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I N T E R NA T I O N A L
ECONOMICS
Working Paper
9704
Zur Theorie des Currency-Boards
von
Wilfried Fuhrmann
Rainer Schweickert
Universität Potsdam
August-Bebel-Str. 89, D-14482 Potsdam, Germany
Prof. Dr. W. Fuhrmann (Hrsg.), Department of Macroeconomics
Fax: +49-(0)331-977-3223; Email: [email protected]
http://141.89.32.20/u/ls_makrooek/index.htm
(Stand: 1.9.1997)
ISSN 1433-920X
1
Zur Theorie des Currency-Boards
Wilfried Fuhrmann
I. 1. Einführung
Es gibt keine Theorie des Currency-Boards. Ebensowenig hat sich bisher eine generelle
Definition eines Currency-Boards durchgesetzt. In Abhängigkeit von der Behandlung der
heimischen bzw. privatwirtschaftlichen Geldkomponente werden häufig unterschieden ein
“reines”, “orthodoxes” oder “enges” Currency-Board von einem “modifizierten” oder
“weiten” Currency-Board.
Das Abgrenzungsproblem liegt aber auch darin begründet, daß dieser Begriff zunehmend in
der politischen Diskussion verwendet, dabei zu einem Modebegriff und so entleert wurde.
Als hilfreich erscheinen zwei Hinweise zum Grundverständnis:
- Eine wirtschaftstheoretische Diskussion über ein Currency-Board (CB) ist eine
Diskussion
über eine besondere Form bzw. ein spezielles Design einer Zentralbank.
- Eine Diskussion über die Sinnhaftigkeit der Einrichtung eines Currency-Boards oder über
seine Vor- und Nachteile oder über seine Stabilität ist immer eine Diskussion über ein
gesamtwirtschaftliches System einschließlich des realwirtschaftlichen Bereiches . Anders
ausgedrückt: es ist eine Diskussion über ein Currency-Board System (CBS).
I.2. Wirtschaftspolitische Einbettung
Es gibt eine Vielzahl von Gründen, sich mit einem Currency-Board bzw. einem
Währungsamt 1 zu beschäftigen:
Erinnert sei an Silvio Gesell und seinen Vorschlag der Einführung einer internationalen Währungseinheit “Iva”
sowie der Gründung einer “Internationalen Valuta-Assoziation” (Iva) und einzelstaatlicher Währungsämter. Jeder
Mitgliedsstaat sollte bei einer Iva-Währungsreserve im Umfang von 20 v.H. seines nationalen Notenumlaufs
einen festen Kurs zwischen seiner nationalen Geldeinheit und einer Einheit Iva einhalten bzw. im Clearing
zwischen den nationalen Währungsämtern garantieren. Für ein Land liegen damit die Deckungsquote und eine
Geldschöpfungsregel fest. Dieses sind wesentliche Kennzeichen eines CBs, welches allerdings autonom seitens
eines Landes mit Bezug auf eine existierende Währung gegründet werden kann. Gesells Vorschlag geht aber
weiter (vergleichbar wäre die Gründung einer Europäischen Zentralbank mit einer Währungseinheit Euro, deren
Volumen und jährlichen Zuwachs die Mitglieder gemeinsam bestimmen und an den die Mitglieder ihre
Währungen in einem festen Verhältnis binden), indem er eine symmetrische Lösung für alle (Mitglieds-) Länder
sucht und dieses dann mit einer (seiner) dynamischen Systemtheorie verbindet.
1
2
Erstens:
Von den drei baltischen Ländern ist Estland wohl das erfolgreichste Transformationsland.2
Die drei baltischen Staaten schlugen in einer Art von Feldversuch drei unterschiedliche Wege
der monetären Transformation ein. Estland errichtete sehr ambitioniert und z.T. gegen den
Ratschlag externer ökonomischer Berater (auch des IWF) unmittelbar ein CB mit einer
Bindung an die DM. Lettland wählte ein System freier Wechselkurse (mit Interventionen) und
Litauen entschied sich nach vielen Zwischenschritten (einschließlich einer Periode flexibler
Wechselkurse und dann z.T. gedrängt) für ein CB mit einer festen Bindung an den US-Dollar
(wie Polen seinerzeit).
Dabei ist nach der Theorie optimaler Währungsräume für kleine und wenig diversifizierte
Länder ein fester Wechselkurs optimal. Gemäß der realen Außenhandelstheorie erhält ein
kleines Land bei festem Wechselkurs den maximalen Wohlfahrtsgewinn aus dem
inter-nationalen Handel, indem es sich an die relativen Preise des relevanten Handelspartners
bzw. zur Reduktion des Währungsrisikos der relevanten Geld- bzw. Währungsgemeinschaft
anpaßt, damit eine ordnungspolitische Entscheidung trifft und eine Art von relationalem
inter-nationalen Vertrag eingeht.
Zweitens:
Die Institutionalisierung eines CBs ist im Rahmen der Transitions- und
Transformations-theorie eine bewußte Strategie eines Transitionslandes (wie beispielsweise
zuletzt Bulgarien),
um möglichst schnell:
- ordnungspolitische Sicherheit zu schaffen und systemkonstitutive Bereiche der (Tages-)
Politik zu entziehen,
- vollkommene Konvertibilität und Integration in die Welt-Kapitalmärkte zu realisieren,
- einen effizienten monetären Sektor bzw. Marktsystem aufzubauen und dazu den Mangel an
Knowhow und Humankapital bezüglich von Devisen- und Finanzmärkten sowie im BankRisikomanagement so klein wie möglich zu halten,
- ein (ex- oder implizit) kooperatives Verhalten des Ankerwährungslandes zu initiieren3,
sowie um prinzipiell
- internationales Vertrauen in die monetäre Stabilität des Landes zu schaffen und
Kapitalimporte (insb. Direktinvestitionen) zu attrahieren, so daß entsprechend eine
monetäre Alimentierungen / Korrektur von Tarifvereinbarungen , der Sozialpolitik,
der öffentlichen Haushalte, einschl. der (noch) staatlichen Unternehmen ausgeschlossen
wird, um so
- das zu erwartende Leistungsbilanzdefizit zu “finanzieren” bei gleichzeitiger Reduktion der
(landesspezifischen) Kapitalkosten bzw. Risikoprämien.
Dabei ist ein CB als Teil einer ordnungspolitischen Entscheidung eine Art von strategischer
Investition (alternativ zu einer geld- und währungspolitisch ermessensfreien Zentralbank).
Der erwartete Nutzen des CBs wird gesehen
2
1995 betrugen nach Eurostat. das BIP (in Tsd. ECU) je Einwohner / die Wachstumsrate des BIP in v.H. für:
Estland 1,9/4,3 ; Lettland 1,4/3,0 ; Litauen 0,9/-0,8 .
3
So kam im Falle Mexikos die Hilfe von außen, insbesondere seitens der USA sowie der von den USA
initiierten IWF-Hilfen.
3
- in einem schnellen internationalen Reputationsaufbau für die (i.d.R. nach einer Währungsreform neue) heimische Währung,
- im permanenten allokativen Konsolidierungsdruck auf die Arbeitsmarktparteien und den
Staatshaushalt (vom Ausschluß einer Geldschöpfung zur Haushaltsfinanzierung bis hin
zum Privatisierungsdruck) sowie
- in der Schaffung (oder Sicherung) einer nationalen Stabilitätskultur über die Zeit.
Die erwarteten Kosten entstehen insbesondere in drei Fällen:
- wenn (bei bestimmten nationalen Störungen) eine diskretionäre Währungspolitik
notwendig sein kann,
- wenn die Politiker das CB als zeitlich begrenzte Einrichtung vor einer letztlich
angestrebten autonomen nationalen Zentralbank behandeln infolge der reduzierten
Glaubwürdigkeit,
- wenn die Politiker dem von den Regeln eines CBS ausgehenden (Disziplinierungs-) Druck
ausweichen und die Begrenzungen der politischen Gestaltungsräume umgehen, da ein CB
keine einzeln oder dichotomisiert funktionsfähige Institution ist, sondern ein Teil eines
Systems von Institutionen (Bankenaufsicht usw.) bzw. eines institutionellen Rahmens mit
einem System freier Märkte (Fuhrmann, 1994). D.h.: ohne
--- eine zu einem Festkurssystem gehörige Geldpolitik sowie
--- eine solide Bankaufsicht und Wettbewerbspolitik sowie
--- eine allgemeine Akzeptanz der sich aus der Integration mit dem Ankerwährungsland (AL)
und der Ankerwährungsgemeinschaft (AG) endogen ergebenden Wirtschaftsstruktur
und --- den Verzicht auf eine autonome Industrie- und Strukturpolitik
sind die bekannten Nachteile und Kosten einer Wechselkursfixierung verbunden mit
Wechsel-kurssänderungen zu erwarten.4
Drittens:
Wirtschaftspolitisch interessant ist auch die zu beobachtende Annäherungen von
Zentral-banken in Industrieländer an eine Art von CB:
- im Falle einer glaubwürdig propagierten (und von allen Sozialparteien unterstützten)
Wechselkursfixierung als eine permanente zentrale Maßnahme zur Förderung der
Struktur-anpassung sowie der Produktivitätssteigerung (wie z.B. Österreich mit der
DM-Bindung);
- im Falle einer schrittweisen Reduktion eines Wechselkursbandes bzw. Schaffung einer
stabilen engen Wechselkurszielzone (wie z.B. Holland mit dem Gulden zur DM).
II. Zur Optimalitätsbetrachtung
II.1. Zur Zielfunktion
4
Vgl. die Mexiko- bzw. Peso-Krise sowie die Währungskrise asiatischer Schwellenländer mit ihren jetzt
gelösten Wechselkursbindungen an den US-Dollar infolge ihrer ambitionierten Wachstums-, Militär- und
