Vortrag auf der E-Learning Tagung der Handwerkskammer Düsseldorf

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Vortrag auf der E-Learning Tagung der Handwerkskammer Düsseldorf
25. April 2002
Prof. Dr. Michael Kerres,
Universität Duisburg
Zur Situation des eLearning
Beim e-Learning haben wir eine schwierige Situation. Wir merken, die Chancen und
Potenziale von e-Learning sind groß. Und dennoch, der Zug fährt nicht in der Weise ab,
wie uns viele Prognosen dies immer wieder angekündigt haben.
Wir haben auf der einen Seite hohe Erwartungen. Hohe Investitionen von politischer
Seite, hohe Investitionen auch von unternehmerischer Seite, von Verbänden, die auch
zu interessanten Ansätzen in geförderten Projekten kommen. Wir haben eine Reihe von
überzeugenden Projekten, die deutlich machen, welche Chancen und welche
Möglichkeiten
mit
e-Learning
verbunden
sind.
Wir
haben
zunehmend
eine
selbstverständliche Nutzung von IT in der betrieblichen Arbeit, auch im Alltag, in der
Freizeit. Und dennoch, meine ich, ist ein überraschend geringer Wirkungsgrad von
diesen Medien im Bildungsbereich zu beobachten.
Ich denke, was wir in dem Videobeitrag von Frau Kommissarin Reding gesehen haben,
kann man in einem Punkt so nicht stehen lassen. Auch in den Großbetrieben gehört eLearning heute noch keineswegs zum „Standard“ im Bildungssektor. Im Gegenteil, wir
können immer wieder beobachten, dass es schwer fällt, für die in Projekten punktuell
erfolgreich aufgesetzten Lösungen deutlich zu machen, wie es weitergehen kann. Es
gelingt vielfach noch nicht, diese Dinge wirklich dauerhaft zu verankern und die
Menschen von den Möglichkeiten zu überzeugen. Wir haben also an verschiedenen
Stellen Probleme, Schwierigkeiten, Herausforderungen. Die Frage lautet: An welchen
Punkten könnten wir ansetzen, um diese Möglichkeiten stärker zu nutzen und stärker in
den Alltag der betrieblichen Bildungsarbeit einzubringen?
Ich möchte heute auf zwei Erfolgsfaktoren eingehen, die sich in der aktuellen Diskussion
immer stärker herausschälen, und auf die wir unser Augenmerk richten müssen.
Das eine ist die Frage: Was macht die Qualität der e-Learning-Angebote aus? Unsere
Chance, aber auch die Pflicht, vor der wir gerade hier in Deutschland stehen, ist die
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Qualität von mediengestützten Bildungsangeboten deutlicher herauszuarbeiten. Ich
glaube, allen ist mittlerweile klar, dass das Einrichten eines Servers, das Aufspielen von
irgendwelchen Skripten, irgendwelchen bunten bewegten Bildern und multimedialen
Files nicht die Lösung ist. Kein Mensch lässt sich dauerhaft von lieblos und eben hastig
zusammengestrickten Bildungsangeboten begeistern. Nein, wir brauchen professionelle
mediendidaktische Konzepte. Eine Reihe von Konzepten ist gescheitert. Also, diese
Frage müssen wir angehen: Was macht die Qualität von mediengestützten
Bildungsangebote aus, welche Erfahrungen liegen vor, wo können wir sagen, in welcher
Richtung wird Qualität sichtbar?
Der zweite Punkt ist, wir müssen uns überlegen, wie der Wandel zu gestalten ist, wie
wir von den Projekten zu dauerhaften und nachhaltigen Veränderungen in der
Bildungsarbeit kommen. Das trifft auf alle Sektoren zu. Es trifft auf Schulen,
Hochschulen, Weiterbildung in Industrie und Handwerk gleichermaßen zu.
Ich möchte zunächst ein paar allgemeine Anmerkungen zum Online-Lernen machen.
Wir können drei Szenarien unterscheiden, die sich in der Bildungsarbeit als tragfähig
herauskristallisieren.
Das eine ist das offene Online-Lernen, bei dem Lernende über das Internet auf
Materialien just in time, also dann, wenn sie sie brauchen zugreifen können. Die
Erfahrung mit den Projekten zeigt, dass es nicht ausreicht, einfach irgendwelche
Skripte, Texte, Lernmaterialien aufzuspielen, sondern diese Materialien sind eben auch
im Hinblick auf Interaktivität anzupassen. Untersuchungen zeigen, dass die Qualität von
Interaktivität
von
den
Teilnehmenden
als
besonders
wichtiges
Erfolgs-
und
Qualitätskriterium wahrgenommen wird.
