(Deckblatt - Beginn) Eingereicht von: Matthias Hieronymi Lehramt für die Sekundarstufe I und II, in den Fächern Informatik und Sozialwissenschaften Ausbildungsort: Studienseminar Bonn Erstgutachter: Dietmar Link (Deckblatt - Ende) Inhaltsverzeichnis -> Fügen Sie das Inhaltsverzeichnis an dieser Stelle ein (Zweite Seite des Dokuments)! Zusammenfassung Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Möglichkeiten des computerunterstützten Lernens (-> Fußnote). Dazu soll zunächst die Frage beantwortet werden, wieso E-Learning Systeme überhaupt eingesetzt werden. Es schließt sich ein geschichtlicher Überblick über die Entwicklung von E-Learning Systemen an. Damit zusammenhängend wird beschrieben, wie sich E-Learning Systeme, welche sich am Problemlöseparadigma orientieren, von solchen unterscheiden, welche ein anderes Instruktionsdesign verwenden. Im darauf folgenden Kapitel werden die lernpsychologischen Grundlagen der erstgenannten Systeme dargestellt. Dabei sollen insbesondere Programmierumgebungen hervorgehoben werden, welche sich an didaktischen Überlegungen orientieren. Exemplarisch wird anschließend die Programmierumgebung Greenfoot inklusive ihrer zugrunde liegenden Konzeption thematisiert. Der Einsatz von Greenfoot wird anhand einer Unterrichtsreihe beispielhaft vorgestellt, evaluiert und diskutiert. Auf die Lehrerfunktionen Unterrichten, Diagnostizieren und Fördern, Leistung messen und beurteilen sowie Innovieren wird an thematisch passenden Stellen hingewiesen. Einleitung (Erste Überschrift - erste Ebene) Im Vergleich zum traditionellen Lernen, oft dem schweisstreibend-anstrengenden, langweiligen bis angstmachenden schulischen Lernen gleichgestellt, muss modernes Lernen leichter, interessanter, motivierend, unterhaltend und darüber hinaus noch effektiver sein… Wer möchte so nicht gerne lernen. (Dichanz & Ernst, 2001, S.5) Das obige Zitat wurde einem Artikel der Zeitschrift Medienpädagogik entnommen, der eine kritische Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und Grenzen von E-Learning beinhaltet. Es ist eine zynische Zusammenfassung der Versprechungen, welche die Softwareindustrie gibt, um ihre E-Learning Produkte am Markt abzusetzen. Diese Branche ist mit einem Umsatz von ca. 237 Mio. Euro allein in Deutschland eine bedeutende Marktmacht mit beeindruckendem Wachstum (Michel, 2009). Die Darstellung der Softwareindustrie von der Effizienz und dem Umgang mit dem modernen Lernen sind weniger an wissenschaftlichen Erkenntnissen als an dem Zwang orientiert, ihre Produkte am Markt abzusetzen. Ob die Produkte den Versprechungen genügen, kann hier nicht beantwortet werden, festzuhalten ist jedoch, dass die Versprechungen den ermittelten Wünschen der Nachfragenden entsprechen. Diese Wünsche, man könnte sie auch als Träume bezeichnen, sind eine logische und legitime Reaktion auf die Lebenswirklichkeit in der Wissensgesellschaft. In Zeiten vom lebenslangen Lernen, der zunehmenden Verknüpfung zwischen Bildungsgrad und den individuellen Lebenschancen sowie der Tatsache, dass das Humankapital einer Volkswirtschaft den Wohlstand maßgeblich beeinflusst, muss Lernen möglichst attraktiv und effizient gestaltet werden (Nienhaus, 2003). Diesem Anspruch muss auch die Schule genügen, da die wesentlichen Vorraussetzungen hier geschaffen werden. Eine Lehrerfunktion ist es daher Schule zu Innovieren, den Lernprozess dort zu modernisieren, wo es