ZHAW, NTM1, HS2008, 1(9) Praktikum 4: ISO-15693 RFID-Systeme 1. Ziele Vor vielen Jahren hat die Einführung der Barcode-Etiketten eine Revolution bei den Identifikationssystemen ausgelöst. Heute stehen wir vor der Ablösung der Barcode-Systeme durch Hochfrequenz-Identifikationssysteme (RFID-Systeme), mit denen die Funktionalität nochmals um ein Vielfaches erhöht werden kann. In diesem Praktikumsversuch soll ein ISO/IEC-15693 kompatibles RFID-System untersucht werden, wie es in vielen kontaktlosen ID1-Chipkarten-Systemen in der Zugangs-kontrolle, beim elektronischen Fahrschein, zur Kennzeichnung von Waren aller Art mit Smart Labels usw. eingesetzt wird. Ein ISO/IEC-15693 RFID-System besteht aus einem Lesegerät (Reader), im Standard „Vicinity Coupling Device bzw. VCD“ genannt, und passiven Transpondern (TAGs), im Standard „Vicinity Integrated Circuit Cards bzw. VICCs“ genannt, siehe Abbildung 1. Energie, Takt, Daten Mod ~ Chip 13.56 MHz Demod Reader (VCD) Daten Transponder (VICC) Abbildung 1: ISO/IEC-15693 RFID-Systemkomponenten. Der Reader (VCD) regt einen oder mehrere Transponder (VICC) im Versorgungsbereich mit einem magnetischen Feld auf 13.56 MHz an. Sobald die induzierte (und gleichgerichtete) Spannung den Transponder-Chip versorgt, ist der Transponder im Ready-Status und kann Befehle vom Reader entgegennehmen und, wenn notwendig, antworten. 2. Lektüre vor dem Praktikum Studieren sie die notwendigen Unterlagen (soweit auf www.zhaw.ch/~kunr vorhanden) etwas, so dass sie sich am Praktikums-Nachmittag rasch zu Recht finden. 3. Warm-up Wo haben sie schon mit RFID im täglichen Leben und Freizeit zu tun gehabt? Welche Reichweiten haben sie dabei in Erinnerung? Schauen sie sich die Anhänge A-D an. In welchem Bereich befindet man sich mit den 13.56 MHz RFID Etiketten? Welcher Kopplungsterm dominiert? Wie werden die beiden Antennen also optimiert (Vergleichbare Anwendung aus dem täglichen Leben)? ZHAW, NTM1, HS2008, 2(9) 4. Praktischer Teil Die folgende Aufgabenstellung ist in 3 Teile unterteilt. Im ersten Teil sollen grundlegende Zusammenhänge bei der induktiven Kopplung losgelöst vom ISO/IEC-15693 RFID-System analysiert werden. Im zweiten Teil sollen Modulation und Framing des ISO/IEC-15693 RFIDSystems untersucht werden. Im dritten fakultativen Teil schliesslich soll das Übertragungsprotokoll und die Funktionalität des ISO-15693 RFID-Systems evaluiert werden. 4.1 Induktive Kopplung a) Es stehen 2 RFID-Antennen zur Verfügung. Studieren Sie Schema und Layout in [2], Kapitel 8, und [3], Seite 27. Um was für eine Schaltung handelt es sich? b) Messen Sie mit den beiden RFID-Antennen die induktive Kopplung in Funktion des horizontalen und des vertikalen Abstands dh und dv, siehe Abbildung 2. α dv dh Abbildung 2: Anordnung der RFID-Antennen zur Messung der induktiven Kopplung. Plotten Sie die Kopplung [dB/Dekade] in Funktion des Abstandsbereichs 0...300 mm und weisen Sie nach, dass die magnetische Kopplung mit 60 dB pro Dekade abfällt. Wie unterscheiden sich die Resultate in horizontaler und vertikaler