Vorlesung, 10

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Sportdidaktik WS 06/07
(Konrad Kleiner)
Sternchen 2016
Vorlesung, 10. 10. 2006
Kapitel 4: Planen und arrangieren:
Aufgabe 4.1.:
Planen Sie eine Sequenz (50 min) mit 8-10 Personen (Anfänger/innen; ca. 40 Jahre,
wahrscheinlich mehr Frauen als Männer) zum Thema „Rücken stärken“ (Wirbelsäulengymnastik;
Aqua, Alexander-Technik, …) – kann klassisch trainingswissenschaftlich, psychologisch usw. passieren
Oder man plant einen Kurs „Rückenstärken“ in der Gemeinde, in der es auch ein Gesundheitszentrum
gibt. Man möchte sich einbringen. Wie bietet man diesen Kurs an?
Um den Prozess, der durch die beiden Aufgabenstellungen in Gang gekommen ist, verständlich zu
machen, soll zunächst eine Hilfskonstruktion (Abstraktion) eingeführt werden.
Die „Punkte“ - Aufgabe steht stellvertretend für ein motorisches, organisatorisches, emotionales, …
Problem.
Gesucht ist eine erfolgreiche Lösung, erst dann kann man mit dem Planen beginnen.
„Die vertraute Lösung geht meist am Ziel vorbei!“
Das, was wir gewohnt sind zu tun, ist meistens nicht das Ziel
Der Mensch als triviale Maschine:
Aufgaben
Ressourcen
Erfahrung
Modelle
Lösung
f
A
B
black box
Wenn man bei einer Schreibmaschine den Buchstaben A drückt, erhält man nicht immer A. Es kann
sein, dass man zwischen 2 Buchstaben drückt, dass kein Papier oder kein Farbband in der Maschine
sind usw.
Die Lösung beim Planen ist, man muss über seine Bereiche, über sein Wahrnehmungsfeld, über
sein Aktionsfeld, das Gewohnte, Vertraute hinausgehen, sonst sind nicht immer Lösungen zu
finden.
Dafür braucht man Mut, weil man diesen Bereich nicht kennt. Planen bringt sehr viel Unbewusstes
mitein.
Planen bedeutet: Vergangenheit überwinden, Zukunft antizipieren und Gegenwart
strukturieren.
Es gibt einen Zusammenhang zwischen Medien, Publikum, Wirtschaft, Sport. Letztlich ist es eine
Sache der Wirklichkeitskonstruktion.
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(Konrad Kleiner)
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Eisbergmodell:
10%  Logik, Verstand, Fakten, Sachebene
90%  Gefühle, Werte, Beziehungsebene (verborgen)
Beim Planen sollten wir so vorgehen, wie es im „Kleinen Prinzen“ beschrieben ist.
- Wie bekommt man Seeleute? Wie kann man die Techniken des Schiffebauens vermitteln?
- Antwort des Kl. Prinzen: Man muss einfach die Sehnsucht nach dem Meer wecken.
Grundsätzliche Fragen:
Wie sollen wir mit den Strukturen von gestern und den Methoden von heute die Probleme
von morgen lösen?
Stellen Sie sich vor, Sie betreten am Morgen ihren Betrieb, Ihre Firma. Sie bleiben kurz vor dem
Eingang stehen und sehen sich um.
Kommt Ihnen Ihre Organisation eher vertraut oder eher fremd vor?
Welche Teile kommen Ihnen sehr vertraut, welche fremd vor?
Verbringen sie ihre Zeit hauptsächlich mit der Gestaltung von Zukunftsfragen oder mit dem
ausbessern der Fehler von gestern?
Werden Fehler als Anlass zum (gemeinsamen) Lernen oder als Anlass zum „Schwarzen PeterSpielen“ genommen? (Suche nach den Schuldigen)
Ist dem Management klar, welche Veränderungen auf ihre Organisation in den nächsten
Jahren zukommen?
Wird die über die Zukunft und über notwendige Veränderungen in ihrer Organisation
ausreichend auf allen Ebenen so kommuniziert, dass ein Bewusstsein entstehen kann, „wir
sitzen in einem Boot“?
Wird in ihrer Organisation danach gehandelt, wie die Zukunft zu meistern ist oder eher
danach, wie der bestehende (Besitz)Stand zu wahren ist?
