Philipps-Universität Marburg

Werbung
Hinweis:
Dieses Protokoll stammt von der Seite www.chids.de (Chemie in der Schule).
Dort können unterschiedliche Materialien für den Schulunterricht herunter geladen werden,
unter anderem hunderte von Experimentalvorträgen so wie der vorliegende:
http://online-media.uni-marburg.de/chemie/chids/veranstaltungen/uebungen_experimentalvortrag.html
Philipps-Universität Marburg
Fachbereich Chemie
Sommersemester 2003
Seminar: Übungen im Experimentalvortrag
Kunststoffe
Experimentalvortrag vom 10.07.2003
Stefan Burgemeister
Geschwister-Scholl-Str. 11b (502)
35039 Marburg
Studienfächer: Chemie/ Deutsch
Semesterzahl: 7
Inhaltsverzeichnis
Seite
1. Ein feuriger Beginn
3
1.1 Definition
3
1.2 Ein historischer Überblick
3
1.3 Herstellen von Schießbaumwolle (Demonstration 1)
4
1.4 Herstellen von Kunsthorn
6
2. Grundlegende Kunststoffsynthesen und Strukturen
7
2.1.1 Bakelit – der erste vollsynthetische Kunststoff (Versuch 1)
7
2.1.2 Bakelit – Beispiel eines Duroplasten
9
2.1.3 Verwendung als Ionenaustauscher (Demonstration 2)
10
2.2.1 Vom Polystyrol zum Styropor (Versuch 2a)
12
2.2.2 Polystyrol – Beispiel eines Thermoplasts
14
2.2.3 Aufschäumen von Polystyrol (Versuch 2b)
15
2.3.1 Der Universalkunststoff Polyurethan (Versuch 3)
16
2.3.2 Polyurethan – Beispiel eines Elastomers
19
2.4 Verbrauch und Verwendung von Kunststoffen
20
3. Additive in Kunststoffen
21
3.1 Bestimmung des PVC-Gehalts nach Schöninger (Versuch 4)
21
3.2 Funktionsweise von Weichmachern
24
4. Kunststoffmüll
26
4.1 Recycling einer PET-Flasche (Versuch 5)
26
4.2 Reduktion von Metalloxiden mit PE
30
5. Schlussbetrachtung
31
6. Bibliographie
32
2
1. Ein feuriger Beginn
1.1 Definition
„Kunststoffe sind makromolekulare organische Werkstoffe, die durch Umwandlung von
Naturprodukten oder aus niedermolekularen Stoffen hergestellt werden“1. Bei den ersten
Kunststoffen, die hergestellt wurden, handelte es sich um halbsynthetische Kunststoffe, d. h.
um Kunststoffe, die durch Umwandlung von Naturprodukten hergestellt wurden. Kunststoffe,
die aus niedermolekularen Stoffen hergestellt wurden, bezeichnet man als vollsynthetische
Kunststoffe.
1.2 Ein historischer Überblick
1846 entdeckte der deutsche Chemiker Christian Friedrich Schönbein zufällig, dass unter
Einwirkung von Nitriersäure auf Baumwolle ein explosiver Stoff, Cellulosenitrat oder auch
Schießbaumwolle, entsteht. Er verschüttete auf seiner Laborbank sowohl Schwefelsäure, als
auch Salpetersäure und wischte beide Säuren mit seiner Baumwollschürze auf. Nachdem er
diese zum Trocknen über den Ofen hing, verbrannte sie rückstandslos.
Die Entdeckung der Schießbaumwolle war ein erster wichtiger Schritt zur Herstellung des
ersten halbsynthetischen Kunststoffes, der wenige Jahre später erfunden wurde: 1869 ärgerte
sich
ein
amerikanischer
Billardspieler,
dass
seine
Billardkugeln,
hergestellt
aus
Naturprodukten wie beispielsweise Elfenbein, viele Unregelmäßigkeiten besaßen und deshalb
nicht immer geradeaus lief. Er bot demjenigen 10.000 Dollar, der ihm ein besseres und
gleichmäßigeres Material bringen würde. Die amerikanischen
Brüder Hyatt lösten die Schießbaumwolle in einem Gemisch
von Kampfer und Alkohol, ließen das Lösungsmittel
verdampfen und erhielten einen neuen Stoff, den sie Celluloid
nannten. Dieser Stoff war durchsichtig wie Glas, aber zäher als
Leder, man konnte ihn wunderbar färben und er war bei
niedrigen
Temperaturen
schmelzbar.2
Celluloid
wurde
beispielsweise als Unterlage für fotographische Filme in der
Abb. 1: Billardkugel aus
Celluloid3
1
Schüler-Duden 1988: 240.
Vgl. Kunststoffe – Werkstoffe unserer Zeit 1990: 28.
3
Online im Internet: URL: http://www.deutsches-kunststoff-museum.de [Stand: 27.10.2003]
2
3
Kinotechnik verwendet, oder wird noch heute für die Herstellung von Tischtennisbällen
benutzt. Hauptnachteil war die leichte Entflammbarkeit, weshalb es später durch andere
Kunststoffe ersetzt wurde.
1883 entwickelt der Engländer Joseph Wilson Swan ein Verfahren zur Herstellung von
Kunstseide aus Cellulosenitrat, doch sehr schnell geriet diese Seide, ebenfalls aufgrund der
leichten
Entflammbarkeit
des
Materials,
in
Verruf
