Verdrehte Welt Von Brian A. Connolly Es war einmal eine Familie, die tief in der Wildnis von Alaska lebte. Der grauhaarige Vater und die Mutter hatten einen älteren Sohn, zwei Töchter und Zwillingsjungen. Sie lebten von der Jagd auf Karibu und Elch. Sie töteten nur die alten und schwachen Tiere, weil sie wussten, dass gesunde Huftiere gefährlich waren, weil sie sie schwer verletzen konnten. So sorgten sie unbewusst dafür, dass die Herden stark und kräftig blieben. Und auch wenn ihre Jagd einmal vergeblich war, so brachten sie doch die Tiere in Bewegung, wodurch die Flora eine Chance hatte, zu wachsen. Dies war die Natur. Wenn sie ein Tier getötet hatte, aßen die Eltern zuerst und die Zwillinge zuletzt. Die Überreste des Kadavers ernährten viele Nachbarn: Bären, Kojoten, Elstern, Raben und Adler. Nach einem großen Mahl machte der Vater aus Stöcken Spielzeug für die Zwillinge zu Hause. An einem schönen Wintertag führte der Vater seinen Stamm über die gefrorene Tundra auf die Jagd. Die Zwillinge waren jetzt alt genug, um mit zu ziehen. Eine Meile von dem kleinen Wäldchen entfernt hörte Vater ein merkwürdiges Geräusch in der Luft. Als das entfernte Dröhnen näher kam, schwoll es zu einem grollenden Donner an. Plötzlich erschien eine Cessna hinter den Bäumen, ihre Maschine schrie auf wie ein prähistorischer Greifvogel. Der Vater rief seiner Familie zu, um ihr Leben zu rennen. Sie rannten durch den tiefen Schnee in alle Richtungen davon. Im Flugzeug trug der Pilot-Wolf eine Sonnenbrille und eine Baseballkappe, auf der „Canis Lupis Air“ eingestickt war. Sein Klient, ein Scharfschütze aus Phoenix, hielt ein Bier in der einen Pfote und zog an seiner Zigarre, während er aus dem offenen Fenster mit seiner Waffe zu zielen versuchte, einem halbautomatischen Gewehr, das mit Kugeln geladen waren, die eine größtmögliche Durchschlagskraft hatten. Der Schatten des Flugzeuges verfolgte Vater durch den Schnee. Der Schuss eines Gewehrs durchbrach die Luft. Vater fühlte, wie das heiße Blei seine Rippen zerriss. Seine weiße Welt wurde dunkel. Der Kunde gab dem Piloten mit der Pfote eine „Five“, nahm noch einen Schluck Bier und fand sein nächstes Ziel. Der Sohn hatte fast schon den Wald erreicht, als etwas in seine Hüfte eindrang. Er rollte sich aufbäumend im Schnee und versuchte, nach der Wunde zu beißen, als der zweite Schuss kam. Dann lag er still im jetzt blutdurchtränkten Schnee, Rot auf Weiß. Noch zwei weitere Schüsse erklangen, dann waren die Geschwister tot. Weitere Schüsse verfehlten die wendige Mutter, die es bis zu einer Schneewehe geschafft hatte, wo sich auch die Zwillinge hingekauert hatten. Sie schützte sie mit ihrem Körper. Der Phoenix-Wolf machte seine Zigarre aus und feuerte eine weitere Runde. Die Kugel durchschlug die Mutter und einen der Zwillinge. Ihr kalter Atem stand still. „Ich kann es nicht glauben, dass so viel Spaß auch noch erlaubt ist!“, sagte der Kunde. „Das ist nur Ungeziefer, das meine Karibus und meine Elche tötet. Sie sind für gar nichts gut“, sagte der Pilot. „Lass uns ins Weihnachts-Tal fliegen. Da ist noch ein weiter Stamm, mit dem wir ein wenig Spaß haben können.“ Als die leiser werdenden Motoren des Flugzeuges von der Wildnis geschluckt wurden, kroch der überlebende Zwilling unter seiner noch warmen Mutter hervor. Er roch an seinen Geschwistern und seinen Eltern und stupst sie an. Niemand rührte sich mehr. Der Zwilling – winzig im riesigen Land – trottete zu den Bäumen hin, sein leises Schluchzen war kaum hörbar.