NZZ vom 10- 09- 2010 Die Schweiz bleibt am wettbewerbsfähigsten Die USA fallen um zwei Ränge auf Platz 4 zurück Die Schweiz ist laut einer WEF-Studie die wettbewerbsfähigste Volkswirtschaft der Welt. Wichtigster Grund für die Spitzenposition ist die Innovationskraft. mri. Genf · Die Schweiz ist laut dem Global Competitiveness Report des World Economic Forum (WEF) zum zweiten Mal in Folge das wettbewerbsfähigste Land. Auf den Positionen 2 und 3 folgen Schweden und Singapur. Die USA sind im Vergleich mit dem letzten Jahr um zwei Plätze auf Rang 4 zurückgefallen. Unter den ersten zehn Ländern figurieren aus Europa noch Deutschland (Platz 5), Finnland (7), die Niederlande (8) und Dänemark (9). China auf Position 27 Für das WEF-Ranking zur Beurteilung der Wettbewerbsfähigkeit wurden ein Dutzend Faktoren analysiert. Dazu zählen die Stabilität der Institutionen, die Infrastruktur, das Gesundheitsund das Bildungswesen sowie die technologische Entwicklung, gemessen an der Zahl der Internet-Abonnenten mit Breitbandanschluss. Die am Donnerstag vorgelegte Untersuchung basiert auf öffentlich zugänglichen Daten sowie auf Ergebnissen einer Meinungsumfrage bei mehr als 13 500 Wirtschaftsführern in den 139 untersuchten Ländern. Im oberen Viertel der erfassten Länder befinden sich Katar (17) und Saudiarabien (21); die beiden Länder haben sich gegenüber dem Vorjahr um fünf bzw. sieben Ränge verbessert. Chile nimmt als wettbewerbsfähigstes Land Lateinamerikas Platz 30 ein, China ist als das wettbewerbsstärkste der vier BRIC-Länder weiter auf Platz 27 vorgerückt. Indien (51), Brasilien (58) und Russland (63) hielten sich bei geringfügigen Positionsveränderungen erneut noch in der ersten Hälfte der Rangliste. Südafrika auf Platz 54 ist das wettbewerbsfähigste Land in Afrika südlich der Sahara. Zu den Ländern mit den grössten Rückschlägen zählen Libyen (100), Pakistan (123) und Nigeria (127), die über 20 Ränge einbüssten. Vietnam (59) und Sri Lanka (62) dagegen konnten sich im selben Ausmass verbessern. Die Schweiz zeichnet sich laut der WEFErhebung erneut durch Innovationskraft und eine hochentwickelte Geschäftskultur aus. Die Forschungsinstitute zählten zu den besten der Welt. Ausserdem bestehe eine enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, die auch viel in die Forschung und Entwicklung investiere. Dies wiederum führe dazu, dass ein Grossteil der Forschung zu vermarktbaren Produkten führe. Die Wettbewerbsfähig- keit werde weiter gestützt durch eine ausgezeichnete Infrastruktur, einen hochentwickelten Finanzsektor und einen sehr leistungsfähigen Arbeitsmarkt. Dagegen erhält die Schweiz schlechte Noten bei Handelshemmnissen (Platz 94) und - verwandt damit - den Kosten der Agrarpolitik auf (113). Schuldenberg in den USA Die USA sind laut Studie mit ihrer Marktgrösse, Innovationskraft und dem flexiblen Arbeitsmarkt sehr leistungsfähig. Schwachpunkte seien dagegen das Finanzsystem und die hohe Staatsverschuldung; hiefür müsse es eine «ExitStrategie» geben. Vor allem aber traue die Bevölkerung den Politikern nicht. Zugleich werfe die Wirtschaft den Politikern vor, Gelder zu verschwenden. Die Ergebnisse des WEF-Berichts leuchten nicht immer ein. So wird wie 2009 als grösste Schwäche der Schweiz der Zugang zu den Universitäten bemängelt. Mit 49,4% der Schulabgänger an einer Universität oder Fachhochschule liege die Schweiz weit hinter anderen hochentwickelten NZZ vom 10- 09- 2010 Ländern zurück auf Rang 48. Deutschland sodann wirft die Untersuchung vor, über einen zu rigiden Arbeitsmarkt zu verfügen, um sogleich einzuräumen, dies habe während der Krise dazu beigetragen, die Arbeitslosigkeit gering zu halten. Auf die Frage von Journalisten, weshalb Tunesien (Platz 32) eine bessere Wettbewerbsfähigkeit als Brasilien attestiert werde, sagten die Autoren, das nordafrikanische Land sei kleiner und einfacher zu verwalten. Zudem sei Tunesien politisch stabil und verfüge über eine starke Regierung. Diese Charakterisierung würde auch auf Diktaturen zutreffen. Die Co-Autorin Margareta Drzeniek Hanouz betonte, bei der Studie handle es sich um eine Meinungsumfrage unter denjenigen, die für Investitionsentscheide in ihren Ländern zuständig seien. Insofern dürfte das Ranking mit Vorsicht zu interpretieren sein.