und
erhielt
den
Beinamen
„Schwiegermutterseide“, da entsprechend eines makaberen Witzes ein Funke genüge, um aus
einer bösen Schwiegermutter einen Engel zu machen.
1885 wurde schließlich ein weiterer halbsynthetischer Kunststoff von den deutschen
Chemikern Spitteler und Krischa hergestellt, das „Kunsthorn“. Hierbei verwendeten sie nicht
das natürliche Makromolekül Cellulose, sondern mit Casein ein Protein, welches sie mit
Natronlauge und Formaldehyd versetzten. Das entstehende Produkt war äußerst hart und
wurde für die Herstellung alltäglicher Gebrauchsgegenstände wie beispielsweise Knöpfe oder
Kämme verwendet.
1.3 Herstellen von Schießbaumwolle (Demonstration 1)4
Chemikalien:
4
Stoff
Gefahrensymbol
R-Sätze
S-Sätze
H2SO4(konz.)
C
35
26-30-45
HNO3(konz.)
C
35
23.2-26-36/37/39-45
Watte (100% Baumwolle)
-
-
-
Online im Internet: URL: http://www.experimentalchemie.de [Stand: 27.10.2003]
4
Geräte:
100 mL Becherglas, Glasstab, Feuerzeug, Eisbad, Exsikkator
Durchführung:
In einem Becherglas (100 mL) werden unter Eiskühlung vorsichtig zu 17 mL
rauchender Salpetersäure 20 mL konzentrierte Schwefelsäure gegeben. Die
Temperatur der Lösung darf hierbei nicht zu stark ansteigen.
Nun werden 1,5 g Watte etwa 10 Minuten mit Hilfe des Glasstabs in der hergestellten
Nitriersäure geknetet, daraufhin gewaschen und ausgewrungen. Anschließend wird die
Watte gezupft und in einem Exsikkator mit Silicagel getrocknet.
Beobachtung:
Wird die getrocknete Watte mit Hilfe eines Feuerzeuges angezündet, verbrennt sie
rückstandslos.
Reaktionsgleichung:
Auswertung:
Unter Einwirkung von Nitriersäure werden die freien Hydroxyl-Gruppen des
Cellulose-Grundmoleküls nitriert.
5
1.4 Herstellen von Kunsthorn5
Chemikalien:
Stoff
Gefahrensymbol
R-Sätze
S-Sätze
Eisessig (w = 1,0)
C
10-35
23.2-26-45
Natronlauge (w = 0,2)
C
35
26-36/37/39-45
Formalinlösung (w = 0,1)
T
20/21/22-36/37/38-
26-36/37-45-51
39/23/24/25-40-43
Magermilch
-
-
-
Geräte:
Bechergläser (600 mL, 100 mL), Uhrglas, Tropfpipette, Indikatorpapier, Leinentuch,
Exsikkator
Durchführung:
Zunächst wird aus Magermilch (nicht homogenisiert) das Casein ausgefällt. Zu diesem
Zweck werden zu 0,5 L Magermilch etwa 3-5 mL Eisessig gegeben, wobei der pHWert auf etwa 4,7 eingestellt werden sollte. Nach 2-3 Stunden wird der entstandene
Niederschlag durch ein Leinentuch filtriert, mit dest. Wasser gewaschen und im
Exsikkator getrocknet.
5 g des getrockneten Casein-Pulvers werden daraufhin mit ca. 10 mL dest. Wasser und
2 mL Natronlauge (w = 0,2) zu einem zähen Brei verarbeitet, über Nacht einwirken
lassen und anschließend in etwa 30 mL Formalinlösung (w = 0,1) drei Wochen
aufbewahrt, nachdem das Becherglas mit Hilfe eines Uhrglases verschlossen wurde.
Schließlich wird das erhaltene Produkt erneut getrocknet.
Auswertung:
Durch Einwirkung von Formaldehyd werden unter Abspaltung von Wasser die
Eiweißstoffe chemisch verändert und zu einem Kunststoff vernetzt. (Anmerkung: Bis
zu diesem Zeitpunkt wurden im Vortrag auf die Reaktionsmechanismen noch nicht
näher eingegangen. Bei dieser Reaktion handelt es sich um eine Polykondensation. Im
Labor hergestelltes Kunsthorn wurde herumgereicht.)
5
Röhmer 1986: 36.
6
2. Grundlegende Kunststoffsynthesen und Strukturen
2.1.1 Bakelit – der erste vollsynthetische Kunststoff (Versuch 1)
Der erste vollsynthetische Kunststoff wurde schließlich im Jahre 1907 von dem belgischen
Chemiker Baekeland erfunden, indem er Resorcin mit Formaldehydlösung in Gegenwart von
Natronlauge versetzte und so ein Phenolharz herstellte, welches er Bakelit nannte.
Chemikalien:
Stoff
Gefahrensymbol
R-Sätze
S-Sätze
Natronlauge (w = 0,2)
C
35
26-36/37/39-45
Formalinlösung (w = 0,1)
T
20/21/22-36/37/38-
26-36/37-45-51
39/23/24/25-40-43
Resorcin
Xn, N
22-36/38-50
26-61
Geräte:
Reagenzglas, Reagenzglasklammer, Bunsenbrenner mit Schlauch, Feuerzeug, Spatel
Durchführung:
Etwa 2 g Resorcin werden in einem Reagenzglas mit etwa 3 mL Formaldehydlösung
versetzt. Anschließend werden 5 Tropfen Natronlauge hinzugefügt und über dem
Bunsenbrenner erhitzte.
Beobachtung:
Schon während des Erhitzens entsteht eine bräunliche feste Masse.
Reaktionsgleichung/ -mechanismus:

OH
O

O
O
O

OH

+ H2O
-H2O
OH
OH
OH

OH
OH
7
H
O

O
C
O
H
H
O

O
O

H2O
-OH
OH
O
H
O
H
H
-H2O
OH
OH
OH

O
H2C

O
O
O
OH
H
C
H
+

OH
OH
OH
OH
OH
OH
H
OH
OH
OH
O
OH
CH2
OH
OH
OH
OH
CH2OH
HO
OH
OH
OH
OH
OH
OH
OH
+ H2O
HO
OH
OH
OH
OH
OH
Auswertung:
Bei dieser Reaktion handelt es sich um eine Polykondensation, die Produkte sind so
genannte Polykondensate. Charakteristisch ist, dass die Reaktion in Stufen und unter
Abspaltung von Nebenprodukten, wie in diesem Fall beispielsweise Wasser, verläuft.
Schematisch kann man sich die Reaktion ungefähr folgendermaßen vorstellen:
8
6
Abb.2:
Bakelite wurden in der Folgezeit ebenfalls für die Herstellung vieler
alltägliche Gebrauchsgegenstände verwendet, wie z. B. Küchengeräte,
Radiogeräte oder Steckdosen.
Abb. 3: Waage aus Bakelit7
2.1.2 Bakelit – Beispiel eines Duroplasten
Als Produkt entsteht bei diesem Versuch mit Bakelit ein hochvernetzter Kunststoff, ein
Duroplast. Das charakteristische Merkmal von Duroplasten ist der hohe Vernetzungsgrad:
Abb. 4: Struktur eines Duroplasten
Die wesentliche Eigenschaft von Duroplasten ist die chemische und thermische
Widerstandsfähigkeit. Sie werden beim Erhitzen nicht weich und schmelzen nicht, sondern
zersetzen sich, da ihre Schmelztemperatur über der Zersetzungstemperatur liegt:
Abb. 5: thermische Widerstandsfähigkeit eines Duroplasten8
6
Online im Internet: URL: http://www.chemie.fu-berlin.de/fb/fachdid/kunststoffe/index.htm [Stand: 27.10.2003]
Online im Internet: URL: http://deutsches-kunststoff-museum.de [Stand: 27.10.2003]
8
Kunststoffe – Werkstoffe unserer Zeit 1990: 27.
7
9
2.1.3 Verwendung als Ionenaustauscher (Demonstration 2)9
Neben der Verwendung von Bakelit für die Herstellung von Gebrauchsgegenständen soll an
dieser Stelle eine chemische Anwendung näher betrachtet werden, und zwar die Anwendung
als Kunstgerüst bzw. Kunstharz in Ionenaustauschern.
Chemikalien:
Stoff
Gefahrensymbol
R-Sätze
S-Sätze
Natronlauge (c = 1 mol/ L)
C
34
26-36/37/39-45
4-Sulfanilsäure
Xi
36/38-43
24-37
Salzsäure (c = 4 mol/ L)
C
34
26-36/37/39-45
Salzsäure (c = 2 mol/ L)
-
-
-
Natriumnitrit
O, T, N
8-25-50
45-61
Natriumchlorid (gesättigt)
-
-
-
Kupfersulfatlösung
Xn, N
22-36/38-50/53
22-60-61
(w = 0,05)
Geräte:
Erlenmeyerkolben (500 mL), 2 Bechergläser (100 mL), 2 Bechergläser (250 mL),
Messzylinder (100 mL), Ionenaustauschersäule, Tropftrichter (100 mL), Glasstab,
Saugflasche, Büchnertrichter, Filterpapier, Eisbad, Exsikkator mit Silicagel
Durchführung:
Zu 4 g des selbst hergestellten und gemörserten Bakelits werden in einem
Erlenmeyerkolben (500 mL) 100 mL Natronlauge (c = 1 mol/ L) gegeben. In einem
Becherglas (100 mL) werden 10 g 4-Sulfanilsäure in 25 mL Natronlauge gelöst und
mit 5 g Natriumnitrit, welches zuvor in einem weiteren Becherglas (100 mL) in 50 mL
dest. Wasser gelöst wurde, versetzt. Diese Mischung wird daraufhin langsam unter
Rühren und Kühlung mit Eis in ein Becherglas (250 mL) mit 50 ml Salzsäure gegeben.
Die Temperatur darf hierbei 5 °C nicht überschreiten. Die entstandene Suspension
rührt man anschließend rasch in den Erlenmeyerkolben mit dem Bakelit.
Das Gemisch wird unter gelegentlichem Rühren etwa 1-2 h stehen gelassen; eine
eventuelle
9
Kristallisation
wird
durch
Zugabe
weniger
Tropfen
gesättigter
Online im Internet: URL: http://dc2.uni-bielefeld.de/ [Stand: 27.10.2003]
10
Natriumchloridlösung beschleunigt. Der ausgefallene Niederschlag wird abgenutscht,
mit dest. Wasser gewaschen und schließlich im Exsikkator getrocknet.
Die getrockneten Kristalle werden in eine Ionenaustauschersäule überführt und
nochmals mit dest. Wasser gespült, bis der gesamte Farbstoff herausgespült wurde.
Die Ionenaustauschersäule wird mit dem Tropftrichter verbunden, in denen daraufhin
etwa 80 mL Salzsäure (c = 2 mol/ L) eingefüllt werden. Bei langsamer
Tropfgeschwindigkeit wird nun der Ionenaustauscher mit der Salzsäure gespült und
anschließend mit dest. Wasser neutral gewaschen.
Der Nachweis für die Funktionstauglichkeit des selbst hergestellten Ionenaustauschers
kann nun mit Hilfe einer Kupfersulfatlösung gezeigt werden, indem man etwa 20 mL
dieser
Lösung,
wiederum
bei
langsamer
Tropfgeschwindigkeit,
durch
die
Austauschersäule fließen lässt. Ein saurer pH-Wert im Eluat zeigt an, dass zumindest
partiell die H+-Ionen durch die Cu2+-Ionen ausgetauscht wurden.
Beobachtung:
Sobald die Mischung aus Sulfanilsäure, Natriumnitrit und Salzsäure zu dem Bakelit
gegeben wird, beginnt sich ein Teil des Kunststoffs unter starker Gasentwicklung zu
lösen. Die ausfallenden Kristalle sind dunkelrot und müssen mit sehr viel Wasser
gewaschen werden.
Nach einbringen der Kupfersulfatlösung in die Austauschersäule kann ein saurer pHWert im Eluat nachgewiesen werden.
Reaktionsgleichung:
HO3S
NH2
+ NO2-(aq) + Cl-(aq) + 2 H3O+(aq)
OH
HO3S
N
+
N
+
OH
OH
HO
OH
+ 4 H2O
OH
11
HO3S
HO3S
OH
OH
OH
OH
H
N
N
N
N
O
- HCl
HO
OH
OH
HO
OH
OH
OH
Auswertung:
Durch die Azokupplung von 4-Sulfanilsäure auf Bakelit ist ein stark saurer Kationenaustauscher entstanden. Dadurch, dass im Eluat H3O+-Ionen nachgewiesen werden
konnten, ist die Funktionsfähigkeit des Ionenaustauschers bewiesen.
2.2.1 Vom Polystyrol zum Styropor (Versuch 2a)10
Ein
noch
heute
sehr
häufig
verwendeter Kunststoff ist Polystyrol,
beispielsweise als Joghurtbecher, oder
auch
als
Kinderspielzeug.
Wenn
Polystyrol aufgeschäumt wird, entsteht
z. B. Styropor, welches hervorragende
Isolatoreigenschaften besitzt.
Abb. 6: Joghurtbecher und Spielzeug aus Polystyrol11
Chemikalien:
Stoff
Gefahrensymbol
R-Sätze
S-Sätze
Dibenzoylperoxid
E, Xi
2-36-43
3/7-14.9-24-36/37/39
Styrol
Xn
10-20-36/38
23.2
Geräte:
Reagenzglas, Reagenzglasklammer, Bunsenbrenner mit Schlauch, Feuerzeug, Spatel
10
11
Röhmer 1986: 36.
Online im Internet: URL: http://www.deutsches-kunststoff-museum.de [Stand: 27.10.2003]
12
Durchführung:
In einem Reagenzglas löst man etwa 1 g Dibenzoylperoxid in etwa 3 mL Styrol und
erhitzt die Lösung ca. 5-10 min. über dem Bunsenbrenner.
Beobachtung:
Schon während des Erhitzens wird die Lösung zähflüssig und erhärtet beim Erkalten.
Reaktionsgleichung:
1. Bildung der Startradikale
O
O