Strukturpolitiken, damit unterschiedlichen ökonomischen Entwicklungen in Relation zu den USA sowie der
Nichtbeachtung der mit der Fixierung zu endogenisierenden Geldpolitik.
4
Im Gegensatz zu einer (in realiter nicht bestehenden) geld- und währungspolitisch auch
ziel-unabhängigen bzw. ermessensfreien Zentralbank, wird ein CB i.d.R. als eine sog.
non-state-contingent rule betrachtet. Man befindet sich damit in der Tradition der u.a. von
Kydland und Prescott (1977) sowie Barro und Gordon (1983) belebten Diskussion über
regelgebundene Politiken als Alternative zu einer ermessensfreien bzw. diskretionären Politik
(Zentralbank) in Verbindung mit den Möglichkeiten von Zeitinkonsistenzen und einer
Überraschungsinflation bei letztlich höheren Werten für die Varianz des realen Einkommens
und die sog. natürliche Arbeitslosigkeit (u*) sowie der Unterscheidung von erst-, zweit-, drittoder viertbester Lösungen.
Die Einrichtung eines CBs kann als die Delegation eines bestimmten Inflations- oder
Preis-zieles verstanden werden, so daß wie üblich die Minimierung des sozialen Verlustes V
bzw. des Gegenwartswertes aller abdiskontierter sozialen Periodenverluste L bei einer
gegebenen sozialen Zeitpräferenzrate (0<<1) betrachtet werden kann. Die vorgegebenen
Ziele mögen durchaus von denen der first-best-Lösung abweichen.
Die Delegation bedeutet, daß der zentralen Währungsbehörde wohl definierte Stabilitätsziele
und Gewichtungsparameter, d.h. eine bestimmte Zielfunktion vorgegeben werden oder daß die
(personelle) Zusammensetzung des Boards so gewählt wird, daß sich die gewünschte
Gewichtung ergibt.5 Beispielsweise gilt für L:
L = ½ { (p - p*)2 + a (y - y*)2 }
bei vernachlässigtem Zeitindex t , bei unterstellter linearer Beziehung zwischen Einkommen
und Arbeitslosigkeit sowie gegebenen Nettofaktoreinkommen. Es gilt für die Einkommensgleichung (bei einem in t-1 gegebenen Nominallohnsatz):
y = ß(p - pe) + v .
Es gilt für die rationale Inflationserwartung für t als bedingte Erwartung aufgrund der in t-1
verfügbaren Information:
tpe = t-1E(p)
bei:
E
a
v
mit:
p
y
x*
y*
p*
Erwartungsoperator,
Gewichtung der Beschäftigungsstabilisierung, ß
Preis-Elastizität des Outputs,
(Angebots-) Störterm mit Erwartungswert von Null und gegebener Varianz,
(log) der Inflationsrate in t,
(log) des Outputs in t,
der optimale oder gewünschte Wert von x ,
der natürliche Output (durch Normierung ist der log-Wert hier gleich Null),
der politisch gewünschte Wert ist i.d.R. größer als der natürliche Output,
die optimale Inflationsrate,
Vgl. hierzu u.a. Rogoffs (1985) Ansatz einer “gewichtskonservativen” Zentralbank oder durch zusätzliche
Kontrakte modifizierte Zielfunktionen (Walsh, 1995). Die Besetzung des Boards mit Ausländern kann die
Stabilitätsorientierung noch stärker hervorheben. Wie Svensson (1995) zeigte ist die second-best Lösung u.a.
durch einen linearen Inflationskontrakt oder besondere Kosten für die Board-Mitglieder erreichbar. Bei einem
CB (bzw. seiner Institutionalisierung) sind die Schwierigkeiten derartiger Implementierungen noch geringer.
5
5
der politisch gewünschte Wert ist i.d.R. größer.
Dieser vielfach verwendete Modelltyp verdeutlicht trotz der eingeschränkten Übertragbarkeit
die Unterschiede zwischen einer diskretionären Zentralbankpolitik und einem CB.
II.2. Zur Reduktion auf eine Ein-Perioden Analyse
Zur Reduktion der intertemporalen Betrachtung auf ein Ein-Perioden-Modell6 mit der
Minimierung des Erwartungswertes von L wird unterstellt, daß:
1 . (im Sinne größerer Glaubwürdigkeit nicht die Regierung, sondern) das Parlament der
Zentralbank die Zielfunktion eines CBs und ein Preis-Ziel vorgibt,
2. die Zentralbank p kontrollieren kann,
3. keine Output-Persistenz- oder Hysteresis-Effekte bestehen.
Alle drei Annahmen bedürfen einer kurzen Betrachtung.
Ad 1.:
Das CB wird hier (noch) verstanden als eine Institution, der das Parlament die Ankerwährung
und die Parität zur Ankerwährung vorgibt und damit gemäß der Kaufkraftparitätentheorie
implizit die Inflationsrate des Ankerwährungslandes sowie den Zinssatz der
Ankerwährungs-gemeinschaft als Ziel setzt. Nur das Parlament kann mit qualifizierter
Mehrheit die Parität und die Ankerwährung neu festsetzen (ein Währungsanker in Form
eines zusammengestellten Währungskorbes wie die SZR entspricht nicht dem CB-Ansatz).
Das Parlament errichtet somit eine spezifische Geldverfassung und -ordnung.
Die Bedeutung der Kaufkraftparitätentheorie für das gesamtwirtschaftliche Preisziel ist
infolge von international nicht-gehandelten Gütern sowie von administrierten Preise zu
relativieren. Damit kann auch für ein CB die L-Funktion mit einem Gewichtungsparameter
a > 0 verwenden werden. Der geldpolitische Spielraum des CBs, auch im Sinne einer ZielUnabhängigkeit, wird durch die Annahme ausgefüllt, daß das CB das für die Tradeables 7
vorgegebene Preisziel auch gesamtwirtschaftlich ansteuert (und damit einen konstanten realen
Wechselkurs) - ausgeschlossen werden so höhere Inflationsraten bei den Non-Tradeables,
die mittelfristig Paritätsänderungen erzwingen. Nicht betrachtet werden denkbare
Situtationen eines CB-Landes (wie eine realtiv hohe Preisrigidität oder Bedeutung des Sektors
der Non-Tadeables), die infolge von Zielkonflikten zu einer Wechselkursänderung oder
-freigabe führen.
Ad 2.:
Der Verzicht auf eine nationale diskretionäre Geldpolitik soll hausgemachte monetär Schocks
sowie eine höhere Inflationsrate als die des Ankerwährungslandes verhindern.
Dieses ist zumindest langfristig auch realiter zu erwarten, da ein Transformationsland mit
einem CB gerade die häufig beim Systemwechsel auftretende Inflation vermeiden oder schnell
wieder beseitigen will. Entsprechend sollten Preisfreigaben (zur Anpassung der Preisstruktur)
möglichst schon in der Vorbereitung des Regimewechsels und damit noch im alten monetären
Regime (in den Estland noch zur Rubel-Zeit) bzw. unmittelbar in der Phase der Transition
erfolgen. Da die Inflation zu einem großen Teil aus der schrittweisen Erhöhung von
6
Vgl. zum Modell u.a. L.E.O. Svensson (1995) sowie Persson , Tabellini (1994).
Auf eine Anpassung des Ansatzes beispielswiese durch die Unterscheidung der Preise für die Traded und die
Non-traded goods mit einer Anteilsgewichtung oder durch die Berücksichtigung der terms-of-trade in der
Angebotsfunktion wird hier verzichtet.
7
6
administrierten Preisen, von Beiträgen sowie der (neu-eingeführten) Steuern und
Sozial-abgaben resultiert, werden in den ersten Jahren des CBs die Inflationsraten noch höher
als die im AL sein (ohne die Wechselkursfixierung gefährden zu müssen).
Die Angleichung der (Markt-) Inflationsrate wird angestrebt durch die Regelbindung des
Geldangebotsmechanismusses in Form einer Deckung des (Basis-) Geldes durch
Anker-Währungsreserven8 von 100 v.H.. Dieses beinhaltet letztlich auch den Verzicht des
Staates auf das Münzregal.9
Durch diese Basisgeldbindung unterscheidet sich eine Zentralbank in Form eines CBs von
einer Zentralbank im Festkurssystem von Bretton-Woods oder einer Art von Friedman Regel.
Sie ist eher vergleichbar einer Zentralbank im Goldstandard.
Wenn sich die in- und ausländischen Zahlungsuancen (Bedeutung von Sichtdepositen bzw.
des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, elektronischen Geldes usw.) unterschiedlich entwickeln
können, hat ein CB-Land die Veränderung des auf die nominale Geldnachfrage bezogenen
Geldangebotes gemäß der monetären Wechselkurstheorie in Einklang mit dieser Relation des
Ankerwährungslandes zu halten. Es benötigt zur Kontrolle des Geldschöpfungsmultiplikators
eine Zentralbank bzw. ein modifiziertes CB mit geldpolitischen Instrumenten.
Die glaubwürdige Delegation des Wechselkurszieles verbunden mit einer gebundenen
Basisgeldschöpfung an das CB erfordert die Gewährleistung von Durchführungs-Transparenz
(Geldmengen- und Reservestatistiken, Rankingverfahren usw.). Besondere Kontrakte mit
monetären Anreizen usw. für die Board-Mitglieder sind, unabhängig von den Kosten und der
Praktikabilität (Höhe, Zurechenbarkeit, Escape-Klauseln usw.), in einem engen CB (ohne
privatwirtschaftliche Geldschöpfung) angesichts des fehlenden Ermessensspielraumes nicht
notwendig; sie können aber sinnvoll bezüglich der Bankenaufsicht sein.
Ad 3.:
Die Vernachlässigung von Output-Persistenz-Effekten, verstanden als langsame