nachhaltige Mehrwertpotentiale gibt1. Die zentrale Fragestellung der vorliegenden Arbeit besteht darin, die Chancen und Grenzen problemorientierter E-Learning Systeme auszuloten bzw. zu ermitteln, ob der Traum vom modernen Lernen bei der Einführung in die objektorientierte Programmierung bereits Wirklichkeit geworden ist. Warum E-Learning? (Erste Überschrift - zweite Ebene) Bei der Suche nach einer Definition von E-Learning finden sich in der Literatur unterschiedlichste Festlegungen (vgl. z.B. Tergan, 2004; Mayr, Resinger & Schratz, 2009). Allgemein soll im Rahmen dieser Arbeit in Anlehnung an Hornbostel (2007) unter ELearning das computerunterstützte Lernen und Lehren verstanden werden. Eine differenziertere Sichtweise ermöglicht Peters (2002), indem er drei verschiedene Formen von E-Learning unterscheidet: Geschichtliche Entwicklung von E-Learning Systemen - Vom programmierten zum problemorientierten Lernen (Zweite Überschrift - zweite Ebene) Die Evolution von E-Learning Systemen ist eng gekoppelt mit der Entwicklung der Lernpsychologie (-> Fußnote), welche sich mit der Untersuchung von menschlichen Lernvorgängen beschäftigt (Hubwieser, 2007). Die ersten E-Learning Systeme orientierten sich am Leitbild des programmierten Lernens. Unter dieser Methode versteht man eine kleinschrittige individuelle Belehrung4, bei der die präsentierten Fakten von den Lernenden häufig wiederholt und so eingeübt werden. Das programmierte Lernen hat seine lernpsychologische Legitimation im, insbesondere von Skinner vertretenen, Behaviorismus. Die behavioristische Strömung zeichnet sich durch die Beschränkung auf beobachtbare Phänomene im Dienste einer Verifizierbarkeit der Experimente sowie die operante Konditionierung aus. Letztere ist mitverantwortlich dafür, dass die Bildungsgüter in kleinste Schritte unterteilt wurden (Geißler, 1966). Die Abarbeitung einer Vielzahl von leichtverdaulichen Bissen resultiert zu einer großen Anzahl positiver Verstärkungen, die letztendlich den Lernerfolg auslösen (Geißler, 1966, S.97). Erfolge kann das programmierte Lernen durch die Individualisierung des Unterrichts sowie in der strukturierten Vermittlung von Lernwissen vorweisen. Grenzen werden nach Ansicht von Dietrich (1964) aber deutlich, da die Aktivitätsentfaltung relativ gering ist. Über das von ihm betrachtete Beispielprogramm schreibt er: Unser Programm bietet keine Probleme! Es nimmt den Schüler >an die Hand< und führt ihn in kleinsten Schritten sozusagen narrensicher zum gewünschten Ziel (Dietrich, 1964, S.67). Lernen wird hier auf das assoziative Lernen reduziert. Der Autor benennt auch die politisch brisante Einschätzungen der Anhänger des programmierten Lernens: Die Verhaltenspsychologen behaupten, dass ein großer Prozentsatz der Kinder die breite Mitte über die Aufnahme von Kenntnissen (Tatsachen, Wissen) nicht hinausgelangt (Dietrich, 1964, S.69). Ein entscheidender Vorteil der programmierten Unterweisung5 ist die Operationalisierbarkeit der Lernziele. So konnten die Programme, welche zunächst nur in Form von Büchern vorlagen, relativ einfach in Computerprogramme überführt werden. Die lineare Struktur der Programme und die eindeutige Auswertbarkeit der Antworten des Lernenden ermöglichen es, nach wie vor Lernprogramme mit relativ geringem Aufwand zu erstellen. Beispiele für behavioristische E-Learning Systeme sind einfache Vokabel- oder Tipptrainer. Mayer, Hertnagel