Die zweite Alternative ist betreutes Telelernen. Es besteht ja die Möglichkeit, mit dem
Internet nicht nur Materialien zu verteilen, sondern auch über Kommunikation die
Menschen zu unterstützen. Am Anfang hat man diese Möglichkeiten noch gar nicht
genutzt. Es schien vielfach zu teuer, zu aufwändig oder man hat es gar nicht in
Erwägung gezogen. Aber die spezifische Möglichkeit des Internets etwa auch
gegenüber der CD-Rom besteht ja darin, Menschen persönlich zu unterstützen. Viele
Untersuchungen zeigen, gerade auch aus den Online-Aktivitäten bei der ZWH, dass
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diese Betreuungskomponente vielfach für den Erfolg und die Qualitätswahrnehmung der
Teilnehmenden eine sehr wichtige Rolle spielt.
Schließlich bei dem dritten Szenario, bei dem verteilten, kooperativen Lernen, sitzen
Lerner verteilt über Deutschland oder in der Region und arbeiten zu bestimmten
Themen gemeinsam an Aufgaben. Auch das ist ein tragfähiges Konzept, weil wir
merken, dass die Lernprozesse hier sehr gut aktiviert werden können, dass auch der
Austausch über bestimmte Fragen gelingen kann und es so tatsächlich zu einer
intensiven Kommunikation zwischen den Beteiligten kommen kann, die dann auch
wieder zu einer sehr positiven Wahrnehmung des e-Learning beiträgt.
Ich will ein kurzes typisches Szenarium zeigen. Dazu ein Fall aus meinem universitären
Hintergrund, ein Seminar, das wir auch in der Weiterbildung einsetzen. Dieses besteht
einerseits aus Materialien, die mediendidaktisch aufbereitet sind, wobei wir einen Mix
von Materialien bevorzugen. Es zeigt sich in den letzten Jahren, dass der Ansatz
möglichst alle Lernmaterialien multimedial aufzubereiten gescheitert ist, und zwar
gerade aus Kosten-Nutzen-Überlegungen. Man geht heute viel eher von der Idee aus,
dass man kombinieren muss, z. B. realisiert man Studientexte, Lerntexte ganz
klassisch, man kann ganz bestimmte Teile als „Hypertexte“ hinzufügen, interaktive
Flash-Elemente für andere Teile. Teilweise nutzen wir Videoclip-Element, aber auch hier
machen selten mehr als 3-Minuten-Clips. Wir würden keine 60minütige Videos über das
Internet übertragen wollen. Die Idee, die sich also herauskristallisiert ist: versuche in der
Mixtur dieser Elemente einen guten Materialmix herzustellen!
Dazu kommt der zweite Bestandteil bei einem e-Learning-Angebot: die Betreuung, die
entweder 1:1, ein Tutor – ein Lerner oder in der Betreuung von Gruppen, 1:n stattfinden
kann. Die Gruppen können sich dann über das Internet austauschen, diskutieren etc.
Das ist ein wichtiges Element, um die Intensität der Auseinandersetzung zu fördern. Es
kristallisiert sich immer mehr heraus, dass ein gutes Internet-Angebot in der Lage ist, die
Menschen wirklich in einer bestimmten Weise zu unterstützen und zu bestimmten
Lernaktivitäten zu aktivieren. Das Augenmerk richtet sich zusehends auf die Gestaltung
von Lernaufgaben. Das wären Aufgaben, die jetzt nicht nur der Anwendung, Übung oder
Prüfung dienen, so wie wir das von der Schule kennen (der Lehrer erklärt etwas und
dann üben die Schüler das zu Hause), die Lernaufgaben wäre so umzusetzen, dass sie
bestimmte kognitive, emotionale oder soziale Prozesse in Gang bringen, z. B. ein
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Fallbeispiele, Rollenspiele, verteilte Planspiele, die die Leute im Netz zusammen
bearbeiten.
