Qualitative Verfahren in aktueller Pflegeforschung (Vallendarer

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Qualitative Verfahren in aktueller Pflegeforschung
(Vallendarer Methodensymposium II)
Moderation: Hermann Brandenburg
Prof. Dr. Brandenburg, Hermann a; Berger, Bianca MsN a; Grebe, Christian MsN c; Güther,
Helen MPH a; Schnabel, Manfred MsN b
a. Lehrstuhl für Gerontologische Pflege, Pflegewissenschaftliche Fakultät,
Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar (PTHV), b. Lehrstuhl für Gemeindenahe
Pflege, Pflegewissenschaftliche Fakultät, PTHV, c. Fachhochschule Bielefeld
Kontakt: Prof. Dr. Hermann Brandenburg, PTHV, Pallottistraße 3, 56179 Vallendar,
[email protected]
Alle Beiträge sind nach 1. Hintergrund und Zielsetzung, 2. Methoden, 3. Ergebnisse, 4.
Diskussion/Ausblick gegliedert. Die Literatur ist am Ende aufgeführt.
1. Aufgabe: Wie können qualitative und standardisierte Methoden in den Phasen des
Forschungsprozesses mit Mixed-Methods-Designs integriert werden?
Die Pflegeforschung steht heute vor der Herausforderung Antworten auf zunehmend
komplexere Gegenstände der pflegerischen Versorgung zu liefern. Exemplarisch ist hier der
Zusammenhang zwischen Merkmalen des Personals (z.B. Skill-and-Grade-Mix in der
stationären Langzeitpflege) und Merkmalen der Bewohner (z.B. Lebensqualität) zu nennen.
Forschungsgegenstände dieses Komplexitätsgrads führen zu Fragestellungen, welche am
besten durch eine Kombination aus qualitativen und standardisierten Forschungsmethoden zu
bearbeiten sind. Zur Umsetzung standardisierter Methoden mangelt es zudem häufig an der
theoretischen Fundierung des Forschungsgegenstands. Deshalb ist zur Überprüfbarkeit der
Passung auf den untersuchten Kontext eine Explorationsphase sinnvoll. Soll eine Integration
qualitativer und standardisierter Methoden nicht nur auf der Ebene der Ergebnisse im Sinne
einer Triangulation erfolgen, so liegt die Herausforderung in der Planung und Umsetzung
komplexerer Mixed-Methods-Designs. Dieser Beitrag greift am Beispiel des Forschungsprojekts
„Multiprofessioneller Personalmix in der stationären Langzeitpflege“ (P.E.R.L.E.) die
Möglichkeiten und Herausforderungen eines mehrphasigen Forschungsdesigns auf, welches
Charakteristika sowohl paralleler wie auch sequenzieller Mixed-Methods-Designs verbindet.
2. Aufgabe: Wie lassen sich die Konzepte Lebensqualität von Pflegeheimbewohnern,
Beanspruchung des Personals und Skill-and-Grade-Mix explorieren und
aufeinander beziehen?
Das Forschungsprojekt „Multiprofessioneller Personalmix in der stationären Langzeitpflege“
(P.E.R.L.E.) untersucht den Einfluss des Skill-and-Grade-Mix in der stationären Langzeitpflege
auf die Lebensqualität der Bewohner sowie auf die Beanspruchung des Personals. Der Beitrag
stellt das Design des qualitativen Arms dieser Studie vor. Dieser ist multiperspektivisch angelegt
und kombiniert und integriert mehrere Methoden der Datenerhebung (Dokumentenanalyse,
teilnehmende Feldbeobachtungen mit ethnografischen Interviews, episodische Interviews mit
Bewohnern und problemzentrierte Experteninterviews). Die Interpretation der Daten erfolgt
sowohl inhaltsanalytisch als auch auf Basis der Dokumentarischen Methode. Das Vorgehen wird
im Vortrag anhand von Beispielen erläutert.
3. Aufgabe: Hegemonieanalyse – wie ist eine strukturale Analyse von politischen
Diskursen möglich?
Diskursanalysen gewinnen in der qualitativen Sozial- und Pflegeforschung an Popularität. Von
einer gereiften und forschungspolitisch gesicherten Methode kann dennoch nicht gesprochen
werden. Ein unklarer Diskursbegriff und widerstreitende Methodologien stehen dem entgegen.
