Mit Glaubwürdigkeit nachhaltig aktivieren Marken stecken in der Glaubwürdigkeitskrise. Wie sie sich daraus befreien können? Eine Sonderauswertung des ZMG Media Monitor zeigt: In der Ruhe liegt die Kraft. Zeitungswerbung wirkt nachhaltig und glaubwürdig. Autoren: Stefan Dahlem, Grit Rother Die Organisation der Werbungtreibenden im Markenverband – kurz OWM – stellte Ende 2012 das Thema „Glaubwürdigkeit und Ehrlichkeit in der Kommunikation“ in den Mittelpunkt ihrer Fachtagung. Werbungtreibende diskutierten mit Agenturen und Medien, was ihnen in der Markenkommunikation am meisten auf den Nägeln brennt: Die Glaubwürdigkeit. Den Schlussvortrag übernahm Jens Lönneker von rheingold salon. Passend zur Jahreszeit schickte er die Teilnehmer unter der Frage „Wie glaubwürdig muss Werbung sein?“ auf Gedankenreise: „Glauben Sie an den Weihnachtsmann? Nein? Wollen Sie den Weihnachtsmann abschaffen? Nein? Verlieren Hersteller von SchokoladenWeihnachtsmännern ihre Glaubwürdigkeit? Nein?“. Seine Fragen machen deutlich: Glaubwürdigkeit gibt es nicht an und für sich. Glaubwürdigkeit hängt nicht allein davon ab, ob etwas der Wahrheit entspricht. Glaubwürdigkeit unterliegt vielmehr auch den Erwartungen des Zeitgeistes.1 Doch was kennzeichnet den Zeitgeist unserer Tage? Die Glorifizierung durch Heldenmythen hat ausgedient, meint Lönneker. Raue Typen wie der Marlboro-Man oder Superheldinnen wie Lara Croft können heute nicht mehr punkten. Werbeansätze, die 40 Jahre lang erfolgreich waren, wirken plötzlich nicht mehr. Individualisierung und Emotionalisierung allein schaffen keinen Mehrwert und bringen Marken an die Glaubwürdigkeitsgrenze. Gefragt sind neue „Codes of Truth“. Das, was Ego und Narzissmus überwindet, wird gegenwärtig als ehrlich, wahr, real, echt, authentisch – einfach glaubwürdig wahrgenommen. Der Faktor Glaubwürdigkeit ist wesentlicher Teil des Kapitals einer Marke, weil er Vorlieben weckt und Loyalität aufbaut. Und wer eine Marke nachhaltig zum Erfolg bringen will, muss glaubwürdig kommunizieren. Aber wie geht das und wo? Im Sommer 2013 führte rheingold salon unter der Leitung von Jens Lönneker eine digitale Grundlagenstudie zum Informationsverhalten im Netz durch. Es war die fünfte in einer Reihe von qualitativen Studien, die das auf tiefenpsychologische Forschung spezialisierte Marktforschungsinstitut im Auftrag der ZMG Zeitungs Marketing Gesellschaft realisierte. Dabei kam mit dem „Indepth-Screening“ erstmals eine neue Methode zum Einsatz, die der vorbewussten Nutzungsverfassung beim Surfen im Netz Rechnung trägt. Bisher hatten die Tiefenpsychologen damit zu kämpfen, dass Online-Kommunikation häufig in einer Art Tagträumen erfolgt und das meiste, was dabei passiert, vergessen wird. Durch die Aufzeichnung der Surfvorgänge - mit Einverständnis der Befragten - entstand eine Art Traumprotokoll, das die digitalen Informationsvorgänge ans Licht holte. Das Kernergebnis: Die Internetseiten der Zeitungen gehören zu den wichtigsten Informationsquellen im Netz. Sie werden regelmäßig genutzt und integrieren die Zeitungslektüre in einen entrhythmisierten Alltag, wie er für immer mehr Menschen charakteristisch ist. Dabei gelingt es, den Markenkern der Zeitungen aus der analogen in die digitale Welt zu übertragen: die hohe Glaubwürdigkeit mit ausführlicher (in die Breite) und gründlicher Nutzung (in die Tiefe). 1 s.a. Absatzwirtschaft Heft 7/8-2014, S. 20-24 Die Ergebnisse belegen: Die Zeitung wirkt als qualitatives Momentum. Wer sie liest, entscheidet sich bewusst für einen Moment der Konzentration, Ruhe und der ganz besonderen Wahrnehmung. Dieser Moment ist nicht austauschbar. Und führt gerade deshalb zu einer (Werbe-)Wirkung, die in keinem anderen Medium entfaltet wird. Diesen Ansatz - in der Ruhe liegt die Kraft - verfolgt die ZMG auch im Rahmen der aktuellen „Slovertising“-Kampagne. Im nächsten Schritt ging es darum, diese These auf quantitativer Basis zu überprüfen. Die Zeitungs Marketing Gesellschaft verfügt mit dem ZMG Media Monitor über eine repräsentative Werbetracking-Studie. Sie liefert seit 2002 kontinuierlich Informationen über den konkreten Werbeerfolg von Kampagnen. Mittlerweile liegen die Ergebnisse von weit über 200.000 Interviews zu den Wirkungen der Werbekampagnen von etwa 300 Werbungtreibenden und Marken aus den Branchen Handel, Dienstleistung und Marke vor. Auf dieser breiten Untersuchungsbasis bildet die ZMG zentrale Befunde zur Wirkung von Zeitungswerbung ab. Die aktuelle Auswertung der Daten