Also: Nicht einfach nur Materialien zu verteilen macht den Clou aus, sondern ich muss
die Menschen zusätzlich auch in Aktivitäten hinein verstricken. Ein Ergebnis der
Medienforschung ist, dass die Menschen, wenn wir multimediale Materialien einsetzen,
das Gefühl haben, informiert zu sein, aber die tatsächlichen Lernergebnisse nicht
unbedingt diesem Gefühl entsprechen. Gerade bei Videoelementen, bei der Rezeption
multimedialer Elemente ist das Gefühl informiert zu sein, hoch. Der Lerneffekt ist aber
vielfach gar nicht so hoch, wie das subjektiv empfunden wird. Deswegen sind
zusätzliche Elemente einzufügen, damit auch die Teilnehmer zu diesen aktiven
Lernprozessen angeleitet werden. Das kann in unterschiedlicher Weise geschehen. Ich
zeige Ihnen hier etwa in einem zweisemestrigen Weiterbildungsprogramm, wo wir
bestimmte Themen zur Ausbildung von „Experten für neue Lerntechnologien“
angeboten haben. Einerseits sehen Sie links im ersten Semester bestimmte
seminaristische Lehrinhalte. Im zweiten Semester den Übergang zu Fertigkeiten, das
Arbeiten in einem Projekt, wo die Leute dann auf einen Medienpool zugreifen können,
um bestimmte Informationen zu bekommen.
Die Materialien werden getaktet verteilt, die Teilnehmer bekommen bei diesem
e-Learning-Konzept die Materialien nicht einfach nach Hause geschickt, sondern sie
bekommen sie in Zeitabschnitten. Für die Bearbeitung der Materialien ist es sehr viel
einfacher, wenn wir das nicht als ganzes nach Hause schicken, sondern häppchenweise
zur Bearbeitung geben.
Und schließlich erweisen sich die Präsenzphasen in allen Untersuchungen immer
wieder als ein wichtiges Element, so dass man heute eben zu der genialen Erkenntnis
gekommen ist, Präsenzlernen und e-Learning miteinander zu verbinden. Es ist ein
Ergebnis von Untersuchungen, dass die Teilnahme an Präsenzphasen sich ganz
wesentlich auf den Lernerfolg und positiv auf die Dauerhaftigkeit und das Mitmachen
auswirken. Die Teilnehmer, die an Präsenzphasen teilgenommen haben, sind länger
dabei, sie brechen seltenerer ab. Deswegen machen wir die Teilnahme zunehmend
verpflichtend, wenn solche Präsenzphasen angeboten werden.
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Die Ergebnisse zu dieser Art von Angeboten kann man kurz zusammenfassen: Mit
diesem betreuten Telelernen können wir tatsächlich eine hohe Lernintensität
sicherstellen. Die Sorge ist unbegründet, dass das e-Learning zu einer Art „Browsing“
verleitet, bei dem man sich durchklickt, das Ganze recht nett findet, dann vielleicht ein
paar Multiple Choice Tests macht und sich sein Zertifikat ausdrucken kann, also eine Art
"Billiglernen" veranstaltet. Mit einem guten didaktischen Konzept kann eine hohe
Lernintensität sichergestellt werden. Wobei deutlich wird, wie wichtig eine intensive
Kommunikation ist. Nur das Arbeiten mit den Materialien alleine stellt das vielfach nicht
hinreichend genug sicher. Man braucht zusätzliche Austauschprozesse. Dann kann man
in verschiedenen Bereichen auch im internationalen Vergleich beobachten, dass bei
dieser Art von Kurskonzeption eine geringere Drop-out-Quote zu verzeichnen ist.
Generell ist im Fernstudiensektor, im Bereich des mediengestützten Lernens eine sehr
hohe Drop-out-Quote anzutreffen. Den Menschen gelingt es einfach nicht, ihre
Aufmerksamkeit hinreichend lange aufrecht zu erhalten und sich selbst zu motivieren:
Fernstudienanbieter klagen über Ausfallquoten bis zu 90 Prozent. Entsprechend
konzipierte e-Learning-Angebote erreichen dagegen Drop-out-Quoten von nur 10
Prozent. Damit wird offensichtlich, warum es für entsprechende Anbieter wichtig ist, wie
die Teilnehmenden gehalten werden können. Sie halten dann durch, wenn sie so
unterstützt werden, dass sie tatsächlich zum Ziel kommen. Das ist „state of the art“ im eLearning.
