Markenhemden. Wenn es einem gerade noch in den Kram passt, ist es auch noch einfach zu sagen, ich gebe das Anhaften an irgendwelche Glaubenssysteme auf, ja vielleicht sogar an den Körper, an das Ich, dargestellt durch das Gedächtnis. Nur ist das eigentlich alles Kindergarten. Wirklich ans Lebendige geht es doch, wenn auch das Anhaften an das Be-wusst-sein transzendiert werden soll. Jesus hat den gleichen Begriff, den Buddha prägte, den er vielleicht sogar von Buddha übernommen und dann in seiner hebräischen Sprache umgesetzt hat, bildlich umschrieben mit dem Begriff Unschuld. Und er nahm Bezug auf das alte Testament, dass das Paradies eben ein Zustand von Nicht-Bewusstsein war. Die Bewusstwerdung hat mit dem Apfel angefangen. Natürlich sind daraufhin die Frauen schuldig gesprochen worden. Was ja nur schön vor Augen führt, wie unser Mind sich um alle Ecken herum betrügt. Beispielsweise hat die ganze feministische Bewegung in den siebziger Jahren aufgeschrien, welche Ungerechtigkeit das sei und welche typische Ausgeburt der männlichen Vorherrschaft, dass Gott eben männlich sei, es könnte sich ja auch um eine Göttin handeln. 142 Aber zur gleichen Zeit hätten die Feministinnen sich verweigert, hätte man erklärt, gut, einverstanden, dann gibt es aber auch eine Teufelin. Beides gehört eben nicht in das Sein, beides ist Be-wusst-sein. Bewusstsein ist eine Projektion von einem Zustand in einen anderen. Spätestens wenn ihr sterbt, verliert der Körper sein Bewusstsein. Wenn ihr es vorher schafft umso besser. Der Mind mit allem, was an Geschichte und Erfahrung sich angehäuft hat, das heisst Verhalten und Zeit, lösen sich auf. Also ist spätestens beim Sterbeprozess Mitgefühl da, sowie Potential und natürlich auch Sein. Und es verliert sich eben auch das Bewusstsein vom Be-wusst-sein. Das Bewusstsein geht ein in ein bewusstes Sein. Es geht nicht mehr um einen Bewusstseinsprozess, sondern es ist ein bewusstes Sein und das bewusste Sein ist die Instanz, die einfach wahrnimmt, unabhängig von irgendwelcher Persönlichkeitsstruktur. Die Mystiker bezeichnen es als bewusstes Sein, als Leere, Tao. Kann mein Mind diesen Schritt vollziehen? Und nur so ist der Zugang zum Energiekörper, zur Seele, zu den Qualitäten möglich. Jedes von uns weiss, wenn ich mir der Liebe besonders bewusst bin, ist die Liebe weg. Kann mein Mind also diesen Schritt, welchen Jesus und Buddha als unserer Meinung nach wichtigsten umschrieben haben, vollziehen: unschuldig werden, sich nicht mehr an das Bewusstsein anhaften. In der Time Therapie nennen wir das bewusste Absenz. Die Buddhisten nennen es Samadhi. Die Japaner Satori. Die christlichen Mystiker Erlösung. In der heutigen Welt spricht man allgemein von Erleuchtung. Den Begriff Erleuchtung zu untersuchen ist ja ungemein spannend. Man weiss heute aus der Physik, dass alles auch aus chemischer Schwingung besteht. Gerade vorgestern hat das Hubble-Teleskop ja neueste, phantastische Bilder von der Geburt eines Sterns aus einer riesigen chemischen Wolke gezeigt, bestehend aus elektrochemischer Schwingung, wie das Gehirn. Jede elektrochemische Schwingung, und sei sie noch so schwach, erzeugt Licht. Und Erleuchtung ist nichts anderes als das Wiedererkennen der Ursubstanz, des Lichts. Energie ist Licht. Potential, Mitgefühl, Sein sind Lichtquellen. Wenn Potential, Mitgefühl und Sein, also die endlose Möglichkeit, die Absenz von Verhalten und Zeit – Achtung, schaut vor allem auch auf die Absenz von Zeit – und die Absenz von Anhaften, die Seele darstellen, bedeutet das folgendes: 143 Es ist etwas, das immer da ist, sich manchmal als Mensch, manchmal vielleicht als etwas völlig Anderes manifestiert, in einer Verdichtung von Licht. Wie schwarze Löcher. Astronomisch ausgedrückt sind wir alle schwarze Minilöcher. Und Licht-sein ist nicht eine Frage der Entwicklung, nicht etwas, das man über Stufen erarbeiten muss oder all das Zeug, sondern ein simples Wiedererkennen, ein Wieder-sein dieses Zustands, der die Ursubstanz ist, das Tao, oder wie immer man es nennen mag. Die Seele ist immer am Anfang und nie am Ende eines Prozesses. Und wenn die Seele, der Energiekörper – die Qualitätsaura plus Seele – immer am Anfang und nie am Ende eines Prozesses steht, ist es sinnlos, dem Ende nachzurennen, auf das Ende zuzusteuern, eine Entwicklung machen zu wollen. Erst die Aufhebung der Idee, dass ich mich verändern muss, führt zum Wiederentdecken, zum Wieder-sein. Der Mind wehrt sich mit aller Kraft. Und zur gleichen Zeit hat er ja ein einfaches, fantastisches Instrument in der Hand, um das alles zu sehen. Im Prinzip kann man Erleuchtung auf eine ganz einfache Art darstellen. So wie wir es gestern in den Übungen begonnen haben und was dem Mind so enorm Mühe bereitet. Erleuchtung ist der Prozess davon, dass alles immer total über die beobachtende Instanz läuft, und nicht mehr über die Reaktionen. Nicht mehr das, was reagiert, wird zur Persönlichkeit. Nicht mehr das, was reagiert, ein Gefühl, eine Empfindung, ein Gedanke, bekommt den entscheidenden Stellenwert, sondern immer das, was dies wahrnimmt. Wenn ich einen Baum anschaue, behaupte ich auch nicht, ich bin der Baum, sondern ich sage, ich bin das, was den Baum wahrnimmt. Und genauso sage ich nicht, ich bin das, was diese Schwäche hat. Es ist die Instanz, die die Schwäche wahrnimmt. Kundalini, um einen hinduistischen Ausdruck des Energiepotentials zu nehmen, ist nichts anderes als die Umpolung, weg von Körper/Mind, fort von der Identifikation mit Körper/Mind und dadurch einem dauernden Reagieren, zur Instanz hin, welche Empfindungen, Denken, Fühlen wahrnimmt. Erleuchtung ist nichts anderes. Es braucht keine Entwicklung dazu. Es benötigt, wie Krishnamurti so wunderbar immer wieder verzweifelt zu beschreiben versucht hat, keine Zeit. Aus einem einfachen Grund. Auch jetzt, so wie ihr dasitzt, ist dieser Zustand immer auch schon vorhanden. Sonst könntet ihr gar nicht realisieren, dass ihr dasitzt. 144 Die Frage ist nur: wendet sich die Atmosphäre mehr zur Instanz hin oder bleibt sie mehr auf dem Gebiet der Aktion? Buddha hat es wunderbar gesagt. Wiedergeburt hört auf durch Handeln. Es waren erst die späteren nachfolgenden Schulen, die wie die christlichen auch auf Anhänger angewiesen waren, welche behaupteten, Wiedergeburt höre auf, wenn falsches Handeln aufhöre. Buddha spricht nie von falsch oder richtig. Die Seele zu suchen ist absurd, weil die Seele ununterbrochen dadurch, dass man überhaupt wahrnimmt, präsent ist. Versucht nicht Seele zu werden, seid sie einfach. Sucht nicht, sonst werdet ihr nie finden. Seele ist immer am Anfang und nie am Ende. Wieso denn, wenn das so einfach ist, ist es so schwierig? Es ist ja nicht einmal Theorie, weil es alle jeden Moment überprüfen können. Es spielt ja nicht einmal eine Rolle, ob ihr die schlechteste Person der Welt seid. Ihr könnt es überprüfen, weil ihr nur wissen könnt, dass ihr die schlechteste Person seid, weil eine Instanz da ist, die beobachtet, dass ihr die schlechteste Person seid. Die Seele ist also, ob schlecht oder gut, immer anwesend. Wieso ist es dann so verdammt schwierig, einfach in diesem Fluss, in dieser Atmosphäre der Qualitätsaura, der Seele, des Energiekörpers zu leben? Besser gesagt, wieso sieht es so verdammt schwierig aus, denn so schwierig kann es ja gar nicht sein, weil es ja ununterbrochen präsent ist? Und Gottseidank, spätestens bei eurem Tod werdet ihr darüber lachen, wie ihr euch Mühe gegeben habt, es verstehen zu versuchen. Es fragt sich nicht einmal, ob diese Erleuchtung jetzt stattfinden müsse. Es reicht ja tatsächlich auch noch beim Tod, wo sie hundertprozentig stattfindet. Aber wieso eigentlich nicht das Leben simpel ein bisschen einfacher machen, weil die sich entfaltende Qualität sofort einen Einfluss auf das Ganze hat? Wieso eigentlich warten bis das Instrument Körper/Mind aufgehoben wird, vergeht? Wodurch wird die Seele verdeckt – nicht: nicht präsent – einfach versteckt, verborgen? Wir sagen, wenn man genau beobachtet, gibt es vier Haupteigenschaften, die verantwortlich sind, dass die Seele verdeckt ist. Mit der ersten Eigenschaft haben sich alle Religionen in ihrer eigenen Sprache auseinandergesetzt. Sogar die moderne Psychologie hat sich damit beschäftigt. 145 In der Time Therapie nennen wir sie Ich-Wille. Nicht Ego. Ego ist nichts Schlechtes. Ohne Ego, ohne Mind kann sich nichts manifestieren. Ich-Wille. Bei Jesus heisst es, dein Wille geschehe. Die Personen, die noch heute ganz tief gläubig sind, haben es in vielen Dingen einfacher, als jene, die wie wir, durch das Bewusstsein nicht mehr so einfach gläubig, blind gläubig sein können. Niemand fordert, man solle zurückkehren in das alte Muster, einfach unhinterfragt zu glauben, dass alles, was mir passiert, halt wegen Gott sei, oder in der moderneren Fassung wegen meines vergangenen Lebens, infolge dem Abtragenmüssen von Karma. Aber man muss sehen, dass die Idee, dass das Ich, eben gerade die Seele verhindert. Ich will erleuchtet werden, ist ungefähr so absurd wie mich verändern zu wollen. Das Ich kann nicht erleuchtet werden. Ich-Absenz ist Erleuchtung. Wir beten solange zu Gott, um jetzt einfach diesen Begriff zu nehmen, als er unsere Wünsche erfüllt und sonst wechseln wir zu Allah oder zu einer anderen Glaubensrichtung. Ich ist grandios. Ohne Ich kein Ausdruck. Ohne Ich, das ist Mind, keine Manifestation in diesem Leben. Wille allein wäre noch in Ordnung. Aber Ich und Wille zusammen ergeben ein Problem. Wenn die Seele alle Möglichkeiten enthält, so ist Ich-Wille immer die Reduzierung all dessen, was noch möglich wäre. Das ist das Problem des Wählens. Wählen schafft immer eine Minderheit, Wählen schafft immer eine Dualität. Wenn ich mich für etwas entscheide, kann ich nur wählen, weil ich dank dem Bewusstsein verschiedene Möglichkeiten habe. Ich muss mich also zwischen der einen und der anderen Möglichkeit entscheiden, und das heisst, eine wird immer verworfen. Liebe, Seele, Mitgefühl, Potential, Sein hat mit Wählen nichts zu tun. Wille ist der Prozess von Wählen. Der Wille zur Macht, wie die Politiker sagen würden. Wenn ihr einmal wieder die drei Seiten über Jesu Kreuzigung lest, und ihr betrachtet sie ein bisschen anders, als ihr es durch eure Konditionierung gewohnt seid, werdet ihr plötzlich daraus eine völlig neue, umfassende Ansicht erhalten, welche genauso gut buddhistisch sein könnte. Den Willen stellt in der christlichen Mystik im Prinzip der Teufel dar... das Ich, die Verkörperung der Seele... dein Wille geschehe, die Auflösung über die neutrale Stelle... die Kreuzigung, das Kreuz ist das Symbol des spirituellen Zentrums... das Auflösen des IchWillens. 146 Wille, Ich-Wille führt immer zu einer Verteidigungshaltung. Eine Verteidigungshaltung, beispielsweise sich zu rechtfertigen, kann nie nur den Mind betreffen, sondern sie wird sich auch immer körperlich zeigen. Körperverspannungen haben in vielen Fällen etwas mit Verteidigungshaltungen zu tun. Wenn ihr mal nur einen Tag, nur einen Tag, 24 Stunden, die Bereitschaft aufbringt, euch absolut nie zu verteidigen, euch nie zu rechtfertigen, ist das ungefähr wie eine Kreuzigung. Wenn ihr wieder das Osterereignis lest, heisst es nicht: Gott mein Vater, jetzt tu da etwas, auf keinen Fall gehe ich jetzt da ans Kreuz, lass mich einfach nach oben schweben, dann glauben sie nämlich auch. Sondern die Rückkehr zum Himmel, zur Seele findet über die Auflösung des Ich-Willens statt. Das Kreuz ist ein Symbol, das schon vor dem Christentum existierte. Es bedeutet die Horizontale und die Vertikale, die sich in der Mitte treffen, im neutralen Zentrum, im spirituellen Zentrum. Neutral heisst, weder Ich noch Wille noch Handlung finden statt. Das hat mit Glaube oder mit irgendeiner indischen GuruPhilosophie, man müsse den Kopf abgeben, wenn man in den Ashram zum Guru kommt, gar nichts zu tun. Ich-Wille vernebelt Intelligenz. Je weniger Ich-Wille, umso mehr Intelligenz. Vitalität ist eine Folge von wenig Ich-Wille. Lao Tse hat das wunderschön beschrieben mit dem Fliessen. Natürlich kann ich in einem Fluss nach oben, gegen den Strom schwimmen, das setzt allerdings eine Anstrengung, einen Kraftaufwand voraus. Diese Kraft ist nicht vorhanden, um wahllos, ganzheitlich wahrnehmen zu können, weil ich ja gegen etwas ankämpfen muss. Mit-etwas-fliessen macht, dass ich es geniessen kann und ermöglicht mir, wahllos das Ganze wahrzunehmen. Das heisst nicht, einfach blind zu sein wie ein Schäfchen. Sondern Vitalität entsteht erst da. Jedes sich Wehren, sich Verteidigen, Rechtfertigen ist Ich-Wille und blockiert meine Vitalität, blockiert dadurch mein Immunsystem, verringert damit die Aussicht solange als möglich gesund zu bleiben. Und wenn dann eine vererbte Krankheit eintritt, und jeder Körper verfällt einmal, wird krank, ermöglicht mir die Vitalität zumindest mit der Krankheit, auch wenn sie tödlich ist, so umzugehen, dass die Wahrnehmung erhalten bleibt. Als zweite seelenversteckende Eigenschaft bezeichnen wir die Emotionen. Seit tausenden von Jahren versuchen alle Mystiker und sämtliche meditative Schulen immer wieder das Prinzip der Aufmerksamkeit, der Wachsamkeit zu vermitteln. 147 Und das aus einem guten Grund. Jeder Gedanke, jedes Wort erzeugt eine Schwingung. Im Altertum sprach man dann zum Beispiel von der Kraft des Denkens, power of the mind. Jede Schwingung hat eine Bewegung, die im ganzen Energiesystem sichtbar wird. Wenn ich mir jedes Wortes bewusst bin, was unmöglich ist, aber mal als Extrembeispiel benützt, dann werde ich mir der Schwingung des Wortes, des Lichts, der Information, die dieses Wort enthält, bewusst, und diese Schwingung erlebt man als Gefühl. Ist meine Wachsamkeit, meine Aufmerksamkeit reduziert, was zum Beispiel durch Ich-Willen geschieht, selektioniert man und schränkt ein, keine Spur von wunschloser Aufmerksamkeit. Dann wird diese Schwingung übertragen, bleibt also nicht in der Wachstruktur verbunden mit der Instanz, die die Seele darstellt, und manifestiert sich dadurch im Körper, wo sie eigentlich gar nicht hingehört. Das nennt man eine Emotion. Machen wir ein einfaches Beispiel. Um Licht zu erhalten, brauche ich eine Lampe. Damit der Strom zur Lampe kommt, benötige ich eine Sicherung, die so stark ist, dass der Strom nicht einfach bei der Sicherung stecken bleibt, sondern sich auf die Lampe überträgt. Der Lampe entspricht das Gefühl. Die Sicherung ist der Körper. Bin ich nun nicht aufmerksam genug, überträgt es sich nie zur Lampe, sondern es zerbricht auf der Ebene des Körpers, bei den Emotionen. Wo Emotionen sind, könnt ihr machen, was ihr wollt, wenn ihr sie dazu noch interpretiert und ihnen eine Geschichte gebt, einen Inhalt, wird es nur noch schlimmer. Emotionen lösen sich nie auf, indem ihr sie mit einem Inhalt füllt, einem Erklärungsmuster, sondern nur indem die Wachsamkeit sich verändert. Wenn die Birne ein bisschen Licht erhält, weil die Sicherung durchbrennt, nützt es rein nichts, sich darüber zu unterhalten, ob die Lampe wohl in der Fabrik eine Vorgängerin hat, die Mutter, die schlecht gearbeitet hat. Ihr müsst euch mit der Sicherung auseinandersetzen. Die Sicherung ist der Wahrnehmungsteil, welcher mit dem Körper verbunden ist. Um sich abzubauen, muss jede Emotion, hat sie einmal ihren Anfang genommen, durch den Körper hindurchlaufen. Ihr könnt sie nicht stoppen. Sie anzuhalten versuchen, ist eine Unterdrückung und verhindert, dass der Körper überhaupt regenerieren kann. Wenn ihr so wollt, ist das eine moderne Erklärung der Psychosomatik. 