UNIVERSITÄT HAMBURG - FB Rechtswissenschaft - SS 1998 Semesterhausarbeit im Wahlschwerpunkt VI: "Information und Kommunikation" Kurs I: Grundrechtsfragen Dr. Wolfgang Schulz Sachverhalt Ein Aktionsbündnis, das sich in kritischer Anlehnung an den Roman Campus "Initiative gegen die Leugnung weiblicher Existenz durch männerdominierte Sprache„ nennt, hat alle Bundesländer zum Abschluß eines Staatsvertrages bewegt, der in Hamburg durch das "Gesetz zur sprachlichen Gleichstellung von Frau und Mann" umgesetzt wurde, das am 6. Mai 1998 in Kraft getreten ist. Darin wird festgelegt: §1 (1) In Druckwerken, die in der Freien und Hansestadt Hamburg erscheinen, müssen zur abstrakten Bezeichnung von weiblichen und männlichen Personen neben der männlichen auch die weibliche Form des Begriffs verwendet werden, sofern auch die weibliche Form des Begriffs gebräuchlich ist. (2) Die Verwendung der weiblichen Form mit dem als Versalie gesetzten Buchstaben "I" oder eine geschlechtsneutrale Formulierung stehen der Verwendung gem. Absatz 1 gleich. §2 (1) Ordnungswidrig handelt, wer als Verfasser bzw. Verfasserin, verantwortlicher Redakteur bzw. verantwortliche Redakteurin oder Verleger bzw. Verlegerin der Vorschrift des § 1 zuwider handelt. Die Ordnungswidrigkeit kann, wenn sie vorsätzlich begangen wurde, mit einer Geldbuße bis zu 10.000 Deutsche Mark, wenn sie fahrlässig begangen wurde, mit einer Geldbuße bis zu 5.000 Deutsche Mark geahndet werden. (2) Legt der Verfasser bzw. die Verfasserin, der verantwortliche Redakteur bzw. die verantwortliche Redakteurin oder der Verleger bzw. die Verlegerin eine Bescheinigung der Gesellschaft für deutsche Sprache e.V. [GfdS] vor, aus der hervorgeht, daß das Druckwerk die Voraussetzungen des § 1 Absatz 1 erfüllt, handelt er bzw. sie nicht fahrlässig. Gegen diese Regelungen laufen Vertreter der Presse aber auch Künstler und Wissenschaftler Sturm; sie sehen ihre Grundrechte verletzt. Bei der GfdS entstehen Verzögerungen bei der Bearbeitung, da zahlreiche Verlage ihre Druckschriften vorab prüfen lassen wollen, um einer Bußgeldzahlung zu entgehen. Bei 250 Mitgliedern des Deutschen Bundestages regen sich Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen. Sie rufen am 21. Mai 1998 das Bundesverfassungsgericht an um feststellen zu lassen, ob das Hamburgische "Gesetz zur sprachlichen Gleichstellung von Frau und Mann" verfassungskonform ist. Wie wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden (Frage 1)? Den Bestimmungen im Gesetz zur sprachlichen Gleichstellung von Frau und Mann entsprechende Regelungen für Mediendienste und Rundfunk sind in bereits abgeschlossenen Staatsverträgen zur Änderung des Mediendienstestaatsvertrages und des Rundfunkstaatsvertrages formuliert. Die Landesgesetze zur Umsetzung wurden am 20. Mai 1998 in Hamburg schon von der Bürgerschaft beschlossen, aber noch nicht verkündet. Zugleich mit dem Antrag aus Frage 1 begehren die Abgeordneten die Feststellung, daß auch die beschlossenen, aber noch nicht als Gesetz verkündeten Staatsvertragsänderungen gegen das Grundgesetz verstoßen. Ist dieser Antrag zulässig (Frage 2)? Anm.: Die GfdS ist ein gemeinnütziger Verein zur Pflege und Erforschung der deutschen Gegenwartssprache. Staatliche Stellen sind weder Mitglied des Vereins, noch wird der Verein durch staatliche Zuschüsse gefördert. Ausgabe: Donnerstag, 28. Mai 1998 Abgabe: Montag, 29. Juni 1998 Die üblichen Formalien des Fachbereichs zur Erstellung von Hausarbeiten sind einzuhalten (http://www.jura2.uni-hamburg.de/jura2/download/Winkurs.htm). 1 Hinweis: Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich nicht - wie häufig - um einen entlang der dogmatischen Grenzen konstruierten Sachverhalt, sondern eine reale Problemstellung, deren verfassungsrechtliche Legitimität zu prüfen ist. Daher kommt es für die Bearbeitung dieser Aufgabenstellung noch weniger als üblich auf das „richtige„Ergebnis, sondern vielmehr auf die an den richtigen Stellen der dogmatischen Struktur aufgesetze, begründete Argumentation an. Bei den folgenden Lösungshinweisen handelt es sich daher auch nicht um eine Lösungsskizze oder Musterlösung. Sollten Sie in Aufbaufragen oder aber auch inhaltlich von dieser Lösung abweichen, lassen sich daraus keine unmittelbaren Schlüsse auf die Qualität Ihrer Bearbeitung ziehen. ÜBERSICHT A. DAS GESETZ ZUR SPRACHLICHEN GLEICHSTELLUNG DER FRAU....................... 5 I. Zulässigkeit ......................................................................................................................... 5 1. Zuständigkeit .................................................................................................................. 5 2. Antragsberechtigung....................................................................................................... 5 3. Antragsgegenstand ......................................................................................................... 5 4. Antragsbefugnis.............................................................................................................. 6 5. Form ............................................................................................................................... 6 6. Ergebnis .......................................................................................................................... 6 II. Begründetheit ..................................................................................................................... 6 1. Formelle Verfassungsmäßigkeit ..................................................................................... 7 2. Materielle Verfassungsmäßigkeit ................................................................................... 8 a) Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG (Meinungsfreiheit) .......................................... 9 (1) Schutzbereich ........................................................................................................ 9 (a) Art. 5 I 2 GG als Schutz massenkommunikativer Vermittlung ........................ 9 (b) Pressefreiheit als lex specialis ........................................................................ 12 (c) Entscheidung ................................................................................................... 12 (2) Eingriff ................................................................................................................ 13 (3) Rechtfertigung .................................................................................................... 13 (a) Allgemeines Gesetz ........................................................................................ 13 (i) Sonderrechtslehre ........................................................................................ 13 (ii) Abwägungslehre ......................................................................................... 14 (iii) Kombinierte Auffassung des BVerfG ....................................................... 14 (b) Rechtfertigung durch verfassungsimmanente Schranken ............................... 15 2 (i) Gesetzesvorbehalt ........................................................................................ 15 (ii) Kollisionslage ............................................................................................. 15 (iii) Auflösung der Kollisionlage / Praktische Konkordanz ............................. 16 (4) Zwischenergebnis ............................................................................................... 18 b) Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG (Pressefreiheit) ............................................. 18 (1) Schutzbereich ...................................................................................................... 18 (2) Eingriff bzw. Ausgestaltung ............................................................................... 20 (3) Rechtfertigung .................................................................................................... 21 (a) Allgemeines Gesetz oder verfassungsimmanente Schranken? ....................... 21 (b) Rechtmäßigkeit der Beschränkung durch allgemeines Gesetz ....................... 22 (i) Verhältnismäßigkeit..................................................................................... 23 (a) Legitimer Zweck ..................................................................................... 23 (b) Geeignetheit ............................................................................................ 23 (c) Erforderlichkeit ....................................................................................... 23 (d) Angemessenheit ...................................................................................... 23 (e) Zwischenergebnis.................................................................................... 24 (ii) Zensurverbot ............................................................................................... 24 (iii) Ergebnis ..................................................................................................... 26 c) Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 GG (Kunst- und Wissenschaftsfreiheit) ..................... 26 (1) Schutzbereich ...................................................................................................... 26 (2) Eingriff ................................................................................................................ 27 (3) Rechtfertigung .................................................................................................... 27 (a) Schrankenregelung .......................................................................................... 27 (b) Gesetzesvorbehalt ........................................................................................... 28 (c) Verfassungsimmanente Schranken ................................................................. 28 (i) Kollisionslage .............................................................................................. 28 (ii) Auflösung der Kollisionlage / Praktische Konkordanz .............................. 28 (4) Zwischenergebnis ............................................................................................... 29 d) Verstoß gegen Art. 12 GG (Berufsfreiheit) .............................................................. 29 (1) Schutzbereich ...................................................................................................... 29 (2) Eingriff ................................................................................................................ 29 (3) Zwischenergebnis ............................................................................................... 30 III. Ergebnis .......................................................................................................................... 30 3 B. DIE ÄNDERUNG DES RSTV UND DES MEDSTV ........................................................ 30 I. Wortlaut ............................................................................................................................ 32 II. Systematik ........................................................................................................................ 32 III. Entstehungsgeschichte .................................................................................................... 32 IV. Normzweck .................................................................................................................... 33 V. Ergebnis ........................................................................................................................... 34 4 Kursiv hervorgehoben werden in der Skizze Anmerkungen zum Aufbau der Hausarbeit. LÖSUNGSHINWEISE A. DAS GESETZ ZUR SPRACHLICHEN GLEICHSTELLUNG DER FRAU Die an der Rechtmäßigkeit des Gesetzes zur sprachlichen Gleichstellung von Frau und Mann (in Zukunft: SprachGleichstG) zweifelnden Bundestagsabgeordneten könnten beim Bundesverfassungsgericht eine abstrakte Normenkontrolle gem. Art. 93 I Nr. 2 GG beantragen. Der Antrag hat Aussicht auf Erfolg, wenn die abstrakte Normenkontrolle zulässig und begründet ist. I. Zulässigkeit 1. Zuständigkeit Die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich aus Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG in Verbindung mit §§ 13 Nr. 6, 76 ff. BVerfGG. 