O
O
2
O


O
Phenylradikal
Dibenzoylperoxid
2. Kettenstart
H

H
C
+
C
H
H
H
C
C

H
3. Kettenwachstum
H
H
C
C
H

H
H
C
+
H
C
H
H
H
H
C
C
C
C
H

H
Auswertung:
Bei dieser Reaktion handelt es sich um eine radikalische Polymerisation, die mit Hilfe
eines Initiators, in diesem Fall Dibenzoylperoxid, gestartet wurde. In einer
Kettenreaktion entstehen schließlich aus Monomeren, die mindestens eine
Doppelbindung enthalten, Polymerisate. Im Gegensatz zu der Polykondensation
verläuft diese Reaktion ohne erkennbare Stufen und ohne Abspaltung (oder
13
Umlagerung)
von
Molekülbestandteilen.
Schematisch
kann
man
sich
eine
Polymerisation folgendermaßen vorstellen:
12
Abb. 7:
2.2.2 Polystyrol – Beispiel eines Thermoplasts
Als Produkt entstehen bei dieser Reaktion lange, unverzweigte, zum Teil gestrauchte
Polymerketten,
so
genannte
Thermoplasten.
Das
charakteristische
Merkmal
von
Thermoplasten ist demzufolge nicht der Vernetzungsgrad, sondern der Polymerisationsgrad,
d. h. die Kettenlänge.
Abb. 8: Struktur eines Thermoplasts13
Die langen Molekülketten können zudem sowohl geordnet, als auch ungeordnet vorliegen und
somit Kristalle oder amorphe Festkörper bilden. Die Kristallinität von Thermoplasten wird
beispielsweise dadurch unterstützt, dass die Kunststoffe langsam aushärten.
Abb. 9: Amorphe Struktur14
Abb. 10: Teilkristalline Struktur15
12
Online im Internet: URL: http://www.chemie.fu-berlin.de/fb/fachdid/kunststoffe/index.htm [Stand: 27.10.03]
Online im Internet: URL: http://www.chemie.fu-berlin.de/fb/fachdid/kunststoffe/index.htm [Stand: 27.10.03]
14
Online im Internet: URL: http://pz.bildung-rp.de [Stand: 27.10.2003]
15
Online im Internet: URL: http://pz.bildung-rp.de [Stand: 27.10.2003]
13
14
Die wesentliche Eigenschaft von Thermoplasten ist, dass sie beim Erwärmen erweichen, also
verformbar sind und beim Abkühlen wieder erhärten.
Abb. 11: Verformbarkeit eines Thermoplasts16
Die Eigenschaften von Thermoplasten können allerdings durch eine Änderung der
Kristallinität bzw. des Polymerisationsgrades beeinflusst werden. Die Erhöhung der
Kristallinität bewirkt eine Zunahme der Dichte und der Festigkeit, während z. B. das
Verformungsvermögen
und
die
Transparenz
abnehmen.
Mit
zunehmendem
Polymerisationsgrad erhöhen sich die Zugfestigkeit, die Härte und die Schlagzähigkeit und es
verringern sich die Fließfähigkeit und die Kristallisationsneigung.
2.2.3 Aufschäumen von Polystyrol (Versuch 2b)17
Chemikalien:
Stoff
Gefahrensymbol
R-Sätze
S-Sätze
Essigsäureethylester
F, Xi
11-36-66-67
16-26-33
n-Pentan
F+, Xn, N
12-51/53-65-66-67 9-16-29-33-61-62
Geräte:
2 Bechergläser (250 mL), Becherglas (100 mL), Glasstab, Magnetrührer mit
Rührfisch, Pinzette, Uhrglas, Heizplatte
Durchführung:
Zunächst wird 1 g des selbst hergestellten Polystyrols mit Hilfe des Magnetrührers in
10 mL Essigsäureethylester gelöst. Gleichzeitig werden auf einer Heizplatte 200 mL
Wasser bis zum Sieden erhitzt.
16
17
Kunststoffe – Werkstoffe unserer Zeit 1990: 27.
A. Noll (u. a.) 1998: 21-22.
15
Nun gibt man die PS-Lösung in ein Becherglas (250 mL) mit 100 mL Pentan, wobei
das Polystyrol weiß ausfällt. Mit Hilfe eines Glasstabes wird das Agglomerieren
unterstützt. Der PS-Klumpen wird mit einer Pinzette entnommen und auf ein Uhrglas
gelegt, damit der größte Teil des außen anhaftenden Pentans verdampfen kann.
Schließlich wird der PS-Klumpen in das siedende Wasser überführt.
Beobachtung:
Sobald der PS-Klumpen in das siedende Wasser überführt wird, schäumt das
Polystyrol auf.
Auswertung:
n-Pentan dient bei diesem Versuch als Treibmittel; das expandierende und
verdampfende Pentan führt zur Ausbildung einer Schaumstruktur.
2.3.1 Der Universalkunststoff Polyurethan (Versuch 3)18
Polyurethan ist ein weiterer Kunststoff, der in
vielen Alltagsgegenständen, beispielsweise in
Sitzpolstern oder Schuhsohlen, zum Einsatz
kommt.
Abb. 12: Sitzpolster und Armaturen aus Polyurethan19
