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Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt
und ländliche Räume
des Landes Schleswig-Holstein
- Standort Nord Bahnhofstraße 38
24937 Flensburg
Datum: 09.01.2014
Einwendung gegen Errichtung und Betrieb einer Schweinemastanlage mit 2986
Plätzen von Herrn Sönke Knudsen im Finkhausweg 3 in 25813 Simonsberg, Gem.
Simonsberg, Flur 9, Flurstück 12 gem. Bekanntmachung des Landesamts –
Standort Nord vom 1.11.2013, Az: 789/-G40/2011/155
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit erhebe ich Einwendungen gegen den oben aufgeführten Antrag nach BImSchG,
nach dem Bundesbaugesetz, dem Tierschutzgesetz und dem Bundesnaturschutzgesetz.
Begründung:
1.
Durch den Bau der Schweinemastanlage fühle ich mich in meinem Grundrecht auf Leben
und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 II S. 1 GG) verletzt. Aktuelle Studien (u.a. von
Seedorf / Hartung) belegen, dass Keime und Viren aus einer Massentierhaltungsanlage
noch über weite Entfernungen (mehrere Kilometer) ansteckend sein können. Ich mache
gerne in der Gegend von Husum Urlaub. Ich habe daher erhebliche Bedenken wegen des
Staubes, der Keime und der Aerosole, die ich während eines Urlaubsaufenthaltes als
Touristin einatmen werde. Ich habe außerdem Angst vor Ansteckung, wenn ich als
Touristin vor Ort Obst und Gemüse verzehre. Auch Obst und Gemüse können mit Keimen
belastet sein.
2.
Ich mache gerne – wie bereits unter 1. vorgetragen – in der Gegend von Husum Urlaub.
Die Qualität meines Ferienaufenthalts wird durch das ständig wiederkehrende,
großflächige Ausbringen riesiger Mengen an extrem stinkendem und keimbelastetem
Schweinekot und Gülle in der gesamten Region drastisch sinken. Sämtliche meiner
Freizeitaktivitäten und die gesamte Urlaubsqualität werden durch Gestank, Luftbelastung
und den Transportkrach eingeschränkt werden. Dadurch werde ich in meinem Grundrecht
auf allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 I GG, verletzt.
3.
Die Belastung der Anwohner*innen und ihrer Gesundheit und die Belastung von Umwelt
und Natur durch Emissionen/Immissionen (Gerüche, Keime, Ammoniak, N-Depositionen,
Feinstaub, Bioaerosole etc.) sind in den Unterlagen nicht zutreffend ermittelt. Nicht bzw.
unzutreffend berücksichtigt wurden auch die Windverhältnisse. Vorbelastungen wurden
ebenfalls nicht bzw. unzutreffend berücksichtigt. Ein Gutachten zur Keimbelastung (siehe
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aktuelle Vorgaben des Landkreises Emsland und verschiedene aktuelle OVG-Urteile)
fehlt völlig. Die gebotene Kontingentierung gemäß Geruchs-Immissions-Richtlinie (GIRL)
ist nicht berücksichtigt. Wesentliche Biotope, deren Flora / Fauna und deren indirekte
Schädigung sind nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt.
4.
Im Falle einer chemischen Desinfektion der Anlage ist nicht geklärt, wohin die Reste
dieser Chemikalien gelangen. Ich befürchte, dass damit das Grundwasser und die
nahegelegene Gewässer verschmutzt werden. Hier sind bauliche Vorkehrungen zu
treffen, die solche Umweltverschmutzungen ausschließen.
5.
Die gepachteten Felder des Antragstellers liegen in direkter Nachbarschaft zu
Wohnhäusern und zu einem Kindergarten. Beim Ausbringen der Gülle auf gepachtete
Felder des Antragstellers werden Giftstoffe in das Grundwasser sickern. Dies kann die
Gesundheit der Bewohner*innen und der Kinder gefährden. Zudem gelangen über die
Entwässerungsgräben Nitrate und andere schädliche Stoffe aus der Gülle auch in die
Nordsee. Davon wären die Badestellen Lundenbergsand in Simonsberg und sogar der
Husumer Dockkoog betroffen. Wegen der besonderen Lage des Bauvorhabens habe ich
daher erhebliche Bedenken.