148 Emotionen nageln einen auf der Körperebene fest, und wir haben gestern gesagt, dass es genau die Körper/Mindebene ist, welche ihren Stellenwert verlieren muss, wenn eine Beziehung zur Seele entstehen soll. Emotionen verhindern dies. Wachsamkeit, Aufmerksamkeit führen dazu, dass ein Gefühl nicht zu einer Emotion wird. Und gehe ich jetzt dort noch einen Schritt weiter, was erst möglich ist, wenn ich auch das Gefühl nur in Bezug zur Instanz untersuche, hat kein Gefühl eine zerstörerische Kraft, egal welches Gefühl es ist. Gelassenheit ist nicht eine Folge von Anstrengung, Ich-Wille, sich selber zusammennehmen. Gelassenheit erfolgt, wenn eine Schwingung im Kopf frühzeitig wahrgenommen wird, bevor sie sich im Körper als Emotion manifestiert. Wo Körper und Mind ununterbrochen damit beschäftigt sind, Emotionen abzubauen, ist kein Platz für Qualität. Die dritte Eigenschaft, welche hilft, die Seele zu verstecken, ist Stolz. Achtung, wir sprechen von einem Prozess, nicht von einer Moralstruktur. Stolz ist der Prozess, das, was man getan hat, zu personifizieren, zu einem Besitz zu machen. Beispielsweise eine Idee zu haben und sie nicht mit anderen teilen wollen, weil ich sie als meine Idee betrachte. Von dort zu Abgrenzung, zu Rassismus geht es sehr schnell. Stolz ist das Errichten der Ich-Struktur. Von Stolz zu Macht ist nur ein ganz kleiner Funke notwendig. Das Gegenteil von Stolz in der christlichen Mystik ist Bescheidenheit. Im Buddhismus die Wahrnehmung, dass, was immer ich auch tue, ob gut oder schlecht, nur ein Teilaspekt meines Seins ist. Die alten Ägypter haben nicht grundlos niemanden zum innersten Kreis zugelassen, der nicht vorher durch ganz bestimmte Prüfungen hindurchgegangen war. Diese Prüfungen haben nicht darin bestanden, wie das heute ist, ob man genau auswendig weiss, wann König soundso gelebt hat oder Pharao derundder oder welche astronomische Summe dasunddas bedeutet, sondern sie beruhten primär auf der Frage, kann jemand gut sein ohne daraus Wichtigkeit abzuleiten. Was sollte Gutsein nützen, wenn gleichzeitig das Mitgefühl verschwindet? Und die letzte seelenverdeckende Eigenschaft: Illusionen. Die Anhaftung an Vorstellungen, wie etwas sei, auch was Seele sei. Erinnert euch an einen der wichtigsten Grundsätze im alten Testament. Du sollst dir kein Bild machen. Jedes Bild erzeugt eine Projektion. Dazu braucht es immer eine Leinwand. Das kann die Natur sein, das kann ein anderer Mensch sein, das kann der eigene Körper sein. 149 Niemand behauptet, dass man illusionslos leben kann. Wenn das Potential alle Möglichkeiten enthält, dann ist es unmöglich immer ohne Illusion zu funktionieren, weil man gar nie wissen kann, wie etwas wirklich ist. Die Maya der Hindus. Aber kann ich zumindest sehen, dass alles, was ich sage, auch gerade im jetztigen Augenblick, eine Illusion sein könnte. Modern ausgedrückt, erstmals geprägt vom Physiker Heisenberg, eine Wahrscheinlichkeit. Es existiert nichts, was mehr ist als eine Wahrscheinlichkeit. Wahrheit an sich gibt es nicht. Jedes Modell, das ich erstelle, auch das jetzige, ist nur ein Modell und demzufolge eine Wahrscheinlichkeit. Und gross ist die Wahrscheinlichkeit, dass es eine Illusion ist, weil das Modell nie dem direkten Erleben entspricht. Wo ich die Illusion, die Idee, etwas sei genauso, wie ich es erlebe, wie ich denke, fühle, wo ich diese Illusion festhalte, kann Sein, kann Seele sich nicht manifestieren. Zeitlich gesehen ist Körper/Mind natürlich keine Illusion. Aber wie es Chuang Tzu formuliert hat: woher weiss ich, ob ich nicht ein Schmetterling bin, der träumt, er sei ein Mensch. Aber wenn man Zeit weglässt, dann ist tatsächlich alles, was ich jetzt da bin, mache und tue eine Illusion, Maya. Was auch immer ich als Körper/Mind empfinde, fühle, sage, ich vermag dies nur dank der Instanz, welche das wahrnimmt. Und was ich wahrnehme, Körper/Mind, ist immer einer Wandlung unterworfen. Was ich jetzt zu sein meine, ist morgen vielleicht schon nicht mehr. Krishnamurti nennt es das tägliche Sterben. Wir bezeichnen das als depersonalisieren. Es ist sinnlos, diese vier Eigenschaften, die die Seele verstecken, IchWille, Emotionen, Stolz und Illusion, nun zu bekämpfen oder zu verstehen versuchen, wie das gemacht wird. Wenn ihr beschliesst, also dann versuche ich nicht mehr stolz zu sein, seid ihr später vielleicht stolz darauf, dass ihr nicht mehr stolz seid. Es ist sinnlos zu versuchen, gegen die Emotionen zu kämpfen. Das Problem besteht ja darin, dass man immer versucht Gesetze aufzustellen, im Buddhisimus zum Beispiel der achtfache Pfad, im Christentum die zehn Gebote, die Bergpredigt. 150 Statt zu sagen, aha dann darf ich keine Emotionen mehr haben, pfui mein Ich-Wille , es ist nicht gut, wenn ich stolz bin, völlig daneben wenn ich die Illusionen nicht sehe, ist es viel einfacher, viel schneller, viel effizienter, den Ich-Willen zu sehen, eine Beziehung zur Instanz zu haben, die den Ich-Willen wahrnimmt, und er verliert ganz automatisch an Kraft. Versteckt heisst ja nicht, dass die Seele nirgendwo anwesend ist. Ich könnte ja über den Ich-Willen nichts aussagen, nichts über den Stolz und genausowenig über die anderen zwei Eigenschaften, wäre nicht die Seele, die Instanz, die beobachtet, vorhanden. Moral hat noch nie die Menschheit verändert. Gesetze haben noch nie Erleuchtung gebracht. Stufen, Entwicklung ist das Gegenteil dessen, worum es geht. Sondern wir sagen einfach: die Instanz beobachten und innerhalb dieser Beobachtung auch darauf achten, dass natürlicherweise über den Mind Ich-Wille auftaucht, das liegt in der Natur des Minds, und statt diesen zu bekämpfen, sich auf die Instanz auszurichten. Sehen dass Stolz auftaucht, und statt zu sagen, das sollte nicht sein, wir versuchen ihn abzublocken, was bedeutet, ihm mehr Gewicht zu geben als er hat, ist es einfacher, auf Distanz zu bleiben, sich nicht zu verteidigen. Emotionen, Illusionen wahrnehmen, ohne darauf zu reagieren. Nie kämpfen, nie verteidigen, sondern immer mehr Bezug zu dem, was überhaupt macht, dass man wahrnehmen kann, zur Instanz. Das gleiche gilt für alle anderen Phänomene, die man als Schwächen umschreibt. Eine Schwäche kann nur wahrgenommen werden, weil die Instanz des Beobachters da ist. Und statt sich dann vom Beobachter zu lösen und der Illusion zu verfallen, mich mit der Schwäche zu beschäftigen, damit sie sich auflösen könne, sie auflösen zu wollen, indem ich ihr einen Inhalt gebe, eine Geschichte, also Zeit und Verhalten verstärke und dadurch Mitgefühl reduziere, ist es direkter, sie mehr aus der Distanz wahrzunehmen. Immer von dem Prinzip ausgehend, die Seele ist am Anfang, und nie am Ende. Das nächste Mal, in einem Monat, werden wir uns über das Folgende unterhalten: Aus all dem kann man schliessen, dass die Seele Tao, Mitgefühl, Bescheidenheit und Beobachten beinhaltet. Dass es nicht darum geht, Körper/Mind abzuspalten, sondern da er Teil des Ganzen ist, Körper/Mind zu einem Instrument des Energiekörpers zu machen, auf der Basis von Tao, Mitgefühl, Bescheidenheit, Beobachter. 151 Stärken und Schwächen 16./17. Dezember 1995 Stellt euch einmal vor, ein Wesen von einer andern Galaxie würde auf dem Planeten Erde landen, hätte keine Instrumente, die messen könnten, wie unsere Atmosphäre beschaffen ist und es würde vor euch sitzen und Fragen stellen, telepathisch, und eine der Fragen wäre: Was macht ihr, dass ihr leben könnt? Und eure Antwort wäre zum Beispiel, zuerst mal atmen wir. Und das Wesen würde weiterfragen: ich verstehe das nicht, atmen, was atmen? Und ihr würdet ganz selbstverständlich erklären: ja Luft atmen wir ein, Sauerstoff. Und das fremde Wesen würde bemerken: ich hab keinen Schimmer, wovon ihr sprecht, wo, wie, was...? Und ihr würdet euch bemühen: ja, hier, um uns herum, ganz natürlich, das ist ein Stoff, den man halt nicht sieht und den atmen wir ein und aus. Und dieses Wesen würde schlicht nicht verstehen und würde sagen: aber es gibt ja da gar nichts, ich verstehe, wenn ich euch beobachte, dass ihr irgendeine Materie, Brot nennt ihr das, esst, dass das offensichtlich euch ernährt, wie wir Plakta haben, aber ich kann nicht durchblicken, was mit diesem Atemdingsda ist. Und ihr werdet es ihm zu erklären versuchen. Wenn ihr Wissenschaftler seid, werdet ihr ihm eine chemische Formel aufstellen, wenn ihr ein Physiker seid, werdet ihr den Sauerstoff vielleicht experimentell einfärben. Seid ihr sehr praktisch, werdet ihr einen Ballon nehmen und den aufblasen und ihn dem Wesen ans Ohr halten und die Luft herausströmen lassen und es wird den Druck spüren, aber es wird vielleicht finden, ja das ist irgendeine Magie, da kann man einfach pffffff machen und dann wird etwas gross und dann wird es wieder klein und ich spüre sogar etwas, aber man sieht da ja gar nichts. Und ihr könnt machen, was ihr wollt, es wird immer irgendwo nicht verstehen, solange es nicht selber auch mit dem Prinzip der Atmung funktionieren würde. Und es wird dasjenige auch nicht sehen, was das Leben auf diesem Planeten ausmacht, obwohl es immer präsent ist. Ohne Sauerstoff funktioniert nichts. Mit der Seele verhält es sich genau gleich. Sie ist immer präsent. Ein Ausserirdischer, der die Atmosphäre der Seele, der Seelen wahrnehmen kann, hätte die gleiche Mühe uns zu erklären, dass dies wie Sauerstoff ist, dass sie immer da ist, dass es nicht einmal wichtig ist, ob ihr sie seht. Wir sehen ja den Sauerstoff auch nicht und behaupten trotzdem nicht, weil ich ihn nicht sehe, atme ich nicht mehr ein, denn da ist ja nichts. 152 Und genauso wie ohne dieses Ein-Ausatmen, ohne dessen Fundament, dem Sauerstoff, Leben nicht funktionieren kann, zumindest nicht auf diesem Planeten, genauso kann Leben nicht funktionieren ohne die Seele. Es ist ein Stoff, eine Substanz. Man atmet sie nicht ein, aber man schwingt mit ihr. Das ist etwas ähnliches wie atmen, nur nicht auf einer biologischen Ebene. Und so wie dies für einen Ausserirdischen fast nicht fassbar ist, so ist es die schwierigste Aufagabe im Menschsein, diese Ursubstanz, das Tao wiederzuentdecken. Einmal passiert es sowieso. Dann, wenn man stirbt. Nur haben alle Mystiker zurecht gesagt, die Qualität des Lebens besteht natürlich darin, dass man nicht wartet bis man stirbt. Natürlich kann man das Leben verbringen, hinduistisch ausgedrückt, wie wenn man eine Nacht in einem Traum verbringt. Und dann am Morgen erwacht man. Wie man stirbt, erwacht man und wenn man zurückschaut, kann man natürlich danach, um das jetzt mal in einem Bild anzudeuten, in der anderen Dimension zu seinem Therapeuten gehen und erzählen, ich habe da folgendes geträumt: ich war da auf einer Erde und hatte da eine Familie und arbeitete da in einem grossen Glashaus...Aber es ist ja sogar mit den Träumen so. Es wäre viel intensiver und qualitativ besser, man wäre sich während des Träumens des Traumes bewusst, anstatt ihn nachher spekulativ zu deuten. Was auch immer der Sinn des Lebens sein mag, er besteht sicherlich nicht nur darin, einfach schlafend abzuwarten bis man sowieso wieder in den Ursprung zurückfindet. Viel spannender, interessanter, und vielleicht sogar auch noch hilfreicher wäre es ja, wenn man das Leben nicht als einen Traum lebt, wie ein Traumtänzer, wie Muktananda jeweils bemerkt hat. Das mag zwar schön sein, ist aber nicht ganz das, was dieses Wunder Leben ausmacht. Man könnte es wirklich vebinden, mit dem, was man als Substanz eben ist, Energiekörper, Qualitätsaura plus Seele. In der Natur des Minds, des Körpers nimmt Schnelligkeit eine bestimmte Position ein. Der Körper ist ja enorm kurzlebig. Achtzig, neunzig Jahre sind eine lächerlich kurze Zeit. Im Prinzip eilt der Körper unheimlich schnell durch das Universum und ist sehr rasch verbraucht. Es liegt in der Natur der Biologie, schnell zu sein, speedy. Und alle Mystiker haben immer wieder betont, dass das Gegengewicht zu dieser Geschwindigkeit, zu diesem Speed, die Langsamkeit sei. Die Zeit anzuhalten. 153 Die Seele ist unendlich, weil sie zeitlos ist. Etwas, das zeitlos ist, gegenstandslos, ohne Persönlichkeit kann man nie wahrnehmen innerhalb von Speed. Entspannung heisst ja eigentlich, dass sich der Körper mehr Zeit nimmt. Weniger Denken heisst ja, dass sich das Denken verlangsamt. Alpha-Wellen sind langsamere Schwingungen. Je mehr wir in unserer Zeit immer zeitfanatischer werden, umso weniger wird der Anteil der Seele bewusst. Meditation, unterschiedliche Meditationsformen, waren und sind primär ein Versuch innezuhalten, Zeit zu bekommen. Die meisten Zivilisationskrankheiten sind Zeitkrankheiten. Die Seele als Substanz, welche man eigentlich darstellt, kann nicht erkannt werden, in einem von pausenloser Geschwindigkeit geprägten Prozess. Es sei denn – und jedes von uns hat schon einmal erlebt, wie einen Geschwindigkeit faszinieren kann – es sei denn die Geschwindigkeit ist auf einmal so gross, dass das Ganze plötzlich wieder in das Nichts zurückfällt. In der Fliegersprache redet man davon, die Schallmauer zu durchbrechen, in der Physik vom Quantensprung. Nur sind das Voraussetzungen die jenseits der üblichen biologischen Norm liegen. Geschwindigkeit, schneller als Licht existiert. Nur ist unser biologischer Körper auf Lichtinformation aufgebaut. Und in diesem Sinne ist es einfacher langsamer zu werden. Langsamer werden impliziert allerdings Geduld. Ungeduld ist der Prozess, ununterbrochen in der Zeit verhängt zu sein. Die meisten Berufe sind Ungeduldsberufe und tragen demzufolge immer auch eine Gefahr mit sich, krank zu machen. Nicht ohne Grund haben alle Religionen Tempel, Kirchen geschaffen. Eigenartigerweise sind diese Tempel und diese Kirchen heute so vollgestopft mit Ritualen, dass man nicht einmal dort Zeit hat, Ruhe findet. Man geht in die Kirche und es wird ein ganzes Ritual abgespult. Zwischendurch mal fünf Minuten beten, dann ein Lied singen, dann wieder ein paar Sprüche...Von Zeit keine Spur. Und das alles nur weil der Mind sich so enorm ängstigt, in Zeitlosigkeit zu fallen. Solange er Zeit spürt, vermag er sich als Identität zu fühlen. Der Ausserirdische kann nicht verstehen, was Luft ist. Gibt jemand an, einfach keine Pausen zu finden, dann sagt dieser Mensch immer etwas über Angst aus. 154 Der Mind möchte dies natürlich lieber anders hinstellen und macht Sachzwänge geltend. Spätestens wenn man dann auf einem Stuhl sitzt und meditiert und diese Ruhepausen auch nicht findet, hat der Mind es am liebsten, vorbringen zu können, ich bin noch nicht geübt genug, oder diese Philosophie stimmt nicht, oder das gibt es gar nicht, das ist unmöglich. Statt wahrzunehmen, dass jede entstehende Pause ihn in Zeitlosigkeit führt. Je mehr dieser Pausen, umso mehr Wegfallen der Identität. Und es liegt in der Natur des Minds, darauf mit Angst zu reagieren. Wir bezeichnen dies als einen der Gründe, weshalb der Mind immer so stark auf die Schwächen konzentriert bleibt. Nur ist jede Schwäche ein Hinweis, ein Symptom, eine Manifestation einer Stärke. Es kann gar keine Schwäche geben, ohne dass sie aus einer Stärke geboren ist. Da die Stärken nie etwas mit Identifikation, mit einer Persönlichkeitsstruktur zu tun haben, sondern immer mit der Qualitätsaura verbunden sind, unpersönlich sind, unabhängig vom Mind, ist es ja logisch nachzuvollziehen, und auch geschichtlich offensichtlich, dass seit tausenden von Jahren das Hauptbewusstsein des Minds immer auf die Schwächen ausgerichtet bleibt. Weil jeder Bezug zu den Stärken die Identität reduziert. Es ist ein unglaubliches Paradox, und gleichzeitig ein geniales Überlebenssystem des Minds. Überleben ist der Prozess von Identifikation, Abgrenzung. Im Gegensatz zu Ganzheit, welche Überleben aufhebt. Leben wird definiert durch die Manifestation von Einzelnen. Was macht der Mind, wenn jemand stirbt? Er sagt, diese Person existiert nicht mehr. Die Esoteriker, die Theosophen versuchen das heute elegant zu umschiffen, über die Runden zu bringen, indem sie die Aussage, dieser Mensch existiert nicht mehr, in Abrede stellen und stattdessen erklären, er ist auf die Reise in eine andere Welt gegangen. Schöne Worte. Dennoch, Tatsache ist, und da dran ändert auch der krampfhafte Versuch der Reinkarnationsanhänger nichts, Weiterleben zu propagandieren, wenn der Körper/Mind stirbt, existiert etwas nicht mehr. Es hat kein Leben mehr, weil die Seele an sich nicht als Leben definiert werden kann. Tao ist nicht etwas Lebendiges. Qualitäten, Stärken sind im Prinzip Tore zur Verschmelzung mit der Ganzheit, zur Auflösung des Individuellen. Würde sich der Mind nur um Stärken kümmern, würde er seine Abgrenzung verlieren. 