Chemikalien:
Stoff
Gefahrensymbol
R-Sätze
S-Sätze
Ethylenglykol
Xn
22
-
Diphenylmethan-4,4-
Xn
20-36/37/38-42/43
23.5-36/37-45
F, C
11-20/21/22-35
3-16-26-29-
diisocyanat
Triethylamin
36/37/39-45
18
19
Online im Internet: URL: http://dc2.uni-bielefeld.de/ [Stand: 27.10.2003]
Online im Internet: URL: http://www.pur-formteile.de [Stand: 27.10.2003]
16
Geräte:
Altes Gurkenglas (700 mL), Glasstab, 2 Bechergläser (100 mL)
Durchführung:
Zunächst werden in das alte Gurkenglas 30 g des Diisocyanats, in ein Becherglas (100
mL) 10 g Ethylenglykol mit etwa 2 mL Wasser und in ein weiteres Becherglas 2 g
Triethylamin abgewogen.
Um den Versuch zu starten werden nun zu dem Diisocyanat erst das Ethylenglykol,
dann das Triethylamin gegeben und die Mischung anschließend kräftigt mit Hilfe des
Glasstabs verrührt.
Beobachtung:
Schon nach wenigen Sekunden beginnt eine heftige Reaktion, es bildet sich ein harter
Schaum.
Reaktionsgleichungen:
1. Strukturen der Edukte
H
N
O
O
H
N
C
C
O
O
Diphenylmethan-4, 4-diisocyanat
Ethylenglykol
2. Funktion des Aktivators
N
+  H
O
R
OH
N
+  H
O
R
OH
Triethylamin
17
3. Reaktion des Dialkohols mit Diisocyanat
+  N
H
O
R
N
OH
H
 - ++
O
C
N
R'
N
C
+
O
O
C
N
R' N
O
H
O
C
R' N
N
R
C
O
OH
H
N
+
O
O
R
C
O
C
N
R'
N
C
O
R
OH
+
N
O
OH
Urethan-Bindung
4. Reaktionsmechanismus für die räumliche Vernetzung
O
R'
N
C
O
O
R
H
H
O
C
R'
N
C
O
C
N
N
O
O
R
R'
R'
N
N
C
O
O
C
N
H
R
R'
N
C
R'
C
O
N
C
O
O
5. Abspaltung von CO2
O
R'
N
C
O
+ H2O
R'
N
H
C
R
NH2 + CO2
OH
Auswertung:
Durch eine Polyaddition ist ein Polyurethan-Schaum entstanden. Wie bei der
Polykondensation verläuft die Reaktion in Stufen, wobei allerdings keine
Nebenprodukte abgespalten werden. Schematisch lässt sich die Reaktion wie folgt
beschreiben:
18
20
Abb. 13:
Durch ändern verschiedener Parameter lassen sich verschiedene Polyurethane mit
unterschiedlichen
Eigenschaften
herstellen.
Durch
Erhöhung
der
Isocyanat-
Konzentration entstehen stärker vernetzte Kunststoffe, anstelle von difunktionellen
Alkoholen bzw. Isocynaten können auch trifunktionelle eingesetzt werden, was
ebenfalls eine Erhöhung des Vernetzungsgrades zur Folge hat. Durch Änderung der
zugesetzten Wassermenge lässt sich zudem die Menge an entstehendem CO2 variieren
und demzufolge die Stärke der Schäumung.
2.3.2 Polyurethan – Beispiel eines Elastomers
Das wesentlich Merkmal von Elastomeren ist, dass sie sich auf mindestens das Doppelte ihrer
Länge dehnen lassen und anschließend in ihren Ausgangszustand zurückkehren, also
gummielastisch sind.
Dieses Phänomen kann mit der Entropie begründet werden. Elastomere sind in sich
verknäulte, ungeordnete und schwach verzweigte Moleküle, weil dieser Zustand der
energiegünstigste, da entropiereichste Zustand ist. Beim Dehnen nimmt die Entropie
demzufolge ab, beim Loslassen verknäulen sich die Moleküleketten erneut, das Elastomer
zieht sich wieder zusammen.
Abb. 14: Struktur eines Elastomers21
Das
charakteristische
Merkmal
von
Elastomeren
ist
wie
bei
Duroplasten
der
Vernetzungsgrad, durch deren Zunahme sich die Härte und Wärmebeständigkeit erhöht.
2.4 Verbrauch und Verwendung von Kunststoffen
20
21
Online im Internet: URL: http://www.chemie.fu-berlin.de/fb/fachdid/kunststoffe/index.htm [Stand: 27.10.03]
Online im Internet: URL: http://www.chemie.fu-berlin.de/fb/fachdid/kunststoffe/index.htm [Stand: 27.10.03]
19
Der Weltverbrauch an Kunststoffen lag im Jahre 2002 bei 210 Mio. t., wobei hierbei die
Standardkunststoffe wie Polyethylen (PE), Polyethylentherephthalat (PET), Polyvinylchlorid
(PVC), Polypropylen (PP) und Polystyrol am häufigsten zum Einsatz kommen:
PET
14%
PP
14%
PE
24%
PVC
12%
Sonstige
5%
PS/ EPS
6%
Duroplaste,
Lacke, Leime,
Harze
14%
technische
Kunststoffe
7%
PUR
4%
Abb. 15: Weltverbrauch an Kunststoffen22
Die Verwendung derselben ist in der Verpackungsindustrie und im Bauwesen am
begehrtesten:
