Studienbericht über das Auslandsstudium an der University of British Columbia in Vancouver Name: Timo Kosch Universität: TU Darmstadt Fach: Wirtschaftsinformatik Adresse: Friedrich-Ebert-Straße 56 63512 Hainburg Telefon: 06182/60438 Von September 1997 bis einschließlich April 1998 studierte ich am Computer Science Department der University of British Columbia (UBC) in Vancouver. Inhalt 1 VORBEREITUNGEN ................................................................................................................................... 2 2 ERSTE SCHRITTE VOR ORT ................................................................................................................... 3 3 BELEGTE KURSE AN UBC ....................................................................................................................... 3 3.1 MOTIVATION FÜR DIE WAHL DER KURSE UND ANERKENNUNG IN DARMSTADT ....................................... 4 3.2 ERSTES SEMESTER ................................................................................................................................... 5 3.2.1 Artificial Intelligence bei Professor Alan Mackworth– CPSC 502 und Image Understanding bei Professor Jim Little – CPSC 505 ..................................................................................................................... 5 3.2.2 Computer Animation bei Professor Alain Fournier – CPSC 535 B ................................................ 6 3.3 ZWEITES SEMESTER.................................................................................................................................. 6 3.3.1 Human Computer Interaction bei Professor Kelly Booth – CPSC 533 B........................................ 7 3.3.2 Advanced Topics in Management Information Systems bei Dr. Glenn Skene – COMM 439 ......... 8 4 EINDRÜCKE UND ERFAHRUNGEN ....................................................................................................... 8 5 ERLEBNISSE ................................................................................................................................................ 9 6 FAZIT ........................................................................................................................................................... 10 7 TIPS FÜR ALLE NACHFOLGENDEN STUDENTEN, DIE AM AUSTAUSCHPROGRAMM MIT DER UBC TEILNEHMEN ................................................................................................................................. 11 7.1 TIPS FÜR VORBEREITUNG UND STUDIUM AN DER UBC: ......................................................................... 11 7.1.1 Mitnehmen ..................................................................................................................................... 11 7.1.2 Studium an UBC und Leben in Vancouver .................................................................................... 11 7.1.3 Zur Beantwortung aller Fragen und für weitere Tips (einschließlich guter Restaurants und Diskotheken) stehe ich jederzeit gerne zur Verfügung ! ................................................................................ 12 1 Vorbereitungen Die Vorbereitungen für das Studium in Vancouver nahmen im letzten halben Jahr vor der Abreise eine Menge Zeit in Anspruch. An das Auswahlgespräch bei Professor Dr. Bibel in Darmstadt schloß sich eine formelle Bewerbung bei der UBC an. Für diese formelle Bewerbung benötigt man unter anderem drei Professorengutachten. Außerdem waren alle Zeugnisse auf Englisch zu übersetzen und Auslandsschecks zum Bezahlen der application fees zu besorgen. Um einen Wohnheimplatz auf dem Campus mußte man sich ebenfalls bewerben. Als nächstes stand der TOEFL-Test auf dem Programm. Auf diesen Test hatte ich mich durch den Besuch eines speziellen Englisch-Kurses vorbereitet, der an der TU angeboten wurde. Nachdem ich mein Testergebnis erhalten hatte, stand auch von dieser Seite dem Auslandsaufenthalt nichts mehr im Wege. Welche Probleme die Vorbereitung eines Auslandsstudienaufenthaltes bereiten kann, merkte ich dann bereits bei der Reservierung des Fluges. Es war sehr schwierig, Mitte