Bedingungen
Organisieren
Lehrer/-in
Präsentieren
Inhalte
Interagieren
Schüler/-in
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Verhältnisse der Didaktiken zueinander:
Didaktik:
1.) Planen
2.) Durchführen
3.) Auswerten
In ähnlicherweise unterscheidet man:
Planungsdidaktiken:  Sie befassen sich damit, wie Unterricht sein soll. Nicht die unterrichtlichen
Handlungen von SchülerInnen und LehrerInnen stehen im Mittelpunkt,
sondern die Ziele die durch den Unterricht erreicht werden sollen, und die
Wege, auf denen dies möglich erscheint. (häufigste Variante)
Durchführungsdidaktiken:  Sie untersuchen, wie in den Unterricht interveniert werden
(Schnellinformation; Allgegenwärtigkeit, …).
 weniger häufig
Auswertungsdidaktiken:  Sie werten vergangenen Unterricht aus. Sie untersuchen, was
geschehen ist und versuchen zu erklären bzw. zu verstehen, warum
dies geschehen ist.
Didaktische Wissensformen:
1. Know - that [explizites, systematisches Wissen]
2. Know - how [erfahrungsbasiertes Wissen]  Praxiswissen; z.B.: Lehrer – kennt die Klasse, weiß,
wann er wie intervenieren soll
3. Knowing - in – action [Handlungswissen]
Strukturperspektive ---- Prozessperspektive:
Wenn wir uns in einem Flugzeug hoch über der Erde befinden und auf einem Fluss hinab sehen,
sehen wir seine Struktur nicht aber die Bewegung des Wassers.
Befinden wir uns aber am Ufer des Flusses, sehen wir zwar die Bewegung des Wassers, nicht aber
seinen Verlauf in der Landschaft .
Wer Überblick gewinnen will, braucht Distanz. (aus der Ferne auf das ganze System schauen)
Wer Einblicke gewinnen will, braucht Nähe. (man hat so viel vor sich, dass man den Überblick
verliert)
Daher ist ein Wechsel dieser 2 Perspektiven sehr wichtig - die eine Ansicht gegen die andere
auszuspielen ist verkehrt.
Video:
- Hat etwas mit Didaktik zu tun, weil etwas gelehrt wird
- Findet in einem organisatorischen Rahmen wie Unterricht statt
Beschreibung des Videos:
- 3-4 Gruppen
- Verschiedene Höhen der Turnbänke (Anforderungen angepasst)
Ziel:
-
Gleichgewicht
Koordination
Vernünftig?:
- nein  Problem der Gefahr, Aufwand zum Output unstimmig
- ja  aufregend für die Kinder, Kinder müssen Mut beweisen, fordert sie
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Verbesserungen:
- mehr Sicherungen  mit Bändern oder Schnüren unterstützen
- Problem: Lehrerin war nicht bewusst, dass ein Beinahe-Unfall geschehen wäre
Didaktisches Theoretisieren: (so sollte man bei der Prüfung analysieren)
Fakten (Seinsaussagen)  Was ist geschehen? (siehe Beschreibung des Videos)
Normen (eigene oder fremde Sollensforderungen)  Was ist zu fordern?
Probleme (Differenzen zwischen Fakten und Normen)  Was gelingt nicht?
Lösungen (Übereinstimmungen zwischen Fakten und Normen)  Was ist zu tun?
1 Analyse der
VorausSetzungen
(=IST-Stand)
2 Zielformulierung
(=SOLL-Stand)
3 Entwurf
eines
Handlungsplanes
4 Durchführung
der
Handlung
5 Kontrolle der Zielerreichung
Diese 5 Punkte sind einige Stundenphasen eines idealtypischen Modells.
1.) Individuelle Zielanalyse
Was möchte ich überhaupt?  persönliche Ziele konkret formulieren
Formulieren Sie Ihre persönlichen und Ihnen als LehrerIn, GesundheitsbildnerIn, SportmanagerIn
oder Trainingswissen-schafterIn wichtigen Ziele.
- Ich biete einen „Rücken-stärken“-Kurs an, um Menschen fit zu halten, um sie vor
Rückenschmerzen zu bewahren, um Anerkennung zu bekommen, um Menschen zu helfen, um
Geld zu verdienen usw.
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Welche Ziele verfolge ich mit meinem Unterricht (sportlichen Angebot, Kurs,…)?
Was ist mit wichtig, zu vermitteln?