Um das Potential des Ansatzes für pflegewissenschaftliche Forschungsinteressen zu nutzen,
sind bei der Anwendung sowohl theoretische Grundlagen wie abgeleitete Methoden gut zu
begründen. Am Beispiel einer Analyse des aktuellen „Demenz-Diskurses“, unter Verwendung
der Diskurstheorie von Laclau/Mouffe und der darauf aufbauenden hegemonieanalytischen
Methode von Martin Nonhoff, wird dies exemplarisch aufgezeigt. Dabei wird die musterhafte
Verteilung von Begriffen, Gegenständen und Subjektpositionen im Diskurs dargelegt. Relevant
ist dies für die Pflegewissenschaft nicht nur wegen des spezifischen Erkenntnisgewinns; das
vergleichsweise junge Feld der Diskursanalyse bietet ihr zudem die Möglichkeit, sich durch
eigene Themen und methodische Konkretisierungen zu positionieren.
4. Aufgabe: Wie kann immanente Kritik mittels qualitativer Empirie umgesetzt
werden?
Der Beitrag vertritt die These, dass empirische, qualitativ-rekonstruktive Verfahren für eine
Ideologiekritik, d.h. das Aufdecken unbewusster Wertorientierungen von zentraler Relevanz
sind. Methoden, wie z.B. Fokusgruppen, wurden bereits vom Institut für Sozialforschung in
Frankfurt in Studien der Kritischen Theorie eingesetzt (Mangold) und durch Bohnsack im
Rahmen der Dokumentarischen Methode weiterentwickelt. Jüngere Diskussionen um eine
immanente Kritik (IK) werfen jedoch die Frage auf, ob und wie die bekannten qualitativen
Rekonstruktionsverfahren so zum Einsatz gebracht werden können, dass sie der immanenten
Kritikausübung genügen. Denn anders als bei einer exmanenten Herangehensweise, ist der
Kritikmaßstab erst aus der Analyse heraus zu entwickeln. Die deskriptive Rekonstruktion von
Perspektiven allein reicht dann nicht aus. Vielmehr bedarf es der Analyse typischer
Wertorientierungen, ihrer Brüche und moralischen Konflikte sowie ihrer kontextuellen Ursachen.
Die Inhalte qualitativer Forschung an der PTHV werden beschrieben.
5. Literatur
Bohnsack, R., Nentwig-Gesemann, I., Nohl, A.-N. (Hrsg.) (2013): Die dokumentarische Methode und ihre
Forschungspraxis. Grundlagen qualitativer Sozialforschung. 3., aktualisierte Aufl. Wiesbaden: Springer VS.
Bryman, A. (2006): Integrating quantitative and qualitative research: how is it done? Qualitative Research 6 (1),
97–113.
Creswell, J.; Plano Clark, V. (2007). Designing and conducting mixed methods research. Thousand Oaks: SAGE.
Jaeggi, R. (2009). Was ist Ideologiekritik? In. Jaeggi, R. & Wesche, T. (Hrsg.). Was ist Kritik? Frankfurt: Suhrkamp,
266-295.
Kuckartz, U. (2014). Mixed Methods. Methodologie, Forschungsdesigns und Analyseverfahren. Wiesbaden: Springer.
Laclau, E.; Mouffe, C. (2000): Hegemonie und radikale Demokratie. Zur Dekonstruktion des Marxismus. Zweite
Auflage. Wien: Passagen Verlag.
Mayer, H. (2009). Methodenübergreifende Triangulation – Sein oder Schein. Eine Diskussion problematischer
Aspekte der Kombination qualitativer und quantitativer Forschungsansätze auf der Basis publizierter
Forschungsarbeiten. Zeitschrift für Pflegewissenschaft, (7-8/09), 410-417.
Nonhoff, M. (2007): Politische Diskursanalyse als Hegemonieanalyse. In: Nonhoff, N. (Hrsg.): Diskurs, radikale
Demokratie, Hegemonie. Zum politischen Denken von Ernesto Laclau und Chantal Mouffe. S. 173 - 193.
Bielefeld: Transcript.
Przyborski, A. (2004). Gesprächsanalyse und dokumentarische Methode. Wiesbaden: VS Verlag für
Sozialwissenschaften.
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