August überhaupt noch einen bezahlbaren Sitzplatz in einem Flugzeug nach Vancouver zu erhalten. Ich entschied mich schließlich dafür, einen Flug nach San Francisco für Anfang August zu buchen, um dann über den Landweg nach Vancouver zu fahren. Ich machte also zunächst zwei Wochen Urlaub in Kalifornien, bevor ich rechtzeitig vor Semesterbeginn in Vancouver eintraf. Ein weiteres Problem tauchte dann im Mai 1997 auf. Wir erhielten die Nachricht, von der UBC offiziell als „Visiting Graduate Students“ anerkannt zu sein, aber gleichzeitig teilte man uns mit, daß die Studiengebühren etwa zweieinhalb mal so hoch ausfallen wie im Jahr davor. Dies bedeutete einen finanziellen Aufwand von 1839 Can$ pro Graduate Course. Der DAAD hatte zugesagt, die Studiengebühren bis zu einer Höhe von 4250 Can$ zu übernehmen. Da diese Mittel bereits vorher festgelegt worden waren, war eine Erhöhung aufgrund der geänderten Situation nicht mehr möglich. Dennoch war der DAAD so freundlich, uns für das zweite Semester von der Verpflichtung, drei Kurse zu belegen, zu befreien. Im Juni bekam ich das Vorlesungsverzeichnis mit der Post. Sobald ich mich entschieden hatte, welche Kurse ich besuchen wollte, kümmerte ich mich darum, ob diese Kurse auch in Darmstadt anerkannt werden. Es war dabei gar nicht einfach, die Anerkennung in Darmstadt abzuklären, obwohl ich ausführliche Kursbeschreibungen hatte. Zum Teil mußte ich mehrfach anfragen, bis ich überhaupt einen Termin beim zuständigen Professor erhielt. Nachdem ich die Zustimmung der jeweiligen Fachprofessoren in Darmstadt bekommen hatte, schrieb ich mich per Internet für die entsprechenden Kurse ein. Schließlich schloß ich für die Zeit, die ich im Ausland verbringen würde, eine Kranken-, Unfall- und Haftpflichtversicherung bei der „Colonia“ ab. Die billigste Versicherung bietet meines Wissens nach die „DKV“ an. Diese Versicherung deckt dann aber nur den Aufenthalt in Kanada ab. Die Raten für die USA sind wesentlich teurer. Außerdem hängen die 2 Leistungen u.a. von der eigenen Krankengeschichte ab. Man sollte sich daher vorher gut informieren, ob die DKV-Versicherung für die persönlichen Umstände die günstigere Alternative darstellt. 2 Erste Schritte vor Ort Wie geplant bin ich dann Anfang August in Richtung Vancouver aufgebrochen. Ich flog zunächst mit meinem besten Freund nach San Francisco, wo wir zwei Wochen Urlaub machten. Von dort aus ging es dann mit dem Zug via Seattle nach Vancouver. Die ersten Tage in Vancouver verbrachte ich in der Jugendherberge, da ich leider keinen Wohnheimplatz bekommen hatte und nur auf der Warteliste gelandet war. Es empfiehlt sich, sich auf jeden Fall noch vor dem eigentlichen Anmeldezeitraum für einen Wohnheimplatz zu bewerben. Ich begab mich daher gleich auf Wohnungssuche. Da Vancouver eine schnell wachsende Stadt mit hohen Zuwanderungsraten ist, sind die Mieten sehr hoch und Wohnungen rar. Dennoch hatte ich Glück, ein relativ preiswertes Appartement zu finden, das ich mit einem deutschen PhD-Studenten teilen konnte. Im November bin ich dann zusammen mit ihm und zwei Kanadiern in ein anderes Haus umgezogen. Ich nutzte die verbleibende Zeit vor dem Beginn des Semesters am 02.09.97 auch, um mich mit dem Campus und dem Computer Science Department vertraut zu machen und alle erforderlichen organisatorischen Dinge zu erledigen. So beantragte ich eine library card, die zugleich als student id gilt. Außerdem mußte ich mich für die Kurse, die ich belegen wollte, einschreiben und nach der Einschreibung die Studiengebühren bezahlen. Zum bezahlen der Studiengebühren sollte man entweder einen Auslandsscheck oder ausreichend Bargeld dabei haben. Ich hatte aus Sicherheitsgründen nicht sehr viel Bargeld mitgenommen. Dafür hatte ich mir vorher eine Kreditkarte besorgt, ohne die man gar nicht nach Nordamerika reisen sollte (am besten Mastercard oder Visa). Wenn man die Studiengebühren jedoch mit Kreditkarte bezahlt, wird das als Abbuchung von Bargeld gerechnet und man muß horrende Zinsen zahlen. Ich eröffnete daher ein Bankkonto in Vancouver und erhielt eine elektronische Geldkarte, eine sogenannte Debit Card. Auf dieses Bankkonto