155 In der Mystik ist das selbstverständlich das Ziel des Lebens. Psychologisch, psychiatrisch gesehen ist dies allerdings keinesfalls das Ziel des Lebens. Dort hat man Ich-Stärke nötig, sollte man autonom sein, unabhängig. Und das sind alles Phänomene, mit denen die Seele nicht viel anfangen kann. Ebenso verhält es sich ja auch auf Körperebene. Wir sondieren dauernd, wo ein Signal im Körper etwas Negatives ergeben könnte. Wir suchen also immer Schwächen. So banal das tönt: die wenigsten von uns stehen am Morgen auf mit einem Glücksgefühl, weil sie nicht krank sind. Ein Glücksgefühl haben wir höchstens, wenn eine Krankheit überwunden ist. Wir ängstigen uns vor den Stärken. Und wenn es nicht wir selber sind, die Angst haben, so haben wir zumindest Angst, Stärken zu leben, weil das Gegenüber die Stärke fürchtet. Ihr könnt ein weiteres Mal die ganze Geschichte betrachten. Wo immer Leute mit Stärken aufgetreten sind, ist auch die Feindschaft, die Distanz ihnen gegenüber grösser geworden. Bis zum Extremfall Jesu, der gekreuzigt wird, mindestens symbolisch, ob es jetzt genau so war oder nicht. Wir bewundern wohl Leute, die sogenannt Stärken haben. Wir rennen ihnen teilweise auch nach, aber nur solange, als sie diese Stärken so verwenden, dass wir davon profitieren können. Im Augenblick in dem wir das Gefühl haben, wir können von dieser Stärke nicht profitieren, projizieren wir entweder auf diese Person, dass sie gegen uns ist, uns ablehnt, oder dass diese Stärken nur eine Illusion seien etc. Und genau das gleiche macht der Mind mit einem selbst. Zeigen sich die Stärken nicht sofort in einem Profit, sei es materiell oder geistig oder spirituell, werden sie sofort wieder angezweifelt, bekämpft. Wer von uns glaubt es denn schon, falls er/sie irgendeinmal für einen kurzen Moment in einer dieser Pausen das Gefühl hat, dass eine seiner/ihrer Stärken beispielsweise Aufmerksamkeit ist? Und wenn sich die Aufmerksamkeit dann nicht andauernd manifestiert und auch noch Profit bringt, werfen wir sie gleich wieder weg. Nur, Stärken zeigen sich nicht immer profitorientiert. Und mit Profit meine ich nicht nur einfach materiellen Gewinn. Stärken sind sehr oft einfach wie die Luft, wie der Sauerstoff. Sauerstoff kann man auch nicht einfach verkaufen. Könnte der Mind nur ein einziges Mal total sehen, dass keine einzige Schwäche, die ich habe, losgelöst von einer Stärke ist, weil die Schwäche nur durch die Stärke geboren wird. 156 Wenn er dies nur ein Mal wahrnehmen kann, wird ganz zuerst nicht ein Glückseligkeitsgefühl entstehen, sondern Angst. Sieht der Mind es nämlich wirklich, findet er sich plötzlich vor ganz gewaltigen Konsequenzen. Zum Beispiel steht er vor der Konsequenz, dass er niemanden auf der Welt für seinen Zusatnd verantwortlich machen kann. Er kann niemandem auf der Welt für die sogenannten Schwächen die Schuld zuweisen. Er kann sich nicht einmal über diese Schwächen definieren. Schwächen geben uns ja fortwährend die Entschuldigung, uns nicht einzubringen, uns nicht auszudrücken, abzuwarten, auf das Morgen zu verschieben. Wenn ich jetzt plötzlich sehen würde, dass jede Schwäche geboren wird aus einer Stärke und ich mich deswegen nicht mehr zurückziehen kann, würde ich plötzlich wahrnehmen, dass die wirklich einzige bestehende Sünde, diejenige ist, mein Wesen, mein Potential zurückzuhalten mit meinen Entschuldigungen wegen meiner Schwächen. Es ist ja gar nicht so wichtig, wieviel an Potential ich einbringe, sondern nur dass ich mich überhaupt einbringe. Die christlichen Mystiker haben das mit dem Begriff Dienen umschrieben. Teilen, Mit-Teilen. Gibt es etwas, was wirklich mehr Angst macht, als sich einfach so einzubringen? Die Seele wird andauernd ignoriert, weil man in der Illusion lebt, sich einzubringen sei gefährlich. Logischerweise ist es gefährlich. Einbringen bedeutet ja, dass ich einen Teil meiner Identität verliere. Man tut so, als wäre man eine Welle, die immer diese Welle bleiben kann, obwohl man natürlich weiss, dass sie irgendwann einmal, unter Umständen auch gewaltmässig, in unserer Sprache durch den Tod, in den Ursprung, ins Meer zurückgetragen wird und sich so auflöst. Werden die Schwächen erlebt als eine Manifestation geboren aus den Stärken, entsteht ein Zustand, den alle Mystiker mit dem Begriff Absichtslosigkeit bezeichnet haben. Manche haben Absichtslosigkeit mit dem Enden des Denkens übersetzt. Ein Zustand, in dem man etwas nicht mehr absichtlich macht, ein Zustand, dem keine Zielsetzung mehr eigen ist. Absichtslosigkeit, ein einfaches Dasein, Buddha nannte es tathata, führt zuerst über Konzentration. Ein Begriff, welcher vielen Leuten Schwierigkeiten bereitet. Die heilige Theresa beschreibt Konzentration als Studium. 157 Ich muss mir zuerst ganz klar werden, dass mein Wesen aus Stärken besteht, denn sonst würde es gar nicht existieren. Und diese Stärken erzeugen wiederum, wie ein Meer Wellen erzeugt, Manifestationen von Einzelheiten, die man in der Umsetzung als Schwächen erleben kann. Konzentration heisst, sich wirklich anzustrengen, um andauernd wieder zu realisieren, sich da oben im Kopf wieder zu erinnern, dass jede auftauchende Schwäche immer ein Teilaspekt der Seele ist und deswegen weder bekämpft noch verurteilt werden kann. In Jesus Sprache: die bedingungslose Liebe, das Prinzip des Verzeihens. Konzentration geht auch zusammen mit Disziplin, wie es die heilige Theresa formuliert. Innere Disziplin findet allerdings nur statt, wenn Zeit verlangsamt wird. Wer pausenlos herumrennt, oder um es in ihren Worten auszudrücken, wer nicht eine Stunde sitzen kann, wer nicht ruhen kann, ohne immer wieder nach irgendwelchen Aktivitäten zu verlangen, hat keine Disziplin und wird nie innerlich diszipliniert sein. Konzentration und innere Disziplin sind nicht das gleiche wie Aufmerksamkeit. Es ist Studium und Disziplin. Ein stetes Meistern des Minds, wie ein Wagenlenker seine verschiedenen Pferde zügelt und führt, um es mit einem Bild zu zeigen. Die Buddhisten nennen es die Kontrolle über das Denken, über die Emotionen. Da Denken und Emotionen immer zusammengehen, kann man auch einfach vom Zügeln und Meistern des Denkens sprechen. Es verhält sich wie bei der Atmung, um diese wieder als Beispiel anzuführen. Die meisten von uns atmen reflexartig. Manchmal ein bisschen tiefer, intensiver, manchmal etwas weniger, abhängig vom Zustand der Umwelt, abhängig davon, wieviel Adrenalin freigesetzt ist...Und zwischendurch ab und zu, wird man sich des Atems bewusst, wodurch sich der Atemprozess verlangsamt. Ein Yogi kann den Atemrhythmus so weit herabsetzen, dass die Zeit fast stillsteht. In dieser Verlangsamung werden auch die Pausen grösser. Die Pausen sind die Stille. Wenn jetzt nicht nur der Atem, sondern das ganze System sich über Disziplin, Konzentration verlangsamt, entsteht Stille. Stille entsteht nicht einfach so. Je mehr man umhergerannt ist, umso länger braucht es, bis dieser Stilleanteil fühlbar wird. 158 Stille bedingt Absenz der Identifikation. Stille, Pause ist immer dann da, wenn die Identifikation nicht vorhanden ist. Der Mind, der logisch funktioniert, meint, es müsse einen Moment geben, in dem sich diese Stille wie ein logischer Prozess weiterführt, also Kontinuität besitzt. Stille, Pause ist jedoch immer ein Pulsieren. Es entsteht nicht einfach plötzlich eine Stille über eine lange Zeit. Sondern es verhält sich wie mit dem Atem. Es ist ein pulsierendes, rhythmisches Kommen und Gehen. Im Lauf der Zeit wird der Mind diese kurzen Momente, in denen Stille entsteht, als eine Ganzheit definieren, als längeren Zeitraum der Stille wahrnehmen. Zu Beginn vermag er das aber nicht so zu erleben. In diesen kurzen Momenten der Stille, sind die Schwächen aufgehoben. Stille impliziert dies. Das Ich mit seiner ganzen Vergangenheit existiert für einen ganz kurzen Moment nicht. Es ist, wie wenn ein Blitzlicht anginge, das die Seele wahrnimmt und dann ist es wieder weg. Logischerweise, wenn Stille über Konzentration, Studium, Disziplin wahrgenommen wird und wenn sie die Aufhebung des Ichs ist, dann kommt als nächstes, zur Struktur des Absichtslosen dazugehörend, Freiheit. Nicht die Freiheit von irgendetwas. Nicht dass man tun kann, was man will oder was auch immer. Sondern die Freiheit vom Ich. Die heilige Theresa hat das in ihrer Ausdrucksweise mit den sieben Häusern als Verschmelzung umschrieben. Freiheit ist das Wiederfinden der Seele. Freiheit ist wiederentdecken, dass der Körper, der Mind, das Feinstoffliche, bestehend aus Ätherkörper, emotionaler und mentaler Aura, eine Manifestation ist, die getragen wird vom Energiekörper, der Qualitätsaura und der Seele. Und genau in diesem Freiraum entsteht Weisheit, etwas, das nicht von der Vergangenheit geschaffen ist. Weisheit ist ein Prozess, der nicht über den Mind erzeugt wurde. Der Mind setzt es wohl um in eine verständliche Sprache, vielleicht manchmal auch nicht besonders verständlich, aber es kommt nicht vom Mind. Jung hätte gesagt, es stammt aus dem kollektiven Unbewussten. Jedes von uns hat schon Weisheit erlebt. Ihr habt Weisheit dann unter Umständen umschrieben mit Ausdrücken wie atemberaubend oder sprachlos. Irgendein Erlebnis, beispielsweise ein Sonnenuntergang, wie tausend andere Sonnenuntergänge, und plötzlich kommt noch etwas dazu. 159 Ihr könnt jeden Tag einen Sonnenuntergang beobachten. Er wird erst dann atemberaubend, wenn der Seelenaspekt dazukommt, und der kommt erst dazu, wenn ein Freiraum da ist, in welchem die Person mit diesem Ereignis verschmilzt, in dem das Ich, und dazu reicht eine einzige Sekunde, abwesend ist. Aus der Weisheit entsteht das Tao. Das Tao kann man auch mit der Seele umschreiben. Absichtslosigkeit ist der andauernde Prozess von Konzentration, Disziplin, Stille, Freiheit, Weisheit, Tao. Im Prinzip ist das die chemische Formel von Absichtslosigkeit. Während der Mind, wie wir gestern festgestellt haben, aus seiner Natur heraus, sich eben gerade ununterbrochen mit Absichten befasst, neuem nachrennt, motivationsgerichtet ist, zielgerichtet. Die Seele hat weder ein Ziel, noch ist sie auf irgendetwas ausgerichtet. Sie ist einfach präsent. Kann der Mind anfangen, und achtet auf das Paradox, mehr auf die Pausen zu achten, ohne dass er dies mit einer Absicht macht? Er kennt die Absicht sich entwickeln zu wollen, die Absicht besser sein zu wollen, die Absicht daraus Profit zu ziehen, nicht nur materiell, sondern psychisch, geistig, spirituell. Kann der Mind einfach auf Pausen achten, einfach, weil das seiner wahren Natur entspricht? Nicht wegen irgendetwas. Nur weil Pausen die wahre Natur des Seins sind, weil der Dialog mit der Seele nur über diese Pausen möglich ist. Nicht weil man die Absicht hat, man wolle einen Dialog mit der Seele führen, um etwas zu erreichen. Sondern einfach weil die Kommunikation, der Dialog mit der Seele, Leben und die Qualität des Lebens ausmacht. Einer der grössten Mystiker, welchen wir jetzt bald wieder feiern, Jesus, hat das im Thomas-Evangelium, welches die Kirche allerdings verbannt hat, weil es ihre Lehre gefährden würde, auf eine wunderbare Art dargestellt. Jesus sagt in einem ersten Satz: Jeder wird das Himmelreich finden. Weil man von da kommt, und auch wieder dahin zurückgeht. Schon dieser Satz beinhaltet einen enormen Sprengsatz. Wenn ich aus dem Tao, was ein anderer Begriff für das Himmelreich ist, entstanden bin, so ist es unmöglich, nicht wieder dahin zurückzukehren. Eine Welle kann nicht plötzlich nicht wieder im Ozean, im Meer versinken. 160 Eine Welle muss absolut keine Anstrengungen machen, keine Entwicklung, keine Veränderung, es bestehen keine besonderen Bedingungen, sie wird sowieso wieder im Ozean verschwinden. Was aus dem Tao entsteht, kann logischerweise auch nur wieder mit dem Tao verschmelzen. Ununterbrochen wird dem Menschsein unterstellt, nur unter diesen und diesen Bedingungen, mit den und den Glaubensgrundsätzen kommst du ins Himmelreich. Und Jesus sagt, wenn du aus dem Himmelreich kommst, kannst du auch nur wieder dahin heimkehren. Ob du zwischendurch als Welle, als Individualität, als Teilchen, dir dieser Tatsache bewusst bist oder nicht, ist der einzige Unterschied, der Qualität ausmacht. Aber verhindern kannst du es sowieso nicht. Dauernd zu meinen, ich müsse mich entwickeln, ich müsse etwas erreichen, ignoriert eigentlich das Grundgesetz, dass ich Tao bin. Und dann geht Jesus weiter und sagt: Wenn die Leute euch fragen, woher kommt ihr, wie seid ihr entstanden, dann antwortet ihnen, wir kommen aus dem Licht, aus dem Licht, das aus sich selbst entstanden ist. Wenn man aus dem Licht kommt, das an sich Licht ist, kann man nichts anderes sein als Licht. Jesus hat das in vielen Gleichnissen ganz praktisch zu umschreiben versucht. Nehmt mal das Gleichnis der Prostituierten, die gesteinigt werden soll. Übersetzt einmal Prostituierte mit einer eurer Schwächen. Und übersetzt diejenigen, die diese Schwäche steinigen wollen, mit dem Teil eures Minds, der diese Schwäche offensichtlich verurteilt. Und übersetzt Jesus mal mit eurer Seele, die kommt und sagt, erst die und nur die, welche selber noch nie eine Schwäche hatten, sollen diese Schwäche steinigen. Wer selber schon Schwächen hatte, soll gefälligst aufhören, eine Schwäche steinigen zu wollen.Und er sagt damit, dass es logischerweise keine Manifestation geben kann, die nicht Schwäche beinhaltet. Eine Welle ist immer schwächer als das Ganze. Jede Manifestation ist schwächer als das Ganze. Weshalb sollte aber dann eine Manifestation eine andere Manifestation beurteilen, bestrafen? Und Buddha meint dasselbe, wenn er sagt: wo das Anhaften aufhört, nicht das Bekämpfen von etwas, sondern wo das Anhaften aufhört, dort ist das Karmagesetz sofort aufgehoben. 161 Etwas das aus dem Licht hervorgeht, selber Licht ist und aus dem Licht kommt, das sich selber erschaffen hat, ist wie jemand, der einen Raum betritt, welcher hell erleuchtet ist. Da kann er noch so viel denken, wie er will, er trage nichts zum hellen Licht bei. Es wird nichts daran ändern, dass es hell erleuchtet bleibt. Das Prinzip des Vergebens, das Prinzip, nicht über andere noch über sich selbst zu urteilen, bringt Jesus auf diesen ganz einfachen Nenner. Da man sowieso ein Teil des Lichts ist, ist es sinnlos diesen Teil zu bekämpfen oder dagegen zu sein. Und Jesus geht weiter und sagt: Und wenn sie euch fragen, was es ist, woran man erkennen kann, dass ihr wirklich aus diesem Licht kommt – in der Originalübersetzung: woran kann man erkennen, dass ihr vom Vater seid, eins seid mit dem Vater, mit Gott – dann sagt zu ihnen, – und das ist einer der grössten Sprengsätze, die es überhaupt gibt – Jesus sagt, dann antwortet ihnen, es ist eine Bewegung und gleichzeitig eine Pause. In der englischen Übersetzung: it is a movement and a rest. Es ist eine Bewegung und ein Stillstehen zugleich. Wenn sie euch fragen, was ist es, woran kann man erkennen, dass ihr wirklich aus dem Licht kommt, dass ihr aus dem Tao kommt und dahin wieder zurückgeht, dann sagt einfach, man kann es daran erkennen, dass es eine Bewegung und ein Stillstand zusammen ist. Das könnte von Buddha sein. Das könnte von Krishna sein. Das tönt ganz nach östlicher Mystik und nicht umsonst wurde das ThomasEvangelium aus der Bibel hinausgeworfen. Kann der Mind diesen simplen Satz verstehen? Es ist eine Bewegung und zugleich ein Stillstand. Daran könnt ihr erkennen, sagt Jesus, ob jemand wirklich vom Tao kommt. Das Meer, wenn ihr in eine gewisse Tiefe geht, absolute Ruhe. An der Oberfläche des Meers, ununterbrochene Bewegung. Der Mind, ununterbrochene Bewegung. Aber Bewegung kann nur existieren, weil es irgendwo Stille gibt, Pause. Es kann keine Welle geben, ohne den Hintergrund, die Tiefe. Der Mind kann nicht existieren, ohne immer mit der Tiefe verbunden zu sein. Ich kann eine Welle nur verurteilen als Bewegung, wenn ich nicht sehe, dass sie aus der Tiefe kommt. Ich verurteile einen Mind nur, wenn ich ihn von der Tiefe trenne, abspalte. Luzifer, das gefallene Licht. Sünde, sagt Jesus, ist diese Abspaltung. 162 Man kann nicht verhindern, dass diese Abspaltung wieder aufgehoben wird, weil sie nur künstlicher Art ist. Die Hindus sprechen von Illusion. Buddha spricht vom Nicht-Erkennen: man muss nicht Buddha werden, man ist immer Buddha-Natur. Krishna versucht Arjuna beizubringen, dass, was immer er macht, nur eine Bewegung ist und dank dem Ganzen existiert. Ich kann es über eine gewisse Zeit abspalten, und mich so fühlen, als hätte diese Bewegung eine eigene, losgelöste, abgesonderte, bestimmte Identifikation, und finde mich gefangen in einem andauernden Muster bestehend aus Beurteilen, Werten, Versuchen besser zu werden... noch eine ein bisschen höhere Welle, und höher natürlich immer verglichen mit etwas kleinerem, Minderheit, Mehrheit etc... Oder, sagt Jesus, ich kann erkennen, dass Bewegung und Stillstand, movement and rest, immer zugleich sind, und kehre heim ins Himmelreich, ins Paradies, ins Tao, oder wie immer man das umschreiben mag, bevor ich Körper/Mind verlassen muss, sterbe. Jesus hat das noch ein wenig deutlicher auszudrücken versucht, indem er nämlich in einem anderen Abschnitt im Thomas-Evangelium sagt: Selig sind die, die ausgewählt sind. Sie werden ins Himmelreich zurückfinden. Weil man von da kommt, geht man auch wieder dahin zurück. Lassen wir einmal beiseite, dass sogar fraglich ist, ob eine genaue Übersetzung aus dem ursprünglichen Text "ausgewählt" ergeben würde. Jedenfalls haben die Machtstrukturen den Begriff ausgewählt, auserwählt so ausgelegt, dass es sich eben nur um einige wenige handeln kann, die sich infolgedessen so und so verhalten haben müssen. Wir behaupten, Jesus hat nichts anderes gesagt als: wenn man sich bewusst wird, wenn man wählt, sich wieder zu integrieren, wenn man wählt, beispielsweise absichtslos zu sein, und wenn man wählt, die Bereitschaft hat, in der buddhistischen Sprache, die Disziplin, die Aufmerksamkeit, die daraus entsteht, anzuwenden, ist man im Himmelreich, ist man selig. Bevor es auf jeden Fall wieder passiert und man sowieso zurückkehrt. Man kann auf den Wellen surfen, man kann auf den Wellen schwimmen, man kann aber auch wählen zu tauchen. Jeder, sagt Jesus, wählt selber, ob er das Paradies erst später oder auch in diesem Leben will. Buddha sagt, jeder entscheidet selbst, und das heisst Karma, ob er schon in diesem Leben aussteigen will aus Geburt und Wiedergeburt oder erst in hundert. 