Welches Können sollen die SchülerInnen /Tn) am Ende des Jahres (Kurses,…)
erworben haben?
Welche Sachkompetenz, Selbst und Sozialkompetenz strebe ich mit meinem
Unterrichtsangebot an?
Welche sozialen Umgangsformen sollen unterstützt werden?
Welche Kommunikationsqualität und Gruppendynamik möchte ich fördern?
2.) Vertragsorientiert arbeiten – mit sich beruflich klarkommen und mit anderen gut
(=arbeitsfähig) auskommen
löst viele Probleme im Vorfeld, wenn man vertragsorientiert arbeitet
Somit ist von Anfang an klar, was in dem Kurs angeboten wird und was nicht.
Je klarer man das ausdrückt, desto erfolgreicher wird man sein, weil sich Menschen keine falschen
Erwartungen von diesem Kurs machen.
Reflektieren Sie, welche Verträge zwischen Ihnen und Institutionen (Personen, …) bestehen
 Unterschied zwischen hard- (nur Geschäftsvertrag) und soft-Vertrag
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3.) Analyse der Voraussetzungen:
Informieren Sie sich über das Leitbild einer Schule, das Profil eines Vereins und streichen Sie Ziele,
Werte und Strategien der jeweiligen Institution heraus.
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Welches Leitbild bzw. Profil hat die Schule (der Verein, die Arbeitsstätte)?
Welches Umfeld liegt vor?
Welche Ressourcen stehen mir zur Verfügung?
Welche Vorerfahrungen haben die SchülerInnen (Tn)?
Welches Können und Wissen bringen die SchülerInnen (Tn) mit?
4.) Bewegungs- und sportpädagogische Intentionen und Perspektiven:
Formulieren Sie jene bewegungs- und sportpädagogischen Absichten und Perspektiven nach
denen Sie Bewegung und Sport anbieten.
Erzieherische Intentionen – es geht einem mehr darum als ums eigentliche Rückenstärken – eher
pädagogisch
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Welche Bedeutung hat der Inhalt bzw. das Ziel im gegenwärtigen Leben meiner
Zielgruppe (z.B. SchülerInnen, Erwachsene,…).
Worin liegt die Bedeutung des Inhalts / Ziels / Themas für die Zukunft der
SchülerInnen,…?
Welches allgemeine Problem erschließt der betreffende Inhalt?
Welche der möglichen Sinndimensionen stellen Sie in den Mittelpunkt Ihres
Handelns?
5.) Das Thema für eine Zeitperiode festlegen und formulieren:
Erstes Thema beim Rückenstärkkurs: „Sich und andere kennenlernen“ – Körpererfahrung:
insbesondere den Rücken
6.) Die Ziele der Einheit konkretisieren:
Einheit konkretisieren!  Was möchte ich in dieser Einheit erreichen?
7.) Inhalte klären:
Formulieren Sie ganz konkret, mit welchem Inhalt (Inhalten) Sie Ihre Ziele mit der von Ihnen
festgelegten Zielgruppe umsetzen.
Die Teilnehmer kennen sich am Ende der Einheit. Sie lernen sich zu entspannen, lernen bestimmte
Kräftigungsübungen (= endorientiert ≠ sollen)
Ziel hat Inhalts- und Verhaltenskomponente und ist endorientiert
Bsp: den Ball in Basketballkorb werfen
Inhaltskomponente = der Basketball
Verhaltenskomponente = Werfen des Balles
8.) Eine angemessene Lehr- Lernumgebung schaffen:
Skizzieren Sie jene Rahmenbedingungen in denen Sie Ihre Ziele optimal umsetzen können und
überlegen Sie, wie Sie diese herstellen können
Lärm = unproduktiv
Wo setzte ich meinen Kurs an?
9.) Die Interaktions- und Beziehungsstruktur planen – Konflikten vorbeugen:
Verhältnis: per du? Per sie?
Umgangsformen?
Kleidung?
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10.) Geräte und Materialien:
Welche sind vorhanden und v.a. passend?
Bälle (eventuell mit Noppen) usw. gut einsetzen
11.) Medien wählen und ihren Einsatz planen und vorbereiten:
Gut vorbereiten  ziemlich störend, wenn falsches Lied/Rhythmus/Lautstärke
Für Rückenstärken: am ehesten?