überwiesen meine Eltern dann Geld von meinem deutschen Konto. Die Kreditkarte sollte man wirklich nur bei Händlern zum einkaufen benutzen. Wenn man sich ein Auto kaufen will oder telefonische Reservierungen bei Herbergen etc. vornehmen will, benötigt man sie jedoch auf jeden Fall. 3 Belegte Kurse an UBC Im ersten Semester belegte ich die graduate Kurse Artificial Intelligence, Image Understanding und Computer Animation. Im zweiten Semester belegte ich die Kurse Human Computer Interaction und Advanced Topics in Management Information Systems. Außerdem 3 arbeitete ich im zweiten Semester an einer Computer Animation, die das abschließende Projekt des Animationskurses darstellte. 3.1 Motivation für die Wahl der Kurse und Anerkennung in Darmstadt Bei der Auswahl der Kurse spielten drei Kriterien für mich eine Rolle. Sie sollten sowohl interessant sein und fachlich an mein bisheriges Studium anschließen, als auch an der TU in Darmstadt als Teilleistungen für mein Diplom anerkannt werden können. Von den Kursen, die in die engere Auswahl kamen, entschied ich mich dann für diejenigen, die man in Darmstadt nicht oder nicht in dieser Form belegen kann und die an der UBC einen guten Ruf genießen. Der Artificial Intelligence Kurs liegt etwas außerhalb meiner sonstigen Gebiete in der Informatik, in denen ich in Darmstadt vertiefe. Dennoch erhoffte ich mir einen guten Einblick in dieses interessante und relativ neue Gebiet, denn die Kursbeschreibung im Vorlesungsverzeichnis sah ein weites Spektrum an Themen vor. Insbesondere war ich interessiert an Expertensystemen, die auch für den Bereich der Informatik Anwendungen in der Wirtschaft von Bedeutung sind. Der Kurs wird in Darmstadt von Herrn Professor Bibel im Informatik Bereich III anerkannt*. Der Kurs Image Understanding harmonierte mit meinem Vertiefungsbereich „Computer Graphik“ in Darmstadt. Während sich Computer Graphik mit der Erzeugung von digitalen Bildern auf Rechnern beschäftigt, werden in Image Understanding Fragen der Bildanalyse, Mustererkennung etc. adressiert, d.h. der umgekehrte Prozeß, nämlich aus vorhandenen Bildern Beschreibungen und Merkmale zu extrahieren und digitalisieren. Die Prozesse, die dabei untersucht werden, wie Mustererkennung in Bildern oder die mathematische Rekonstruktion eines dreidimensionalen Raumes aus Bildern, die unter unterschiedlichem Winkel bzw. Kamerastandort aufgenommen werden (stereo vision), werden auch der künstlichen Intelligenz zugeordnet. Für diesen Kurs brachte ich Vorkenntnisse aus einem Kurs „Visual Computing“ an der TU Darmstadt mit, die ich mit dem Kurs an der UBC vertiefen und festigen wollte. Tatsächlich ergänzte der Kurs an der UBC durch eine andere Sichtweise und die Beschäftigung mit anderen, aber verwandten Problemstellungen mein bereits vorhandenes Wissen hervorragend. Er wird von Professor Encarnacao bzw. Dr. Lindner im Informatik Bereich III anerkannt*. Der Computer Animation Kurs interessierte mich als ein Anwendungsfeld der Computer Graphik. Zum einen werden hier viele Techniken der Computer Graphik verwendet, zum anderen beinhaltet dieser Kurs aber auch noch einen weiteren Aspekt, nämlich die künstlerische Kreativität. Während Kreativität auch bei dem Entwurf und der Gestaltung von * Alle Anerkennungen habe ich vorher abgesprochen, stehen aber noch unter Vorbehalt. Die Professoren verweisen dabei darauf, dass es sich um ein neues Programm handelt und sie zunächst sehen möchten, was tatsächlich im jeweiligen Kurs gemacht wurde. 4 Computeranwendungen eine große Rolle spielt, so unterscheidet diese sich doch etwas von der, die für eine gute Animation erforderlich ist. Die Möglichkeit, hier neue Erfahrungen zu sammeln, die sich auch auf andere Bereiche übertragen lassen, hat mich fasziniert. Der Kurs wird als Informatik-Praktikum bei Professor Encarnacao anerkannt*. Der Human Computer Interaction Kurs hat mich aus verschiedenen Gründen interessiert. Zum einen bot er die Gelegenheit, auch die andere Universität in Vancouver, Simon Fraser University, kennenzulernen, da er von beiden Universitäten gemeinsam angeboten wird. Zum anderen ist er interdisziplinär angelegt und für Studenten