163 Und alles ist abhängig von diesem Wahrnehmen, dass Bewegung und Stillstand gleichzeitig vorhanden sind. Man könnte Jesu Worte Bewegung und Stillstand auch übersetzen mit einem Beobachter. Der Beobachter ist etwas Tuendes, das den Beobachter beobachtet, und das ist etwas, das immer präsent ist, und in diesem Sinne nie etwas tut. Der Dialog mit der Seele findet genau in dem Moment statt, wenn diese Bewegung und dieser Stillstand ununterbrochen gleichzeitig erfolgen. Die Schnittstelle, von der wir gesprochen haben, ist dort, wo Bewegung und Stillstand aufeinandertreffen, wo sie sich bewusst werden. In der ururalten Mythologie bezeichnet als Schöpfung. Schöpfung, in der taoistischen Sprache, erfolgt, wenn aus dem Tao eine Bewegung entsteht. Jesus sagt also drei Dinge in einem Gespräch. Erstens: Ihr könnt machen, was ihr wollt, da ihr – und ich verwende jetzt absichtlich den Begriff Tao – da ihr aus dem Tao geboren seid, bleibt ihr ein Teil des Tao und kehrt auch wieder zurück ins Tao. Zweitens: Da das Tao Licht ist, seid ihr ein Lichtträger und ein Teil dieses Lichts, das Licht an sich ist, und da könnt ihr auch gefallenes Licht sein, ihr bleibt Licht. Drittens: Erkennen, dass ihr so seid, kann jeder in sich selber, vergewissern, dass er aus dem Tao kommt, kann jeder sich selber, indem er immer Bewegung und Stillstand gleichzeitig wahrnimmt, indem er das Einzelne und das Ganze immer zugleich erfährt. Wir meinen, diese drei Punkte erklären grundsätzlich das ganze christliche Evangelium. Mehr braucht es nicht. Diese drei Punkte sind eigentlich die Grundsätze der Erlösung. Und da auch der Buddhismus und der Hinduismus dasselbe sagen, genügen diese drei Punkte eigentlich, um zu wissen, dass es kein Karma gibt, um zu sehen, dass es da nicht um die Schwächen geht, um zu erkennen, dass niemand von uns irgendetwas erreichen muss, dass niemand von uns besser ist als der andere, dass es keine Hierarchie gibt, sondern dass es einfach darum geht, immer wieder die eigene Buddha-Tao-Christus-Natur zu erkennen. Der Weg dazu ist das Verschmelzen zwischen Bewegung und Stillstand, zwischen Einzelnem und Ganzem, zwischen Ich und Seele. Beziehung ist Gott, Tao. 164 Sterben – Meditation – Aufmerksamkeit – Stille 24. Mai 1995 Für diejenigen von euch, die neu sind: aktive Meditation heisst, dass man mit der inneren Intelligenz zuhört, sich nicht auf das, was ich sage, rational einstellt, sich nicht darum kümmert, ob man es gut oder schlecht findet, sondern das Gehörte einfach der inneren Intelligenz überlässt. Die innere Intelligenz ist etwas, das mehr ist als das Wissen oder das rationale Denken. Das bedeutet ungefähr zu hören, wie wenn man dem Meer zuhören würde oder dem Rauschen eines Baches und sich nicht so sehr auf die Worte zu konzentrieren oder sich um den Inhalt zu kümmern. Wenn seit Jahrtausenden immer wieder gesagt wird, Meditation – wir nehmen jetzt einfach mal den Begriff Meditation und lassen ihn so stehen – sei eine der grossen Hilfen, um Stress abzubauen, relativ gesund zu bleiben, mehr zu erkennen von dem, was mehr ist als Körper/Mind, dann stellt sich doch folgende Frage: wenn das so ist, warum meditieren nicht viel mehr Leute? Millionen von Leuten nehmen jedenfalls Pillen wie zum Beispiel Valium, weil man angibt, es sei ein Beruhigungsmittel und nehme die Angst weg. Man sagt das gleiche von Meditation und dennoch bleibt es eine relativ begrenzte Gruppe, eine kleine Anzahl von Leuten, die meditiert. Wieso? Die Zeit, die man aufwenden muss, kann ja nicht als Massstab gelten. Natürlich benötigt eine Pille keinen Zeitaufwand. Sie kostet andererseits auch mehr. Vielleicht geht es aber vor allem auch darum, dass Meditation und Tod, Sterben in einem sehr direkten Zusammenhang stehen. Vielleicht ist es gar nicht möglich, Meditation und Tod voneinander zu trennen. Sie scheinen nur getrennt durch das Zeitbewusstsein. Der Tod wird offensichtlich als etwas, was innerhalb eines Zeitrahmens abläuft, geschildert und erlebt. Er hat unweigerlich auch mit Verlassenwerden, mit Auflösung, mit einem Einschnitt ins Leben, mit einer Veränderung der Lebenssituation zu tun. Für jene, die zurückbleiben, vielleicht auch für diejenigen, die sterben. Meditation scheint zumindest am Anfang nicht darin zu bestehen, dass etwas verlassen wird oder verloren geht, oder dass eine Lebensveränderung stattfindet, dass Trauer, Verlassenwerden diese Lebensveränderung begleiten. 165 Untersucht man es ein bisschen genauer, so findet man, dass wir Meditation als den kleinen Tod bezeichnen könnten oder dass wir sie mit dem Prozess des Sterbens gleichsetzen können. Vielleicht ist es sogar einfacher, den Prozess des körperlichen Sterbens anzunehmen, als den Prozess des Mind-Sterbens. Bewusst erfolgt dies nämlich primär in der Meditation, wogegen beim körperlichen Sterben sehr oft der Übergang vom Mind, die Transzendenz auf eine andere Ebene, eigentlich gar nicht willentlich, bewusst wahrgenommen wird. Beides hat etwas mit Stille zu tun. Und beides hat etwas mit Aufmerksamkeit zu tun. Untersucht man zuerst einmal den Prozess von Aufmerksamkeit, so würde man wahrscheinlich bemerken: wenn jemand stirbt, geht die Aufmerksamkeit weg. Für diejenigen, die zuschauen, welche nicht sterben, sieht es zumindest so aus. Das Bewusstsein scheint wegzudriften, verlorenzugehen. Viele Leute meinen auch, in der Meditation, während der man ja sehr oft ein wenig wegtaucht, schwinde die Aufmerksamkeit ebenfalls. Wir meinen, dass dies eine falsche Definition von Aufmerksamkeit beinhaltet und auf einem Missverständnis zwischen den Begriffen Aufmerksamkeit und Konzentration beruht. Konzentration schliesst ein, dass man etwas willentlich tun kann. Ich kann mich willentlich mehr auf den Fuss konzentrieren oder auf einen anderen Teil meines Körpers, oder ich kann mich willentlich stärker darauf einstellen, meine Denkprozesse zu untersuchen. Aber kann ich willentlich aufmerksam sein? Aufmerksamkeit entsteht erst, wenn kein Wille mehr da ist. Wille bedeutet eine bewusste Aktion auf ein bewusstes Ziel hin. Aufmerksamkeit kennt weder Aktion, Handlung, noch ist sie zielgerichtet. Zielgerichtete Meditation ist nicht Meditation. Wann denn entsteht Aufmerksamkeit? Wenn ihr genau beobachtet, so könnt ihr feststellen, dass Aufmerksamkeit dann entsteht, wenn die Vergangenheit nicht funktionell im Mittelpunkt steht. Dann, wenn ich vor etwas Neuem stehe, das ich noch nicht bewerten, beurteilen, einordnen kann. Wenn ich die Vergangenheit nicht als Vergleichswert benützen kann. Wenn mein Gehirn, die Fähigkeit nicht mehr hat, das, was jetzt gerade kommt, was im Augenblick geschieht, was erlebt wird, in eine Erfahrung einzupacken, mit etwas Ähnlichem, das schon einmal war, gleichzusetzen. 166 Ein Berg wird erst dann zu einem lebendigen Wesen, wenn ich ihn betrachte, ohne die Erfahrung zu beobachten und zu sagen, ja gut, der sieht jetzt als Form ein bisschen anders aus, aber davon habe ich schon viele gesehen. In diesem Fall kann wohl jemand einwenden, konzentriere dich jetzt, schaue jetzt auf diesen Berg, aber Konzentration führt nie zu Leben. Erschaffung von Leben entsteht über Aufmerksamkeit. Und da Erschaffung von Leben losgelöst ist von Transzendenz, ist auch Tod mit Aufmerksamkeit verbunden. Wenn das Sterben einsetzt, kann niemand sagen, ich kenne diese Erfahrung schon, ich weiss, was das ist, das habe ich schon ein paar Mal durchgemacht, ich konzentriere mich jetzt halt auf das Atmen oder auf etwas vom letzten Mal, sondern plötzlich ist absolute, freie Energie da. Ich kann mich auf rein gar nichts abstützen. Wo ich mich auf nichts abstützen kann, ist das Ich, der Mind, bestehend aus Vergangenheit, Erfahrungen, Interpretationen, unfähig, sich zu manifestieren. Sterben ist demzufolge vielleicht der stärkste, intensivste Meditationsprozess, den es gibt. Man könnte vielleicht sogar sagen, auch wenn man für den ganzen Rest des Lebens nie meditiert, und nicht alle Leute haben die Zeit, meditieren zu können, irgendwanneinmal wird man sowieso in diese Transzendenz hineinmanövriert. Man wird dazu gebracht, dass Meditation einfach stattfindet. Meditation ist im Prinzip nichts anderes als das Medium der Transformation. Und kein Sterben kann stattfinden ohne Transformation und demzufolge ohne Meditation. Auch jemand mit grössten Schmerzen wird in einen Aufmerksamkeitszustand hineinfallen. Es gibt einen anderen Begriff, der etwas ähnliches aufzuzeigen versucht, to fall in love, in die Liebe fallen. Fallen, in etwas hineinfallen, ist mit einem willentlichen Konzentrationsakt nicht möglich. Aufmerksamkeit ist die Absenz aller Erfahrungen, von allem, worauf man sich beziehen kann. Worauf will man Bezug nehmen, wenn man stirbt? Auf die Erinnerung vom letzten Leben? Das wird schwierig. Auf ein Erlebnis, eine near-death-experience, ein Nah-Tod-Erlebnis? Man kann nicht wissen, ob es wirklich gleich sein wird. Wieso hat es die Natur so eingerichtet, dass Tod nur unter Aufmerksamkeit möglich ist? Und Achtung, für diejenigen, die medizinisch nicht geschult sind, auch jemand im Koma ist noch sehr aufmerksam, aktiv und nicht einfach unbewusst, bewusstlos. 167 Diese Person erscheint wohl so, aber man weiss heute, dass das Gehirn immer noch völlig aktiv, aufmerksam ist. Wieso hat es die Natur eingerichtet, dass Tod Aufmerksamkeit braucht, Absenz der Geschichte, der Idee von sich selbst? Wie soll sich etwas in eine andere Form verwandeln, wenn es sich an der alten Form festhält. Das buddhistische Prinzip der Vergänglichkeit ist ja nicht etwas Negatives, sondern Vergänglichkeit ist immer Verwandlung. Es gibt kein Anfang und Ende. Es gibt nur ein dauerndes Wandeln, Form, die sich in andere Form verwandelt. Ein Objekt, das immer eine Masse ist, also aus Zeit/Raum/Gravitation besteht, kann zu einem Subjekt werden, welches also keine Raum/Zeit/Masse/Gravitation mehr braucht. Das kann es aber nur, wenn es, um in der Psychologensprache zu reden, die Erinnerung, den blue print verliert. Erinnerung heisst ja nichts anderes, als auf der Psycho-Bio-Bewusstseinsebene ein Formfeld, Formstruktur zu erhalten. Wo ein Formfeld transzendieren, sich auflösen soll, muss die Erinnerung aussetzen. Wenn ich einen Fotoapparat habe, einen Film hineinlege mit zwanzig Bildern und zu fotografieren beginne, so sorgt der Fotoapparat als Instrument dafür, dass der Film zwanzig Erinnerungen festhält. Um aber neue Erinnerungen zu schaffen, neue Formen, muss ich nach diesen zwanzig Bildern den Film herausnehmen, ob ich ihn entwickle oder nicht spielt gar keine Rolle. Aber es nützt nichts, wenn ich es mit dem gleichen Film wieder versuche, weil dann nichts Neues entstehen kann. Ich muss die Erinnerung leer werden lassen. Wir alle haben ja unter der Nase ein Grübchen. Und ein alter Mystiker hat einmal gesagt, kurz bevor wir geboren werden, kommt der Engel der Erinnerung, legt seinen Zeigfinger unter unsere Nase, so dass der Mund sich ein wenig schliesst, pssst!, gleichzeitig entsteht dieses Grübchen, und die Erinnerung fällt weg, was nötig ist, weil wir nur dank dem Wegfallen der Erinnerung wieder neu wachsen können. Die Evolution macht genau das gleiche. Sie lebt durch ein Paradox. Auf der einen Seite selektioniert sie, wozu sie sich erinnern muss, beispielsweise welche Gene stärker sind. Auf der andern Seite, um in einem Wachstum zu bleiben, muss sie immer dafür sorgen, dass die Erinnerungskette auch wieder aufgelöst wird. 168 Wäre das nicht so, würde es nämlich wohl immer nur Schimpansen geben, aber das 1,8% Verschiedenheit, welches macht, dass es Menschen gibt, würde sich nie ergeben. Die Genkette würde immer dafür sorgen, dass sie einen ein wenig besseren Affen entwickelt, nur ist ein besserer Affe nicht das gleiche wie ein Mensch. Offensichtlich existiert aber, was man in der Fachsprache Mutation nennt. Diese Mutationen finden immer nur über das Auflösen von Erinnerungen statt. Das bedeutet im Prinzip: Wachstum, Fortschritt, Neuwerden benötigen nicht, wie die Psychologie behauptet, das Verstehen, das Erinnern der Vergangenheit, sondern das Auflösen der Vergangenheit und der Erinnerung. So wäre Karma und Reinkarnation, wenn man überhaupt daran glauben will, nichts anderes – um das einfach mal theoretisch zu sagen, weil ich nicht glaube, dass es sich so verhält – als zu sterben und die Erinnerung zu behalten, wieder und wieder über diese Erinnerung geboren zu werden, und das wäre als ob man immer wieder den gleichen Film anschauen würde. Wir aber sagen, dies ist sehr unwahrscheinlich, weil der Tod ja eben gerade durch Aufmerksamkeit sowieso hilft, die Erinnerung aufzulösen, auszulöschen, ob man jetzt spirituell ist oder nicht, ob man gut gelebt hat oder nicht, ob man schlecht war oder nicht. Der Tod wird in unserer Gesellschaft ja nicht primär tabuisiert, weil man sich eigentlich vor dem Tod ängstigt. Sondern er wird deshalb tabuisiert, weil der untabuisierte Tod uns immer wieder zeigen würde, wie relativ, wie begrenzt die Macht, die Bedeutung einer Einzelperson ist. Stellt euch einmal vor, wir würden in einer Struktur leben, die immer mit Aufmerksamkeit, der Absenz von Erinnerung, Vergangenheit, Zeit, schafft. Wo würde man Autoritäten aufbauen? Wo würde man Leute ideologisieren? Wo würde man blind irgendjemandem glauben? Man wäre sich ja immer bewusst, dass alle irgendeinmal wieder am gleichen Ort landen wie ich, ob reich oder arm, ob gesund oder krank, ob berühmt oder nicht, dort wo die Vergangenheit keine Rolle mehr spielt. Und unsere Gesellschaft ist besessen vom Drang, dies zu verhindern, indem sie Denkmäler anfertigt und Erinnerungsveranstaltungen abhält. Unsere Kinder lernen in der Schule nicht, wie sie mit der Zukunft umgehen könnten, lernen nicht darüber zu reflektieren, wie wir am besten die Zukunft gestalten, sondern sie lernen ununterbrochen irgendwelche alte Geschichte, die mit Sicherheit nicht zum Verständnis, zu einer intelligenten Bewältigung des eigenen Lebens beiträgt. 169 Im Prinzip machen wir genau das Gegenteil dessen, was eigentlich Gesundheit bringt. Wir fördern nicht die Aufmerksamkeit, wir konzentrieren uns auf einzelne Punkte, was zu Fixierungen führt und jede Fixierung verstärkt ein Problem, statt es zu transzendieren. Die schlaue Argumentation, das Tabu Tod habe etwas damit zu tun, dass wir alle Angst hätten vor dem Tod, ist absurd, weil wir alle vom Moment der Geburt an, und spätestens vom Moment einer gewissen Bewusstseinsebene an, wissen, dass der Tod auf jeden Fall eintritt. Man kann die Vergänglichkeit ja ununterbrochen erfahren, schon vom Babyalter an bis in die Pubertät, ein gewaltiger Schub andauernder Veränderungen des Körpers und des Minds. Wenn wir uns überhaupt vor dem Tod fürchten, dann nicht vor dem Tod als solchem, sondern vor dem Schmerz, der den Tod begleiten könnte. Mit Sicherheit haben wir aber Angst davor, uns nicht mehr definieren zu können über die Erfahrung, über die Geschichte, über das, womit wir uns identifiziert haben. Und in diesem Sinne kann Meditation genauso angstvoll sein wie Sterben. Es handelt sich um den gleichen Prozess, nur dass er nicht die Verwandlung des Körpers miteinschliesst. Das zeigt wie paradox wir funktionieren. Auf der einen Seite lehren uns alle Religionen, alle mystischen und esoterischen Schulen, dass es etwas gebe, das den Körper überlebt, dass es etwas gibt, das wichtiger ist als der Körper, und auf der anderen Seite sind wir immer nur darum bemüht, sicher dafür zu sorgen, dass der Körper erhalten bleibt. Wir sind materieorientiert. Es gibt Leute, die sich unwohl fühlen vor dem Sterben, solange sie nicht zuerst im Katalog selber ihren Sarg ausgewählt haben. Und ungefähr ebenso absurd verhalten wir uns täglich. Wir wollen wohl gerne daran glauben und darauf hoffen, dass es etwas gibt, das wichtiger ist als Körper/Mind, aber wenn es darum geht, etwas zu verteidigen, so ist es immer Körper/Mind. Wohl sind wir für Verwandlung, aber wenn möglich derart, dass die Materie davon profitiert. Wenn man schon immer behauptet, dass Jesus Gottes Sohn sei, dass sein Kommen geplant war, um die Sünden von uns zu nehmen, so war vielleicht sein Tod auch geplant. Wäre er erst mit sechzig gestorben, hätte er doch noch ein bisschen länger predigen können, vielleicht wäre seine Lehre dann sogar ein bisschen weniger missverstanden worden, er hätte ein bisschen länger heilen können. Aber vielleicht wollen ja die 33 Jahre als Symbol mitteilen, dass es nicht um das Alter geht. Es geht um Transformation. 