und Weber (2009) geben den Aufbau eines am Behaviorismus orientierten Lernprogramms mit der folgenden Abbildung 1 an. Grundlagen problemorientierter E-Learning Systeme (Zweite Überschrift - erste Ebene) Um die wesentlichen Merkmale problemorientierter E-Learning Systeme (-> Fußnote) herauszustellen, soll zunächst deutlich gemacht werden, was Probleme und problemorientiertes Lernen sind. Bereits 1935 definierte Duncker: Ein Problem entsteht z. B. dann, wenn ein Lebewesen ein Ziel hat und nicht weiß, wie es dieses Ziel erreichen soll. Wo immer der gegebene Zustand sich nicht durch bloßes Handeln (ausführen selbstverständlicher Operationen) in den erstrebten Zustand überführen lässt, wird das Denken auf den Plan gerufen. Ihm liegt es ob, ein vermittelndes Handeln zu konzipieren (Duncker, 1935, S.1). Fehlende Operationen zu entwickeln und anzuwenden, damit sie ins Repertoire der selbstverständlichen Operatoren übergehen, lässt sich demnach als problemorientiertes Lernen definieren (Arbinger, 1997). Die neuen Algorithmen stehen den Lernenden dann langfristig zur Verfügung und können besser transferiert, also in ähnlichen Alltagssituationen angewendet werden. Funke (2003) bemerkt, dass die von Duncker benannten selbstverständlichen Operatoren individuell unterschiedlich zu definieren sind. Während eine Situation für ein Individuum ein Problem darstellt, können die Operationen für ein anderes Individuum selbstverständlich sein. Im zweiten Fall spricht man nicht mehr von einem Problem, sondern von einer Aufgabe. Problemorientiertes Lernen ist nach Funke (2003) also individuelles Lernen, bei dem die Vorkenntnisse der Lernenden berücksichtigt werden müssen. Was macht also problemorientierte E-Learning Systeme aus? Sie müssen dem User einen Problemzustand präsentieren, welcher in einen Zielzustand zu überführen ist. Bei dem Startzustand sollte es sich tatsächlich um ein Problem handeln, bei dem keine selbstverständlichen Operatoren bekannt sind. Der Zustand muss sich dynamisch verändern können, um den Manipulationen der User Rechnung zu tragen. Er sollte aber auch transparent sein, damit deren Auswirkungen in das Problemlöseverhalten des Users einbezogen werden können. Die Manipulationen des Systemzustands sollten über möglichst viele Operatoren erfolgen, die vom User möglichst frei und flexibel zu entwickeln und zu wählen sind (Tergan, 2004). Didaktisch orientierte Programmierumgebungen (Erste Überschrift - zweite Ebene) Ausgewählte Aspekte der didaktischen Designentscheidungen bei Programmierumgebungen sollen in Folge dargelegt und an Beispielen verdeutlicht werden. Ein hauptsächliches Anliegen von didaktisch orientierten Programmierumgebungen ist es, eine Mehrfachbelastung beim Erlernen einer Programmiersprache zu entschärfen8. Die Mehrfachbelastung resultiert aus dem Sachzwang heraus, dass gleichzeitig die drei folgenden Aspekte erlernt werden müssen: Der Einsatz von Greenfoot bei der Einführung in die objektorientierte Programmierung (Dritte Überschrift - erste Ebene) Die Programmierumgebung Greenfoot soll nun in aller Kürze beschrieben werden. Es handelt sich um einen Grafikframework, welcher die Möglichkeit bietet eine eigene Mikrowelt zu erstellen. In diesem Rahmen können Objekte verschiedener Klassen z.B. Autos, Personen, etc) instanziiert werden. Jede Klasse bekommt ein Bild zugewiesen, so dass die Objekte dieser Klasse in der Mikrowelt visualisiert