2. Antragsberechtigung Gemäß § 76 3. Alt. BVerfGG sind ein Drittel der Mitglieder des Bundestags antragsberechtigt. Zumindest 224 Abgeordnete müssen also die abstrakte Normenkontrolle beantragen. Hier wollen 250 Mitglieder des Bundestags, der derzeit 672 Mitglieder zählt, gegen das Gesetz vorgehen. Da sich bei allen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung regen und sie das BVerfG gemeinsam anrufen, treten sie auch als Einheit auf und verfolgen identische Ziele (vgl. BVerfGE 68, 346 (350)). Hinweis: Insoweit kann offenbleiben, ob eine solche Einschränkung der Antragsberechtigung durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts überhaupt zulässig und mit Art. 93 I Nr. 2 GG, § 76 BVerfGG vereinbar ist. Die Erwähnung dieses "Einheitserfordenisses" ist auch nicht notwendig. Die Bundestagsabgeordneten sind antragsberechtigt im Sinne des Art. 93 I Nr. 2 GG, § 76 3. Alt. BVerfGG. 3. Antragsgegenstand Antragsgegenstand ist gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 Nr. 1 und 2 BVerfGG das gesamte Bundes- und Landesrecht. Beim bereits umgesetzten Gesetz zur sprachlichen Gleichstellung der Frau handelt es sich um gültiges Landesrecht. Das Gesetz ist zulässiger Antragsgegenstand. 5 4. Antragsbefugnis Die Antragsbefugnis ist gegeben, wenn der Antragsteller Zweifel an der Vereinbarkeit der Norm mit höherrangigem Recht hegt (Art. 93 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt. GG) oder in der Rechtspraxis Meinungsverschiedenheiten über die Gültigkeit bzw. Ungültigkeit der entsprechenden Norm bestehen (Art. 93 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt. GG; vgl. Pieroth in Jarass/Pieroth, GG, 4. Aufl., 1997, Art. 93 Rn. 21). Soweit § 79 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG über den Wortlaut des Grundgesetzes hinaus fordert, daß der Antragsteller Bundes- oder Landesrecht für nichtig hält und so die Antragsberechtigung weiter einengt, ist er nichtig (Pieroth in Jarass/Pieroth, Art. 93 Rn. 21) oder verfassungskonform auszulegen (BVerfGE 12, 205 (221): für den Fall des § 76 BVerfGG). Letzlich genügt das objektive Interesse an der Klarstellung der Gültigkeit der Norm (BVerfGE 6, 104 (110); 52, 63 (80). Hinweis: Hier einen großen Streit über die Zulässigkeit der Einschränkung des Kreises der Antragsbefugten zu entfachen, ist überflüssig. Es ist allgemeine Auffassung (vgl. etwa mit weiteren Nachweisen Schlaich, Das Bundesverfassungsgericht, 3. Aufl., 1994, Rn. 122), daß das BVerfGG die bereits im Grundgesetz geregelte Antragsbefugnis nicht einschränken kann. Dies gilt grundsätzlich für das Verhältnis einfacher Gesetze zur Verfassung; das gleiche Problem stellt sich im Medienrecht bei den Begriffen der 'Presse' und des 'Rundfunks' im verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Sinne. Da die 250 Bundestagsabgeordneten hier Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Norm haben, sind sie antragsbefugt. 5. Form Es ist davon auszugehen, daß das Schriftformerfordernis (§ 23 Abs. 1 S. 1 BVerfGG) und der Begründungszwang (§ 23 Abs. 1 S. 2 BVerfGG) beachtet wurden. Weitere Verfahrensvorschriften sind in den §§ 76 ff. BVerfGG nicht geregelt. 6. Ergebnis Der Antrag der Bundestagsabgeordneten ist zulässig. Das Bundesverfassungsgericht wird ihn zur Entscheidung annehmen. II. Begründetheit Die abstrakte Normenkontrolle ist begründet, wenn die angegriffene Norm tatsächlich förmlich oder sachlich nicht mit der Verfassung - oder, soweit es sich um Landesrecht handelt mit Bundesrecht vereinbar ist (§ 78 Abs. 1 BVerfGG). 6 1. Formelle Verfassungsmäßigkeit Hinweis: Laut Sachverhalt bestehen keinerlei Zweifel an der formellen Rechtmäßigkeit der Norm im Hinblick auf Verfahren und Form. Zu erörtern ist hier allein - wie oft in Klausuren bzw. Hausarbeiten - die Frage der Gesetzgebungszuständigkeit; solche der Initiativberechtigung, des ordnungsgemäßen Beschlusses, der Mitwirkung des Bundesrates bei Bundesgesetzen und des ordnungsgemäßen Verfahrens sind nur dann, wenn sie im Sachverhalt besonders problematisiert oder von den Verfahrensbeteiligten als problematisch angesehen werden, anzusprechen. Fraglich ist bei der formellen Rechtmäßigkeit des Gesetzes allein, ob die Länder die Gesetzgebungszuständigkeit für die Regelung haben. Grundsätzlich haben die Länder das Recht der Gesetzgebung, solange dieses nicht dem Bund verliehen wurde (Art. 70 Abs. 1 GG), wobei sich die Zuständigkeitsabgrenzung gem. Art. 70 Abs. 2 GG nach den Vorschriften über die ausschließliche (Art. 71, 73 GG) und konkurrierende (Art. 72, 74 GG) Gesetzgebung richtet. In Frage kommen hier im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung Art. 73 Nr. 9, 3. Alt. (Verlagswesen), im Bereich der konkurrierenden Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 (Allgemeines Persönlichkeitsrecht; Strafrechtsnorm im weiteren Sinne [§ 2 SprachGleichstG begründet eine Ordnungswidrigkeit]), Nr. 7 (Fürsorge) und Nr. 11 (Wirtschaft) sowie aus dem Bereich der Rahmengesetzgebung Art. 75 Abs. 1 Nr. 2 (allgemeine Rechtsverhältnisse der Presse). Da der Bund von einer ihm eventuell zustehenden Gesetzgebungskompetenz ohnehin keinen Gebrauch gemacht hat, ist nach Ausschluß des Katalogs der ausschließlichen Gesetzgebung gem. Art. 73 GG eine genauere Einordnung in die in Betracht kommenden Bereiche der Art. 74, 75 GG nicht notwendig. Insbesondere für den Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung gilt, daß die Gesetzgebungsbefugnis bei teilweiser Gebrauchmachung durch den Bund für den nicht geregelten Bereich bei den Ländern verbleibt (Pieroth in Jarass/Pieroth, Art. 72 Rn. 4). Im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung haben die Länder die Gesetzgebungsbefugnis nur, wenn und soweit sie durch Bundesgesetze ausdrücklich dazu ermächtigt wurden (Art. 71 GG). Da kein ermächtigendes Bundesgesetz ersichtlich ist, dürfte das SprachGleichstG nicht in den in Art. 73 GG geregelten Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung fallen, sonst wären die Länder nicht gesetzgebungsbefugt. In Betracht kommt aus diesem Zuständigkeitskatalog allein Art. 73 Nr. 9, 3. Alt. GG, das Verlagsrecht. Nach herrschender Auffassung umfaßt das Verlagsrecht im Sinne des Art. 73 Nr. 9, 3. Alt. GG die Rechtsbeziehungen zwischen Verfasser und Verlegern eines Verlagsprodukts; die Gesetzgebungskompetenz ist dagegen nicht als solche über alle das gesamte Verlagswesen betreffenden Fragen zu verstehen (Pieroth in Jarass/Pieroth, Art. 73 Rn. 20). Das SprachGleichstG regelt nicht die Rechtsbeziehungen zwischen den Verlegern und Verfassern, bzw. Redakteuren. Die ihnen im Verhältnisse zueinander zustehenden Rechte und Pflichte werden vom SprachGleichstG nicht umfaßt, bzw. modifiziert (Hierbei handelt es sich um solche wie Vervielfältigungsrechte, die Zuteilung von Freiexemplaren, Korrekturpflichten 7 etc.). Der herrschenden Auffassung folgend hat der Bund für das SprachGleichstG keine ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis gem. Art. 73 Nr. 9, 3. Alt. GG. Maunz dagegen zieht den Kreis der Gesetzgebungsbefugnis etwas weiter (jedenfalls nach der Interpretation von Pieroth in Jarass/Pieroth, Art. 73 Rn. 20; vgl. Maunz in Maunz/Dürig, 33. Lieferung, Stand: November 1997, Art. 73 Rn. 153). Seiner Ansicht nach erstreckt sie sich auf alle speziell das Verlagswesen betreffenden Vorschriften. Dennoch erscheint fraglich, ob nach Ansicht von Maunz das SprachGleichstG dem Bereich der Gesetzgebungskompetenz des Verlagsrechts zuzuordnen ist; denn in Abgrenzung zur Rahmengesetzgebungsbefugnis für die Presse stellt auch er darauf ab, ob es sich um Regelungen des Vertragsverhältnisses zwischen Verfassern und Verlegern handelt (Maunz in Maunz/Dürig, Art. 75 Rn. 100). Jedenfalls wird auch nach der von Maunz vertretenen Ansicht die Gesetzgebungskompetenz für das Verlagswesen von der in Art. 75 Abs. 1 Nr. 2 GG erwähnten Rahmengesetzgebungskompetenz für die allgemeinen Rechtsverhältnisse der Presse verdrängt. Seiner Auffassung zufolge handelt es sich, wenn Regelungen abweichend von denen ähnlicher Rechtsfragen in anderen Bereichen getroffen werden und die Presse i.S.d. Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG durch die Regelungen berührt wird, um Rechtsverhältnisse der Presse. Auch er nutzt für die Kompetenzfragen den verfassungsrechtlichen Pressebegriff des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG. Da hier ausdrücklich Druckwerke i.S.d. des HmbPresseG von der Vorschrift betroffen sind, also eine Regelung speziell für den Bereich der Presse i.S.d. Verfassungsrechts getroffen wurde, ist der Bund auch nach Ansicht von Maunz zu der in Frage stehenden Regelung nach Art. 73 Nr. 9 GG nicht gesetzgebungsbefugt. Es handelt sich bei dem SprachGleichstG nicht um eine Regelung des Verlagsrecht gem. Art. 73 Nr. 9 GG. Wegen eines fehlenden Bundesgesetzes kann insofern offen bleiben, ob es sich bei dem SprachGleichstG um eine Regelung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 (Allgemeines Persönlichkeitsrecht), Nr. 7 (Fürsorge) und Nr. 11 (Wirtschaft) aus dem Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung oder aus dem Bereich der Rahmengesetzgebung um eine Regelung des Art. 75 Abs. 1 Nr. 2 (allgemeine Rechtsverhältnisse der Presse) handelt. Die Gesetzgebungskompetenz verbleibt jedenfalls bei den Ländern. Das Gesetz ist also formell verfassungsgemäß. 2. Materielle Verfassungsmäßigkeit Das „Gesetz zur sprachlichen Gleichstellung der Frau“ ist materiell verfassungsmäßig, wenn es weder gegen Grundrechte noch gegen sonstige materielle Verfassungsgrundsätze oder Bundesrecht verstößt. Hinweis: Das Bundesverfassungsgericht ist nicht an den Antrag der Bundestagsabgeordneten gebunden. Auch wenn diese allein an der Verfassungskonformität der Regelung zweifeln, würde das BVerfG die Vereinbarkeit mit sonstigem Bundesrecht überprüfen. Da im vorliegenden Fall entgegenstehendes Bundesrecht jedoch nicht ersichtlich ist, kann für das Gutachten auf einen gesonderten Prüfungspunkt verzichtet werden. 8 a) Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG (Meinungsfreiheit) Hinweis: Sie müssen nicht zwingend mit der Prüfung der Meinungsfreiheit beginnen. Folgen Sie bspw. der Ansicht, daß die Pressefreiheit für ihre Träger lex specialis im Hinblick auf Meinungsäußerungen ist, ist es ebenso gut möglich, mit der Prüfung der Pressefreiheit zu beginnen. Eine solche Veschachtelung von materieller Prüfung und Aufbau läßt sich nicht immer vermeiden. (1) Schutzbereich Grundsätzlich ist das Äußern und Verbreiten der Meinung, also ihre Abgabe und der Prozeß der Informationsübertragung geschützt. Der Begriff der „Meinung“ ist weit zu verstehen. Geschützt sind der Inhalt, aber auch die Form bzw. die Art und Weise der Äußerung (BVerfGE 54, 129 (137 ff.); 60, 234 (241 f.)). Ebenso geschützt ist die sog. "negative Meinungsfreiheit", d.h. die Freiheit eine Meinung nicht zu äußern (Pieroth/Schlink, Rn. 559, Hoffmann-Riem, Alternativkommentar zum Grundgesetz, 2. Aufl., Neuwied 1989, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 24). Der Schutzbereich könnte allerdings dann nicht betroffen sein, wenn der entsprechende Kommunikationsinhalt deutlich erkennbar Äußerung einer fremden Meinung ist, also dem Transporteur nicht zugerechnet werden kann (BVerfGE 95, 173 (182 - Warnhinweise für Tabakerzeugnisse). Da im vorliegenden Fall nicht nur die Meinung anderer transportiert, sondern die Art und Weise eigener Meinungsäußerung im weitesten Sinne reguliert bzw. unter Umständen den Verfassern von Druckwerken das Äußern bestimmter Ansichten auferlegt wird, könnte der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG also bei (zunächst) grober Betrachtung durch das SprachGleichstG durchaus betroffen sein. Problematisch erscheint die Einordnung in den Schutzbereich aus anderem Grunde: Dem des Verhältnisses zwischen Meinungs- und Pressefreiheit in Fällen, in denen es sich um Presseprodukte im Sinne des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG handelt. Dieses Konkurrenzverhältnis ist zwar sowohl für die Ebene positiver als auch negativer Meinungsfreiheit gleich zu beurteilen, grundsätzlich aber umstritten. (a) Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG als Schutz massenkommunikativer Vermittlung Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist ungeachtet des jeweiligen Verbreitungsmediums die Meinungsäußerungs und -verbreitungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG (Meinungsfreiheit) maßgeblich, wenn die Parteien über einen bestimmten - insbesondere bereits tatsächlich konkretisierten - kommunikativen Inhalt streiten (BVerfGE 86, 122 (128). Das Gericht hat Fragen zur Zulässigkeit von Äußerungen - also den einzelnen, konkreten kommunikativen Inhalten - in Medien stets anhand der Meinungsfreiheit und ihrer Schranken erörtert (BVerfGE 43, 130 (137); 54, 208 (219 f.); 85, 1 (11 ff.) - Flugblatt; 86, 1 (9) - Titanic; 86, 122 (127 f). 