Richtung? Hinweis: Speisen Sie mit dem Signalgenerator eine der beiden Antennen mit einem Sinussignal von 13.56 MHz und 10 dBm und messen Sie mit dem Spektrumanalyzer die Empfangsleistung am Ausgang der anderen Antenne (an 50 Ω). c) Messen Sie die magnetische Kopplung zwischen zwei verdrehten RFID-Antennen (siehe Winkel α in Abbildung 2) und weisen Sie nach, dass die induzierte Spannung proportional zur durchflossenen Fläche ist. d) Messen Sie die Güte Q des Antennenschwingkreises wie in [4], Kapitel 6.3 und 6.4, beschrieben. Achtung: Sie sehen die Übertragungsfunktionen beider RFID-Antennen. Warum soll die Güte Q < 20 bzw. die Spannungsüberhöhung nicht grösser sein? e) Studieren Sie die Lastmodulation in [1], Kapitel 3.2.1.1 und 3.2.1.2. Realisieren Sie anschliessend eine Lastmodulation mit Hilfe von 3 RFID-Antennen so wie in Abbildung 3 dargestellt. Wählen Sie beim TTL-Signal ein unsymmetrisches Taktverhältnis so, dass die Spannung über der Transponder-Spule ein symmetrisches Taktverhältnis aufweist. Interpretieren Sie das resultierende Spektrum. ZHAW, NTM1, HS2008, 3(9) „Reader“ „Transponder“ „Monitor“ BC550 Signalgenerator 1 kΩ Spektrumanalysator 200 kHz TTL Abbildung 3: Realisierung Lastmodulation mit 3 RFID-Antennen. 4.2 Analyse der Modulation und des Framings a) Nehmen Sie den S6350-Reader und die entsprechende PC-Control-Software in Betrieb. Messen Sie mit dem KO und dem Spektrum-Analyzer die Anregefrequenz fc. b) Studieren Sie die Reader-zu-Transponder-Kommunikation im ISO-15693-2 Standard [5], Kapitel 7, und bestimmen Sie (ohne Messung) die Modulationsart, das Data-Encoding und die Datenrate. c) Messen Sie mit dem KO die Modulationsart und das Data-Encoding des Readers (VCD). Identifizieren Sie ein SOF-Frame. Senden Sie dazu mit dem S6350-Reader kontinuierlich Read Single Block Befehle aus. d) Welche Gründe sprechen für die verwendete Modulationsart und das Data-Encoding des Readers (VCD)? Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Pausenzeit von 9.44 μs und der Anregefrequenz fc? Was folgt daraus für die Taktgenerierung auf dem Transponder? e) Studieren Sie die Transponder-zu-Reader-Kommunikation im ISO-15693-2 Standard [5], Kapitel 8, und bestimmen Sie (ohne Messung) die Modulationsart, das Data-Encoding und die Datenrate. Hinweis: Die Modulation und das Data-Encoding des Transponders (VICC) kann man kaum messen. f) Lesen Sie mit dem Befehl inventory die (U)ID eines einzelnen Transponders im Lesebereich des Readers und vergleichen Sie das Format mit dem ISO-15693-3 Standard [6], Kapitel 4.1. g) Bestimmen Sie die operationelle Reichweite des vorliegenden RFID-Systems. ZHAW, NTM1, HS2008, 4(9) 4.3 Weiterführende Themen: Analyse des Protokolls und der Funktionalität a) Beschreiben Sie mit dem Befehl write single block einen einzelnen Datenblock auf dem Transponder. Wie viele Datenblocks stehen zur Verfügung und wie gross sind sie? Welche Limiten sieht der ISO-15693-3 Standard vor, siehe [6], Kapitel 5? b) Lesen Sie mit dem Befehl read single block einen einzelnen