Schwerpunktprogramm (SPP) Netzbasierte Wissenskommunikation in Gruppen Computervermittelte Informationsintegration und Entscheidungsverhalten Britta Möhle, Michael Diehl, Nicole Willim Universität Tübingen Gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft Vorteile von Gruppen gegenüber Individuen in Entscheidungssituationen • Gruppen haben das Potential für bessere Entscheidungen im Vergleich zu Individuen: assembly effect (Hastie, 1986; Stasser, 1992) • unterschiedliche Expertise, Ausbildung, Erfahrung etc. • größere Informationsgrundlage bei Gruppen möglich aber: Gruppenentscheidungen sind meistens nicht besser als Einzelentscheidungen! Informationsaustausch & Entscheidungsfindung: hidden profile - Paradigma • geteilte Informationen & ungeteilte Informationen • anfängliche individuelle Informationen sprechen für eine suboptimale Alternative • gesamte Informationen (geteilte & ungeteilte) sprechen für die optimale Alternative nur durch einen vollständigen Informationsaustausch kann die Gruppe besser entscheiden als die Individuen! Vorteil geteilter Informationen gegenüber ungeteilten Informationen • Stochastische Modelle: information sampling model (Stasser & Titus) • Theorie des sozialen Vergleichs: Konsensstreben Vorteil für Informationen, die einen Gruppenkonsens unterstützen bzw. fördern, Bedürfnis nach Uniformität (Festinger) • Konsistenzeffekte: confirmation bias, Reduktion und Vermeidung von Dissonanz • Gedächtniseffekte: höhere selektive Zugänglichkeit geteilter Informationen Lösung eines hidden profiles ? • Austausch aller relevanten Informationen • rationale und unverzerrte Informationsintegration durch jeden einzelnen Teilnehmer • rationale und unverzerrte Integration der Einzelentscheidungen für eine zufriedenstellende Gruppenentscheidung • Lösungsvorschlag: computervermittelte Kommunikation (cvK) • Trennung von Informationsaustausch und Entscheidungsfindung • Erstellung eines Information Boards Informationsaustausch & Entscheidungsqualität? • die Strukturierung der Entscheidungsfindung führt zum vermehrten Austausch ungeteilter Informationen (= vollständiger Informationsaustausch) • daher erhöht die Strukturierung der Entscheidungsfindung auch die Qualität der Gruppenentscheidung Ergebnisse relative Vollständigkeit der Information Boards 100 75 in % 50 25 0 geteilte Informationen ungeteilte Informationen Ergebnisse Lösung des hidden profiles 91,7 in % (Individuen) 100 80 60 29,2 40 2,1 20 0 Gesamtprofil ohne mit Strukturierung Strukturierung Fazit • ein vollständiger Informationsaustausch ist nicht hinreichend für die Aufdeckung eines hidden profiles • wir vermuten motivationale und kognitive Faktoren, die eine datengeleitete, rationale Informationsintegration verhindern die anfänglichen Informationen stammen von einer glaubwürdigeren Quelle (Versuchsleiter, eigene Recherche etc.) als die in der Diskussion durch die anderen Teilnehmer neu erfahrenen Informationen Glaubwürdigkeit • Aufgabe: • individuelle Bearbeitung einer hidden profile Aufgabe • keine Erstellung oder Manipulation eines Information Boards • 2 x 2 Design: Glaubwürdigkeit der anfänglichen Informationen x Glaubwürdigkeit der folgenden Informationen (Manipulation der Glaubwürdigkeit der Informationsquelle) Ergebnisse Informationsbewertung 6 5,75 anfängliche Informationen gesamte Information 5,5 5,25 5 Relevanz Glaubwürdigkeit Informationsbewertung Glaubwürdigkeit Relevanz 6 6 5,75 5,75 5,5 5,5 5,25 5,25 5 5 Löser anfängliche Informationen Nicht-Löser gesamte Information Löser anfängliche Informationen Nicht-Löser gesamte Informationen Fazit • die Glaubwürdigkeit der Informationsquellen hatte keinen Einfluss auf die Entscheidungsqualität • aber: „Nicht-Lösern“ bewerten neue Informationen als weniger wichtig und weniger glaubwürdig unzureichende Berücksichtigung dieser Informationen Redundanz der Informationen auf dem Information Board: geteilte Informationen können bis zu n-mal auf dem Information Board stehen (n = Anzahl der Gruppenteilnehmer), ungeteilte Informationen maximal 1x! anfängliche Informationen sind zum Großteil geteilte Informationen! Redundanz der Informationen • Aufgabe: • individuelle Bearbeitung einer hidden profile Aufgabe • Informationsintegration: Bewertung jeder einzelnen Information hinsichtlich Valenz, Glaubwürdigkeit und Gewicht • Manipulation des Information Board • 1-faktorielles Design + Kontrollgruppe: • vollständige Redundanz • reduzierte Redundanz • ohne Redundanz Häufigkeit der geteilten Informationen auf dem Information Board Ergebnisses Informationsbewertung 5 4,5 anfänglich gesamt 4 3,5 3 Relevanz Glaubwürdigkeit Informationsbewertung Relevanz 4,6 4,4 4,2 4 Löser anfängliche konsistent gesamte konsistent Nicht-Löser anfängliche inkonsistent gesamte inkonsistent Informationsbewertung Glaubwürdigkeit 4,8 4,6 4,4 4,2 4 Löser anfänglich konsistent gesamte konsistent Nicht-Löser anfänglich inkonsistent gesamte inkonsistent Alternativenbewertung berechenete Alternativenbewertung 5 4 3 Löser Nicht-Löser 2 1 0 A B C Fazit • Redundanz der geteilten Informationen auf dem Information Board scheint nicht die Ursache für das Nicht-Aufdecken eines hidden profiles zu sein • keine allgemeine Verzerrung der Informationsbeurteilung im Vergleich zur Kontrollgruppe • bei „Nicht-Lösern“ jedoch confirmation bias in der Gewichtung der Informationen, bei Lösern ein Gegeneffekt („de-“ confirmation bias) zugunsten der inkonsistenten Informationen oberflächliche Verarbeitung von Informationen führt dazu, dass sie nicht gleichwertig integriert werden Verarbeitungstiefe • Aufgabe: • individuelle Bearbeitung einer hidden profile – Aufgabe (n = 104) • kein Informationsaustausch, aber Vollständigkeit der gesamten Informationen • 2 x 2 Design: anfängliche Informationen bewerten x gesamte Informationen bewerten • Bewertung der Relevanz und Valenz eines jeden Items Informationsbewertung Gewichtung 5 anfängliche konsistent anfängliche inkonsistent gesamte konsistent 4,5 4 3,5 gesamte inkonsistent 3 Löser Nicht-Löser Alternativenbewertung berechenete Alternativenbewertung 5 4 3 Löser Nicht-Löser 2 1 0 A B C Fazit • Informationsaustausch mit Hilfe eines Information Boards nahezu vollständig • trotz eines vollständigen Informationsaustauschs geringe Entscheidungsqualität • keinen Einfluss auf die Entscheidungsqualität scheinen zu haben: Unterschiede in der • Glaubwürdigkeit der Informationen • Redundanz der geteilten Informationen • Verarbeitungstiefe verzerrte Informationsbewertung der Nicht-Löser! Persönlichkeitsunterschiede? Motivationsverluste (in der Gruppe)? Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!