9 Demgegenüber hat das Verfassungsgericht den Schutz der Medienfreiheiten (also auch der Pressefreiheit) auf die Voraussetzungen bezogen, die gegeben sein müssen, damit die Medien ihre Aufgabe im Kommunikationsprozeß erfüllen können (BVerfGE 85, 1 (11 ff.) - Flugblatt ). "Der Schutzbereich der Pressefreiheit ist daher berührt, wenn es um die im Pressewesen tätigen Personen in Ausübung ihrer Funktion, um ein Presseerzeugnis selbst, um seine institutionell-organisatorischen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen sowie um die Institution einer freien Presse geht" ((BVerfGE 85, 1 (12 f.) - Flugblatt ). Mit anderen Worten: Der Schutzbereich der Pressefreiheit ist einschlägig, wenn allgemein der spezifische Prozeß massenkommunikativer Vermittlung durch die Presse beeinträchtigt wird. Die Pressefreiheit ist also weder ein Spezialgrundrecht für drucktechnisch verbreitete Meinungen noch eine auf die Presse gemünzte verstärkende Wiederholung der Meinungsfreiheit, sondern vielmehr als Freiheit massenkommunikativer Vermittlung ein Aliud (Vgl. zu diesem verfassungsgerichtlichen Verständnis der Medienfreiheiten auch H.D. Jarass, Die Freiheit der Massenmedien, BadenBaden 1978, S. 165 ff. und insbesondere S. 188, der selbst die Pressefreiheit aber als lex specialis versteht (s.u.); zur Pressefreiheit als Aliud nur W. Hoffmann-Riem, in: Alternativkommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 122 m.w.N. in Fn. 284). Wendet man diese Vorgaben auf den vorliegenden Fall an, so ist zu untersuchen, ob (a) auch Druckwerke vom SprachGleichstG erfaßt werden, die nicht unter den verfassungsrechtlichen Pressebegriff fallen (auf diese ist dann allein Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG anzuwenden); oder (b), insoweit es sich um Presseprodukte handelt, ob es um einen bestimmten - d.h. bereits tatsächlich konkretisierten bzw. konkretisierbaren - kommunikativen Inhalt handelt (auch dann ist allein Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG maßgeblich) oder ob es um die im Pressewesen tätigen Personen in Ausübung ihrer Funktion, um ein Presseerzeugnis selbst, um seine institutionellorganisatorischen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen sowie um die Institution einer freien Presse geht, also allgemein der spezifische Prozeß massenkommunikativer Vermittlung durch die Presse beeinträchtigt wird (dann wäre das Gesetz am Maßstab des Art. 5 I 2 GG zu messen). Das SprachGleichstG gilt gem. § 1 Abs. 1 für Druckwerke. Wenn auch im SprachGleichstG selbst eine Legaldefinition für Druckwerke fehlt, ist davon auszugehen, daß an eine Übernahme der Definition im HmbPresseG gedacht ist. Dessen Legaldefinition für Druckwerke liefert § 7 Abs. 1 HmbPresseG, demzufolge Druckwerke "alle ... mittels eines zur Massenherstellung geeigneten Vervielfältigungsverfahrens hergestellten .... und zur Verbreitung bestimmten ... Schriften, besprochenen Tonträger, bildlichen Darstellungen mit und ohne Schrift und Musikalien mit Text oder Erläuterungen". Der verfassungsrechtliche Pressebegriff gestaltet sich nach ganz herrschender Meinung weiter: So werden als Presse alle zur Verbreitung an die Allgemeinheit bestimmten Druckerzeugnisse eingestuft (Jarass in Jarass/Pieroth, Art. 5 Rn. 20), wobei die Verbreitung mittels chemischer oder mechanischer Mittel zu erfolgen hat (BVerfGE 39, 159 (164)) und unter Allgemeinheit ein individuell unbestimmter Personenbegriff zu verstehen ist (vgl. zur Abwendung vom Allgemeinheitserfordernis BVerfG AfP 1997, 465 ff. mit Anm. Engels/Schulz, AfP 1997, 455 (457 f.). Jedenfalls kann hier festgehalten werden, daß alle Druckwerke im Sinne des Gesetzes unter den Pressebegriff der Verfassung 10 fallen. Soweit man sich der (kaum vertretbaren) Mindermeinung anschließt, derzufolge der einfachgesetzliche Pressebegriff in das Verfassungsrecht übernommen werden soll (vgl. Starck in v. Mangoldt/Klein, Bonner Grundgesetz, 3.Aufl., Art. 5 Rn. 38) ergeben sich keine anderen Wertungen. Die Regelung betrifft also allein Presseprodukte. Es bleibt nach den Kriterien dieser Auffassung zu prüfen, welches Grundrecht im vorliegenden Fall einschlägig ist. Die hier zu untersuchende Regelung steht zwischen den eindeutig einzuordnenden Fallgruppen. So wäre z.B. eine (persönlichkeitsrechtsverletzende) Aussage an der Meinungsäußerungsfreiheit zu messen, bei den Gegendarstellungsvorschriften im HmbPresseG oder den speziellen Konzentrationsvorschriften für die Presse im GWB steht dagegen der Kommunikationsprozeß über Presse allgemein im Vordergrund, so daß der Schutzbereich der Pressefreiheit einschlägig wäre. Fraglich ist, ob im SprachGleichstG der Inhalt einer zu vermeidenden, das weibliche Geschlecht nicht hinreichend berücksichtigenden Äußerung im Vordergrund steht, oder ob durch die Gewährleistung gleicher Berücksichtigung der Geschlechter eine pluralistische Meinungsbildung durch Presse überhaupt erst ermöglicht werden soll. Für die Einordnung in den konkret-inhaltlichen Bereich spricht hier, daß diejenigen, die Frauen (zumindest sprachlich) bewußt nicht erwähnen wollen, nicht mehr wie in bisheriger Art und Weise dazu in der Lage sind. Dagegen könnte jedoch angeführt werden, daß es im SprachGleichstG gar nicht um inhaltliche Kriterien gehe, somit auch weiterhin auschließende, sogar abträgliche oder diskriminierende Äußerungen in den alten Grenzen zulässig seien, und die Vorschrift allein formale (d.h. typo- oder orthographische) Auswirkungen habe. Für diese Ansicht spricht auch, daß die von der Vorschrift Betroffenen weder zwingend auf das Versalien-I noch auf weibliche Formen zurückgreifen müssen, sondern auch substantivierte Adjektive (die Verfassenden), geschlechtsindifferente Begriffe (Lehrkraft) und Ableitungen (Vertretung) nutzen können (§ 1 Abs. 2 SprachGleichstG). Dieser Wertung folgend ist ein konkreter Inhalt nicht unbedingt betroffen. Es könnte aber auch darauf abzustellen sein, daß den Betroffenen gerade die Möglichkeit genommen wird, auf derartige Konstruktionen mit ihrer diskriminierenden Konnotation zurückgreifen und die alte (nicht geschlechtsneutrale) Form zu nutzen. Darüber hinaus könnte für die Einordnung in die inhaltliche Dimension des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG auch sprechen, daß durch die Verwendung des Versalien-I bzw. der anderen Formen stets auch Inhalte (mit-) transportiert werden, die der jeweilige Akteur nicht vermitteln möchte. Hinweis: Zu klären, ob es sich im konkreten Fall um die Regulierung eines konkreten kommunikativen Inhalts bzw. die des spezifischen Prozesses massenkommunikativer Vermittlung handelt, erfordert eine eingehende Auseinandersetzung mit Ziel und Folgen der Regelung.. Letztlich wird man darauf abstellen müssen, wieviel 'Inhalt' durch die SchreibweiseBestimmung übermittelt wird. Wie schwierig die Abgrenzung im Einzelfall ist, verdeutlichen einige Beispiele: Ein Gesetz, welches eine bestimmte Schriftgröße oder -art vorschriebe, beträfe in aller Regel wohl keinen kommunikativen Inhalt. Anders könnte dies zu beurteilen sein, wenn man z.B. der Frankfurter Allgemeinen Zeitung verböte, den deutschen Schriftsatz in 11 Überschriften zu nutzen; es erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, daß mit diesem auch Inhalte transportiert werden. Und auch Gesetze, die sich allein an die Typo- und Orthographie richten, können Inhalte beeinflussen: So zum Beispiel ein Gesetz, das vorschriebe, die DDR (nicht) in Anführungsstrichen zu schreiben (Denken Sie an die damalige Diskussion um den Springer-Aufruf, die zur Blinkfüer-Entscheidung des BVerfG (E 25, 256) geführt hat. Mit guter Begründung kann man das SprachGleichstG also in jede der beiden Kategorien einordnen oder auch darauf abstellen, daß eine abschließende Differenzierung nicht möglich ist und der Regelung sowohl eine inhaltliche als auch strukturelle Dimension anhaftet. Nach der hier vertretenen Auffassung betrifft das SprachGleichstG sowohl einen bestimmten Inhalt als auch strukturelle Fragen der Pressefreiheit und ist demgemäß sowohl an der Presseals auch an der Meinungsfreiheit zu messen. (b) Pressefreiheit als lex specialis Die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts ist allerdings weiterhin grundlegender Kritik ausgesetzt. So wird vorgetragen, daß beide Grundrechte "praktisch die gleichen Dimensionen" erfaßten, woraus der Schluß folge, daß die Pressefreiheit die allgemeinere Freiheit der Meinungsäußerung und Meinungsverbreitung kraft Spezialität verdränge (vgl. Herzog in Maunz/Dürig, Art. 5 I, II Rn. 153 ff. sowie Jarass in Jarass/Pieroth, Art. 5 Rn. 19). Zum anderen werde - so die Kritik - die Unterscheidung, ob erst der bestimmte kommunikative Inhalt oder bereits allgemein der spezifische Prozeß massenkommunikativer Vermittlung berührt würden, häufig schwierig sein. Die beiden Ansichten kommen zu unterschiedlichen Prüfungsmaßstäben; der Streit ist daher zu entscheiden. (c) Entscheidung Hinweis: Selbstverständlich können Sie beiden Ansichten folgen. Wichtig ist nur, daß Sie den Streit gesehen und bearbeitet haben. Wie sich bei der Einordnung des Gehalts der Regelung des SprachGleichstG gezeigt hat, ist der dem Verfassungsgericht widersprechenden Ansicht zuzugestehen, daß die Differenzierung zwischen den unterschiedlichen Dimensionen in der Tat schwierig sein kann. Für die Ansicht des Verfassungsgerichts aber, und dafür, daß die Kritik nicht durchgreift, spricht besonders ein Beipiel aus dem Rundfunkrecht: So wäre grundrechtlicher Schutz eines speziellen Kommunikationsinhalts allein von der Zulässigkeit der rundfunkmäßigen Verbreitung abhängig, alle durch ein nicht zugelassenes Medium verbreiteten kommunikativen Inhalte wären ohne spezifischen Grundrechtsschutz. Hinweis: Gerade im Bereich der Rundfunkfreiheit zeigt sich auch, daß es sich keinesfalls um einen Streit ohne tatsächliche Auswirkungen handelt. Zwar werden beim Verständnis der Pressefreiheit als Spezialitätsnorm zur Meinungsfreiheit wohl in aller Regel die gleichen Kriterien verwendet, und wegen des Fehlens einer Zulassungsvorschrift werden Presseprodukte auch nicht gänzlich dem Schutz des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG entzogen; für die Rundfunkfreiheit 12 würde das Spezialitätsverständnis allerdings zu einem Verlust des Schutzes aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG führen. Der Schutz aus Art. 2 I GG fällt aber vergleichsweise gering aus. Im Ergebnis könnte also die Zulässigkeit und Sanktionsmöglichkeit gem. §§ 1004, 823 BGB von inhaltlich identischen Äußerungen unterschiedlich ausfallen. Es ist kein Grund dafür erkennbar, warum ein bestimmter Inhalt auf Grund des benutzten Verbreitungsmediums unterschiedlich intensiven und strukturierten rechtlichen Schutz erhalten sollte, auch wenn der verbreitete Inhalt vollkommen identisch wäre. Schließlich spricht die besondere Stellung der Pressefreiheit und die in Abweichung von der Weimarer Verfassung gewählte Formulierung der Kommunikationsgrundrechte für diese Interpretation (So BVerfGE 85, 1, 12 - Flugblatt ). Vor diesem Hintergrund vermag die Schlußfolgerung, daß aus der Identität der Schutzdimensionen die Spezialität von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gegenüber Satz 1 GG folge, nicht zu überzeugen, da diese Argumentation ohne weiteres auch umgekehrt Geltung beanspruchen könnte. Insofern ist dem Bundesverfassungsgericht zuzustimmen, wenn es den konkreten kommunikativen Inhalt dem Schutz durch die Meinungsfreiheit, den spezifischen Prozeß massenkommunikativer Vermittlung durch die Presse dem Schutz durch die Pressefreiheit zuordnet. Im Ergebnis ist der Ansicht des Bundesverfassungsgerichts zu folgen. Der Schutzbereich der (negativen) Meinungsäußerungsfreiheit ist im vorliegenden Fall - soweit es um die inhaltliche Komponenete des SprachGleichstG geht - betroffen; das SprachGleichstG ist sowohl an Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG als auch an Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG (hinsichtlich seiner strukturellen Komponente) zu messen. (2) Eingriff Durch das Gesetz wird in die negative Meinungsäußerungsfreiheit eingegriffen. Es ist den Verfassern von Druckwerken nicht mehr möglich, Beiträge zu verbreiten, ohne inhaltlich die durch das Gesetz