aus verschiedenen Fachbereichen zugänglich. Auch das Thema des Kurses interessierte mich und ich hoffte, etwas über die Prinzipien und Methodik der Entwicklung eines guten User Interfaces zu erfahren. Der Human Computer Interaction Kurs wird als Informatik-Seminar bei Professor Encarnacao anerkannt*. Der Kurs Advanced Topics in Management Information Systems wurde vom Commerce Department angeboten. Der Inhalt des Kurses paßte hervorragend zu meinem Wissen, das ich durch die Tätigkeit als Hilfskraft am Fraunhofer Institut in Darmstadt über Organisation und computerunterstützte Gruppenarbeit, Workflow-Management-Systeme, Agenten und elektronischer Kommunikation erworben hatte. Außerdem wollte ich über dieses Themengebiet eine Studienarbeit schreiben und den Kurs sowohl als Quelle für Hintergrundwissen als auch Ideenanregungen nutzen. 3.2 Erstes Semester 3.2.1 Artificial Intelligence bei Professor Alan Mackworth– CPSC 502 und Image Understanding bei Professor Jim Little – CPSC 505 Der Artificial Intelligence Kurs basierte ebenso wie der Image Understanding Kurs auf Vorlesungen, die jeweils von nur etwa 20 Studenten besucht wurden und daher nicht in Hörsälen, sondern in Seminarräumen stattfanden. Sie hatten aber dennoch Vorlesungsstil, d.h. außer Zwischenfragen war es vor allem ein Vortrag des Professors. Auffallend war besonders die im Unterschied zu vielen deutschen Vorlesungen geringe Anzahl an Studenten und der sehr persönliche Kontakt zum Dozenten. Ein weiterer großer Unterschied zu Vorlesungen in Deutschland sind die sogenannten course assignments. Diese „Hausaufgaben“ sind in der Regel sehr umfangreich und schwierig und müssen zu einem bestimmten Zeitpunkt eingereicht werden. Für den Image Understanding Kurs bestanden sie im wesentlichen aus Aufgaben, die mit mathematischen Methoden gelöst werden mußten, was mir sehr entgegenkam. Sie erforderten die Anwendung recht schwieriger und komplexer mathematischer Verfahren wie z.B. der Fouriertransformation. Die Endnote für diesen schwierigen und sehr arbeitsaufwendigen Kurs setzte sich aus den course assignments und einem final exam zusammen. Die Aufgabenstellungen sowohl für die assignments als auch in 5 der Klausur waren sehr schwer zu verstehen und meiner Meinung nach zum Teil nicht präzise genug formuliert. Den Kurs würde ich empfehlen, wenn man sich nicht scheut, häufiger bis spät in die Nacht zu arbeiten und an Mathematik Freude hat, denn man lernt eine Menge. Die assignments für den Artificial Intelligence Kurs bestanden aus Programmieraufgaben, die in der Programmier-sprache Prolog gelöst werden mußten. Diese Sprache war neu für mich und hat eine vollkommen andere Struktur als die meisten Programmiersprachen, die ich vorher gelernt hatte. Sie ist sehr stark an die mathematische Logik angelehnt (daher der Name Prolog). Diese andere und für mich zum Teil neue Denk- und Vorgehensweise war jedoch sehr interessant und lehrreich. Wie erhofft erfuhr ich auch sehr viel über die Struktur und Arbeitsweise von Expertensystemen. Eines der assignments bestand aus der Programmierung eines kleinen Expertensystems. In diesem Kurs gab es weniger assignments als in Image Understanding, sie waren jedoch mit wesentlich mehr Arbeit verbunden. Die Endnote setzte sich wiederum aus den assignments und einem final exam zusammen. 3.2.2 Computer Animation bei Professor Alain Fournier – CPSC 535 B Der Computer Animation Kurs erstreckte sich über zwei Semester. Das erste Semester bestand aus Vorlesungen über grundlegende technische und gestalterische Prinzipien. Wir erhielten einen Überblick über die Geschichte der Animation einschließlich klassischer Animation. Außerdem befaßte sich die Vorlesung mit der nötigen Mathematik, um eine Computeranimation erstellen zu können und die Funktionalität der verwendeten Software zu verstehen. Gegen Ende des ersten Semesters fanden wir uns in Gruppen zu drei Personen zusammen, um selbst eine Computer Animation zu erstellen. Dieses Projekt ist der wesentliche Teil des Kurses im zweiten Semester. Am Anfang des Projektes steht die Erstellung eines storyboards. Diese „Drehbücher“ wurden von den einzelnen Gruppen in der Vorlesung allen Teilnehmern vorgestellt und gemeinsam diskutiert. Die Note für diesen Kurs wird neben der mündlichen Mitarbeit bei den Vorlesungen vor allem auf der Basis des Animationsprojektes vergeben. In den beiden anderen Kursen setzt sich die Endnote aus den course assignments und jeweils einem final exam zusammen. 