Anpassungs-prozesse, ist eine restriktive Annahme, so daß die Einkommensgleichung lauten
könnte:
y = b y t-1 + ß (p - p*) + v
;
0<b<1.
Persistenz- sowie Hysteresis-Effekte werden infolge des unterstellten sozialen Konsenses
bezüglich der notwendigen strukturellen Anpassungen und Flexibilisierungen (homogene
Erwartungen) vernachlässigt. Konjunktur- und Wachstumsphänomene werden nicht
abgebildet.
II.3.
Das CB als second best
Betrachtet werden eine Zentralbank mit diskretionärer Politik, mit einer optimalen Regel und
als ein CB mit einer vorgegebenen Inflationsrate.
A.:
8
Vermieden wird bei Wechselkursänderungen die Notwendigkeit, die Währungsreserven neu zu bewerten und
dann infolge einer veränderten Deckungsquoten entsprechend (Basis-) Geld zu schöpfen oder zu vernichten.
9
Fließt der Gewinn des CB als Einnahme dem Staat zu (und nicht beispielsweise der Tilgungs- und Zinszahlung
infolge einer Auslandskreditaufnahme zur Schaffung der Erstausstattung mit Währungsreserven), kann die
kontrollierte Münzprägung ein Teil der Gewinnausschüttung sein.
7
Eine diskretionäre Politik setzt p zur Minimierung von L, ohne eine angekündigte Politikregel
und damit bei gegebenen bedingten Erwartungen in Abhängigkeit von den bekannten Werten
der Konstanten sowie der Inflationsrate der Vorperiode:
t-1E(y) = 0
und
pe =
t-1E(p) = p* + aß y*.
Damit folgt:
p = p* + aß y* - aß v/(1 + ß2a)
und
y = v/(1 +
ß2a)
mit den (Durchschnitts- bzw.) Erwartungswerten:
E(p) = p* + aß y*
und
E(y) =
0.
Es zeigt sich die inhärente durchschnittliche inflatorische Verzerrung bei einem den
natürlichen Output übersteigenden Einkommens- bzw. Beschäftigungsziel, die ohne diese
Zieldifferenz gegen Null geht. Der Output entspricht im Durchschnitt dem natürlichen.
B.:
Die Zentralbank bestimmt p bei bestehender Glaubwürdigkeit in Abhängigkeit von dem
exogenen Schock sowie den Preiserwartungen. Wegen der ausgeschlossenenen Persistenzen
gibt es keine Zeitinkonsistenzen:
p = p* - aß v/(1 + ß2a)
v/(1 + ß2a)
und
y =
mit den (Durchschnitts- bzw.) Erwartungswerten:
E(p) = p*
= 0
und
E(y)
Die Lösung weist keine inflationäre Verzerrung auf; die langfristigen (Erwartungs-) Werte
entsprechen den sozial-optimalen.
C.:
Dem CB wird mit der Parität die Inflationsrate des Ankerwährungslandes ein pB vorgegeben.
Ohne Einkommensziel gilt: a = 0 . Wird zusätzlich ein Wert yB vorgegeben, a > 0,
können Probleme der Inkonsistenz sowie der Glaubwürdigkeit auftreten.10
Da zu jedem Preisziel bei gegebenen erwartungen implizit ein bestimmter Beschäftigungswert
gehört, dienen beide Vorgaben als Richtgrößen für die (bedingte) Erwartungsbildung. Die
Wechselkursfixierung sowie die implizite Fixierung der Inflationsrate dienen insbesondere in
Transitionsländern (ohne entwickelte Geld- und Kapitalmärkte) u.a. zur Vermeidung von
struktureller Unsicherheit bei der Bestimmung der Verteilungsfunktion v und des temporär
gleichgewichtigen tp* .
Das Beschäftigungsziel, seine Gewichtung sind zu “ehrgeizig”, die Inflationsrate der Non-Tradeables steigt
relativ und reduziert die Glaubwürdigkeit, die schon dadurch sinkt, daß die Regierung das y-Ziel vorgibt.
10
8
Für die Inflation folgt:
p = pB + aBß
yB - aBß v/(1 + ß2aB)
mit dem durchschnittlichen bzw. Erwartungswert:
E(p) = pB + aBß yB.
Der Erwartungswert ist größer als bei der optimalen Regel, wenn dieWerte pB und yB nicht
p* und y* entsprechen. Dann aber wird die second-best-Lösung erreicht.11
Bei pB < tp* würde die restriktive Geldpolitik den Re-Inflationsprozeß beschleunigen. Für die
Frage der Optimalität sind die Anpassungskosten maßgebend. Ein Vorteil liegt in der mit der
Einführung eines CBs erfolgten Entscheidung für eine sog. Schocktherapie anstelle eines
Gradualismus und für eine spezielle Wirtschaftsordnung.
Eine Abweichung von der second best Lösung B besteht dann nicht, wenn kein (über y*
liegendes) Outputziel und keine diesbezüglich höhere Gewichtung vorgegeben werden. Ein
“ehrgeiziges” Ziel, das über das dem Entwicklungs- und Integrationsstand entsprechende y*
hinausgeht, führt zu einer höheren Inflation, damit zu einer geringeren Glaubwürdigkeit und
letztlich zu einer Abwertung und “Modifikation” des CBs.
Wenn die Ergebnisse einer optimalen Geldpolitik mit einem CB erreichbar sind, dann liegen
weitere Vorteile des CBs insbesondere in einem Regimewechsel in einer leichteren
Implementierbarkeit (relativ zu Inflationskontrakten oder einer nationalen Zielvorgabe für p)
sowie in einer größeren Glaubwürdigkeit. Die Glaubwürdigkeit ist abhängig von:
a.) der gewählten Ankerwährung, d.h. u.a. von deren Bedeutung als direkte oder indirekte
Fakturierungswährung für den Handel sowie den Kapitalverkehr des Landes und
b.) der Glaubwürdigkeit der mit der Wahl der Ankerwährung angestrebten strukturellen
ökonomischen Ausrichtung sowie
c.) der Fähigkeit, den Wechselkurs zu verteidigen (Währungsreserven).
Estlands Modellcharakter als CB-System zeigt sich u.a. im relativen ökonomisch Erfolg12, in
den IWF-Empfehlungen für die Einführung eines CBs und in der EU-Erweiterungsdiskussion.
Er resultiert primär auf der Wahl der Ankerwährung, dem mit dem CB offenbarten Konsens
sowie in der konsequent betriebenen (u.a. wirtschaftlichen, rechts- und sicherheitspolitischen)
Integration mit europäischen Ländern.
II.4. Zur Geldmenge
Die zugehörige, auch vom CB einzuhaltende Geldmengenentwicklung läßt sich aus der
Quantitätsgleichung ableiten. Diese ist dann zu modifizieren, wenn Ausländer inländische
Zahlungsmittel halten oder wenn ein Teil des Inlandsproduktes unter Verwendung
11
Aufgrund der in C beibehaltenen Stochastik entsprechen die Varianzen von p und y denen im Falle B.
Dieses zeigt bereits eine einfache Illustration über die Jahre 1996/97/98 der Wachstumrsrate des realen BIP;
der Konsumentenpreissteigerung sowie der Arbeitslosenquote ( E.-M. Scharrer (1997), S. 4f.):
Estland:
4,0/4,0/4,0 ;
23/13/10
;
4,0/4,5/4,0;
Lettland:
2,5/3,5/3,5 ;
19/12/10
;
7,0/7,5/7,0:
Lithauen:
3,5/4,0/4,0 ;
25/15/15
;
6,5/6,5/6,0.
12
9
aus-ländische Zahlungsmittel getauscht wird (“Währungssubstitution”) und wenn sich diese
Anteile mit dem Grad der Integration oder der Kapitalmobilität ändern. Bei gegebener
Einkommenskreislaufgeschwindigkeit usw. folgt im CB-Land:
M
= E(p) ..... = pB + aBß yB
......
bzw.
m + R
=
M
= E(p) ..... =
mit Berücksichtigung des Geldschöpfungsmultiplikators sowie der Basisgeld-Restriktion, da
der Bestand und die Veränderung der Basisgeldmenge und der Währungsreserven des CBs
gleich sein müssen, mit:
M
(log) der nominalen Geldmengenveränderung,
m
(log) der Multiplikatorveränderung,
R
(log) der Veränderung der CB-Währungsreserven.
Eine Zunahme der Währungsreserven und damit eine Erhöhung der Basisgeldmenge durch
das CB setzt einen positiven Devisenangebotsüberschuß (der Ankerwährung), d.h. einen
Zahlungsbilanzüberschuß als Gesamtsaldo aus Leistungs- und Kapitalverkehrsbilanz und
damit eine Aufwertungstendenz der CB-Währung voraus. 13 Eine anhaltende Unterbewertung
der Inlandswährung stärkt die Glaubwürdigkeit, ist aber kein langfristiges Gleichgewicht.
Eine CB-Regel erfaßt nicht alle Störungen und kann es nicht, solange a.) die Schocks im
Anker- und im CB-Land nicht symmetrisch sind und b.) die Geldhaltung auf Unsicherheit
bzw. das Fehlen objektiver Verteilungsfunktionen zurückgeführt wird. Dann können mit
einem CB auch stärkere Verzerrungen (Output-Varianzen) als bei einer diskretionären Politik
eintreten; die diskretionäre Politik kann superior zu einer CB-Regel sein.14
III.
Transitorische und permanente Veränderungen
Analysieren lassen sich jetzt zwei Bereiche: die Auswirkungen von transitorischen und von
permanenten Störungen sowie die Bedeutung der privatwirtschaftlichen Geldschöpfung im
CB-Land.
III.1.
Zum stationären Gleichgewicht mit transitorischen
Schwankungen
III.1.a. Das System ohne privatwirtschaftliche Geldschöpfung
Die Stabilität der fixierten Parität, des monetären Systems und damit des CBs sowie die
Fähigkeit des CBs zur Kontrolle der Inflationsrate ist bei einem Multiplikator von eins (bzw.
m = 0) apriori durch die Basisgeld-Restriktion “gegeben”. Gibt es keine privatwirtschaftliche
13
Diese Devisenrestriktion führt häufig dazu, daß ein CB nur als eine temporäre Strategie betrachtet wird und
nationale Politiker (wie z.Zt. in Litauen) sehr schnell den Übergang zu einer Zentralbank mit Geldschöpfung auf