170 Verzeihen, Vergeben ist der Prozess des Wegfallens der Vergangenheit. Die Sünde von einem nehmen meint möglicherweise nichts anderes. Das Prinzip des Vergebens heisst vielleicht vor allem: jeder, egal in welchem Alter, wird irgendwann einmal erlöst, verwandelt durch das Seinlassen von Körper/Mind. Welchen Sinn aber macht es, bis siebzig, achtzig, oder neunzig zu warten, bis ich endlich erlöst werde, wenn die Erlösung schon vorher möglich ist und wenn die Erlösung in nichts anderem besteht als in einer totalen Bewegung von Aufmerksamkeit? Sterben ist Aufmerksamkeit. Meditation ist Aufmerksamkeit,. das Wegfallen dessen, worum es nicht geht, Absenz und Verwandlung dessen, was in Raum/Zeit/Gravitation existiert. Wieso warten bis das sichtbar eintritt? Vielleicht ist der Begriff Erleuchtung nichts anderes als der Ausdruck dieses Prozesses. Sterben bevor Körper/Mind stirbt. Wir alle wissen, dass Meditation, wie jede Technik, mit der Zeit zu einer Routine wird. Auch wenn man beim Meditieren gar nichts macht, nur sitzt, ist es ja eine Form einer Technik. Nämlich zuerst einmal der Wille einfach dazusitzen und nichts zu machen, und man kann dann darauf aufbauen mit verschiedenen Methoden, Ergänzungen, Techniken. Jede Technik verkommt mit der Zeit zu einer Routine. Eine Routine impliziert eine Gewöhnung. Je mehr man sich an etwas gewöhnt hat, umso weniger Aufmerksamkeit. Wie mehr etwas zur Routine, auf der psychospirituellen Ebene, in den religiösen Schulen zu einem Ritual wird, umso mehr ist nur noch Wille, Konzentration, Einbildung, Phantasie, aber keine direkte Aufmerksamkeit mehr vorhanden. Man könnte sagen, der Tod der Aufmerksamkeit ist das Ritual, Gewohnheit, Technik. Ist die Gewöhnung soweit fortgeschritten, dass sie schon fast im ganzen System integriert ist, redet man von Langeweile. Man langweilt sich. Man kann sich nur langweilen, wo keine Aufmerksamkeit ist. Was ist mit unseren Köpfen los, dass wir uns für eineinhalb Stunden einen Krimi anschauen können und völlig absorbiert sind, und wenn wir eine Stunde einfach aufmerksam zu sein versuchen, Gewöhnung entsteht, Langeweile, Müdigkeit, das Gegenteil eines dynamischen Prozesses? 171 Geht man von dem aus, was wir bis jetzt gesagt haben, dann ist Gewohnheit, Langeweile, Routine, Ritual nicht etwas, was sich einfach ereignet, sondern es sind vorgeschobene Mechanismen, Stopmechanismen, die versuchen, auf Schleichwegen zu verhindern, dass man stirbt. Man erstickt in Sicherheit. Stellt euch einmal einen Körper vor, der hundertprozentige Sicherheit hat, was heissen würde, der nicht sterben kann. Er würde an seinem eigenen Elend ersticken, also gewalttätig sterben. Stellt euch einen Mind vor, der hundertprozentig auf Sicherheit ausgerichtet ist. Er würde ununterbrochen, wie in einem Hamsterkäfig, um den gleichen Satz kreisen. Jeder neue Satz wäre schon eine Gefahr. Es entspräche einem totalen, eingeengten, paranoiden System. Eine Krankheit, die viele von uns in abgemilderter Form kennen: !Syntaxfehler, « oder !Syntaxfehler, ! oder !Syntaxfehler, « Es spielt keine Rolle, welchen Inhalt man wählt, solange man immer wieder im Gleichen kreisen und leiern kann, hat man zumindest Sicherheit. Vielleicht ist Krankheit, psychische Krankheit, nichts anderes als eine weitere Stopmöglichkeit, um nicht zu sterben. Man sichert sich ab mit dem, was man hat. Das Gehirn kann dadurch keine Flexibilität entwickeln, in der Neurologie würde man von Vernetzung der Neuronen sprechen, und es kommt zu einem Verfall der Intelligenz. Denn Intelligenz besteht aus dem Prozess, immer wieder auf Neues zuzugehen und Neues zu absorbieren. Dummheit besteht darin, immer auf die Vergangenheit bezogen zu sein, eine Haltung, die die Psychologie einnimmt. Ein Mystiker ist jemand, der jeden Tag das Sterben riskiert. Wäre Nicht-Sterben ein wesentlicher Vorteil, hätte die Natur dafür gesorgt, dass es dementsprechend abläuft. Die Natur ist so intelligent, dass sie sich mit Sicherheit überlegt hätte, ob es einen Sinn mache, das Sterben aufzuheben. Offensichtlich macht ein Aufheben des Sterbens keinen Sinn. Vielleicht macht das Hinausschieben der Umwandlung von Körper/Mind auch keinen Sinn, wenn sich nicht gleichzeitig ein anderer, ein meditativer Sterbeprozess abspielt. Vielleicht nicht umsonst sind gerade Mystiker, die viel meditiert haben, immer mit Ausnahmen, relativ alt geworden. Was soll sinnvolll sein daran, den Fotoapparat die nächsten hundert Jahre zu erhalten versuchen, wenn nötig immer wieder ein Schräubchen auszuwechseln, ihn dann immer wieder zu putzen, wenn man nie einen neuen Film einlegt? Bestenfalls als Sammelobjekt? 172 Wenn man aufhört, sich an die Vergangenheit zu klammern, ist sofort Aufmerksamkeit da. Man kann gar nicht sterben, sogar wenn es augenblicklich durch einen Herzschlag passiert, ohne diesen Input von Aufmerksamkeit, ohne diesen Übergang wahrzunehmen. Nicht mehr mit der gleichen Wahrnehmung, mit der man ein Bild wahrnimmt oder ein anderes Objekt, sondern als subjektive Wahrnehmung. Es geht gar nicht anders, weil das Sterben das Abhängen der Geschichte ist. Und statt jetzt zu warten, bis die Natur uns endlich dazu verhilft, dass die Geschichte sich von selbst ablöst, hat uns das Bewusstsein die Möglichkeit des täglichen Sterbens gegeben. Damit die Transformation nicht erst beim Verfall des Körpers, bei der Umwandlung stattfindet, ermöglicht uns das Bewusstsein, dafür zu sorgen, dass sich diese Transformation abspielen kann, während das Instrument, der Körper/Mind noch stabil ist. Kann ich den Mut aufbringen, auf der psycho-spirituellen Ebene die Inhalte sein zu lassen? Wir sprechen nicht von der biologischen Bewusstseinsebene. Die biologische Bewusstseinsebene braucht Erinnerung, sie braucht Sicherheit. Kann ich auf der psycho-spirituellen Ebene, die nicht objektmässig bezogen ist auf Hunger, Durst, ein Dach über dem Kopf, sondern nur aus Inhalten besteht – ob die Welt rund ist oder ob sie es nicht ist, ob diese Partei richtig ist oder jene, ob das, was ich mache wirklich so toll ist oder so schlecht oder nicht – kann ich diese Inhalte sein lassen? Kann ich den Mut aufbringen, weil ich mehr Aufmerksamkeit will, radikal die Identifikation, die Interpretation von mir sein zu lassen? Sein lassen heisst nicht, dass ich sie nicht mehr sehen muss, noch dass ich plötzlich wie ein Trottel ohne diese Wahrnehmung bin, sondern dass ich mich nicht darauf fixiere. Man kann seiner Geschichte nicht einfach davonrennen. Jemand der seine Geschichte nicht mehr erinnern kann, kann auch nicht überleben. Sein lassen heisst also nicht, dass man nachher einfach plötzlich nicht mehr weiss, was gestern gewesen war. Aber sein lassen heisst, dass ich mich nicht beziehe darauf, fixiere darauf, wie mein jetziger Zustand entstanden ist, mein jetziges Verhalten nicht durch Konzentration auf die Vergangenheit beziehe. Eine Blume, die beginnt, sich darum zu kümmern, wieso sie eine Blume ist und wo ihre Wurzel ist, wird wahrscheinlich relativ schnell verwelken. Eine Blume ist da um zu blühen und nicht um zu analysieren, wie die Blüte entstanden ist. 173 Kann ich aufhören, weil ich mehr Aufmerksamkeit haben möchte, immer wieder meine Geschichte zu untersuchen und mich mit meiner Geschichte zu identifizieren? Wissen zu können, dass etwas eine sogenannte Schwäche oder ein Fehler ist, bedingt, dass ich ein Bewusstsein habe, das aufteilt, trennt zwischen dem, was ich jetzt bewusst wahrnehme und dem, was ich aus Erfahrung als Schwäche definiere. Eine anhaltende, konstante Abspaltung. Tod ist Eins-Werden. Wahrscheinlich haben viele Mystiker nichts besonders Esoterisches gemeint, wenn sie von der Leere, der Verschmelzung, dem Eins-Werden gesprochen haben. Wahrscheinlich ist es eine Projektion unseres Wunschdenkens zu meinen, Eins-Werden bestehe darin, dass man zu Gott zurückkehre, oder in der Sprache der christlichen Religion in den Himmel, oder im Buddhismus ins Nirvana, sondern wahrscheinlich heisst Eins-Werden nichts anderes als das, was man in der Computersprache auch sagt: eins, nicht zwei. Ein Körper/Mind, der ununterbrochen vergangenheitsbezogen ist, ist zwei. Ein Körper/Mind, welcher sich andauernd all dessen bewusst zu sein versucht, was nicht stimmt und sich noch fragt, warum das nicht stimmt und dann noch Schuldzuweisungen macht, kann nicht aus eins bestehen. Wo ein Eins ist, kann aber auch keine Verantwortung im Sinne von Strafe stattfinden. Eins ist eins. Bestraft werden kann nur jemand, der sich bewusst ist, dass er etwas getan hat, auch wenn er behauptet, er hätte es nicht getan, und sich gleichzeitig bewusst wird, dass er bestraft wird. In der Gerichtsjuristik sagt man dann, jemand, der reuig ist, wird kürzer bestraft als jemand, der keine Reue zeigt. Eins kennt weder Reue, noch kennt es eine Idee von wie liebevoll ich bin, noch ist es sich irgendeiner Stärke noch irgendeiner Schwäche bewusst. Es ist einfach eins. Und wo eins ist, kann simpel und einfach weder eine Reinkarnation, Karma noch sonst irgendeine Bestrafung, Hölle stattfinden. Zwei bedeutet immer Konflikt. Eins impliziert demzufolge immer die Aufhebung von Zeit. Heute leben wir eigentlich in einer Form von Trizophrenie. Vergangenheit-Zukunft-sogenannte Gegenwart. Dass dieses dauernde sich Aufteilen Verwirrung schafft, Konflikt auf Körper-, Mind- und auch auf seelischer Ebene, verwundert nicht. Und seit Jahrtausenden sagen sie uns, heeh!, wartet nicht aufs Eins-Sein bis jene äusserlich sichtbare Verwandlung stattfindet, sondern macht doch diese Verwandlung zum Eins, solange ihr noch das Instrument habt. 174 Vielleicht besteht ja der einzige Sinn dieses Instruments, Körper/Mind, darin zu begreifen, dass man auch in der Materie eins sein kann. Alle Religionen haben in diesem Punkt auch wieder eine Dualität geschaffen. Hier Körper/Mind, der sowieso unmöglich ist, an sich bös, verwerflich, gelöst werden muss, und auf der anderen Seite das Paradies, der Himmel, die Erlösung. Wenn du es nicht diesmal schaffst, dann vielleicht das nächste Mal. Das ist nicht gerade unbedingt ein Eins-Sein. Was du in diesem Leben bist, hat etwas zu tun mit dem Tod im letzten. Und Buddha hat schon gesagt, um auszutreten aus dem Rad von Geburt und Tod, also aus dem Zwei-Sein, braucht es nichts anderes als die Aufhebung von Zeit, vom Ich, vom Ego und nichts anderes ist Eins. Diese kurze Geschichte von dreissig, vierzig, fünfzig, sechzig, kommt darauf an wann man stirbt, achtzig Jahren... Unsere psycho-spirituelle Ebene muss lernen, dass wir in Körper/Mind, also dem biologischen und dem psychobiologischen Bewusstsein, ein fantastisches Instrument besitzen, aber dass der Körper/Mind eben ein Instrument und nicht die Sache an sich ist. Vielleicht meinen die Hindus, dass man solange wiedergeboren wird, bis man durchs Eins begreift, dass man das Instrument auch nicht mehr braucht. Vielleicht ist Materie nicht der Ausdruck, wodurch sich Eins manifestieren kann, sondern vielleicht ist die Materie gerade das Symptom davon, dass es sich noch nicht als Eins ausdrücken kann. Wenn man das so betrachtet, ist es klar, dass der Tod, Meditation, uns ängstigt. Angst ist immer die Idee, dass irgendetwas gegen einen ist. Nicht nur wenn man sich an die Geschichte festnagelt, erlebt der Körper/Mind den Tod, die Verwandlung von Körper/Mind, als eine Gefahr, sondern er erlebt auch Meditation als eine Gefahr durch die Idee, dass etwas gegen einen ist. Tatsächlich, wo zwei Dinge sind und ein Eins daraus werden kann, werden beide Dinge, oder mindestens eins davon, das Gefühl haben, verloren zu gehen. Die materielle Ebene funktioniert ja so. Geld ist ein typisches Beispiel dafür. Wenn ich tausend Franken habe und jemand anderes hat zweitausend, und ich sage, ich mache daraus eins, indem ich meine tausend dieser Person gebe, dann gehe ich davon aus, dass ich tausend weniger habe, was eine Realität ist. Wenn aber Geld Energie ist, kommen diese tausend ja vielleicht irgendwoher wieder zurück. Vielleicht aber auch nicht, das wissen wir eben nicht. Würde es stimmen, dass Geld einfach nur Energie ist, und man auch immer wieder erhielte, was man gibt, dann gäbe es keine Armen. 175 Die gibt es aber offensichtlich, wie wir alle beobachten können. Also könnte es sein, dass Geld Energie ist, aber so wie wir mit Geld umgehen, nicht dem Umgang mit Energie entspricht, sondern dem Umgang mit unserem Körper: Besitzen, festhalten. Gleich wie wir mit unserem Mind umgehen: Meine Idee, meine Erfindung, sicher nicht etwas davon abgeben, es könnte ja sein, dass wir dann arm sind. Und genau das hat Jesus wahrscheinlich gemeint. Es geht nicht darum, materiell arm zu sein. Eins ist weder reich noch arm. Genau das haben alle religiösen Schulen mittels einer äusseren Struktur zu predigen versucht. Wenig Besitz. Nur ist das verkommen zu einem Karneval. Äusserlich tut man so ein bisschen als ob wenig Besitz wichtig wäre, ausserhalb, und innen wenn möglich der ganze Besitz. Das ist unser Gott, wir haben recht, die andern falsch... Und Tod ist genau das Gegenteil davon. Aufmerksamkeit ist die Absenz von Vergangenheit, und Aufmerksamkeit beinhaltet die Absenz von sich wehren können, verteidigen, rechtfertigen. Das heisst Stille. Stille ist nie das Gegenteil von Lärm. Stille ist das Gegenteil von Angst. Oder man könnte sagen, Stille ist das Gegenteil von Festhalten an der Zeit. Darum hat man, wenn man schläft, auch einen anderen Zeitbegriff. Man braucht einen Wecker, man ist nicht sicher, wieviel man geschlafen hat, man ist sich nicht bewusst, dass man jetzt bereits eine Stunde oder eineinhalb geschlafen hat. Stille ist die Absenz der Persönlichkeit. Wann entsteht am meisten Un-Stille, um das einmal so zu formulieren?. Dann, wenn man glaubt, man müsse sich verteidigen. Wenn man glaubt, man müsse etwas besonderes leisten. Dann, wenn man glaubt, man müsse Erwartungen erfüllen. Achtet einmal darauf, je grösser eure Erwartung, umso mehr Un-Stille entsteht, innere Dialoge, der Körper bekommt Spannung, Flattern im Bauch etc.etc. Je mehr man meint, man müsse sich rechtfertigen, je mehr man meint, man müsse missionieren, je mehr man meint, man sei im Besitz der Wahrheit, umso weniger Stille. Aber Schweigen ist nicht das Gegenteil von Stille. Jemand ist nicht erleuchtet, wenn er beschliesst nichts mehr zu sagen, infolge der Tatsache dass Stille die Absenz von Persönlichkeit ist. Sondern Stille drückt sich dadurch aus, dass sie überall space, Freiraum lässt. Und überall wo space, Freiraum besteht, ist logischerweise wieder mehr Aufmerksamkeit, weil sie sich an nichts festhalten kann. 176 Buddha hat das zu umschreiben versucht mit den Worten, das einzige, das im Weg steht, ist das Festhalten. Was kann Stille festhalten? Stille ist wie Eins. Es ist wohl präsent als Atmosphäre, aber es ist kein Objekt, das man festhalten kann, es enthält keine Masse. Und trotzdem kann Stille ausdrucksstärker sein als jede Nicht-Stille. Tod ist der Übergang in diese Stille, in das plötzliche, von Licht erfasste Wahrnehmen, dass es keinen Sinn macht, zu kämpfen um was immer zeitlich begrenzt ist, es zu verteidigen, es zu erhalten versuchen, sondern, dass jeder Gedanke, jede Idee, jede Erscheinung ungefähr so ist, wie ein Blumenstrauss auf dem Tisch. Zwei, drei Mal kann man ihm Wasser geben und dann ist es damit vorbei. Vielleicht sind wir einfach Blumensträusse für eine andere Ebene. Aber stellt euch einmal Blumen in der Natur vor, die nicht sterben würden. Dann könnten sie sich nicht wiederholen. Erst wo etwas stirbt, können wieder Samen entstehen. Der blueprint bleibt erhalten. Die Ähnlichkeit bleibt