3.3 Zweites Semester Im second term belegte ich neben dem Animationskurs offiziell noch einen weiteren Kurs, nämlich Human Computer Interaction. Für diesen Kurs war ich offiziell eingeschrieben und mußte entsprechend auch die hohen tuition fees für visiting students zahlen. Außerdem besuchte ich noch einen Kurs am Commerce Department. Nachdem ich mich mit dem Professor unterhalten hatte, erlaubte er mir, am Kurs teilzunehmen ohne offiziell dafür eingeschrieben zu sein und so auf diesem Wege die hohen Studiengebühren zu sparen. Es handelte sich hierbei um den Kurs Advanced Topics in Management Information Systems. 6 Im zweiten Semester verwendete ich den überwiegenden Teil meiner Zeit für die Erstellung der Computer Animation. Dieser Kurs machte zwar sehr viel Spaß, bedeutete aber zusammen mit den Vorlesungen im ersten Semester den weitaus größten Anteil der meiner Arbeit für das Studium. Hinzu kam, daß wir die Animation nur in kleinen Teams zu je 3 Personen erstellten. Bei der Erstellung der Animation bekommt man auch Erfahrung im Umgang mit Multimedia. Für die einzelnen Bilder benötigt man „textures“, die man z.B. aus dem Internet bekommt oder einscannen kann. Neben dem eigentlichen Modellieren und Animieren von 3D-Objekten und einer 3D-Szene, gehört daher die Beschaffung und Bearbeitung von Bilddateien ebenso zu den Fähigkeiten, die man lernt und trainiert, wie das Vertonen und das Überspielen des fertigen Kurzfilms auf Video oder CD-ROM. Zur Erstellung der Animation, die eine Länge von etwa 30 Sekunden haben sollte, verwendeten wir eine Software namens Alias. Sobald man das Storyboard erstellt hat, kann man die Umsetzung planen. Dazu gehören die richtige Positionierung von Kameras und die sinnvolle Verwendung von „cuts“. Die einzelnen Szenen sollte man nach gewissen Gestaltprinzipien aufbauen, um harmonische und schöne Bilder zu erhalten und außerdem Tiefe zu erzeugen. Zuerst werden alle Objekte als 3D Graphiken modelliert. Als nächstes erstellt man die benötigten Texturen und weist sie den Objekten zu. Danach erzeugt man mit Lichtquellen die gewünschte Beleuchtung. Im nächsten Schritt wird die eigentliche Bewegung programmiert und schließlich werden alle Bilder berechnet und gespeichert. Den fertigen Film muß man dann noch vertonen. Der Kurs macht sehr viel Spaß und bietet Möglichkeiten, die man in Darmstadt so nicht vorfindet. Der Zeitaufwand ist jedoch immens hoch. 3.3.1 Human Computer Interaction bei Professor Kelly Booth – CPSC 533 B Der Human Computer Interaction Kurs wurde von der UBC zusammen mit der Simon Fraser University (SFU), der anderen Universität in Vancouver, angeboten. Die Vorlesungen fanden daher zum Teil an UBC und zum Teil an SFU statt. Dadurch erfuhr ich auch einiges über die SFU und lernte Studenten dieser Universität kennen. Einige der Vorlesungen waren Demonstrationen in den verschiedenen Laboratorien beider Universitäten, was sehr interessant war. Die eigentlichen Vorlesungen wurden meist von Gastdozenten über wechselnde Themen in Seminarform gehalten. Neben einem assignment basierte die Note für diesen Kurs vor allem auf einer Studie. Diese Studie beschäftigte sich mit der Evaluation eines User Interfaces und wurde jeweils von einem Team erstellt. Dies erforderte ein wissenschaftliches Arbeiten, wie es in Computer Science eher außergewöhnlich ist. Zunächst mußte ein Vorschlag für eine Studie eingereicht werden. Nach der Genehmigung erstellten wir einen Fragebogen und testeten die Benutzerschnittstelle dann mit 20 Testpersonen, die jeweils den Fragebogen ausfüllten. Einige der subjects wurden von uns gefilmt und wir werteten das Verhalten und die Kommentare während der Benutzung der Software und des User Interfaces bei der Lösung der von uns gestellten Aufgaben später aus. Die Ergebnisse wurden dann noch statistisch 7 analysiert und schließlich in einer Präsentation den anderen Studenten vorgestellt. Von allen besuchten Kursen hat mir der Human Computer Interaction Kurs am wenigsten gefallen und meinen Erwartungen nicht ganz entsprochen. 