der Basis von Inlandstiteln fordern (mit entsprechenden Vertrauensproblemen).
14
Die Verluste können bei einer diskretionären Politik niedriger sein, wenn die Varianzen der Störungen in
Relation zum inflationären Bias, der der Zielfunktion zugrunde liegt, groß sind (Garman, Richards (1989)).
10
Geldschöpfung infolge eines Mindestreservesatzes oder einer Abflußquote in Höhe von 100
v.H. und wird (Basis-) Geld nur durch den Verkauf von Ankerwährung an das CB geschaffen,
dann ist die Deckungsquote der gesamten Geldmenge in Einheiten der Ankerwährung
konstant 100 v.H.. Die Geldmenge ist (vollständig und permanent) endogen.
Die Geldbesitzer bzw. Gläubiger sind “vollkommen” abgesichert; ein Spekulationsgewinn ist
infolge einer fehlenden Option des CBs zur Wechselkursänderung nicht zu erwarten.15 Die
CB-Währung ist ein vollkommenes Substitut zur Ankerwährung. Dieses gilt apriori selbst
ohne unbegrenzte Beistandskredite oder Kreditlinien einer ausländischen Zentralbank16 .
Damit sind die Stabilität und Glaubwürdigkeit des CBs “vollkommen”, da für die
Wirtschafts-subjekte zur vollkommenen Transparenz der Geldschöpfung mit der
Wechselkursfixierung sowie der Kompetenz des CBs, den Regeln jederzeit und vollkommen
zu folgen, noch die Dauerhaftigkeit (“Sustainability”) infolge der 100-prozentigen Deckung
hinzukommt.
Aber auch diese “vollkommene” Glaubwürdigkeit ist eingeschränkt:
1. Sie ist begrenzt durch diejenige des Parlamentes, welches die Parität ändern kann (und noch
stärker, wenn dieses Recht bei der Regierung liegt). Die Unglaubwürdigkeit steigt c.p. mit
dem Schattenwechselkurs bzw. dem Verlust an Währungsreserven. Sie wird umso größer je
genauer der Zeitpunkt eines Totalverlustes abschätzbar und die dann notwendige Abwertung
abdiskontierbar wird, so daß daraufhin ein Gewinn aus einer Spekulation wahrscheinlicher
wird. Zusätzliche Gesetzes- oder Verfassungsbestimmungen, Selbstverpflichtungen oder die
Ansiedlung des CBs sowie der Währungsreserven im Ausland wirken graduell.
2. Sie hängt ab von der Glaubwürdigkeit der staatlichen Ordnungs- und Fiskalpolitik,
ins-besondere von ihrer Auslandsverschuldung, ihrer Sozial- und Verteilungspolitik sowie
ihrer Gewichtung von Effizienz bzw. der Allokationsoptimalität.
3. Letztlich hängt sie von den Flexibilitäten der Lohnsätze und Güterpreise nach unten ab, da
diese bei einem Reserveabfluß mit cointegrierter monetärer Kontraktion sinken müssen, um
so entgegenwirkende Kapitalimporte und Güterexporte zu induzieren. Entscheidend ist der
Grad der In-Flexibilität der Preise (bzw. des realen Sektors) in Relation zur Kapitalmobilität.
Eine Währungsunion bzw. die Übertragung der Geldpolitik auf das Ankerwährungsland (mit
Überweisung des anteiligen Seignorage-Gewinns an das Inland) und die Verwendung des
ausländischen Geldes als inländisches Zahlungsmittel umgeht die monetäre Glaubwürdigkeit,
aber nicht die realwirtschaftliche (bezüglich der “Regionalpolitik” und des gesellschaftlichen
Konsens).
III.1.b.
Das CB als ein Zielzonenansatz
15
Im betrachteten Fall kann das CB zur Vermeidung eines (denkbaren) Totalverlustes der Währungsreserven die
Parität oder den Geldangebotsprozeß nicht (oder nur bei zuvor fixierter Escape-Klausel) ändern.
16
Je größer die privatwirtschaftliche Geldschöpfung ist, desto notwendiger werden entsprechend (unbegrenzte)
Kreditlinien. Da eine ZB kaum unbegrenzte Linien erhält, “erzwang” beispielsweise Estlands Zentralbank mit
ihrer Bankenpolitik, daß Privatbanken mit ausländischen Banken kooperieren und eigene Kreditlinien und
Guthaben aufbauen (dadurch steigen die gesamtwirtschaftlichen Reserven). Eine Gefahr für die Credibility des
Systems besteht dann, wenn dadurch die kurzfristigen Kreditengagements des Auslandes verbunden mit einer
Aufblähung der Geldmenge beispielsweise bei Immobilienspekulationen steigen. Bei einem fixierten
Wechsel-kurs kann ein positiver Mindestreservesatz dann ein Entgeld der Banken für die zusätzlichen Kosten der
Glaubwürdigkeit und ein eingebauter Stabilisator sein.
11
Diese Überlegungen sind kompatibel mit denen aus einer Analyse der Wechselkursfixierung
bei einer Bandbreite von Null (von einer kleinen, stets technisch bedingten Bandbreite sei
abgesehen) im Rahmen eines Zielzonenansatzes17.
Das CB ist dann zu verstehen als eine (explizite) Zielfunktion, die einen zulässigen und einen
unzulässigen Wertebereich für den Wechselkurs definiert, so daß die fixierte Parität als Datum
in alle Politikentscheidungen und Reaktionsfunktionen eingeht und so alle (!) übrigen Größen
restringiert - wobei die Politiker dieses erkennen und akzeptieren.
Zum fixierten Wechselkurs (Wo) gehört ein bestimmter Vektor Fo Vektor aller den
Wechsel-kurs determinierenden Fundamentalvariablen sowie eine auf der gegebenen
Informations-menge basierende bedingte Wechselkursänderungerwartung, die im Falle eines
CBs den Wert von Null hat (bei Gleichheit von in- und ausländischem Zinssatz) und die im
Falle eines vorgegebenen crawling-peg der Divergenz zwischen In- und Ankerland
entspricht.18 Es gilt:
Wo = Fo
und für den durch die Informationsmenge im Zeitpunkt t I(t) bedingten Erwartungswert der
Wechselkursänderung:
t E{d W; I(t)}/d t = 0.
F beinhaltet auch die Geldmenge mit ihrer Anfangsausstattung sowie Veränderung infolge
einer Kompensation der Variationen aller unkontrollierbaren Fundamentalvariablen. Dabei
unterliegt der unkontrollierbare Teil von F , d.h. der Teil ohne die (Basis-) Geldmenge einem
Prozeß in der Zeit: df(t). Dieser Prozeß wird durch eine Brownsche Bewegung abgebildet,
die eine permanente Komponente (Trend oder Drift) Rate  (im stationären Gleichgewicht ist
 = 0) enthält und einen stochastischen Prozeß in der normalverteilten Form eines Wiener
Prozesses d mit einem gegebenen Erwartungswert von Null bei endlicher Varianz :
df(t) = dt +  d.
Gehört somit zu einem betimmten Wechselkurs ein bestimmter Wert von F, so gibt es eine
Obergrenze von f, da mit steigendem Wert von f kompensierend die Geldmenge sinken muß,
so daß diese Obergrenze von f den vollkommenen Reserveverlust kennzeichnet . Ein CB
hält zur Verteidigung des Wechselkurses keine freien, nicht durch eine Basisgeldschöpfung
gebundenen Währungsreserven und nimmt auch keine Auslandskredite auf.
Interpretiert man den Ansatz nicht nur im Rahmen eines monetären (Wechselkurs-) Ansatzes,
so läßt sich aus einer Zielzonenbetrachtung schließen, daß
- von anderen Politikbereichen (beispielsweise der Strukturpolitik) keine Störungen mit
Wechselkursänderungserwartungen induzierenden Wirkungen ausgehen dürfen,
- andere (nicht-monetäre) Politiken gegebenenfalls die Aufgabe einer Stabilisierung übernehmen bzw. unter Beachtung der Auswirkungen auf die Wechselkurserwartungen
durchgeführt werden müssen,
17
Zur Literaturübersicht und zum Ansatz mit vielen rechnergestützten Aussagen vgl. I. .Scheunpflug (1997).
Hier zeigt sich, daß nach erfolgreicher Beendigung der Transformation mit dem Erreichen des eigenen
steady-state, die Währung eines Transformationslandes wahrscheinlich ein Aufwertungstendenz aufweist.
18
12
- keine langfristige negative (monetäre) Drift zwischen In- und des Ankerland bestehen
darf,
da es sonst (mit oder ohne) Spekulation zu einem (natürlichen) Kollaps des Festkursregimes bzw. des CBs kommt,
- die Erwartungsbildung sich nicht nur auf den Wechselkurs bezieht, sondern auf das
gesamte Marktsystem.19
Der Zwang zur Anpassung der inländischen Fundamentalvariablen und die tendenzielle
Übertragung der Stabilisierungsaufgabe auf nicht-monetäre Politiken verdeutlicht, daß die
Institutionalisierung eines CBs als eine Strategie zu verstehen ist, die integrative Entwicklung
der inländischen Wirtschaft zu erzwingen. Auch hier wird die Notwendigkeit eines Konsenses
und der Einrichtung eines konsistenten CBS deutlich. Versuche, diese Strategie abzusichern,
bestehen beispielsweise darin, daß
- das CB bzw. eine andere (Zentralbank-) Abteilung über einen freien Devisenbestand zur
Intervention bei Devisenmarktstörungen verfügt oder Kreditlinien im AL hält;
- das CB bzw. eine andere (Banking-) Abteilung über geldpolitische und bankenaufsichtsrechtliche Instrumente verfügt und über die Steuerung der privatwirtschaftlichen Geldschöpfung die Schwankungen der unkontrollierbaren Fundamentalgrößen f (einschließlich