werden. Wie auf Abbildung 3 zu sehen ist, findet sich auf der rechten Seite des Hauptfensters eine Art Klassendiagramm, in dem neue Klassen erstellt und Ableitungsentscheidungen visualisiert werden. Alle von Actor abgeleiteten Klassen können in die Welt eingebunden werden. Didaktische Konzeption von Greenfoot (Erste Überschrift - zweite Ebene) Der didaktische Ansatz von Greenfoot betont eine handlungsorientierte Herangehensweise an die Programmierung. Im Gegensatz zu dem Vorgängersystem BlueJ wird bei Greenfoot auf eine strikte Einhaltung des Prinzips objecs first verzichtet. Zwar werden für die Modellierung von Softwaresystemen Freiräume und Angebote zur Verfügung gestellt, es ist aber vorgesehen, sich direkt mit dem Quelltext der modellierten Klassen zu beschäftigen. Durch die Möglichkeit schnell und ohne großen Aufwand an die reale Programmierung zu gehen, wird der in Kapitel 2.1 beschriebene Overload vermieden. Die Tatsache, dass schnell Spielsituationen erzeugbar sind, bei denen der aktuell produzierte Quelltext ausgeführt wird, ermöglicht ein direktes Feedback an die Lernenden. Dies begünstigt das entdeckende Lernen, indem die eigenen Manipulationen unmittelbar deutlich werden. Außerdem können die Auswirkungen von Methoden isoliert nachvollzogen sowie Attribute während der Laufzeit inspiziert und verändert werden. Dies ermöglicht es, Teile von Softwaresystemen unabhängig und im konkreten Fall zu betrachten, was das Verständnis über ihre Funktionsweise sowohl vereinfachen als auch vertiefen kann. Durch die Möglichkeit eigene Szenarien zu entwerfen kann eine Motivationssteigerung erwartet werden. Die SchülerInnen können schnell und gegebenenfalls sehr einfach eigene Spiele entwickeln. Dies ist zum einen im Sinne einer Adressatenorientierung besonders vorteilhaft, da sich viele Jugendliche immer häufiger mit ähnlichen Spielen auseinandersetzen. Zum anderen sind die konkreten Anwendungssituationen gegeben, in denen die Notwendigkeit bestimmter Algorithmen zur Problemlösung deutlich wird. Die Problemstellung für Unterrichtsgegenstände ist sehr gut vermittelbar. Sie bietet einen Lernanlass, der deutlich besser mit vorhandenem Wissen verknüpft werden kann als die abstrakte Darstellung eines informatischen Problems9. Greenfoot vereinfacht außerdem die Bereitstellung individuell angepasster Probleme und reduziert so die Arbeit an Aufgaben10. Die Lehrperson kann durch die Bereitstellung von Superklassen und Interfaces mit bereits fertig programmierten Teilaufgaben auf die Bedürfnisse und Fertigkeiten der Lerngruppe eingehen. Im Sinne einer Binnendifferenzierung kann dabei aber trotzdem auf verschiedenen Ebenen selbstständig gearbeitet werden, da sich oftmals neue Aufgabenstellungen aus dem Spielablauf heraus ergeben. Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass Greenfoot ein problemorientiertes ELearning System ist: Die Lernenden können im Rahmen der syntaktischen Vorgaben der Programmiersprache Java individuelle Operatoren entwickeln, sie auf eine reale und affektive Problemsituation anwenden und deren Auswirkungen evaluieren. Darstellung einer Unterrichtsreihe (Zweite Überschrift - zweite Ebene) Die im Folgenden dargestellte Unterrichtsreihe wurde für einen Grundkurs der Jahrgansstufe 11 entwickelt, welcher im Kapitel 3.2.2 genauer beschrieben wird. Sie wurde im Zeitraum vom 14. Januar bis zum 18. März 2010 durchgeführt. Zunächst