Johann Wolfgang Goethe - Universität Frankfurt am Main Fachbereich Wirtschaftswissenschaften Institut für Statistik und Mathematik Dr. Susanne Eickemeier ENTSCHEIDUNGSTHEORIE Klausur vom 01.03.2002 mit Lösungshinweisen Als Hilfsmittel zugelassen sind Schreibmaterial, ein Taschenrechner (mit einzeiligem Display) und das Buch Rommelfanger, H./Eickemeier S.: Entscheidungstheorie, Berlin 2002. Das Schreiben mit Bleistift ist nicht gestattet! Die Lösungen sind so ausführlich darzustellen, dass der Lösungsweg nachvollzogen werden kann! 1. Folgende Ergebnismatrix sei gegeben: a1 a2 a3 a4 s1 12.000 19.000 -6.000 18.000 s2 9.000 5.000 6.000 5.000 s3 12.000 13.000 14.000 12.000 s4 9.000 13.000 30.000 13.000 Es liegt Unsicherheit im engeren Sinne vor. a. Zeigen Sie, dass durch geeignete Wahl der Entscheidungsregel jede Alternative gewählt werden könnte. Sollte eine Alternative (bei Unsicherheit im engeren Sinne!) niemals gewählt werden können, so begründen Sie dies! b. Der Entscheider habe sich nun für s1 und s2 subjektive Wahrscheinlichkeiten gebildet: w1 = 0,2; w2 = 0,5. Bei welchen Wahrscheinlichkeiten w3 und w4 ist der Entscheider bei risikoneutralem Verhalten indifferent zwischen den Alternativen a1 und a2? c. Gegeben sei folgende neue Risikosituation: a1 a2 s1 s2 s3 s4 0,2 0,2 0,5 0,1 35 160 89 25 93 10 60 150 Entschieden werden soll nach dem (-)-Prinzip unter Anwendung der Präferenzfunktion: (,) = - 0,022 Geben Sie für jede Alternative die -, - und -Werte an! (Runden Sie dabei auf die zweite Nachkommastelle!) Welche Alternative führt zum maximalen Präferenzwert (,)? (17) 2 Lösungshinweise: a. a 4 ist ineffizient, Maximax: a 3 , Maximin: a1 , Laplace: a 2 ; b. w 3 0,2 und w 4 0,1; c. (a1) 77,3 0,02 538,41 66,53 , (a 2 ) 57 0,02 4296 28,92 , a1 führt zum optimalen Präferenzwert. 2. Der Unternehmer Benno Bäuchlein steht vor dem Problem, dass er sich entscheiden muss, welche Sessel sein Unternehmen in Zukunft produzieren soll. Er hat vier Sessel-Varianten zur Auswahl. Harry will sich dabei auf einen Sesseltyp beschränken und möchte bei der Auswahl vier Kriterien berücksichtigen: Die Umrüstkosten, den Personalbestand, die Durchlaufzeit und die Zufriedenheit seiner Mitarbeiter. a. Der Berater Guido Geistreich empfiehlt, den optimalen Sessel mit Hilfe der Zielgewichtung Zi 1 4 x ik Max 4 k 1 auszuwählen. Nehmen Sie kritisch Stellung zu diesem Vorschlag. Welche Probleme tauchen auf? b. Benno Bäuchlein hat sich selber seine Gedanken gemacht und folgende Nutzenmatrix für die vier Alternativen und vier Zielkriterien aufgestellt: Z1 Z2 g = 0,1 g = 0,3 Z3 g= 0,2 Z4 g = 0,4 A1 6 9 -7 -1 A2 -4 0 8 4 A3 1 1 2 3 A4 0 6 1 0 Er möchte nun mit Hilfe des Goal-Programming-Ansatzes und der Regret-Funktion die optimale Lösung finden. Für welche Alternative entscheidet er sich? c. Stellen Sie sich vor, Benno hätte die Zielvorgaben geringer als im Goal-Programming-Ansatz vorgegeben. Welche Auswirkungen hätte das auf die Berechnung und Auswahl? (Begründung!) (12) Lösungshinweise: b. Benno Bäuchlein entscheidet sich für Alternative A2. 3. Gegeben ist eine Entscheidungssituation mit drei Alternativen ai, drei möglichen Zuständen sj und der nachstehenden Ergebnismatrix Z (z ij ) i 1,,3 . j1,,3 a1 a2 a3 S1 -150 0 -30 S2 0 60 0 S3 300 90 150 Die Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten eines Umweltzustands können dabei nur unscharf durch die folgende Fuzzy-Wahrscheinlichkeiten beschrieben werden: ~ ~ P(s1 ) (0,18; 0,19; 0,2; 0,2; 0,21; 0,22) P(s 2 ) (0,42; 0,44; 0,46; 0,52; 0,53; 0,54) ~ P(s3 ) (0,25; 0,27; 0,29; 0,31; 0,33; 0,35) 3 ~ a. Berechnen Sie näherungsweise die Fuzzy-Erwartungswerte E iA . Ist eine Entscheidung auf Basis der -Präferenz möglich? b. Berechnen Sie für Aktion a2 die Hilfsgrößen, die zur exakten Berechnung des Fuzzy-Erwar~ tungswertes E iP nötig sind. (16) ~ ~ Lösungshinweise: a. E1A (48;52,5;57;63;67,5;72) , EA 2 (47,7;50,7;53,7;59,1;61,5;63,9) , ~A E3 (32,1;34,8;37,5;40,5;43,2;45,9) , a1 a 2 a 3 ; b. 4. ε λ 1 1 λ ε p 1α 0,22 0,21 0,2 p 1α 0,2 0,19 0,18 p α2 0,53 0,52 0,51 p α2 0,49 0,48 0,47 p α3 0,25 0,27 0,29 p α3 0,31 0,33 0,35 Gegeben sei folgende Ergebnismatrix: s1 300 600 a1 a2 s2 -100 300 s2 850 600 a. Transformieren Sie die gegebene Matrix in eine plausible Nutzenmatrix eines risikofreudigen Entscheiders. Orientieren Sie sich an der Vorgehensweise mittels hypothetischer Indifferenzsituationen. Machen Sie Ihre Rechenschritte deutlich. b. Welchen Vorteil hat die Normierung der Risikonutzenfunktion auf das Intervall 0 bis 1? (9) Lösungshinweise: a. Eine mögliche Nutzenmatrix: s1 s2 a1 0,15 0 a2 0,65 0,15 5. s2 1 0,65 Bestimmt werden sollen die Gewichte der folgenden drei Auswahlkriterien auf der Basis der gegebenen Paarvergleichsmatrix mit Fuzzy-Größen: Design Materialverarbeitung Funktionalität Design 1 (2 ; 9 ; 2,5 ; 2,5 ; 11 ; 3) (3 ; 3,5 ; 4 ; 5 ; 5,5 ; 6) Materialverarbeitung (1 ; 4 ; 2 ; 2 ; 4 ; 1 ) 3 11 5 5 9 2 1 (1,5 ; 1,5 ; 1,5 ; 2 ; 2 ; 2) Funktionalität ( 1 ; 2 ; 1 ; 1 ; 2 ; 1) (1 ; 1 ; 1 ; 2 ; 2 ; 2) 1 6 11 5 4 7 3 4 4 2 2 2 3 3 3 4 ~ durch Verwendung der a. Berechnen Sie für die dritte Spalte den normierten Spaltenvektor 3 erweiterten Division. b. Beurteilen Sie diese Normierung kritisch. c. Wie lässt sich auf der Basis der normierten Spaltenvektoren der gesuchte Gewichtevektor bestimmen? (12) Lösungshinweise: a. Funktionalität 3 7 1 10 11 12 ( , , , , , ) 9 16 2 13 12 11 3 3 3 4 1 4 ( , , , , , ) 18 16 16 13 3 11 1 1 1 2 1 2 ( , , , , , ) 9 8 8 13 6 11 Design Materialverarbeitung Funktionalität 6. Gegeben sei folgende Abstimmungsmatrix (5 Gremiumsmitglieder, 5 Alternativen): M1 A B C D E M2 A B D E C M3 A B E D C M4 B C D A E M5 B E D C A a. Welche Alternative würde gewählt nach i. dem Double Vote-Verfahren ii. dem Double Election-Verfahren iii. dem Verfahren von Borda ? b. Was ist eine Condorcet-Alternative und ist eine solche in obigem Beispiel gegeben? Wenn ja, Angabe der Alternative! c. Kann die Alternativenauswahl bei der Methode des paarweisen Vergleichs beeinflusst werden? (13) Lösungshinweise: a. i. B; ii. A; iii. B; b. Condorcet-Alternative: A. 7. Gegeben sei folgendes hierarchisches Zielsystem zur Beurteilung der Rentabilität eines Unternehmens: Rentabilität Gesamtkapitalrentabilität Umsatzrentabilität 5 Zur Klassifizierung der Eingangsgrößen werden trapezförmige Zugehörigkeitsfunktionen verwendet, wobei im Folgenden nur die Eckpunkte der Zugehörigkeitsfunktionen auf 0- und 1Niveau angegeben werden. (GKR = Gesamtkapitalrentabilität, UR = Umsatzrentabilität) GKR (niedrig) [%] = (-, -, 0, 5) UR (niedrig) [%] = (-, -, 0, 4) GKR (mittel) [%] = (0, 5, 9, 13) UR (mittel) [%] = (0, 4, 7, 10) GKR (hoch) [%] = (9, 13, +, +) UR (hoch) [%] = (7, 10, +, +) Die Unterziele werden mittels folgendem Regelsatz aggregiert. Regel-Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Gesamtkapitalrentabilität n n n m m m h h h Umsatzrentabilität n m h n m h n m h Rentabilität n n m n m m m h h Es werden zwei Unternehmen betrachtet: Gesamtkapitalrentabilität Unternehmen A 2% Unternehmen B 10% Umsatzrentabilität 5% 8,5% a. Bestimmen Sie für jedes Unternehmen die Zugehörigkeitsgrade zu den Bewertungen! b. Wie wird die Gesamtkapitalrentabilität des Unternehmens A im Rahmen der Fuzzy Logik interpretiert? c. Geben Sie für beide Unternehmen die (unscharfe) Beurteilung des Oberziels „Rentabilität“ an. (16) Lösungshinweise: GKR GKR a. Unternehmen A: (GKR niedrig (2%), mittel (2%), hoch (2%) ) = (0,6; 0,4; 0) und UR UR (5%), UR (5%) ) = (0; 1; 0); (niedrig (5%), mittel hoch GKR GKR Unternehmen B: (GKR niedrig (10%), mittel (10%), hoch (10%) ) = (0; 0,75; 0,25) und UR UR (8,5%), UR (8,5%) ) = (0; 0,5; 0,5); (niedrig (8,5%), mittel hoch R R c. Rentabilität von Unternehmen A: (R niedrig (A), mittel (A), hoch (A) = (0,6; 0,4; 0); Rentabilität R R von Unternehmen B: (R niedrig (B), mittel (B), hoch (B) = (0; 0,75; 0,4375)