12.) Zur Beachtung – Vorsicht – Sicherheit:
Überlegen Sie welche Gefahrenquellen und Sicherheitsaspekte Sie in der von Ihnen geplanten
Unterrichtseinheit zu berücksichtigen und welche Vorsichtsmaßnahmen zu setzen sind.
Nicht nur Sicherheit der Geräte, sondern auch: Sind Allergien vorhanden?
13.) Organisationsstruktur und Ablauf:
Formulieren Sie ganz konkret, welchen organisatorischen Rahmen Sie für die Umsetzung des
Teils 1: Eröffnung – Belebung – Aufwärmen,
Teils 2: Hauptteil und
Teils 3: Abwärmen – Ausklang in dem von Ihnen gewählten Themas planen.
14.) Begrüßung gestalten und Eröffnungsritual festlegen:
Formulieren Sie ganz konkret, wie/womit Sie Ihre Unterrichtseinheit mit der von Ihnen
festgelegten Zielgruppe beginnen
15.) Neuralgische Punkte am Beginn des Unterrichts:
Die Probleme und problematischen Erfahrungen konzentrieren sich auf folgende fünf Bereiche:
1. Der ständige Zeitdruck (5 min Pause; Klassenwechsel, Gangaufsicht, Vorbereitung der
nächsten Stunde) oder: „Wieder nur eine kleine/keine Pause“
2. Die Zusammenarbeit mit den KollegInnen – oder: „Jetzt muss ich wieder alles
wegräumen/alles umstellen/herräumen“
3. Die Herstellung des Raumes (der Sporthalle) – oder: „Das leidige Problem mit dem
Aufbau“. (z.B. Tore, Mattenwagen, Kästen,…)
4. Ordnungs- und Disziplinprobleme –oder: „Wo ist der Rest der Klasse?“, „Wo ist das
Klassenbuch?“, ….
5. Widerstände der SchülerInnen – oder „Wir wollen heute <Goki> spielen!“
Reflexion des Einstiegs in den Unterricht:
Überlegen Sie:
1.) Welche Begründung gibt es für diese Unterrichtseinstiege?
2.) Welche Ziele bzw. welche Themen werden in den Situationen angesteuert?
3.) Was sollen die SchülerInnen offiziell lernen und was lernen die SchülerInnen
heimlich?
4.) Welche Kriterien zur Beurteilung von Unterrichtseinstiegen lassen sich davon
ableiten?
16.) Formen der Belebung und des Aufwärmens:
Formulieren Sie ganz konkret, wie Sie mit der von Ihnen festgelegten Zielgruppe aufwärmen.
 Wie wird belebt, aufgewärmt, warming-up arrangiert?
 In welchem Zusammenhang steht Aufwärmen mit Hauptteil der Unterrichtseinheit?
Öffnungsspirale: Wenn es mir gut geht, geht es auch den anderen gut
Teilnehmer emotional erreichen  dann erst beginnen mit Übungen
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17.) Hauptteil planen:
Formulieren Sie ganz konkret, wie Sie das von Ihnen gewählte Thema im Hauptteil der
Unterrichtseinheit umsetzen
18.) Abwärmen bewusst gestalten und Ausklang festlegen:
Formulieren Sie ganz konkret, wie Sie das von Ihnen gewählte Thema abschließen
19.) Neuralgische Punkte am Ende des Unterrichts: (neuralgisch: Schlüsselpunkt)
Manche gehen früher
Ein Handy läutet usw.
20.) Reflexion – Evaluation – Auswertung:
Formulieren Sie konkrete Fragen an die TeilnehmerInnen, um die von Ihnen arrangierte
Unterrichtseinheit zu reflektieren
Gemeinsame- oder Selbstreflexion
Auf körperlicher Weise: Die, die die Stunde toll gefunden haben stehen hier, die anderen dort
Muss nicht immer verbal sein
Abschnittsplan:
Monatsplan
Semesterplan
Jahresplan
Unterricht kann mit Hilfe der fünf Strukturmerkmale vollständig beschrieben werden:
Zielstruktur
Inhaltsstruktur
Prozessstruktur (Dynamik)
wirken in einander
Beziehungsstruktur
Handlungsstruktur
Produktorientiert: am Ergebnis orientiert ≠ Prozessorientiert: Interaktionen sind wichtig
hohe Strukturvorgaben
geringe Strukturvorgaben
(d.h. aber nicht ungeplant)
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