3.3.2 Advanced Topics in Management Information Systems bei Dr. Glenn Skene – COMM 439 Dieser Kurs am Commerce Department war hervorragend. Der Professor hielt eine ausgezeichnete Vorlesung. Thema des Kurses war Business Process Reengineering und Business Data Communications. Ebenso wie das auch beim HCI Kurs der Fall war, mußte man sich hier auf jede Vorlesung vorbereiten, in dem man eine Reihe von wissenschaftlichen Artikeln und Auszügen aus Büchern las. Inhaltlich paßte der Kurs hervorragend zu der Idee, die ich mitgebracht hatte, um eine Studienarbeit zu schreiben. Daher unterhielt ich mich privat mit dem Dozenten, der sich auch als Supervisor dafür anbot. Die Aufsicht in Deutschland übernahm mein Betreuer am Fraunhofer Institut. Durch die Vorlesung und das Gespräch mit dem UBC Professor stieß ich auch auf eine interessante Aufgabenstellung. Leider konnte ich die Studienarbeit nur beginnen, da die Kurse zu viel Zeit in Anspruch nahmen, um auch noch eine komplette Studienarbeit zu schreiben. Neben den Bibliotheken an der Uni stellte sich auch die Vancouver Public Library als eine hervorragende Quelle für Literatur heraus. Mit dem Professor an der UBC werde ich auch von Deutschland aus noch in Kontakt bleiben, auf jeden Fall bis zum Abschluß der Arbeit und vielleicht auch noch darüber hinaus. 4 Eindrücke und Erfahrungen Oft bis spät in den Abend oder in die Nacht an der Uni zu arbeiten, war eine neue Erfahrung für mich. Die Kurse sind hier mit wesentlich mehr Arbeit verbunden als in Deutschland. Zum Teil mehr als einmal in der Woche sind umfangreiche assignments oder projects abzugeben. Dies hat allerdings den Vorteil, daß man immer „am Ball bleibt“. Die Abschlußklausuren wurden nämlich bereits in der ersten Woche nach Vorlesungsende geschrieben, während die wichtigen Prüfungen in Deutschland in der Regel erst am Ende der Semesterferien waren. Der große Arbeitsaufwand wurde jedoch durch eine sehr abwechslungsreiche und schöne Freizeit sowie tolle neue Freundschaften ausgeglichen. Es war eben „immer etwas los“. Das Kennenlernen und Zurechtfinden in einer neuen Umgebung in einem anderen Land an sich halte ich für eine der wichtigsten Erfahrungen, die ich hier gemacht habe. Fachlich in bezug auf das vermittelte Wissen, das man so auch in Büchern finden kann, besteht kein sehr großer Unterschied zu Deutschland. Die Unterschiede beginnen aber bereits bei der Methodik, der Organisation einer Institution wie einer Universität und dem Verhältnis zu den Studenten. Jeder graduate student bekommt hier seinen eigenen Schreibtisch in einem Büro, das er sich mit drei anderen Studenten teilt. Einmal in der Woche kommt das ganze department zum tea zusammen, wo in entspannter Atmosphäre geplaudert wird. Dies soll das soziale Klima, die 8 persönlichen Kontakte und das gegenseitige Kennenlernen fördern. Es ist auf jeden Fall eine gute Gelegenheit, mit Professoren auch einmal privat ins Gespräch zu kommen. Außerdem gibt es eine Reihe von Vorträgen, zu denen alle eingeladen sind, sowie department meetings, bei denen organisatorische, finanzielle und andere Angelegenheiten besprochen werden. Es fällt auf, daß die Leute hier offener und freundlicher zu sein scheinen als in Deutschland, insbesondere gegenüber Fremden. Die Gesellschaft hier besteht eben auch aus Menschen aller möglichen Kulturen und Herkunft. Selbst die einheimischen Kanadier haben ihre Wurzeln in anderen Ländern, meist in Europa. Dieser Mix an Kulturen spiegelt sich deshalb auch in den verschiedensten Dingen wieder. Viele Läden haben sonntags geöffnet, vor allem die großen Kaufhäuser und Supermärkte, wo man auch täglich bis spät abends einkaufen kann. Es gibt alle möglichen Religionen und auch die Christen sind auf viele verschiedene „Kirchen“ verteilt. Auch das Essen in Vancouver möchte ich hier kurz erwähnen. Brot wie in Deutschland findet man nur schwer in einigen Supermärkten oder Bäckereien. Orangensaft gibt es hier als tiefgekühlte Pulpe in der Dose. In fast allen Restaurants bekommt man Burger angeboten, egal welche Preisklasse. Dies trifft auch auf die Uni zu. Leider gibt es hier nicht so etwas wie die Mensa in Deutschland. Es gibt aber eine Reihe von Möglichkeiten auf dem Campus, ein Lunch oder Dinner zu bekommen. Allerdings wechselt das Angebot nicht von Tag zu Tag, sondern bleibt immer gleich. Zur Auswahl stehen hauptsächlich Burger, Pizza und asiatische Küche. Die Preise sind dabei höher als in einer deutschen Mensa. 