soll hier ein Überblick über die Reihe gegeben werden (Tabelle 2), woran sich die Benennung und Begründung der Lernziele anschließen (Kapitel 3.2.1). Es folgen didaktisch methodische Überlegungen, die die Ausprägung der angewendeten Lehrerfunktion Unterrichten offen legen (Kapitel 3.2.3). Abschließend wird eine Unterrichtsstunde der Reihe exemplarisch dargestellt (Kapitel 3.2.4). Lernziele (Erste Überschrift - dritte Ebene) Der Lehrplan Informatik stellt obligatorisch zu behandelnde Inhalte bei der Wahl des objektorientierten Ansatzes dar. Insbesondere wird unter dem Punkt Informatikmodelle gewinnen: Probleme eingrenzen und spezifizieren, reduzierte Systeme definieren herausgestellt, dass diesem Ansatz die Vorstellung zu Grunde liegt, dass Objekte selbstständig Aufträge ausführen und interagieren können. Die Realität wird durch Objekte beschrieben, welche Informationen festhalten und miteinander kommunizieren können (Richtlinien und Lehrpläne, 1999). Diese grundlegenden Vorstellungen zu vermitteln, war das globale Ziel der Unterrichtsreihe OOP mit Greenfoot. Feiner formulierte Lernziele waren insbesondere die Konzepte Klasse und Objekt beschreiben und anwenden können, das Konzept Vererbung beschreiben und anwenden können,die Begriffe Spezialisierung und Generalisierung erläutern und anwenden können, darauf aufbauend, Klassenhierarchien analysieren und bewerten können, sich in einer Klassenbibliothek zurechtfinden und sie Nutzen können, die Dokumentation mit Javadoc anwenden können, Methoden spezialisierter Klassen überlagern können, das Konzept Konstruktor beschreiben und anwenden können sowie das Konzept Polymorphismus beschreiben und anwenden können. Lernfeldanalyse (Zweite Überschrift - dritte Ebene) Bei dem Grundkurs der Jahrgangsstufe 11 handelt es sich um 12 Schüler und eine Schülerin. Die ursprüngliche Anzahl von 21 SchülerInnen verringerte sich in den vorangegangenen Monaten aufgrund von Abwählern und einem Schulverweis, welcher wegen einer Vielzahl von unentschuldigten Fehlstunden ausgesprochen wurde. Dieses Problem betrifft auch zwei weitere Schüler, die phasenweise nur sehr unregelmäßig am Unterricht teilnehmen. Eine starke Leistungsheterogenität in diesem Kurs ist durch die unterschiedlichen Vorkenntnisse der SchülerInnen zu erklären. Während einige SchülerInnen überhaupt keinen Informatikunterricht in der Sekundarstufe I hatten, kommen die anderen aus zwei unterschiedlichen Informatikkursen (zwei Drittel zu einem Drittel). Die Inhalte, welche dort bearbeitet wurden, unterschieden sich dabei erheblich. Daher können einige SchülerInnen auf eine gewisse Programmiererfahrung (Turbopascal bzw. PHP) zurückgreifen und mussten nur die Syntax von Java erlernen. Andere mussten sich alle semantischen Konzepte von Grund auf neu erarbeiten. Es kommt zwar immer wieder vereinzelt vor, dass SchülerInnen auch während der Unterrichtszeit Internetspiele aufrufen und zum Weiterarbeiten aufgefordert werden müssen, in der Regel kann aber auf eine zuverlässige Mitarbeit vertraut werden. Das soziale Klima ist von einer freundlichen und entspannten Atmosphäre geprägt. Daher ist das Unterrichten in diesem Kurs angenehm. Inhaltlich wurde im Vorfeld der Reihe auf das Erlernen der Programmiersprache Java sowie auf die Entwicklung erster einfacher Algorithmen fokussiert. Das Curriculum für die Jahrgangsstufe 11 wird in der folgenden Tabelle 3 aufgelistet, um die