FACHHOCHSCHULE WIESBADEN University of Applied Sciences Prof. Dr. Jakob Weinberg Informations- und Kommunikationssysteme (E-Business) Schwerpunkt Marketing Kurs A Informationsdesign, Informationsangebot und Informationsretrieval SS 2000 Themenbereiche: Daten, Datenbanken, Datenbankrecherchen Marketing Informationssysteme Online Informationssysteme Techniken, Methoden, ”Handwerk” fhw Prof. Dr. J. Weinberg IuK-Systeme Kurs A - SS 2000 Seite 1-2 Gliederung Design eines betrieblichen Informationssystems 1. Analyse der Geschäftsprozesse 2. Analyse und Gestaltung der Informationsanforderungen 3. Erstellen der Informationsstruktur (Datenmodellierung) 4. Konstruktion der Datenbank 5. Erstellen des Informationssystems 6. Datenretrieval Bsp.: Vertriebsinformationssystem bei einem Getränkehersteller Vorgehensweise: Fallbeispiele aus der Praxis (BITburger Brauerei, etc.) Sichtweise eines Projektleiters / Führungskraft der Fachabteilung Anhand von ”Übungsaufgaben” werden die einzelnen Schritte erarbeitet Parallel (”just in Time”) wird das theoretische Rüstzeug erarbeitet Formulieren der Anforderungen (Daten und Abfragen) Gestalten/Strukturieren in einem E-R Modell Realisierung eines (Teil-) Bereiches Zielsetzung: ganzheitliche Betrachtungsweise notwendigen Kenntnisse einer qualifizierten Fachkraft in einer ”schlanken Organisation” notwendigen Kenntnisse, um in einem IT-Projekt die inhaltlichen Anforderungen formulieren und die technische Realisierung beurteilen zu können. notwendigen Kenntnisse einer Führungskraft, um ein IT-Projekt nach Kosten/Nutzen Gesichtspunkten beurteilen zu können. Teamarbeit / Projektarbeit Formulieren / Präsentieren Prof. Dr. J. Weinberg IuK-Systeme Kurs A - SS 2000 Seite 1-3 Literatur: A. Hald, Nevermann, W., Datenbank-Engeneering für Wirtschaftsinf., Vieweg, 1995 A. Moos, Daues, G., Datenbank-Engineering, 2. Aufl., Vieweg, 1997 A. Meier, Relationale Datenbanken, 3 Aufl., Springer Verlag, 1997 A. Meier, Wüst, Th., Objektorientierte Datenbanken, dpunkt Verlag, 1997 J. Fischer, Datenmanagement, Oldenbourg Verlag, 1992 R. Gabriel, Röhrs, H.-P., Datenbanksysteme, Springer Verlag, 1994 P. Mertens, Griese, J., Integrierte Informationsverarbeitung 2, 7. Aufl., Gabler, 1993 R. Vetschera, Informationssysteme der Unternehmensführung, Springer Verlag, 1995 Vorgehensweise anhand von Praxisbeispielen (z.B. Aufgabe 1) Welche (betriebswirtschaftlich wichtigen) Gegebenheiten gibt es bei einer Brauerei? Welche Auswirkungen haben diese (Branchen-) Spezifika (Vor-/Nachteile)? In welcher Hinsicht wirken sich diese auf die Organisation und Informationssysteme aus? Bsp.: Vertrieb über GFGH (= Getränkefachgroßhandel) Vorteil: Synergie bei der Feinlogistik, ... Nachteil: Keine Kontrolle des Vertriebskanals, ... Auswirkung: Keine direkte Information über die Absätze zum Handel verfügbar, ... Wie wird diese Aufgabe (und die folgenden) in der Praxis gelöst (Methoden)? (Branchen-) Erfahrung Untersuchung / Interviews / ... Brainstorming Projektmanagement / Vorgehensmodell In der Veranstaltung wird die Beispiele gelöst durch: Gruppenarbeit Brainstorming mit ”Hinweisen” (Simulation einer Untersuchung) Erarbeiten der Methoden Diskussion der Methoden und Ergebnisse Beschränkung auf wichtige Beispiele Prof. Dr. J. Weinberg IuK-Systeme Kurs A - SS 2000 Seite 1-4 1 Anforderungen an Informationssysteme / Analyse der Geschäftsprozesse 1.1 Ist-Analyse der Geschäftsprozesse - Business Engineering Neben der Darstellung und Analyse des ”Ist-Zustandes” zur Bestimmung des ”Standortes” und der bisherigen Anforderungen sollte immer auch eine Überarbeitung und Optimierung der Geschäftsprozesse stattfinden! ( Business Process Re-engeneering: BPR ) Neue Abläufe und Strukturen Die ”Reale Welt” wird in