eingeforderte Position (nicht explizit als fremde) zu transportieren. (3) (a) Rechtfertigung Allgemeines Gesetz Hinweis: Art. 5 Abs. 2 GG normiert für Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG einen qualifizierten Gesetzesvorbehalt. Die Prüfungskriterien hängen im einzelnen davon ab, ob von der Schrankentrias das Recht der "persönlichen Ehre" oder das "allgemeine Gesetz" den Eingriff legitimiert. Das BVerfG geht bei zivilrechtlichem Persönlichkeitschutz von letzterem, bei strafrechtlichem Ehrschutz von ersterem aus (vgl. BVerfGE 34, 269 (282)). Um eine verfassungsmäßige Schranke des Art. 5 Abs.1 S. 2 GG darzustellen, müßte das SprachGleichstG ein allgemeines Gesetz sein (vgl. allgemein dazu Pieroth/Schlink, 13. Aufl., Rn. 586 ff.). (i) Sonderrechtslehre 13 Nach der Sonderrechtslehre (Häntschel, AöR 10 (1926), 228 (232)) sind allgemeine Gesetze die, die sich nicht gegen eine Meinung als solche richten. Differenzierungskriterium ist also die Frage ob ein bestimmter Inhalt transportiert werden darf oder nicht; übertragen auf die negative Meinungsfreiheit ist darauf abzustellen, ob ein bestimmter Inhalt übermittelt werden muß - in anderen Worten: das Gesetz darf nicht zu bestimmten Meinungsinhalten bekehren (Verbot der Meinungsmission (Pieroth/Schlink, 13. Aufl., Rn. 593 ff.; vgl. auch Hesse, 20. Aufl., Rn. 399). In der hier zu prüfenden „inhaltlichen„ Dimension zwingt das SprachGleichstG die Grundrechtsträger, die mit der expliziten Nennung beider Genusendungen verbundene Wertung, daß eine ausschließlich ein Geschlecht verwendende Form die „mitgemeinten„ diskriminiert. Zwar können immer noch Bedenken gegen die Gleichberechtigung geäußert werden und das weibliche Geschlecht aus der Sprache hinausgehalten werden. Durch das Gesetz wird so gesehen keine Meinung unterbunden. Da der (un)erwünschte Inhalt aber auch dann mittransportiert wird, wenn solche Bedenken geäußert werden, ist das SprachGleichstG der Sonderrechtslehre folgend als besonderes Gesetz zu qualifizieren. (ii) Abwägungslehre Der Abwägungslehre folgend dienen allgemeine Gesetze dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung, zu schützenden Rechtsgutes. Wie schon oben dargelegt, dient das SprachGleichstG der Förderung der Gleichberechtigung der Frau. Fraglich ist, ob es sich hierbei um ein ohne Rücksicht auf irgendeine Meinung zu schützendes Rechtsgut handelt, also ob die Gleichberechtigung der Frau als gegenüber der Pressefreiheit höherrangiges Interesse gewertet werden kann. Wenn die Gesetze zum Schutze der Persönlichkeitsrechte (§§ 823, 1004 BGB) als allgemeine Gesetze i.S.d. Abwägungslehre zu qualifizieren sind, hat dies auch für solche zum Schutze der Gleichberechtigung zu gelten. (iii) Kombinierte Auffassung des BVerfG Das Bundesverfassungsgericht schließlich kombiniert die beiden Lehren und fordert, daß allgemeine Gesetze sich nicht gegen eine bestimmte Meinung richten, sondern vielmehr dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung, zu schützenden Rechtsgut dienen (BVerfGE 7, 198 (209); 62, 230 (244); 71, 162 (175). Allerdings ist in der Literatur umstritten, welches Gewicht das Bundesverfassungsgericht den beiden Elemente zumißt. Den Schwerpunkt legt es - nach Auffassung von Jarass in Jarass/Pieroth, Art. 5 Rn. 46 - auf den zweiten Teil der Formel; danach ist das SprachGleichstG als allgemeines Gesetz anzusehen. Eine solche Schwerpunkt-Setzung wird jedoch kritisiert: So soll es richtiger sein, Gesetze, die zu einer Beschränkung bestimmter Kommunikationsinhalte ermächtigen, grundsätzlich nicht als allgemein zu qualifizieren (Schmidt-Jortzig, HbStR VI, Rn. 657). 14 Das Verfassungsgericht wird aber auch dahingehend verstanden, daß durch den Zusatz der Abwägungslehre zur Sonderrechtstheorie allein ein zusätzliches Erfordernis manifestiert werde um klarzustellen, daß mit allgemeinen Gesetzen nicht ein beliebiger, sondern nur ein besonders wertvoller Zweck verfolgt werden dürfe, das Abwägungslehrenelement insoweit nur eine Verstärkung der intakt bleibenden Sonderrechtslehre darstelle (vgl. Pieroth/Schlink, 13. Aufl., Rn. 592 und 607; Hesse, VerfR, Rn. 399 (Ein solches Verständnis steht durchaus in Übereinstimmung zu der Wechselwirkungslehre). Entscheidend bleibe somit die Meinungsneutralität des Gesetzes. Insbesondere wegen der berechtigten Kritik am anderen Verständnis der Rechtsprechung des BVerfG ist dieser Ansicht zu folgen. Hinweis: Wenn sie hier - aufbauend auf der Abwägungslehre - ein allgemeines Gesetz annehmen wollen, müssen Sie sich detaillierter mit der Kritik an dieser Lehre auseinandersetzen. Beim SprachGleichstG handelt es sich nicht um ein allgemeines Gesetz i.S.d. Art. 5 Abs. 2 GG, da es gerade auf die Vermittlung eines bestimmten Kommunikationsinhaltes abstellt. (b) Rechtfertigung durch verfassungsimmanente Schranken Eingriffe aufgrund besonderer Gesetze können durch verfassungsimmanente Schranken gerechtfertigt sein, wobei, um Art. 5 II GG nicht leerlaufen zu lassen, eine besondere strenge Abwägung erforderlich ist. Dies ist der Fall bei Grundrechtskollisionen und Zusammentreffen mit sonstigen verfassungsrechtlich geschützten Gütern. Bei der Rechtfertigung durch praktische Konkordanz sind die kollidierenden Grundrechte bzw. Verfassungsgüter auszugleichen. (i) Gesetzesvorbehalt Auch bei der Rechtfertigung eines Eingriffs in Grundrechte durch verfassungsimmanente Schranken bedarf es einer gesetzlichen Grundlage (Jarass in Jarass/Pieroth,4. Aufl., vor Art. 1 Rn. 40). Dies ergibt sich aus einem "Erst-Recht-Schluß" - wenn es schon für Grundrechte mit Gesetzesvorbehalt ein formell (BVerfGE 6, 32 ff. - Elfes) und materiell rechtmäßiges Gesetz zur Einschränkung bedarf, dann muß dies auch für die ohne Gesetzesvorbehalt gelten. Hinweis: Keinesfalls darf der geforderte Gesetzesvorbehalt dahingehend verstanden werden, daß jeder Eingriff durch Gesetz gerechtfertigt sei. Im Gegenteil sind an die Prüfung der Verhältnismäßigkeit besonders strenge Anforderungen zu stellen. Der Eingriff in die Meinungsfreiheit erfolgt durch ein Gesetz. (ii) Kollisionslage Fraglich erscheint zunächst, ob Grundrechte der Frauen beeinträchtigt sind. Dies ist nicht der Fall, da sich der Gleichbehandlungsanspruch aus Art. 3 GG zunächst einmal nur gegen den Staat richtet. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung gegen Presseunternehmen entfaltet Art. 3 GG (direkt) nicht. 15 Kollidierender Verfassungswert könnte jedoch der Handlungsauftrag an den Staat sein, die Gleichberechtigung von Mann und Frau zu fördern (Art. 3 Abs. 2 GG). Zur Förderung der Gleichberechtigung kann auch die in der Sprache gehören. Handlungsauftrag und Meinungsfreiheit stehen sich hier somit in einer Kollisionslage gegenüber. (iii) Auflösung der Kollisionslage / Praktische Konkordanz Es ist ein Ausgleich zwischen den widersteitenden Grundrechtspositionen dergestalt zu finden, daß jede von ihnen zu optimaler Wirksamkeit gelangen kann (vgl. Pieroth/Schlink, 13. Aufl., Rn. 321 ff.), wobei auch die anderen Aspekte des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu beachten sind (Jarass in Jarass/Pieroth, vor Art. 1 Rn. 41). Hinweis: Hier ist Ihre Argumentation gefragt. Im folgenden soll eine Abwägung nur beispielhaft skizziert werden. Hinsichtlich der Abwägung zwischen den verfassungsrechtlich geschützten Positionen bleibt zunächst festzuhalten, daß an die Rechtfertigung durch kollidierende Verfassungsgüter noch strengere Anforderungen zu stellen sind, als an die Rechtfertigung durch kollidierende Grundrechte, an die wiederum strengere Anforderungen zu stellen sind als an solche durch allgemeine Gesetze. Lassen sich im Konfliktfall die verschiedenen Interessen nicht zum Ausgleich bringen, ist unter Berücksichtigung der falltypischen Gestaltung und besonderen Umstände zu entscheiden, welches Interesse zurückzutreten hat (BVerfGE 35, 202 (220) - Lebach). Zunächst sind also die entgegenstehenden Interessen, die Intensität des Eingriffs und der Nutzen für den erstrebten Zweck zu skizzieren. Für den Nutzen des SprachGleichstG spricht die Vermutung, daß in erster Linie wahrgenommen wird, was auch mit Worten bezeichnet wird. Althergebrachte Sprachgewohnheiten können so für viele Frauen ein Übersehenwerden, ein Verschweigen ihrer Existenz und die Ausgrenzung ihrer Person bedeuten (vgl. Bericht der Gemeinsamen Verfassungskomission vom 5.11.1993, BT-Drs. 13/6000, S. 49). Herstellung tatsächlicher Gleichberechtigung könnte also auch notwendigerweise eine solche in der Sprache verlangen. Allein sprachliche Gleichstellung für sich bedeutet schon einen wichtigen Schritt in Richtung und stellt einen nicht unwichtigen Teilbereich tatsächlicher Gleichberechtigung dar. Wegen dieser möglicherweise hohen Belastung durch den althergebrachten Sprachgebrauch insbesondere in Verbindung mit der Suggestivkraft und Meinungsbildungsrelevanz der Presse ist das Regelungsziel des SprachGleichstG als hoch zu bewerten und gehört zu dem Bereich des staatlichen Handlungsauftrags aus Art. 3 Abs. 2 GG. Unter Umständen könnte die sich aus dem SprachGleichstG ergebende Belastung der Presseund Meinungsäußerungsfreiheit aber gegen die Regelung sprechen. Auch hier ist die Intensität des Eingriffs zu beachten. So könnte man zunächst argumentieren, daß die Freiheit des Art. 5 Abs. 1 GG durch die Vorschrift wegen allein ortho- oder typographischer Auswirkungen nur in geringem Maße beeinträchtigt ist. Da aber, wie oben festgestellt, durch die Schreibweise 16 zumindest auch ein Inhalt mittransportiert wird, ist der Kern des Art. 5 Abs. 1 GG betroffen. So enthält das SprachGleichstG im Ergebnis also das konkrete Gebot durch die Schreibweise jeweils diesen emanzipatorischen Inhalt, der eine eigene - unter Umständen gleichberechtigungsfeindliche - Position untergraben würde zu transportieren. Aber auch wenn keine gleichberechtigungsfeindlichen Thesen aufgestellt werden, wird es dem jeweiligen Verfasser bzw. der jeweiligen Verfasserin verwehrt auf den Transport dieser emanzipatorischen Überzeugung zu verzichten. Eine Berichterstattungstendenz würde also staatlich verordnet. Derartige Tendenzvorgaben widersprechen der Konzeption sowohl der Meinungs- als auch der Pressefreiheit, die neben der subjektiv-rechtlichen Komponente eine politische Dimension haben: Sie sind für eine freiheitlich demokratische Staatsordnung schlechthin konstituierend, weil sie die ständige geistige Auseinadersetzung, den Kampf der Meinungen, der ihr Lebenselement ist, erst ermöglichen (BVerfGE 7, 198 (208); vgl. näher Hoffmann-Riem/Schulz, Politische Kommunikation - Rechtswissenschaftliche Perspektiven, in: Jarren/Sarcinelli/Saxer, Handbuch politische Kommunikation, Opladen (erscheint demnächst)). Als Konsequenz dieser unbestrittenen Konzeption und Funktion der Kommunikationsfreiheiten steht dem Handlungsauftrag aus Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG, gegossen in das Konzept des SprachGleichstG, also neben subjektiver Meinungs- und Entfaltungsfreiheit, auch das Demokratieprinzip entgegen. Nur solange gewährleistet ist, daß der Kommunikationsprozeß frei von staatlicher Einflußnahme ist - so ehrenwert diese im Einzelfall zunächst auch erscheinen mag - bleibt dieser Grundpfeiler der Demokratie unberührt. Aus diesem Grunde ist eine Inpflichtnahme der Sprache zu politischen Zwecken ausnahmslos als unzulässig zu bewerten (Kirchhof, HbStR I, § 18 Rn. 54). Da durch die Konzeption des SprachGleichstG ein Ausgleich nicht erreicht wird - hier tritt die Meinungsfreiheit hinter dem Handlungsauftrag aus Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG zurück - ist zu bewerten, ob dieses Zurücktreten verfassungsrechtlich zu rechtfertigen ist. Wegen der dargestellten absolut herausragenden Bedeutung der Meinungsfreiheit für die Demokratie muß - entgegen der Wertung des SprachGleichstG - der Handlungsauftrag gegenüber Art. 5 Abs. 1 GG zurücktreten. Hinweis: Bei den folgenden Abwägungen wird auf Details verzichtet. Es wird dann auf die hier erfolgte verwiesen; dargestellt werden allein etwaige Änderungen in den Abwägungsprämissen. Im Rahmen der „sonstigen„ Verhältnismäßigkeitprüfung könnte insbesondere die Geeignetheit der Regelung problematisiert werden. Ob das SprachGleichstG der tatsächlichen Gleichstellung dient, erscheint durchaus fragwürdig. Ist der Regelungszweck dagegen allein die Gleichstellung in der Sprache, dürfte in der Prüfung der Angemessenheit der Regelung in noch deutlicherem Maße auf die Wertungen in der praktischen Konkordanz zurückzugreifen