Verpackungen
34%
Bauwesen
23%
Sonstige
(z. B. Medizin)
9%
Elektronik
11%
Haushaltswaren
2%
Klebstoffe,
Farben, Lacke
4%
Landwirtschaft
2%
Möbel
6%
Automobilindustrie
9%
Abb. 16: Verwendung von Kunststoffen23
22
23
Online im Internet: URL: http://www.basf.de [Stand: 27.10.03]
Online im Internet: URL: http://www.basf.de [Stand: 27.10.03]
20
3. Additive in Kunststoffen
Die Verarbeitung von Kunststoffen ist in erster Linie von ihren Eigenschaften abhängig, die
durch eine Reihe von Zusatzstoffen beeinflusst werden können, wie beispielsweise
Weichmacher, Flammschutzmittel, Gleit- und Trennmittel, Stabilisatoren, Farbmittel,
Füllstoffe, Schlagzähmodifikatoren und Treibmittel. Je nachdem in welchem Bereich der
Kunststoff zum Einsatz kommen soll, werden ihm Additive zugesetzt. Am Beispiel des PVCs
soll dieses veranschaulicht werden:
Produktgruppen
Füllstoffe
Weichmacher
Stabilisatoren
Pigmente
Fensterprofile
0 - 12 %
-
2–4%
2–5%
Rohre
0-4%
-
2–3%
2%
Fußbodenbeläge
25 – 50 %
10 – 20 %
0,5 – 1 %
1%
Kabelmassen
10 – 50 %
25 – 40 %
1–3%
1–3%
Es besteht ein genereller Unterschied zwischen Hart-PVC, der beispielsweise in Rohren oder
Fensterrahmen zum Einsatz kommt und dem keine Weichmacher zugesetzt wurden, sowie
Weich-PVC, der einen hohen Weichmacheranteil besitzt, da er zum Beispiel als Kabelmasse
oder als Fußbodenbelag verwendet wird und somit elastisch bleiben muss.
3.1 Bestimmung des PVC-Gehalts nach Schöninger (Versuch 4)24
In einem Experiment soll nun der Massenanteil an reinem PVC in einem PVC-Schlauch
bestimmt werden.
Chemikalien:
Stoff
Gefahrensymbol
R-Sätze
S-Sätze
PVC-Schlauch
-
-
-
Natronlauge (c = 0,1 mol/ L)
-
-
-
Phenolphthalein
F
11
7-16
O
8
17
(ethanolisch)
O2-Gas
24
Online im Internet: URL: http://www.uni-frankfurt.de/didachem/cdonline/pvc.html [Stand: 28.10.2003]
21
Geräte:
2 Erlenmeyerkolben (1L und 300 mL), Gummistopfen (passend für Erlenmeyerkolben
1L), Verbrennungslöffel, Bürette (20 mL), Vollpipette (50 mL), Magnetrührer mit
Rührfisch, PVC-Schlauch, Schlauchschelle, Filterpapier, Stativmaterial, Feuerzeug,
Schere, Uhrglas
Aufbau:
Durchführung:
Zunächst wird der Gummistopfen, der den 1L-Erlenmeyerkolben dicht verschließen
sollte, mit dem glühendem Ende des Verbrennungslöffels durchbohrt.
Anschließend wird eine PVC-Probe eingewogen, wobei die Masse der Probe 100 mg
nicht überschreiten sollte. Mit Hilfe eines Filterpapiers wird ein kleines Tütchen
gefaltet, in welches die PVC-Probe überführt wird.
Als weitere Vorbereitungsmaßnahmen werden in den Erlenmeyerkolben (1L) exakt
150 mL dest. Wasser gefüllt, sowie die Bürette mit Natronlauge gefüllt (c = 0,1 mol/
L).
Nun wird der Erlenmeyerkolben mit Sauerstoffgas aus der Stahlflasche gespült und
gefüllt. Damit kein Sauerstoff entweicht wird dieser sofort mit einem Uhrglas
verschlossen. Auf den Verbrennungslöffel wird anschließend das Filterpapiertütchen
mit der PVC-Probe gelegt und angezündet. Sobald das Filterpapier zu brennen anfängt
wird
das
Uhrglas
durch
den
Gummistopfen
ausgetauscht,
so
dass
der
Verbrennungslöffel in den Erlenmeyerkolben hineinragt, allerdings keine Berührung
mit dem darin befindlichem dest. Wasser auftritt.
22
Nachdem die Probe vollständig verbrannt ist, werden die entstehenden Gase sorgfältig
im Wasser ausgeschüttelt, bevor der Erlenmeyerkolben wieder geöffnet werden kann.
Daraufhin werden mit der Vollpipette (50 mL) genau 50 mL Flüssigkeit entnommen
und in einen weiteren Erlenmeyerkolben (300 mL) überführt. Die Lösung wird mit 2-3
Tropfen Phenolphthalein-Lösung versetzt und schließlich mit Natronlauge titriert.
Beobachtung:
Nachdem die Probe entzündet und in die Sauerstoffatmosphäre des Erlenmeyerkolben
überführt wurde, glüht diese auf und verbrennt vollständig unter Bildung von weißem
Nebel.
Reaktionsgleichung:
H
H
C
C
H
Cl
+ 2,5 O2(g)  2 CO2(g) + HCl(g) + H2O
n
NaOH(aq) + HCl(aq) 
Na+(aq) + Cl-(aq) + H2O