Bezug auf die Frage- und Aufgabestellung betrachtet: Unternehmen (Bitburger) Kunden Produkte Marketing / Vertrieb ( Sprachgebrauch in der Praxis!) Informations- und Kommunikationssysteme Die Ist-Analyse untersucht den gewählten Ausschnitt der Realität in Bezug auf heutige und künftige Organisations- und Informationsanforderungen. Die folgenden Fallbeispiele zeigen exemplarisch die Komplexität und Vielfalt der in der Praxis vorkommenden Möglichkeiten. Sie stellen keine „Musterlösungen“ dar, die „blind“ zu übertragen sind. Es kommt vielmehr darauf an Problemstellung zu analysieren und mögliche Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln, die bezüglich ihrer Vorund Nachteile (Chancen, Risiken, Kosten, Nutzen, etc.) beurteilt werden müssen. Details der Beispiele können aus didaktischen Gründen oder durch Veränderungen des Marktes von aktuellen Marktbedingungen abweichen und müssen für „reale Fragestellungen“ stets überprüft werden. Prof. Dr. J. Weinberg IuK-Systeme Kurs A - SS 2000 Seite 1-5 Beispiel: Logistik Bitburger Brauerei: Manche Kunden des LEH (Lebensmittel Einzelhandel) werden direkt beliefert: METRO Bitburger EDEKA In diesem Fall stehen Bitburger sämtliche Informationen über Lieferungen (Preise, Mengen, Datum, etc) zur Verfügung. Die Nutzung dieser Information stellt „nur noch“ ein „Aufbereitungsproblem“ dar. Manche Kunden des LEH werden jedoch über Dritte (Absatzmittler, Verleger, ...) beliefert. Hier ergibt sich die: Problematik indirekter Kunde In zwei Ausprägungen: Verkauf erfolgt über einen Dritten (Absatzmittler: Zwischenhandel, GFGH) Geschäftsbeziehungen von Bitburger zu den indirekten Kunden Logistik Bitburger Brauerei über Verleger (GFGH: Getränke Fachgroßhandel) GFGH 1 REWE Hövelmann Bitburger SPAR Trinks GFGH 4 Prof. Dr. J. Weinberg IuK-Systeme Kurs A - SS 2000 Seite 1-6 Im ersten Fall besteht keine (direkte) Geschäftsbeziehung zwischen Bitburger und den Kunden wie Getränkeshops, Tankstellen, etc.( später) Im zweiten Fall stellt sich der Geschäftsprozeß differenzierter dar: Der GFGH hat (nur) die Rolle eines Spediteurs für Bitburger und Rewe (Feinlogistik). Die Geschäftsbeziehung besteht zwischen Rewe-Zentrale und Bitburger Mengenvereinbarung Preise / Konditionen ... Operative Abwicklung: Die Rewe- und Spar-Märkte bestellen beim GFGH und werden von diesen beliefert. Frage: An wen und wie bezahlt REWE oder Spar? 2 Möglichkeiten: (a) REWE erhält eine Rechnung von Bitburger, der GFGH stellt die gelieferte Ware Bitburger in Rechnung. (EK +. Dienstleistungsaufschlag für Transport/Handling) Vorteil: Bitburger kennt die Menge und sämtliche Vertriebsinformationen sind bei Bitburger vorhanden (b) Spar erhält eine Rechnung vom GFGH (Preis = EK Preis + Dienstleistung), die auch von Spar bezahlt wird. Dieser Preis stimmt in der Regel nicht mit dem vereinbarten EK-Preis von Spar überein (Spar hat bessere Konditionen, die der GFGH und andere nicht kennen sollen) Die Differenz muß Bitburger an Spar erstatten. Prof. Dr. J. Weinberg IuK-Systeme Kurs A - SS 2000 Seite 1-7 Rechenbeispiel (vereinfacht): Spar (vereinbart) EK = 16,00 / Kasten frei Haus 16,00 / Kasten GFGH (berechnet) EK = 15,00 / Kasten 2,00 Frachtkosten 17,00 / Kasten Da Spar 17,00 an den GFGH bezahlt, jedoch 16,00 vereinbart sind, muß Bitburger 1,00 pro Kasten an Spar erstatten. (In der Praxis noch komplizierter, da GFGH nicht den EK, sonder einen VK an Spar berechnet) Informationen über die Lieferungen an Spar sind bei Bitburger nicht vorhanden. Spar erstellt eine Rechnung an Bit über die Differenz Rechnungsprüfung bei Bitburger! 