sein. Andererseits könnte ins Feld geführt werden, daß nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an Eingriffe, die nur die Form von Äußerungen betreffen, geringere Anforderungen zu stellen sind als an die Verhältnismäßigkeit von Eingriffen in den Inhalt (BVerfGE 42, 143 (145). Form im Sinne dieser Entscheidung ist aber die Intensität einer Äußerung, 17 so müssen laut der Entscheidung auch Überspitzungen und Schärfen hingenommen werden. Die Entscheidung bewegt sich insoweit eher in der Linie der Schmähkritik-Rechtsprechung, und kann nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Hinweis: An dieser Stelle kann das Zensurverbot erörtert werden, wenn entgegen BVerfGE 27, 88 (99 f.) die Schranken-Schranke des Zensurverbots auch bei der Rechtfertigung von Eingriffen durch kollidierendes Verfassungsrecht für anwendbar gehalten wird. Es müßte (oben) erörtert werden, wenn das SprachGleichstG als allgemeines Gesetz qualifiziert wurde. Im Ergebnis stimmt die Prüfung dann mit der in der Lösungsskizze bei der Pressefreiheit vorgenommenen überein. (4) Zwischenergebnis Das SprachGleichstG verstößt gegen Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG. b) Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG (Pressefreiheit) (1) Schutzbereich Das SprachGleichstG ist hinsichtlich der inhaltlichen Komponente an Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG, hinsichtlich der strukturellen Komponente und noch nicht konkretisierbaren Inhalte an Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG zu messen. Hinweis: Das Gesetz vereint beide Ebenen in einer Regelung. Auch wenn Sie oben einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG festgestellt haben, ist in einem Gutachten zu prüfen, ob weitere Verfassungsverstöße gegeben sein können. - Allerdings ist im Rahmen der Pressefreiheit (dem Bundesverfassungsgericht folgend) die Prüfung dann auf die strukturelle Dimension der Regelung zu beschränken. Den "personalen Schutzbereich" der Pressefreiheit bemißt das Bundesverfassungsgericht bereits seit längerem äußerst großzügig und behält diesen nicht nur natürlichen Personen vor (BVerfGE 21, 271, 277 f. - Südkurier, vgl. nur Bethge, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, München 1996, Art. 5 Rn. 78). Für den "sachlichen Schutzbereich" der Pressefreiheit ist nach dem allgemein vorherrschenden Verständnis des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG der formale bzw. weite Pressebegriff zugrunde zu legen (BVerfGE 34, 269, 283 - Soraya; 66, 116, 134). Der Schutz ist nicht von der Qualität des Presseerzeugnisses abhängig. Entscheidend sind also die angewandten Herstellungs- und Vervielfältigungsmethoden. Ferner wird mit Rücksicht auf den Schutzzweck der Pressefreiheit eine Adressierung an die Öffentlichkeit, an einen individuell unbestimmten Personenkreis, verlangt (Jarass in Jarass/Pieroth, GG, Art. 5 Rn. 20). Als Presse sind also nach ganz überwiegender Meinung "alle zur Verbreitung an die Allgemeinheit bestimmten Druckerzeugnisse" einzustufen (vgl. zur Abwendung des Bundesverfassungsgerichts vom Allgemeinheitserfordernis BVerfG AfP 1997, 465 ff. mit Anm. Engels/Schulz, AfP 1997, 455 (457 f.) (. Daß sich diese Lesart weitgehend durchgesetzt hat, bestätigt der Blick in die Pressegesetze der Länder, die durchgehend diese Definition des Druckwerkes verwenden. 18 Sind die vom SprachGleichstG betroffenen Erzeugnisse grundsätzlich also vom Schutzbereich der Pressefreiheit umfaßt, bleibt hinsichtlich des sachlichen Schutzbereichs noch zu untersuchen, ob auch die Schreibweise von der Pressefreiheit geschützt wird. Die Pressefreiheit schützt alle wesensmäßig mit der Pressearbeit zusammenhängenden Tätigkeiten von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht und Meinung. Geschützt ist (neben dem Inhalt) auch die Form (BVerfGE 60, 234 (241)). Form im Sinne dieser Entscheidung ist aber die Intensität einer Äußerung, so müssen laut der Entscheidung auch Überspitzungen und Schärfen hingenommen werden. Form im hier zu untersuchenden Sinne ist aber die typo- und orthographische Erscheinungsform. Ob auch diese vom Schutzbereich der Pressefreiheit umfaßt wird, ist der Kredithai-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht zu entnehmen. Eine weitere Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, in der die Form der Äußerung entscheidend war, ist die Deutschland-Magazin Entscheidung. Dort war nach der Mehrheitsauffassung des Senats für die Rechtfertigung eines Eingriffs wesentlich, daß nur die Form einer Äußerung untersagt wird, nicht aber die sinngemäße Behauptung. Wiederum stellt das Verfassungsgericht hier auf die Intensität, nicht aber die Typo- und Orthographie ab (BVerfGE 42, 143 (151 f.). Auch aus der abweichenden Meinung zu diesem Beschluß der Richterin Rupp-v. Brünneck läßt sich jedenfalls kein spezieller Typo- und Orthographie-Schutz durch die Pressefreiheit ableiten. Zwar weist sie zu Recht darauf hin, daß es ein Trugschluß sei zu glauben, daß die "Zensur" der Form den geistigen Inhalt unberührt lasse (BVerfGE 42, 143 (158 f.). Sie bezieht dabei jedoch auf den vom Gericht gewählten Formbegriff, und wird auch auf die Intensität der Äußerung Bezug nehmen. Im Ergebnis bleiben diese Entscheidungen des Verfassungsgerichts also eher der Tradition der Schmähkritik-Rechtsprechung verbunden. Auch in der Literatur wurde zu diesem Thema offenbar noch nicht eingehend Stellung genommen. (Abgesehen wird im Folgenden von Häntzschel, der insbesondere "die Freiheit der Schreibweise der politischen Tageszeitungen als den eigentlichen Kern und Zweck der Preßfreiheit" ansieht (Häntzschel, DJZ 1925, 1845 (1846); bei seinen Ausführungen scheint fraglich, ob überhaupt die Schreibweise im Sinne der Typo- und Orthographie gemeint ist, oder nicht vielmehr im Sinne der (politischen) inhaltlichen Ausrichtung der Beiträge (Ginge es in der Tat um die Typo- und Orthographie, fehlte jedenfalls eine Begründung).) Näher zu der hier zu erörternden Problematik stehen hier die Ausführungen von Gornig, Rebe und Kemper, die sich mit der Pressegestaltungsfreiheit befassen: Nach Ansicht aller drei Autoren umfaßt die Pressefreiheit das Recht der freien Gestaltung des Presseerzeugnisses, so u.a. die freie Entscheidung über das Design hinsichtlich Format, Seitenzahl, Spaltenzahl, Druckbuchstabengröße, Anordnung und Gliederung des Inhalts sowie den Titel der Zeitung (Gornig, Äußerungsfreiheit und Informationsfreiheit als Menschenrechte, 1988, S. 164; Rebe, Die Träger der Pressefreiheit nach dem Grundgesetz, 1969, S. 42; Kemper, Pressefreiheit und Polizei, 1964, S. 35 f.; die Pressegestaltungsfreiheit wurde nunmehr auch erwähnt in BVerfG NJW 1998, 1381 (1384) - Gegendarstellung auf Titelseiten). Dies Pressegestaltungsfreiheit findet ihre Begründung in der Tatsache, daß zur massenemedialen Vermittlung auch die Gestaltung 19 des Druckwerks (oder des Programms) gehört, da der Charakter, die optische Anmutung bspw. einer Zeitung für ihre Akzeptanz und damit ihre kommunikative Anschlußfähigkeit Bedeutung hat. So wird das reine Design einer Zeitung maßgeblich ihren Erfolg beeinträchtigen, und so werden etwa deutschsprachige Zeitungen aus der Schweiz auch aufgrund der zum Teil abweichenden Schreibweise (ss statt ß, etc.) auf dem bundesrepublikanischen Markt schwieriger abzusetzen sein Von besonderem Interesse dürfte hier insoweit der Schutz der Spaltenanzahl und Druckbuchstabengröße haben. Dieser Meinung folgend dürfte also ein a maiore ad minus Schluß dahingehend zulässig sein, daß auch die freie Wahl der Typo- und Orthographie vom Schutzbereich der Pressefreiheit umfaßt wird. Hinweis: Wie immer können Sie natürlich auch hier - mit guter Begründung - vertreten, daß die Erde eine Scheibe ist. Die freie Wahl der Schreibweise im Sinne der Typo- und Orthographie wird vom Schutzbereich der Pressefreiheit umfaßt. (2) Eingriff bzw. Ausgestaltung Hier ist zunächst zu diskutieren, ob das SprachGleichstG überhaupt einen Eingriff in die Pressefreiheit darstellen kann. Dies erscheint aus dogmatischer Sicht begründungsnotwendig, da es sich auch um ein Ausgestaltungsgesetz handeln könnte: solche sind dogmatisch keinesfalls - auch wenn sie für die Grundrechtsträger belastend wirken und für den Fall, daß sie wegen Verfehlung des Ausgestaltungszwecks verfassungswidrig sind - Eingriffe (vgl. allgemein Hoffmann-Riem in Benda/Maihofer/Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts, 2. Aufl., 1994, § 7 Rn. 34; für den Rundfunk BVerfGE 73, 188 (166)). Hinweis: Zwar sind Ausgestaltungsgesetze bisher vornehmlich aus dem Rundfunkrecht bekannt, denkbar sind sie aber auch im Rahmen des Presserechts (vgl. Hoffmann-Riem, HdBVerfR, § 7 Rn. 17). Das Bundesverfassungsgericht geht bekanntlich davon aus, daß Presseund Rundfunkreheit „wesensmäßig gleich„ sind (BVerfGE 34, 202 (222)). Dies spricht dafür, daß auch die Pressefreiheit ausgestaltungsfähig sein kann. Daß diese Möglichkeit gesehen wurde, konnte nur im Rahmen von überdurchschnittlichen Hausarbeiten erwartet werden. Zum Teil wird auch vertreten, die Ausgestaltungsgesetze bereits im Schutzbereich zu erwähnen, bzw. zu prüfen. Dies erscheint insofern problematisch als - sofern es sich um Ausgestaltungsgesetze handelt - geprüft werden muß, ob es sich bei ihnen um zulässige Ausgestaltungen des status quo, also des bisherigen Schutzbereichs handelt. Insofern erscheint die Prüfung im Rahmen des Eingriffs zumindest ebenso gut denkbar. Zur Beantwortung der Frage, ob hier ein Eingriff vorliegen kann, ist also zunächst zwischen Ausgestaltungs- und Schrankengesetzen zu differenzieren (vgl. dazu allgemein Ruck, AöR 117 (1992), 543 ff.). Als Schrankengesetze gelten die Regelungen, die einen Eingriff in die Medienfreiheit zum Schutz einer kollidierenden, verfassungsrechtlich ebenfalls geschützten Rechtsposition, sei es 20 eines anderen Kommunikationsgrundrechts oder eines sonstigen Grundrechts, aber auch anderer verfassungsrechtlicher Güter, vornehmen. Dagegen dienen Ausgestaltungsgesetze der Verwirklichung des Kommunikationsgrundrechts selbst, insbesondere der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Massenmedien-Ordnung im Interesse einer freien, individuellen und öffentlichen Meinungsbildung (beide Definitionen hier nach Hoffmann-Riem, HdBVerfR, § 7 Rn. 34 m.w.N.) Hinweis: Die weitere Prüfung hängt von der Einordnung ab. Ausgestaltungsgesetze sind systematisch anders zu prüfen als Schrankengesetze (vgl. dazu Gersdorf, Rundfunkrecht [http://www.jura1.uni-hamburg.de/docs/h_gersdorf/skripte/Rundfunkrecht/Welcome.html], Stand April 1998, S. 18 ff.). Wie bei der Differenzierung zwischen der Regulierung eines konkreten kommunikativen Inhalts und der des spezifischen Prozesses massenkommunikativer Vermittlung bei der Bestimmung des Schutzbereichs (s.o.) ist auch hier die Entscheidung zwischen beiden Ebenen nicht eindeutig zu treffen. Mit guter Begründung sind beide Einordnungen vertretbar. Im Vordergrund dürfte hier der Schutz der Gleichberechtigung stehen, also der eines anderen verfassungsrechtlich geschützten Gutes. Das Gesetz zielt nicht auf Sprache in ihrer argumentativen Funktion, sondern darauf, durch den Sprachgebrauch selbst Vorstellungen zu verändern und damit außersprachliche Fernziele (Chancengleichheit von Frau und Mann in allen Feldern der Gesellschaft) zu befördern. Wegen des intendierten Schutzes der Gleichberechtigung ist das SprachGleichstG als Schrankengesetz zu qualifizieren. Dogmatisch kann also ein Eingriff in die Pressefreiheit vorliegen. Durch § 1 des SprachGleichstG wird den Verfassenden und/oder RedakteurInnen von Druckwerken, die in Hamburg erscheinen (also auch solche, die überregional vertrieben werden) unter Androhung von Geldstrafen auferlegt, wie sie die geschlechtlichen Endungen in ihren Werken zu berücksichtigen haben. Durch diese Maßnahme wird die Presse in der Ausübung der ihr zustehenden Presse(gestaltungs)freiheit behindert. Das SprachGleichstG greift demnach in die Pressefreiheit ein. (3) Rechtfertigung Die Schutzbereichsbeeinträchtigung stellt sich jedoch nur dann als Grundrechtsverletzung dar, wenn der Eingriff verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt wäre. Dies ist aber der Fall, wenn der Eingriff von den Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG gedeckt ist. Anmerkung: Art. 5 Abs. 2 GG normiert für Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG einen qualifizierten Gesetzesvorbehalt. Die Prüfungskriterien hängen im einzelnen davon ab, ob von der Schrankentrias das Recht der "persönlichen Ehre" oder das "allgemeine Gesetz" den Eingriff legitimiert. Das BVerfG geht bei zivilrechtlichem Persönlichkeitschutz von letzterem, bei strafrechtlichen Ehrschutz von ersterem aus (vgl. BVerfGE 34, 269 (282)). (a) Allgemeines Gesetz oder verfassungsimmanente Schranken? 