Kritiker dieser Art von Angeboten monieren, dass immer noch relativ wenig zeitliche
Flexibilität dabei sei. Bei dieser Art von Kursen, auch wie wir sie hier in den OnlineAkademien haben, ist es ja so, dass sie z.B. am 4. März anfangen und dass dann auch
die Module, die sie belegen, vorgegeben und zeitlich fixiert sind. Dadurch sind die
Vorstellungen von Flexibilität, die man sich durchs Internet erhofft, noch nicht unbedingt
realisiert. Das heißt also, auf der einen Seite wird tutorielle Betreuung erforderlich, auf
der anderen Seite zeigt sich, dass das Ganze von der Kostenseite und von der
Organisation her recht aufwändig ist und die Flexibilität eigentlich noch nicht optimal ist.
Ich will nur kurz andeuten, in welche Richtung momentan in diesem Bereich diskutiert
und gearbeitet wird. Ich möchte Ihnen dies das am Thema „Medien“ erläutern. Wir
haben ein Modulkonzept entwickelt, wo wir für 16 Kurse eine Modularisierung
vorgenommen haben, so dass 96 Module entstehen, die jeweils für sich bearbeitet
werden können. So etwa in der Größenordnung von 10 – 20 Arbeitsstunden wären das.
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Die Frage an der viele Anbieter zur Zeit arbeiten ist, wie kann man das Angebot in noch
kleinere Portionen aufteilen, damit die Lernenden die Module besser selber
zusammenstricken können und die Anbieter ein noch flexibleres Angebot realisieren
können. Die Vorstellung, dass man Weiterbildungsprogramme als ganzes abnehmen
muss, stößt bei den Teilnehmern zunehmend auf Unverständnis. Wir werden deshalb in
Zukunft noch eine stärkere Modularisierung der Angebote erleben. Die Kunden wollen
die Angebote noch präziser auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten haben, und sie wollen
sie noch präziser auch zeitlich auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten erhalten. Wenn ich
den Kurs jetzt belege, möchte ich morgen anfangen können. Dies ist allerdings
organisatorisch nicht ganz trivial, wie Sie sich vorstellen können.
Das andere große Thema, das Viele beschäftigt, ist die Frage, wenn e-Learning nicht
alle Probleme in der Bildung löst, wie gelingt dann die Verzahnung mit anderen
Bildungselementen. Die Idee solcher „hybriden Lernarrangements“ ist es, die Dinge in
einer Weise miteinander zu verzahnen, dass die mediengestützten Varianten und die
Präsenzelemente tatsächlich ihre spezifische Qualität einbringen und so in der
Gesamtheit eine hohe Effizienz sicherstellen. Dabei gibt es allerdings nicht die eine
richtige Lösung für solche hybriden Kombinationen.
E-Learning revolutioniert nun nicht alles was bisher gewesen ist und macht auch nicht
alles andere überflüssig. Eine erfolgreiche Strategie untersucht, an welchen Punkten
bestimmte e-Learning-Elemente genutzt werden können, damit die Menschen zunächst
lernen damit umzugehen, damit sie die Möglichkeiten für sich selbst wirklich erleben,
damit sie Lösungen nutzen können, die sie in die Arbeit und in die Freizeit integrieren
können. Die Effizienzvorteile, das zeigt die momentane Diskussion, die entstehen
tatsächlich erst beim Angebot von solchen Mixturen, von einer solchen Kombination.
Was wir beobachten können, ist gar keine Revolution, gar kein Wechsel des
Paradigmas, sondern die erweiterte Klaviatur der Möglichkeiten. Wir haben die
Möglichkeit, unseren Kunden, den Weiterbildungsinteressierten, sehr viel mehr an
Elementen anzubieten. Denken Sie an die klassische Weiterbildungsveranstaltung. Da
müssen viele Leute zu einem Zeitpunkt in einen Raum kommen. Da müssen sie sich auf
die eine Sache, auf einen „Mittelwert“, den der Dozent vorgibt, einlassen. Wenn wir das
nun kombinieren mit anderen Elementen, dann können wir die Flexibilität erhöhen und
eben auch in der Gesamtheit zu qualitativ besseren Lösungen kommen.
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Prof. Dr. Michael Kerres
Zusatzfragen von Herrn Macias:
Das Potenzial von e-Learning ist wird im Moment nur von staatlich geförderten
Projekten genutzt und umgesetzt. Wann immer Unternehmen sich bereit finden sollen,
solche sehr teuren Projekte zu nutzen, scheitert es am Preis. Wo ist die
Kostenersparnis?