5 Erlebnisse Im Oktober bin ich auf ein Camp gefahren, das auf einer kleinen Insel zwischen Vancouver und Vancouver Island stattfand. Dies war speziell für die internationalen Studenten vom InterVarsity-Christian-Fellowship (IVCF) organisiert und fand am Thanksgiving Wochenende statt. Neben sportlichen Aktivitäten wie segeln oder Kanu fahren, die neu für mich waren, hatten wir auch einen Gottesdienst und besinnliche Stunden sowie das traditionelle turkey dinner. Der letzte Abend des Camps war ein kultureller Abend, für den jede Nation etwas vorbereitet hatte. Wir Deutschen führten das Märchen vom „Wolf und den sieben Geißlein“ auf. Es ist interessant, daß man ein wesentlich engeres Verhältnis zur eigenen Kultur entwickelt, wenn man sich für längere Zeit im Ausland befindet. Der internationale Abend an sich war toll. Aus diesem Camp heraus entwickelten sich viele tolle Freundschaften. Der IVCF organisiert auch nach dem Thanksgiving Camp weiterhin Veranstaltungen (Potluck Dinners, Hockey, weitere Camps an Weihnachten und im Mai, etc.). Für alle, die an die UBC studieren möchten: Vermißt dieses Camp auf keinen Fall ! 9 Über Weihnachten sind alle meine Mitbewohner nach Hause geflogen. Ich bin in Vancouver geblieben und meine Eltern und meine Schwester kamen mich besuchen und wohnten bei mir im Haus, so daß ich Weihnachten letztes Jahr mit meiner Familie in Vancouver verbracht habe. Bereits im Herbst schloß ich mich dem UBC Ski Club an. Mit diesem Club verbrachte ich ein sehr schönes Skiwochenende in Big White im Februar. Bereits in der Zeit kurz vor Weihnachten hatte ich eine Woche zum Skifahren in Whistler zusammen mit einer Gruppe von Freunden aus Kanada, Dänemark und Deutschland verbracht. Vancouver selbst liegt wunderschön direkt am Meer und an den Coast Mountains, die hinter der Stadt und dem Meer direkt bis etwa 1400m aufsteigen. Von der UBC aus gelangt man in wenigen Minuten über eine bewaldete Steilküste an den Sandstrand, der sich von hier über mehrere Kilometer bis fast nach Downtown erstreckt. Das Klima ist mild und vor allem im Winter sehr naß. Allerdings hatten wir Glück mit dem Wetter und durch den Einfluß der seltenen Meeresströmung El Nino ein angeblich außergewöhnlich sonniges Jahr. Die Lebenshaltungskosten variieren natürlich von Person zu Person, aber allgemein sollte man sich auf wesentlich höhere Kosten einstellen als in Deutschland. 6 Fazit Die Erfahrungen und Eindrücke, die man gewinnt, wenn man selbst in einem anderen Land für längere Zeit lebt, sind unschätzbar. Man ist vollkommen auf sich allein gestellt, ohne Familie und am Anfang ohne gute Freunde. Ich bin für alles, was ich hier erfahren und erleben durfte, und für die Möglichkeit, diese Zeit in Vancouver verbringen zu können, sehr dankbar. Besonderen Dank gilt hierbei Herrn Professor Bibel, der diese wunderbare Möglichkeit für Darmstädter Studenten initiiert hat, und dem DAAD, ohne dessen finanzielle Unterstützung dieses Jahr an der UBC für mich nicht möglich gewesen wäre. Ich denke, daß ich auch als Persönlichkeit hier ein ganzes Stück weit gereift bin. Neue Eindrücke, Meinungen, Erfahrungen, neue Menschen, eine andere Gesellschaft, die Tatsache in einer Großstadt statt in einem kleinen Ort zu wohnen, viele neue Freunde von überall auf der Welt etc. prägen sicherlich jeden Menschen. Dieses unvergeßliche Jahr in Vancouver war einfach fantastisch. Ich kann nur jedem empfehlen, dem sich die Möglichkeit bietet, für ein Jahr in ein anderes Land zum Studieren zu gehen. Die Zeit hier an der UBC hat alle meine Erwartungen weit übertroffen und war den nicht unerheblichen organisatorischen und finanziellen Aufwand auf jeden Fall wert ! 