Technische Universität München

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Technische Universität München
Zentrum Mathematik
Carsten Lange & Martin von Gagern
Geometrie und Coxetergruppen SS 2015
www-m10.ma.tum.de/CoxGrupSS15
Lösungen zu Aufgabenblatt 5 (17. Juni 2015)
— Präsenzaufgaben —
Aufgabe 1. Pascalsches Dreieck
Was hat die Formel
X
t|A| = (1 + t)|B|
A⊆B
mit dem Stoff der Vorlesung zu tun? Wo ist der Zusammenhang zum pascalschen Dreieck? Warum gilt diese Formel?
Lösung:
Der Zusammenhang besteht zur Vorlesung vom 11.6.2015. Ausgangspunkt war die Gleichung
X
(−1)|I| W I (t) = tl(w0 )
I⊆S
Mit W I (t) =
P
w∈W I
tl(w) kann man umstellen:
X
I⊆S
(−1)|I|
X
tl(w) =
X
tl(w)
w∈W
w∈W I
X
(−1)|I| =
I⊆S
w∈W I
X
tl(w)
w∈W
X
(−1)|I|
I⊆Kw
mit der Definition Kw := {s ∈ S | l(ws) > l(w)}, so dass w ∈ W I ⇔ I ⊆ Kw .
Jetzt zur Nomenklatur aus der Aufgabe. Das A aus der Aufgabe entspricht dem I in der Formel aus der Vorlesung.
Das B aus der Aufgabe ist das Kw aus der Vorlesung. Und das t aus der Aufgabe entspricht nicht dem t aus der
Vorlesung, sondern der Konstanten −1 in der Vorlesung. Die rechte Seite der Gleichung wird damit zu 0|B| . Für B = ∅
gilt 00 = 1. Andernfalls gilt 0|B| = 0. Der einzige Beitrag zum Gesamtergebnis kommt also von der Situation Kw = ∅,
was genau für w = w0 der Fall ist. So erklärt sich das Endergebnis tl(w0 ) .
Warum gilt die Formel?
Das kann man sich zum einen algebraisch überlegen, anhand von Binomialkoeffizienten. Ein
Binomialkoeffizient nk kann zum einen interpretiert werden als die Anzahl der möglichen Kombinationen, k Elemente
aus n auszuwählen. Mit k = |A| und n = |B| passt das gut zur linken Seite der Gleichung. Zum anderen kann man
einen Binomialkoeffizienten auch auffassen als den Koeffizienten im k-ten Term an−k bk der binomischen Formel zu
(a + b)n . Das passt zur rechten Seite.
X
t|A| =
A⊆B
|B| X
|B|
k=0
k
tk = (1 + t)k
Die Binomialkoeffizienten kann man zum bekannten pascalschen Dreieck anordnen. Dabei hilft die rekursive Definition
n
n
+
k
k+1
Wenn man das in die andere Richtung betrachtet, hat nk einen Beitrag zu n+1
und den gleichen Beitrag auch zu
k
n+1
.
Wenn
man
im
Fall
von
t
=
−1
die
Einträge
einer
Zeile
des
pascalschen
Dreiecks
mit alternierendem Vorzeichen
k+1
gewichtet, dann sind die beiden eben beschriebenen aus nk resultierenden Beiträge in der Zeile n + 1 mit entgegengesetzten Vorzeichen gewichtet und heben sich auf. In jeder Zeile, die sich aus der vorangegangenen Zeile durch
solche
Beiträge ergibt, muss daher die alternierende Summe 0 sein. Lediglich in der nullten Zeile ist der Eintrag 00 = 1 nicht
die Folge einer vorangegangenen Zeile, und die alternierende Summe von Null verschieden.
n+1
k+1
=
1
Aufgabe 2. B3
Betrachten Sie die Symmetriegruppe B3 .
a) Zeichnen Sie den Coxeter-Graphen und beschriften Sie die Erzeuger.
b) Beschreiben Sie für jede Teilmenge I ⊆ S der Erzeuger die Struktur der davon generierten Gruppe, etwa indem
Sie eine dazu isomorphe Gruppe benennen.
c) Geben Sie für alle I ( S die Kardinalität von WI an.
d) Nutzen Sie die Wittsche Gleichung, um |W | zu bestimmen.
e) Verallgemeinern Sie die eben durchgeführe Rechnung für alle platonischen Körper. Bei einem platonischen Körper
hat jede Seitenfläche m Ecken, und an jeder Ecke treffen n Flächen zusammen. Was ist die Anzahl der Elemente
der Symmetriegruppe dieses Körpers, ausgedrückt in Abhängigkeit von m und n? Berechnen Sie die resultierenden
Zahlen konkret für alle bei platonischen Körpern auftretenden Symmetriegruppen.
f) Warum kann die Wittsche Gleichung nicht verwendet werden, um die Kardinalität einer Symmetriegruppe zu
bestimmen, wenn die Anzahl ihrer einfachen Wurzeln gerade ist?
g) Ermitteln Sie für alle I ( S das Poincaré-Polynom WI (t).
h) Versuchen Sie, das Poincaré-Polynom W (t) zu bestimmen. Stellen Sie sich dafür die Elemente dieser Gruppe
geometrisch vor.