6.
Schon jetzt ziehen sich immer mehr Vogelarten aus der Landschaft in die Städte zurück,
da der intensive Einsatz von Insektiziden ihre Lebensgrundlage zerstört. Der Umbruch
von Grünland für den Anbau von Futtermitteln und der dadurch verstärkte Einsatz von
Herbiziden führt zu einem Rückgang von Wildpflanzen und damit zu einem Rückgang der
Biodiversität. Auch die Flächen, die bisher durch den Vertragsnaturschutz belegt waren,
gehen durch den Futtermittelbedarf immer mehr zurück und führen so zu einer
Verarmung des Landschaftsbildes. Schon jetzt ist das Landschaftsbild durch
Maismonokulturen geprägt und ich befürchte, dass diese Entwicklung fortschreiten wird.
So werden wohl in Zukunft große Mastställe und Maisfelder das Landschaftsbild der
Region prägen. Auch dies wird die Lebensqualität der Bewohner*innen stark
beeinträchtigen.
7.
Schweinen wird in der Mast aufgrund der hohen Bestandsdichte in
Massentierhaltungsanlagen, des damit bedingten Bewegungsmangels und somit
geschwächten Immunsystems der Tiere routinemäßig Antibiotika verabreicht, um das
Infektionsrisiko zu senken. Ich befürchte dadurch die Zunahme an AntibiotikaResistenzen. Eines der wichtigsten Medikamente zur Behandlung von bakteriellen
Infektionen beim Menschen, nämlich Antibiotika, wird in der Massentierhaltung so häufig
eingesetzt, dass ich sie über die Nahrung wieder aufnehme. Das Risiko ist hoch, dass
Antibiotika bei mir im Krankheitsfall dann nicht mehr richtig wirken.
8.
Laut kritischem Agrarbericht von 2012 werden Mastschweine in ihrem kurzen, qualvollen
Leben mit durchschnittlich 5,9 Antibiotika-Gaben „behandelt“. Das bedeutet bei
Mastschweinen in Tierfabriken eine Gabe pro Monat. Antibiotika-Reste sind in der Gülle
nach neuestem Forschungsstand auch noch nach acht Monaten nachweisbar. Sie
gelangen über die Äcker in den Boden und von dort in das Grundwasser. Dort führen sie
zu erheblichen Schäden der Biozönosen. Zusätzlich gelangen sie, auch bei bodennaher
Ausbringung, als Aerosole in die Luft und über die Aufnahme durch Pflanzen in den
Nahrungskreislauf. Dieser massive Einsatz von Antibiotika in der Intensivtierhaltung mit
ihrer hohen Tierbesatzdichte führt zur Ausweitung des Methicillin resistenten
Staphylococcus aureus – kurz MRSA– Stammes. Dieser multiresistente Keim
ist mittlerweile bei einem Großteil der Tierbestände festzustellen. So lassen sich zum
Beispiel in 52 Prozent der deutschen Schweinemastbetriebe die gefährlichen
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MRSA-Bakterien nachweisen. Schon heute sind viele Landwirte und ihre Familien Träger
des MRSA aus der Tierhaltung. Bei 86 Prozent der Tierhalter liegt eine nasale Besiedlung
vor, circa 30 Prozent tragen die Keime auf den Händen. Sollte also ein Tierhalter als
Patient in ein Krankenhaus eingeliefert werden, so besteht die Gefahr, dass dieser
immunsupremierte Mitpatienten ansteckt, die empfindlich auf MRSA reagieren. Laut einer
Hochrechnung der 2012 veröffentlichten ALERTS-Studie am Sepsis-Forschungs- und
Behandlungszentrum der Universität Jena erkranken in Deutschland 4,3 Prozent aller
Krankenhauspatienten während ihres Aufenthaltes an einer Infektion. Dies entspricht
jährlich zwischen 400.000 und 600.000 Fällen. Bei 10.000 bis 15.000 Patienten führt die
Infektion zum Tod. Dabei gehen fast drei Viertel der Infektionen mit multiresistenten
Keimen auf MRSA zurück.