10 7 Tips für alle nachfolgenden Studenten, die am Austauschprogramm mit der UBC teilnehmen 7.1 Tips für Vorbereitung und Studium an der UBC: Bewerbung und Vorbereitung - - - Sicherstellen, daß die Bewerbung für einen Wohnheimplatz vor Ende Februar das Housing Office der UBC erreicht – dazu rechtzeitig vorher Anmeldeformulare anfordern Zum Bezahlen der application fees am besten die Studenten vor Ort bitten, dies zu übernehmen und dann die entsprechende Summe auf deren deutsche Konten überweisen (so haben wir es unseren „Nachfolgern“ angeboten) oder Bargeld schicken (risikoreich) oder einen Auslandsscheck, der mehr als 20 DM Gebühr kostet TOEFL-Test rechtzeitig machen und sich auch darauf vorbereiten (sieht leicht aus, aber es gibt eine Reihe von Regeln, die geprüft werden und es schadet nicht, wenn man sich das vorher anschaut – am besten mit einem der im Buchhandel erhältlichen Trainingsbücher) Flug rechtzeitig reservieren (Vancouver ist Urlaubsziel – Mitte April kann zu spät sein !) Sich für ein Studenten-Visum schriftlich bei kanadischer Botschaft bewerben Klären, welche Kurse von wem und wie an der TU Darmstadt anerkannt werden Versicherungen (Krankenversicherung etc.) 7.1.1 Mitnehmen - Skis bzw. Snowboard, wenn man denn Wintersportfan ist - Wanderschuhe - Ausreichend Bargeld, um tuition fees zu bezahlen oder rechtzeitig in Vancouver sein (spätestens um den 20.8.), ein Konto eröffnen und sich Geld aus Deutschland überweisen lassen (beste Möglichkeit) - Kreditkarte ist wichtig (Visa der Mastercard) - Lieber mehr Socken und T-Shirts als Jeans – die sind in Vancouver nur halb so teuer wie in Deutschland - Einen internationalen Führerschein - eigener Computer ist zwar praktisch, meiner Meinung nach aber nicht notwendig, da man an der UBC zu allen Rechnern Zugang hat. Außerdem bekommt man einen Schlüssel für das Department und die Graduate Labs, so daß man auch am Wochenende oder spät abends Zugang hat. - Alle Papiere, Visum, Annahmeschreiben der UBC, Reisepaß - Die Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen, viel zu arbeiten, aber auch eine Menge Spaß zu haben - je nach persönlichem Bedarf sollte man erwägen, Sachen (z.B. Ski) per Spedition, die auch private internationale Umzüge anbieten, nach Vancouver zu schicken. Dies ist allerdings recht teuer. Auf dem Flug sind neben Handgepäck zwei Gepäckstücke je 32 Kg erlaubt. 7.1.2 Studium an UBC und Leben in Vancouver - Die tuition fees bezahlt man in Brock Hall. Dort erhält man auch transcripts und die Bescheinigung über die Einschreibung, die man nach Darmstadt zurücksendet, sobald man die Studiengebühren bezahlt hat 11 - - - Die library card / student id beantragt man vor dem Beginn des Semesters in der Main Library Ein bank account eröffnen, denn dann bekommt man eine sogenannte debit card, also eine Geldkarte mit Geheimnummer, mit der man (fast) überall bezahlen und außerdem von allen Automaten Geld abheben kann 10er Heftchen Bus Tickets und Monatsfahrkarten gibt‘s in allen seven eleven stores Ein Fahrrad ist nützlich – gebrauchte Fahrräder findet man bei Cheapskates an 16th Avenue Ecke Dunbar Street Filme läßt man am besten bei Lens and Shutter auf Broadway and McDonald‘s Street entwickeln Das Computer Science Department hat einen Fahrradraum im Keller Die UBC hat ein Frei- und Hallenbad mit Fitneßraum und Sauna, das man zu bestimmten Tageszeiten umsonst benutzen kann Es gibt einen sogenannten Club Day im ersten Semester, auf dem sich alle Clubs an der UBC vorstellen (da fehlt nichts) – Zu empfehlen für alle die, die gerne Skifahren, Schach spielen, tanzen, tauchen, segeln etc. oder auch einfach nur Leute kennenlernen wollen Am Computer Science Department gibt es einen Coffee and Tea Pool in der Lounge und einen Pop (Coke etc.) und Candy Pool im Imager Lab – zum Selbstkostenpreis In der Georgia Straight, der kostenlosen Zeitung, die überall herumliegt, findet man das Kino- und Konzertprogramm etc. 7.1.3 Zur Beantwortung aller Fragen und für weitere Tips (einschließlich guter Restaurants und Diskotheken) stehe ich jederzeit gerne zur Verfügung ! 12