Auswertung:
Zur Bestimmung des PVC-Anteils der Probe wird von der molekularen Masse der
monomeren Einheit ausgegangen. Der durch die Vernachlässigung der Endgruppen
entstehende Fehler fällt bei durchschnittlich 1000-2000 monomeren Einheiten pro
Molekül nicht ins Gewicht.
Die Stoffmenge an NaOH entspricht der Stoffmenge an HCl bzw. an PVC. Daraus
folgt:
n( PVC)  c( NaOH ) V ( NaOH )
m( PVC)  n( PVC)  M ( PVC) VF
M (PVC) = 62,498 g/ mol
VF = Vervielfältigungsfaktor
Auf Basis dieser Ergebnisse kann anschließend der Massenanteil von PVC in der
PVC-Probe bestimmt werden:
23
m( PVC)
m( gesamt )
w
In der Literatur wird der PVC-Gehalt im PVC-Schlauch mit knapp 70 %, beim PVCRohr – also Hart-PVC – mit knapp 90 % angegeben25:
Produkt
PVC-Gehalt
Füllstoff-Gehalt
Weichmacher-Gehalt
PVC-Schlauch
66 %
-
30 %
PVC-Rohr
89 %
7%
-
Auffällig ist der hohe Weichmacher-Gehalt im PVC-Schlauch. Aus diesem Grund soll
im folgendem Kapitel die Funktionsweise von Weichmachern näher betrachtet
werden.
3.2 Funktionsweise von Weichmachern
Weichmacher verleihen den Produkten elastische Eigenschaften. Die Wirksamkeit beruht
hierbei auf zwei Haupteffekten. Erstens werden die Kohäsionskräfte reduziert, da sich die
Weichmachermoleküle
zwischen
die
Kunststoffketten
schieben,
zweitens
führen
Adhäsionskräfte zwischen Kunststoffstrang und Weichmacher zu „Ausbuchtungen“, was
einen so genannten „Scharniereffekt“ bewirkt. In einer Skizze sollen diese Effekte
veranschaulicht werden.
Hierbei werden zunächst zwei PVC-Kunststoffstränge betrachtet:
H
Cl
H
Cl
H
H
25
H
Cl
H
H
H
Cl
H
H
H
Cl
H
H
H
H
H
Cl
H
H
Cl
H
H
H
H
Cl
H
H
H
Cl
H
H
H
Cl
H
H
H
H
H
H
Online im Internet: URL: http://www.uni-frankfurt.de/didachem/cdonline/pvc.html [Stand: 28.10.2003]
24
Der Einfachheit bzw. Übersicht halber werden in diesen Strängen im folgenden Schritt
nur die partiellen Ladungen betrachtet:
+
-
-
+
-
+
+
-
+
-
-
+
-
+
+
-
+
-
-
+
Wenn nun ein Weichmacher – in diesem Fall Trikresylphosphat – in das System
eingebracht wird, entstehen deutlich sichtbare „Ausbuchtungen“:
+
-
+
-
CH3
+
+
O
+
-
O
P
O
CH3
-
+
O
+
+
-
CH3
+
-
+
25
4. Kunststoffmüll
4.1 Recycling einer PE-Flasche (Versuch 5)26
Die Trennung von Müll ist in Deutschland
schon
fast
zur
Selbstverständlichkeit
geworden, doch was passiert mit den „gelben
Säcken“? In diesem Experiment soll eine
Möglichkeit gezeigt werden, wie aus einer
PET-Flasche die ursprünglich eingesetzten
Edukte zurück gewonnen werden können, die
anschließend erneut zur Herstellung von
Abb. 17: Recyclingprodukt Fleece-Pulli27
Polyethylentherephthalat dienen können.
Chemikalien:
Stoff
Gefahrensymbol
R-Sätze
S-Sätze
PET-Probe
-
-
-
Natronlauge (w = 0,4)
C
35
26-36/ 37/ 39-45
HCl (w = 0,37)
C
34-37
26-36/ 37/ 39-45
HNO3 (w = 0,5)
C
35
23.2-26-36/ 37/ 39-45
Ce(SO4)2  4 H2O
Xi
36/ 38
26
Ethylenglykol
Xn
22
-
Geräte:
Dreihals-Rundkolben NS 29 (250 mL), 2 Schliffstopfen NS 29, Rückflusskühler NS
29 (20-30 cm), Magnetrührer mit Rührfisch, Heizpilz, Pulvertrichter, PVC-Schläuche,
Schlauchschellen,
Saugflasche
(500
mL),
Büchnertrichter,
Membranpumpe,
Rundfilter, 3 Reagenzgläser, Reagenzglasständer, Glasstab, Becherglas (600 mL),
Stativmaterial
26
27
Online im Internet: URL: http://dc2.uni-bielefeld.de/ [Stand: 27.10.2003]
Heike Schiffler 2003: 9.
26
Aufbau:
RD1 4
45o
RD1 4
45o
NS 29
NS 29
15o
-15o
250 mL
500 mL
LaboBib
300
50
©
AN
AN
AUS
AUS
1500
100
o
0 U/min
250
500
C
200
150
1000
750
Durchführung:
a. Herstellen des Cersulfat-Reagenzes
1 g Cer(IV)-Sulfat wird in 2,5 mL Salpetersäure (c = 2 mol/ L) gelöst.
b. Hydrolyse von Polyethylentherephthalat
Zunächst wird die Apparatur entsprechend der Versuchsskizze aufgebaut.
Anschließend werden 100 mL Natronlauge (w = 0,4) im Dreihalsrundkolben unter
Rühren zum Sieden gebracht, woraufhin 5 g klein geschnittener PET-Müll
hinzugegeben werden. Nach einer Siedezeit von 20 Minuten wird die Heizquelle
entfernt.
c. Nachweis von Ethylenglykol
Die abgekühlte Lösung wird daraufhin abgenutscht, von dem Filtrat werden
wenige mL in ein Reagenzglas überführt und mit Hilfe von Salpetersäure (w = 0,5)
deutlich sauer eingestellt. In ein weiteres Reagenzglas werden wenige mL dest.
Wasser gefüllt, in ein drittes wenige mL Ethylenglykol.
Nun werden einige Tropfen Cersulfat-Reagenz in jedes der drei Reagenzgläser
gegeben.
Beobachtung:
Nachdem die PET-Stücke zu der siedenden Natronlauge gegeben wurden, entsteht
unter Lösen des Kunststoffs ein weißes Salz, welches anschließend durch Abnutschen
der Lösung isoliert werden kann.
27
Sobald zu dem sauer eingestellten Filtrat einige Tropfen Cersulfat-Reagenz gegeben
werden, ist insbesondere an der Eintrittsstelle eine deutliche Rotfärbung der Lösung zu
beobachten, bedingt durch die Anwesenheit von Ethylenglykol. Diese Rotfärbung ist
somit ebenfalls bei dem mit Ethylenglykol gefülltem Reagenzglas zu beobachten,
jedoch nicht bei dem mit dest. Wasser.
Reaktionsgleichung:
a. Hydrolyse von PET
O
O
O
C
C
O
C
O
O
C
O
H
H
C
C
H
H
H
H
C
C
H
H
O
H
H
C
C
H
H
+
O
C
+”
C
O
O
OH
O
C
+
C
y
C
O”
H
O
H
H
C
C
H
H
H
H
C
C
H
H
O
O
H
H
C
C
H
H
O
O
C
C
” O
C
O”
di-Natriumterephthalat
Na
+
n
O
x
O
O
O
C
C
n HO
O
x
O
C
Na
C
O
OH
y
O
O
n
O
n
OH 