9.
Ich wende außerdem ein, dass die kommerzielle Massentierhaltung von Schweinen in der
geplanten Anlage eine Tierquälerei nach § 20 Tierschutzgesetz darstellt und die
Grundsätze von Artikel 20a GG verletzt. In der Massentierhaltung werden Tiere wie
Waren oder Rohstoffe behandelt, nicht aber wie leidensfähige und leidende Lebewesen.
Die hohen Besatzdichten, aber auch das häufige Fehlen von veränderbaren und
wechselnden Beschäftigungsmaterialien (wie etwa nachgestreutem Stroh oder
rohfaserreichen Futtermitteln) haben sehr häufig Verhaltensstörungen wie Schwanz- und
Ohrenbeißen zur Folge. Nicht selten kommt es sogar zu Kannibalismus. Als
prophylaktische Gegenmaßnahme werden den Schweinen im Ferkelalter die Schwänze
gekürzt.
Es widerspricht meinen ethischen Wertvorstellungen, dass mit Lebewesen in dieser Art
und Weise umgegangen wird, dass ihr kurzes leidvolles Leben nur noch in dem
Übergang von der Qualzucht in die Qualmast und in die dann folgende Qualschlachtung
besteht.
10.
Die dargestellte Haltungsform der Schweine setzt das systematische Kupieren der
Schweineschwänze voraus. Dies ist laut EU-Richtlinie und auch laut Tierschutz-Vorgaben
seit Jahren verboten. Die EU fordert die Einhaltung des Kupier-Verbots und des Zugangs
der Tiere zu Stroh u. ä. organischen Materialien und droht gegenüber den diese Vorgaben
missachtenden EU-Mitgliedsländern massiv mit Vertragsstrafen. Auch weitere
Tierschutzvorgaben werden nicht eingehalten (Licht etc.).
11.
Das deutsche Tierschutzgesetz (TSchG) verbietet in § 11b I züchterische Maßnahmen,
die bei Tieren zu Schmerzen, Schäden oder Leiden führen. Konkret heißt es: „Es ist
verboten, Wirbeltiere zu züchten oder durch bio- oder gentechnische Maßnahmen zu
verändern, wenn damit gerechnet werden muss, dass bei der Nachzucht, den bio- oder
gentechnisch veränderten Tieren selbst oder deren Nachkommen erblich bedingt
Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder
umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten.“
Nach einer aktuellen Studie von Prof. Dr. agr. habil. Bernhard Hörning (Hochschule
Eberswalde, 2013) sind die in den Massentierhaltungsanlagen eingesetzten
Schweinerassen als Qualzuchten anzusehen. Denn zugunsten eines möglichst hohen
Gewinns auf Seiten der Landwirte, werden Schweine auf extrem beschleunigtes
Wachstum und hohe Fleischfülle hin gezüchtet. Zudem werden die Körperproportionen
der Tiere zunehmend den Verbraucherwünschen angepasst, indem eine Erhöhung des
Magerfleischanteils und eine Vergrößerung des Schinkenanteils erzielt werden. Dieser
Überzüchtung können die Körper der jungen Tiere nicht Stand halten. Daher kommt es in
zahlreichen Fällen zu folgenden schwerwiegenden Erkrankungen, die mitunter zum
frühzeitigen Tod der Tiere durch Herzversagen führen.
 Herz- Kreislaufversagen und Muskeldegenerationen
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Beinschwächesyndrom
Magengeschwüre
Klauenverletzungen und Hautschäden (durch Haltung auf Spaltenboden)
Atemwegserkrankungen (durch Schadgasemissionen in der Gülle)
Ödemkrankheit (Flüssigkeitsansammlungen, z. B. am Nasenrücken, im Magen, in
der Lunge)
Bewegungsstörungen, Lähmungen (durch Infektionen verursacht)
12.
