Pressemitteilung: Digitale Agenda: Kommission schlägt

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EUROPÄISCHE KOMMISSION
PRESSEMITTEILUNG
Brüssel, den 3. Dezember 2012
Digitale Agenda: Kommission schlägt EU-Regeln vor,
damit Behörden-Websites für alle barrierefrei werden
Dank der heute, am internationalen Tag für Menschen mit Behinderungen, von der
Europäischen Kommission vorgeschlagenen neuen Vorschriften sollen es über
100 Millionen EU-Bürger künftig leichter haben, wenn sie öffentliche Dienstleistungen
online in Anspruch nehmen wollen, um z. B. einen Arbeitsplatz zu suchen, ein
Kraftfahrzeug anzumelden, ihre Steuererklärung abzugeben oder einen Reisepass oder
Führerschein zu beantragen. Der Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über den
barrierefreien Zugang zu Websites öffentlicher Stellen sieht nämlich für 12 Arten von
Websites ab Ende 2015 verbindliche EU-Standardvorgaben in Bezug auf die
Barrierefreiheit vor. Diese verbindlichen Vorgaben für die Barrierefreiheit betreffen
wichtige öffentliche Dienstleistungen in Bezug auf die Sozialversicherung und
gesundheitsbezogene Dienste, die Arbeitsplatzsuche, die Einschreibung an Universitäten
und die Ausstellung von Personaldokumenten und Bescheinigungen (die vollständige Liste
finden Sie im Anhang). Mit den vorgeschlagenen neuen Vorschriften soll auch klargestellt
werden, was barrierefreier Zugang im Web bedeutet (technische Spezifikationen,
Beurteilungsmethoden, Berichterstattung, praktische Erprobung), und die Behörden sollen
dazu angehalten werden, diese Regeln über die obligatorische Liste hinaus auf auch ihre
sonstigen Dienstleistungen anzuwenden.
Hauptnutznießer des Vorschlags wären die 80 Millionen EU-Bürger mit Behinderungen und
die 87 Millionen Europäer im Alter von über 65 Jahren. So wird es beispielsweise die
Möglichkeit geben, dass sich Sehbehinderte mit einem Bildschirmleser Beschreibungen der
Bilder anhören und Hörbehinderte sich „Untertitel“ zu Tonaufnahmen anzeigen lassen.
Zudem werden alle Teile einer Website sowohl mit der Tastatur als auch mit der Maus
erreichbar sein.
Durch seine Umsetzung würde der heutige Vorschlag dem europäischen Markt für ein
barrierefreies Web, der bislang nur 10 % seines Potenzials erreicht, Impulse in einer
Größenordnung von 2 Milliarden Euro geben. Darüber hinaus würden die durch den
Vorschlag ausgelösten Innovationen die Benutzbarkeit des Internets für alle verbessern,
etwa durch eine größere Funktionsvielfalt und geringere Kosten bei der Bereitstellung
dieser Funktionen.
Die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission Neelie Kroes sagte hierzu: „Heutzutage
braucht praktisch jeder von uns auf die eine oder andere Weise einen Internetzugang, um
durch den Alltag zu kommen. Und wir haben alle Anspruch auf einen gleichberechtigten
Zugang zu den Online-Dienstleistungen der Behörden. Der Vorschlag würde dafür sorgen,
dass dieses Recht keine bloße Idee bleibt, sondern zur Wirklichkeit wird. Er würde bessere
Marktbedingungen und mehr Arbeitsplätze schaffen und es für die Behörden billiger
machen, ihre Websites barrierefrei zu gestalten.“
IP/12/1305
Ioannis Vardakastanis, Präsident des Europäischen Behindertenforums, stimmt der
Kommission bei der Forderung nach Fortschritten zu: „Das Europäische Behindertenforum
begrüßt die Legislativvorschläge über die Barrierefreiheit öffentlicher Websites, weil dies
dazu beiträgt, die Bürgerrechte zu stärken und den 80 Millionen Bürgern mit
Behinderungen einen direkten Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen zu gewähren. Ein
erster Schritt dazu ist die Beseitigung aller Hindernisse beim Zugang zu Internetprodukten
und -diensten im Binnenmarkt.“
Dank einheitlicher Vorgaben für die Barrierefreiheit könnten Entwickler ihre Produkte und
Dienste in der gesamten EU ohne weitere Anpassungskosten und Komplikationen
anbieten.
Der Richtlinienvorschlag wird nun dem EU-Ministerrat und dem Europäischen Parlament
zur Verabschiedung vorgelegt.