21 Um eine verfassungsmäßige Schranke des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG darzustellen, müßte das SprachGleichstG ein allgemeines Gesetz sein. Hinweis: An dieser Stelle kann nicht einfach die Einordnung aus der obigen Prüfung übernommen werden. Ebenso wie in einem Gesetz verschiedene Regelungen allgemein oder besonders sein können, kann auch eine Regelung eine allgemeine und eine besondere Dimension beinhalten. Das SprachGleichstG müßte ein allgemeines Gesetz sein. Fraglich ist welche Gesetze, die der Einschränkung der Pressefreiheit dienen, als allgemein zu qualifizieren sind. Abzustellen sein könnte zunächst auf die gängige Definition der allgemeinen Gesetze, dies erscheint aber dann fragwürdig, wenn man der Aufteilung der Schutzbereiche wie sie das Bundesverfassungsgericht vornimmt folgt. Danach ist die inhaltliche Komponente an Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG zu messen und die Konkretisierung der allgemeinen Gesetze zur Einschränkung der Pressefreiheit anhand inhaltlicher Kriterien erscheint inkonsequent. Insofern könnte bei der Einordnung darauf abgestellt werden, ob (nur) bestimmte oder alle Presseprodukte erfaßt werden sollen. Bezogen auf die Pressefreiheit versteht man darunter alle Gesetze, die sich nicht gegen die Presse, insbesondere nicht gegen die Äußerung einer Information oder Meinung als solche richten, die vielmehr dem Schutze eines schlechthin ohne Rücksicht auf eine bestimmte Information oder Meinung zu schützenden Rechtsgutes dienen, eines Gemeinschaftswertes, der gegenüber der Pressefreiheit den Vorrang genießt (BVerfGE 50, 234 (240 f.); 62, 230 (243 f.); Bethge/Rozek, JuS 1994, 774 (777)). Hinweis: Dann würde sich der Begriff des allgemeinen Gesetzes dem der allgemeinen Rechtsverhältnisse aus Art. 75 I Nr. 2 GG (vgl. o.) faktisch angleichen. Diese sind aber keinesfalls gleichzusetzen. Jedenfalls aber kann hier (wie auch schon bei der Prüfung des Schutzbereichs) nicht auf die nach dem SprachGleichstG zu transportierenden Inhalte abgestellt werden, die strukturelle Dimension ist vielmehr aus sich heraus (qua definitionem) als inhaltsneutral zu verstehen. Im Ergebnis stellt sich das SprachGleichstG hier also als allgemeines Gesetz dar, da es in seiner strukturellen Dimension meinungsneutral ist. (b) Rechtmäßigkeit der Beschränkung durch allgemeines Gesetz Um eine verfassungsmäßige Schranke des Art. 5 Abs. 1 GG gem. Art. 5 Abs. 2 GG darzustellen, muß das SprachGleichstG formell und materiell verfassungsmäßig sein. Hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit bestehen keine Bedenken. Hinweis: Nur falls die Tatbestandsgrenzen und Rechtsfolgen der Norm die Grundrechte unter Umständen unverhältnismäßig einschränken, sollte die Verhältnismäßigkeit der Norm problematisiert werden - was hier der Fall ist. Materielle Bedenken bestehen hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Norm und der Schranken-Schranke des Zensurverbots. 22 (i) Verhältnismäßigkeit Hinweis: Die bei einigen Grundrechten geforderte Wechselwirkung bedeutet auf dieser Prüfungsstufe nichts anderes als die Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl. Jarass in Jarass/Pieroth, 4. Aufl., vor Art. 1 Rn. 36; BVerfGE 67, 157 (172 f.); sie ist ohnehin lediglich als besondere Ausprägung der Verhältnismäßigkeit zu verstehen). Es ist daher zumindest nicht falsch, bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Ermächtigungsnorm zunächst noch nicht von der Wechselwirkungslehre, sondern allein von der sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Verhältnismäßigkeit zu sprechen (vgl. zu letzterem Jarass in Jarass/Pieroth, 4. Aufl., Art. 20 Rn. 56 ff.) und die Wechselwirkungslehre allein bei der Überprüfung der Auslegung der Schrankengesetze, "die ihrerseits im Lichte der besonderen wertsetzenden Bedeutung des Art. 5 Abs. 1 GG für den Prozeß der Meinungsbildung zu erfolgen hat", anzusprechen. Fraglich ist, ob die Norm verhältnismäßig ist. (a) Legitimer Zweck Der Schutz der Gleichstellung ist nicht nur ein verfassungsrechtlich anzuerkennendes Ziel sondern gem. Art 3 Abs. 2 GG staatlicher Handlungsauftrag. (b) Geeignetheit Das SprachGleichstG muß zur Zweckerreichung auch geeignet sein. Hinweis: Hier kann auf unterschiedliche Ziele abgestellt werden. Zum einen das Ziel der faktischen Gleichstellung. Dann erscheint es durchaus vertretbar, das Gesetz für ungeignet zu halten. Stellt man dagegen auf die Gleichstellung in der Sprache ab, könnten hinsichtlich der Geeignetheit keine Zweifel bestehen, dann aber wäre das (weniger wichtige(?)) Regelungsziel bei der Prüfung der Angemessenheit zu berücksichtigen. Das Gesetz ist zur Förderung der Gleichberechtigung der Frauen und zur quantitativ gleich starken Berücksichtigung der Frauen in der Sprache geeignet. (c) Erforderlichkeit Ein milderes gleich geeignetes Mittel ist nicht ersichtlich. Hinweis: Hier kann nicht auf geschlechtsneutrale Ausdrücke zurückgegriffen werden; gerade diese sind vom SprachGleichstG nicht erfaßt, sondern können weiterhin ohne Andohung von Ordnungswidrigkeitsgeldern verbreitet werden. (d) Angemessenheit Die Maßnahme muß auch verhältnismäßig im engeren Sinne sein, d.h. Mittel und Zweck müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen. 23 Hinweis: Hier ist wie schon oben bei der Prüfung der Rechtfertigung durch kollidierendes Verfassungsrecht Ihre Argumentation gefragt. Im folgenden sollen nur die Unterschiede zu der obigen Zweck-Mittel-Relation genannt werden. Grundsätzlich sind im Rahmen dieser Prüfung weniger strenge Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit der Regelung zu stellen als oben, da es sich nicht um eine Rechtfertigung durch kollidierendes Verfassungsrecht sondern um eine Einschränkung durch die allgemeinen Ge-setze handelt. Zwar wird durch die Regelung in die Pressegestaltungsfreiheit eingegriffen, doch muß der Eingriff nicht außer Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen. So könnte zum Beispiel das Verbieten einer bestimmten Druckfarbe durchaus als Eingriff in die Pressegestaltungsfreiheit zu qualifizieren sein; dieser könnte aber seine Rechtfertigung in der Gesundheit der Bürger/Leser bzw. im Umweltschutz finden. Andererseits - jedenfalls wenn man als Regelungsziel allein die Sprachgleichstellung versteht (vgl. o.) - könnte der Schutz derselben durch einen Eingriff in die - eminent wichtige - Pressefreiheit als teuer erkauft erscheinen. Hinweis: Während oben ein Verstoß gegen die Meinungsäußerungsfreiheit wohl angezeigt war, erscheint es hier als gut vertretbar, den Eingriff in die Pressefreiheit zu rechtfertigen; vgl. als Abwägungsvorbild auch BVerfG NJW 1998, 1381 (1384) - Gegendarstellung auf Titelseiten. (e) Zwischenergebnis Hier erscheinen beide Ergebnisse als gut vertretbar. Die Fortsetzung der Lösungshinweise erfolgt unter der Annahme, daß das SprachGleichstG von einer Schranke gedeckt ist. (ii) Zensurverbot Darüber hinaus könnte auch ein Verstoß gegen die Schranken-Schranke des Zensurverbots vorliegen. Nach herrschender Auffassung ist unter Zensur die Vorzensur durch staatliche Stellen zu verstehen (formeller Zensurbegriff). Darunter fallen einschränkende Maßnahmen vor der Herstellung oder Verbreitung eines Werkes und insbesondere das Abhängigmachen von behördlicher Vorprüfung und Genehmigung seines Inhalts. (vgl. BVerfGE 33, 52 (72) und statt vieler Herzog in Maunz/Dürig, GG, Art. 5 I, II Rn. 78). Während der formelle Zensurbegriff auf ein Genehmigungsverfahren abstellt, umfaßt der materielle Zensurbegriff alle Maßnahmen einer intervenierenden Instanz, die auf irgendeine Weise dazu führen, daß ein Beitrag zur Meinungsbildung nicht oder nur verändert im Druck zugänglich gemacht wird (vgl. m.w.N. Bullinger in Löffler, Presserecht, 4. Aufl., 1997, LPG § 1 Rn. 130; vgl. auch Schulze-Fielitz in Dreier, GG, 1996, Art. 5 Rn. 140, der ausführt, daß materielle Zensur wie formelle zu behandeln sei, wenn die Behinderungen final bestimmte Inhalte zu unterbinden suchen). Darüber hinaus wird auch für eine Erweiterung des Zensurbegriffs 24 auf die Nachzensur und andere (private) Kontrollinstanzen plädiert (vgl. Hoffmann-Riem, HdBVerfR, § 7 Rn. 44 ff. m.w.N.). Die Frage der Zensurfreiheit ist also an den folgenden Punkten zu untersuchen: (a) das Abhängigmachen der Veröffentlichung von einer vorherigen Genehmigung oder die (nachträgliche) planmäßige oder systematische Kommunikationskontrolle oder andere intervenierende Maßnahmen durch (b) staatliche oder auch private Stellen. Drei Kategorien sind im Ergebnis zu unterscheiden: eine Zensurhandlung (materieller oder formeller Zensurbegriff), ein Zensurzeitpunkt (Vor- oder auch Nachzensur) und ein (bestimmter) Zensierender (Allein der Staat oder auch Private). Im vorliegenden Fall normiert § 2 Abs. 2 SprachGleichstG eine reine Enthaftungsregelung für die Betroffenen, die von der GfDS eine Unbedenklichkeitsbescheinigung erhalten haben. Dagegen wird durch eine Nichtvorlage keine Fahrlässigkeit und damit Haftung im Sinne des § 2 Abs. 1 SprachGleichstG begründet. Durch das Gesetz wird keine Vorlagepflicht normiert. Die Veröffentlichung wird auch nicht von einer Genehmigung abhängig gemacht. Darüber hinaus findet durch die GfDS auch keine übergreifende systematische oder planmäßige Kommunikationskontrolle statt. Hinweis: Etwas anderes könnte gelten, wenn sich die Ordnungsbehörden der GfDS zur Verfolgung der Ordnungswidrigkeiten bedienen würden oder die GfDS selbst die Verfolgung in Gang setzen könnte. Nach dem herrschenden formellen Zensurbegriff scheidet hier eine Zensur folglich aus. Fraglich ist aber, ob - dem materiellen Zensurbegriff folgend - die geforderte Zensurhandlung nicht nur allein in einem zwingendem formellen (vorherigem) Genehmigungsverfahren sondern auch in einem (nachträglichem) Kontrollverfahren bzw. in anderen faktischen „eingriffsbzw. zensurgleichen„ Maßnahmen liegen könnte (vgl. zur Unterscheidung der Begriffe auch Schulze-Fielitz in Dreier, GG, 1996, Art. 5 Rn. 140; Bullinger in Löffler, Presserecht, 4. Aufl., 1997, LPG § 1 Rn. 129 ff.). Hinweis: Lehnen Sie dagegen den materiellen Zensurbegriff ab (wie z.B. Bullinger in Löffler, Presserecht, 4. Aufl., 1997, LPG § 1 Rn. 130), hätten Sie die Problematik der GfDS schon bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit des SprachGleichstG als allgemeines Gesetz i.S.d. Art. 5 Abs. 2 GG mit Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG über die Wechselwirkungslehre erörtern müssen; so jedenfalls Bullinger in Löffler, Presserecht, 4. Aufl., 1997, LPG § 1 Rn. 153 ff, der Eingriffe dann als „zensurgleiche oder -ähnliche Maßnahmen„ bezeichnet (insb. Rn. 160). Nicht jede Maßnahme, die nur irgendwie die Veröffentlichungschance betrifft, wird vom materiellen Zensurbegriff erfaßt sein. Davon gehen auch die Vertreter des materiellen Zensurbegriffes aus, wenn sie einschränkend fordern, daß sich solche faktische Kontrollmechanismen als funktionales Äquivalent der formellen Zensur darstellen müssen. Dies ist nach ihrer Auffassung der Fall, wenn z.B. Vergünstigungen an die Verbreitung bestimmter Kommunikationsinhalte und deren Gewährung an die Kontrolle der Inhalte geknüpft werden und dadurch die Verbreitungschancen für die nicht geförderten Kommunikationsinhalte entfallen (vgl. 25 BVerwGE 23, 194 (199); Hoffmann-Riem, HdBStR, § 7 Rn. 46; vgl. auch Jarass in Jarass/Pieroth, Art. 5 Rn. 52a - vgl. zur Zensurproblematik bei der Förderung von Kommunikationsinhalten auch VGH Kassel NJW 1987, 1436 (1437) und Degenhart in Bonner Kommentar, Art. 5 I, II Rn. 741). Auch im vorliegenden Fall des SprachGleichstG dürfte danach zu differenzieren sein, ob durch die Nichtvorlage Verbreitungschancen entfallen, also ob die Betroffenen wegen der entstehenden Kosten aufgrund der notwendigen selbständigen Überprüfung an desr weiteren Verbreitung gehindert werden (Nicht abgestellt werden kann darauf, ob die Betroffenen durch die anfallenden Ordnungsgelder an der (weiteren) Verbreitung der Kommunikationsinhalte gehindert werden). Die Betroffenen dürften finanziell durchaus in der Lage sein, weiterhin ihre Produkte zu veröffentlichen. So wird es entweder in den Arbeitsbereich der Lektoren (oder in den der jeweils