Vorkenntnisse der SchülerInnen zu Beginn der Reihe darzustellen. Methodisch-didaktische Konzeption (Dritte Überschrift - dritte Ebene) Methodisch wurde für die Unterrichtsreihe großenteils der Einsatz eines eigens erstellten Leitprogramms gewählt. Die entsprechenden Arbeitsmaterialien befinden sich im Anhang. Diese Form der Unterrichtsgestaltung wurde gewählt, da die SchülerInnen bereits in einem vorhergegangenen Modul mit einem anderen Leitprogramm11 effektiv und zielorientiert arbeiteten. Dies ist einerseits auf die Freiheit der SchülerInnen, in unterschiedlicher Geschwindigkeit zu arbeiten, zurückzuführen. Andererseits ist die Kombination aus Hintergrundwissen, welches in Textform dargeboten wird und Anweisungen zu praktischen, handelnden Tätigkeiten bei der letzten Anwendung der Methode sehr gewinnbringend wahrgenommen worden. Die Methode Leitprogramm schlägt eine Brücke zwischen der rezeptiven, passiven Erarbeitung von Texten12 und der selbstständigen Erkundung der Programmiersprache Java bzw. der OOP. Es entspricht also dem in den Richtlinien geforderten Leitbild des aktiven und selbstständigen Arbeitens. Die Anwendungen standen im Vordergrund, wobei die erarbeiteten Konstrukte erst nach der praktischen Erfahrung von der theoretischen Seite beleuchtet wurden. Der Einsatz eines Leitprogramms ist außerdem sinnvoll, da es von den SchülerInnen bei späteren Fragen problemlos konsultiert werden kann. Hierfür wurde es den SchülerInnen digital und auf Wunsch ebenfalls in Papierform zugänglich gemacht. Die einzelnen Lektionen weisen ihre Lernziele explizit auf, um die Transparenz für die SchülerInnen zu verbessern. So konnten (in diesem Kurs häufig auftretende) Fehlstunden gezielt nachgearbeitet werden. Das bereitgestellte Szenario stellte eine Verkehrssimulation (-> Fußnote) dar, die den SchülerInnen eine übersichtliche Klassenhierarchie mit weit reichenden Funktionalitäten anreichte. So konnten die SchülerInnen bereits in der ersten Stunde durch die Eingabe einer einzigen Zeile Code eine dynamische Spielsituation erzeugen. Es wurde ein sehr einfacher Einstieg gewählt und die Alternative einer selbstständigeren Erarbeitung durch die SchülerInnen zunächst verworfen. So konnten rasch motivierende Ergebnisse erzielt werden, die einen länger anhaltenden persönlichen Einsatz hervorrufen sollten. Selbstständigere Arbeit sollte erst im weiteren Verlauf der Unterrichtsreihe geleistet werden. Das Szenario kann als adressatenorientiert bezeichnet werden, weil sich viele SchülerInnen in ihrer Freizeit mit verschiedenen Computerspielen beschäftigen. Meinen diesbezüglichen Beobachtungen in den 5-Minuten-Pausen zufolge handelt es sich bei diesen Spielen oftmals um relativ simple, teilweise klassische Formate. Es wurden beispielsweise Sideview- oder Topviewshooter, sowie das bekannte Snake aufgerufen. Einige dieser klassischen Spiele (Pacman, Spaceinvader, Astrodefence, Bomberman) wurden in dem Programmierprojekt dann auch nachgebaut. Dem freien Programmieren an den eigenen Projekten wurde in der Unterrichtsreihe auch während der Unterrichtszeit mit fünf Stunden relativ viel Zeit gelassen. Dies ist damit begründet, dass die Erweiterung der Programmierpraxis im Vordergrund stand. Für die Lehrperson war diese Phase wertvoll, weil die aktuellen Entwicklungsstände der Projekte (und gleichzeitig der Programmierfähigkeiten der SchülerInnen) beobachtet werden konnten. Der