O
O
”
O
OH
Ethylenglykol
b. Nachweis von Ethylenglykol
[Ce(NO3)6]2-(aq) + ROH(aq)  [Ce(OR)(NO3)5]2-(aq) + HNO3(aq)
Auswertung:
Durch Hydrolyse sind di-Natriumterephthalat (bzw. Terephthalsäure) und Ethylenglykol entstanden, also die Edukte, die bei der Herstellung von PET eingesetzt werden.
28
4.2 Reduktion von Metalloxiden mit PE28
Neben dem Recycling von Kunststoffmüll wird dieser auch als
Reduktionsmittel beispielsweise bei der Darstellung von Eisen im
Hochofenprozess eingesetzt. In diesem Experiment soll dieser Vorgang am
Beispiel von Polyethylen-Müll veranschaulicht werden.
Abb. 18: Hochofen29
Chemikalien:
Stoff
Gefahrensymbol
R-Sätze
S-Sätze
PE-Müll
-
-
-
Eisen(III)-oxid
-
-
-
Geräte:
Reagenzglas, Reagenzglasklammer, Bunsenbrenner, Porzellanschale, Magnet, Spatel
Durchführung:
In einem Reagenzglas werden einige Spatelspitzen Eisen(III)-oxid mit der doppelten
Menge an PE-Müll vermischt und über dem Bunsenbrenner erhitzt. Nachdem das
Gemenge gut durchgeglüht ist, wird dieses in eine Porzellanschale überführt und mit
dem Magnet untersucht.
Beobachtung:
Sobald das Gemenge erhitzt wird entsteht weißer Nebel. Das entstehende Produkt ist
magnetisch geworden.
Reaktionsgleichung:
a. Cracken von PE:
-2 +1
„C2H4“(s)
28
29
0
0
2 C(s) + 2 H2(g)
Online im Internet: URL: http://dc2.uni-bielefeld.de/ [Stand: 27.10.2003]
Online im Internet: URL: http://www.lfa.uni-wuppertal.de/lfadeu/hielsche/berichte.htm [Stand: 28.10.2003]
29
b. Reduktion von Eisen(III)-oxid:
+3
0
0
+1
Fe2O3(s) + 3 H2(g)  2 Fe(s) + 3 H2O(g)
Auswertung:
Bei dem entstehendem Produkt handelt es sich also um Eisen, PE-Abfälle können also
als Reduktionsmittel fungieren.
30
5. Schlussbetrachtung
Kunststoffe sind aus dem täglichen Alltag nicht mehr wegzudenken. Egal ob in
Verpackungen, Büromaterial oder Hifi-Geräten – Kunststoffe ersetzten viele herkömmliche
Materialien und die Tendenz ist weiter steigend, wie die nachstehende Grafik deutlich zeigt.
Somit sind Kunststoffe als Schulthema durchaus empfehlenswert, da es sich bei ihnen um ein
Thema mit einem hohen Alltagsbezug handelt.
31
6. Bibliographie
Arbeitsgemeinschaft Deutsche Kunststoff-Industrie: Kunststoffe – Werkstoffe unsere Zeit.
Frankfurt am Main 41990.
Gotzmann, Gerhard: Kunststoffe und ihre Verarbeitung. In: Naturwissenschaften im
Unterricht Nr. 14 (1986). S. 148-151.
Heimgärtner, Harald: Polyurethane – Kunststoffe wie vom Reißbrett. In: Praxis der
Naturwissenschaften-Chemie Nr. 6 (1988). S. 34-37.
Keune, Herbert/ Frühauf, Dieter: Das Erkennen gebräuchlicher Kunststoffe mit einfachen
Mitteln. In: Naturwissenschaften im Unterricht Nr. 4 (1986). S. 160-170.
Kubik, Günter: Kunststoff heute – eine Übersicht. In: Naturwissenschaften im Unterricht Nr.
4 (1981). S. 136-142.
Latzel, Gert: Das Thema „Kunststoffe“ im Grundkurs Chemie. In: Praxis der
Naturwissenschaften-Chemie Nr. 6 (1988). S. 8-18.
Menges, Georg: Werkstoffkunde der Kunststoffe. München, Wien: Hanser 1979.
Noll, Andreas: Kunststoffmüll, ein Problem der Umwelt und ein Thema in der Schule.
Lehrerfortbildungskurs. Fachbereich Chemie der Philipps-Universität Marburg: 25.02.1998.
Noll, Andreas, Rickelt, Elisabeth, Schween, Michael: Standardexperimente zum Thema
„Polymere“ II – Sechs weitere Versuche. Lehrerfortbildungskurs. Fachbereich Chemie der
Philipps-Universität Marburg: 26.03.1998.
Runget, Franz/ Taeger, Eberhard: Einführung in die Chemie und Technologie der
Kunststoffe. Berlin: Akademie-Verlag 1976.
Röhmer, Frank: Kunststoffe im Experiment. In: Naturwissenschaften im Unterricht Nr. 14. S.
176-186.
Schiffler, Heike: Recycling – dahinter steht die größte Bürgerinitiative. In: punkt rapid (Juni
2003).
32
Schwahn, Manfred: Kunststoffe – historisch betrachtet. In: Praxis der NaturwissenschaftenChemie Nr. 6 (1988). S. 2-7.
Internet
http://www.uni-frankfurt.de/didachem/cdonline/pvc.html
http://dc2.uni-bielefeld.de/
http://www.fbv.fh-frankfurt.de/mhwww/KUT/indexkut.htm
http://timms.uni-tuebingen.de/index.html
http://www.experimentalchemie.de/index-01.htm
http://www.basf.de
http://www.gdch.de
http://www.lfa.uni-wuppertal.de/lfadeu/hielsche/berichte.htm
http://www.chemie.fu-berlin.de/fb/fachdid/kunststoffe/index.htm
http://www.pur-formteile.de
http://pz.bildung-rp.de
http://www.deutsches-kunststoff-museum.de
33
Herunterladen