S Z - AKTUELL WIRTSCHAFTSSTANDORT DEUTSCHLAND Inhalt Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Wirtschaftsstandort Deutschland: Mythen - Fakten - Analysen / Hans-Herbert Holzamer (Hg.). München ; Landsberg am Lech : Olzog, 1996 ISBN 3-7892-9328-8 NE:Holzamer, Hans-Herbert [Hrsg.] Teure Manager, müde Erfinder, lahme Studenten. Sind die wiederkehrenden Klagen über Deutschlands Wirtschaft und Gesellschaft berechtigt? Eine Bestandsaufnahme ...........................................................................9 Rolf Berth Die Zukunftsverweigerer ...................................................................... 25 Ludwig Bölkow Bremse vor dem Kollaps ....................................................................... 29 Bildnachweis: Globus S. 11, 22, 85, 88, imu S. 15, 24, 28, Erich Schmidt S. 15, 42, 85 Manfred Broy Hoffen auf Jobs ................................................. :: .................................. 32 Alexander Dill Standort-Gejammer zeigt Wirkung ...................................................... 34 ISBN 3-7892-9328-8 © Günter Olzog Verlag GmbH, München und Landsberg am Lech Peter Eichhorst Cash gibt's an der Börse ........................................................................ 37 Bodo Eidenmüller Die USA sind kein Vorbild für Europa .............................................. 40 Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Umschlagentwurf: M. Gesierich, Augsburg Druck- und Bindearbeiten: Presse-Druck Augsburg Dieter Frey Sammlung von Talenten ........................................................................ 44 Wolfram Gruhler Vielstufige Strukturen hemmen die Kreativität ................................. 47 Erich Häußer Mut zu neuen Produkten und Verfahren ............... : ............... 49 Printed in Germany 5 Friedrich Heinemann Ende des Heimvorteils ............................................................. 51 Hans-Herbert Holzamer SZ-Interview mit Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt Wettbewerb sichert soziale Marktwirtschaft .......................... 53 john Hormann Kapitalismus und Sozialismus haben ausgedient .................. 61 Heinz Klandt Fehlende Reize der Selbständigkeit .......................................... 63 Walter Kroy Horst Siebert Was zum Sparen zwingt ..........................................................89 Dieter Thierbach Patentschutz abgelehnt ................................................: ........... 93 Helmut Volkmann Von der Manufaktur zur Denkfabrik ........................................ 95 Otto Wiesheu Mehr Geld für Ideen .................................................................. 99 Hans Joachim Ziesing Energie zu tiefen Preisen ........................................................ 101 Verlorenes Know-how ................................................................ 65 Nachwort .................................................................................. 103 Erich Lejeune Autorenverzeichnis ....................................: ........................... 105 Gute Chancen für den Mittelstand ............................................. 68 Helmut Maier-Mannhart Register .................................................................................... 109 Befreiung aus dem Würgegriff des Staates .............................. 70 Meinhard Miegel Macht durch Umverteilung ........................................................ 76 Rolf Peffekoven Reform mir Widerhaken ............................................................. 78 Rüdiger Pohl Entscheidung vertagt .................... : ............................................ 81 Dagmar Schipanski Wissenschaft braucht Freiheit ................................................ 83 Christoph Schröder Die Hypothek der teuren Arbeit ............................................. 