Es geht nicht um Kostensenkung, wir können mit e-Learning-Elementen in denmeisten
Fällen kaum billiger werden. In vielen Projekten ist deutlich geworden, dass die
Hoffnung auf schnelle und einfache Kostensenkungen nicht realisierbar sind. Das
gelingt nur unter sehr spezifischen Bedingungen, und dann sind diese Potenziale
wirklich nur mittelfristig diskutierbar. Es sind viele Anfangsinvestitionen nötig und das
Change Management, um den Wandel zu betreiben, ist ja auch mit nicht unerheblichen
Kosten verbunden.
Wie können wir das Kosten-Nutzen-Verhältnis verbessern? Man braucht im Handwerk
Strukturen, damit die Unternehmen Zugriff auf maßgeschneiderte Lösungen haben. Die
KMUs werden in den seltensten Fällen selbst Entwickler sein, sondern sie werden für
die Mixtur, die Zusammenstellung der Angebote, einkaufen. Es ist wichtig, eher auf der
Verbandsebene oder auf übergeordneten Ebenen Lösungen voranzutreiben, die es den
Unternehmen ermöglicht, solche Elemente zu nutzen. Die müssen nicht unbedingt
teurer sein als andere konventionelle Angebote.
Deutsche Konsumenten, Lernende, haben sehr hohe Qualitätserwartungen. Es gibt
Vergleiche in internationalen Studien, die zeigen, dass etwa die amerikanischen
Konsumenten mit viel niedrigeren Qualitätsvorstellungen zufrieden sind. Der Misserfolg
von Portierungen amerikanischer Lösungen auf den deutschen Markt zeigt, dass die
Lernenden mit qualitativ einfachen Lösungen wenig zufrieden sind. Wir haben also das
Problem, dass diese Qualitätsstandards hochgehalten werden müssen, um den Erfolg in
der Bildungsarbeit sicherzustellen. Aber das hat wieder seinen Preis.
Wir müssen uns auch die Anforderungen des Change Management klarmachen, dass
auch gute Lösungen, wenn sie denn verfügbar sind, nicht als solche schon überzeugen
und alle Leute kommen und sagen: „Endlich, e-Learning“. Wir haben auch den Effekt,
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dass die Leute beim ersten Kurs mit Begeisterung und hoher Motivation dabei sind.
Wenn e-Learning aber Standard wird, haben die Leute auch wieder andere
Erwartungen. Dieser Spaßfaktor ist nicht die Lösung. Es ist ein Wandlungsprozess
erforderlich, der in den Köpfen stattfindet, der nicht so schnell ist und der eben nicht mit
den guten E-Learning Produkten allein schon erledigt ist. Ich überlege mir, wie man
stärker als bisher wirklich Standardthemen der Weiterbildung vorantreiben kann. Wie
kommen wir mit dem e-Learning in die ganze Breite der Weiterbildungsthemen hinein?
Dafür müssen wir qualitativ hochwertige, mediendidaktisch professionell entwickelte
Produkte anbieten. Und wir müssen einen Wandlungsprozess vorantreiben.
Frage:
Was bringt e-Learning den Handwerkern?
Eine Antwort kann ich nicht plakativ geben, das muss man ganz konkret vor Ort
analysieren.
Grundsätzlich bin ich aber davon überzeugt, dass so wie Bildung heute organisiert ist in
den nächsten Jahrzehnten nicht fortgeführt werden kann. Es ist doch klar, dass der
Bedarf an Weiterbildung wächst. Aber wie soll das in allein seminaristischer Form in
Zukunft erreicht werden können? Das ist doch auch quantitativ und auch kostenmäßig
nicht zu schaffen. Das heißt also, wir brauchen Formen, mit denen man lebenslanges
Lernen in den Griff bekommen wird.
Hinzu kommt, dass die Bildungsangebote flexibler organisiert werden müssen. Die
Lernenden wollen in der Lage sein zu bestimmen, wann sie was lernen. Die Menschen
erwarten andere Formen, andere Formate, anders formatierte Formen von Bildung. Ob
wir das mit Büchern machen, mit CD-Rom, mit Internet oder anderen Medien ist im
konkreten Fall genau zu prüfen. Aber dass andere Arten von Bildungsorganisation,
andere Arten von zugeschnittenen Angeboten notwendig sind, das, meine ich, lässt sich
durchaus behaupten.
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