erhalten. Aber Ähnlichkeit ist nicht das gleiche wie Individualität. Das Individuelle überlebt nicht. Vielleicht habe ich wieder Margeriten auf dem Tisch, aber es sind nicht die gleichen Margeriten wie am Tag vorher. Sie sind ähnlich, aber individuell wieder etwas völlig anderes. Wo body/mind in das Licht der Stille fällt, entsteht eine enorme Kraft von Bewusstsein. Aber nicht Bewusstsein im Sinn von Be-wusst-sein, sondern von bewusst Sein. Sein wird plötzlich wichtiger als Bewusstsein, welches darin besteht, dass man immer wieder beobachtet, wie man ist. Und die Seele ist nie bewusst, sondern Sein. Etwas, das ein Objekt ist, etwas, das in Materie funktioniert, etwas, das eine Persönlichkeit und demzufolge eine Geschichte im Raum hat, kann sich bewusst sein. Sein ist immer mehr als Bewusstsein. Aufmerksamkeit und Stille ist das Wasser für das Sein. Es ist noch nicht Sein, aber es ist das Wasser für das Sein. So wie ein Körper nicht überleben kann ohne zu trinken. Stille kann man demzufolge nicht machen, sondern sie ist eine Folge von Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit ist die Absenz von Zeit. Im Prinzip ist der Begriff Stille ein Synonym für den Begriff Frieden, Glückseligkeit, bliss, peace. Konfliktfrei sein, Eins-Sein. Und aus dieser Konfliktfreiheit, aus dieser Absenz von zwei, in diesem Eins entsteht Schöpfung. Schöpfung entsteht nicht aus zwei. 177 Jeder Biologe wird euch sagen, stop, halt, Schöpfung entsteht aus zwei, einer Eizelle und einer Samenzelle. Doch die verschmelzen. Er wird beispielsweise auch ausser Acht lassen, dass jeder Mensch zuerst in der Hauptanlage eine Frau ist. Erst nach einer gewissen Zeit innerhalb des Embryodaseins ändern sich die Frauenanteile teilweise zum Mann, abhängig von der Chromosomenstruktur. Primär ist man Frau, was der Kirche und anderen gegen den Strich gegangen und woraus die ganze Frauenfeindlichkeit entstanden ist. Die Verschiedenartigkeit ändert nichts am Eins. Der Mind ist so pervers, sogar zwischen Farben eine Verschiedenartigkeit anzunehmen. Schwarze, Rote, Inder, Chinesen, Weisse. Farbe ist Schwingung. Und was man in dieser Schwingung wahrnimmt, hängt ganz davon ab, aus welcher Perspektive, in welchem Spektrum, man schaut. Es gibt Tiere, die überhaupt nicht unsere Perspektive einnehmen, nicht in unserem Spektrum wahrnehmen, und in deren Spektrum wir nicht sagen können diese Farben bedeuten das und das. Blau soll zum Beispiel eine beruhigende Farbe sein. Und was machen wir mit all den Wesen, die kein blau sehen? Oder obwohl gewisse Leute ja behaupten, rot sei eine aktive Farbe, sind zum Beispiel jene Wesen, die nur infrarot sehen, nicht stärker aktiv. Das sind doch Mind games. Verschiedenartigkeit ist das Prinzip vom sowohl-als-auch und heisst nicht, dass es vieles Verschiedenes gibt, sondern dass Eins sich auf verschiedene Arten zeigt. Verschiedenartigkeit im Sinne von viel Unterschiedliches, welches nicht ein Eins ist, wäre nur möglich, wenn irgendetwas existierte, das sich anders umwandeln würde, als es sich tut, nämlich durch Tod. Es existiert nichts, das nicht demselben Prinzip von Verwandlung unterworfen ist, auch wenn es tausend Jahre lebt, nicht einmal ein Stern, welcher Millionen Jahre lebt. Verschiedenartigkeit drückt sich nicht dadurch aus, dass es Besseres und Schlechteres gibt, sondern ganz einfach, dass es wieder zum Eins wird, immer wieder, weil absolut keine Form existiert, die nicht auch wieder stirbt. Das religiöse Prinzip, das Symbol Gott beinhaltet ja die Idee, dass es etwas gibt, das eben nicht diesem Wandel unterworfen ist. Das, was nicht dem Wandel unterworfen ist, ist tatsächlich anders und demzufolge... definitionslos und eigentlich auch unabhängig von der Kultur, die man lebt. 178 Und genauso gibt der Tod uns offensichtlich die Möglichkeit, falls man das nicht tabuisiert, täglich zu erfahren, zu sehen, welch fantastisches Naturinstrument dies ist. Natürlich leiden wir darunter, wenn jemand uns verlässt, aber das, was dahintersteckt muss auch wahrgenommen werden. Nämlich, dass es möglich ist, täglich genau das gleiche zu erleben, nur dass es kein Verlassen der Umwelt ist, sondern höchstens ein Prozess des Verlassens seiner eigenen Überzeugungen, ein Verlassen der eigenen Ideen, ein Verlassen des eigenen was auch immer... ein Verlassen der Zeit. Sterben, Meditation ist das Weglassen von Zeit/Raum. Und niemand sagt, man müsse warten für diesen Frieden, für diese Stille, die mit Aufmerksamkeit zusammengeht, müsse man Körper/Mind verwandeln. Wir haben die Möglichkeit, durch die Absenz von Geschichte jeden Tag diese Aufmerksamkeit zu haben und dadurch diese Stille. Der Sinn dieser drei Meditationstage ist, Meditation in Bezug zu setzen zur Absenz von Vergangenheit, Zeit/Raum, dadurch eine Beziehung zu Aufmerksamkeit/Stille herzustellen, und dadurch ist man automatisch auch in dem, was Sterben ist. Nicht ein Sterben in Zeit/Raum, sondern eines, das sekündlich, stündlich, täglich stattfinden kann. Ein Sterben, welches das Instrument vorläufig noch weiterfunktionieren lässt, ja ihm sogar die Möglichkeit gibt, Sein verstärkt zu manifestieren. Meditation ist in diesem Sinn die beste Sterbevorbereitung, die möglich ist. Und wenn Sterben, wie alle Religionen behaupten, die wesentlichste Verwandlung, Transformation ist, dann muss doch ein tägliches Sterben die stärkste, effizienteste Transformation sein, die es gibt. Aufmerksamkeit und Stille sind die Hauptpfeiler einer intensiven, friedlichen Lebensqualität. 179 Fragen und Antworten Eine der häufigsten Fragen, die im Bezug zu Healing und zu Ausserkörperlichem Heilen gestellt wird, ist diejenige nach Situationen, wo Healing keinen Sinn mache und es besser wäre, keines zu geben. In unserer sehr stark körperbezogenen Gesellschaft ist «Heilen» hauptsächlich eine Frage von Körper/Mind. In diesem Zusammenhang gibt es Situationen, wo Healing keinen Sinn macht, dann nämlich, wenn eine Funktionsbehinderung bereits so weit fortgeschritten ist, dass man dem Patienten nur falsche Hoffnungen machen würde. Die Situation gleicht einer Gratwanderung. Kommt jemand im Endstadium von Krebs mit dem Glauben an eine mögliche medizinische Heilung zu Healingsitzungen, muss man sehr vorsichtig sein, dass man nicht unerfüllbare Hoffnungen schafft. Es gibt einen bekannten Teufelskreis zwischen der klassischen und der alternativen Medizin. Jemand mit einer schweren Krankheit, vielleicht Krebs oder Aids, geht zu verschiedenen Ärzten. Jeder stellt zwar die gleiche Diagnose, interpretiert aber die Heilungsmöglichkeiten unterschiedlich. Es gibt auch bei klaren Krebsdiagnosen verschiedene Möglichkeiten, mit der Erkrankung umzugehen. Sobald dann ein Patient merkt, dass ein Heilungsansatz nichts nützt, wechselt der den Arzt. Nach einigen Versuchen hat der Patient die Hoffnung auf die klassische Medizin aufgegeben und wechselt in die alternative. Er geht zum Homöopathen, zum chinesischen Akupunkteur, lässt sich Shiatsu geben, sucht vielleicht einen Medialtherapeuten oder einen philippinischen Geistheiler auf. Jedesmal, wenn er merkt, dass es auch hier nicht klappt, geht der Patient zum nächsten. Jeder Arztwechsel führt zum Aufbau einer neuen Hoffnung, die vielleicht sogar vom Arzt oder Heiler gefördert wird. Statistisch gesehen endet nach etwa zehn Arztwechseln der Wettlauf in einer tiefen Illusions- und Hoffnungslosigkeit. Mit hoher Sicherheit kann nun gar nichts mehr helfen, weil die eigenen Heilkräfte des Patienten nicht mehr aktiviert sind. Es ist nur noch die Motivation der Verzweiflung, die den Patienten vom einen Arzt zum nächsten, von einem Heiler zum anderen treibt. Betrachtet man nun einfach nur die körperliche Ebene, besteht die Gefahr, unerfüllbare Erwartungen zu erzeugen, welche sich beim Patienten destruktiv auswirken. Allein von diesen Voraussetzungen ausgehend wäre es tatsächlich besser, auf Healing zu verzichten. 180 Wir meinen, dass Körper und Mind eine Einheit bilden und, dass zudem noch die andere Ebene, der Energiekörper – Qualitätsaura und Seele – dazu gehört. Geht man von diesem Konzept aus, kann niemand, weder Patient noch Heiler, sich allein mit Körper/Mind befassen. Was immer man tut, man schliesst immer auch den Energiekörper mit ein. Damit wird klar, dass es kein sinnloses Healing gibt. Vielleicht wird Healing kein unmittelbares Resultat haben und wird für den Patienten erst im Moment der Auflösung von Körper/Mind wahrnehmbar. Für den Heiler wird es dadurch vielleicht überhaupt nicht sichtbar. Das ist für ein starkes Ego frustrierend. Jedes Healing aber hat Einfluss. Vielleicht ist sie einfach auf den Energiekörper beschränkt. Wir können den Einfluss unserer Arbeit nicht bestimmen. Wir können nicht wissen, ob die Wirkung nur auf den Energiekörper und durch ihn auf die Psyche des Patienten, nicht aber auf den Körper wirkt. Auch kann man nie wissen, in welchem Sinne und wie stark der Einfluss auf den Energiekörper ist. Eines wissen wir jedoch mit Sicherheit: Wenn Energiekörper auf Energiekörper trifft, entsteht Potential, Mitgefühl und Sein, auch wenn sie sich nur noch schwach und und vielleicht nur noch auf der psychischen Ebene auszudrücken vermögen. Wir sehen hier das normale täglichen Leben. Oft sieht es darnach aus, als würden Freundlichkeit und Zuwendung nichts fruchten. Trotzdem ist Zuwendung wohl das einzige, das immer einen Einfluss ausübt. So ist es wichtig zu sehen, dass jede Healingarbeit Sinn macht. Man muss nur auch dem Patienten gegenüber einfach klar zwischen Körper/Mind und der Seele unterscheiden. Es gibt nun Leute, denen man nicht zuerst diese Unterschiede erklären kann. Sonst rennen sie weg. Man mache einfach keine Versprechungen. Trotzdem ist eine gewisse Hoffnung – auch das ist eine enorm subtile Gratwanderung – speziell für jemanden im Kreislauf von Erwartung und Resignation wichtig, weil der Placebo-Effekt über die Motivation der Hoffnung die Aktivierung der eigenen Heilkräfte fördert. Trotzdem darf die Hoffnung nie zu einer Übertragung und damit zu Enttäuschung führen, wenn körperliche Heilung nicht eintritt. In diesen subtilen Situationen gibt es weder Technik, noch Verhaltensregeln oder Theorien darüber, wie man vorgehen soll. Darum kann man das auch nicht lernen. Jedes erlernbare Wissen ist schwarz/weiss, eine Entweder/Oder-Funktion. Man tue etwas so und nicht anders. Unsere ganze Gesellschaft ist auf diesen Funktionen aufgebaut ist. Das ist auf der Körper/Mind Ebene gut. 181 Was in derart subtilen Situationen gebraucht wird, ist aber die Erkenntnis eines ganzen Spektrums von Nuancen, Sowohl-/als-auch-Funktionen. Diese Nuancen stehen in keinem Lernprozess zur Verfügung, sondern nur im Moment der Situation. Darum kann man sich im einzelnen Fall nur von seiner Beziehung, vom Mitgefühl zur Patientin, zum Patienten leiten lassen. Eine weitere Frage taucht immer wieder auf: Wie schützt man sich als Heiler? Diese Frage kann nicht ohne die Antwort auf zwei weitere Fragen behandelt werden. Die erste: Wie kommt man überhaupt auf diese Frage? Die zweite: Wovor soll man sich denn schützen? Das Vorhandensein der Frage nach Schutz sagt aus, dass man die Idee im Kopf hat, dass irgendwo, irgend etwas gegen einen sein könnte. Die Frage nach Schutz zeigt Angst, eine milde Paranoia dem Universum gegenüber, deutet darauf hin, dass die kirchliche Vorstellung von Teufeln und bösen Geistern im Hintergrund nagt und erzählt von einem tiefen Misstrauen. Die Idee, irgendwo könnte irgend etwas gegen einen sein – Angst – macht verletzlich. Wo kein Misstrauen und keine Angst ist, muss man sich nicht schützen. Wovor meint man, sich denn schützen zu müssen? Früher hat man Opfer gebracht. Weil man das Wesen des Blitzes nicht verstanden hat, sind bei einem Gewitter oder einem Sturm sogar Kinder geopfert worden. Man hat dieses Naturphänomen als Bösen Geist, als Feuer Gottes verstanden und hat versucht, es zu besänftigen. Heute kommt während eines Gewitters niemand mehr auf derartige Ideen. Die Idee, sich schützen zu müssen, könnte doch Ausdruck von Misstrauen einem selbst und anderen gegenüber sein. Aus eben diesem Grunde pflegt man ja auch Zimmer und Wohnungen zu verrammeln. Will man in New York herumlaufen, muss man die sicheren Strassen kennen, wenn man vermeiden will, erschossen zu werden. Projizieren wir vielleicht einfach unsere eigenen Aggressionen in die spirituelle Ebene hinein? Immer wieder wird beharrlich auf die Existenz von bösen Geistern hingewiesen. In der Pop-Esoterik wird mit Poltergeistern immer noch Eindruck zu machen versucht. Dass es tatsächlich Poltergeister gibt, bezweifelt niemand. Interessant ist nur, dass ein Poltergeist in den meisten Fällen zusammen mit einer oder einem Pubertierenden, also einem Kind von etwa fünfzehn Jahren, das Geisterhaus verlässt. 182 In allen Religionen, dem Christentum, dem Islam, dem Hinduismus, dem Buddhismus ist der Sexualität in unterschiedlichster Weise eine riesige Bedeutung gegeben worden. Während die eine Religion Tantra als Lösung empfiehlt, wurde sie durch die andere als die grösste Gefahr für die Spiritualität dargestellt. Eines ist allen Religionen gemeinsam: Sie haben die enorme Kraft der Sexualität nicht falsch beobachtet. Ob sie diese Beobachtung richtig interpretiert und gedeutet haben, ist eine ganz andere Frage. Mit falschen Deutungen zwar, aber alle Religionen haben akzeptiert, dass speziell erwachende Sexualität eine enorme Kraftquelle ist. Diese Kraft kann offensichtlich auch zu Poltergeistphänomenen führen. Bis heute habe ich keinen Geist wahrgenommen, dem es auf kindliche Weise gefallen hätte, Dinge herumzuwerfen, zu klopfen oder Brände zu legen. Obschon diese Phänomene eher mit unseren eigenen magnetischen Feldern zu tun haben und deren dauernd unterdrückte oder sublimierte Kraft aufzeigen, schieben wir aus Unkenntnis der anderen Welt die Verantwortung dafür zu. Immer wieder wird auch behauptet, es gebe Besessene. Wenn man Filme über sogenannte Besessene und deren Heilung zum Beispiel in brasilianischen Kulten anschaut, fällt oft auf, dass bei den Betroffenen – es gibt auch hier einen Rest nicht erklärbarer Phänomene – das Persönlichkeitszentrum (Wurzelchakra, Hara, Solarplexus) stark aktiviert ist. Meist ist Sex das Thema. In vielen alten Darstellungen geht es um Vergewaltigung, um das uralte Bild des Teufels, der Frauen auf dem Altar verführt. Solche Bilder sind eine alte, versteckte Form von Pornographie. Früher stand man noch weniger als heute zu Neigungen von Sadomasochismus, zeigte keine Domina, die jemanden verführt und vergewaltigt. Man war noch viel verklemmter, als heute und drehte noch keine Pornofilme. Man erfand einfach Geschichten um Hexen, die mit dem Teufel schlafen. Besessenheit hängt mit fehlgeleiteter Energie zusammen. Bei Teufelsaustreibungen werden oft völlig unlogische und lächerliche Situationen beschrieben. Erscheint der Priester mit dem Kreuz, sieht man die Opfer sofort fauchen und schreien. Das soll Ausdruck entweichender Dämonen sein. Liesse man die gleiche Person von einem Tibeter oder von einem Hindu behandeln, dürfte folgerichtig wegen des fehlenden Kreuzes niemand fauchen. Das alles sind Glaubenssysteme, innere Vorstellungen. 183 Es gibt auf der anderen Seite auch immer wieder Leute, die von der Idee besessen sind, die einzigen mit echtem Kontakt zu Jesus zu sein. Sektengurus versammeln gern Geister der Vergangenheit um sich und erzählen die entsprechenden Geschichten dazu. Ist ein Schutz nötig, ist es jener vor sich selbst und seinem eigenen Misstrauen. Setzen wir den Glauben an ein Weiterleben nach dem Tode und an Reinkarnation voraus und stellen wir uns einmal einen bei einem Autounfall umgekommen Säufer vor, der früher wegen Vergewaltigung im Gefängnis gesessen hat. Dieses Geistwesen mag sich seines Todes noch nicht bewusst sein. Was tut es nun? Welches ist der Grund zur Annahme, dass ein Mann, der im Rausch und damit auf einer reduzierten Bewusstseinsebene gelebt und keinen Zugang zum Energiekörper oder irgendwelchen feinstofflichen Phänomenen gehabt hat, nun vom Jenseits aus plötzlich mit uns Kontakt aufnehmen könne? Der Kontakt ist in beiden Richtungen ähnlich schwierig. Wenn das so einfach wäre, hätten sich alle sogenannten grossen Geister längst auf viel intelligentere Art gemeldet, als das bis heute der Fall gewesen ist.Wenn Kontaktaufnahme einfach wäre, hätte mit Sicherheit irgend jemand Anweisungen zur Herstellung eines Autos, das ohne Benzin fährt, durchgegeben. Bis heute habe ich von all den Berühmtheiten weder brauchbare neue Forschungsergebnisse, noch etwas Konkretes darüber gehört, wie es mit unserer Erde weiter gehen könnte. Diese Durchsagen sind nichts, als schöne Sprüche, dass man doch bitte miteinander lieb sein soll, weil sonst das Universum in sich zusammenstürze. So einfach, wie man das gerne hätte, ist das Senden und Empfangen zwischen den Welten offensichtlich nicht. Auf der einen Seite bewundern wir mit viel Geschrei auch den geringsten Bezug zur anderen Ebene, obwohl wir das nicht einmal schlüssig beweisen, sondern nur glauben können, auf der anderen fürchten wir, alle dort drüben könnten auf ganz einfache Weise in unser Leben eingreifen und würden das selbstverständlich in einer negativen Art und Weise tun. Man braucht sich nicht vor dem Universum zu schützen. Der einzig nötige Schutz ist der vor der eigenen Dummheit und Begrenzung. Angst vor einem depressiven Klienten, der die Energie des Heilers abziehe, sagt aus, dass man keine Lust oder zu diesem Menschen keinen guten Bezug hat. Niemand der mit seinem Klienten mitfühlt, kommt auf die Idee, jemand könnte und würde einem seine Energie stehlen. 