so erzielte Überblick des Lehrers sollte es den SchülerInnen erschweren Plagiate einzureichen, die nicht dem tatsächlichen Kenntnisstand entsprechen. In den Stunden der Programmierphase der Unterrichtsreihe wurden zunächst in einer zentralen Unterrichtsphase die Fragen aller SchülerInnen gesammelt. So konnten potenzielle Überschneidungen gemeinsam in der Kleingruppe geklärt werden. Die direkte Interaktion mit den MitschülerInnen und dem Lehrer in der Unterrichtszeit sollte das eigenständige Programmieren erleichtern. Fragen und Probleme können so unmittelbar geklärt werden. Sowohl die Peer to Peer Beratung als auch die Hilfe durch den Lehrer kann so von SchülerInnen mit verschiedensten Fähigkeitsniveaus angefordert werden. Während einige SchülerInnen Probleme bei der Interpretation der Fehlermeldungen des Compilers haben, benötigen andere Hilfestellung bei der Entwicklung von relativ anspruchsvollen Algorithmen, welche die dynamischen Elemente eines Spiels steuerten. Den, in den Richtlinien geforderten, kooperativen Arbeitsformen wurden sowohl im regulären Unterricht als auch online auf einer Moodle Plattform Raum gegeben. Hier wurde ein Forum eingerichtet, in dem die SchülerInnen spezifische Fragen bei der Programmierung stellen und beantworten sollten. Auch den Problemen bezüglich der Benutzung der Klassenbibliotheken kann in einer individuellen Beratung adäquater begegnet werden. Eine vollständige Erklärung der Bibliothek wäre fehl am Platz. Die Atmosphäre sollte locker, wenig lehrerzentriert und von ruhigen Einzelgesprächen geprägt sein. Die Stunden sollten mit dem Pausengong enden, da auf eine weitere zentrale Phase verzichtet wurde. In dieser Phase der Unterrichtsreihe lag das Hauptaugenmerk des Lehrerhandelns bei der Lehrerfunktion Diagnostizieren und Fördern. Es mussten also zum einen der Lernstand und die Lernfortschritte sowie individuelle Lernprobleme und Leistungsmängel von SchülerInnen erkannt werden. Zum anderen mussten daraus Konsequenzen für die individuelle Förderung gezogen werden (vgl. Heilmann 2008). Diesem Anspruch wurde im Rahmen der Unterrichtsplanung auf die folgende Weise begegnet: Die Individuellen Beratungen der SchülerInnen boten eine deutliche Orientierung bei der Ermittlung des Lernstandes. Beim Begleiten und über die Schulter gucken erkennt die Lehrperson schnell, ob die Probleme schon bei der Deklaration einer Variablen oder erst bei fortgeschritteneren Vorhaben wie die Handhabung eines Listenobjekts, welches von einer Greenfoot-Methode zurückgegeben wurde, auftreten. Ein zusätzliches Element individueller Förderung fand unabhängig von einer vorherigen Diagnose des Lernstandes statt: Die SchülerInnen suchten sich das Thema ihres Programmierprojektes selber aus. Dabei wurden sie zusätzlich durch die Lehrperson beraten. Sie entschieden sich also mutmaßlich für Projekte, die ihren nächsten individuellen Lernstufen entsprechen sollten. Zusätzlich bestand die Möglichkeit zunächst nur einzelne Funktionen und Elemente eines Spiels umzusetzen, um Stück für Stück die individuellen Grenzen zu erfahren und zu erweitern. So konnte der Schwierigkeitsgrad des Projektes relativ flexibel auf die jeweilige Schülerin bzw. den jeweiligen Schüler eingestellt werden. Das didaktische Prinzip der Arbeit an komplexen Problemen anstatt an Aufgaben wurde an dieser Stelle also umgesetzt. Diese Tatsache kam insbesondere den Bedürfnissen