struktureller Veränderungen bzw. realer Drifteffekte) zu neutralisieren versucht.
Der Ansatz bildet dabei keine Politikalternativen ab, die die Struktur der
Fundamental-variablen verändern, die sich aber bezüglich des Wechselkurses neutralisieren.
Dennoch (und weil mit der Verzögerung der Integration die Anpassungskosten steigen)
erscheint eine Politik, wie beispielsweise die Litauens, der verzögerten Privatisierung,
staatlichen Aufnahme von Fremdwährungskrediten, selektiven Kapitalimporte mit präferierten
Portfolio- anstelle von Direktinvestitionen, der anhaltenden politischen Relativierung der
Wechselkursbindung (mit einer für 1999 avisierten Veränderung vom US-Dollar zum Euro
oder zu einem eigenen Währungskorb) sowie einer “laxen” Geld- und Bankenpolitk mit u.a.
einer reduzierten Deckungsquote und Basisgeldschöpfung aufgrund von inländischen
Staatsanleihen sowie von Stützungsoperationen für einzelne “vertrauenswürdige” Banken
wenig adäquat.
III.1.c.
Das System mit privatwirtschaftlicher Geldschöpfung
Eine privatwirtschaftliche Geldschöpfung durch den Geschäftsbankensektor kann
destabilisierend wirken und bedingt eine effiziente Bankenaufsicht sowie den Einsatz
geld-politischen Instrumenten. Die Zentralbank besteht dann aus dem Währungsamt
(Currency-Department, CB) und dem Bankenamt (Banking-Department, Banking-Board: BB);
die Geldmenge kann (begrenzt) unabhängig vom Zahlungsbilanzsaldo gesteuert werden.
Ein BB ist notwendig, wenn beispielsweise infolge der Erfahrung mit dem CB die relative
Bedeutung der Bargeldhaltung sinkt, die Effizienz des Bankensystems sowie des
Cash-Management der Unternehmen und des Staates steigen und die Geldhaltung durch
Ausländer (bzw. deren Variabilität) steigt, so daß der Multiplikatorwert und die Varianz der
Geld-nachfrage steigen. Ohne daß ein CB die Funktion eines sog. lenders-of-last-ressort
19
Die unterstellte Glaubwürdigkeit umgeht systematische Wechselkurs-Erwartungsfehler, eine empirisch nicht
verifizierte strenge Rationalität sowie eine anhaltende Verletzung der ungedeckten Zinsparität. Darüberhinaus ist
das Lernmodell auf das System der Fundamentalvariablen zu beziehen. Die Annahme der Rationalität wird noch
“restriktiver”. Vgl. K.K. Lewis (1989); H. Garretsen, K.Knot, E. Nijsse (1997).
13
erfüllen kann, werden bei stärkeren transitorischen Schwankungen und spekulativen
Kapitalbewe-gungen die Geldmarktzinsen stark steigen, einige Banken liquiditätsknapp und
die Stabilität des CB gefährdet.
Generell ist ein CB dann gefährdet, eine Wechselkursänderung dann wahrscheinlich, wenn
eine (Kassa-)20 Spekulation auf Abwertung der CB-Währung lohnend erscheint bzw. wenn
die beobachtete Zinssatzdifferenz zu einer (informationsbedingten)
Wechselkursänderungserwar-tung von ungleich Null führt. Die Ursache kann in einer
Strukturdifferenz zwischen In- und Ankerland liegen. Die Wechselkursänderungserwartung ist
(quasi zeitgleich und punktgenau) durch eine Veränderung des Multiplikators bzw. der
heimischen Geldkomponente auszu-gleichen.21 Die (kontrollgesteuerte) Veränderung des
Multiplikators m (plus der endogenen Veränderung der Basis R) muß absolut gleich der
Veränderung der sonstigen Fundamental-variablen sein; sie hat alle transitorischen (und auch
permaneten) relativen Veränderungen der inländischen Fundamentalvariabeln zu
absorbieren.22
Die Glaubwürdigkeit eines CBs steigt bei einer restriktiven Geldpolitik und Bankenaufsicht;
bedeutsam werden die Solvenz und internationale Wettbewerbsfähigkeit der Geschäftsbanken.
Ein Pendant zur Regelbindung des Basisgeldangebots liegt in der strikten Ausrichtung der
Bankenaufsicht an strengen internationalen Standards (bzw. den Standards in der AG). Die
Last liegt beim BB; das BB bedarf geldpolitischer Instrumente wie u.a. OMP und
Mindest-reservepolitik. Ein Transitionsland wird i.d.R. einen Mindestreservesatz einführen:
- Das Mindestreserveinstrument ist unmittelbar verfügbar, während es Zeit bedarf zur
Entwicklung effizienter (und liquider) inländischer Wertpapiermärkte23 und eines verantwortlichen Banken-Risikomanagements.
- Da Basisgeld nur gegen Auslandsforderungen zu erhalten ist, werden Direktinvestitionen
in Banken begünstigt und die inländischen Banken gezwungen, sich international zu
engagieren, working balances (oder Kreditlinien) aufzubauen, Kooperationen einzugehen.
- Es steigen die Deckungsquote der Geldmenge und das Vertrauen (insbesondere in der
Anfangsphase) durch den Mindestreservesatz, der im Laufe der Transformation ( >0) bei
einer mit dem Einkommen steigenden Transaktionskasse kompensierend reduziert wird.
- Ein (eher zu) restriktiver Start führt schneller zu internationalem Vertrauen in das CB.
III.1.d. Zur Substitutionalität
Hinter der Glaubwürdigkeit stehen der Wille sowie die Fähigkeit, den fixierten Kurs zu
verteidigen und damit der Bestand an Währungsreserven (einschl. Beistandskredite).24 Eine
weitere Abhängigkeit besteht von der (informations-) bedingten
Wechselkursänderungser-wartung bei einer (entstandenen, zu erwartenden) Drift.25
20
Bei einem glaubwürdigen CB bilden sich keine Devisenterminmärkte heraus.
Die Ausrichtung erfolgt am nominalen Zinssatz des Ankerwährungslandes, wobei die Schwierigkeiten in einer
variablen Risikoprämie oder den Problemen der Ermittlung des erwarteten Kassakurses bestehen.
22
Zu kurz greift die z.T. in der Literatur vorgenommene Fokussierung der Geldpolitik und der rationalen
Erwartungswertbildung auf das außenwirtschaftliche Gleichgewicht; folgt die Politik dieser Theorieempfehlung,
so muß dieses letztlich zum Kollaps der Wechselkursfixierung führen.
23
Natürlich lassen sich Refinanzierungspolitik und OMP auf der Basis von Auslandstiteln durchführen.
24
Für Zusammenbruchszenarien bei festen Wechselkursen vgl. u.a. das Modell von Krugman (1979).
25
Nicht-permanente (Preis- oder) Zinssatzdifferenzen gefährden die Wechselkursfixierung per se nicht.
21
14
Aus der Sicht der Kapitaleigner ist die CB-Währung (I) stabil, wenn sie zur Ankerwährung
(A) quasi ein vollkommenes Substitut ist. Sie sind bezüglich einer Haltung von in- und
ausländischem Geld indifferent, ihre Indifferenzkurven haben (absolut) eine Steigung von
45-Grad. In einem A-I- Koordinatenkreuz mit der Inlands-Geldmenge auf der Ordinate (I)
und dem Bestand an Währungsreserven (A) gilt dieses (bei unterstellter) Glaubwürdigkeit
für jeden Punkt auf der durch den Ursprung laufenden Paritätslinie (PP) mit der Steigung in
Höhe des fixierten Wechselkurses (z.B. in Estland von 8 : 1). PP kennzeichnet für jeden
Bestand von A die zu 100 v.H. gedeckte Menge von I. Die Entwicklung der
Währungsreserven folgt dem kumulierten Zahlungsbilanzsaldo (u.a. in Abhängigkeit von den
terms-of-trade, der relativen Einkommensentwicklung, den Renditedifferenzen usw.).
Da die Deckungsquote der Geldmenge I bei einem Multiplikator von größer als eins kleiner
als 100 v.H. ist, läßt sich für jeden Multiplikatorwert eine steiler Gleichgewichtslinie für den
Geldmarkt (MM) darstellen. Sie ist umso steiler, je niedriger die Deckungsquote der gesamten
Geldmenge I bzw. je größer der Multiplikator ist. Das Problem der Glaubwürdigkeit liegt in
der Bestimmung des kritischen Wertes für den Multilplikator bzw. der kritischen MM-Linie,
die den zwischen PP und MM liegenden Korridor begrenzt, innerhalb dessen die
Indifferenz-kurven (noch) eine 45-Grad-Steigung haben. Dieser Korridor ist die Zielzone der
inländischen Geldmenge. Diese Gleichgewicht MMo folgt aus dem zu Wo gehörenden Wert
Fo , der einen bestimmten Wert des Anfangsgeldbestands (Basisgeld plus Einlagen) und damit
des Multipli-kators beinhaltet. Befindet sich das System in diesem Bereich, werden die
Marktteilnehmer keine Wechselkursänderung erwarten (das System ist auf dem
Sattelpunktpfad); das System wird endogen über eine (absorbierende) Schwankung des
(inländischen Zinssatzes und) des effektiven Multiplikators stabilisiert. Da derartige
stochastische Divergenzen zwischen In- und Auslandszins zu keiner Wechselkursänderung
führen, wirkt die endogene bedingte Erwartungsbildung stabilisierend. Eine beobachtete
stochastische Abweichung von Zinssatz und Geldmenge führt zu der Erwartung, daß die
Wahrscheinlichkeit einer weiteren gleich-gerichteten Veränderung mit dem Ausmaß der
bisherigen stochastischen Abweichung sinkt, die CB-Regel ist als glaubwürdig in der