Datenblock aus dem Transponder aus, einmal unadressiert und einmal richtig bzw. falsch adressiert, siehe auch ISO-15693-3 Standard [6], Kapitel 7.1.1 und 7.1.2. c) Schätzen Sie mit dem ISO-15693-3 Standard [6], Kapitel 9.3.1, ab, wie lange der kürzest mögliche Lesezugriff dauert. Wieviele Lesezugriffe können Sie durchführen, wenn Sie mit dem Transponder langsam an der Antenne vorbeigehen (Berechnung und Versuch). d) Lesen Sie mit dem Befehl read multiple blocks bis max. 60 Datenblocks in einem einzigen Telegramm-Austausch. e) Ändern Sie mit dem Befehl write application familiy identifier die Zielapplikation im Transponder und sehen Sie sich dabei die vordefinierten Einsatzgebiete dieser RFID-Systeme an. f) Bringen Sie mit dem Befehl stay quiet einen Transponder in den quiet-Status und lesen Sie anschliessend einen Datenblock, einmal unadressiert und einmal adressiert. Vergewissern Sie sich, dass der Transponder den quiet-Status verlässt, sobald Sie ihn kurz aus dem Readerbereich entfernen. Lesen Sie das vorgeschriebene Verhalten im ISO-15693-3 Standard [6], Kapitel 7.4.3 oder im State-Transition-Diagramm in Figur 5, nach. g) Schützen Sie mit dem Befehl lock single block den 63. Datenblock permanent gegen Überschreiben, siehe auch ISO-15693-3 Standard [6], Kapitel 9.3.3. h) Lesen Sie mit dem Befehl inventory die (U)IDs von mehreren Transpondern im Lesebereich des Readers. Wieviele UIDs können Sie lesen, wenn Sie die Rolle mit den Transpondern vor die Reader-Antenne halten? Lesen Sie die Funktionsweise des Antikollisions-Mechanismus im ISO-15693-3 Standard [6], Kapitel 8, nach. Setzen Sie im Reader-Config-Menü die Anzahl Zeitschlitze auf 1. Gelingt es, zwei UIDs gleichzeitig zu lesen? Setzen Sie die Anzahl Zeitschlitze wieder auf 16 und identifizieren Sie mehrere UIDs gleichzeitig. Betrachten Sie den letzten Hex-Charakter der identifizierten UIDs. Was fällt Ihnen auf? Welche Maske verwendet der S6350-Reader wohl, vgl. Figure 8 in [6]. ZHAW, NTM1, HS2008, 5(9) Versuchen Sie zwei Transponder mit gleicher UID modulo 16 zu identifizieren. Gelingt es? i) Sehen Sie sich den CRC im ISO-15693-3 Standard [6], Kapitel 4.4, an. 5. Literatur: [1] [2] [3] [4] [5] [6] K. Finkenzeller, „RFID-Handbuch“, 3. Auflage, Hanser, 2002. ISBN 3-446-22071-2 TI, „HF Antenna Cookbook - Technical Application Report“, 11-08-26-001 Jan. 2004. TI-RFiD, „HF-Training - Multiprotocol Tranceiver IC“, KS/JAG, 16-Sep-03. TI, „HF Antenna Design Notes - Technical Application Report“, 11-08-26-003 Sep. 2003. ISO/IEC-15693-2 Standard, „Air Interface and Initialization“. ISO/IEC-15693-3 Standard, „Anticollision and transmission protocol“. Besten Dank an Marcel Rupf für die Planung und Gestaltung dieses Versuchs. ZHAW, NTM1, HS2008, 6(9) Anhang A: Klassifikation RFID nach R.Küng Anhang B: Nahfeld - Fernfeld ZHAW, NTM1, HS2008, 7(9) Anhang C: Was wir von Maxwell lernen Anhang D: Kopplung für Vicinity Coupling Devices ZHAW, NTM1, HS2008, 8(9) Anhang E: ISO 15693-2 Luftschnittstelle ZHAW, NTM1, HS2008, 9(9) Anhang F: ISO 15693-3 Protokoll