aus 2013 nimmt die Werbekampagnen von 100 Top-Werbungstreibenden unter die Lupe und analysiert deren Wirkungskraft. Die Resultate bestätigen Analyseergebnisse aus den Jahren 2002 und 2008. Die umfangreiche Meta-Analyse zeigt, dass sich die Kernkompetenz der Zeitung – ihre Glaubwürdigkeit – auf die Wahrnehmung der Werbung überträgt. Werbekampagnen gelten als besonders glaubwürdig, wenn die Zeitung mit einem hohen Anteil im Media-Mix vertreten ist. Der KPI „Glaubwürdigkeit der Werbung“ steigt kontinuierlich vom niedrigen (Index 100) über den mittleren (Index 120) bis zum höchsten Anteil von Zeitungswerbung im Media-Mix (Index 130). Was schwarz auf weiß in der Zeitung steht, glaubt man. Denn hinter der Zeitung steht die Recherchearbeit und Professionalität guter Journalisten. Der Leser verlässt sich darauf und vertraut auf den Wahrheitsgehalt. Er hat das Gefühl: In der Zeitung steht das Richtige und Wichtige, das sich zu merken lohnt. Die Glaubwürdigkeit des Werbeträgers und der Werbung darin wirkt gleichzeitig auf weitere zentrale KPIs. Die Analyse dokumentiert, dass Werbung dann besonders gut ungestützt erinnert wird, wenn die Zeitung im Media-Mix eine zentrale Rolle spielt. Die Erinnerungsleistung steigt hier kontinuierlich vom niedrigen (Index 100) über den mittleren (Index 141) bis zum höchsten Anteil von Zeitungswerbung im Media-Mix (Index 172). Die Glaubwürdigkeit korrespondiert also mit der Nachhaltigkeit der Kommunikation. Das ist entscheidend. Denn erst wenn Informationen auch abgespeichert und erinnert werden, können sie auch langfristig wirken. Wer Werbebotschaften tief und nachhaltig im Gedächtnis speichern und kognitiv verankern will, spricht die Konsumenten konsequenterweise über ein Lernmedium wie die Zeitung an. Verbraucher lesen die Zeitung in Ruhe, konzentriert und entschleunigt. Erst dann bietet sich die Möglichkeit, in der Kommunikationsflut wirklich etwas aufnehmen zu können. Das ist die größte Stärke der Zeitung. Der ZMG Media Monitor belegt damit erneut eine zentrale Erkenntnis der Wirkung von Printwerbung: Lesen heißt Lernen. Was in der Zeitung steht, merkt man sich besonders gut. Die Abspeicherung der Werbung im Gedächtnis ist eine wesentliche Voraussetzung für die Generierung von Kaufimpulsen. Denn erst, wenn sich Verbraucher an eine Marke erinnern, wird in ihnen das „Will-ich-haben“-Gefühl oder der „Brauch-ich-unbedingt“-Impuls geweckt. Dass die Zeitung hier – bekanntlich das härteste Kriterium für Unternehmen – großes Potenzial besitzt, zeigen die Zahlen. Ein stärkerer Einsatz der Zeitungen ist über alle ausgewerteten Kampagnen hinweg mit einem höheren Aktions- und Kaufimpuls verbunden. Der Aktions- und Kaufimpuls steigt mit zunehmendem Anteil der Zeitung am Media-Mix kontinuierlich an – bis zum Index 146 bei mehr als 30 Prozent Zeitungswerbung. Das, was in der Zeitung steht, bewegt und aktiviert. Fazit: Die Ergebnisse der Analysen zeigen: Zeitungswerbung wirkt dreifach. - Zeitungswerbung vertraut und glaubt man. Das Medium stützt die Glaubwürdigkeit der Werbung und ist damit eine zentrale Säule der modernen Marketingkommunikation. - Zeitungswerbung verankert Botschaften und ist nachhaltig. Das Medium sichert die Nachhaltigkeit der Kommunikation und die (lokale) Vererdung von Marken. - Zeitungswerbung bewegt und aktiviert. Das Medium sichert die Aktivierungskraft der Kommunikation, Werbung wird zur Verbraucherinformation. Kommunikationsstrategen sind gut beraten, wenn sie die Zeitungen in ihren Media-Mix integrieren – in Print- und/oder Online-Form. Zeitungswerbung hat nichts von ihrer Wirkung verloren, denn was in der Zeitung steht, ist glaubwürdig und merkt man sich besonders gut. INFOKASTEN: Methodik zur ZMG-Metaanalyse Im Zeitraum von Januar bis Dezember 2013 wurden Werbekampagnen von 100 TopWerbungtreibenden kumuliert, nach Media-Mix-Anteilen klassifiziert und ausgewertet. Zur Klassifizierung der Kampagnen wurden drei Gruppen mit unterschiedlichen Media-MixAnteilen gebildet: In die erste Kategorie fallen Kampagnen mit wenig Zeitungswerbung, das heißt ihr Anteil im Media-Mix beträgt weniger als 15 Prozent. Bei der mittleren Gruppe liegt der Anteil an Zeitungswerbung zwischen 15 und 30 Prozent. Den höchsten Zeitungsanteil enthält die dritte Gruppe mit mehr als 30 Prozent Zeitungsanzeigen im Media-Mix. Die durchschnittlichen Werbeausgaben in den drei Media-Mix-Gruppen sind vergleichbar, so dass der Einfluss des Werbedrucks auf die einzelnen KPIs neutralisiert wird.