bedingten Erwartungsbildung berücksichtigt, und die Wirtschaftssubjekte schichten ihre
Portfolios. Es tritt der (stabilisierende) sog. Honey-Moon-Effekt ein.
Abgesehen von der fehlenden empirischen Bestätigung dieses Effektes bzw. des S-förmigen
Verlaufes des (Schatten-) Wechselkurses bestehen weitere Probleme:
- die Portfolio-Umschichtungen setzten effiziente Kapitalmärkte voraus,
- steigt die Zins- und Geldschöpfungsvariabilität mit dem Integrationsgrad der Kapitalmärkte bzw. mit der Kapitalmobilität, so besteht die Versuchung, Kapitalverkehrskontrollen
einzuführen26 oder nur schrittweise die Konvertibilität anzustreben27,
- da der Zinssatz zu Beginn im CB-Land deutlich höher ist als in AL, die Risikoprämie aber
mit der erfahrungsabhängig steigenden Glaubwürdigkeit des CBs sinkt, ist die Gefahr einer
Ausdehnung der Geldmenge (bei einem vermeintlich zu hohen Zinssatz) groß.
26
Alternativ werden eine Tobin-Steuer oder die Notwendigkeit einer internationalen Koordination diskutiert.
So führte Estland die Konvertibilität zwar schnell, aber schrittweise ein. Anfänglich gab es eine
Andienungs-pflicht für Deviseneingänge und eine bevorzugte Zuteilung von Devisen für notwendige Importe
(anstatt für Urlaubsreisen).
27
15
III.2. Zu Drift bzw. permanenten Veränderungen
Eine andere Eigenschaft des CBs in Relation zu einer “normalen” Wechselkursfixierung oder
einem sog. crawling peg liegt darin, daß es in den letzteren Fällen um die Determination des
Gleichgewichtswechselkurses für ein “gegebenes” Marktsystem geht, während die
CB-Strategie der Versuch ist, eine sich bildende Wirtschafts- und Marktstruktur einschließlich
der Grade der Preis-Flexibilität sich im Bezug auf das (gegebene) System der Ankerwährung
endogen entwickeln zu lassen bzw. in diesem Sinne zu optimieren.28 Nicht die
Fundamental-variablen bestimmen den gleichgewichtigen Wechselkurs, sondern der
vorgegebene Kurs bestimmt die (Anpassung aller) Fundamentalgrößen ohne das
Entwicklungspotential (des (Transformations-, Entwicklungs-, Industrielandes) zu begrenzen,
eine Drift auszuschließen.29
Damit wird den Märkten signalisiert, daß die Zentralbank bei auftretenden Schocks keine Art
von akkomodierender (insbesondere keine expansive) Geldpolitik zur “Erleichterung” der
Anpassung durchführen wird bzw. daß nicht von der Erwartung auszugehen ist, daß durch
eine irgendwie geartete Geldpolitik eine Erhöhung der (Preis-) Flexibilitäten versucht werden
wird.
Für Preisänderungen bildet die Inflationsrate des Ankerwährungslandes die Obergrenze.
Eine entstehende Drift erfordert ein absorbierende Geldmengenveränderung bzw. eine die
bedingte Wechselkursänderungserwartung entgegengesetzt beeinflussende, kompensierende
nominale oder reale Veränderung. Geldpolitisch kann dieses eine Reduktion der
Mindest-resreve oder der Deckungsquote sein. Die MM-Kurve dreht sich nach oben, der
Trichter wird breiter.
Es darf aber keine Wechselkursoption für das CB geben, da bei einer derartigen Option in
den Kalkül der bedingten Erwartungsbildung die Abwägung eingeht, u.a. in Abhängigkeit von
der Höhe der Währungsreserven, wie wahrscheinlich eine Wechselkursänderung wird. Es
besteht dann eine Möglichkeit für eine erfolgreiche Spekulation; dem sog. Honey-Moon
Effekt steht ein sog. Divorce Effekt entgegen. Damit ist eine steigende Variabilität von Zins
und Geldmenge (u.a. abhängig von der Höhe der Kapitalmobilität) zu erwarten. Jenseits der
kritischen MM-Kurve sinkt die Substitutionalität von CB-Währung zur Ankerwährung infolge
des Divorce-Effektes.
Die Zentralbank operiert mit dem CB und dem BB ohne einen Ermessensspielraum bezüglich
des Wechselkurses und eingeschränkt bezüglich der Preisstabilität. Es besteht keine
Cointegration zwischen der Veränderung der Geldmenge und der der Währungsreserven
mehr, so daß die Probleme der Stärkung der Unabhängigkeit der Zentralbank (Rogoff) oder
des Abschlusses besonderer Kontrakte (Walsh) oder glaubwürdiger Selbstverpflichtung und
28
Durch die Wahl der Ankerwährung (der DM seitens Estlands, bei einer großen Bedeutung der DM auch u.a.
für die schwed. Krone sowie die Finnmarkt und damit für die Währungen der wichtigsten zukünftigen
Handels-partner Estlands) und damit des unmittelbaren Integrationsraumes ergibt sich die Zeitkonsistenz der
CB-Regel und damit ihre Glaubwürdigkeit im Sinne von Kydland/Prescott (1977). Die CB-Regel Litauens mit
der Bindung an den US-Dollar ist dagegen bei divergierenden Entwicklungen in Europa und den USA sowie der
regionalen Integration Litauens in diesem Sinne zeitinkonsistenz und damit nicht optimal. Diese Überlegungen
gelten zu-nehmend für asiatische Staaten mit ihrer US-Dollar-Bindung bei steigender Integration mit Japan und
China.
29
Das herrschende monetäre Wechselkursmodell genügt nicht zur Erklärung; notwendig ist ein “monetäres”
Konjunktur- und Wachstumsmodell mit wechselkursorientierten Integrationspolitiken (wie “schrittweisen”
Liberalisierungen - wie teilweise in den erfolgreichen ersten 20 Jahren des Bretton-Woods-Systems).
16
-bindung bestehen. Dabei kann diese Zentralbank den nominalen Wechselkurs nicht ändern,
wohl aber kann sie in begrenztem Umfang den Grad der Preisstabilität und damit auch den
realen Wechselkurs beeinflussen.30
IV.
Zusammenfassung
Ein Currency-Board ist keine Institution im Sinne eines Ankers, der geworfen ein Schiff in
rauher See alleine hält. Es ist Teil einer zukunftsorientierten Strategie zur Vermeidung eines
anhaltenden Strandens, d.h. ein Anker im Sinne einer festen, von allen gesellschaftlichen bzw.
politisch relevanten Gruppen gewünschten und getragenen Bindung an einen bestimmten
Integrationsraum mit einer bestimmten Wirtschaftsordnung. Damit ist es eine Institution in
einem umfassenden institutionellen Rahmen bzw. eine strategische Investition.
Die Schwierigkeiten einer CB-Strategie liegen prima facie in der Glaubwürdigkeit der Wahl
der Ankerwährung sowie der Parität. Dieses gilt insbesondere für ein Land, dessen Wirtschaft
im Laufe der Zeit eine Drift zum Ankerwährungsland aufweist. Dabei kann ein CB als eine
spezifische Zielfunktion bzw. ein extremes Zielzonenregime verstanden werden. Das Endziel
liegt in der endogenen Anpassung der inländischen Fundamentalvariablen an die des Landes
der Ankerwährung bzw. der Währungsgemeinschaft. Die Vorgabe eines Wechselkurses, der
Basisgeldschöpfung und implizit eines Preiszieles soll einen Anpassungszwang auf das
gesamte inländische System ausüben. Entsprechend sind alle Politikbereiche auf dieses Ziel
auszurichten. Die Glaubwürdigkeit des CBs ist auch die der anderen Politiken, so daß nicht
konforme Politiken letztlich zu Kapitalverkehrsbeschränkungen oder zur Freigabe des
Wechselkurses führen. Eine, wie von verschiedenen Ländern praktizierte, partielle Reform
mit der Einführung ausschließlich eines CBs bewirkt entweder wie ein Treibanker nur eine
kurzfristige Stabilisierung oder die Wende zum Stabilitätskonsens.
Der Vorteil eines CBs liegt gegenüber der Wechselkursfixierung durch die Regierung in der
sich unmittelbar ergebenden größeren Glaubwürdigkeit bedingt durch die Transparenz und die
Endogenität des Angebotsprozesses sowie die Regelbindung für Wechselkursänderungen und
damit in der stabilisierenden Rückwirkung auf die bedingte Erwartungsbildung der
Markt-teilnehmer. Eine nicht regelgebundene Option des CBs zur Änderung der Ankers oder
des Wechselkurses hebt diesen Vorteil auf und führt zur bekannten Instabilität eines festen
Wechselkurses. Aber ein CB ist nur eine Abteilung einer Zentralbank. Und ebenso wie es
Glaubwürdigkeit schafft, so hängt es seinerseits von der Stabilität des gesamten
Banken-systems sowie den Standards und der Effektivität der Bankenaufsicht ab.
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30
Entscheidend werden u.a. der Anteil der heimisch determinierten Preise (Non-traded goods; Immobilien) und
deren Flexibilitäten sowie die relative Größe des Landes bei den Traded goods (seine Preissetzungsmacht).
17
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Zur Theorie des Currency Boards
Rainer Schweickert, IfW, Kiel
Die grundsätzliche Sicht des Currency Boards als Teil einer ordnungspolitischen Initiative,
wie sie im Text von Prof. Fuhrmann zum Ausdruck kommt, teile ich vollständig. Dennoch
sollten drei Aspekte ergänzend diskutiert werden:

Die Einschätzung, ein Currency Board lasse eine langfristige Drift der ökonomischen
Entwicklung zwischen Inland und Ankerwährungland nicht zu (S. 12), ist mir zu
pessimistisch.

Dagegen ist mir die Einschätzung, das Currency Board bedeute unmittelbar einen
Glaubwürdigkeitvorsprung gegenüber einer Zentralbank mit diskretionärer Geldpolitik
(S. 17), zu optimistisch.

Vernachlässigt wird m.E. schließlich die Problematik der Stabilisierung durch
Wechselkursfixierung und insbesondere die Rolle des realen Wechselkurses dabei.
Ich möchte deshalb anhand des argentinischen Beispiels versuchen, die theoretischen
Grundlagen der Stabilisierungsversuche mit Hilfe eines Currency Boards zu beleuchten und
die Erfahrungen im Vergleich mit anderen Regimen darzustellen. Dazu möchte ich zwei
Hypothesen formulieren, die sich durch die Erfahrungen lateinamerikanischer Länder belegen
lassen:
 Glaubwürdigkeit kann nicht durch ein Currency Board importiert werden; ein Currency
Board braucht vielmehr radikale Begleitmaßnahmen, um seine Glaubwürdigkeit zu sichern
(vgl. Schweickert 1993a).
 Stabilisierung mit Hilfe des Currency Boards ist eine risikoreiche Strategie, die nur dann
optimal ist, wenn der Ertrag hoch ist; dies ist der Fall, wenn die monetäre Stabilisierung
eindeutig Reformpriorität genießt und wenn das Reformpotential für radikale
marktorientierte Reformen vorhanden ist (vgl. Schweickert 1993b).
Einen Hinweis auf die Richtigkeit der ersten Hypothese liefert Übersicht 1, die das gesamte
Reformprogramm Argentiniens darstellt, wie es seit April 1991 implementiert ist (vgl.
19
Schweickert 1994; 1996). Diese Übersicht zeigt, daß die 'Theorie des Currency Boards'
sowohl trivial als auch komplex sein müßte. So werden die technischen Implikationen für das
Geldangebot zwar von der monetären
Übersicht 1 — Currency Board und Reformprogramm in Argentinien
Technische Voraussetzungen