184 Wer dennoch schutzbedürftig ist, sei sich bewusst, dass der Bezug zum Energiesystem der einzige Schutz ist. Es geht darum, so offen, so fliessend wie nur möglich zu sein. Dann kann man das Misstrauen und die Idee, dass irgend jemand gegen einen sei, sein lassen. Man sieht mit dem nächsten Schritt noch genauer, wieviel diese Angst mit uns selbst und wie wenig sie mit Realität zu tun hat: Was würde man wohl zum Zeitpunkt, da man keinen Körper und keinen Mind mehr hat, gegen einen negativen Einfluss eines Geistwesens unternehmen? Kann man ein Training in Selbstverteidigung für den Gebrauch im Jenseits absolvieren? Bastelt man besser ein gedankliches Maschinengewehr, das man zur Verteidigung hinüberretten kann? Es könnte ja sein, dass einem dort ein böser Geist begegnet. Kein Einweihungsritual in irgend einer Kultur, weder bei den Schamanen, Indianern, noch bei den Ägyptern, sprach von der Notwendigkeit eines Sieges über Dämonen, über böse Kräfte des Universums. Die wirklich gefährlichen bösen Kräfte und Dämonen sind diejenigen, die ihr Unwesen in unseren Köpfen treiben! Ein klarer Kopf und es gibt keine Dämonen! Ein offenes Herz und es gibt keine bösen Kräfte! In diesem Zusammenhang wird eine verwandte Frage oft gestellt: Soll man kein Healing geben, wenn man sich nicht wohl fühlt? Es gilt, auch hier wieder zwischen Körper, feinstofflichem Körper und Energiekörper zu unterscheiden. Eine medizinische Überlegung ist einfach: Liegt eine bakterielle Infektion oder eine Viruskrankheit vor, ist es sicher nicht sehr intelligent, Healing zu geben. Das hat weniger mit der Furcht vor Wirkungslosigkeit zu tun, als mit der Gefahr, den Erreger, zum Beispiel einen Grippevirus, zu übertragen. Ist man müde, hat man sich überanstrengt, ist es sicher auch besser, auf seinen Körper zu hören und ihn erst einmal zu pflegen. Der Grund für diese Empfehlung liegt in der Unsicherheit, ob man mit dem eigenen Körper im übermüdeten Zustand intelligent genug umgehen kann, dass sich Energie aufbaut, statt verbraucht. Fühlt man sich, vielleicht auf Grund eines Streites, psychisch nicht wohl, steht einer Healingsitzung nichts entgegen, sofern die oder der Heilende als Person immer wieder aus dem Wege gehen und seine eigene Frustration damit auf der Seite lassen kann. Die Sitzung wird sogar mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ihm selbst helfen. Während einer Sitzung trifft Energiekörper auf Energiekörper und damit entsteht Mitgefühl. Daher findet Aktivierung in beiden Richtungen statt. 185 Heilung ist keine Einbahnstrasse. Heilender und Klient sind beide Empfangende! Wenn man sich also psychisch nicht sehr gut fühlt, ist die Durchführung einer Sitzung sehr empfehlenswert. Voraussetzung ist es allerdings, dass man als Heilender die eigene Frustration auf der Seite lassen kann. Der Entscheid, ob man eine Sitzung unter solchen Umständen abhält oder nicht, wird am besten durch eigene Beobachtung untermauert. Vermutlich ist es nicht jedermanns Sache, Healing zu geben, wenn man gerade eine Beziehung verloren hat oder jemand aus dem engsten Bekanntenkreis gestorben ist. Vielleicht braucht man ein bisschen Zeit, den Verlust zu verarbeiten. Es gibt aber Leute, die auch unter recht extremen Situationen noch arbeiten können und selbst von der eigenen Arbeit profitieren. Hier ist keine Aussage möglich, was zu tun und was zu lassen sei; wichtig ist, dass man für sich selbst ehrlich das beste aussucht. Im Zusammenhang mit Ausserkörperlichem Heilen stellt sich die Frage, ob man Healing geben könne ohne das ganze Ritual? Die Antwort ist ganz einfach und klar: Ja. Jede therapeutische Situation, jede Beziehungssituation, jede Lernsituation zwischen einem Lehrer und einem Schulkind, jede Situation, die einen Mediziner involviert, kann durch Ausserkörperliches Heilen ohne Ritual intensiviert werden. Gesprächstherapie ist keine Healingsitzung. Gesprächstherapie mit dem Energiekörper aber ist Gespräch und Healing. Ein weitere häufige Frage heisst: Welcher Zusammenhang besteht zwischen Healing und Geistwesen oder Geistführern? Eine Antwort lautet: keiner, eine andere: der Zusammenhang ist stark. Glaubt jemand nicht an andere Welten, andere Universen, Reinkarnation oder an ein Reich, in dem man sich nach dem Tode während einer gewissen Zeit aufhält, beeinträchtigt das seine Heileffizienz nicht. Man kann also sehr gut heilen ohne das Konzept (den Glauben, die Idee, die Realität, man suche sich den stimmigen Ausdruck selbst aus) von Geistwesen. Damit Healing stattfinden kann, braucht man nicht zu wissen, dass man einen Geistführer hat. 186 Da wir den Energiekörper immer als Aspekt der Qualitätsaura, nie aber ganz als Seele wahrnehmen, nehmen wir logischerweise meistens auch nicht wahr, wenn sich während einer Healingsitzung tatsächlich so etwas wie ein Geistführer manifestieren sollte oder mithelfen würde. So gesehen ist die Behauptung falsch, dass Healing mit einem Geistführer zusammen besser sei. Auf der anderen Seite gibt es vermutlich kein Healing, während dessen nicht Wesenheiten anwesend sind. Die daraus entstehenden Möglichkeiten zu nutzen setzt voraus, dass man das Konzept, die Idee, die Realität annimmt, ohne sie zu verteidigen. Es ist sinnlos, jemandem, der nicht an ein Leben nach dem Tode glaubt, beweisen zu wollen, dass es doch tatsächlich ein Leben nach dem Tode gebe. Darum geht es nicht. Man wird nicht glücklicher, und man stirbt auch nicht leichter, wenn man weiss, dass es ein Leben nach dem Tode gibt. Man stirbt dann leicht, wenn der Bezug zum Energiekörper besteht. Nimmt man aber, für sich persönlich und nur zu diesem Zweck, den Bezug zu Wesenheiten, zu höheren Schwingungen, zur anderen Dimension wahr, wird Healing dadurch zwar nicht besser, aber die Wahrnehmung hilft dem Heilenden. In der Bibel steht der Satz, dass der Glaube Berge versetzen könne. Solange es nicht um die Interpretationsvariante des Glaubens an ein Auto geht, das daraufhin vor der Haustüre stehe, gibt der Satz einen wichtigen Hinweis: Hat man eine starke Beziehung zu irgend etwas, erhöht sich für einen die Möglichkeit, die Motivation, etwas zu tun. Für alle anderen geschieht dies nicht notwendigerweise, weil diese anderen zur gleichen Sache keine Beziehung haben. Die ersten Christen haben nur gewagt, sich gegen Rom aufzulehnen, weil sie von ihrem Einzug ins Himmelreich nach ihrem gewaltsamen Tod überzeugt waren. Hätten Sie das nicht geglaubt, hätten sie die Auflehnung mit Sicherheit nicht gewagt. Glaube mag auf jemand anders überhaupt keine Wirkung haben. Ob man sich der Hilfe von Geistwesen bewusst ist oder nicht, ändert nichts an der Energie, die sie durch einen hindurch leiten. Trotzdem ändert diese Hilfe meinen Zustand im täglichen Leben. Die Fähigkeit, warten zu können und Geduld zu haben ist nicht erlernbar. Wenn man sich aber bewusst ist, dass es eine andere Ebene gibt, die sich, wahrnehmbar oder nicht, immer wieder miteinbeziehen lässt, hat man dem Leben gegenüber eine andere Einstellung. 187 Dieses Bewusstsein ändert nichts an der Effizienz der Healingarbeit, aber viel an der Art, wie man im Leben steht. Wer unter euch nun eine weitere Frage hat, stellt sie, ohne die Augen zu öffnen. Ich werde dann ausdrücken, was ich dazu höre und anschliessend die nächste Frage anfordern. Die erste Frage: Ich kann mit den Übergängen nicht gut umgehen: Wir haben jetzt eine Meditationswoche hinter uns und ich gehe zurück in den Alltag und auch in die Ferien. Noch schwieriger wird nachher der Wiederbeginn der Arbeit. In diesen Übergangsphasen wird mir oft übel, manchmal entsteht Migräne. Gibt es einen intelligenteren Umgang mit diesen Übergängen? Antwort: Wird an eine elektrische Anlage, die auf einen Strom von fünf Ampère ausgelegt ist, eine Maschine angeschlossen, die den doppelten Strom aufnimmt, verbrennt nicht sofort das Innere der Anlage; zuerst werden die Sicherungen durchbrennen. Setzt man diese Tatsache auf den feinstofflichen Körper und auf Körper/Mind um, heisst das, dass in der Beziehung zwischen dem Körper, der als Sicherung wirkt, und dem Umsetzer auf höhere Ebenen ein Ungleichgewicht herrscht. Auf der einen Seite zeigt diese Beobachtung deine Stärke als Sendegefäss, zeigt, welch hohe Schwingungsebenen du anzuziehen vermagst. Sie zeigt aber auch, dass dein Körper offensichtlich noch nicht gelernt hat, mit diesen hohen Schwingungsebenen optimal umzugehen. Optimal damit umzugehen heisst, sie zu integrieren. Wie entsteht Integration? Integration von höheren Schwingungsebenen geschieht dann, wenn man einem Erlebnis keine persönlichen Interpretationen mehr beimischt. Integration ist die Absenz von persönlichen Inhalten. Wann immer man mit einer höheren Form, mit einem Wesen oder mit Energie in Kontakt kommt, darf man daraus nie etwas Persönliches machen, weil sich Persönliches auf der Ebene von Körper/Mind durch Gefühle wie Verletzung, Schmeichelung, Selbstmitleid oder der Idee, man sei etwas Besonderes, zeigt. Integration ist dann geschehen, wenn Körper/Mind alltäglichen Dingen gegenüber die gleiche Haltung hat, wie gegenüber anderen Ebenen. In derart offener Haltung weiss man nie ganz genau, ist sich nie sicher. Ausgehaltene Unsicherheit verleiht dem Körper immer mehr die Kraft einer Sicherung. 188 Einerseits ist Integration eine Frage der Übung. Meditation ist Übung. Es geht nicht darum, jeden Tag während zwanzig Minuten zu sitzen. Es geht um ununterbrochene Wahrnehmung von allem. Alles wahrzunehmen heisst, nichts auszusortieren. Andererseits ist Integration ein Verständnisprozess, der darauf hinausläuft, dass man Körper/Mind und Energiekörper wohl als verschieden, nicht aber als voneinander getrennt erlebt. Die meisten von uns haben das Konzept von Körper/Mind einerseits und von einem Zusatz, dem Energiekörper im Kopf. Ein eher richtiges Konzept ist einem Ying-YangSymbol ähnlich. Der Energiekörper kann sich in dieser Welt nur sehr schwer ohne Körper/Mind manifestieren. Daher benötigt ein Geistwesen auch ein Medium. Umgekehrt kann Körper/Mind kaum wirklich existieren, Sinn machen, kann kein Instrument werden ohne die Ergänzung des Energiekörpers. Im Endeffekt sollte der Alltag nicht mehr von Meditation, spirituellen Praktiken, Heilen, therapeutischem Arbeiten getrennt sein. Man kann therapeutische Arbeit nicht von den alltäglichen Situationen trennen. Keine Therapeutin und kein Therapeut wird durch das Basteln einer therapeutische Situation besser und wieder anders, wenn die Sitzung vorbei ist. Beide Situationen ergänzen sich immer. Die einfachste Art, das zu verstehen ist der eigene Versuch. Ich schlage dir eine spezielle Meditation, eine Visualisation vor, die das recht deutlich zeigt. Du kannst sie während einer gewissen Zeit hie und da machen. Stelle dir einen wunderschönen Obstbaum in seiner jährlichen Entwicklung vor, vielleicht einen Apfel-, Birnen- oder Kirschbaum. Zuerst siehst du ihn als kahlen Baum mit seinen Ästen, dann mit Blättern, mit Blüten, dann mit den entstehenden, später den reifen, darauf mit den fallenden Früchten. Dann verliert dein Baum seine Blätter wieder und er steht wieder völlig kahl da. Wir wissen, dass der Baum zur rechten Zeit Früchte trägt, weil wir den Jahreszyklus erfahren haben. Jemand, der den Baum nur im Winter gesehen hat, mag ihn für überflüssig halten. Wer ihn nur im Übergang vom Herbst zum Winter gesehen hat, wird sich fragen, was denn passiert sei. Vorher sei er doch so schön gewesen und jetzt sei nichts mehr da. Während der Wahrnehmung des Baumes auf seiner Reise durch die Jahreszeiten visualisierst du ein Samenkorn. Es beinhaltet den ganzen Baum. Trotzdem kannst du in diesem Samenkorn weder die Äste, noch die Blüten, noch die Frucht erkennen. 189 Nur, wenn Baum, Blatt, Blüte, Apfel im Zyklus stets wieder neu wachsen, entstehen neue Samen, neue Bäume, neue Früchte. Der Baum symbolisiert Körper/Mind, das Samenkorn den Energiekörper. Keines kann länger, als über eine gewisse beschränkte Zeit ohne das andere existieren. Der Energiekörper enthält alles, aber sichtbar wird er nur durch Manifestation. Du brauchst mit dem Bild nur ein bisschen zu arbeiten und es wird einfacher sein, zu erkennen, dass weder das Samenkorn noch der Baum speziell ist. Ying-Yang ist Ergänzung zwischen Himmel und Erde. Die nächste Frage: Die Mystiker sprechen von «das_Licht_sehen». Du hast davon gesprochen, «die_Seele_hereinkommen_zu_lassen». Ich habe in diesem Workshop wiederum manchen Moment tiefen Mitgefühls erlebt, wie jenen, wo Pierre und ich zusammen «gesungen» haben. Sind das verschiedene Ausdrücke für das gleiche? Was verstehen die Mystiker unter «das_Licht_sehen»? Antwort: Was du mit Pierre erlebt hast, wenn plötzlich Stille, völlige Ruhe entsteht, das ist der Weg zum Licht. Ein anderes Symbol dafür, was es heisst, das Licht zu sehen, ist verdampfendes Wasser. Licht ist nicht gerichtete Energie, wie auch Weiss, am nächsten bei Licht, alle Farben enthält und schwarz absorbierend ist. Wenn die Mystiker meinen, das Licht zu sehen, dann meinen sie einen Zustand, in dem man nicht mehr hin- und herpendelt wie Wasser in einem Glas, das einmal gefrieren kann und dann wieder schmilzt. Im einen Zustand ist Eis im Glas. Eis ist eine Verhärtung, eine Verstärkung träger Schwingung. Wenn du meditierst oder auf andere Weise zur Ruhe kommst und den Energiekörper wieder stärker wahrnimmst, dann schmilzt das Eis wieder, und dann ist wieder Wasser im Glas. Es ist immer die gleiche Substanz; zeitweise ist sie ein bisschen fester, manchmal etwas weniger fest. Kommt das Wasser im Glas aber in einem Höchstmass zum Kochen, verdampft es und es entsteht Transformation. Tranformation oder «das_Licht_sehen» hat immer dann stattgefunden, wenn das, was du erlebt hast, nie mehr aus deinem Bewusstsein ausgelöscht werden kann. Wenn Licht zu einem Erlebnis, wie demjenigen mit Pierre dazukommt, würde das Erlebnis dich so stark prägen, dass du nie mehr sein würdest wie vorher. In der Praxis erleben wir auf dem Weg zum Licht sehr oft Dinge, die uns tief berühren, sie transformieren aber nicht wirklich. 190 Sie machen das Wasser einfach ein bisschen wärmer; ein bisschen schmilzt Eis. Jetzt braucht es nur ein paar kleine «negative» Dinge und wir drehen unsere Kreise wieder in den alten Mustern. Licht wahrzunehmen heisst, dass die Transformationsebene so stark ist, dass sich tatsächlich etwas verändert. Die Mystiker haben aber mit Licht noch etwas anderes gemeint. Sie haben damit ein Symbol für Bewusstseinserweiterung geprägt. Wenn im Gehirn immer mehr Alphawellen erzeugt werden, entsteht im Kopf intensivere Schwingung und daher mehr Helligkeit. Aus diesem Grund haben viele Leute bei der Meditation manchmal ein Gefühl, als gehe die Sonne auf. Dabei wechseln ihre Hirnschwingungen lediglich in den Alpha-Zustand. Die Mystiker haben diese Beobachtung umgesetzt: Bei Entspannung entsteht im Kopf mehr Licht. Wir sagen, die Zellen seien dann kommunikativ, wenn sie vibrieren. Licht erzeugt Space, Dunkelheit vermittelt das Gefühl von Einengung. Licht gibt das Gefühl von Raum, von enormem Space. Licht ist für die Mystiker ein Synonym für Gott. Die nächste Frage: Ich fühlte mich gestern abend beim Nachhausekommen sehr schwach. Ich setzte mich im Bewusstsein an den Tisch, dass ich mich nie mehr würde erheben können. Jede Zelle meines Körpers vibrierte. Später ging ich zu Bett und schlief. Heute morgen beim Erwachen hatte ich Kopfschmerzen und mir war übel. Andererseits fühlte ich mich gut. Es waren zwei ganz getrennte Empfindungen. Beim Hierherkommen hatte ich das Gefühl, es käme nicht darauf an, ob ich überhaupt hier anwesend sei. Ich hätte geradesogut vorbeigehen können, doch andererseits war die Entscheidung ganz klar, weil ich Christine noch einmal sehen wollte. Diese Begegnung wurde mir plötzlich ganz wichtig. Meine Frage: Was ist passiert? Ich habe das Gefühl, in der Nacht sei etwas passiert. Antwort: Das ist ein Phänomen, dass man sehr oft beobachten kann. Das ist einer der Gründe, warum die alten esoterischen Schulen auf vorsichtiger und sehr langsamer Entfaltung beharrt haben. Erstens: Wie bei der ersten Frage hat das Phänomen wiederum mit dem Körper als Sicherung zu tun. Der Körper muss langsam lernen, höhere Schwingung tragen zu können. 