zuständigen Justitiare) fallen, die Einhaltung des SprachGleichstG zu überprüfen. Die Regelung ist jeweils hinreichend bestimmt, um auch von Laien eingehalten zu werden. Eine faktische Vorlagepflicht entsteht durch die Regelung nicht. Die Verbreitungskosten werden für die Betroffenen, die ihre Druckwerke nicht der GfDS vorlegen, auch nicht derart in die Höhe steigen, daß ihre Chancen, ihre Produkte am Markt zu positionieren, entfallen. Hinweis: Sie hätten hier auch mit der Frage der Vor- bzw. Nachzensur (die eng mit dem formellen und materiellen Zensurbegriff verwoben ist) oder mit der Frage, ob sich das Zensurverbot allein an den Staat richtet, beginnen können. Bei letzterer sollte auf die Debatte zur FSK-Film bezug genommen werden (vgl. dazu mit weiteren Nachweisen Bullinger in Löffler, Presserecht, 4. Aufl., 1997, LPG § 1 Rn. 161 ff.). Es wäre also zu prüfen, ob sich das Zensurverbot auch an (bloße) Private richtet. Entscheidender Unterschied ist im vorliegenden Fall, daß im Gegensatz zu FSK - bei der Staatsvertreter kooperativ mit Privaten zusammenarbeiten - die GfDS laut Sachverhalt absolut staatsfrei organisiert ist. Dennoch ist es wohl vertretbar, auch ohne Beteiligung von Staatsvertretern eine Zensur für möglich zu erachten und zwar sowohl dann, wenn es sich um völlig staatsfreie aber staatlich eingesetzte Akteure handelt als auch für „reine„ Private (vgl. zur Wirkung des Zensurverbots gegen Private allein aber auch gegen Private als eingesetzte Akteure Bullinger in Löffler, Presserecht, 4. Aufl., 1997, LPG § 1 Rn. 161 ff. m.w.N. und Hoffmann-Riem, HdBVerfR, § 7 Rn. 44). (iii) Ergebnis Das SprachGleichstG enthält keinen Verstoß gegen Art. 5 Abs. S. 3 GG. Hinsichtlich der Frage, ob es als verhältnismäßig zu qualifizieren ist, sind beide Ansichten gut vertretbar. c) Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 GG (Kunst- und Wissenschaftsfreiheit) (1) Schutzbereich Sowohl für die Kunst- als auch für die Wissenschaftsfreiheit ist unbestritten, daß für ihre Träger diese Grundrechte bei Meinungsäußerungen leges speciales sind (vgl. BVerfGE 30, 173 26 (191); Jarass in Jarass/Pieroth, Art. 5 Rn. 66, 75). Daher kommt für sie eine Trennung in inhaltliche und formelle Aspekte nicht in Betracht. Kunst ist nach herrschender Auffassung die freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zur unmittelbaren Anschauung gebracht werden, wobei die Kunstfreiheit neben der eigentlichen künstlerischen Tätigkeit auch die Vermittlung des Kunstwerks an Dritte schützt (vgl. Jarass in Jarass/Pieroth, Art. 5 Rn. 67 ff.). Unbestritten ist, daß auch Druckwerke im Sinne des § 7 HmbPresseG Kunst sein und dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG unterfallen können - in sachlicher Ebene schützt die Kunst ja auch gerade die Formfreiheit. Die Wissenschaftsfreiheit schützt die auf wissenschaftlichen Eigengesetzlichkeiten beruhenden Prozesse, Verhaltensweisen und Entscheidungen beim Auffinden von Erkenntnissen, ihrer Deutung und Weitergabe (vgl. Jarass in Jarass/Pieroth, Art. 5 Rn. 76 ff.). Ebenso wie bei der Pressefreiheit ist auch die Form der Äußerung und ihrer Weitergabe geschützt (vgl. oben; ansonsten hätte die Wissenschaftsfreiheit als lex specialis, die durch Erwähnung in Art. 5 Abs. 3 GG ja gerade eine Privilegierung erfahren sollte, einen weniger umfassenden Schutzbereich als die „bloße„, nicht wissenschaftliche Meinungsäußerung). Auch hier gilt, daß der Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit die Veröffentlichung von Druckwerken beinhaltet. (2) Eingriff Das Gesetz verbietet dem Künstler (dessen Kunstwerk ein Druckwerk ist) dann unter Androhung von Geldstrafen, bestimmte Genus-Endungen zu benutzen. Der Künstler kann das Kunst- und Druckwerk nicht mehr seinem Willen entsprechend formen. Er wird somit in seiner Schaffens- und Kunstfreiheit beeinträchtigt. Ebenso wie auch bei der Pressefreiheit wird bei der Wissenschaftsfreiheit die Form der Aussagen geschützt. Insofern kann für die Frage nach dem Eingriff auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. (3) Rechtfertigung Der Eingriff könnte gerechtfertigt sein. (a) Schrankenregelung Da Art. 5 Abs. 3 GG keine Schranken benennt, kommen nur verfassungsimmanente Schranken in Betracht. Auch ein vorbehaltlos gewährtes Grundrecht kann eingeschränkt werden, sofern es zum Schutz kollidierender Grundrechte Dritter oder anderer Verfassungswerte erforderlich ist (vgl. Jarass in Jarass/Pieroth, vor Art. 1 Rn. 36 ff.). Nur kollidierende Rechtsgüter Dritter oder andere mit Verfassungsrang ausgestattete Rechtsgüter vermögen als kollidierendes Verfassungsrecht vorbehaltlos gewährleistete Grundrechte einzuschränken. 27 Die Kollision ist schließlich mit dem Ziel praktischer Konkordanz aufzulösen (Jarass in Jarass/Pieroth,4. Aufl., vor Art. 1 Rn. 37 ff.). Abzuwägen sind alle Umstände des Einzelfalls, und dabei sind die betroffenen Grundrechte mit dem Ziel ihre Optimierung nach Möglichkeit zum Ausgleich zu bringen (vgl. m.w.N. Jarass in Jarass/Pieroth, vor Art. 1 Rn. 41). (b) Gesetzesvorbehalt Auch bei der Rechtfertigung eines Eingriffs in Grundrecht durch verfassungsimmanente Schranken bedarf es einer gesetzlichen Grundlage (Jarass in Jarass/Pieroth,4. Aufl., vor Art. 1 Rn. 40). Dies ergibt sich aus einem "Erst-Recht-Schluß" - wenn es schon für Grundrechte mit Gesetzesvorbehalt ein formell (BVerfGE 6, 32 ff. - Elfes) und materiell rechtmäßiges Gesetz zur Einschränkung bedarf, dann muß dies auch für solche ohne Gesetzesvorbehalt gelten. Hinweis: Keinesfalls darf der geforderte Gesetzesvorbehalt dahingehend verstanden werden, daß jeder Eingriff durch Gesetz gerechtfertigt sei. Im Gegenteil sind an die Prüfung der Verhältnismäßigkeit besonders strenge Anforderungen zu stellen. Der Eingriff in die Kunstfreiheit erfolgt hier durch ein Gesetz. (c) Verfassungsimmanente Schranken Mehrere kollidierende Grundrechte oder kolliderendes Verfassungsrecht sind im Sinne der praktischen Konkordanz zum gerechten Ausgleich zu bringen (BVerfGE 93, 1 (21)), so daß die Verfassungswerte bestmögliche Wirksamkeit erlangen. Keinesfalls darf eines der beiden Grundrechte gänzlich verdrängt werden. (i) Kollisionslage Kollidieren könnte die Kunstfreiheit hier aber mit dem verfassungsrechtlichen Zielwert der Gleichberechtigung, insbesondere in Form des staatlichen Handlungsauftrags. (ii) Auflösung der Kollisionslage / Praktische Konkordanz Hinweis: Grundsätzlich kann auch hier auf die Abwägung oben verwiesen werden. Hier sollen nur die weiteren Gesichtspunkte der Abwägung angesprochen werden. Für die Kunstfreiheit kann darauf abgestellt werden, daß Kunst nicht geregelt werden dürfe, da sie individuell sei und es ihrem Wesen widerspräche, in Inhalte und Form von Kunstwerken einzugreifen, die Kunstfreiheit also durch das Gesetz letztlich ganz verdrängt werde. So ist wohl auch das Bundesverfassungsgericht zu verstehen, wenn es ausführt, daß „die Art und Weise, in der der Künstler der Wirklichkeit begegnet und die Vorgänge gestaltet, die er in dieser Begegnung erfährt, darf ihm nicht vorgeschrieben werden, wenn der künstlerische Schaffensprozeß sich frei soll entwickeln können„ (BVerfGE 30, 173 (190); 31, 229 (238 f.). Darüber hinaus ist zu beachten, daß an die Verhältnismäßigkeitsprüfung, wie immer im Rahmen der praktischen Konkordanz, strengere Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit, und, soweit „bloß„ andere verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen und nicht Grundrechte anderer kollidieren, strengste Anforderungen zu stellen sind (vgl. o. und Jarass in Ja28 rass/Pieroth, vor Art. 1 Rn. 36 ff). Wie auch schon bei der Prüfung der Meinungsäußerungsfreiheit ist die Verfassungswidrigkeit der Norm also angezeigt. (4) Zwischenergebnis Das SprachGleichstG verstößt gegen Art. 5 Abs. 3 GG. d) Verstoß gegen Art. 12 GG (Berufsfreiheit) (1) Schutzbereich Vom Schutzbereich des Art. 12 GG umfaßt ist die freie Wahl und Ausübung des Berufs. Problematisch ist im vorliegenden Fall allein das Konkurrenzverhältnis von Art. 12 GG zu Art. 5 Abs. 1 und Abs. 3 GG. So wird zum Teil vertreten, daß diese im Verhältnis zu Art. 12 lex specialis seien (Starck in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz, Bd. I, 3. Aufl., Berlin 1985, Art. 5 I Rn. 173 und Art. 5 Abs. 3 Rn. 193; Degenhart in: Kommentar zum Bonner Grundgesetz, Rn 758). Die Gegenauffassung sieht Art. 5 und 12 GG in Idealkonkurrenz zueinander, so daß sie grundsätzlich nebeneinander anzuwenden sind (W. HoffmannRiem in: R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht der Kommunikation und der Medien, Berlin 1995, § 6 Rn. 26; Jarass in Jarass/Pieroth, Art. 5 Rn. 19 m.w.N.) Zu dieser Position neigt wohl auch das Bundesverfassungsgericht: Im Kurzberichterstattungsurteil prüft es sowohl die Vereinbarkeit der Regelung mit Art. 5 GG (S. 56 ff. des Umdrucks) als auch mit Art. 12 GG (S. 36 ff.). Hinweis: Eine umfassende Erörterung des Konkurrenzverhältnisses war nicht verlangt. Kommen Sie zu dem Ergebnis, daß Art. 12 neben Art.5 GG anwendbar ist, scheitern Sie wohl spätestens bei der Prüfung des Eingriffs. Aus diesem Grunde soll hier auf eine beispielhafte Lösung verzichtet werden. (2) Eingriff Fraglich ist, ob in der gesetzlichen Vorschrift zur Verwendung von bestimmten Wörtern bzw. Endungen ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit zu sehen ist. Vorschriften ohne berufsregelnde Zielrichtung können auf Grund ihrer mittelbaren oder tatsächlichen Auswirkungen den Schutzbereich beeinträchtigen; die Auswirkungen müssen jedoch in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz erkennen lassen. Diese berufsregelnde Tendenz kommt der Vorschrift zu, wenn sie ausschließlich oder im wesentlichen nur auf berufliche Tätigkeiten anwendbar ist (Jarass in Jarass/Pieroth, Art. 12 Rn. 11). Ob der Regelung insoweit eine berufsregelnde Tendenz zukommt, erscheint mehr als zweifelhaft. Werden unabhängig davon, ob sie beruflich ausgeübt werden oder nicht, an eine bestimmte Tätigkeiten Pflichten geknüpft, fehlt der Regelung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine berufsregelnde Tendenz (vgl. zu urheberrechtlichen Vergü29 tungsansprüchen BVerfGE 31, 255 (265)). Da das Sprachgleichstellungsgesetz nicht an die berufliche Ausübung, sondern allein an den Begriff des Druckwerks anknüpft, die Regelung also auch für nicht-berufliche Kommunikatoren verbindlich ist, ist ihr eine spezifisch berufsregelnde Tendenz abzuerkennen. (3) Zwischenergebnis Ein Verstoß gegen Art. 12 GG liegt nicht vor. III. Ergebnis Das Gesetz zur sprachlichen Gleichstellung der Frau ist mit Art. 5 Abs. 1 S. 1 und 5 Abs. 3 GG nicht vereinbar. (Bei der Prüfung eines Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG waren beide Ergebnisse gut vertretbar.) Das SprachGleichstG ist nichtig. Hinweis: Für den Fall, daß etwa nur ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 GG angenommen wurde, würde das Ergebnis wie folgt lauten: ("Das SprachGleichstG ist nichtig, soweit es auch Druckschriften, die Kunst im Sinne des Art. 5 Abs. 3 GG darstellen, erfaßt"). B. DIE ÄNDERUNG DES RSTV UND DES MEDSTV Wiederum kommt zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Änderungsgesetze des RStV und des MedStV allein eine abstrakte Normenkontrolle gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG in Betracht. Hinsichtlich der Zulässigkeit dieses Antrags kann auf die Ausführungen zu Frage 1 verwiesen werden. Problematisch ist hier allein, in welchem Zeitpunkt dieser Antrag erhoben werden kann. Diskutiert werden muß (im Rahmen des Antragsgegenstands), ob eine präventive Normenkontrolle zulässig ist. Hinweis: Es ist überflüssig (und macht keinen souveränen Eindruck) hier nach dem üblichen Schema noch einmal sämtliche Zulässigkeitsvoraussetzungen zu prüfen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG und herrschenden Auffassung in der Literatur sind präventive Normenkontrollen, d.h. Normenkontrollen werdenden Rechtes, grundsätzlich unzulässig. Eine Ausnahme wird von dem Gericht allein für bereits verkündete, aber noch nicht in Kraft getretene Gesetze (vgl. dazu BVerfGE 1, 396 (413); Umbach/Clemens, BVerfGG, Heidelberg 1992, § 76 Rn. 23) und Vertragsgesetze insoweit zugelassen, als daß sie der Überprüfung des Bundesverfassungsgerichts bereits vor Ausfertigung des Bundespräsidenten und Verkündung im Bundesgesetzblatt gem. Art. 82 GG zugänglich gemacht werden, damit vor dem völkerrechtlichen Inkrafttreten entschieden und ein Auseinanderfallen von völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Pflichten vermieden werden kann (BVerfGE 1, 396 (413); 36, 1 (15 ff.); Pieroth in Jarass/Pieroth, Art. 93 Rn. 18). Die Änderungsgesetze sind noch nicht verabschiedet, so daß die erste Ausnahme nicht greift. Zwar wäre es darüber hinaus zunächst denkbar, von den Vertragsgesetzen im völkerrechtli30 chen Sinne parallel auf eine vorzeitige Überprüfbarkeit von Staatsverträgen der Bundesländer zu schließen; im Ergebnis kann eine solche Übertragung aber nicht überzeugen, da die landesrechtliche Umsetzung des Staatsvertrages ja in allen Bundesländern verfassungswidrig wäre. Nur der Fall der Normenkontrolle durch ein Landesverfassungsgericht vor Inkrafttreten des Staatsvertrags (Ratifizierung) im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit der jeweiligen Landesverfassung wäre vergleichbar. Der herrschenden Meinung zufolge wäre die Normenkontrolle hier also unzulässig. Hinweis: Auch der Hinweis auf BVerfGE 1, 396 (400 ff.) in Verbindung mit BVerfGE 12, 205 (220 f.) trägt dieses Verständnis nicht. Daraus ergibt sich allein, daß sowohl Zustimmungsgesetze zu völkerrechtlichen Verträgen als auch Zustimmungsgesetze zu Staatsverträgen der verfassungsgerichtlichen Nachprüfung unterliegen. Über die Möglichkeit der präventiven Kontrolle sagt BVerfGE 12, 205 (220 f.) nichts aus. Jedenfalls kann nicht mit dem Hinweis auf BVerfGE 1, 396 (400 ff.), 12, 205 (220 f.) die Zulässigkeit einer präventiven Normenkontrolle bei Länderstaatsverträgen ohne nähere Diskussion und kritische Würdigung quasi als herrschende Meinung angenommen werden. Die Ausführungen von Pestalozza, Verfassungsprozeßrecht, 3. Aufl., München 1991, § 8 Rn. 8 lassen sich allenfalls dahingehend verstehen, daß er auch bei Länderstaatsverträgen eine präventive Kontrolle für sachgerecht hält. Sturm in Sachs, GG, München 1996, Art. 93 Rn. 46 spricht zwar scheinbar umfassend von Vertragsgesetzen, bezieht sich aber allein auf BVerfGE 1, 396 (413), so daß aus dieser Kommentierung eine präventive Überprüfbarkeit nicht zu schließen ist. In diese Richtung läßt sich allein die 1978’er Kommentierung von Ulsamer in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Ulsamer, BVerfGG, 15. Lieferung Stand April 1997, § 76 Rn. 17 verstehen. Ulsamer spricht dort ausdrücklich von der präventiven Überprüfbarkeit von Zustimmungsgesetzen nach Art. 59 Abs. 2 GG mit der üblichen Begründung (BVerfGE 1, 396 (400 ff.). Direkt im Anschluß spricht er von der Übertragbarkeit dieser Grundsätze auf Verträge zwischen den Ländern. Dabei stützt er sich auf BVerfGE 12, 205 (220). Wird diesem (nahezu unvertretbaren) Verständnis gefolgt, muß zumindest eine Auseinandersetzung mit den oben dargestellten entgegenstehenden Gründen und der wohl herrschenden Auffassung, wonach Zustimmungsgesetze zu Staatsverträgen zwischen den Ländern ebenso wie zu völkerrechtliche Verträgen grundsätzlich Prüfungsgegenstände sein können (vgl. Pieroth in Jarass/Pieroth, Art. 93 Rn. 19), allein solche zu völkerrechtliche Verträgen aber bereits vor Verkündung überprüft werden können (vgl. Pieroth in Jarass/Pieroth, Art. 93 Rn. 18) erfolgen. Einer Mindermeinung zufolge ist die präventive Normenkontrolle dagegen bei allen Gesetzen jedenfalls nach Verabschiedung und vor Verkündung der jeweiligen Gesetze zulässig, da in diesem Falle das Bundesverfassungsgericht keinesfalls mehr in den der Legislative vorenthaltenen Gesetzgebungsprozeß eingreife (vgl. mit unterschiedlichen Gewichtungen und Voraussetzungen Holzer, DÖV 1978, 821 (824); Holzer, Präventive Normenkontrolle, 1978; Lapp, Vorbeugender Rechtschutz gegen Normen, Frankfurt 1994, S, 173 ff.; Ritterspach, Gedanken zu Reformen im verfassungsgerichtlichen Verfahren, In Festschrift für Stein, 1983, S. 290). Bei der Verabschiedung handelt es sich um einen im Grundgesetz nicht verwendeten Begriff. Denkbar wäre es den Beschluß des Bundestages gem. Art. 77 Abs. 1 S. 1 GG, § 86 Ge31 schOBT als Verabschiedung zu qualifizieren (so wohl auch der Sprachgebrauch in BVerfGE 61, 1 (114)), ebenso erscheint es aber nicht von vornherein als falsch, ein Gesetz erst für verabschiedet zu halten, wenn es gem. Art. 78 GG zustandegekommen ist. Da es im vorliegenden Fall aber um die Überprüfung eines Landesgesetzes geht, entfällt die Mitwirkung des Bundesrates. Als verabschiedet kann das Gesetz somit dann gelten, wenn es gem. Art. 52 HmbVerfassung endgültig beschlossen wurde, und allein noch auszufertigen und zu verkündigen ist. Im vorliegenden Fall ist das Gesetz bloß noch nicht verkündet. Die abstrakte Normenkontrolle wäre demnach zulässig. Der Streit zwischen beiden Ansichten führt zu unterschiedlichen Ergebnissen und ist folglich zu entscheiden, abzustellen ist dabei auf die üblichen Auslegungsmethoden: I. Wortlaut Die die präventive Normenkontrolle ablehnende Auffassung stützt sich vornehmlich auf den Wortlaut des Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG und § 78 BVerfGG: Recht müsse, um überprüft zu werden, existieren d.h. gelten, was erst der Fall sei, wenn das Rechtsetzungsverfahren abgeschlossen, die Norm also verkündet sei (BVerfGE 1, 396 (400); Pestalozza, Verfassungprozeßrecht, 3. Aufl., 1991, § 8 Rn. 8; vgl. auch Schlaich, Das Bundesverfassungsgericht, 4. Aufl. 1997, Rz. 121). Dagegen halten insbesondere Holzer und Lapp den Text für nicht ergiebig. Holzers Ansicht zufolge scheidet durch den Begriff Recht allein der noch in materieller Gestaltung befindliche Gesetzentwurf aus (Holzer, DÖV 1978, 821 (824). Etwas differenzierter stellt Lapp darauf ab, daß Recht nicht gleichbedeutend mit Gesetz sei, wie Art. 20 Abs. 3 GG zeige, gesteht aber auch zu, daß § 78 BVerfGG die Begriffe scheinbar synonym verwende (Lapp, aaO., S. 174). Zwar läßt sich aus einer synonymen Verwendung der Begriffe Recht und Gesetz im BVerfGG kein Schluß auf den Begriff Recht im GG ziehen; der Wortlaut scheint aber für die herrschende Auffassung zu sprechen. II. Systematik Aus der Systematik lassen sich keine Argumente für die verschiedenen Positionen herleiten. III. Entstehungsgeschichte Die Befürworter der präventiven Normenkontrolle berufen sich auch auf die Entstehungsgeschichte des Art. 93 I Nr. 2 GG: So hebt Holzer hervor, daß im Anschluß an eine Diskussion in der Weimarer Republik bei der Ausgestaltung des Grundgesetzes eine zweispurige Konstruktion gewählt wurde: Durch die Gutachtenzuständigkeit gem. § 97 BVerfGG (mittlerweile gestrichen) des Bundesverfassungsgerichts wurde über nicht abgeschlossene Gesetzgebungs- 32 verfahren ein Kontrollverfahren zugelassen, bestehende Gesetze wurden der Normenkontrolle unterzogen (Holzer, DÖV 1978, 821 (824)). Wenn auch der Schluß naheliegt, daß sich der Gesetzgeber durch die Aufhebung der Gutachtenzuständigkeit gegen eine präventive Normenkontrolle ausgesprochen habe könnte, gilt es die Normenhierarchie zu beachten. Aus der Streichung eines Verfahrens aus dem BVerfGG können keine Rückschlüsse auf das GG gezogen werden. Fraglich erscheint insofern auch die Ausführung Holzers, daß bei der „Ausgestaltung des Grundgesetzes„ ein zweispuriger Weg gewählt wurde (Holzer, DÖV 1978, 821 (824)) - zweispurig war wegen der Gutachtenzuständigkeit wohl allein die Konzeption des BVerfGG. Lapp weist denn auch darauf hin, daß sich der Parlamentarische Rat gegen eine gerichtliche Prüfung eines sich noch in der Beratung befindlichen Gesetzes ausgesprochen habe (gestützt wird dies auf die Aussage des Abgeordneten Greve, abgedruckt bei Lapp, aao. S. 177 - auf diese Aussage bezieht sich auch das BVerfG in E 1, 396 (404)). Zu konzidieren ist Lapp, daß - worauf BVerfGE 1, 396 (404) nicht hinweist - über den Zeitraum nach dem Zustandekommen (Beschluß) bis zur Verkündung des Gesetzes nichts ausgesagt wird (zumal Greve von beschlossenen Gesetzen sprach). Auf einen ursprünglichen Art. 95 Nr. 5 des Herrenchiemseer Entwurfs, der die Überprüfbarkeit erst beantragter Gesetze vorsah, hatte der parlamentarische Rat wegen der vorgesehenen Gutachtenkompetenz im BVerfGG verzichtet. Aus der Entstehungsgeschichte des GG läßt sich demnach klar entnehmen, daß nicht beschlossene Gesetze nicht gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG überprüft werden können. Aus dem Institut des Gutachtenverfahrens im BVerfGG bzw. seiner Abschaffung Schlüsse auf das Verfahren gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG zu ziehen, erscheint gewagt (vgl. Lapp, aao., S. 178 ff.). Gleiches gilt für den verworfenen Art. 95 Nr. 5 des Herrenchiemseer Entwurfs der Verfassung. Aus der historischen Argumentation lassen sich weder abschließende Erkenntnisse für die Unnoch für die Möglichkeit eines präventiven Normenkontrollverfahrens gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG gewinnen. IV. Normzweck Lapp zieht aus Sinn und Zweck des § 78 BVerfGG den Schluß, daß der Begriff Recht weit auszulegen sei. Seine Begründung findet dieser Schluß in der These, daß die Etikettierung des Verfahrens gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG als Normenkontrolle demselben nicht gerecht werde. Dies zeigt sich seiner Ansicht nach an folgendem Beispiel: „Doch geht die Rechtsprechung noch weiter und unterwirft auch außer Kraft getretenes Recht der Normenkontrolle, wenn dieses noch Wirkungen entfaltet. Stellt man hier allein auf die Wirkung ab, so bleibt unverständlich, warum solche Wirkungen (Vorwirkungen) nicht auch vor dem Inkrafttreten einer gerichtlichen Prüfung zugänglich sein sollen. .... Die grundsätzliche Ablehnung einer vorbeugenden Normenkontrolle würde dann nicht schematisch auf den Begriff der Normenkontrolle gestützt, sondern wäre materiell durch den Sinn und Zweck des Verfahrens gerecht33 fertigt. .... Die Normenkontrolle eines ... noch nicht ... geltenden Gesetzes ließe sich damit begründen, daß dieses auf die Rechtswirklichkeit Wirkungen ausübt, welche eine Überprüfung seiner Verfassungsmäßigkeit notwendig machen„ (Lapp, aao., S. 174). Dagegen ließe sich einwenden, daß die Wirkungen von außer Kraft getretenen Gesetzen durchaus spürbar und erkennbar sind, im Gegensatz zu denen von nicht verkündetem Recht auf die Rechtswirklichkeit. In einer Parallele zu den völkerrechtlichen Verträgen stellt Holzer in ähnlicher Art und Weise wie Lapp darauf ab, daß die Konsequenzen mancher „einfacher„ Gesetze mit denen ratifizierter verfassungswidriger Verträge durchaus vergleichbar seien (Holzer, DÖV 1978, 821 (824), im Ergebnis also eine vergleichbare Schutzlücke zu registrieren sei. Er stellt darauf ab, daß „die staatliche Gewährleistung sich nicht darauf beschränke, zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt die zunächst in Geltung gesetzten Normen der Verfassung anpassen zu wollen. Als sinnvoll und zweckgerecht könne vielmehr allein die Betrachtungsweise anerkannt werden, die der unlösbaren Verbindung von Norm und Normsetzer in angemessenem Umfang Rechnung trägt„. So sei die Normenkontrolle keine reine Produktkontrolle, vielmehr sei der Durchgriff auf den Normgeber zu wagen (Holzer, DÖV 1978, 821 (825). An diesem Punkt macht die herrschende Meinung aber auch gerade ihre gegenteilige Argumentation fest: Das Verfahren gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG könne im Gegenteil nicht das Prinzip der Gewaltenteilung durchbrechen. Im Falle der Überprüfung noch nicht (einmal) verkündeten Rechts greife das Bundesverfassungsgericht in den der Legislative vorbehaltenen Prozeß ein. Auch wenn man Holzer zugesteht, daß auch „einfache„ Gesetze schon vor ihrer Verkündung Wirkungen entfalten können, ist insoweit auf die einstweilige Anordnung gem. § 32 BVerfGG zu verweisen. Dieses Verfahren ermöglicht es, eventuelle Auswirkungen schnellstmöglichst zu beseitigen; da auch die langfristigen Auswirkungen mit denen verfassungswidriger völkerrechtlicher Verträge nicht zu vergleichen sind (eine Bindungswirkung besteht ja gerade nicht), erscheint das Verfahren gem. § 32 BVerfGG als sinnvoller Ausgleich zwischen dem anerkennenswerten Interesse solche Folgen zu vermeiden und dem zu beachtenden Prinzip der Gewaltenteilung. Das Gewaltenteilungsargument des BVerfG wiegt schwerer; selbst wenn man mit Lapp Wirkungen auf die Rechtsausübung von Gesetzentwürfen anerkennt, vermag dieses das aus dem Rechtsstaatsprinzip hergeleitete Argument nicht zu verdrängen. Hinweis: Andere Auffassung vertretbar. V. Ergebnis Die präventive abstrakte Normenkontrolle gegen die Änderungen des RStV und des MedStV ist unzulässig. Denkbar ist allein ein Antrag auf einstweilige Anordnung gem. § 32 BVerfGG nach Verkündung des Gesetzes. 34