Die Mitgliedstaaten müssten dann bis zum 30. Juni 2014 entsprechende nationale
Rechtsvorschriften erlassen. In 21 Mitgliedstaaten gibt es zwar bereits nationale
Vorschriften oder Regelungen für den barrierefreien Zugang zum Web, aber Fortschritte
werden nur langsam erzielt.
Mit dem heutigen Vorschlag erfüllt die Kommission die Vorgaben in Aktion 64 der Digitalen
Agenda für Europa und in Artikel 9 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die
Rechte von Menschen mit Behinderungen (UNCPRD).
Hintergrund
Bei der Barrierefreiheit der Websites des öffentlichen Sektors liegt gegenwärtig manches
im Argen. Nur ein Drittel der 761 000 Websites, die von Behörden und öffentlichen Stellen
in Europa angeboten werden, sind derzeit vollständig barrierefrei zugänglich – und das,
obwohl es anwendungsbereite technische Lösungen gibt, die zum Teil mit EUForschungsmitteln in den letzten 15 Jahren entwickelt wurden.
Das Konzept des „barrierefreien Webzugangs“ umfasst Grundsätze und Techniken, die bei
der Erstellung von Websites zu beachten sind, um Online-Inhalte für alle Benutzer,
insbesondere für Menschen mit Behinderungen, zugänglich zu machen1. Es gibt auf
diesem Gebiet bereits international anerkannte technologieneutrale Leitlinien: die vom
World Wide Web Consortium (W3C) entwickelten Kriterien und Anforderungen (Success
Criteria and Conformance Requirements) (Stufe AA) der Richtlinien für barrierefreie
Webinhalte (Web Content Accessibility Guidelines) in der Version 2.0 (WCAG 2.0). Eine
europäische Norm mit Vorgaben für barrierefreie Webinhalte, die auf den genannten
Richtlinien beruhen, wird gegenwärtig im Rahmen des Normungsauftrags Nr. 376 der
Europäischen Kommission ausgearbeitet und könnte schon Anfang 2014 vorliegen.
Ein Beispiel für die von der EU geförderten Forschungsarbeiten ist das Projekt WAI-Age,
das sich mit den besonderen Bedürfnissen älterer Benutzer befasste und Zuarbeit zur
Überprüfung der WCAG 2.0 leistete.
1
Gemäß dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit
Behinderungen zählen dazu Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder
Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an
der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können.
2
Die Europäische Kommission wird auf Behörden, Unternehmen und Organisationen wie
das Europäische Behindertenforum zugehen, um das Beste aus den bestehenden
nationalen Plänen und Ausgaben zugunsten des barrierefreien Zugangs zu Websites des
öffentlichen Sektors zu machen und die Annahme und Anwendung dieser wichtigen Regeln
zu beschleunigen.
Nützliche Links
Mehr über den barrierefreien Zugang zu Websites öffentlicher Stellen
Europäische Kommission – Menschen mit Behinderungen
Eurobarometer-Umfrage – Einstellungen zur Barrierefreiheit in der EU
Website zur Digitalen Agenda
Website von Neelie Kroes
Neelie Kroes auf Twitter
Ansprechpartner:
Ryan Heath (+32 2 296 17 16), Twitter: @RyanHeathEU
Linda Cain (+32 2 299 90 19)
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Anhang 1
Websites, die in den Anwendungsbereich der vorgeschlagenen
Richtlinie über den barrierefreien Zugang zu Websites öffentlicher
Stellen fallen
(1)
Einkommensteuer: Steuererklärung, Steuerbescheid
(2)
Dienstleistungen der Arbeitsämter zur Unterstützung bei der Arbeitssuche
(3)
Sozialleistungen: Leistungen bei Arbeitslosigkeit, Familienzulagen, medizinische
Kosten (Rückerstattung oder Direktabrechnung), Ausbildungsbeihilfen für
Schüler und Studenten
(4)
Ausweisdokumente: Reisepass, Führerschein
(5)
Kraftfahrzeugzulassung
(6)
Beantragung von Baugenehmigungen
(7)
Polizeiliche Anzeigen (z. B. bei Diebstahl)
(8)
Öffentliche Bibliotheken, z. B. Kataloge und Suchwerkzeuge
(9)
Beantragung und Übermittlung von Heiratsurkunden
(10)
Immatrikulation an Hochschulen/Universitäten
(11)
Mitteilung eines Wohnsitzwechsels
Gesundheitsdienstleistungen: interaktive Beratung zur Verfügbarkeit von Dienstleistungen,
Online-Patientendienste, Terminvereinbarungen
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