Aufgrund dieser schrecklichen Zustände sterben bereits während der Mast regelmäßig
bis zu 5 Prozent der Tiere. Dies sind bei 3000 Mastplätzen und 3,25 Mastzyklen immerhin
ca. 490 fühlende Lebewesen pro Jahr. Es müssen kontrollierbare Nachweise erbracht
werden, dass die toten Körper der Tiere fachgerecht entsorgt werden.
Diese Nachweise liegen bislang nicht vor.
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In Artikel 20a GG heißt es: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen
Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der
verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz
und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“ Tierfabriken
beeinträchtigen die Umwelt enorm. Sie verschwenden in hohem Maße Ressourcen.
Deshalb sehe ich die natürlichen Lebensgrundlagen meiner Familie und der
nachkommenden Generationen bedroht. Zahlreiche Studien belegen, dass der
Fleischkonsum in den Industrieländern eine der Hauptursachen des Klimawandels ist.
Dabei spielen nicht nur die Methanemissionen der Tiere selbst eine große Rolle, sondern
auch die Futtermittelgewinnung, die Entsorgung und der zunehmende LKW-Verkehr
durch Tier-, Abfall- und Futtermitteltransporte.
14.
In Deutschland wird weit mehr Schweinefleisch „produziert“ als auf dem deutschen Markt
nachgefragt wird. Der Überschuss der Produktion wird demnach exportiert. Nach
Angaben des Deutschen Fleischwarenindustrie e.V. machen Fleischwaren aus
Deutschland 26 Prozent der europäischen Produktion aus. Damit ist die Bundesrepublik
Spitzenreiter in Sachen Fleischexporte. Diese Exporte zerstören aber die bäuerlichen
Strukturen in anderen Ländern. Auch dies ist längst bekannt.
15.
Auch die Futtermittelproduktion für die heimische Fleischproduktion stellt eine
Gefährdung in Entwicklungs- und sog. Schwellenländern dar. Riesige Landflächen dienen
dort nur noch der "immer hungriger werdenden Fleischindustrie". Sie gehen so dem
Anbau für die Ernährung der dortigen Bevölkerung verloren.
16.
Zudem ist der Betrieb nicht als landwirtschaftlicher Betrieb, sondern als Gewerbebetrieb
einzustufen, da er die Futtermittel in überwiegendem Maße zukaufen muss.
Somit ist die für die landwirtschaftliche Privilegierung gemäß BBauGB § 35.1.1.
erforderliche Futtergrundlage nicht vorhanden. Das Vorhaben ist daher als gewerblich
und nicht als privilegiert einzustufen.
17.
Ich wende außerdem ein, dass die Einhaltung der vorgeschriebenen Besatzdichten nicht
gewährleistet ist.
18.
Ich erhebe Einwendungen bezüglich der Einhaltung der erforderlichen
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Brandschutzbestimmungen der Schleswig-Holsteinischen Bauordnung (§15 LBO). Bei
der geplanten Anlage ist aufgrund seiner baulichen Gegebenheiten im Brandfall eine
schnelle Rettung von Menschen und Tieren nicht gewährleistet. Die Antragsunterlagen
sind in diesem Punkt mangelhaft.
Im Übrigen schließe ich mich vollinhaltlich allen anderen Einwendungen in diesem
Verfahren an. Ich beantrage hiermit, dass die Weitergabe meiner personenbezogenen
Daten, insbesondere an den Antragsteller, nicht erfolgt. Ich bitte Sie, diesen Antrag
umgehend zu bescheiden.
Ich behalte mir vor, weitere Fragen und Zweifel anlässlich des Erörterungstermins
vorzutragen und bitte im Genehmigungsfall um Zustellung eines Duplikats des
Genehmigungsbescheides vorbehaltlich weiterer Schritte.
Ort, Datum
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(Unterschrift)
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