der besonders begabten SchülerInnen zugute. Zum einen konnten sie sich in dem größeren Programmierprojekt auf dem eigenen Niveau verwirklichen, andererseits konnten die entsprechenden SchülerInnen ihre MitschülerInnen durch Hilfestellungen unterstützen. Es waren für sie also Zuwächse auf der Ebene der Fach- sowie auf der Sozialkompetenz möglich. Exemplarische Beschreibung einer Stunde (Vierte Überschrift - dritte Ebene) Die erste Phase, in der das Leitprogramm bearbeitet wurde, lässt sich exemplarisch mit der folgenden Stundenbeschreibung13 charakterisieren. Die folgende Tabelle 4 stellte die Synopse dieser Stunde dar. Das zentrale Stundenziel lautete: Die SchülerInnen entdecken die Funktionsweise und beschreiben die Nützlichkeit von Konstruktoren. Sie erweitern ihre Problemlösekompetenz, indem sie Konstruktoren implementieren, um das Konzept der Modularisierung in der OOP umzusetzen. Die Teillernziele wurden für diese Stunde wie folgt bestimmt: Evaluation der Unterrichtsreihe (Vierte Überschrift - erste Ebene) Nach der ausführlichen Darstellung der Unterrichtsreihe soll nun erläutert werden, wie der Lernerfolg der SchülerInnen ermittelt wurde. So kann die Ausprägung der Lehrerfunktion Leistung messen und beurteilen offen gelegt werden. Anschließend werden die gemessenen Ergebnisse dargestellt und diskutiert. Instrumente und Ergebnisse (Erste Überschrift - zweite Ebene) Die Ergebnisse der Programmierarbeit wurden, da sie als Testat gewertet wurden und in die Zeugnisnote (-> Fußnote) mit dem Gewicht einer Klausur einflossen, individuell korrigiert und bewertet. Diese Form der schriftlichen Lernstandserhebung erscheint mir besser geeignet als eine Klausur, da beim Programmieren auf Papier nicht die Komplexität realer Problemstellungen erreicht werden kann. Es können Algorithmen entwickelt und Hintergrundwissen abgefragt werden, aber die tatsächlichen Fähigkeiten bei der Programmierung sind nicht abzubilden. Ein kritischer Punkt bei der selbstständigen Arbeit mit digitalen Texten ist die Bewertung der individuellen Ergebnisse. Die leichte Kopierbarkeit von Quelltext erschwert die Beurteilung der individuellen Leistung erheblich. Daher soll die Lehrerfunktion Leistung messen und beurteilen hier ebenfalls hervorgehoben werden. Diskussion der Ergebnisse und der persönlichen Erfahrungen mit der vorgestellten Reihe (Zweite Überschrift - zweite Ebene) Das Konzept Polymorphismus, die Überlagerung einzelner Methoden in speziellen Subklassen und die Möglichkeit verschiedene Konstruktoren zu verwenden, wurde aus Sicht der SchülerInnen in der Praxis offenbar nicht als gewinnbringend erachtet. Zumindest wurde es nur von wenigen SchülerInnen umgesetzt15. Daher würde es sich möglicherweise anbieten, das Konzept Polymorphismus bei einer erneuten Durchführung der Reihe nicht zu thematisieren. Beide anderen angesprochenen Konzepte sind so eng mit dem Begriff Vererbung verwoben, dass es wahrscheinlich aus Gründen einer deutlichen Strukturierung keinen Sinn macht, sie an anderer Stelle einzuführen. Auf jeden Fall sollte vehementer auf die Bedingung hingewiesen werden müssen, dass die behandelten Konzepte unbedingt in das Spielkonzept eingearbeitet und implementiert werden müssen. Auf dem ersten Informationsblatt über das Testat war dieser Punkt bereits vermerkt. Nach einer Verlängerung der Bearbeitungszeit wurde er aber offensichtlich etwas aus den Augen verloren.