86 6 7 Fehlende Reize der Selbständigkeit DIE UNTERNEHMERROLLE IST HIERZULANDE KAUM BEGEHRENSWERT Heinz Klandt Insbesondere getrieben von einer kontinuierlich wachsenden Zahl von Arbeitslosen in unserem Land hat die Politik auf allen Ebenen den Unternehmer entdeckt und ist einhellig der Meinung, daß wir mehr von dieser Spezies brauchen. Leider läßt uns die akademische Volkswirtschaftstheorie und -politik weitestgehend bei der Beantwortung der Frage alleine: „Wie-viel Unternehmer und Unternehmen braucht unsere Wirtschaft?” Und es drängen sich noch weitere Fragen auf. Wie attraktiv ist die Unternehmerrolle für junge Menschen in Deutschland? Und wie kann man mehr'Menschen motivieren, sich unternehmerisch zu betätigen? Die Antworten beginnen mit einer Einschränkung, denn in den ersten Jahren der Selbständigkeit ist folgendes zu erwarten: • statt einer 35-Stunden-Arbeitnehmer-Woche, eine 60- bis 80-Stunden-Woche; statt 220 reguläre Tage Arbeit pro Jahr, etwa 364 Tage; statt der bisher gewohnten Einkommenshöhe zunächst ein geringeres oder gar negatives Einkommen; statt Arbeitslosenversicherung und Arbeitslosengeld im Falle von Jobverlust nach einer Pleite oder stillen Liquidation der Gang zum Sozialamt; statt des positiven sozialen Ansehens einer Führungsposition eher ein negatives Unternehmerimage. Gerade die vielfältigen sozialen Errungenschaften auf der Arbeitnehmerseite lassen es besonders für denjenigen, der einen sicheren Arbeitsplatz und gute Karriereperspektiven hat, fraglich erscheinen, ob sich ein Wechsel in die unternehmerische Selbständigkeit persönlich auszahlt. Die existierenden Rahmenbedingungen für unternehmerisches Handeln sind eher dazu geeignet, den Akteur zu behin- 63 dem, als ihn zu unterstützen: ein Steuersystem, das Leistung tendenziell eher bestraft als belohnt, ist unpsychologisch. Der vielfältige Sozialschutz für den Arbeitnehmer wird zum unberechenbaren Faktor für das kleine, junge Unternehmen. Kurz: Es wird dem Unternehmer in Deutschland nicht leicht gemacht, sich auf seine eigentlichen Kernaufgaben wie Kundenakquisition und -pflege, Schaffung einer marktgerechten Leistungsqualität, Organisation effizienter Betriebsprozesse zu konzentrieren. Da tut sich ein Unternehmer in Hongkong wesentlich leichter. Bei unserer hohen Staatsquote ist der Staat direkt oder indirekt auf vielen Märkten präsent, er ist aber sicherlich als Auftraggeber eher abgeneigt, sich mit jungen, kleinen oder innovativen Marktpartnern einzulassen. Es gibt aber auch eine Reihe positiver Seiten der Unternehmerrolle: In einer Untersuchung des bifego-Instituts wurden aus einer vorgegebenen Liste mit 25 Motiven für die unternehmerische Selbständigkeit vor allem das Durchsetzen eigener Ideen, das Erreichen von Entsclieidungs- und Handlungsfreiheit und das Streben nach wirtschaftlicher Unabhängigkeit auf den ersten drei Rangplätzen genannt. Anreize zur Selbständigkeit sind darin zu sehen, daß meist keine formalen Einstiegshürden verlangt werden, daß keine Fremdbestimmung, Kontrolle, Weisungsgebundenheit vorliegt, daß nach erfolgter Etablierung und Konsolidierung auch flexible Arbeitszeiten und hohe Einkommensstufen erreichbar sind, und daß eigene Träume und Visionen realisiert werden können. In summa: Die Attraktivität der Selbständigkeit hängt von den individuellen Neigungen und Fähigkeiten der betroffenen Person einerseits und den beruflichen Alternativen andererseits ab. Je attraktiver die abhängige Beschäftigung allerdings in einem Wirtschaftssystem ausgestattet wird, um so weniger attraktiv ist die Selbständigkeit. Was kann und sollte man ändern, um die unternehmerische Aufgabe attraktiver zu machen? Der Staat sollte den Unternehmer nicht von seinen Kern-aufgaben ablenken, also die staatsdefinierte Administration reduzieren und das Abgabensystem so umschichten, daß Leistung nicht bestraft, sondern gefördert wird. 64