2 Möglichkeiten: ”blind” zu bezahlen Lieferungen nachträglich zu erfassen s.u. Problem der Datenbasis Die Daten werden vom GFGH zur Verfügung gestellt durch „Pendellisten“, die manuell nacherfaßt werden, oder Datenträger/DFÜ, die über Schnittstellen automatisch in die Informations- und Kommunikationssysteme eingespielt werden. Generell stellt sich hier auch die Frage der „Güte“ der Daten, z.B. ob durch „Falschmeldungen“ ungerechtfertigte Zahlungen erfolgen (können). Prof. Dr. J. Weinberg IuK-Systeme Kurs A - SS 2000 Seite 1-8 1.2 Vertriebsinformationssystem Information über und für den Vertrieb Neben den „naheliegenden“ Informationen, müssen auch Anforderungen und Fragestellungen berücksichtigt werden, die aus dem speziellen Geschäftsfeld des Unternehmens resultieren. Hierzu sollten die Geschäftsprozesse identifiziert und analysiert werden. Beispiel: Brauerei (Aufgabe 1) Welche (betriebswirtschaftlich wichtigen) Gegebenheiten gibt es bei einer Brauerei? Welche Auswirkungen haben diese (Branchen-) Spezifika (Vor-/Nachteile)? In welcher Hinsicht wirken sich diese auf die Organisation und Informationssysteme aus? Produkte: Bier: Pils, Light, Drive Zubehör Gläser, Bierdeckel, ... Miet/Kaufobjekte Zapfanlagen, Einrichtung, Immobilien, ... Bankdienstleistung Finanzierung, ... Regalpflege ”Merchandising” Gebinde: Bier: (Mehrstufig, Einweg/Mehrweg) Flaschen 0,33l EW, 0,33l MW, 0,5l MW, ... Dosen 0,33l Alu, 0,33l Weißblech, 0,5l ... Träger (Kasten) 20x0,5, 24x0,33, ... Tray (für Dosen) 12x0,33l, ... Paletten Industrie, Euro, ½ Euro, CHEP, ... Fässer Party, 25 l, 50l, 100 l, ... Zubehör: Kartons, Paletten, ... Prof. Dr. J. Weinberg IuK-Systeme Kurs A - SS 2000 Seite 1-9 Verkaufsartikel: Produkte x Gebinde ---> mehrere hundert (Vollgut), (+ Leergut) Kunden: Konsument Markt Verkaufsstelle Outlet Verleger/Handel Brauerei Inlet Produzent Vertriebskanäle: Handel: LEH, Getränkemärkte, Tankstellen/Kioske Gastronomie Restaurants/Kneipen, Systemgastronomie, Fest-Wiesen Logistik: Eigener Fuhrpark für Regionalläger / enger Umkreis (ca. 30 LKW) Verleger/GFGH Handel (falls eigene Feinlogistik) In der Regel indirekte Belieferung / Rückführung des Leergutes. Abrechnung: Handel Abrechnungszentralen / Sammelrechnungen / Streckengeschäft / ... GFGH Sammelabrechnung / Einzelabrechnung / Streckengeschäft Pfandabrechnung Darlehnsverrechnung Prof. Dr. J. Weinberg IuK-Systeme Kurs A - SS 2000 Preisstruktur / Preisfindung / Rabatte Versandkosten frei Haus, Abholvergütung, ... Rabatte Position / Rechnung / Staffel / Paletten / ... Listungsgelder LEH (Eintrittspreis für Regal- / Bodenfläche) WKZ Werbekostenzuschüsse Boni Jahres- / Quartals- / ... Rückvergütung Aktionen Sonderangebote (Regional, zeitlich, ...) ”Schwarzbier” ... Vertriebsorganisation: nach Vertriebskanälen LEH, Gastro, GFGH, ... nach Kundengruppen nach Regionen Vertriebsunterstützung Merchandising Regalpflege Ausstattung Gastro / Handel / Automaten / ... Sonderflächen Aktionen Marketing Vertriebssteuerung ”Vertriebscontrolling” Sonderangebote, Wettbewerbe, .... ... Seite 1-10 Prof. Dr. J. Weinberg IuK-Systeme Kurs A - SS 2000 Marktbesonderheiten: Brauereibindung der Gaststätten Abnahmeverpflichtung starke Konzentration (und Wechsel) im Handel starker Wettbewerb indirekter Vertrieb Einweg- / Mehrweg- Problematik ... Besonderheiten der Produktion Saisonabhängig begrenzte Haltbarkeit Kapazitätsengpass Reife/ Abfüllung/ Leergut Prozessfertigung Chargenfertigung natürliche Rohstoffe Qualitätsschwankungen Besonderheiten im Einkauf Saisonalität Absatzplanung Qualitätsschwankungen Chargen Chargennachweis Besonderheiten im Finanz- und Rechnungswesen Bankdienstleistungen Abzahlung durch Abnahme Bilanzierung mit starker Komponente Anlagevermögen Werthaltigkeit der Forderungen Rentabilität der Darlehn, Aktionen, ( Vertriebscontrolling) Budgetkontrolle Steuern, insb.Biersteuer (”Null-Kontrolle”) Immobilien Seite 1-11