Geldbasis durch Devisen gedeckt

Befriedigung jeder Überschußnachfrage zum offiziellen, festen Wechselkurs.
Glaubwürdigkeit I: Durchführbarkeit ('orthodoxe' Maßnahmen)

Konsolidierung des Staatshaushalts

Deregulierung von Güter- und Faktormärkten

Privatisierung von Staatsunternehmen
Glaubwürdigkeit II: Durchhaltbarkeit ('politökonomische' Maßnahmen)

Vollständige Konvertibilität

US Dollar als Parallelwährung

Beschränkte Funktion des Currency Boards als Lender-of-Last-Resort

Festschreibung des Wechselkurses per Gesetz

Strategische Politik zur Sicherung der Unterstützung von Wählern und Interessengruppen
Ziel

Stabilisierung ohne Überbewertung.
Wechselkurstheorie beschrieben, soll jedoch die Rolle des Currency Boards im Reformpaket
abgebildet werden, spielen theoretische Ansätze

zum Währungswettbewerb,

zur Regulierung von Finanzmärkten,

zur Sequenz von Reformprogrammen und

zur politischen Ökonomie von Reformprozessen
eine Rolle. Die Beschreibung des theoretischen Hintergrunds muß also eklektisch bleiben. An
dieser Stelle soll lediglich auf drei Aspekte eingegangen werden. Zum einen erscheint die
Funktion des Currency Boards als Lender-of-Last-Resort unsystematisch, da alle anderen
Charakteristika der argentinischen Reformpolitik ein freies Spiel der Marktkräfte begünstigen.
Allerdings besteht theoretisch wenig Klarheit darüber, ob ein Currency Board bei
privatwirtschaftlicher Geldschöpfung Liqiditätssicherung betreiben kann, ohne seine
Glaubwürdigkeit zu gefährden (vgl. die Diskussion im Papier von Prof. Fuhrmann und Caprio
et al. 1996). Zum zweiten findet der Aspekt der politischen Durchsetzung von sinnvollen
Maßnahmen immer mehr Beachtung in der theoretischen und empirischen Literatur. In
Situationen der Hyperinflation scheint es dabei relativ einfach, die Unterstützung der Wähler
für ein Stabilisierungsprogramm zu gewinnen; entscheidend ist aber, eine außer20
parlamentarische Opposition durch Unternehmer, Gewerkschaften und das Militär zu
vermeiden (zum Fall Argentinien, vgl. Starr 1997).
Schließlich findet in der Literatur auch verstärkt eine explizite Diskussion der Zielfunktion
statt (vgl. z.B. Edwards 1996). Grundsätzlich besteht in der Entwicklungsländerliteratur ein
Konsens, daß sowohl hohe und instabile Inflationsraten als auch eine reale Überbewertung zu
vermeiden sind (vgl. Schweickert 1993c: Kap. B). Bei wechselkursbasierten
Stabilisierungsprogrammen ist nun aber typischerweise ein trade-off zwischen diesen beiden
Zielen zu beobachten, der zum 'Stabilisierungs-Blues' führt (Guidotti/Végh 1992): die
Fixierung des Wechselkurses stoppt die Inflation bei den gehandelten nicht aber bei den
nicht-gehandelten Gütern; das aus der realen Aufwertung resultierende Handelsbilanzdefizit
wird durch ausländisches Kapital kurzfristig gedeckt; bei Abebben der Kapitalzuflüsse endet
die Boom-Phase, der reale Wechselkurs ist überbewertet, eigentlich müßte über
Devisenabflüsse eine monetäre Kontraktion stattfinden, die einen Preissenkungsdruck bei den
nicht-gehandelten Gütern bewirkt; steigen diese Preise tatsächlich weniger als die Preise der
gehandelten Güter, so findet eine reale Abwertung statt, die die Überbewertung beseitigt. Das
Ende der Boom-Phase, d.h. das Eintreten einer realen Überbewertung, stellt dabei die
Sollbruchstelle eines wechselkursbasierten Stabilisierungsprogrammes dar.
Deshalb habe ich Zweifel, ob die Verlustfunktion, die im Papier von Prof. Fuhrmann auf S. 4
definiert wird, für Entwicklungs- und Transformationsländer angebracht ist. Bei
Industrieländern kann man wohl davon ausgehen, daß außenwirtschaftliches Gleichgewicht
herrscht. Die Problematik eines realwirtschaftlichen Ungleichgewichts beschränkt sich dann
auf ein internes Ungleichgewicht (y-y*). Für Entwicklungs- und Transformationsländer ist
dies nicht plausibel; es müßten deshalb sowohl (p-p*) als auch (r-r*) als Argumente in der
Verlustfunktion auftauchen, wobei r = realer Wechselkurs.
Zusätzlich muß man wohl auch einen festen Wechselkurs als mögliche geldpolitische
Strategie ausschließen. Geht man von außenwirtschaftlichem Gleichgewicht aus, so bildet
(y-y*) das Ungleichgewicht des realen Wechselkurses ab und (p-p*) dessen Änderung (p*
müßte dann von der Auslandsinflation abhängen, wobei (p*-pB) die gewünschte
gleichgewichtige Anpassung des realen Wechselkurses ausdrückt). Damit müßten (p-p*) und
(y-y*) unter optimalen Bedingungen perfekt (positiv) korreliert sein, d.h. je größer die
Überbewertung (y-y*) < 0 desto größer die tatsächliche Abwertung (p-p*) < 0. Eine
Minimierung der Zielfunktion kann dann aber keinen Sinn mehr machen außer für (y-y*) = 0.
Dann wäre aber einfach die Minimierung der Abweichung der Inflationsrate optimal.
Wie sehen nun die Erfahrungen Argentiniens im Vergleich aus. Übersicht 2 zeigt die
Reformprioritäten und Reformpotentiale in den drei lateinamerikanischen
Ländern
Argentinien, Mexiko und Chile (vgl. Diehl/Schweickert 1997: Kap. C.I). Sie zeigt, daß für
Argentinien und Mexiko eine hohe Priorität für die monetäre Stabilisierung aufgrund der
Ausgangssituation mit fehlender monetärer Reputation und Stabilität plausibel ist. Die beiden
Länder wählten trotz ähnlicher Ausgangslage unterschiedliche Reformstrategien. Im
Gegensatz zu Argentinien weichte Mexiko den nominalen Anker relativ schnell auf und ging
zu einem aktiven Crawling-Peg über, d.h. die zulässige Abwertungsraten des Peso waren
geringer als die
Übersicht 2 — Ausgangssituation und Reformpolitik in Argentinien, Mexiko und
21
Chile
Argentinien
Mexiko
Chile
Monetäre Stabilität
nein
nein
ja
Monetäre Reputation
nein
nein
ja
Stabilisierung
Stabilisierung
Reale
Wechselkurs-anpass
ung
Currency Board
Fester Wechselkurs,
Aktiver CrawlingPeg
Passiver
Crawling-Peg,
Managed Floating
kurzfristig,
radikal
kurzfristig,
gemischt
langfristig,
radikal
freies Spiel der
Marktkräfte
sozialer Konsens
keine
hoch
mittel
hoch
Reformpriorität
Wechselkurspolitik
Orthodoxe Reformen
Politkökonomische
Reformen
Reformpotential
Inflationsdifferenz. Bei geringerem Reformpotential war diese Strategie a-priori konsistent.
Die Situation Chiles unterscheidet sich nun von beiden Ländern: Priorität genoß die reale
Wechselkursanpassung, das Wechselkursregime wurde zunehmend flexibler und
komplementäre Reformen fanden schon in den 70iger und 80iger Jahren statt.
Verglichen werden können somit drei a-priori konsistente Reformansätze, die unterschiedliche idealtypische Wechselkursstrategien beinhalten und die bei vergleichbaren
externen Rahmenbedingungen durchgeführt wurden: Steigende Kapitalzuflüsse und niedrige
Dollarzinsen. Die Schaubilder 1-4 zeigen die Entwicklung der Inflationsrate, des realen
Bruttoinlandsprodukts, des realen Wechselkurses gegenüber SZR und der Handelsbilanz. Die
Schaubilder für Inflationsrate und realen Wechselkurs zeigen Quartalswerte; die übrigen
Schaubilder Jahreswerte. Für Mexiko und Argentinien beginnen die Zeitreihen jeweils ein
Quartal bzw. Jahr vor Beginn der wechselkursorientierten Stabilisierung (zu den Daten, siehe
IMFa).
Die Schaubilder 1 und 2 zeigen Vorteile des argentinischen Currency Boards gegenüber der
mexikanischen Zwischenlösung: die Stabilisierung trat unmittelbar ein; der Kapitalabfluß
nach der Mexikokrise (ab 1. Quartal 1995) hat zu einer weiteren Stabilisierung geführt; das
Wachstum war vor der Krise höher und danach vergleichbar mit Mexiko. Die Schaubilder
verdeutlichen auch die Ausnahmestellung Chiles: hohes Wachstum bei moderater Inflation.
Die Inflationsbekämpfung hatte also tatsächlich keine hohe Priorität.
Schaubild 1 —
Inflationsraten in Chile, Mexiko und Argentinien (Prozent; log)
22
100
Argentien
Chile
Mexiko
50
10
1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4
1987
1988
Schaubild 2 —
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
Reales BIP in Chile, Mexiko und Argentinien (Index)
190
180
Argentinien
Chile
Mexiko
170
160
150
140
130
120
110
100
90
80
1987
Schaubild 3 —
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
Anpassung des realen Wechselkurses in Chile, Mexiko und Argentinien (Index)
23
200
Argentinien
Chile
Mexiko
190
180
170
160
150
140
130
120
110
100
90
12341234123412341234123412341234123412341234
1987
1988
1989 1990 1991
1992 1993
1994
1995 1996
1997
Schaubild 4 —
Handelsbilanz in Chile, Mexiko und Argentinien (vH des BIP)
10
9
Argentinien
Chile
Mexiko
8
7
6
5
4
3
2
1
0
-1
-2
-3
-4
-5
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
Die Schaubilder 3 und 4 verdeutlichen warum. Chile zeigte eine stabile Aufwertungstendenz
über die gesamte Periode. Die Befürchtung Chiles war eine Situation wie zu Beginn der
80iger Jahre zu schaffen, bei der kurzfristige Kapitalzuflüsse letztlich zu einer überbewerteten
Währung führten. Um dies zu vermeiden, wurde systematisch mehr Wechselkursunsicherheit
24
geschaffen (vgl. Ffrench-Davis et al. 1995): die Bandbreite wurde von +/-2 auf +/-10 Prozent
erhöht, die Parität nicht mehr gegenüber dem US-Dollar, sondern gegenüber einem
Währungskorb definiert, es wurden intramarginale Interventionen vorgenommen, die Parität
wurde diskretionär und unsystematisch geändert und es fand eine umfangreiche
Sterilisierungspolitik statt. Zusätzlich wurden die kurzfristigen Kapitalströme reguliert und
durch eine Einlage von 30 Prozent implizit besteuert. Diese Maßnahmen zeigen nun den
Spielraum einer unabhängigen Zentralbank, die sich in der Vergangenheit eine hohe
Reputation geschaffen hat. Schaubild 3 belegt, daß die chilenische Zentralbank diese
Freiheitsgrade dazu genuzt hat, eine Zielzone für den realen Wechselkurs zu implementieren.
Dagegen sind die Verläufe für den realen Wechselkurs im Falle des Wechselkursankers
weitgehend marktbestimmt. Wiederum werden die Vorteile des argentinisches Ansatzes
gegenüber der mexikanischen Lösung deutlich. Trotz absolut festem Wechselkurs verläuft die
Anpassung des realen Wechselkurses und die Entwicklung der Handelsbilanz stabiler. Die
Vorteile Argentiniens sind nun aber schwer dem Currency Board zuzurechnen. In Übersicht 1
wurde bereits der Umfang der Reformmaßnahmen deutlich. Ein Aspekt war dabei der
Parallelwährungsansatz. Die Entwicklung der Bankeinlagen in den parallelen Währungen
zeigen die Vorteile (Schaubild 5): Zu Beginn der Krise findet kein Abfluß, sondern eine
Substitution zugunsten der Dollarkonten statt und die Dollarkonten erholen sich deutlich
schneller.
25
Schaubild 5 —
Bankeinlagen in Argentinien (Mill. Pesos)
27000
26000
25000
24000
23000
22000
21000
20000
Pesos
US-$
19000
1994
1995
Jan.
Dez.
Nov.
Okt.
Sept.
Aug.
Juli
Juni
Mai
April
März
Feb.
Jan.
Dez.
Nov.
Okt.
Sept.
18000
1996
Außerdem wurde in Argentinien der geldpolitische Spielraum genutzt, um das Vertrauen in
die Währung zu stärken. Das Currency Board sieht zwar eine vollständige Deckung der
Geldbasis durch Devisen vor; 20 Prozent dürfen allerdings aus Staatspapieren bestehen, die in
Dollar denominiert sind. Zu Beginn der Krise wurden diese Staatspapiere lediglich als
Überschußreserve gehalten, d.h. die Geldbasis war vollständig durch 'echte' Reserven gedeckt,
die auf 80 Prozent abgeschmolzen werden konnten. Mit diesen Mitteln wurden die Reserven
der Banken bei der Zentralbank von Pesos auf Dollar umgestellt. Dies bedeutete eine
Kontraktion der Peso-Geldmenge und damit eine Anpassung an die gesunkene Nachfrage.
Im Falle Mexikos zeigte sich dagegen eine zusätzliche Destabilisierung durch diskretionäre
Geldpolitik. Abflüsse an Devisenreserven wurden durch eine Ausweitung der heimischen
Komponente der Geldbasis nicht nur gedämpft, sondern sogar überkompensiert (Zarazaga
1995). Letztlich hat die mexikanische Zentralbank also die Diskrepanz zwischen Angebot und
Nachfrage nach Pesos noch verstärkt. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Argentinien und
Mexiko bestand somit im Krisenmanagement bei gegebener Flexibilität. Um den
'Mexiko-Fall' auszuschließen, erscheint dabei ein Currency Board nicht notwendig; genügen
würde hier eine Obergrenze für die heimische Komponente der Geldbasis.
Aus den Erfahrungen der drei lateinamerikanischen Länder lassen sich folgende Schlüsse
ableiten:

das Currency Board ist nur ein Element eines radikalen, kurzfristig wirkenden
Stabilisierungsprogrammes. Erst das vollständige Programm determiniert die
Glaubwürdigkeit.
26

Eine wechselkursbasierte Stabilisierungspolitik kann bei hoher monetärer Instabilität,
geringer Reputation der geldpolitischen Autorität und hohem Reformpotential durchaus
sinnvoll sein. Ein hohes systemimmanentes Risiko ist jedoch nicht auszuschließen,
bedeutet jedoch nicht, daß eine realwirtschfltiche Anpassung nicht möglich ist. Dies
belegt das Beispiel Argentiniens.

Das grundsätzliche Problem besteht darin, daß nach erfolgreicher Stabilisierung die
realwirtschaftliche Anpassung Priorität genießt, ein Wechsel zu einem flexibleren
Wechselkurssystem ohne Verlust an Glaubwürdigkeit jedoch schwer, wenn nicht
unmöglich ist. Gleichzeitig wird es zunehmend schwieriger werden, die politische
Unterstützung nach erfolgter Stabilisierung aufrechtzuerhalten. In bezug auf diese beiden
Problembereiche besteht noch erheblicher theoretischer und empirischer Klärungsbedarf.
Diehl, M., und R. Schweickert (1997). Wechselkurspolitik im Aufholprozeß. Erfahrungen
lateinamerikanischer, europäischer und asiatischer Länder. Kieler Studien 286.
Tübingen.
Caprio jr., G., M.P. Dooley, D.M. Leipziger, und C.E. Walsh (1996). The Lender of Last
Resort Function under a Currency Board: The Case of Argentina. Open Economies
Review 7 (1): 625–650.
Edwards, S. (1996). Exchange-Rate Anchors, Credibility, and Inertia: A Tale of Two Crises,
Chile and Mexico. The American Economic Review 86 (2): 176–180.
Ffrench-Davis, R., M. Agosin, und A. Uthoff (1995), Capital Movements, Export Strategy,
and Macroeconomic Stability in Chile. In: R. Ffrench-Davis, S. Griffith-Jones (eds.),
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Guidotti, P.E., und C.A. Végh (1992). Losing Credibility: The Stabilization Blues. IMF
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IMF (a). International Financial Statistics. Washington D.C., var. issues.
Schweickert, R. (1993a). Implikationen alternativer geld- und wechselkurspolitischer Regeln
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Reforms in Developing Countries. Kyklos 46: 65–85.
— (1993c).Geld- und Wechselkurspolitik in Entwicklungsländern
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Entwicklung
in
27
Starr, P.K. (1997). Government Coalitions and the Viability of Currency Boards: Argentina
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Zarazaga, C.E. (1995). Argentina, Mexico, and Currency Boards: Another Case of Rules
versus Discretion. Economic Review/Federal Reserve Bank of Dallas 4: 14–24.
28
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