Lösung:
a)
b)
c)
•
a
4
I=
WI ∼
=
|WI | =
•
b
•
c
∅
{Id}
1
{a}
A1
2
{b}
A1
2
{c}
A1
2
{a, b}
B2
8
{b, c}
A2
6
{a, c}
A1 × A1
4
S
B3
d) Die Wittsche Gleichung lautet:
X
(−1)|I|
I⊂S
|W |
=1
|WI |
Mit obigen Kardinalitäten ergibt sich hier konkret
|W | |W | |W | |W | |W | |W | |W | |W |
−
−
−
+
+
+
−
=1
1
2
2
2
8
6
4
|W |
1 1 1 1 1 1 1
− − − + + +
|W | = 2
1 2 2 2 8 6 4
1
|W | = 2
24
|W | = 48
e) Beim Oktaeder gilt m = 3, n = 4. Diese Zahlen finden Eingang in die Tabelle oben, nämlich
W{a,b} = 2n
W{b,c} = 2m
Für I = {a, c} bleibt die Kardinalität erhalten, da dies der Symmetriesituation um einen Kantenmittelpunkt
entspricht, was durch die Kombinatorik an den Ecken und Flächen nicht beeinflusst wird.
2
1 1 1 1
1
1
1
− − − +
+
+
1 2 2 2 2n 2m 4
|W | = 2
|W | =
8mn
2m + 2n − mn
Damit ergeben sich die folgenden Kardinalitäten:
m
3
3
3
Primal
Dual
Tetraeder
Oktaeder
Würfel
Ikosaeder Dodekaeder
n
3
4
5
W
A3
B3
H3
|W |
24
48
120
f) Durch das alternierende Vorzeichen ist der letzte Summand der Wittschen Gleichung
(−1)|S|
|W |
|W |
Im Falle von 2 | |S| ist dieser Term +1, was sich mit der +1 auf der rechten Seite der Gleichung weghebt. Die
anderen Terme müssen sich zwingend ebenfalls zu 0 addieren, und es bleibt die Gleichung 0 = 0, was keinen
Rückschluss auf |W | zulässt.
g) Man kann sich alle Gruppen recht gut grafisch vorstellen, und daraus die Worte in der Reihenfolge zunehmender
Länge ablesen.
I
∅
{a}
{b}
{c}
{a, b}
{b, c}
{a, c}
WI (t)
1
1+t
1+t
1+t
1 + 2t + 2t2 + 2t3 + t4
1 + 2t + 2t2 + t3
1 + 2t + t2 = (1 + t)(1 + t)
h) Ein möglicher Zugang ist über die Formel W (t) = W I (t) · WI (t). Dazu muss man ein I ⊂ S auswählen und
dazu auch W I bestimmen. Da dieser Schritt aufwändig ist, sollte man anstreben, dass W I möglichst klein ist,
was man erreicht, wenn WI möglichst groß ist. Es empfiehlt sich also, von I = {a, b} auszugehen. Die Menge
|W |
W I muss |W
= 48
8 = 6 Elemente haben. In Frage kommen solche Elemente, die durch Anhängen eines a oder b
I|
länger werden. Das ist auf alle Fälle mal das leere Wort bzw. Id, sowie c. Worte die in a oder b enden, kommen
nicht in Frage. Das Wort ac kommt ebenfalls nicht in Frage, da aca äquivalent zu c ist, also durch Anhängen von
a kürzer wird. Bleibt bc als einzige Option der Länge zwei, und alles längere muss damit enden. cbc geht nicht,
da cbcb äquivalent zu bc ist. Also ist abc die einzige Möglichkeit der Länge drei. cabc ist acbc ist abcb, wird also
durch Anhängen von b kürzer und scheidet aus. Bleibt babc als Option der Länge vier. ababc ist babac ist babca
und wird durch Anhängen von a kürzer, weswegen das letzte Element cbabc lauten muss. Zusammengefasst:
W I = {Id, c, bc, abc, babc, cbabc}
W I (t) = 1 + t + t2 + t3 + t4 + t5
W (t) = (1 + t + t2 + t3 + t4 + t5 )(1 + 2t + 2t2 + 2t3 + t4 )
= 1 + 3t + 5t2 + 7t3 + 8t4 + 8t5 + 7t6 + 5t7 + 3t8 + t9
3
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