191 Zweitens: Bei starker Aktivierung des Energiekörpers, erhöht sich der Serotoninspiegel stark. Dadurch fühlt man sich wohl. Bei einer ganz bestimmten Schwelle empfindet man nicht mehr nur Wohlsein, sondern man betritt eine andere Welt, für die alten Schamanen der Grund, Mescalin oder LSD einzunehmen, weil auch diese Stoffe den Serotoninspiegel erhöhen. In dieser anderen Welt bist du nicht mehr in der Lage, den Energiekörper willentlich in den Körper zurück zu bringen. Die ausserkörperliche Situation bleibt erhalten, obwohl du es anders möchtest. Das haben die Schamanen den Flug in die anderen Welten genannt. Fliegen heisst, dass man nicht mehr völlig im Körper/Mind verankert ist. Ich kenne niemanden, der mit der Situation eines erhöhten Serotoninspiegels auf Anhieb hätte umgehen können. Es entsteht ein Gefühl von Übelkeit. Hält man sich dann zu stark am Körper fest, können Spannungen, vor allem Kopfschmerzen im Bereich des Medulla und der Stirn auftreten. Drittens: Die durch den erhöhten Serotoninpegel entstehende höhere Schwingung ist meines Erachtens ganz wesentlich für tiefe, gute Healingsitzungen und für das eigene Leben. Man muss einfach lernen, damit umzugehen. Die Welt und die Art, wie man sie normalerweise erlebt, bekommt dadurch einen niedrigeren Stellenwert. Gewisse Dinge sind dann nicht mehr so wichtig. Mystiker haben dieses Ziel zum Teil durch die Schaffung von Klöstern zu erreichen versucht. In anderen Kulturen, beispielsweise bei den Hindus und im Buddhismus haben sie Schüler, Sannyasins, angenommen, die sich um die weltlichen Dinge nicht haben kümmern müssen. Es ist beispielsweise schwer, Kinder zu betreuen, während man sich ausserhalb seines Körpers aufhält. Die Lösung des Dilemmas liegt nicht im Rückzug in Mönchskutte in ein Kloster im Himalaya. Diese kann vielmehr darin bestehen, dass man einen Weg findet, sein tägliches Leben in Ordnung zu halten. Die wenigsten Leute haben wirklich Ordnung in ihrem Alltag. Krishnamurti hat immer wieder darauf hingewiesen, dass es nicht nur um eine innere, sondern ebensosehr um eine äussere Ordnung gehe. Ich nehme ein Beispiel. In Athen muss man, um zum Beispiel eine Telefonnummer zu erfragen, während mindestens zwei Stunden die verschiedensten Dienststellen anrufen. Die zuerst erreichte Stelle kennt die Adresse nicht, die zweite kennt zwar die Adresse, der Bezirk gehört aber zu einer anderen Auskunfsstelle, und die dritte liefert endlich irgend eine Fehlauskunft. 192 Man verliert auf Grund dieses Chaos extrem viel Zeit und Energie. Für den Transport von einem Ort zum anderen braucht man auf Grund der Grösse der Stadt schon oft mehr als eine Stunde. Auf der anderen Seite gibt es nichts einfacheres, als sich in Zürich, in diesem geordneten Dorf, aufzuhalten. Hier ist das Leben dermassen geordnet, dass man im Gegensatz zur Grossstadt viel weniger Zeit vergeudet und darum soviel davon hat. Die gleiche Ordnung – allerdings ohne den polititschen Konservatismus – sollte in der eigenen Umwelt herrschen. Schaut man jetzt den Inhalt deiner Frage und deine momentane persönliche Situation an – seit einem Jahr solltest du Entscheidungen fällen; aus Gründen, die zu respektieren sind, tust du es nicht; auch solche Veränderungen brauchen einen Reifeprozess –, erkennt man, dass du heute in einem Spagat lebst: ein Bein auf jeder Seite. Diese Dissonanz, diese Unordnung schafft Spannung. Man kann sagen, dass die Wirbelsäule, welche wie eine Sicherung höhere Schwingung auffangen kann, durch fehlende Ordnung überlastet ist und daher mit dem hohen Serotoninspiegel nicht richtig umgehen kann. Deine Angabe, du hättest einfach weiterlaufen können, zeigt den verminderten Stellenwert von etwas vorher Wichtigem. Die Phänomene sind Symptome und zeigen nicht Schwächen auf, sondern die vorhandene starke Kraft, dein Potential. Es geht jetzt darum, dieses Potential richtig zu kanalisieren. Du erreichst das, indem du Ordnung schaffst, weil Ordnung Frieden schafft. In innerem und äusserem Frieden hat die andere Dimension Raum. Vielleicht willst du über die nächsten zwei, drei Monate eine einfache Übung machen: Setze dich jeden Tag – es braucht nicht mehr als jeweils zehn Minuten – vor einen Kristall. Es ist unwichtig, ob du an Kristallenergie glaubst oder nicht; es geht nicht um jene Konzepte. Du schaust den Kristall an und wirst dir des Symbols bewusst, das der Kristall für dich darstellt. Nur das. Das erhöht die Entscheidungsfähigkeit. Die Entscheidung selbst wird nicht für dich gefällt werden, das musst du selbst tun. Du schaust den Kristall an und wirst dir bewusst, dass dieser Kristall eigentlich dich selbst symbolisiert. Die nächste Frage: Wie kann ich sicher sein, dass ich mit meiner Führung in Kontakt bin und nicht einfach mit meiner Phantasie? 193 Antwort: Viele der Leute, die sich über ihren Kontakt mit Führung oder Geistwesen ganz sicher sind, erscheinen oft überheblich und machtgierig und, wenn der Kontakt einmal nicht stattfindet, ungeduldig. Viele wirklich intelligente Systeme haben es an sich, dass man sich nie wirklich sicher sein kann. Das gilt auch für Beziehungen: Es entsteht Gewöhnung, sobald man sich des Partners zu sicher ist, und Gewöhnung tötet die Beziehung. Die Beziehung zu einem Geistführer verlangt keine Anstrengung; sie braucht aber immer Offenheit, Wahrnehmung und – um es in christlicher Terminologie zu sagen – Demut, wenn wir meinen, diese Führung bleibe aus. Spürt man keine Führung, heisst das nur, dass man sie im Moment nicht wahrnehmen kann. Es gehört zu einem spirituellen Weg, dass man sich nie sicher ist. Genau diese Unsicherheit ist es, die einen bei allem was man sagt oder tut, immer auch beobachten und reflektieren lässt. Die Reflexion sei nicht negativ; reflektieren ist nicht identisch mit urteilen und verurteilen! Gleichzeitig hilft sie einem auch, zu verstehen, dass jeder Ausdruck, selbst, wenn er von einem anderen Wesen stammte, immer beschränkt ist. Solange diese Unsicherheit da ist, kommt man kaum in die genügend bekannte Versuchung, sich zu rechtfertigen, Ideologien zu schaffen oder zu behaupten, man sei unfehlbar. Das Fehlen von Sicherheit gehört zum Wesen von Spiritualität. Das ist gut so. Selbst charakterstarke Leute verlieren ziemlich schnell ihren Bezug, wenn sie ihrer Sache so sicher sind. Wachstum bedeutet, in der Unsicherheit zu bleiben. Der Körper braucht Sicherheit; Spiritualität braucht Unsicherheit. Du musst dich nicht darum kümmern. Es spielt auch keine Rolle, wenn du deine Fantasie für Führung hältst. Auch deine Fantasie kann Gutes liefern. Es ist nichts falsch mit der Fantasie. Gefahr entsteht erst, wenn du aus dem, was du tust oder sagst, eine Struktur, eine private Ideologie, eine Kultur schaffst. Vorher tut es nichts zur Sache. Die nächste Frage: Ich weiss nicht, wie mein Leben weitergehen soll. Ich habe das Gefühl, als wäre mir eine Türe verschlossen worden. Ich nehme nichts mehr wahr und finde dadurch auch keine Ruhe mehr. 194 Antwort: Es sind einige Dinge, in die hineinzugehen und zu verstehen du versuchen solltest. Die erste: Es gibt niemanden, der eine Türe vor einem verschliessen würde. Wenn eine Türe verschlossen wird, hat man das selbst getan. Vielleicht aber ist diese verschlossene Türe gar nicht so negativ zu bewerten, wie du das im Moment sehen magst. Die Tatsache, dass eine Türe plötzlich verschlossen ist, bedeutet ja, dass sie einmal offen gewesen ist. Wenn die verschlossene Türe dich wirklich nicht mehr richtig fühlen lässt, bedeutet das, dass die vormals offene Türe dir ein Gefühl von Fühlen, von Offensein, eine Lebensperspektive vermittelt hat. Ich versuche jetzt, mich auf deine Innere Intelligenz in Verbindung mit deiner Seele, deinen Geistwesen und -Helfern zu verlassen. Wir meinen, dass du die Türe aus einem ganz bestimmten Grund verschlossen hast. Stelle dir vor, du würdest in einem grossen Haus mit zehn Zimmern wohnen. Im zweiten Stock, zuhinterst, liegt ein Zimmer, in dem du einen Altar, der auf einem Glaubenssystem beruht, eingerichtet hast. Dort hast du jeweils eine Gottheit angebetet. Nur eine Vorstellung! Während Jahren hast du in dem Zimmer immer wieder mit vielen Ritualen gebetet. Du hast nie jemandem erlaubt, das Zimmer zu betreten, weil dort dein innerstes Heiligtum gewesen ist. Einige Sicherheit ist wohl in dein Leben gekommen. Eines Tages überfällt dich aber die Erkenntnis, dass sich trotz des ganzen Betens, trotz allen Ritualen im Leben nichts grundsätzlich verändert hat. Dringt diese Erkenntnis sichtbar und spürbar ins Bewusstsein, entsteht zuerst Verzweiflung. Du meinst einerseits, die langjährige Sicherheit aus diesem Zimmer nicht einfach aufgeben zu können. Andererseits fragt ein anderer Teil in dir, die innere Intelligenz, danach, was denn die ganze Sache mit diesem Raum gebracht habe. Was tust du nach der Überwindung des ersten Schocks? Wenn du viel Mut hast, verschliesst du die Türe des Raumes und vergisst ihn. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hat deine Innere Intelligenz erkannt, dass jener Weg nicht der richtige gewesen ist. Erinnere dich: Ich meine, dir beim Schliessen der Türe sogar geholfen zu haben. Während einer Gruppe habe ich dir zu warten geraten. Dein Leben ändert sich nicht durch deine anstrengenden Versuche, einen Bezug zur Spiritualität zu finden. 195 Dein Leben ändert sich durch die Beziehung zu dir selbst. Gemeinsam haben wir dort begonnen, die Türe zu schliessen. Die gestern beim Healing wieder offenbar gewordene Kraft zeigt, dass weder deine Kraft, noch dein Potential ein Problem darstellen. Das Problem liegt eher in der Tendenz, dein Potential immer wieder zu verleugnen. Wenn und du dich nicht mehr an einen Ort retten und dich dort selbst verleugnen kannst, weil die Türe verschlossen ist, bist du plötzlich auf die Wahrnehmung zurückgeworfen, dass nicht das Potential das Problem darstellt, sondern die Art, wie du mit dir umgehst. Der Entschluss, die Türe zu schliessen hat sich zuerst einmal als grosse Spannung in deinem Kopf ausgewirkt. Sie ist so stark gewesen, dass Angst aufgekommen ist, ein Tumor könnte der Grund für die Beschwerden sein. Ich behaupte, dass dein Mut zum Schliessen der Türe der Weg zur wirklichen Spiritualität ist. Im Moment ist noch Geduld nötig. Ich wette mit dir, dass sich das ändern wird. Spätestens an Weihnacht oder im Frühling wirst du eine andere Türe öffnen. Bis dahin sollst du das ganze Bewusstsein darauf ausrichten, mit dir selbst wie mit deinem Kind umzugehen: Sei absolut nicht gegen dich! Lass völlig ab von der Idee, du seist erst mit einer guten Beziehung oder nach einer tollen Leistung etwas wert. Wert entsteht dadurch, dass man sich selbst erst einmal als nichts erlebt. Wert baut sich nicht durch Geschenktes auf; Wert entsteht durch das, was fehlt. Alles Geschenkte kann wieder verloren gehen. Was aus dem Nichts einfach da ist, ist immer da. Du hast Wert ohne irgend eine Vorleistung. Erst, wenn diese Erkenntnis völlig im System integriert ist, kannst du die neue Türe öffnen und wirklich davon profitieren. Für die nächste Zeit ist Geduld das Wichtigste. Es gilt zu warten. Brauchst du in dieser Zeit Hilfe, frage alle, die du kennst darum. In solchen Momenten sind Freundschaften wichtiger als Beziehungen, weil der Partner in einer Zweierbeziehung in der Geburtssituation allein nicht helfen kann. Auch bei der Geburt eines Kindes ist nicht nur der Ehemann nötig. Es braucht eine Hebamme, es braucht andere mit verschiedenen Energieschwingungen. Das ist der Sinn von Freundschaften. 196 Ich wette mit dir, dass sich die Situation, in der du jetzt lebst – wir nennen das den Nullfaktor –, mit Geduld und mit Warten spätestens bis zum nächsten Frühjahr aufgelöst haben wird. Die nächste Frage: Ich bin unsicher, ob und in welcher Form ich noch eine zusätzliche Ausbildung machen oder ob ich einfach die mich interessierenden Sachen selbst erarbeiten soll. Antwort: Zunächst ist klar, dass Weiterbildung nie aufhört. Immer ist die Notwendigkeit da, wieder neu zu reflektieren, Neues zu erarbeiten. Ob man aus Unsicherheit eine ganze Ausbildung mit Abschluss, wie zum Beispiel die Lehrgänge des IAP, absolviert, das ist eine Frage des persönlichen Geschmacks. Das ist aber nicht das eigentliche Problem. Du kannst noch während der nächsten zwanzig Jahre Ausbildungen machen und das Gefühl trotzdem nie loswerden, zu wenig gute Arbeit zu leisten. Das Problem bleibt bestehen, solange du zwei hauptsächliche Dinge miteinander vermischst. Das eine: Du glaubst, es sei an dir zu entscheiden, ob deine Arbeit gut sei oder nicht. Nach welchem Kriterium willst du das entscheiden? Willst du dich mit der Leistung anderer Therapeuten vergleichen, mit jener von Absolventen anderer Therapieschulen, von Bekannten, von Ausbildnern? Ist nicht deine Klientin, dein Klient das einzige Kriterium? Klienten entscheiden allein über die Qualität deiner Healingsitzungen und deiner Therapie. Über diese Auffassung kommen jetzt selbst Mediziner zur Einsicht, dass gut ist, was heilt. Ob ein brasilianischer Schamane mit Schaum vor dem Mund springend und gestikulierend heilt oder ob dies ein Universitätsprofessor mit seinen Mitteln tut, ist unerheblich. Was heilt, ist gut. Du findest die Kriterien, ob etwas heilt, weder in der Ausbildung, noch in Büchern, noch in theoretischen Gesprächen. Du findest diese Kriterien nur in deinem praktischen Handeln in Bezug zu Patienten. Nicht das erlernte Vorgehen ist das Kriterium für deine Qualität – das wird sich verändern – sondern der Erfolg, ob Heilung stattfindet. Den Klienten und Klientinnen diese Entscheidung vorenthalten zu wollen bedeutet deren Bevormundung und ist nur ein Versuch, die eigene Angst zu überdecken. Das zweite: Gemäss dem Gesetz der Anziehung kann man aus der Anzahl betreuter Klienten nicht auf die Qualität einer Heilerin, eines Heilers schliessen. 197 Man muss aber andererseits auch den Zusammenhang mit der Person sehen, wenn jemand, der viele Patienten betreut, plötzlich leer ausgeht. Mit Sicherheit kann aber folgendes gesagt werden: Forciert man sich immer wieder zu guter Leistung statt einfach mit dem Klienten zu fühlen, übermittelt man das Signal: «Ich_habe_noch_keinen_Wert»! Würde Tele-Züri statt aggressiver Werbung für das tolle Fernsehen zu machen, die Meldung streuen, man solle das Programm doch um Himmels willen jetzt noch nicht verfolgen, man wüsste beim Sender ja noch nicht, wie so ein Programm zu machen sei, wäre Tele-Züri sehr rasch von der Bildfläche verschwunden. Klienten kommen nicht, solange sie das Signal erhalten, man sei noch nichts wert. Weder die Bevormundung des Klienten ist sinnvoll, noch die Bevormundung seiner selbst. Ausbildung ist gut, solange sie der Vorbereitung einer Handlung dient. Ausbildung ohne anschliessende Handlung bringt nichts. Erst die Umsetzung in der Praxis bringt Wert in eine Theorie. Damit diese Umsetzung gelingt, darf man weder die Klienten, noch sich selbst mit seiner Meinung über die Qualität bevormunden. Die eigene Meinung ist kein Massstab für Qualität. Fang einfach zu arbeiten an, sei da, höre zu. Mitgefühl ist das Wichtigste jeder Therapie bei jedem Healing. Es geht nicht um die Fähigkeit, intelligente Antworten und Argumente zu produzieren. Ist Mitgefühl da, ergibt sich, losgelöst von jeder Ausbildung, alles andere von selbst. Ausbildungen sind Hilfen für die effiziente Gestaltung der Arbeit. Zwischen einem normalen Autofahrer und einem Rennfahrer gibt es nur in der Effizienz einen Unterschied. Ohne Rennfahrer zu sein steuert man seinen Wagen ebenso von A nach B. Hat man sich aber dafür entschieden, ein Rennfahrer zu sein, braucht es einige Investition. Es ist wichtig, mit der Bevormundung anderer aufzuhören.